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Siebenter Bericht dea

Bundesrates an die Bundesversammlung über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen.

(Vom 3. November 1942.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen über die Massnahmen Bericht zu erstatten, die wir vom 8. April bis zum 7. Oktober 1942 auf Grund des Bundesbeschlusses vom 30. August 1989 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität ergriffen haben.

A. Allgemeine Verwaltung.

Bundeskanzlei.

Abänderung der Zeit.

Mit Beschluss vom 27. Februar 1942 führten wir auf den 4. Mai, um 01.00 Uhr, die Sommerzeit ein. Am 14, August 1942 beschlossen wir dann, die normale Zeit wieder einzuführen, d. h. die Zeit ab 5. Oktober um 60 Minuten zurückzuschieben (A. S. 58, 767). Da die Gründe, die uns 1941 veranlassten, die normale Zeit wieder einzuführen, auch für diesen Winter zutreffen, beschränken wir uns, auf unsere im fünften Bericht enthaltenen Erwägungen hinzuweisen.

B. Departemente.

B. Departement des Innern.

1. Bundesratsbeschluss vom 12. Mai 1942 über die Erweiterung des Fernheizkraftwerkes der Eidgenössischen Technischen Hoehschule durch die Errichtung eines Wärmepumpen-Ergänzungswerkes (A. 8. 58, 459). Am 12. Mai 1942 ist

741 auf Antrag des schweizerischen Schulrates und des eidgenössischen Departements des Innern für die Erweiterung des Fernheizkraftwerkes der E. T. H.

durch die Errichtung eines Wärmepumpen-Ergänzungswerkes an der Limmat in Zürich ein Kredit von zwei Millionen Franken (auf Staatsrechnungs-Pos. 813/ 502) bewilligt worden. Mit diesem neuen Werk kann während einer Heizperiode eine Nutzwärmemonge von rund 16 000 Millionen kcal erzeugt werden, und lässt sich eine Einsparung am Kohlenkonsum des Fernheizkraftwerkes gegenüber der Vorkriegszeit um einen Höchstbetrag von 45,5 % erzielen.

Durch die Kriegsereignisse ist die erfreuliche Entwicklung des Fernheizkraftwerkes und dessen wirtschaftlichen Betriebes unterbrochen worden, und zwar zufolge des Brennstoff mangels und der Erhöhung des Kohlenpreises.

Die Kohle wird immer mehr zu einem teuren Edelrohstoff. Die E. T. H.

hält es auch für notwendig, im Landesinteresse eine Musteranlage für ein erstes grosses Wärmepumpenwerk zu erstellen, da ohne Zweifel solche Werke zur Ausnützung der natürlichen Wärme der Seen und Flüsse unseres Landes in den nächsten Jahren in grösserer Anzahl gebaut werden.

Aus vorstehenden Gründen war es durchaus erforderlich, mit dem Bau des Wärmepumpen-Ergänzungswerkes sofort beginnen zu können, schon deshalb, weil eine Verteuerung der Materialien zu erwarten ist.

Somit war die Angelegenheit unter dem Gesichtspunkt der zeitlichen Dringlichkeit und der kriegswirtschaftlichen Bedingtheit zu betrachten und es empfahl sich demnach, den für die erwähnte Erweiterung nötigen Kredit auf Grund von Art, S des Bundesbeschlusses vom SO. August 19S9 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität zu bewilligen.

Aufwendungen für Massnahmen, die der Bundesrat gestützt auf die außerordentlichen Vollmachten beschliesst, gehen in der Regel zu Lasten der ihm laut Art. 4 des genannten Beschlusses eröffneten Kredite. Derartige Ausgaben werden im allgemeinen unmittelbar auf Sonderkonto der Kapitalrechnung verbucht. Nachdem aber die Finanzdelegation der eidgenössischen Bäte bei Anlass der Kreditbewilligung für die Einbeziehung des neuen Kantonsspitals in die Wärmelieferungsanlage des Fernheizkraftwerkes gewünscht hat, dass die Ausgabe aus den ordentlichen Krediten des Bundes bestritten werde, wollte man auch, nach Begrüssung
der Finanzdelegation, mit den Kosten der Errichtung der neugeplanten Wärmepumpenanlage die Verwaltungsrechnung belasten.

Es wurde somit dasselbe Verfahren eingeschlagen wie beim Bundesratsbeschluss über die Teuerungszulagen an das Bundespersonal.

2. Bundesratsbeschluss vom 14. August 1942 über die Ausübung der Jagd im Jahre 1942 (A. S. 58, 765). Unterm 14. August 1942 haben wir neue Jagdgesetzliche Bestimmungen für die Ausübung der Jagd im Jahre 1942 erlassen.

Im allgemeinen wurde die gleiche Regelung wie in den Vorjahren getroffen, mit Ausnahme einer vom eidgenössischen Militärdepartement gewünschten

742 Abänderung, die infolge der Neuordnung des Festungswesens und der Zusammenlegung von Territorialkreisen unter die Territorialinspektoren notwendig wurde.

C. Justiz- und Polizeidepartement.

I. Justizabteilung.

1. Bundesratsbeschluss vom 4. August 1942 über Straf- und VerfahrensBestimmungen zum Schutze der Landesverteidiijung und der Sicherheit der Eidgenossenschaft (A. S. 58, 74].). Die seit der Mobilmachung gemachten Erfahrungen in der Anwendung der Bestimmungen zum Schutze des Landes haben gezeigt, dass einige Änderungen derselben zur wirksameren Verfolgung der Widerhandlungen unerlässlich sind. Diese Änderungen berühren das schweizerische Strafgesetzbuch (StGB), das Müitärstrafgesetz (MStG) und die Militärstrafgerichtsordnung (MStGO).

Neben dem MStG enthält auch das StGB militärische Tatbestände sowie solche, denen militärische Bedeutung zukommt, auch wenn sie von Zivilpersonen verwirklicht werden. Art. 3 MStG überweist bereits für die Zeit aktiven Dienstes die Beurteilung gewisser derartiger Straftaten der Militärgerichtsbarkeit, wenn der Tatbestand mit einem solchen des MStG übereinstimmt. Doch trifft dies nicht immer zu. So deckt sich zwar Art..801 StGB (Nachrichtendienst gegen fremde Staaten) inhaltlich, abgesehen von der Strafdrohung, mit Art. 98 MStG. Diese letztere Bestimmung ist aber gemäss Art. 4 MStG auf Zivilpersonen nur «in Kriegszeiten» anwendbar. Ähnlich ist für die Beurteilung von Widerhandlungen gegen Art. 274 StGB (militärischer Nachrichtendienst) der bürgerliche Strafrichter zuständig, soweit der Tatbestand nicht von Art. 86 MStG (Verrat militärischer Geheimnisse) oder Art. 106 MStG (Verletzung militärischer Geheimnisse) ebenfalls erfasst wird (Art. 2, Ziff. 8 und Art. 3, Ziff. l MStG). Daraus ergibt sich, dass in solchen Fällen militärische und bürgerliche Gerichte nebeneinander zuständig sind.

Dies muss bei Tatbeständen der militärischen Nachrichtenvermittlung vermieden werden. Den bürgerlichen Gerichten fehlt zu deren Beurteilung oft die nötige Sachkenntnis. Die kantonalen Prozessrechte weisen solche Widerhandlungen zum Teil auch Gerichten zu, die nicht einmal die anzuwendenden Strafdrohungen voll ausschöpfen können. Überdies ist das Strafmass sehr verschieden, je' nachdem der Angeschuldigte eine Zivil- oder eine Militärperson ist. Gemäss Art. 274 und 301 StGB ist die Höchststrafe Gefängnis, die Mindeststrafe bloss Busse, während in schweren Fällen von Art. 98 MStG auf Zuchthaus erkannt werden kann, in Art. 86 MStG sogar
Zuchthaus als Minimalstrafe vorgesehen ist. Daraus entstehen für gleichartige Tatbestände Ungleichheiten, die militärisch und aussenpolitisch nicht tragbar sind. Um sie zu beseitigen, legt der neue Bundesratsbeschluss in Art. l die Tatbestände von Art. 274 und 301 StGB wie denjenigen von Art. 93 MStG für die Dauer des Aktivdienstes (und damit ohne weiteres auch für Kriegszeiten) in die Zuständigkeit

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der Militärgerichte und stellt die Übereinstimmung in den Strafandrohungen her (Art. l, Abs. l, lit. a und b, Abs. 2 und 3).

In ähnlicher Weise fallen nach bisherigem Bechi beim Tatbestand von Art. 829 StGB und von Art. 380 StGB bürgerliche und militärische Gerichtsbarkeit nebeneinander in Betracht. Denn auch die Art. 86, 106 und 107 M St G stellen die Verletzung militärischer Geheimnisse unter Strafe. Das MStG erfasst ferner, aber bloss zum Teil, durch Art. 73, 86bi8, 87 und 184 den Handel mit militärisch beschlagnahmtem Material wie der Art, 330 StGB. Diese nebeneinander bestehenden Strafbestimmungen geben Anlass zu Unklarheiten für die Einleitung der bürgerlichen Verfahren. Stossend sind ferner die sehr verschiedenen Strafdrohungen, die in Art. 329 und 330 StGB auf Haft oder Busse, im MStG dagegen für analoge Fälle auf Zuchthaus, in Art. 86 für Kriegszeiten sogar auf Todesstrafe als Höchststrafe lauten. Deshalb wird die Strafe in Art. 329 und 380 StGB auf Gefängnis, in schweren Fällen auf Zuchthaus verschärft und für beide Fälle die Militärgerichtsbarkeit zuständig erklärt.

Art. 2 ändert die in der Verordnung vom 28. Mai 1940 betreffend Abänderung und Ergänzung des Militärstrafgesetzes (A. S. 56, 525) enthaltene Bestimmung über die Gerüchten)acherei ab. Das Verbreiten von Gerüchten soll inskünftig strafbar sein, auch wenn kein Nachweis einer tatsächlich erfolgten Beunruhigung der Bevölkerung vorliegt. Ein Urteil des Militärkassationsgerichts vom 21. März 1942 hatte zu dieser Änderung Anlass gegeben.

Zwei weitere Bestimmungen, Art. 8 und 4, dienen der Bekämpfung der unserem Lande gefährlichen Propaganda. Sie treten neben die Demokratieschutzverordnung vom 5. Dezember 1988 (A. S. 54, 856) und den Bundesratsbeschluss vom 4. Dezember 1939 betreffend das Verbot der staatsgefährlichen Propaganda in der Armee (A. S. 55,1461). Die strafrechtlichen Bestimmungen gegen die innere Zersetzung des Staates sind ergänzt worden durch Vorschriften, die denjenigen erfassen, der eine Propaganda betreibt, die darauf gerichtet ist, die Neutralität des Landes preiszugeben (Art. 3), oder der wissentlich den Willen des Schweizervolkes zur Behauptung der Unabhängigkeit des Landes zu untergraben sucht (Art. 4). Die Demokratieschutzverordnung wird sodann in Art. 5 verschärft und als strafbar in Art. 6 auch der
Schweizerbürger erklärt, der eine dieser Handlungen itn Ausland begeht.

Art. 7 sieht für bestimmte, insbesondere gegen den Staat und die Landesverteidigung gerichtete Straftaten Verschärfungen vor. Das StGB lässt die Wohltat des bedingten Vollzuges von Gefängnisstrafen von nicht mehr als einem Jahr oder von Haft bei allen Vergehen zu. Das MStG enthält die gleiche Eegelung, bloss fällt hier die Haftstrafe nicht in Betracht. Die Vergehen, um die es sich vorliegend handelt, setzen die Interessen des Landes so sehr aufs Spiel, dass es sich nicht verantworten lässt, einen Täter sogleich nach der Verurteilung auf freiem FUSS zu belassen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass diese Art von Übeltätern in der Eegel den Aufschub einer ausgesprochenen Strafe nicht als Eechtswohltat, vielmehr als Schwäche auffassen. Das nämliche

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gilt hinsichtlich zu milder Strafen bei Eückfall. Mit dem Sinn des StGB (Art. 27, Ziff. 7) stimmt es sodann überein, wenn bei allen diesen Delikten gegen den Staat das Privileg des Bedaktionsgeheimnisses von Art. 27, Ziff. S, Abs. 2 StGB wie auch die für Pressevergehen im allgemeinen geltende verkürzte Verjährungsfrist ausgeschaltet wird; die Sonderstellung der Presse muss hier vor dem allgemeinen Landesinteresse zurücktreten.

Von besonderer Bedeutung ist die Vorschrift des Art. 8, wonach der Eichter bei den in Art. 7 genannten Straftaten in schweren Fällen und bei Rückfall neben der Freiheitsstrafe eine Verwahrung bis zu drei Jahren aussprechen kann, wenn Grund zur Annahme besteht, dass der Täter seine staatsgefährliche Tätigkeit fortsetzen werde. Diese Sicherheitsverwahrung wird auf Kosten des Bundes in bestehenden Straf- oder Arbeitsanstalten vollzogen; die Errichtung besonderer Arbeitslager bleibt vorbehalten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Strafe oftmals wirkungslos blieb und dass die Verurteilten nach der Entlassung sofort wieder die innere oder äussere Sicherheit des Staates gefährdeten. Der neue Beschluss schafft nicht eine administrative Einweisung staatsgefährlicher Personen, sondern in Anlehnung an die sichernden Massnahmen des Strafgesetzbuches eine im Eahmen eines Strafverfahrens vom Eichter gegenüber Verurteilten auszufällende Nachhaft. Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, dass diese Verwahrung nicht etwa als Schutzhaft bezeichnet werden darf. Sie steht diesem andern Gedanken, der seinerzeit in der sogenannten Schutzhaftinitiative zum Ausdruck gekommen ist (Bundesbl. 1920, Bd. IV, 213), fern. Dort handelte es sich um eine Administrativmassnahme, die vorsorglich, nicht erst im Zusammenhang mit einem begangenen Verbrechen oder Vergehen, sondern auf Grund blosser Indizien, hätte ergriffen werden müssen.

Aus den nämlichen Erwägungen bedurfte auch das Strafverfahren für diejenigen Fälle, in denen es sich um die Verfolgung von Verbrechen oder Vergehen gegen die Landessicherheit handelt, einiger Änderungen. Vielfach handelt es sich hier um Delikte, bei denen der Täter schon nach beendeter Untersuchungshaft seine Tätigkeit wieder aufnehmen kann. Nach bisherigem Eecht durfte eine Haft nur bei Fluchtverdacht und Kollusionsgefahr verfügt werden (Art. 44--50 BStP, Art. 68--75 MStGO). Dies
entspricht den gegenwärtigen ausserordentlichen Zeiten nicht mehr (vgl. die Beratung des Nationalrates vom 18. Juni 1942 über die Interpellation Eochaix). Dei Bundesratsbeschluss erklärt deshalb die Haft auch zulässig, wenn Grund zur Annahme besteht, dass der Beschuldigte seine staatsgefährliche Tätigkeit fortsetzen werde (Art. 10, Ziff. 1). Ferner sind die Organe der Strafrechtspflege in vermehrtem Masse ermächtigt worden, im Verfahren bei solchen Verbrechen oder Vergehen die nötigen Massnahmen zur Wahrung von Geheimnissen zu treffen, insbesondere auch einen Verteidiger, von dem ein Missbrauch der Akteneinsicht zu befürchten ist, abzulehnen (Art. 10, Ziff. 2) und die Öffentlichkeit der Verhandlungen und der Urteilsbegründung auszuschliessen (Art. 10, Ziff. 3; vgl. ferner Art. 24 BStP, Art. 65 MStGO). Art. 11 ermächtigt den

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Oberauditor, aus Zweckrnässigkeitsgründen, z. B. um mehrere in innerem Zusammenhang stehende Strafverfahren dem gleichen Gerichte zu überweisen, ein anderes als das sonst zuständige Divisions- oder Territorialgericht mit einem Straffall zu befassen. Die Art. 12 und 18 enthalten Anwendungs- und Übergangsbestimmungen.

2. Bundesratsbeschluss vom 28. Mai 1942 betreffend Abänderung der Verordnung über vorübergehende rechtliche Schutzmassnahmen für die Hotel- und die Stickereiindustrie (A. 8. 58, 501). Bei Beratung des sechsten Vollmachtenberichts des Bundesrates (Bundesbl. 1942, 813) ist von der stündorätlichen Kommission bei Behandlung der Verordnung vorn 19. Dezember 1941 (A. S.

57, 1493) deren Art. 63 beanstandet worden. Diese Bestimmung beauftragte und ermächtigte in der ursprünglichen Fassung die Hotel-Treuhand- Gesellschaft, ihre Hflfsmassnahmen auf private Erziehungsinstitute und Pensionate auszudehnen. Die Kommission befürchtete die finanziellen Auswirkungen dieser Erweiterung und stimmte der vorgesehenen Eegelung nur unter der Bedingung zu, dass die zu gewährende finanzielle Hilfe ausdrücklich auf die dafür bereits in Aussicht genommenen Kredite beschränkt werde. Grundsätzlich ist somit diese Hilfe bereits als Bestandteil der Verordnung vom 19. Dezember 1941 genehmigt worden. Auch das Ausmass der zur Verfügung zu stellenden Mittel war bereits damals auf Grund von Erhebungen der Expertenkommission für Angelegenheiton der Fremdeiiverkehrswirtschaft und des Amtes für Verkehr geprüft und im Einvernehmen mit dem eidgenössischen Finanz- und Zolldepartemont festgesetzt worden. Es handelte sich bloss noch darum, den Art. 63 der Verordnung in diesem Sinne abzuändern, die Hotel-TreuhandGesellschaft also ausdrücklich «im Bahmen der bewilligten Kredite» zur Gewährung von Hilfe zu ermächtigen.

3. Bundesratsbeschluss vom 21. April 1942 über den Aufschub des Umzuystermins in der Gemeinde Bern (A. S. 58, 380) und Bundesratsbeschluss vom 24. August 1942 über den Aufschub des ümzugstermins in der Gemeinde Grenchen (Solothurn) (A. S, 58, 779). Beide Beschlüsse entsprechen demjenigen vom 10. März 1942 über den Aufschub des Ümzugstermins in der Gemeinde Winterthur (A. S. 58, 247), über den wir bereits im sechsten Vollmachtenbericht rapportiert haben (vgl. Bundesbl. 1942, 828). In Bern bewilligten wir den Aufschub
vom 1. Mai auf den 1. Juni 1942 und in Grenchen vom 1. Oktober auf den 1. November. Während es sich für Bern mehr darum .handelte, durch Zeitgewinn die Schwierigkeiten zu mildem, die der Stadtverwaltung bei der Unterbringung von 42 Familien mit zusammen 154 Personen entstanden waren, galt es für Grenchen, den Mietern von Wohnungen in Neubauten, die wegen verspäteter Zementzuteilung auf den ordentlichen Umzugstermin nicht bezugsbereit waren, die Möglichkeit zu geben, in ihrer bisherigen Wohnung zu verbleiben. Diese Massnahme erschien um so gerechtfertigter, als bestimmt damit gerechnet werden konnte, dass die neuen Wohnungen auf den späteren Umzugstermin bezogen werden konnten. Es waren in Grenchen 20 Familien gemeldet, die auf den ordentlichen Termin nicht hätten umziehen können.

Bundesblatt. 94. Jahrg. Bd. I.

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Wie seinerzeit in Winterthur, so durften auch in Bern und in Grenchen die Aufschubsbewilligungen von der Gemeindebehörde nur von Fall zu Fall und nur soweit bewilligt werden, als dies zur Vermeidung von Obdachlosigkeit unumgänglich war. Beide Bundesratsbeschlüsse sind infolge Zeitablaufs inzwischen gegenstandslos geworden.

II. Polizeiabteilung.

1. Bundesratsbeschluss über die Beschränkung der Freizügigkeit im Kanton Genf, vom 29. Juli 1942 (A. S. 58, 726). Der Bundesratsbeschluss vom 15. Oktober 1941 betreffend Massnahmen gegen die Wohnungsnot gibt den Kantonen u, a. die Möglichkeit, Personen, deren Zuzug in eine Gemeinde nicht hinreichend begründet erscheint, die Niederlassung oder den Aufenthalt zu verweigern.

Der Kanton Genf machte geltend, dieser Beschluss leiste ihm, da er keine Wohnungsnot habe, nicht die gleichen Dienste wio andern Kantonen, trotzdem er noch mehr als dio Städte anderer Kantono starkem Zuzug ausgesetzt sei.

Dieser hat in der Tat bewirkt, dass beinahe die Hälfto der Bevölkerung Genfs aus Schweizern anderer Kantone besteht, unter denen in einem überdurchschnittlichen Masse Kriminelle und Mittellose sind. Dass in Genf infolge des Krieges ungünstige Verhältnisse in einem anderswo nicht bestehenden Ausmass entstanden sind, die eine gewisse Beschränkung der Freizügigkeit rechtfertigen, erschien dem Bundesrat als nachgewiesen.

Die die Beschränkung der Freizügigkeit vorsehenden Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses sind zum Teil sofort in Kraft getreten (Art. 2--4), zum Teil (Art. 5) werden sie erst künftig wirksam, falls das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement auf Grund einer wesentlichen Verschlechterung des kantonalen Arbeitsmarktes dies beschliessen sollte. Die heute schon geltenden Bestimmungen sehen zum Teil vor, dass der Kanton sie im Einzelfalle ohne weiteres anwenden kann (Art. 2 und 8), während andere (Art. 4) im Einzelfall nur mit vorheriger Zustimmung der Polizeiabteilung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes angewandt werden dürfen. -- Art. 5, Abs. 2, soll verhindern, dass die Schweizer nicht etwa den Ausländern hintangesetzt würden. In Art. 6 wird in Heimschaffungsfällen auch dein Heimatkanton das Eekursrecht gegeben, weil auch dieser durch die Heimschaffung betroffen, d. h. mit Armenunterstützung belastet wird.

2. Bundesratsbeschluss
vomì. Juni 1942 über die Ausweise der Stellungspflichtigen Motorfahrzeuge und ihrer Führer (A. S. 58, 505). Art. 5 des Bundesgesetzes vom 15. März 1982 über den Motorfahrzeug- und Fahrrad verkehr (MF G) schreibt vor, dass nur das mit einem Fahrzeugausweis versehene Motorfahrzeug zum Verkehr zugelassen wird, und dass nur der Besitzer eines Führerausweises im Verkehr ein Motorfahrzeug führen darf. Wegen der seit dem Kriege eingetretenen Verknappung der flüssigen Treibstoffe ist eine grosse Zahl von Motorfahrzeugen stillgelegt worden. Für diese besteht in der Eegel kein gültiger Fahrzeugausweis mehr. Deshalb hat auch eine grosse Anzahl von Führern auf die Erneuerung des Führerausweises verzichtet .Da alle

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mit einem militärischen Aufgebot belegten Motorfahrzeuge, auch wenn sie vorübergehend nicht mehr verkehrsberechtigt sind, zur Requisition gestellt werden müssen (Art. 9 der Verordnung vom 16. Januar 1942 über die Bequisition von Motorfahrzeugen), entsteht ein Widerspruch zwischen den zivilen und den militärischen Vorschriften. Soll aber eine ordnungsgeinässe Stellung aller militärisch belegten Motorfahrzeuge gewährleistet sein, so muss den durch den Aktivdienst und die ausserordentlichen Zeituinstände geschaffenen Verhältnissen durch eine Anpassung der Vorschriften des MF G an die militärischen Erfordernisse Rechnung getragen werden.

Der Bundesratsbeschluss sieht nun vor, dass der Stellungsbefehl oder nach dessen Einführung das Fahrzeugdienstbuch in Verbindung mit dem Befehl zur Ausführung einer bestimmten Fahrt an die Stelle des Fahrzeugausweises tritt. Zur Ausführung solcher Fahrten sind der Halter oder sein Bevollmächtigter auch dann berechtigt, wenn ihr Führerausweis der betreff enden Kategorie nicht mehr erneuert wurde. Doch darf dieser nicht vor dem 81. Dezember 1939 abgelaufen sein. Da es sich hier um militärisch befohlene Fahrten handelt, die nicht in seinem Interesse liegen, kann dem Halter nicht zugemutet werden, die in Art. 48 MFG vorgesehene Haftpflichtversicherung abzuschliessen.

Das Armeekommando hat deshalb durch die eidgenössische Finanzverwaltung für die Deckung der Haftpflicht auf solchen Fahrten eine Kollektiv-Haftpflichtversicherung abschliessen lassen. Im vorliegenden Beschluss wird dein Bund die Versicherungspflicht ausdrücklich auferlegt. Da weder die Militär- noch die Motorfahrzeuggesetzgebung die notwendige Grundlage für diese durch den Krieg bedingte Anpassung der erwähnten Vorschriften des MF G an die veränderten Verhältnisse durch einen einfachen Bundesratsbeschluss boten, diese Anpassung sich aber als dringend erwies, musste sie auf dem Vollmachtenwege erfolgen.

III. Versicherungsamt.

Das Versicherungsamt hat in Zusammenarbeit mit der Justizabteilung, der Abteilung für Auswärtiges und der Finanzverwaltung und unter Mitwirkung der kantonalen Brandversicherungsanstalten und der privaten Feuerversicherungsgesellschaften zwei Bundesratsbeschlüsse vorbereitet, nämlich den Beschluss vom 8, Juli 1942 über die Errichtung eines Fonds zur Deckung von N e u t r a l i t ä t s
v e r l e t z u n g s s c h ä d e n an den in der Schweiz gegen Feuer versicherten O b j e k t e n (A. S, 58, 629) und denjenigen vom 21. August 1942 über die Beteiligung des Bundes an einer Hilfeleistung bei N e u t r a l i t ä t s v e r l e t z u n g s s c h ä d e n (A. S.

58, 777). Mit diesen zwei Bundesratsboschlüssen wurde in der Frage der finanziellen Hilfeleistung des Bundes für die durch eine Verletzung der schweizerischen Neutralität entstandenen Schäden eine Eegelung angestrebt, welche die nicht voll befriedigende bisherige Lösung gemäss Bundesratsbeschluss vom 28. Februar 1941 über die Beteiligung des Bundes durch Vorschüsse an der vorläufigen Vergütung von Bombardierungsschäden ersetzen soll. Durch den BeschlusB vom 8. Juli wurde ein Fonds errichtet, der durch die Entschä-

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digungsleistungen des Schadenverursachors und durch Beiträge der Feuerversicherer, des Bundes und der Versicherten zu speisen und der zur Vergütung von Schäden an den gegen Feuer vorsicherten Gütern der Versicherten heranzuziehen ist. Der Beschluss vom 21. August dagegen beschränkt sich auf die Ausrichtung von Beiträgen des Bundes an die Hilfeleistung für Schäden an nicht gegen Feuer versicherten Objekten oder bei Personenschäden.

IV. Amt für geistiges Eigentum.

Durch den Bundesratsbeschluss vom 26. Juni 1942 (A. S. 58, 613) sind auf dem Gebiet des gewerblichen Eechtsschutzes zwei weitere ausserordentliche Massnahmen getroffen worden, welche einerseits durch die gegenwärtige Wirtschaftslage und anderseits durch die Erschwerung der Postverbindungen mit dem Ausland veranlasst wurden: A. Stundung von PatentjaHresgebühren.

Gemäss Art. 11 des Bundesgesetzes betreffend die Erfindunggpatente (PG) hat der Patentinhaber alljährlich eine Jahresgebühr zum voraus zu entrichten, und zwar für das erste Jahr Fr. 20, für das zweite Jahr Fr. 30 usw. bis zum 15. Jahr, für welches die Gebühr Fr. 160 beträgt. Diese Gebühren werden nach Art. 12 PG je am Jahrestag der Patentanmeldung fällig und sind binnen drei Monaten seit Eintritt der Fälligkeit zu bezahlen. Wird diese Zahlungsfrist nicht eingehalten, so .erlischt das Patent (Art, 17 PG); es kann dann dadurch wieder, hergestellt werden, dass innert drei Monaten seit Ablauf der Zahlungsfrist die verfallene Gebühr sowie eine Wiederherstellungsgebühr von gleicher Höhe bezahlt werden.. Nach Ablauf dieser weitern drei Monate ist eine Wiederherstellung ausgeschlossen. Eine Stundung der Jahresgebühren ist vom Gesetz nur für die Fälle ausgewiesener Mittellosigkeit vorgesehen und auch hier nur für die ersten drei Jahresgebühren (Art. 13 PG).

Die gegenwärtige Eohstoffknappheit hat zur Folge, .dass patentierte Erfindungen von Gegenständen, welche nicht zum notwendigen Landesbedarf gehören, nicht mehr ausgeführt werden können oder dass ihre Herstellung sogar vorn Kriegsindustrie- und. -Arbeits-Amt verboten wird. Eine nicht unbeträchtliche Zahl von Patentinhabern ist für die Bezahlung der Patentjahresgebühren auf die Einnahmen aus der Patentverwertung angewiesen. MUSS die Verwertung eingestellt werden, so können auch die Jahresgebühren nicht mehr bezahlt werden, so dass das
Patent erlischt. Wohl könnte auf Grund des ebenfalls gestützt auf die ausserordenthchen Vollmachten erlassenen Bundesratsbeschlusses vom 25. Juni 1941 (A. S. 57, 696, vgl. dazu fünfter Vollmachtenbericht, Bundesbl. 1941, 884) allenfalls bei wieder eingetretener Möglichkeit der Patentverwertung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden; allein diese Wiedereinsetzung ist erst möglich, wenn der Patentinhaber die verfallenen Gebühren tatsächlich bezahlen kann; bis dahin bleibt das Patent erloschen, und selbst wenn nach Jahr und Tag eine Wieder-

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einsetzung erfolgt, so bleiben dabei die Eechte Dritter vorbehalten, welche in der Zwischenzeit in gutem Glauben Anstalten zur gewerblichen Benützung dieser Erfindung getroffen haben, wodurch das Patent in seinem Wert erheblich herabgesetzt wird. Es erscheint jedoch nicht als gerechtfertigt, finanzschwache Erfinder dieser Gefahr auszusetzen; der Staat darf den vollen Patentschutz nicht bloss den finanzstarken Patentinhabern vorbehalten. Aus diesen Gründen wurde die Möglichkeit der Stundung von Patentjahresgebühren vorgesehen für diejenigen Fälle, wo die Verwertung des Patentes infolge des Krieges erschwert oder unmöglich geworden ist und wo der Patentinhaber nicht über anderweitige Mittel zur Bezahlung der Gebühren verfügt.

B. Fristen im sogenannten Beanstandungsverfahren.

Nach Art. 27 P G müssen Patentgesuche, welche den Vorschriften des P G oder der Vollziehungsverordnung nicht entsprechen, auf Veranlassung des Amtes innert Frist geordnet werden, ansonst sie zurückgewiesen werden.

Art. 81 der Vollziehungsverordnung schreibt dem Amt vor, bei diesem Beanstandungsverfahren dem Patentinhaber eine Frist von zwei oder drei Monaten anzusetzen, je nachdem der Bewerber in Europa oder ausserhalb Europa niedergelassen ist; auf rechtzeitiges Gesuch hin kann die Frist zur Erledigung der ersten Beanstandung gegen Bezahlung einer Gebühr von Fr. 5 einmal um einen Monat verlängert werden. Diese durch die" Vollziehungsverordnung festgelegte Bemessung der Erledigungsfrist und insbesondere die die Einschränkung der Möglichkeit einer Fristerstreckung erweist sich unter den heutigen Postverhältnissen namentlich gegenüber ausländischen Patentbewerbern als viel zu eng und daher als unbillig. Daher wurde dem Amt für geistiges Eigentum die Befugnis eingeräumt, Fristen anzusetzen, welche es dem inländischen Patentanwalt ermöglichen, mit seinem ausländischen Klienten zu korrespondieren und sich für die Erledigung der Beanstandung instruieren zu lassen.

Anwendung dieser Massnahmen auf Ausländer, Sowohl bei der Gebührenstundung als auch bei der Bemessung der Fristen im Beanstandungsverfahren hat man es mit Massnahmen zu tun, die in den Rahmen der durch den Bundesratsbeschluss vom 25. Juni 1941 geschaffenen Erleichterungen gehören; sie wurden daher allen jenen Ausländern zugänglich gemacht, welche auch zum Genuss der im
genannten Bundesratsbeschluss vorgesehenen Erleichterungen zugelassen sind, nämlich da, wo Gegenrecht besteht.

Vor Erlass des Bundesratsbeschlusses sind die hauptsächlichsten Organisationen der am Patentschutz interessierten Kreise angehört worden (Schweizerischer Gewerbeverband ; Vorort des Handels- und Industrievereins ; Schweizergruppe der internationalen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz) ; dieselben haben den beschriebenen Massnahmen zugestimmt.

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D. Militärdepartement.

a. Armee.

Bundesratsbeschluss vom 23. Juni 1942 betreffend Abänderung der Verordnung über die Offiziersausrûstung (A. S. 58, 607). Die Verordnung über die Offiziersausrüstung bestimmt unter anderem, welche Entschädigungen den Offizieren für ihre Ausrüstung und Bekleidung zukommen und was für Erleichterungen ihnen durch die Möglichkeit des Kaufes von Uniformstücken bei der Kriegstechnischen Abteilung gewährt werden. Die Entschädigung, die der Offizier für die erstmalige Anschaffung seiner Bekleidung erhält -- die Ausrüstung wird ihm leihweise abgegeben -- ist mit Bundesratsbeschluss vom 12. September 1921 auf Fr. 600 für unberittene und Fr. 700 für berittene Offiziere festgesetzt worden. Dieser Ansatz hatte Geltung bis zum Finanzprogramm 1986 (A. S. 52, 17), mit welchem ein 10 %iger Abbau der erstmaligen Uniformentschädigung für Offiziere eingeführt wurde, der seither aufrechterhalten blieb.

Es erwies sich im Laufe der Zeit, dass mit diesen Entschädigungen von Fr. 540 und 680 auch bei bescheidensten Ansprüchen nicht mehr auszukommen war; auch gelangte die Interessengemeinschaft schweizerischer Uniformfabrikanten in einer dringlichen Eingabe an das Militärdepartement und legte dar, dass einerseits die Uniformentschädigung nicht mehr genüge und andererseits die Tarifpreise der Kriegstechnischen Abteilung für die von ihr hergestellten Uniformen zu niedrig angesetzt seien. Dieser Zustand bedeute eine doppelte Belastung für das private Uniformschneidergewerbe, da dieses unmöglich mit den Preisen der Kriegstochnischen Abteilung konkurrieren könne und die Offiziere zufolge der zu kleinen Entschädigung geradezu gezwungen seien, möglichst alle Uniformstücke dort zu bestellen, wo sie am billigsten seien ·-- nämlich bei der Kriegstechnischen Abteilung --, um nicht eine ganz erhebliche Summe aus der eigenen Tasche zuschiessen zu müssen.

Seit der Inkraftsetzung der Verordnung über die Offiziersausrüstung vom 29. Juni 1909 galt für die erstmalige Uniformentschädigung der allgemeine Grundsatz, dass diese ausreichen sollte für die Anschaffung je einer vollständigen Arbeits- und Ausgangsuniform. Dabei stand von jeher fest, dass der Offizier neben dieser Minimalbekleidung verschiedene Anschaffungen aus eigener Tasche zu bezahlen hatte. Bei den Abänderungen der Verordnung über die
Offiziersausrüstung in den Jahren 1918 und 1921 wurden die Ansätze wiederum auf Grund der Auslagen für die Anschaffung je einer Arbeits- und einer Ausgangsuniform bemessen.

Der Bundesrat glaubt, von diesem Standpunkt nicht abgehen zu sollen, nicht zuletzt deshalb, um die Offiäerslaufbahn auch weniger bemittelten Kreisen offenzuhalten. Es wurde deshalb zuerst festgestellt, wie hoch sich die Kosten der Anschaffung der sogenannten Minimalbekleidung des Offiziers stellen. Dabei wurden die Preise der Kriegstechnischen Abteilung der Berechnung zugrunde gelegt, so wie sie den veränderten Verhältnissen angepasst

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werden müssen. Aus diesen Berechnungen ergab sich, dass eine blosse Aufhebung des durch das Finanzprogramm veranlassten Abbaues durchaus ungenügend wäre, da für die Anschaffung der Minimalbekleidung für den unberittenen Offizier rund mit Fr. 700 gerechnet werden muss. Aus diesem Grunde wurde die Entschädigung für unberittene Offiziere auf Fr. 700, für berittene auf Fr. 800 festgesetzt.

Die Form des Vollmachtenbeschlusses wurde deshalb gewählt, weil der Abbau der Entschädigung seinerzeit durch das von den eidgenössischen Bäten aufgestellte Finanzprogramm verfügt, und durch den auf Grund der Vollmachten gofassten Bundesratsbeschluss vom 30. April 1940 über Massnahmen zur Tilgung der ausserordentlichen Wehraufwendungen und zur Ordnung des Finanzhaushaltes des Bundes aufrechterhalten worden ist (A. S. 56, 410).

b. Passiver Luftschutz.

Bundesratsbeschluss vom 10. Juli 1942 betreffend Änderung des Bundesratsbeschlusses über LuftschutzorganisatioTien während des Aktivdienstzustandes (A. S. 58, 646). Durch den Bundesratsbeschluss vom 16. Februar 1940 betreffend Luftschutzorganisationen während des Aktivdienstes (Organisatorisches und Straf Vorschriften ; A. S. 56, 174) erfolgte die Unterstellung der Luftschutzangehörigen unter das Militärstrafrecht und die militärische Disziplinarordnung, soweit dies im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse dieser Organisationen zweckmässig erschien; eine weitere Anpassung an die Verhältnisse des aktiven Dienstes betraf das Verfahren bei der Ernennung der Luftschutzoffiziere (vgl. den zweiten Vollmachtenbericht des Bundesrates vom 10. Mai 1940, D. IV. 2).

Die Anwendung dieser Vorschriften während zwei Jahren Aktivdienstes hat die Notwendigkeit einiger Änderungen und Ergänzungen organisatorischer Natur gezeigt. Die Strafvorschriften des Bundesratsbeschlusses vom 16. Februar 1940 blieben dagegen unverändert.

Die Ausstellung von Fähigkeitszeugnissen durch die Abteilung für passiven Luftschutz und dio Schul- oder Kurskommandanten, denen die Ausbildung der Kader obliegt, ist gegeben; die Territorialkommandanten waren gar nicht in der Lage, aus eigener Anschauung die Eignung im einzelnen Fall zu beurteilen.

Durch die Neuordnung der Entlassung wurden ferner die Zuständigkeiten genauer abgegrenzt.

Und schliesslich war es notwendig -- und das ist die wichtigste der
verfügten Neuerungen --, mit Bezug auf die Luftschutzoffiziere und insbesondere die Luftschutzärzte den Grundsatz der Ortsgebundenheit zu durchbrechen.

Es gibt noch heute eine ganze Eeihe von Ortschaften ohne Luftschutzarzt, und es musste daher die Versetzung aus einer örtlichen Organisation in eine andere ermöglicht werden. Das gleiche gilt, namentlich bei Wohnortwechsel, auch für andere Luftschutzoffiziere.

Diese Änderungen und Ergänzungen sind ausgesprochen organisatorischer Art ohne finanzielle Auswirkungen.

752 C. Arbeitsbeschaffung.

Bundesratsbeschluss vom 21, Juli 1942 über die Begelung der Arbeitsbeschaffung in der Kriegskrisenzeü (A. 8. 58, 717). Der Bundesratsb'eschluss vom 7. Oktober 1941 über die Aufbringung der Mittel für die Lohnausfallentschädigungen an Welirmänner sowie für die Arbeitsbeschaffung und Arbeitslosenfürsorge stellt den Ausgleichsfonds der Lolmersatzordnung neben seinem bisherigen Zweck in den Dienst der Arbeitsbeschaffung und der Arbeitslosenfürsorge, Dadurch ist eine neue Begelung der Arbeitsbeschaffung notwendig geworden.

Sie erfolgte durch den Bundesratsbeschluss vom 29. Juli 1942, der. vorsorglichen Charakter besitzt.

Der Bundesratsbeschluss enthält den allgemeinen Grundsatz, dass der Bund in Verbindung mit den Kantonen und der privaten Wirtschaft Massnahmen zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit durch Erhaltung und Erweiterung bestehender Arbeitsgelegenheiten, systematischen Einsatz freigewordener Arbeitskräfte bei noch vorhandenen Arbeitsgelegenheiten und Schaffung neuer Arbeitsgelegenheiten trifft, wobei diese Massnalimeii aber nur in Kraft treten sollen, sofern und soweit die private AVirtsehaft nicht in der Lage ist, aus eigener Kraft ausreichende Beschäftigungsmögüchkeiteii zu bieten.

Die Selbsthilfe der privaten Wirtschaft zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit wird damit in den Vordergrund gestellt, und der Bund soll nur eingreifen,'wenn diese .zur Erreichung des Zieles nicht ausreicht. Vorsorglicherweise stellt der Bund für diesen Fall in Zusammenarbeit mit den Kantonen und der privaten Wirtschaft einen Plan auf, der die Arbeitsmöglichkeiten auf den verschiedenen Gebieten der Wirtschaft aufzeigt und in den die ordentlichen und ausserordentlichen Arbeiten und Aufträge des Bundes, der Kantone, der Gemeinden, anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften sowie von Verbänden und Unternehmungen einzuordnen sind. Der Plan ist auf lange Sicht aufzustellen, den veränderten Verhältnissen fortlaufend anzupassen und nach Massgabe seiner Durchführung zu ergänzen. Damit soll erreicht werden, dass, entgegen früherer Braxis, die Arbeiten und Aufträge der öffentlichen Hand "sowie subventionierte private Arbeiten in Zeiten annähernder Vollbeschäftigung der Wirtschaft zurückgestellt werden, um in Perioden der Arbeitslosigkeit in verstärktem Masse zum Einsatz zu gelangen. Auf diese
Weise lässt sich ohne finanzielle Aufwendungen der öffentlichen Hand ein wesentlicher Ausgleich - im Beschäftigungsgrad erreichen, betragen doch die Ausgaben des Bundes, der Kantone und Gemeinden für Bauten durchschnittlich 400 Millionen Franken im Jahr, wozu noch für rund 150 Millionen Franken Aufträge an die Industrie kommen.

B-eicht diese Lenkung der Vergebung öffentlicher Arbeiten und Aufträge für die Vollbeschäftigung nicht aus, so sollen freigewordene Arbeitskräfte

753

systematisch bei noch vorhandenen Arbeitsgelegenheiten eingesetzt werden.

Als solche kommen in erster Linie Arbeiten im nationalen Interesse, Meliorationen, Abbau der Bodenschätze und vermehrter Einsatz bei der Landwirtschaft in Frage, wo bisher ein gewisser Mangel an Arbeitern bestand. Ist auch diese Möglichkeit erschöpft, so sollen auf Grund des Gesamtplanes neue Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. In Zeiten der Mangelwirtschaft wird es sich dabei in der Hauptsache ura zusätzliche öffentliche Arbeiten handeln, die wenig oder kein bewirtschaftetes Material erfordern. Der Bund wird allgemein Massnahmen bevorzugen, die die Wirtschaft in die Lage versetzen, möglichst bald wieder aus eigener Kraft genügend Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten.

Bevor öffentliche Mittel aufgewendet werden, wird versucht, die private Wirtschaftstätigkeit mit Unterstützung der vorhandenen Organisationen zur Selbsthilfe durch Ausbau der Auslandsvertretungen, Eationalisierung der Produktion, Zusammenschluss von Exportfirmen usw. anzuspornen.

Die Bundeshilfe für Massnahmen der Arbeitsbeschaffung soll sich nicht auf Beiträge beschränken, sondern auch Darlehen, Beteiligungen am Eigenkapital von Unternehmungen, Preis- und Abnahmegarantien und Massnahmen handels- oder finanzpolitischer Art umfassen. Darlehen dürften in Frage kommen, wenn Kantone und Gemeinden die zur Durchführung von Arbeitsbuch a ffungsmassnahmen nötigen Mittel nicht aufbringen können, ferner zur Deckung des Erneuerungsbedarfs an sich lebensfähiger Betriebe des Fremdenverkehrs (Bahnen, Schiffahrtsunternohmungen, Hotels). Am Eigenkapital von Unternehmungen wird sich der Bund dagegen nur beteiligen können, wenn es sich um solche handelt, die sich für einen gemischtwirtschaftlichen Betrieb eignen.

Dazu dürften Elektrizitätswerke gehören, ferner Unternehmungen, die arbeitsintensive Produkte für die Landesverteidigung herstellen. Preis- und Abnahmegarantien hat der Bund für die Herstellung kriegswirtschaftlich wichtiger Ersatzprodukte übernommen, deren Produktion ohne die Bundeshilfe von privaten Unternehmungen nicht aufgenommen worden wäre. Ähnliche Unterstützungen dürften auch in der Zukunft im Interesse der Landesverteidigung und Landesversorgung notwendig sein. Daneben sind aber auch handels- und finanzpolitische Massnahmen zum Schutz bedrohter
Wirtschaftszweige oder zur Einführung neuer Industrien denkbar, so die Gewährung von Zollschutz usw.

Immerhin werden solche Massnahmen nur unter Berücksichtigung der Gesamtinteressen des Landes in Frage kommen, da sie nicht zu einer Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts, zu einer Verschiebung der Konkurrenzverhältnisse oder zu einseitiger Bevorzugung gewisser Wirtschaftskreise führen dürfen.

Die Gewährung einer Bundeshilfe setzt drohende Arbeitslosigkeit oder mangelnde Beschäftigung in dem von der Arbeitsbeschaffungsmassnahme zu berücksichtigenden Erwerbszweig voraus. Die Festsetzung des Zeitpunktes der Durchführung von Arbeitsbeschaffungsmassri ahmen bedarf der Zustimmung des eidgenössischen Militärdepartements, das zusammen mit dem eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement das Ausmass und die Art der Bundeshilfe bestimmt. Der Bundesratsbeschluss gelangt somit erst zur Anwendung, wenn

754 die in früheren Gesetzen und Beschlüssen vorgesehenen Hilfsmassnahmen des Bundes zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit nicht ausreichen, wobei dann, wo dies möglich ist, diese Beiträge auf Grund der Bestimmungen des neuen Bundesratsbeschlusses verstärkt werden. Sie sind überdies je nach der Lage des Arbeitsmarktes, der volkswirtschaftlichen Bedeutung und der Höhe des Lohnanteils der unterstützten Arbeiten und Aufträge im Eahmen der im Anhang zum Bundesratsbeschluss verzeichneten Höchstansätze abzustufen.

Zur Finanzierung der Arbeitsbeschaffungsmassnahmen wird gemäss dem Bundesratsbeschluss vom 7. Oktober 1941 der Ausgleichsfonds der Lohnersatzordnung in Anspruch genommen. Er hat dem Bund die Hälfte der Bundeshilfe oder einen Viertel der Kosten der bundeseigenen Arbeiten und Aufträge und den Kantonen die Hallte ihrer Leistungen oder einen Beitrag von einem Viertel der Bundesleistung an die Aufwendungen für kantonseigene Arbeiten und Aufträge zu vergüten. Die Interessen der Kantone sollen durch die Heranziehung des Ausgloichfonds für bundeseigene Arbeiten aber nicht benachteiligt werden.

Wie in früheren Bundeserlassen wird auch bei den Massnahmen zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit die Bundeshilfe von einer kantonalen Leistung abhängig gemacht, die die Hälfte der Bundesleistung betragen soll. Bechtfertigen es besondere Verhältnisse, so kann die Kantonsleistvmg ausnahmsweise teilweise erlassen werden, was eine entsprechende Erhöhung der Bundeshilfe zur Folge hat.

Die zur Deckung der Aufwendungen des Bundes für die Arbeitsbeschaffung nötigen Massnahmen bilden Gegenstand besonderer Beschlüsse.

Die Planung und Koordination der Arbeitsbeschaffung erfolgt in Verbindung mit den anderen zuständigen Departementen, den Kantonen und den Wirtschaftsverbänden, während die Durchführung der Massnahmen den Departementen obliegt, in deren Zuständigkeit die betreffende Massnahmo ordentlicherweise fällt. Um die Zusammenarbeit und eine einheitliche Planung sicherzustellen, ernennt das eidgenössische Militärdepartement einen Delegierten für Arbeitsbeschaffung und zur Begutachtung grundlegender Fragen und Beschlüsse eine aus Vertretern der Wirtschaft, der Wissenschaft und der öffentlichen Verwaltungen zusammengesetzte Arbeitsbeschaffungskommission.

Dadurch kann die Schaffung eines zusätzlichen grösseren Verwaltungsapparates vermieden werden.

E. Finanz- und Zolldepartement.

I. Finanzverwaltung.

1. Das Finanz- und Zolldepartement hat am 27. Mai 1942 neue S t a t u t e n der Versicherungskasse für das Personal der allgemeinen Bundesverwaltung erlassen, die der Bundesrat am 1. Juni 1942 genehmigt hat (A, S. 58, 506). Dieso Statuten beruhen in der Hauptsache auf den Grundsätzen, die im Bundesratsbeschluss vom 80. Mai 1941 über die vorläufige Neuordnung der Bezüge und der Versicherung des Bundespersonals festgelegt

755 worden waren (vgl. den 5. Bericht über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen, Bundesbl. 1941, 896). Die neuen Statuten weichen in folgenden Punkten von den vorläufigen Statuten und von den im Bundesratsbeschluss vom 80. Mai 1941 verankerten Versicherungsgrundsätzen ab. Bei Verdiensterhöhungen haben die Versicherten allgemein nur einen einmaligen Beitrag von 50 % jeder Erhöhung des versicherten Jahresverdienstes zu leisten; der Bund vergütet der Vorsicherungskasse die Dockungskapitalbelastung, die nach Anrechnung des von den Versicherten für die Verdiensterhöhung geleisteten Beitrages verbleibt (Art, 15 und 16 der Statuten), Ferner beteiligt sich der Bund im gleichen Masse wie die Versicherten am obligatorischen oder fakultativen Einkauf in die Versicherung (Art. 13). Schliesslich wurde der früheste Versicherungsbeginn vom 22. auf das 20. Altersjahr verlegt (Art. 2), Die Beitragsleistungen des Bundes für die Versicherung von Verdiensterhöhungen und den Einkauf in die Versicherung bedingen gegenüber der alten Ordnung eine jährliche Mehrausgabe von zusammen 800 000 bis 600 000 Franken ; aus der Vorvorlegung des frühesten Versicherungsbeginnes entsteht für die Kasse eine kapitalmässige Mehrbelastung von etwa 3 Millionen Franken.

In dem genannten Beschluss vom 1. Juni 1942 hat der Bundesrat auch die vom Verwaltungsrat der Schweizerischen Bundesbahnen am 19. Mai 1942 erlassenen S t a t u t e n der Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen genehmigt, die sich im allgemeinen an jene der eidgenössischen Versicherungskasse anlehnen.

2. Mit Beschluss vom 29. Juli 1942 (A. S. 58, 730) hat der Bundesrat den Lohnanspruch gewisser Kategorien des im A k t i v d i e n s t stehenden Bundespersonals rückwirkend auf den 1. Juli 1942 in folgender Weise erhöht: a. für Ledige, die keine gesetzliche Unterstützungspflicht erfüllen.

von 80 auf 40 % und, wenn sie eigenen Hausstand haben . . . . » 40 » 45 % 6. für Ledige, die eine gesetzliche Unterstützungspflicht erfüllen » 50 » 55 % c. für Verheiratete mit zwei und 3 Kindern . . . » 80 » 85 % und für solche mit mehr als 3 Kindern . . . . » 85 » 90 % 3. Durch Bundesratsbeschluss vom 2. Oktober 1942 (A. 8. 58, 930) wurde dem Bundespersonal eine zusätzliche Teuerungszulage für das Jahr 1942 bewilligt. Sie beträgt für verheiratete
männliche Beamte sowie ständig und mit vollem Tagewerk beschäftigte Angestellte, deren Jahresverdienst 6000 Franken nicht übersteigt, 240 Franken. Für Bedienstete mit höherem Jahresverdienst und für Ledige ist die Zulage abgestuft. Die Bemessung der Zulage erfolgte in Anlehnung an die von der Lohnbegutachtungskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes aufgestellten Richtsätze

756 für den Teuerungsausgleich, die sich aus dem «Ausgabenindex» dieser Kommission ergeben; insgesamt haben die Bezüge des Bundespersonals seit Kriegsbeginn durch die vorläufige Neuordnung vom 30. Mai 1941, die Teuerungszulage gemäss Bundesratsbeschluss vom 18. Januar 1942 und die genannte zusätzliche Teuerungszulage für das Jahr 1942 eine Erhöhung erfahren, die im Mittel annähernd diesen Bichtsätzen entspricht. Die zusätzliche Teuerungszulage kostet für rund 77 400 Bedienstete des Bundes und der Bundesbahnen zusammen rund 16,6 Millionen Franken. Der gesamte.dem Bundespersonal gewährte Teuerungsausgleich wird für das Jahr 1942 eine Mehrausgabe von rund 68 Millionen Franken zur Folge haben.

II. Bankenkommission.

Durch Beschluss vom 1. Juni 1942 (A. S. 58, 504) hat der Bundesrat die Geltungsdauer der bestehenden Vorschriften über die Sanierung von Banken bis zum 31. Dezember 1944 verlängert. Die Befugnisse der eidgenössischen Bankenkommission sind bei diesem Anlass erweitert worden: die Bankenkommission wurde an Stelle der kantonalen Stundungsgerichte als zur Bewilligung von Stundungen zuständig bezeichnet.

F. Yolkswirtschaftsdepartement Ì. BundesratsbesAluss vom 9. April 1942 über die Befugnis der strafrechtlichen Kommissionen des Volkswirtschaftsdepartements, Gefängnisstrafen zu verhängen (A. S. 58, 331). Vor Erlass unseres Beschlusses vom 9. April 1942 waren die strafrechtlichen Kommissionen des Volkswirtschaftsdepartements nur befugt, Bussenverfügungen zu erlassen. Pur schwerere Fälle kriegswirtschaftlicher Widerhandlungen, in denen die Verhängung einer Gefängnisstrafe in Frage kam, waren die kantonalen Gerichte oder das Bundesstrafgericht zuständig.

Diese Eegelung erwies sich als nachteilig. Einmal beeinträchtigte die Möglichkeit der Weiterziehung des Falles durch alle kantonalen Instanzen hindurch bis zum Bundesgericht die rasche und wirksame Ahndung der kriegswirtschaftlichen Vergehen, für die eine Gefängnisstrafe beantragt war. Bei gänzlicher Ausschöpfung des Instanzenzuges konnten bis zur rechtskräftigen Erledigung des Einzelfalles nicht nur Monate, sondern Jahre vergehen. Sodann zeigte sich, dass die kantonalen Gerichte weder die umfassende Kenntnis der vielen kriegswirtschaftlichen Vorschriften noch die grossen Erfahrungen besitzen, die sich die strafrechtlichen Kommissionen und ihre Einzelrichter in ihrer reichhaltigen Praxis auf dem Gebiete der kriegswirtschaftlichen Strafrechtsprechung aneignen konnten. Unter diesen Umständen ist es verständlich, dass fast keine Gefängnisstrafen durch kantonale Gerichte ausgesprochen und zum Vollzug gelangten.

Die zunehmenden Schwierigkeiten der Versorgungslage liessen aber die strengere Bestrafung einer Beihe von kriegswirtschaftlichen Widerhandlungen,

757 insbesondere des Schwarzhandels, als dringend notwendig erscheinen. Oft lassen sich die Täter durch eine wenn auch noch so hoch angesetzte Busse nicht genügend beeindrucken. Aus diesem- Grunde haben wir den strafrechtlichen Kommissionen des Volkswirtschaftsdepartements die Befugnis eingeräumt, Gefängnisstrafen zu verhängen. Dadurch werden sie in die Lage versetzt, auch Geld- und Freiheitsstrafen miteinander zu verbinden.

Durch ihre Zusammensetzung bieten diese Kommissionen volle Gewähr für eine gute und gerechte Eechtsprechung. Ihre Präsidenten sind ohne Ausnahme Berufsrichter. Das Erkenntnis der erstinstanzlichen Kommission kann vom Verurteilten an die strafrechtliche Eekurskommission weitergezogen werden. Es soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass das Volkswirtschaftsdeparteinent mit seiner Verfügung vom 13. Juni 1942 über die Straf Untersuchung bei kriegswirtschaftlichen Widerhandlungen ein Untersuchungsverfahren ins Leben gerufen hat, das dem Beschuldigten alle Garantien für eine gründliche und sachliche Behandlung seines Falles bietet und ihm in hinreichendem Masse die Möglichkeit der Verteidigung sichert.

Bis heute sind 27 Straffälle mit Antrag auf Verhängung einer Gefängnisstrafe durch das Generalsekretariat des Volkswirtschaftsdepartements an die strafrechtlichen Kommissionen überwiesen worden.

2. Bundesratsbeschluss vom 17, April 1942 über den Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft (Krankenversicherung) (A. S. 58, 875). Bei Erlass der Verfügung III vom 17. März 1941 über den Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft (Unfallversicherung) war das Volkswirtschaftsdepartement der Auffassung, dass die kantonalen Arbeitsemsatzstellen für die Versicherung aller zusätzlicher Arbeitskräfte in der Landwirtschaft besorgt sein würden. Diese Erwartung erfüllte sich nur teilweise. Aus diesem Grunde ergab sich die Notwendigkeit, diese Arbeitskräfte obligatorisch zu versichern. Vor Erlass des Beschlusses vom 17. April 1942 wurden die Kantonsregierungen um ihre Meinung befragt. Von 19 Kantonen gingen Antworten eia; 12 Kantone bejahten die Notwendigkeit der Obligatorischerklärung der Krankenversicherung, Unter diesen befanden sich alle grössern landwirtschaftlichen Kantone, einschliesslich die Kantone Neuenburg, Waadt und Genf. Abgelehnt haben das Obligatormm lediglich die Kantone Apponiseli Inner- und
Ausserrhoden sowie Schwyz, Nidwaiden und Schaffhausen. Die Durchführung der Krankenversicherung wird den Kantonen übertragen. Sofern von diesen nichts anderes bestimmt ist, sind die Versicherungsprämien von den Versicherten zu bezahlen. Für freiwillige Helfer, die ihre Arbeitskraft der Landwirtschaft unentgeltlich oder gegen geringe Entschädigung zur Verfügung stellen, übernehmen Bund und diejenigen Kantone, in denen diese Arbeitskräfte eingesetzt sind, die Prämie je zur Hälfte.

Ausser den Leistungen der Krankenversicherung (Krankenpflege und ein Mindestkrankengeld von Fr. 3) wird den zusätzlich in der Landwirtschaft eingesetzten Arbeitskräften vom ersten Tage ihrer Erkrankung an die Ver-

758 Sicherungsentschädigung weiter ausbezahlt, jedoch während höchstens drei Wochen.

3. BundesratsbesMuss vom 5. Mm 1942 über den Arbeitseinsatz bei Bauarbeiten von nationalem Interesse (Krankenversicherung) (A. S. 58, 481). Die bei diesen Arbeiten eingesetzten Arbeitskräfte sind gemäss dem Bundesgesetz vom 18. Juni 1911 über die Kranken- und Unfallversicherung bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt obligatorisch gegen Unfall versichert. Es hat sich als dringend wünschbar erwiesen, auch für den Fall von Krankheit die Versicherung vorzusehen, und zwar unter Aufstellung eines Obligatoriums von Bundes wegen. Diese Forderung drängt sich auf, da es ungerecht wäre, den Arbeitgeber im Konkurrenzkampf schlechter zu stellen, der für seine Arbeiter eine Versicherung abgeschlossen hat. Die Arbeitgeber haben mit anerkannten Krankenkassen Kollektivverträge abzuschliessen.

Mindestens die Hälfte der Prämie ist vom Arbeitgeber zu entrichten, der Best von den Arbeitnehmern.

Der Weiterbezug der Versetzungsentschädigung im Krankheitsfalle ist gleich geregelt wie beim Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft.

4. BundesratsbescMuss vom 28. Mai 1942 betreffend Ergänzung des BundesratsbescUusses vom 11. Februar 1941 über den Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft (Arbeitsdienstpflicht der Lehrlinge) (A. S. 58, 508).

Die für das Jahr 1942 vorgesehene Ausdehnung des Mehranbaues liess einen bedeutend grössern Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften für die Landwirtschaft erwarten. Der Kreis der Arbeitsdienstpflichtigen wurde daher nach Fühlungnahme mit den Spitzenverbänden der Arbeitgeber und Arbeitnehmer erweitert. Die Lehrlinge, die gemäss der Verordnung vom 17. Mai 1940 von der Arbeitsdienstpflicht ausgenommen waren, wurden ihr durch den Bundesratsbeschluss vom 28. Mai 1942 für die Landwirtschaft unterstellt. Der Einsatz der Lehrlinge ist zeitlich beschränkt, damit das Lehrziel ohne Verlängerung der Lehrzeit erreicht werden kann.

5. Bundesratsbescliluss vom 5. Juni 1942 über Teuerungszulagen an Rentenbezüger aus der Versicherung des militärischen und zivilen Arbeitsdienstes und beim Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft (A. S. 58, 515). Nachdem durch unsern Beschluss vom 18. November 1941 den Eentnern der schweizerischen Unfallversicherungsanstalt und den Pensionsberechtigten der Militärversicherung Teuerungszulagen
zuerkannt worden waren, hätte es stossend empfunden werden können, die rentenberechtigten dienstfreien Arbeitslosen der Arbeitskompagnien (militärischer Arbeitsdienst) wie auch jene aus dem zivilen Arbeitsdienst und aus dem Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft schlechter zu stellen. Die letztgenannten Eentner leiden zum Teil noch mehr unter der Teuerung, wenigstens soweit es sich um ältere Arbeitslose' handelt, die aus dein Arbeitsprozess und damit aus der Verdienstmöglichkeit ausgeschaltet sind. Da die Renten durch die Schweizerische Unfallversicliemngsanstalt ausgezahlt werden, ist ihr auch die Festsetzung und Auszahlung der Teuerungszulagen übertragen worden.

759 6. Bundesraisbeschluss vom 30. Juni 1942 betreffend Massnahmen zur Milderung der Wohnungsnot durch Förderung der Wohnba/utätigkeü (A. 8. 58, 616). Dieser Beschluss ersetzt den gleichnamigen vom 16. März 1942 und trägt der seither von Herrn Nationalrat Bernhard eingereichten Motion sowie den an den Buüdesrat gerichteten Eingaben der Begierungen der Kantone Bern und Zürich, des Schweizerischen Städteverbandes und des Schweizerischen Holz- und Bauarbeiterverbandes nach Möglichkeit Rechnung. In diesen verschiedenen Eingaben wurde eine grosszügigere Förderung des Wohnungsbaues verlangt. Einer solchen sind aber bei der ausserordentlich prekären Versorgungslage unseres Landes mit Baumaterialien (Zement, Eisen etc.)

Grenzen gesetzt. Der neue Bundesratsbeschluss kommt den gestellten Begehren immerhin in drei Punkten entgegen. Änderungen materieller Natur erfuhren indessen nur die Art. l und 2. Einmal wurde die Beschränkung in der Anwendung des Beschlusses auf grössere Gemeinden fallen gelassen, weil es sich herausstellte, dass auch Gemeinden in ländlichen Gegenden unter Wohnungsnot leiden, und verhütet werden muss, einer Abwanderung in die Stadt Vorschub zu leisten. Da es vor allem gilt, für kinderreiche und bedürftige Familien Unterkunft zu beschaffen, wurde sodann die Möglichkeit der Subventionierung auf Wohnbauten ausgedehnt, die von den Gemeinden selbst ausgeführt werden. Aus dem gleichen Grunde wurde für solche Gemeindebauten sowie für Wohnbauten von Genossenschaften und allgemein für Siedlungsbauten mit Pflanzland und für behelfsmässige Wohnbauten der Maximalansatz der Bundessubvention auf 10 % der Baukosten erhöht und der kantonale Beitrag auf die Höhe des Bundesbeitrages. ermässigt. Dabei sind in erster Linie Wohnbauten zu berücksichtigen, die in gemeinnütziger Absicht erstellt werden. Im weitern ist der Wortlaut des Art. 6 betreffend die Bückerstattungspflicht bei Zweckentfremdung oder gewinnbringendem Verkauf geändert worden, jedoch lediglich im Sinne einer präziseren Formulierung.

7. Bundesratsbeschluss vom 3. Juli 1942 über die Ablieferung von Gummireifen und Luftschläuchen (A. S. 58, 817). Infolge der geringen Vorräte und der ungünstigen Importverhältnisse gestaltet sich die Bereitstellung der notwendigen Bereifungen für den kriegswirtschaftlich unerlässlichen StrassenNutzverkehr immer
schwieriger. Es hat sich daher als unerlässlich erwiesen, für die Sicherstellung der notwendigsten Motorfahrzeugtransporte, die gesamten im Inland verfügbaren Bereifungen einzuziehen, um sie den kriegswirtschaftlich wichtigen Verbrauchern zuweisen zu können. Die nicht mehr gebrauchstüchtigen Bereifungen sollen zur Begeneratgewinnung und Begummierung verwendet werden.

Mit Beschluss vom 8. Juli 1942 haben wir das Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt ermächtigt, zur Versorgung von Volk und Heer mit Gummibereifungen die Ablieferungspflicht zu verfügen und den Umfang der Ablieferungspflicht selbständig zu bestimmen. Die Entschädigungen werden im Einzolfall durch besondere vom Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt bestimmte Experten nach den Bichtlinien der eidgenössischen Preiskontroll-

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stelle festgesetzt. Ihre Entscheide können an eine vom Volkswirtschaftsdepartement bestimmte Eekurskommission weitergezogen werden.

Daneben musate dafür gesorgt werden, dass die Marschbereitschaft der mit einem militärischen Marschbefehl belegten Motorfahrzeuge nicht gefährdet wird. Diese Motorfahrzeuge sollen von den Organen der Armee periodisch kontrolliert werden.

S. Bundesratsbeschluss vom 7. Juli 1942 über die Gewährung von Fahrvergünstigungen für den Arbeitseinsatz (A. S. 58, 634). Der Arbeitseinsatz für Wirtschafts- und Tätigkeitszweige, auf welche die Arbeitsdienstpflicht angewendet wird, erfordert die Versetzung zahlreicher Arbeitskräfte. Der Bund erleichtert die Versetzung durch Gewährung von Fahrvergünstigungen.

Die Eegelung der Fahrvergünstigungen muss den verschiedenartigen Verhältnissen in diesen Wirtschafts- und Tätigkeitszweigon angepasst werden.

Durch den Bundesratsbeschluss vom 7. Juli 1942 wurde daher das Kriegsindustrie- und -Arbeits-Amt zuständig erklärt zu bestimmen, für welche Arbeiten und unter welchen Bedingungen Fahrvergünstigungen zu gewähren sind.

9. Bundesratsbeschluss vom 14. Juli 1942 über die Regelung der Arbeitslosenfürsorge während der . Kriegskrisenzeit (A. S. 58, 648). Obwohl Bund, Kantone und Gemeinden umfassende Massnahmen zur Arbeitsbeschaffung für Zeiten wirtschaftlicher Krise vorbereiten, muss doch damit gerechnet werden, dass möglicherweise noch während des Krieges, jedenfalls aber nach dessen Beendigung in einzelnen Berufszweigen grössere Arbeitslosigkeit entstehen kann. Namentlich ist zu befürchten, dass durch eine weitere Bohstoffverknappung sowie durch Exportschwierigkeiten die Beschäftigungslage erheblich verschlechtert werden kann, und zwar vielleicht gerade zur gleichen Zeit, wo infolge Demobilniachung und Beendigung kriegswirtschaftlicher Aufgaben zahlreiche Arbeitskräfte frei werden. Unter solchen Verhältnissen wird es nicht möglich sein, allen Stellensuchenden sofort geeignete Arbeit zu vermitteln; auch wird es manchenorts notwendig sein, die Übernahme einer neuen Tätigkeit vorerst durch Anlernung, Umschulung oder Weiterbildung zu fördern. Deshalb muss Vorsorge dafür getroffen werden, dass die unverschuldet verdienstlos gewordenen Arbeitnehmer nicht vorübergehend der Armenfürsorge zur Last fallen. Als geeignete Hilfseinrichtung steht die
Arbeitslosenversicherung im Vordergrund; ergänzend treten die Krisen- bzw. Nothilfe sowie einige andere Unterstützungsmassnahmeii hinzu.

Bis anhin hat der Bund auf Grund des Gesetzes vom 17. Oktober 1924 über die Beitragsleistung an die Arbeitslosenkassen (A. 8. 41, 235) auf die Gestaltung der Arbeitslosenversicherung eingewirkt. Dadurch, dass er den Kassen regelmässige Subventionen gewährt und diese an bestimmte Bedingungen geknüpft hat, ist es ihm möglich gewesen, die Entwicklung weitgehend zu fördern. Immerhin haben sich im Laufe der Jahre, insbesondere während der vergangenen grossen Wirtschaftskrise, Mängel gezeigt, zu deren Beseitigung das erwähnte Gesetz als blosser Subventionserlass nicht ausreicht.

761 Nachteilig war vor allem, dass infolge der stark voneinander abweichenden kantonalen Vorschriften die Tätigkeit der Arbeitslosenkassen mit gesamtschweizerischem Wirkungskreis grossen und zum Teil unnötigen Erschwerungen begegnete. Ungünstig haben sich weiter die sehr ungleichen finanziellen Beiträge der Kantone und die zeitweiligen Verzögerungen in ihrer Subventionsleistung ausgewirkt. In dem Verhältnis der Kassen untereinander hat es an einem Eisikoausgleich auf breiter Basis gefehlt. Verschiedene Kaflsen, deren Mitgliederbestand sich vorwiegend aus Angehörigen von krisenempfindlichen Erwerbszweigen zusammensetzt, haben in. den Jahren grosser Arbeitslosigkeit ausserordentlich hohe, die Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer übersteigende Prämien erheben müssen. Da ihre Beserven weitgehend aufgezehrt sind, waren sie einer neuen schweren Belastung nicht mehr gewachsen.

Unter diesen Umständen hat sich eine Neuregelung der Arbeitslosenversicherung aufgedrängt. Um rechtzeitig die notwendigen Vorsorgemassnahmen zu treffen, ist vom Volkswirtschaftsdepartement im Frühjahr 1941 eine Expertenkommission aus Vertretern der beteiligten eidgenössischen und kantonalen Behörden, der Landesverbände der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen sowie der Arbeitslosenkassen bestellt worden. Nach einlässlichen Beratungen ist diese Kommission zum Schiusa gekommen, dass unter den gegebenen Verhältnissen eine auf die ausserordentlichen Vollmachten sich stützende Eegelung mit dem Ziele, in administrativer Hinsicht eine Vereinheitlichung und in finanzieller Beziehung einen bessern Ausgleich unter den Arbeitslosenversicherungskassen zu erreichen, den ausserordentlichen Anforderungen der Zukunft am besten Bechnung zu tragen vermag.

Gegenüber dem bisherigen System bringt die neue Begelung nach verschiedenen Eichtungen Neuerungen. Zunächst werden strengere A n f o r derungen an die Organisation der Kassen gestellt, so durch die Festsetzung einer Mindestmitgliederzahl, durch Bestimmungen über die Verantwortlichkeit der Organe und die Gewährleistung einer ordnungsgemässen Geschäftsführung, ferner durch die Bestellung geeigneter und ausreichender Entscheidungsorgane für die Behandlung von Zweifels- und Streitfällen. -- Wichtig ist sodann die planmässige Neuordnung der Finanzgrundlagen.

Von den Versicherten wird einerseits
eine angemessene Mindestprämie verlangt, um den Versicherungscharakter der Institution zu wahren. Andererseits wird Vorsorge dafür getroffen, dass die Prämien auch bei grosser Arbeitslosigkeit sich in zumutbaren Grenzen halten können. Durch die Schaffung eines Kassenausgleichsfonds, in den neben den Leistungen aus dem Ausgleichsfonds gemäss Finanzordnung für Arbeit und Lohnersatz auch solche sämtlicher anerkannten Kassen im Betrage von Fr. 2 für jedes Mitglied und Kalenderjahr fliessen, werden erhebliche Mittel zusammengetragen, welche die Ausrichtung von sogenannten Ausgleichszuschlägen an schwerer belastete Kassen «rmögUchen. Die Öffentlichen Subventionen werden in höherem Masse als bisher nach dem Belastungsgrade abgestuft ; sämtliche Kassen erhalten einen Bundesblatt. 94. Jahrg. Bd. I.

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762 im Vergleich zur bisherigen Ordnung reduzierten Grundbeitrag, der mit zunehmender Arbeitslosigkeit und Inanspruchnahme der 'Versicherungsleistungen nach einer bestimmten Skala durch sorgfältige gestaffelte Belastungszuschläge ergänzt wird. Die Kantone haben grundsätzlich mindestens einen gleiohhohen Beitrag zu leisten wie der Bund. Dadurch werden die Ungewissheit und Ungleichheit in der Subventionsleistung, die bisher die plamnässige Deckung der Kassenauslagen erschwert haben, vermieden. Um die verspätete Entrichtung des Pflichtbeitrages eines Kantons zu verhindern, sind Vorschussleistungen auf Eechnung des betreffenden Kantons zu Lasten der BückStellung gemäss Art. 8 der Finanzordnung für Arbeit und Lohnersatz vorgesehen. Für die Mehrzahl der Kantone tritt auf Grund der Neuordnung eine Reduktion der bisherigen Subventionsaufwendungen ein; diese Erleichterung wird vor allem dadurch ermöglicht, dass für Kassen mit grossein Vermögen die den Grundbeitrag ergänzenden Belastungszuschläge ganz oder teilweise wegfallen, und dass die Leistungen, die der Ausgleichsfonds zugunsten schwer belasteter Kassen erbringt, nur zur Hälfte aus öffentlichen Mitteln bestritten werden. -- Bei der Bemessung der Taggelder bei gänzlicher und teilweiser Arbeitslosigkeit wird in erhöhtem Masse dem Umfang der Familienlasten eines Arbeitslosen Rechnung getragen. Die bisher unterschiedlichen Taggeldansätze der Kantone werden eine gewisse Vereinheitlichung erfahren; immerhin ist es den Kantonsregierungen freigestellt, für die in ländlichen Gegenden wohnhaften Versicherten besondere Höchstgrenzen anzuwenden.

In bezug auf einzelne wichtige Fragen der Arbeitslosenversicherung bleiben die Kantone weiterhin autonom. So ist beispielsweise davon abgesehen worden, ein Versicherungsobligatorium auf eidgenössischer Grundlage einzuführen. -- Soweit die eidgenössische Neuregelung eine Änderung der bestehenden kantonalen Erlasse erfordert, haben die Kantonsregierungen die Befugnis erhalten, die erforderliche Anpassung vorzunehmen, damit auf Beginn des Jahres 1948 die rechtlichen und administrativen Vorbereitungen für die Durchführung des Bundesratsbeechlusses getroffen sind.

Zur Ergänzung der Arbeitslosenversicherung wird die bisherige Krisenunterstützung unter der Bezeichnung Nothilfe weiter ausgebaut.

Da für ihre Finanzierung die
Mittel der Lohnersatzordnung herangezogen werden, sollen ausser den versicherten Arbeitslosen auch die Nichtversicherten dieser Unterstützung grundsätzlich teilhaftig werden können. Die nähere Regelung wird durch einen besondern Bundesratsbeschluss erfolgen. -- Als zusätzliche Massnahmen der Arbeitslosenfürsorge ist noch die Gewährung von Versetzungszulagen sowie die Organisation von Umschulungskursen vorgesehen worden. Durch entsprechende Vorkehren kann die Benützung jeder vorhandenen Arbeitsgelegenheit erleichtert und die Erwerbstüchtigkeit der Arbeitslosen gefördert werden. -- Für den Fall, dass bei anwachsender Arbeitslosigkeit oder infolge kriegswirtschaftlich bedingter und behördlich angeordneter Einstellung von Betrieben eine weitere Fürsorge

763 notwendig werden sollte, haben wir die erforderlichen Ergänzungsmassnahmen zu treffen.

10. BundesratsbeschkLss vom 29. Juli 1942 über die Ausdehnung der Kriegsrisikoversicherung auf Verlagerungen der in die Schweiz einzuführenden Güter (A. S. 58,728). Schon bald nach ihrer Einführung sah sich die Kriegstransportversicherung genötigt, im Interesse der Landesversorgung gewisse, durch Transporthemmungen entstandene Lager in ihre Deckung einzuschliessen.

Handel und Industrie, die durch die Entwicklung der Ereignisse immer mehr gezwungen waren, vorsorglich auf weite Sicht einzukaufen, empfanden in zunehmendem Masse das Bedürfnis nach einer weiteren Deckungi vor Eeisebeginn, zumal mit dem Eintritt Amerikas in den Krieg in wichtigen Einkaufsgebieten Kriegsgefahren eintraten, mit denen vorher nicht gerechnet werden musate. Diese Bedürfnisse der Handelswelt haben auch in den eidgenössischen Bäten ihren Niederschlag gefunden, indem der Bundesrat mit der Motion Stäubli vom 10. Dezember 1941 eingeladen wurde, die Kriegsrisikoversicherung auch auf Waren schweizerischen Eigentums auszudehnen, die ohne erteiltes Navicert in Übersee lagern, für die aber der Nachweis erbracht ist, dass sie bei der ersten Gelegenheit nach der Schweiz verschifft werden. Dabei wurde insbesondere auch die Mitdeckung des Beschlagnahmerisikos verlangt, um solche Warenlager bankmässig bevorschussen zu können.

Diesen Bedürfnissen entspricht der am 29. Juli 1942 erlassene Bundesratsbeschluss über die Ausdehnung der Kriegsrisikoversicherung auf Vorlagerungen der in die Schweiz einzuführenden Güter. Die Deckung bezieht sich sowohl auf Zerstörungs- als auf Entrechtungsschäden. Der Einbezug von imaginärem Gewinn oder Mehrwert ist dagegen ausgeschlossen. Die Versicherung ist auf volkswirtschaftlich wichtige Waren beschränkt; sie kann für die einzelnen Warengattungen höchstens im Umfange eines Jahresbedarfs gewährt werden. Voraussetzung für die Deckung ist, dass sich der Versicherungsnehmer verpflichtet, die Ware so rasch als möglich in die Schweiz einzuführen und sie ohne Zustimmung der zuständigen Stelle weder zu veräussern noch sonst etwas zu unternehmen, was der Landesversorgung schädlich sein könnte. Demzufolge musste die Abwicklung der Vorlagerversicherung in das bereits für die Einfuhr bestehende Überwachungssystem eingebaut, die
Zulassung also von der Erfüllung der Anforderungen abhängig gemacht werden, die sich vom Gesichtspunkt der Landesversorgung ergeben. Eine vom Volkswirtschaftsdepartement ernannte Kommission ist mit dem Erlass der allgemeinen Bestimmungen beauftragt.

11. Bundesratsbeschluss vom 26. August 1942 über Massnahmen zur Verwertung der Kernobsternten und zur Versorgung des Landes mit Kernobst und Kernobsterzeugnissen (A. S. 58, 781). Der diesjährige Ernteertrag an Kernobst sowie die stark gesteigerte Nachfrage nach solchen erforderten vor allem Massnahmen für eine möglichst vollständige Erfassung des Obstes im Inlande und für eine gerechte Verteilung an alle Landesgegenden, Bevölkerungs- und

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Produktionskreise. Die Sektion für Obst und Obstprodukte des Kriegs-Ernährungs-Amtes wurde ermächtigt, die erforderlichen Massnahmen zu treffen.

Um die Obsternte möglichst restlos in den Dienst der Landesversorgung zu stellen, wurde das Brennen von Obst und dessen Abfällen soweit beschränkt, als dafür keine andere VerwertungsmÖglichkeit besteht.

12. Bundesratsbeschluss vom 4. September 1942 über die Zentralisation der Einfuhr von Hülsenfrüchten sowie deren Mahlprodukten zu Speisezwecken (A. S. 58, 793). Schon im Jahre 1940 wurde festgestellt, dass die regulären Hülsenfrüchteimporteure die Bezugsmöglichkeiten auf dem Balkan zufolge der stetig und stark steigenden Preise und der damit verbundenen Bisiken nur zögernd ausnützten. Diese Tendenz trat immer deutlicher zutage, so dass sich die Warensektion des Kriegs-Ernährungs-Amtes wiederholt veranlagst sah, von besonders günstig erseheinenden Importmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Insbesondere musste das Kriegs-Ernährungs-Aint auch die im Herbst 1941 eingeräumten Importquoten aus Übersee für Hülsenfrüchte zu wesentlich niedrigeren Preisen für sich beanspruchen, um eine möglichste Tiefhaltung der Abgabepreise durch Heranziehung dieser billigen Partien zum Preisausgleich zu gewährleisten. In diesem Sinne bestand faktisch die zentralisierte Einfuhr für Hülscnfrüohto bereits im 4, Quartal 1941. Auf Wunsch der interessierten Handelskreise wurde diese schon vor Jahresfrist der Warensektion des Kriegs-Ernährungs-Amtes übertragen. Mit dem vorliegenden Bundesratsbeschluss vom 4. September 1942 wurde lediglich ein bereits bestehender Zustand gesetzlich verankert.

Die Zentralisation der Einfuhr beim Kriegs-Ernährungs-Amt hat den Vorteil, dass den Interessen der Landesversorgung in allen Teilen Rechnung getragen werden kann. Während der Importeur angesichts der mit den steigenden Preisen immer grösser werdenden Bisiken einerseits und der Drosselung des Verkaufes durch die Bationierung anderseits verständlicherweise bei seinen Einkaufsdispositionen eine gewisse Zurückhaltung übt, kann und muss der Bund als Einkäufer alle günstigen Einfuhrmöglichkeiten ausnützen.

13. Bundesratsbeschluss vom 18. September 1942 betreffend Abänderung und Ergänzung der Verordnung vom 17. Mai 1940 über die Arbeitsdienstpflicht (A. S. 58, 877). Organisation und Durchführung des
Arbeitseinsatzes sowie die Anwendung der Arbeitsdienstpflicht haben sich nach der bestehenden Begelung im grossen und ganzen bewährt. Auf Grund der Erfahrungen erwies es sich aber als notwendig, einige Ergänzungen anzubringen. Durch den Bundesratsbeschluss wurde festgelegt, dass Arbeitsdienstpflichtige ohne Arbeit oder regelmässige Beschäftigung sich bei der Arbeitseinsatzstelle einzuschreiben haben und dass das Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt die Zahl der Arbeitskräfte festsetzen kann, welche jeder Kanton zur Verfügung halten und bei Bedarf in den Wirtschafts- und Tätigkeitszweigen, auf welche die Arbeitsdienstpflicht anwendbar ist, einsetzen muss. Aus praktischen Gründen ist dem Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt auch die Befugnis erteilt worden,

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zur Beschaffung der dort notwendigen Arbeitskräfte Arbeitsdienstpflichtige aufzubieten. Damit die Arbeitsdienstpflichtigen vollständiger erfasst werden und Gewähr geboten wird, dass diese die ihnen zustehenden Vergünstigungen wirklich erhalten, sind die Pflichten der Arbeitgeber in bezug auf das Meldewesen näher umschrieben worden.

Gemäss der Verordnung vom 17. Mai 1940 war die Strafverfolgung und die Beurteilung der Widerhandlungen gegen die Vorschriften über die Arbeitsdienstpflicht den Kantonen übertragen. Die ungleiche Strafpraxis in den Kantonen liess befürchten, dass die Durchführung des Arbeitseinsatzes erschwert werden könnte. Zudem führten die grossen Unterschiede im Strafmass für dasselbe Vergehen zu einer verständlichen Unzufriedenheit unter den betroffenen Arbeitsdienstpflichtigen. Es war daher angezeigt, die Strafverfolgung beim Bund zu vereinheitlichen und die Beurteilung der Widerhandlungen gegen die Vorschriften über die Arbeitsdienstpflicht den strafrechtlichen Kommissionen des Volkswirtschaftsdepartements zu übertragen.

. li. Bundesratsbeschluss vom 28. September 1942 über die Holzversorgung (A. S. 58, 929). Dieser Beschmss, der die Aufhebung des Bundesratsbeschlusses vom 5. März 1940 betreffend die Holzversorgung sowie der Verfügung Nr. l des Volkswirtschaftsdepartementes vom 27. April 1940 betreffend die Holzversorgung (Anordnung des Verkauf szwanges für Holz) zum Gegenstand hat, ergab sich durch den Erlass der Verfügung Nr. 4 vom 10. September 1942 des Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amtes über Produktion, Bereitstellung und Ablieferung von Holz. Nachdem wir bei der Aufstellung von Vorschriften auf dem Gebiete der Kriegswirtschaft dazu übergegangen sind, uns auf Eahmenerlasse zu beschränken und die Ausgestaltung im einzelnen dem Volkswirtschaftsdepartement zu übertragen, das seinerseits gewisse Kompetenzen auf die Kriegswirtschaftsämter übertrug, können einige frühere Erlasse in dem Masse aufgehoben werden, als die entsprechenden Vorschriften auf Grund unserer Bahmenerlasse und der allgemeinen Bewirtschaftungsverfügungen des Volkswirtschaftsdepartements durch die Kriegswirtschaftsämter aufgestellt werden.

15. Bundesratsbeschluss vom 28. September 1942 über die Ermächtigung der Kantonsregierungen zur Abänderung bau- und feuerpolizeilicher Vorschriften (A. S. 58, 921). Die
vielerorts herrschende Wohnungsnot einerseits und der Mangel an Baumaterialien anderseits haben die Verhältnisse so verändert, dass die herkömmlichen und in den kantonalen Gesetzen enthaltenen polizeilichen Voraussetzungen für die Errichtung von Bauten vielfach nicht mehr erfüllt werden kennen. Es ist daher erforderlich, dass bei bestehender Notwendigkeit die zuständigen kantonalen Behörden die Möglichkeit besitzen, von den bezüglichen Bauvorschriften abzuweichen und diese Abweichungen in einem beschleunigten Verfahren zu verfügen.

Wir haben daher die Kantonsregierungen ermächtigt, die baupolizeilichen Vorschriften auf dem Verordnungswege abzuändern oder aufzuheben. Der Bundesratsbeschluss erwähnt absichtlich nicht nur die bau-, sondern auch die

766 feuer- und die gesundheitspolizeilichen Vorschriften, um seine Anwendbarkeit auch für die Fälle zu sichern, wo die änderungsbedürftige Vorschrift unter den feuer- oder geBundheitspolizeilichen Bestimmungen aufgeführt ist. Es wird Sache der kantonalen Regierungen sein, im Einzelfall, nötigenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, zu entscheiden, inwieweit eine Abweichung von den bisherigen Vorschriften verantwortet werden kann.

G. Post- und Eisenbahndepartement.

Bundesratsbeschluss vom 16, Juni 1942 über Massnahmen zur Erhöhung der Produktion der Wasserkraft-Elektrizitätswerke (A.B. 58, 595). Am 10. Februar 1942 fasste der Bundesrat einen Beschluss über «Massnahmen zur Erhöhung der Produktion der Wasserkraft-Elektrizitätswerke». Die Begründung hiefür wurde im sechsten Vollmachtenbericht gegeben.

Anlässlich der Behandlung dieses Bundesratsbeschlusses in der ständerätlichen Vollmachtenkommission wurden einige Vorbehalte an die Genehmigung dieses Beschlusses geknüpft. Insbesondere wurde gewünscht, es seien die beteiligten Kantone über die vorgesehenen Massnahmen anzuhören und es sei den Konzessionsbehörden im Schiedsgericht, das über allfällige Entschädigungsnasprüche entscheide, eine Vertretung einzuräumen. Der neue ßundesratabeschluss vom 16. Juni 1942 berücksichtigt diese Begehren und enthält gleichzeitig einige Präzisierungen betreffend die Entschädigungen und das Schiedsgerichtsverfahren. (Der Ständerat hat diesen Beschluss in seiner Sitzung vom 22. September 1942 genehmigt.)

Gestützt auf unsere Ausführungen beantragen wir Ihnen, Sie möchten von den getroffenen Massnahmen in zustimmendem Sinne Kenntnis nehmen und beschliessen, dass sie weiter in Kraft bleiben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den S.November 1942.

3889

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Etter.

Der Bundeskanzler:

6. Boret.

-«ss*-

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Siebenter Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen. (Vom 3. November 1942.)

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