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Bundesblatt

94. Jahrgang.

Bern, den 26. November 1942.

Band I.

Erseheint In der Segel alle 14 Tage. Preis SO Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr, Einrückungsgebühr 50 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern,

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Zwischenbericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen.

(Vom 20. November 1942.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Gemäss Art. 5 des Bundesbeschlusses vom SO. August 1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität hat der Bundesrat der Bundesversammlung jeweils auf die Juni- und die Dezembersession hin über die von ihm in Ausführung dieses Beschlusses getroffenen Massnahmen Bericht zu erstatten. Die Bundesversammlung entscheidet darüber, ob dieso Massnahmen weiter in Kraft bleiben sollen. Anlässlich der Beratung über die von Herrn Nationalrat Meierhans und Mitunterzeichnern beantragte Motion, «das neue in Aussicht genommene Finanzprogramm den eidgenössischen Bäten zur Beratung und Beschlussfassung zu unterbreiten», hat der Vertreter des Bundesrates am 80. September 1942 im Nationalrat erklärt, der Bundesrat beabsichtige, die vorgesehenen Steuern so frühzeitig zu beschliessen und die Bundesversammlung hierüber in einem besondern Bericht zu unterrichten, dass der in Art, 5 des Vollmachtenbeschlusses vorgesehene Entscheid der Bundesversammlung schon in der Dezembersession fallen könne,also nochh vor der D u r c h f ü h r u n g der neuen Massnahmen.

Nachdem die Vollmachtenkommission des Ständerates vom 15. bis 17. Oktober und die Vollmachtenkommission des Nationalrates vom 19. bis 21. Oktober die Grundsätze zu den Bundesratsbeschlüssen über die Vermehrung der Mittel zur Tilgung der kriegsbedingten Bundesschuld beraten und der Bundesrat am 20. November 1942 die A b ä n d e r u n g des Wehrsteuerbeschlusses, die Erhebung eines neuen W e h r o p f e r s und die A b ä n d e r u n g des W a r e n u m s a t z s t e u e r b e s c h l u s s e s beschlossen hat, beehren wir uns, Sie in Übereinstimmung mit der eingangs erwähnten Erklärung über don gegenwärtigen Stand der kriegsbedingten Bundesschuld zu unterrichten und Ihnen über die Massnahmen Bericht zu erstatten, die wir zur notwendigen VerBundesblatt, 94. Jahrg. Bd. I.

60

802 mehrung der Einnahmen zur Tilgung und Verzinsung dieser Schuld beschlossen haben. Gleichzeitig erstatten wir Ihnen Bericht über den Luxussteuerbeschluss.

Wir fügen bei, dass wir diesen Bericht als Zwischenbericht über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen betrachten.

Die übrigen seit dem 8. Oktober 1942 angeordneten Massnabmen werden im VIII, Bericht behandelt.

L Allgemeine Betrachtungen zur finanziellen Lage der Schweiz.

Die finanzielle Belastung der Schweiz aus der gegenwärtigen Kriegszeit liegt ganz überwiegend auf dem Bunde: der Bund trägt nahezu die ganze Last ·der Mobilisationskosten, der Befestigungsbauten und der Bewaffnung und Ausrüstung der Armee. Auf ihm lasten aber auch in der Hauptsache die kriegswirtschaftlichen Aufwendungen, vorab die Kosten für die Verbüligung von Brot und Futtermitteln. Die Aufrechthaltung der Neutralität hat den Bundesrat überdies zu einer Eeihe von besondern Massnahmen veranlasst. Die Fragen der Finanzierung und Tilgung dieser ausserordentlichen Bundesa u f w e n d u n g e n bilden das zurzeit dringendste finanzpolitische Problem unseres Landes. So wichtig und weittragend auch die Fragen der Bundesfinanzreform und des Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen sind, sie müssen zurzeit vor diesem ungleich aktuelleren Problem zurücktreten.

Dass eine verfassungsmässige Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes kommen muss, ist allgemein anerkannt. Die Finanzkompetenzen haben mit der Ausdehnung des verfassungsmässigen Aufgabenkreises des Bundes nicht Schritt gehalten. Wiederholt musste, besonders seit der Nachkriegskrise der Dreissiger-Jahre, zu provisorischen Teillösungen Zuflucht genommen werden.

Dabei behalf man sich notgedrungen in der Hauptsache mit der Anordnung von Fiskalmassnahmen (Einsparungen und neue Steuern) durch dringliche Bundesbeschlüsse. Ein erster Versuch, das Finanznotrecht durch eine Neugestaltung der Finanzartikel der Bundesverfassung abzulösen und damit die gesteigerten Ansprüche des Finanzhaushaltes auf verfassungsmässigem Wege zu befriedigen (Botschaft des Bundesrates vom 18. März 1938 über die verfassungsmässige Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes), ist im "Parlament gescheitert. Der Ausbruch des gegenwärtigen Weltkrieges mit seiner Umgestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse hat seither eine verfassungsmässige Verankerung des fiskalischen Not- und Übergangsrechtes praktisch verunmöglicht. Die Lösung der grundsätzlichen Aufgaben der Finanzreform ·-- die in der Hauptsache in einer Ausscheidung der Aufgaben und der Steuerquellen zwischen Bund und Kantonen bestehen wird -- kann nur in der Nachkriegszeit gelöst werden. Sie macht Verfassungs- und (resetzesändernngen im Bunde nötig, die wiederum Eevisionen der kantonalen Verfassungen und Gesetze nach sich ziehen werden. Die Vorbereitung und Durchführung einer

803 solchen definitiven Eegelung erfordert deshalb eingehende Untersuchungen, welche die volle Aufmerksamkeit der verantwortlichen Behörden während längerer Zeit beanspruchen werden. Die Vermehrung der Mittel zur Tilgung der kriegsbedingten Bundesschuld jedoch duldet keinen Aufschub. Sie stellt an sich keine Fragen, deren Lösung an staatsrechtliche Fundamente rührt, wie das bei einer Bundesfinanzreform der Fall ist.

Im Verhältnis zu dieser Aufgabe sind die Probleme, die der ordentliche Finanzhaushalt des Bundes und die Finanzhaushalte der Kantone bieten, weniger schwer und nicht von gleicher Dringlichkeit.

Die Lage des ordentlichen Finanzhaushaltes des Bundes wird durch folgende Zahlen veranschaulicht:

Verwaltungsrechnung : Ausgaben Einnahmen

1939

1940

1941

1942

1943

684 581

512 482

458 898

477 369

481 885

(Voranschlag) in Millionen Franken

1939

1940

1941

In Millionen Franken

Der Schuldenüberschuss am Jahresende ist wie folgt angewachsen

1363

1369

1410

Im Einnahmenschwund der Verwaltungsrechnung spiegelt sich der durch den Zusammenbrach der weltwirtschaftlichen Beziehungen bedingte Ausfall der an der Grenze erhobenen Abgaben (Zölle, Zollzuschläge usw.). Der Bückgang der Ausgaben erklärt sich in der Hauptsache aus zwei Gründen : einerseits sind eine Beihe von Bundesbeiträgen an verschiedene Wirtschaftszweige, deren Produktions- und Absatzverhältnisse sich wegen der Abschnürung vom Ausland verbessert haben, und von sozialpolitischen Aufwendungen abgebaut worden oder weggefallen. Anderseits hat der Aktivdienstzustand zu organisatorischen Änderungen im Militärwesen geführt, die wohl eine Entlastung der ordentlichen Verwaltungsrechnung, dafür aber eine Belastung. der ausserordenthchen Rechnung durch Wehraufwendungen bewirkt haben. Es muss damit gerechnet werden, dass nach der Aufhebung des Aktivdienstzustandes die zu Lasten der ordentlichen Verwaltungsrechnung fallenden Militärausgaben auf gegen 200 Millionen Franken ansteigen werden. Die Vermehrung und Verlängerung der Kurse in Verbindung mit grössern Truppenbeständen, der Unterhalt und Ersatz der vielseitigeren Bewaffnung sowie der Unterhalt der erweiterten und neuen Befestigungswerke, die Militärversicherung usw. führen zu einem grossen finanziellen Mehrbedarf. Selbst wenn sich die Zolleinnahmen nach dem Kriege erholen, wird auf absehbare Zeit mit einem Ausgabenüberschuss der ordentlichen Verwaltungsrechnung zu rechnen sein.

Der ordentliche Finanzhaushalt des Bundes birgt überdies eine Beihe grundsätzlicher Probleme von grosser finanzieller Tragweite in sich, an deren Lösung jedoch erst nach der Beschaffung der Mittel zur Tilgung der kriegs-

804

bedingten Bundesschuld geschritten werden kann. Dazu gehören die Entschuldung der Bundesbahnen, die endgültige Wiederaufrichtung der Personalversicherungskassen des Bundes und die Neuordnung der Tilgung des Schuldenüberschusses der ordentlichen Vermögensrechnung.

Die Kantonsfinanzen haben sich in den letzten Jahren wie folgt entwickelt: 1939

1940

1941

Millionen Franken

Abschlüsse der kantonalen Verwaltungsund Spezialrechnungen Einnahmen der Kantone aus Steuern, Monopolen und Patentabgaben (ohne Anteile an Bundessteuern) Beinvermögen bzw. Verschuldung der Kantone

-- 21

+59

328

383

-- 81

+55

+ 26 *) 850 + 81 *)

.Die Verbesserung geht hauptsächlich auf die Entnahmen aus dem Währungsausgleichsfonds der Nationalbank, auf die Beteiligung der Kantone an den außerordentlichen Steuern das Bundes im Rahmen des ersten Kriegsfinanzprogranunes und auf die Verminderung von Aufwendungen für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sowie für Strassen- und andere Bauten zurück.

Nicht zu übersehen ist auch die Verbesserung der Steuererträge, die auf die eidgenössische Wehr Opferamnestie und auf die Eückwirkungen der Veranlagungsergebnisse für Bundessteuern auf die kantonalen Steuern zurückzuführen ist.

Die Anteile der Kantone an den seit Kriegsausbruch erschlossenen neuen Bundessteuern haben in den Jahren 1939 bis 1941 folgendes Ausmass erreicht : Millionen Franken

Krisenabgabe und Wehrsteuer Wehropfer Kriegsgewinnsteuer

57,4 48,9 8,7 Zusammen

105,0

Diese ausserordentlichen Einkünfte, von denen bisher -- zusammen mit der Entnahme aus dem Währungsausgleichsfonds -- grössere Teile zur vermehrten Schuldentilgung und zur Anlage von Beserven verwendet werden konnten, erleichtern den Kantonen die Finanzierung von Luftschutzmassnahmen, Verbilligungsaktionen für minderbemittelte Bevölkerungsteile, Meliorationsarbeiten und von allfälligen Arbeitsbeschaffungsmassnahmen wesentlich.

*) Ohne Berücksichtigung der Bilanzbereinigung der Kantonalbank von Bern, die in der Staatsrechnung des Kantons Bern zu einem Rückschlag um 84 Millionen Franken geführt hat.

805

II. Die ausserordentlichen Aufwendungen des Bundes für die Landesverteidigung.

1. Aufwandschätzung.

Zur Berechnung der kriegsbedingten, ausserordentlichen Aufwendungen des Bundes -- Kosten des Aktivdienstes, der Verstärkung der militärischen Landesverteidigung (Korpsmaterial, Bauten usw.), der kriegswirtschaftlichen Organisation (einschliesslich Verbilligungsaktionen) und von andern Massnahmen, die der Bundesrat gestützt auf Art. 8 des Vollmachtenbeschlusses zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität angeordnet hat -- wird einerseits auf die Ausgaben bis Ende 1942 und anderseits.auf die bisher bewilligten, aber noch nicht voll beanspruchten Kredite abgestellt.

o. Ausgaben:

Jahr

kriegsbedingte Verstärkung der Ausgaben militärischen zusammen Landes-

verteidigung

davon Aktivdienst

Verschiedene Massnahmen zum Schutze des Landes

kriegswirtschaftliche Organisation

*)

in 1Millionen F ranken 1934--1938. .

1939 1940 1941 1942 (Schätzung) Zusammen . .

211,1 391,9 1128,4 1817,2 1488,0

211,1 156,8 175,7 345,1 514,0

4481,6

1402,7

285 ,1 2) 942,7 908,3 740,0

2826,1

0,0 1,8 8,4 29,0

8,2=) 55,4 150,0 213,6

i

89,2

!) Nur: Kosteti und Verluste.

2 ) September---Dezember.

3 ) September '. 989--Dezember 1940.

Milliarden Franken

b. Zur Verstärkung der militärischen Landesverteidigung sind bisher Kredite bewilligt bzw. in Aussicht genommen worden von zusammen ca. 2,6 Auf Rechnung dieser Kredite werden bis Ende 1942, wie in lit. a dargestellt, ausgegeben sein 1,4 Zu Lasten der bereits bewilligten Kredite dürften somit nach 1942 ausgegeben werden

1,2

Die zurzeit bestimmt voraussehbaren Gesamtaufwendungen lassen sich daher wie folgt schätzen:

806 Milliarden Franken

Ausgaben bis Ende 1942 für Verstärkung der militärischen Landesverteidigung, Aktivdienst, kriegewirtschaftliche Organisation und verschiedene Massnahmen zum Schutze des Landes (lit. a) noch nicht beanspruchte Kredite für die Verstärkung der militärischen Landesverteidigung (lit. /;) Zusammen .

4,5 1,2 5,7

Vom mutmasslichen Gesamtaufwand entfallen in runden Beträgen 2,8 Milliarden Franken auf Aktivdienstkosten sowie 2,6 Milliarden Pranken auf die Kosten der Verstärkung der militärischen Landesverteidigung, wovon rund 30 % auf Befestigungsbauten und 70 % auf Korpsmaterial usw.

In der Schätzung der Gesamtaufwendungen sind keine Kosten für den Aktivdienst nach 1942 berücksichtigt; diese erreichen beim gegenwärtigen Umfang der Mobilisation -- einschliesslich Bundesleistungen an die Lohnund Verdienstersatzordnungen -- monatlich im Durchschnitt etwa 60 Millionen Pranken und wären, wenn der Aktivdienstzustand während des Jahres 1948 aufrechterhalten werden müsste, für dieses Jahr auf etwa 7UU Millionen Pranken zu schätzen. Auch ist die Tatsache vernachlässigt, dass auf die kriegswirtschaftliche Organisation nach Friedensschluss jedenfalls nicht ohne weiteres verzichtet werden kann, weil die Versorgungsschwierigkeiten die Kriegszeit sicher überdauern werden.

Welchen Betrag die kriegsbedingten Aufwendungen des Bundes tatsächlich erreichen werden, lässt sich zurzeit nicht sagen. Die Beantwortung dieser Präge hängt von einer Eeihe von Ereignissen ab, deren Verlauf unser Land und seine Behörde nicht zu beeinflussen und deren Tragweite sie zurzeit nicht zu beurteilen vermögen.

2, Geldbeschaffung.

Millionen Franken In den Jahren 1989 bis 1942 erreichen die kriegsbedingten Ausgaben des Bundes 4270 und die Ausgaben im ordentlichen Haushalt des Bundes 1 ) . .

2100 Dazu kommen die Anleihensemissionskosten, die Ausgaben für die Privatbahnhilfe und für Arbeitsbeschaffungsmassnahmen sowie die in der Vermögensrechnung verbuchten Abschreibungen und Bückstellungen von zusammen rund 150 Von den in der eidgenössischen Staatsrechnung verbuchten Ausgaben von zusammen .

6520

Übertrag

6520

l

)' 1939 bis 1941: Verwaltungsrechnung.

1942: Voranschlagskredite, Kreditübertragungen und Nachtragskredite.

807 Millionen Franken Übertrag 6520 entfallen auf interne Verrechnungen und Bückstellungen (buchmässige Ausgaben) etwa 390 Die Deckung der geld- und kassenmässigen Ausgaben von rund. . . .

6130 erfolgt durch Steuern, Gebühren und andere Abgaben in der Höhe von zusammen .

2974 und durch Geldaufnahmen von zusammen

3156

Der Geldbedarf wurde somit in den Jahren 1939 bis 1942 zu je etwa der Hälfte durch Steuern usw. und durch Anleihen beschafft.

Gewiss werden mittels Steuern die Kriegskosten endgültig beglichen, während die Anleihen diese Tilgung auf die Zukunft verschieben. Vom Standpunkte der Steuergerechtigkeit und der Sorge für die Wirtschaft aus ist die Anleihe jedoch unumgänglich. Sie ist auch unentbehrlich, wenn es gilt, die Kluft zwischen einem plötzlichen ausserordentlichen Geldbedarf und den Erträgnissen von Steuern zu überbrücken.

Bei vorurteilsloser Prüfung der bisherigen «Kriegsfinanzierung» wird man feststellen können, dass sich der Bundesrat seine Massnahmen nicht von einem starren Dogma diktieren liess, dass er vielmehr sowohl bei den Steuern wie bei den Geldaufnahmen stets der wirtschaftlichen Leistungsund Tragfähigkeit des Landes nach Möglichkeit Rechnung getragen hat und die finanzpolitischen Massnahmen den allgemeinen wirtschaftspolitischen Erfordernissen anzupassen und unterzuordnen suchte.

III. Die Tilgung der aosserordentlichen Aufwendungen für die Landesverteidigung bis Ende 1942.

1. Die einzelnen Massnahmen.

Die bisherigen ausserordentlichen Tilgungsmassnahmen beruhen auf Sonderrecht, und zwar die Beanspruchung der Krisenabgabe auf der verfassungsmässigen Ubergangsordnung des Pinanzhaushaltes vom 80. September 1938, die Erhebung der Kriegsgewinnsteuer auf den Bundesratsbeschlüssen vom 12. Januar 1940/18. November 1941 und die Erhebung des Wehropfers, der Wehrsteuer, der Warenumsatzsteuer sowie die Entnahme aus dem Währungsausgleichsfonds auf dem Bundesratsbeschluss vom 30. April 1940 über Massnahmen zur Tilgung der ausserordentlichen Wehraufwendungen und den dazu gehörigen Ausführungsbeschlüssen. Der Bundesrat stützte sich bei seinen Beschlüssen auf die ausserordentlichen Vollmachten, die ihm durch den BundesbeschluBS vom 30. August 1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Auf rech thaltung der Neutralität verlieben worden sind.

Die gleichzeitige Belastung ein- und desselben Steuerobjektes durch kantonale und Bundessteuern hat den Steuerdruck jedenfalls für gewisse

808 Kategorien von Pflichtigen erheblich verstärkt. Die Aufpfropfung einer Bundeseinkommens- und einer Bundesvermögenssteuer auf die vorhandenen kantonalen Steuersysteme hat, weil dieso unter sich verschieden sind, im Einzelfalle ungleiche Wirkungen; sie kann auf eine einfache Verstärkung der Steuersätze hinauslaufen, eine Verstärkung der bestehenden Belastung bestimmter Gruppen von Pflichtigen bedeuten oder sich auch als Schonung bestimmter Kategorien auswirken.

Ohne Änderung der bestehenden kantonalen Steuergesetze, d. h. ohne Eingriff in die kantonale Finanzhoheit kann nicht bewirkt werden, dass die Bundessteuem für alle Steuerpflichtigen in gleichen Verhältnissen im ganzen Lande gleichmassig wirken. Innerhalb der auaserordentlichen Bundessteuern selbst dagegen wurde der grösstmögliche Ausgleich in der Belastung der verschiedenen Steuerobjekte angestrebt.

Nachdem die Entnahme aus dem Währungsausgleichsfonds bereits im Jahre 1940 durchgeführt und die Erhebung des Wehropfers in drei Jahresraten 1940 bis 1942 vor dem Abschlüsse steht, darf in diesem Zusammenhang auf ihre nochmalige Darstellung verzichtet werden. Wir begnügen uns mit einer Übersicht über die auch nach 1942 laufenden Steuern, d, h. die Wehrsteuer, die Warenumeatzstouor und dio Kriogsgowinnsteuer.

a. Die Kriegsgevnnnsteuer.

Die früheste Fiskalmassnahme zur Finanzierung der kriegsbedingten Aufwendungen ·-- wenn davon abgesehen wird, dass durch den Verfassungsbeschluss vom 80. September 1988 betreffend die Übergangsordnung des Finanzhaushaltes des Bundes der Bundesanteil an der eidgenössischen Krisenabgabe ab 1939 «bis zur Einführung einer eidgenössischen Wehrabgabe für die Verzinsung und Tilgung der Aufwendungen zur Verstärkung der Landesverteidigung seit 1933» reserviert wurde -- ist die Kriegsgewinnsteuer, die der Bundesrat am 12. Januar 1940 beschlossen und am 18. November 1941 verschärft hat.

Durch die vorübergehende Kriegsgewinnsteuer wird der selbstverständlichen Forderung Bechnung getragen, dass, wer von den ausserordentlichen Verhältnissen profitiert, einen wesentlichen Teil seines zusätzlichen Gewinnes der öffentlichen Hand zur Deckung der ausserordentlichen Kriegslasten zur Verfügung zu stellen habe. Als Kriegsgewinn gilt der Unterschied zwischen dem Eeinertrag des Steuerjahres ·-- des.Jahres 1939 und der folgenden Jahre
-- und dem durchschnittlichen Beinertrag der Vorjahre, wobei der Steuerpflichtige die Wahl hat zwischen zwei von den drei Kalenderjahren 1986 bis 1988. Ferner unterliegen der Steuer die während der Geltungsdauer des Beschlusses aus Gelegenheitsgeschäften erzielten Gewinne. Die Steueransätze von ursprünglich 30 bis 40 % sind durch den Beschluss vom 18. November 1941 auf 50 bis 70 % erhöht worden. Eine weitere Verschärfung der Belastung entstand durch die Kürzung der steuerfreien Beträge. Gleichzeitig wurden einige Milderungen

809 eingeführt, von denen die Erhöhung der steuerfreien Quote für Fürsorgeaufwendungen zugunsten des eigenen Personals und die Zulassung von Rückstellungen für die Wiederbeschaffung von Waren besonders erwähnt seien.

Von den eingegangenen Steuerbeträgen wird ein Fünftel einem Fonds zugewiesen, aus dem Steuerpflichtigen nach dem Kriege unter Umständen Steuerrückerstattungen gewährt werden können. Die Kantone erhalten einen Zehntel der endgültigen Steuerbetreffnisse, dem Bunde verbleiben 90 %. Im Jahre 1942 wird mit einem Bundesanteil von 75 Millionen Franken gerechnet.

b. Die Wehrsteuer.

Zusammen mit dem Wehropfer, der Warenumsatzsteuer und der Entnahme aus dem Währungsausgleichsfonds der Nationalbank wurde durch Bundesratsbeschluss vom 30. April 1940 die Wehrsteuer angeordnet.

Nach dem Ausführungsbeschluss vom 9. Dezember 1940 umfasst die Wehrsteuer eine von den Kantonen unter Aufsicht des Bundes jährlich zu erhebende allgemeine Wehrsteuer vom Einkommen, vom Vermögen und von den Tantiemen natürlicher Personen, vom Reingewinn sowie von Kapital und Reserven bzw. vom Reinertrag oder Einkommen und Vermögen juristischer Personen und von den Rückvergütungen und Rabatten auf Warenbezügen, ferner eine vom Bunde an der Quelle erhobene Steuer vom Ertrage inländischer Wertpapiere, der Kundenguthaben bei inländischen Banken und Sparkassen sowie von Lotterietreffern. Dadurch, dass der Ertrag des mobilen Kapitals an der Quelle erfasst wird, können auch Erträgnisse zu Steuerleistungen herangezogen werden, die, sei es, weil ein Steuerdomizil in der Schweiz nicht besteht, sei es, weil sie im Deklarationsverfahren hinterzogen werden, sonst der Steuer entgehen würden.

Die allgemeine Wehrsteuer auf dem Einkommen ist von natürlichen Personen zu entrichten, deren Einkommen 8000 Franken (bei Ledigen 2000 Franken) übersteigt. Der Kinderabzug beträgt 400 Franken. Die Steuerprogression fängt mit 0,4 % an und steigt bis auf 6,5 %; der Höchstsatz wird für Verheiratete bei einem Einkommen von 77 000 Franken, für Ledige bei 60 000 Franken erreicht. Beim Vermögen beginnt die Steuerpflicht mit einem Reinvermögen von 10 000 Franken und einem Satz von % °/00. Die Progression erreicht ihr Maximum bei einem Reinvermögen von l,5 Millionen Franken mit 8%%oDie Sondersteuer auf den Tantiemen ist auf dem Grundsatz der überschiessenden
Progression aufgebaut ; die Progression beginnt mit 5 % für die ersten 10 000 Franken Tantiemen, für Tantiemen von wenigstens 50 000 Franken beträgt der Steuersatz einheitlich 10 %.

Aktiengesellschaften usw. entrichten eine Steuer von 2 bis 8 % des Reingewinns, nach Massgabe des Verhältnisses von Reingewinn zu einbezahltem Grund- oder Stammkapital und Reserven. Dazu kommt eine Abgabe von 3 A °/oo des einbezahlten Grund- oder Stammkapitals zuzüglich Reserven.

Genossenschaften sind mit einer Steuer von 8 % des Reinertrages und einer Ergänzungsabgabe von %°/oo des Reinvermögens belastet. Auf die übrigen

810 juristischen Personen finden die Bestimmungen für ledige natürliche Personen Anwendung. Sämtliche Rückvergütungen und Eabatte von über 5 % werden mit einer Steuer von S % auf dem 5 % des Warenpreises übersteigenden Teil der Bückvergütungen und Babatte belastet.

Den Kantonen verbleiben -- grundsätzlich von der zweiten Bäte an --· 80 % des Ertrages der allgemeinen Wehrsteuer; 70 % sind an den Bund abzuführen. Vom Ertrag der an der Quelle erhobenen Wehrsteuer verbleiben dem Bund -- ab 1942 -- 80 %; 20 % hat er an die Kantone nach Massgabe ihrer Wohnbevölkerung zu verteilen. Der jährliche Gesamtertrag der Wehrsteuer wird auf etwa 110 Millionen Franken, der Bundesanteil auf 80 Millionen Franken geschätzt.

o. Die Warenumsatzsteuer.

Der Bundesrat hat am 29. Juli 1941 den Ausführungsbeschluss über die Warenumsatzsteuer erlassen. Damit ist auch die letzte Massnahme des Finanzprogrammes vom 30. April 1940 verwirklicht worden. Die Warenumsatzsteuer wird beim Grossisten erhoben. Als Grossist gilt jeder Händler mit einem Jahresumsatz von mehr als 85 000 Franken, sofern mehr als die Hälfte davon auf Engroslieforungen entfällt, und jeder Hersteller mit mehr als 35 000 Franken Umsatz. Steuerpflichtig wurde auch erklärt, wer, ohne Grossist zu sein, vierteljährlich für mehr als 2500 Franken Erzeugnisse der inländischen Urproduktion bezieht. Während die Steuer auf dem Inlandumsatü durch die eidgenössische Steuerverwaltung erhoben wird, ist die Zollverwaltung mit der Erfassung der Einfuhrwaren betraut. Direkte Lieferungen vom Grossisten an den Verbraucher werden mit 2 % belastet; um auch bei andern Lieferungen zur gleichen Belastung des Verbrauchers zu kommen, ist für die Lieferung von Waren zum Wiederverkauf oder als Werkstoff für die Herstellung anderer Waren ein Satz von 2% bis 8 % vorgeschrieben. Der Satz von 2% % kommt bei Nahrungsmitteln, alkoholfreien Getränken und Waschseife zur Anwendung; auf allen andern Waren werden 3 % erhoben. Gas, Wasser, Elektrizität, Getreide, Getreidemehl und -griess, Kartoffeln, Brot, Kochsalz, Milch, Butter, Käse, Zeitungen und Zeitschriften sind steuerfrei.

Die erste Steuerperiode hat am 1. Oktober 1941 begonnen. Mit der Warenumsatzsteuer, die den Binnenkonsum durch eine grosse Zahl kleiner, im Einzelfalle häufig wenig spürbarer Leistungen belastet, werden auch jene
Bevölkerungsteile zu Steuerleistungen für die Landesverteidigung herangezogen, die weder durch das Wehropfer noch durch die Wehrsteuer erfasst werden. Der Gesamtertrag der Steuer verbleibt dem Bunde. Er wird für das Jahr 1942 auf etwa 100 Millionen Franken geschätzt.

811 Das erste Kriegsfinanzprogramm ist das Ergebnis systematischer Bemühungen um Steuern, die aufeinander abgestimmt sind und die im Ergebnis eine -wirtschaftlich und sozial vernünftige und tragbare Lastenverteilung verwirklichen.

2. Der Ertrag.

Ein Programm für Steuern zur Verzinsung und Tilgung der kriegsbedingten Aufwendungen setzt eine Bedarfsschätzung voraus. Bereits wurde auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die einer abschliessenden Festsetzung der «Kriegsschulden» entgegenstehen. Eine endgültige Berechnung lässt sich selbstverständlich erst nach Friedensschluss durchführen. Es sei daran erinnert, dass der « Generalabschluss über die Ausgaben für den Aktivdienst der schweizerischen Armee 1914--1921» erst im Jahre 1940 bereinigt werden konnte.

Niemand wird aber im Ernste erwarten oder verlangen, dass mit der Kriegsschuldontilgung erst begonnen werde, wenn der Rechnungsabschluss vorliegt.

Jedem noch während der Kriegszeit aufgestellten Finanzprogramm liegt deshalb unvermeidlich eine Bedarfsschätzung zugrunde, die sich in der Zukunft als unzutreffend erweisen kann.

Dieses Schicksal hat auch die Schätzung ereilt, auf die der Bundesrat in der Botschaft vom 19. Januar 1940 über Massnahmen üur Ordnung des Fiuaiizhaushaltes abstellte. Der Bundesrat hatte im Oktober 1939 die ausserordentlichen Wohrausgaben bis Mitte 1940 auf 2,5 Milliarden Franken geschätzt.

Durch eine grosse, einmalige Kraftanstrengung sollte dieser gewaltige Aufwand um einen bedeutenden Betrag vermindert werden. Dafür wurden die Kriegsgewinnsteuer, die Entnahmen aus dem Währungsausgleichsfonds und das Wehropfer vorgesehen. Der Best sollte durch die Wehrsteuer verzinst und innerhalb 20 Jahren getilgt werden. Im Jahre 1940 nahmen jedoch die Ereignisse einen nicht vorhersehbaren Vorlauf. Ein neuer Weltkrieg, der nun schon mehr als drei Jahre dauert und sich über alle Erdteile erstreckt, zog unser Land auch finanziell in einer bisher unvorstellbaren Weise in Mitleidenschaft. Während die Kosten der Kriegsmobilrnachung in den Jahren 1914 bis 1921 mit 1,2 Milliarden Franken ermittelt worden sind, müssen die gegenwärtigen Landesverteidigungskosten zurzeit etwa fünfmal höher veranschlagt werden. Das Gebot, alles zu tun, was zur Aufrechthaltung der Neutralität unseres Landes unentbehrlich ist, zwingt fortlaufend zu ausserordentlichen
Massnahmen vorab auf dem Gebiete der Befestigung und der Bewaffnung, damit unsere Armee mit der Entwicklung der Kriegsführang im Auslande Schritt halten kann. Die bisher getroffenen Fiskalmassnahmen genügen bei weitem nicht, um die kriegsbedingten Aufwendungen des Bundes innert nützlicher Frist zu tilgen.

Die seit 1989 erhobene eidgenössische Krisenabgabe, die Kriegsgewinnsteuer, die Wehrsteuer, das in den Jahren 1940 bis 1942 erhobene Wehropfer, die Erträgnisse der Warenumsatzsteuer und der Luxussteuer sowie die Entnahme aus dem Währungsausgleichefonds der Schweizerischen Nationalbank bringen dem Bunde bis Ende 1942 rund 1,2 Milliarden Franken zur Tilgung der kriegsbedingten Bundesaufwendungen ein.

812 IT. Die Beschaffung neuer Mittel zur Verzinsung und Tilgung der außerordentlichen Aufwendungen für die Landesverteidigung.

1. Der zusätzliche Bedarf.

Da bei einem kriegsbedingten Gesamtaufwand von wenigstens 5,7 Milliarden Franken bis Ende 1942 rund 1,1 bis 1,2 Milliarden Pranken getilgt sein dürften, bleiben somit nach 1942 für einmal etwa 4,6 Milliarden Franken zu verzinsen und zu tilgen. Zur Tilgung innert 20 Jahren und zur Verzinsung mit 3% % sind jährlich 835 Millionen Franken erforderlich.

Wird von der Kriegsgewinnsteuer, die sich der Bundesrat als Beeerve für zurzeit nicht voraussehbare Ausgaben vorbehalten möchte, in diesem Zusammenhang abgesehen, so stehen im Rahmen des Kriegsfinanzprogrammes von 1939 ab 1943 jährlich etwa 180 Millionen Franken zur Verfügung, nämlich der Bundesanteil an der Wehrsteuer von zurzeit schätzungsweise 80 Millionen Franken und der Ertrag der Warenumsatzsteuer von zurzeit etwa 100 Millionen Franken. Zur Annuität von 335 Millionen Franken fehlen somit noch etwa 155 Millionen Franken.

Die Wahl des Zinsfusses und der Amortisationsdauer bedarf näherer Begründung.

Der Satz von 3% % stützt sich auf die Würdigung der Selbstkosten -- effektive Verzinsung der vom Bunde durch Schatzanweisungen und Eeskriptionen einerseits und durch feste Anleihen anderseits aufgenommenen kurzbzw. langfristigen Schulden, die Kosten anlässlich der Anleihensaufnahme, der Zinszahlungen und der Titelrückzahlung --. Es wäre kaum zu verantworten, der Annuitätsberechnung einen niedrigeren Satz zugrunde zu legen, weil dadurch die Durchführung des Amortisationsplanes von Anfang an gefährdet wäre.

Für eine möglichst rasche Abtragung der kriegsbedingten Schulden sprechen eine Reihe von Überlegungen.

Vorab sei an die Auffassung erinnert, dass jede Generation ihre Schulden weitgehend selbst zu bewältigen habe und nicht den Nachkommen überlassen soll. Dieser Forderung wird eigentlich nur gerecht, wer die kriegsbedingten Kosten in der Hauptsache durch Steuern finanziert. Gewiss wäre die daraus für den einzelnen Pflichtigen resultierende Steuerbelastung äusserst drückend.

Man wird aber nicht übersehen dürfen, dass die unverhüllte Steuerbelastung nicht stärker drückt als die zwar weniger sichtbare Belastung durch den Zinsfussdruck bei Beanspruchung des langfristigen Anleihenkredites oder gar
durch die Geldentwertung, wenn die Kriegskosten durch Beanspruchung des Notenbankkredites gedeckt würden. Jedenfalls darf die Beeinträchtigung der Vermögenslage und der Lebenshaltung des einzelnen durch die Steuerbelastung als stets noch tragbarer bezeichnet werden als diejenige, die mit der einseitigen Kriegsfinanzierung durch Anleihen oder durch Geldschöpfung entstünde.

813 Dazu kommt, dass unserem Volk das «Schuldenmachen» tief zuwider ist.

Dieser vorwiegend psychologisch zu wertende Tatbestand wirkt sich in der gesunden Abneigung gegen eine hohe öffentliche Schuld aus.

Man wird ein zweites psychologisches Moment nicht übersehen dürfen: In der Stunde der von jedem greifbar nahe empfundenen Gefahr wächst der Opferwille des Volkes. Mit der Abnahme der Gefahr und der Wiederkehr des gewöhnlichen Sicherheitsgefühls pflegt die Bereitschaft zu finanziellen Opfern an die Öffentlichkeit zu schwinden. Die Vertagung von Steuern zur Tilgung von Kriegsschulden auf «später» wäre aus allen diesen Gründen entschieden ein Fehler.

Vor allem verdienen auch volkswirtschaftliche Argumente Beachtung.

Bisher erfreuten sich fast alle Wirtschaftszweige guter Produktions- und Absatzverhältnisse. Selbst verhältnismässig hohe Steuern werden in der gegenwärtigen Zeit vorwiegend guter Beschäftigung und Verdienstmöglichkeit leichter und williger getragen als in einer Krisenzeit. Es gilt, diesen verhältnismässig günstigen Augenblick auszunützen, um mit der Abtragung der enormen Kriegsschuld zu beginnen, die, weil ihre Verzinsung ständig einen wesentlichen Teil der Staatseinnahmen verschlingen würde, den Bund gegenüber künftigen grossen Aufgaben handlungsunfähig zu machen droht.

Schhesslich darf auch darauf verwiesen werden, dass die rasche Schuldentilgung hilft, die Furcht vor der Inflation zu zerstreuen. Denn nichts ist so sehr geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Stabilität der eigenen Währung zu erhalten als die unablässige Sorge der Landesregierung für ein sparsames, sauberes und solides Finanzgebaren.

2. In der Öffentlichkeit erörterte Deckungsmassnahmen.

Angesichts der Aufgabe, die Mittel zur Tilgung der kriegsbedingten Bundesschuld annähernd zu verdoppeln, sind eine Eeihe von Vorschlägen erörtert worden, von denen hier einige der wichtigsten kurz dargestellt und kritisch gewürdigt werden sollen.

a. Geldkontingente.

Art. 42 der BV geht davon aus, dass die Ausgaben des Bundes in der Hauptsache aus dem Ertrag der Zölle zu decken seien. Für den Fall, dass die übrigen Einnahmen nicht ausreichen sollten, ist die Erhebung von «Beiträgen der Kantone» vorgesehen, «deren nähere Begulierung der Bundesgesetzgebung vorbehalten ist». Das Gebiet der direkten Besteuerung ist den Kantonen und Gemeinden überlassen. Dem Kontingentsystem liegt die Absicht zugrunde, eine Konkurrenzierung der Kantone durch den Bund auf dem Gebiete der direkten Steuern zu vermeiden. Die Kantone müssten ihre Kontingente in der Hauptsache durch direkte Steuern decken, und ihre finanzpolitische Selbständigkeit würde nicht berührt.

Noch jedesmal, wenn der Bund zur Vermehrung seiner Einnahmen neue Wege suchen musste, ist angeregt worden, diese vom föderalistischen Stand-

814 punkte aus ideale Finanzierung durchzuführen. Wahrscheinlich wäre es nicht unmöglich, verhältnismässig bescheidene Bedürfnisse des Bundes durch kantonale Beiträge zu befriedigen, jedenfalls wenn die Beiträge der Kantone an den Bund mit den Bundessubventionen verrechnet und diese nicht übersteigen ·würden. Auf grösste Schwierigkeiten dürfte jedoch die Deckung eines Bundesfinanzbedarfes von mehreren Milliarden durch kantonale Beiträge stossen. Die Erhöhung der gesetzliehen Steuereinkünfte der Kantono setzt die Zustimmung des Volkes voraus. Die rasche Tilgung der kriegsbodingten Bundesaufwendungen kann unmöglich davon abhängig gemacht werden, ob es innert nützlicher Frist gelingt, in 25 Kantonen durch Volksabstimmimg die zur Überweisung der Geldkontingente nötigen Steuerzuschläge zu beschliessen. Dazu kommt, dass es aussergewöhnlich schwierig wäre, das in der Verfassung vorgesehene Bundesgesetz über die «nähere Regulierung» der kantonalen Beiträge aufzustellen.

b. Vereinheitlichung der Besteuerung.

Dem konsequent föderalistischen System der Geldkontingente stehen zentralistische Vorschläge gegenüber. Man hat angeregt, die kantonalen und kommunalen Steuern als Zuschläge 711 einer neu zu schaffenden einheitlichen eidgenössischen Steuer unter Begrenzung der Gesamtsteuerlast zu erheben.

Der Bund würde beispielsweise eine allgemeine Einkommenssteuer mit Zuschlägen auf dem Vermögen nach dem Muster der bestehenden Wehrsteuer erheben. Die Kantone würden für sich imd die Gemeinden auf der gleichen Veranlagung und im Rahmen des gleichen Steuersystems prozentuale Zuschläge zur Bundessteuer erheben. Ihre Finanzhoheit würde also auf die Festsetzung dieser Zuschläge beschränkt, wobei ihnen die Anpassung an besondere wirtschaftliche Verhältnisse freistünde. Die eidgenössische Veranlagung würde eine gleichmässige Erfassung der Steuerkraft des ganzen Landes gewährleisten.

Ein anderer Vorschlag geht dahin, nur die Steuerveranlagung nach eidgenössischen Normen durchzuführen, die Kantone jedoch in der Wahl der Besteuerungssysteme nicht einzuengen. Dadurch Hessen sich die besondern Verhältnisse der landwirtschaftlichen Kantone wohl besser berücksichtigen, denen die allgemeine Einkoinmenssteuer nicht genügend Rechnung trägt.

Bedeutet der erste Vorschlag die vollständige Steuervereinheitlichung, so begnügt sich
der zweite Vorschlag mit der Vereinheitlichung der Steuerveranlagung. Im gegenwärtigen Zeitpunkt kann schon deshalb nicht auf diese Vorschläge eingetreten werden, weil sie verfassungsrechtliche und gesetzliche Änderungen voraussetzen, deren Durchführung im Hinblick auf die Dringlichkeit des Schuldentilgungsproblems schlechterdings nicht abgewartet werden könnte.

c. Die Aussclieidung von Steuerobjekten zwischen Bund und Kantonen.

Andere Vorschläge beziehen sich auf die Teilung der Befugnis zur Erhebung direkter Steuern nach Objekten. So ist schon vor Jahren empfohlen worden,

815 dem Bunde das Recht der Besteuerung der juristischen Personen zu seinen Gunsten unter Verzicht auf jede andere direkte Bundessteuer einzuräumen.

Dei Ertrag einer derartigen Bundessteuer allein vermöchte die heutigen Finanzbedürfnisse des Bundes nicht zu decken. Überdies "würde auf diesem Wege die Steuerkraft einzelner industriell besonders entwickelter Kantone allzusehr für Bundeszwecke ausgeschöpft, während ihnen die Lasten der Industrie und der Industriebevölkerung verblieben.

Von anderer Seite wurde erwogen, dem Bunde die Besteuerung des Einkommens vom mobilen Kapital zu überlassen, weil sie zweckmässig und vollständig nur an der Quelle und nur zentral durchgeführt werden kann. Überdies wäre der Bund zur indirekten Besteuerung des Konsums zuständig. Die kantonale Steuerhoheit bezöge sich auf den Erwerb, das Einkommen vom nichtmobilen Kapital und das Vermögen überhaupt.

Der Gedanke hat vieles für sich, weil seine Verwirklichung eine saubere Kompetenzausscheidung zwischen dem Bund und den Kantonen gewährleisten würde. Nachteilig ist, dass eine Lücke in die Systeme der meisten kantonalen Steuergesetze gerissen würde, so dass eine zeitraubende und politisch nicht leichte Eevision der kantonalen Steuergesetze unvermeidlich wäre. Der Vorschlag kommt deshalb für eine Sofortlösung nicht in Frage.

d. Die Ausdehnung der Besteuerung an der Quelle.

Das Quellenbesteuerungsverfahren bietet für die Erfassung des Ertrages von Wertpapier- und Bankguthaben grosse Vorteile. Da es die Pflicht zur Steuerzahlung auf den Dividenden- oder Zinsschuldner verlegt, der durch Hinterziehung keine Vorteile erzielt, vermag es die Steuerdefraudation für diese Teile des Einkommens zu verhindern. Seit 1921 wird das Verfahren bei der eidgenössischen Couponsteuer und seit 1941 bei der Wehrsteuer, mit Erfolg angewendet. Von Kreisen, die vermuten, dass ein grosser Teil des zusätzlichen Finanzbedarfes des Bundes durch eine zuverlässigere Erfassung der bestehenden Steuerobjekte gedeckt werden könnte, wird lebhaft einer Ausdehnung der Quellenbesteuerung das Wort geredet.

Die Herren Nationalrat Keller-Beute und Dr. Im Hof streben die Erfassung des defraudierten Kapitaleinkommens und den Steuerausgleich zwischen den Kantonen wie folgt an : Der Bund -- und nur er -- erhebt eine einheitliche Steuer vom Ertrag des mobilen Kapitals. Den
Kantonen und Gemeinden verbleiben zur Besteuerung das Arbeitseinkommen, das Vermögen als solches und der Vermögensertrag aus dem nichtmobilen Eigentum ; sie sehen von einer Besteuerung der Erträgnisse des mobilen Kapitals ab. Der Bund hat auf die Couponsteuer und die an der Quelle erhobene Wehrsteuer zu verzichten,während ihm die Besteuerung des Erwerbseinkommens und des Vermögens durch die allgemeine Wehrsteuer belassen wird. Das an der Quelle besteugrte Kapitaleinkommen wird mit 25 % belastet. Der von den Initianten auf 240 Millionen Franken geschätzte Ertrag soll zu einem Viertel (60 Millionen Franken)

816 dem Bunde verbleiben Kantone für diese und verteilt werden. Auch vision einer Reihe von

und zu drei Vierteln (180 Millionen Franken) an die die Gemeinden nach Massgabe der Bevölkerungszahl die Verwirklichung dieses Vorschlages würde die Rekantonalen Steuergesetzen bedingen.

e. Die Erbschaftsbesteuerung.

Weitere Vorschläge zielen auf die Erschliessung von Steuerobjekten durch den Bund ab, die heute noch nicht vom Bunde belastet werden. Dazu gehört das Projekt einer eidgenössischen Erbschaftssteuer. Der Nachlass bzw.. die Erbschaft wird nur in den Kantonen Schwyz, Obwalden und Wallis nicht besteuert. Die übrigen Kantone erfassen bereits auch dieses Objekt. 20 Kantone kennen die Erbanfall-, einer die Nachlass- und einer beide Arten der Erbschaftsbesteuerüng. Überdies wird dieses Objekt in fünf Kantonen auch von den Gemeinden besteuert. Im Hinblick darauf, dass sämtliche Erbschaftssteuern der Kantone und Gemeinden im Durchschnitt der Jahre 1988 bis 1941 etwa 24 Millionen Pranken abgeworfen haben, ist die Annahme nicht von der Hand zu weisen, dass die Erbschaftsbesteuerung in der Schweiz noch ausbaufähig wäre. Eine Frage für sich ist es, ob der Bund Kantone und Gemeinden auch noch auf diesem Gebiet konkurrenzieren oder gar verdrängen soll. In den Kantonen werden die Erbschaftssteuern im allgemeinen als das letzte Reservat und als die letzten Reserven der Kantone und Gemeinden betrachtet.

3. Verminderung der Ausgaben.

Man pflegt, wenn von neuen Steuern die Rede ist, auch die Frage nach einer Beschränkung der Ausgaben zu stellen. Deshalb darf in diesem Zusammenhange wohl auch erwähnt werden, dass der Bundesrat jede einzelne Amtsstelle sowohl in der Zivilverwaltung als auch in der Armee unlängst neuerdings auf die gebieterische Pflicht hingewiesen hat, sich bei der Verwendung öffentlicher Gelder äusserster Sparsamkeit und grösster Gewissenhaftigkeit zu befleissen. Auf Grund der sogenannten Finanzprogramme sind in den Jahren 1934 bis 1941 im ordentlichen Finanzhaushalte des Bundes, verglichen mit den Ausgaben, wie sie im Rahmen der vor 1984 geltenden Rechtsgrundlagen zulässig gewesen wären, über 700 Millionen Franken oder im Jahresdurchschnitt gegen 90 Millionen Franken eingespart worden. Die Dienststellen der Zivil Verwaltung des Bundes werden seit 1983 von Experten, die ihre Berufung für diese Bundesaufträge ihren organisatorischen Erfolgen in der Privatwirtschaft oder in der kantonalen Verwaltung verdanken, zu verwaltungstechnischen Verbesserungen und Einsparungen angeleitet. Für die Erhöhung der Sparsamkeit in der Armee sind besondere Sparoffiziere ernannt worden. Selbstverständlich wird der Biuidesrat
auch weiterhin der Ausschöpfung aller Sparmöglichkeiten in der Verwaltung scino volle Aufmerksamkeit sohonken und keine Massnahme unterlassen, die geeignet ist, den Verwaltungsgang zu verbessern und die Ausgaben zu beschränken. Bedeutende Verminderungen der

817 Ausgaben werden aber in der Hauptsache wohl nur durch Einschränkung der Bundesaufgaben erreicht werden können. Der Aufgabenausgleich zwischen Bund und Kantonen ist Hand in Hand mit dem Finanzausgleich zu ordnen.

4. Die neuen Massnahmen des Bundesrates.

Vorbemerkung.

Der Bundesrat hat beschlossen, die zur planmässigen Verzinsung und Tilgung der kriegsbedingten Bundesaufwendungen erforderlichen zusätzlichen Mittel durch folgende Massnahmen aufzubringen: A. Erhöhung der allgemeinen Wehrsteuer, B. Erhebung eines neuen Wehropfers, C. Erhöhung der Warenuinsatzsteuer, D. Erhebung einer Luxussteuer, E. Ausdehnung des Quellenbesteuerungsverfahrens für Erträgnisse vom mobilen Kapital.

Die für die nächsten Jahre notwendigen neuen Mittel sollen so aufgebracht werden, dass an den Grundsätzen des bisherigen Bundessteuerrechtes möglichst wenig geändert werden muss. An einer gewissen Beständigkeit dieser Grundsätze dürfte der Verwaltung und dem Steuerpflichtigen in gleicher Weise gelegen sein. Es bedarf stets längerer Zeit, bis sich neues Steuerrecht eingelebt hat, und das Aufgeben bewährter Normen kommt einer Preisgabe wertvollen Erfahrungsgutes gleich. Die vom Bundesrate beschlossenen neuen Massnahmen schliessen darum möglichst eng an das bisherige Bundessteuerrecht an. Änderungen sind nur dort angeordnet worden, wo sie nötig sind, um den unmittelbaren Zweck, dem Bunde neue Mittel zu verschaffen, zu erreichen, oder wo sie sich nach den gemachten Erfahrungen aufdrängen.

A. Bundesratsbeschluss über die Abänderung des Wehrsteuerbeschlusses.

a. Allgemeine Erwägungen.

Die Möglichkeit einer Erhöhung der Wehrsteuer ist für den Eall, dass Wehropfer, Wehrsteuer und Warenumsatzsteuer zur Tilgung der kriegsbedingten Bundesschuld innert angemessener Frist nicht hinreichen sollten, bereits im Bundesbeschluss vom 11. April 1940 vorgesehen worden. Dass eine Erhöhung für die zweite, die Jahre 1948 und 1944 umfassende Erhebungsperiode eintreten muss, bedarf nach den bisherigen Ausführungen keiner weitem Begründung.

Dem Bundesrat stellte sich lediglich die Frage, ob einfach prozentuale Zuschläge zu den nach den geltenden Tarifen festgesetzten Steuerbeträgen erhoben werden sollen oder ob neue Tarife aufzustellen seien. Er hat sich für die Methode der Erhebung von Zuschlägen zu den geltenden Tarifen entschieden. Diese
Tarife haben sich in der Praxis bewährt und werden als wohlausgeglichen anerkannt. Im Hinblick auf die seit 1940 eingetretene Erhöhung der Lebenskosten Bundesblatt.

94. Jahrg. Bd. I.

61

818 ist die Erhöhung der steuerfreien Einkommensminima angeregt worden; anderseits musste im Hinblick auf den gesteigerten Finanzbedarf die Herabsetzung dieser Freigrenzen geprüft werden. Wir haben uns entschlossen, die Minima als solche auf der bisherigen Höhe zu belassen. Dagegen sind die auf Familienschutz gerichteten Bestrebungen in der Weise berücksichtigt worden, dass der Kinderabzug von 400 auf 500 Franken erhöht worden ist. Der Verheiratete ohne Kinder ist wie bis anhin bei einem Einkommen von 8000 Franken an steuerpflichtig, der Vorsteher einer Familie mit beispielsweise vier Kindern bleibt bis zu einem Einkommen von 5000 Franken frei.

Im Mittel der Kantonshauptorte beträgt gegenwärtig die Belastung mit Bundes-, Kantons- und Gemeindesteuern (ohne Wehropfer) bei einem Einkommen im Betrage von Fr. 8000 Fr. 25 000 wenn es sich um Arbeitseinkommen handelt. . .

3,1 % 14,3 % wenn es sich um Kapitalertrag handelt (bei 4 % Rendite) 22,6% 87,4% für die Wehrsteuer allein beträgt die Belastung bei Arbeitseinkommen 0,4 % 2,6 % bei 4 % Kapitalertrag (Einkommens- und Ergänzungssteuer) 1,9 % 6,8 % Ein Unterschied zwischen der Belastung des Vermögensertrages und des Arbeitsertrages ist gerechtfertigt. Die Entwicklung unseres Steuerwesens hat nun aber namentlich bei den Bezügern verhältnisrnässig kiemer Kapitaleinkommen zu einem Ubermass der Belastung geführt.

Die Erhöhung der Wehrsteuer bot uns Anlass, eine Korrektur dadurch anzubringen, dass der Zuschlag auf die Einkommenssteuer und auf die ihr bei der Aktiengesellschaft, Genossenschaft usw. entsprechende Beingewinnoder Beinertragssteuer beschränkt 'und die Vermögensergänzungssteuer unverändert belassen wird. Durch ein solches Vorgehen wird zwar .der Steueranspruch gegenüber dem fundierten Einkommen ebenfalls, aber nur im gleichen Umfange wie gegenüber dem Arbeitsertrag erhöht. Diese Beschränkung bedingte jedoch, wenn trotzdem ein genügender Ertrag der Steuer gewährleistet sein soll, den Zuschlag auf 50 % anzusetzen.

Von einer Erhöhung der an der Quelle erhobenen Wehrsteuer musste abgesehen werden. Da diese Steuer einheitlich 5 % beträgt, wird die Belastung in der Begel auch künftig stärker sein als die Belastung des der allgemeinen Wehrsteuer unterliegenden Einkommens.

Der Ertrag eines so gearteten Zuschlages von, 50 % ist auf rund 25 Millionen
zu veranschlagen.

Durch die Erhebung des Wehrsteuerzuschlages erwächst den Kantonen keine beachtenswerte Mehrarbeit. Der Anteil von 30 % am Ertrag der auf Grund der bisherigen Vorschriften erhobenen allgemeinen Wehrsteuer und der Anteil von 20 % am Beinertrag der vom Bund an der Quelle erhobenen Wehrsteuer bilden eine angemessene Entschädigung für die Beschränkungen,

819 welche den Kantonen aus der Konkurrenz des Bundes auf dem Gebiete der direkten Steuern erwachsen. Daher sollte der Mehrertrag dem Bunde bleiben.

Dagegen wird eingewendet, dass die starke Inanspruchnahme der Steuerzahler durch den Bundesfiskus den Kantonon die allfällige Erschliessung neuer Finanzquellenerschwere; es sei angezeigt, die Kantone auch am Ertrage des Zuschlages mit SO % zu beteiligen. Der Bundesrat hat sich schliesslich für die Mittellösung entschieden, der Berechnung der kantonalen Anteile den gesamten Bruttoertrag der erhöhten allgemeinen Wehrsteuer zugrunde zu legen und den Anteil auf 25% des Bruttoertrages festzusetzen. Den Kantonen werden damit künftig etwa 3 Millionen Franken mehr belassen.

o. Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses.

Der Beschluss stellt fest, welche Änderungen der Bundesratsbeschluss vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer Wehrsteuer mit Wirkung vom 1. Januar 1948 an erfahren wird.

In Art. l werden die Vorschriften angeführt, die aufgehobene bisherige Vorschriften ersetzen. Es handelt sich um folgende Bestimmungen : Art. l des bisherigen Beschlusses ist im Sinne der Präzisierung der Vorschriften über die Verwendung des Steuerertrages geändert.

Art. 7, Abs. l und 2 beziehen sich auf die Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Wehrsteuerbeschlusses (vgl. S. 882 hiernach).

Art. 14, Abs. 1. Der steuerfreie Teil des dem elterlichen Einkommen zuzurechnenden Kindererwerbes ist von 400 Franken auf 500 Franken erhöht worden.

Art. 16, Ziff. 5. Die Vorschrift über die Steuerfreiheit der Lohn- und Verdienstausgleichskassen ist erweitert worden. Sie soll künftig unter den in der Vorschrift umschriebenen Voraussetzungen auch auf Ausgleichskassen zur Ausrichtung von Familienzulagen u. dgl, Anwendung finden.

Art. 22, Abs. l, lit. g. Auch die statutarischen Beiträge an die soeben erwähnten Ausgleichskassen werden als steuerfrei anerkannt.

Art. 22, Abs. l, lit. h. Der Abzug für Versicherungsprämien und Beiträge für Sozialversicherung ist von 400 Franken auf 500 Franken erhöht worden.

Art. 22, Abs. l, Ut. i. Bisher konnte nur die in der Bereohnungsperiode bezahlte Kriegsgewinnsteuer vom rohen Einkommen abgezogen werden. Da diese Steuer stets nach Ablauf des Steuerjahres bezahlt wird, für das sie zu entrichten ist, führte die bisherige
Begelung des Steuerbezuges in den Fällen zu unbilligen Ergebnissen, wo die Bezahlung in ein Geschäftsjahr fiel, das geringeren Gewinn abwarf als das Berechnungsjahr. Es musste die Möglichkeit geschaffen werden, die Kriegsgewinnsteuer schon in dem Geschäftsjahr, für das sie geschuldet wird, abziehen zu lassen, sofern eine entsprechende Rückstellung verbucht wird. Die neue Fassung ermöglicht das.

Art. 25, Abs. 1. Der Abzug für Kinder und unterstützungsbedürftige Personen ist von 400 auf 500 Franken erhöht worden.

820 Art. 59, Nach der bisherigen Fassung dieses Artikels wurde denjenigen Aktiengesellschaften, Kommanditaktiehgesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung eine Ermässigung der Steuer vom Reingewinn eingeräumt, «die durch Beteiligungen an andern Unternehmungen massgobenden Einfluss ausüben». Die Anwendung dieser Vorschrift war schwierig und gab fortgesetzt Anlass zu Anständen. Es war angezeigt, eine Lösung zu suchen, welche die Voraussetzungen der Steuerreduktion eindeutig umschreibt, und die den Verhältnissen der in Frage kommenden Unternehmungen in billiger Weise Eechnung trägt.

Die abgeänderte Vorschrift macht die Erleichterung davon abhängig, dass die Beteiligung ein bestimmtes Mass (20 % des Kapitals der Gesellschaft, an welcher eine Beteiligung besteht, bzw. 2 Millionen Franken Steuerwert) erreicht.

Die vorgesehene Regelung rechtfertigt sich, weil der Ertrag der Beteiligungen irn Zeitpunkt, in welchem er der Gesellschaft zufliesst, stets bereits steuerlich vorbelastet ist (bei der Tochtergesellschaft).

Art. 132, Abs. 2. Die bisherige Fassung dieser Bestimmung liess Zweifel über die Kompetenzen der Wehrsteuerbehörde im Verfahren wegen Steuerhinterziehung aufkommen. Die Verwaltung rnuss in diesem Verfahren dieselben Befugnisse besitzen, die ihr im Veranlagungsverfahren zustehen.

Art. 136, Abs. 1. Der Anteil der Kantone am Ertrag der erhöhten Wehr. Steuer wird auf 25 % festgesetzt.

In Art. 2 des neuen Bundesratsbeschlusses sind Zusätze zu einzelnen Artikeln des Wehrsteuerbeschlusses vom 9. Dezember 1940 zusammengestellt.

Sie beziehen sich auf die Erhöhung der Steuer vom Einkommen natürlicher Personen (Art. 40, Abs. 3), von den Tantiemen (Art. 47, Abs. 5), vom Reingewinn der Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Art. 57, Abs. 2), vom Reinertrag der Genossenschaften (Art. 61, Abs. 8), vom Einkommen der übrigen juristischen Personen (Art. 62, Abs. 2) und von Rückerstattungen und Rabatten auf Warenbezügen (Art. 64, Abs. 8). Die Erhöhung beträgt in allen Fällen 50 %. Eine Abweichung ist nur bei Art. 40, Abs. 3, vorgesehen: bei der ersten Stufe der Skala für die Steuer vom Einkommen natürlicher Personen wurde auf eine Erhöhung ganz verzichtet; für die beiden folgenden Stufen ist eine zu der in der vierten Stufe beginnenden Erhöhung um 50 % überleitende
Belastung vorgesehen worden.

Besonderer Erwähnung bedarf die Ergänzung des Wehrsteuerbeschlusses durch die Vorschrift von Art. 43, Abs. 2.

Die bisherigen Bestimmungen des Wehrsteuerbeschlusses erlaubten nicht, zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichtete natürliche Personen, die im Laufe der Berechnungsperiode ihre Geschäftstätigkeit einstellen und mithin zu Beginn des ersten Jahres der folgenden Veranlagungsperiode nicht mehr buchführungspflichtig sind, für die aus der Veräusserung oder Liquidation des .Geschäftsbetriebes erzielten und gemäss Art. 22, Abs. l, lit. d, grundsätzlich

821 steuerbaren Gewinne zur Besteuerung heranzuziehen. Das gleiche traf hinsichtlich der Veräussorungs- oder Liquidationsgewinne zu, die natürliche Personen boiin Ausscheiden aus einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft realisierten. Diese Gesetzeslücke ist durch die neue Vorschrift -geschlossen worden.

In Art. 3 des neuen Bundesratsbeschlusses wird festgestellt, dass während der Erhebungsdauer des Wehropfers keine allgemeine Wehrsteuer auf dem Vermögen oder Kapital erhoben wird.

B. Bundesratsbeschluss über die Erhebung eines neuen Wehropfers.

a. Allgemeine Erwägungen.

Die durch den Bundesratsbeschluss vom 30. April 1940 angeordnete Erhebung eines Wehropfers bezweckte die sofortige Tilgung eines wesentlichen Teiles der im Zeitpunkte der Beschlussi'assung bereits aufgelaufenen und für die Zeit bis Ende 1940 mit Sicherheit voraussehbaren Wehrschuld. Dadurch dass das Wehropfer 590 Millionen Franken einbringt, wovon rund 530 Millionen dem Bunde zufallen, hat die Massnahme ihre Aufgabe erfüllt.

Das Wehropfer bedeutete eine empfindliche Belastung der Vermögensbesitzer und wurde darum gewiss von vielen Pflichtigen als hart empfunden, Es kann aber nicht behauptet werden, dass es, abgesehen von Sonderfällen, in welchen auf dem Wege des Steuererlasses geholfen werden konnte, unerträglich gewesen soi oder dass es ernste wirtschaftliche Schädigungen verursacht habe. Jedenfalls lassen sich die nachteiligen Polgen nicht mit den Einbussen vergleichen, welchen die Angehörigen kriegführender Staaten ausgesetzt sind, oder welche die schweizerischen Vermögensbesitzer zu gewärtigen hätten, wenn nicht durch eine energische Finanzpolitik die Gefahr einer Geldentwertung gebannt würde. Die Verhältnisse liegen heute so, dass eine Wiederholung des Wehropfers ins Auge gefasst werden muss.

Gewiss können gegen die Wiederholung des Wehropfers Bedenken geäussert werden. Der Bundesrat hat das Wehropfer in seinem Beschluss vom 80. April 1940 als eine einmalige Abgabe bezeichnet. Es liegt ihm ferne, beute durch gekünstelte Interpretationsversuche diese Tatsache verschleiern zu wollen.

Angesichts der damaligen Verhältnisse war er der Überzeugung, dass die Erhebung eines Wehropfers genüge. Der gegenwärtige Krieg hat jedoch, wie bereits bemerkt, eine räumliche und zeitliche Ausdehnung angenommen, die vor drei Jahren nicht
voraussehbar war. Damit haben auch die ausserordentlichen Aufwendungen des Bundes für die Landesverteidigung eine Höhe erreicht, die unerwartet ist.

Um die zusätzlich benötigten Mittel zu beschaffen, sah sich der Bundesrat gezwungen, Besitz, Erwerb und Konsum verstärkt zu belasten. Die bedeutende Erhöhung der Umsatzsteuer wird in der gegenwärtigen Zeit der Teuerung weite Bevölkerungskreise empfindlich treffen. Es entspricht einem Gebot der Steuergerechtigkeit, bei diesem Anlass auch den Kapitalbesitz in Form eines Wehropfers erneut zu belasten.

822 Eine Eeilie von Milderungen gegenüber dem ersten Wehropfer sollen bewirken, dass die Belastung erträglich bleibt. Dazu gehört der Unterbruch in der Erhebung der beiden Wehropfer von zwei Jahren: das neue Wehropfer, das wieder in drei Jahresraten zu bezahlen ist, ist erst in den Jahren 1945 bis 1947 fällig. Durch diesen Unterbruch wird auch betont, dass das Wehropfer seiner Natur und seiner Höhe nach keine ständige Vermögenssteuer ist, sondern den Stempel einer nur durch die Not gerechtfertigten Sondermassnahme trägt.

Um die Entrichtung des Wehropfers vor Verfall zu ermöglichen, ist die Leistung von Vorauszahlungen gegen Ausgabe verzinslicher Wehropfergutscheine vorgesehen. Die Härten, mit denen das erste Wehropfer für einen Teil der Besitzer kleiner Vermögen mit geringem Arbeitseinkommen verbunden war, sind abgeschwächt worden. Eine weitere Verbesserung besteht darin, dass in den Jahren, in denen die drei Wehropferraton fällig sind, keine Wehrsteuer («Ergänzungssteuer») auf den Vermögenserträgen erhoben wird. Allein schon diese Neuerung bedeutet eine Entlastung um 10 bis 28 % des Wehropferbetreffnisses.

Der Eohertrag des in der angegebenen Weise gemilderten Wehropfers kann auf ungefähr 550 Millionen, der Bundesanteil auf rund 500 Millionen Franken geschätzt werden. Die Einbusse bei der Wehrsteuerergänzungsausgabe wird für drei Jahre rund 70 Millionen betragen.

b. Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses.

Da der Bundesratsbeschluss vom 19. Juli 1940 mit der Durchführung des ersten Wehropfers hinfällig wird, musste für das neue Wehropfer eine neue Regelung aufgestellt werden. Diese schliesst sich aber sehr eng an die Formulierung des Beschlusses vom 19. Juli 1940 an. Da es überdies möglich war, einen grossen Teil der Vorschriften des Wehrsteuerrechts anwendbar zu erklären, war eine starke Kürzung zu erzielen (28 statt 187 Artikel). Im folgenden wird nur zu den Bestimmungen Stellung genommen, die von der Ordnung beim ersten Wehropfer abweichen.

Art. l. Gleiche Änderung wie bei Art. l des Wehrsteuerbeschlusses.

Art. 3, Abs. l, lit. a. Auch bei Aufenthalt im eigenen Hause wird die Steuerpflicht erst nach 6 Monaten begründet, während sie im alten Wehropferbeschluss bereits nach 8 Monaten begann.

Art. 4. Infolge der durch den Bundesratsbeschluss über die Abänderung
des Wehrsteuerbeschlusses vorgenommenen Ergänzung des Art. 16, Ziffer 5, WSTB werden auch die privaten Ausgleichskassen für die Ausrichtung von Sozialleistungen vom neuen Wehropfer befreit.

Art. 6, Abs. l, lit. b und c, umschreibt die bereits genannten Erleichterungen.

Der steuerfreie Vermögensbetrag ist nach der Höhe des gesamten wehrsteuerpflichtigen Einkommens abgestuft. Dadurch, dass auf das «wehrsteuerpflichtige» Einkommen abgestellt wird, d. h. das Einkommen nach Vornahme der Kinder- und der Unterstütztenabzüge, und dass überdies für jedes Kind unter 18 Jahren und für jede sonstige unterstützte Person weitere 2000 Franken vom

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Vermögen abgezogen werden können, ist den Familienlasten die gebührende Rücksicht getragen worden. Ein Wehropferpflichtiger mit 4 Kindern tritt beispielsweise noch in den Genuss einer Vergünstigung, wenn sein Einkommen 7000 Franken beträgt.

In ht. c ist mit Eücksicht auf die eingetretenen Preissteigerungen der steuerfreie Teil des Wertes von Hausrat und Geschäftsmobiliar von Fr. 20 000 auf Fr. 25 000 heraufgesetzt worden.

Art. 10, Der Grundsatz des ersten "Wehropferbeschlusses, dass anwartschaftliche Ansprüche von Arbeitnehmern auf Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenfürsorge kapitalisiert und als Vermögen angerechnet werden, ist in den neuen Beschluss hinübergenommen worden. Der Umstand, dass die Personen, die keiner solchen Fürsorge teilhaftig sind, in stärkerem Masse Bücklagen für das Alter anzulegen und diese als Vermögen zu versteuern haben, rechtfertigt diese Massnahme. Die Grundsätze für die Berechnung des Wertes solcher Ansprüche sind ergänzt worden durch Vorschriften, welche sich auf die Bewertung in den Fällen beziehen, in denen bei freiwilligem Dienstaustritt kein Anspruch auf eine Barabfindung besteht.

Art. 11. Die Norm für die Bewertung laufender Benten wurde im Grundsatz beibehalten. Dagegen wurde die Berechnungsskala in der Weise gemildert, dass das anrechenbare Vielfache der Jahresleistung für die Jüngern Anspruchsberechtigten herabgesetzt worden ist (vom Zehnfachen auf das Achtfache der Jahresrente). Bei Steuerpflichtigen, die jung invalid wurden, wirkte sich die bisherige Skala gelegentlich hart aus.

Bei der Beurteilung dieser Vorschriften darf nicht übersehen werden, dass sich die neuen Vorschriften von Art. 6 des neuen Wehropferbeschlusses für die Bezüger bescheidener Pensionen als erhebliche Erleichterung auswirken werden.

Art. 12. Der Tarif entspricht demjenigen für das erste Wehropfer. Seine Auswirkungen werden für kleine Bentner durch die Bestimmungen des Art. 6 stark gemildert. Eine weitere Erleichterung schafft Art, 12 in seinem ersten Absatz für Personen, die in der Zeit vom 1. Januar 1945 bis zum 81. Dezember 1947 aus der Schweiz wegziehen oder in die Schweiz zuziehen werden.

Eine beachtenswerte Milderung gegenüber dem ersten Wehropfer bedeutet ferner die Vorschrift von Art. 8 des neuen Wehrsteuerbeschlusses (Nicht-, erhebung der Ergänzungssteuer auf dem Vermögen
während der Jahre, in denen Wehropferraten fällig werden).

Art. 14. Die Steuerermässigung bei Beteiligungen entspricht der Begelung, die im abgeänderten Wehrsteuerbesehluss getroffen worden ist.

Ari. 15. Gegenüber der Bestimmung des Art.-80 des alten Wehropferbeschlusses ist in Übereinstimmung mit der Begelung im Wehrsteuerbeschluss klargestellt worden, dass Steuerpflichtige mit Wohnsitz in der Schweiz sich auf diese Vorschrift nicht berufen können.

Art. 19. Um wenigstens einen Teil des Ertrages des neuen Wehropfers möglichst bald verfügbar werden zu lassen, wird für die Wehropferpflichtigen

824 in Abs. 2 die Möglichkeit vorgesehen, schon vom 1. Januar 1948 an Vorauszahlungen zu leisten. Die Entgegennahme soll gegen Ausgabe verzinslicher Wehropfergutscheine erfolgen. Eine analoges Verfahren hat sich beim ersten Wehropfer bewährt.

C. Bundesratsbeschluss über die Abänderung des Warenumsatzsteuerbeschlusses.

a. Allgemeine, Erwägungen.

Als Gegenstück zur Wiederholung des Wehropfers ist die Erhöhung der Warenumsatzsteuer beschlossen worden.

Diese Steuer hat sich, nachdem die Einführungsschwierigkeiten überwunden worden sind, eingelebt und wirft bei Ansätzen, die wesentlich niedriger sind als die in andern Staaten geltenden, Erträgnisse ab, welche die Erwartungen übersteigen. Eine erträgliche Erhöhung konnte angesichts der Finanzlage des Bundes und der Opfer, die der Besitz zu bringen hat, nicht umgangen werden.

Wir haben grundsätzlich eine Verdoppelung der Warenumsatzsteuer beschlossen, doch werden die Auswirkungen dieser Massnahme für die weniger bemittelten Kreise dadurch gemildert, dass die bisherige Liste von Waren, die umsatzsteuerfrei sind, nicht nur unangetastet bleibt, sondern um die Kategorien frisches und getrocknetes Obst und frisches und getrocknetes Gemüse sowie frische Eier und lebendes Vieh erweitert worden ist. Aus dem gleichen Grunde sind für die grosse Warengruppe der Lebensmittel (Ess- und Trinkwaren, ausgenommen alkoholische Getränke), ferner für Seifen und Waschmittel sowie für feste und flüssige Brennstoffe die bisherigen Steuersätze beibehalten worden.

Die Lieferung und der Bezug von lebendem Vieh, ausgenommen die Lieferung und der Bezug zu Schlachtzwecken, wurden befreit mit Bücksicht auf die besondern Verhältnisse im Viehhandel (in der Eegel mehrfache Belastung, Bücksicht auf die Verhältnisse der Bauern in Gebirgsgegenden), Die Lieferung von Vieh KU Schlachtzwecken konnte von der Steuerpflicht nicht ausgenommen werden, weil sonst eine unerträgliche Ungleichheit in der Belastung des Fleischverbrauchs eingetreten wäre, je nachdem eine Fleischlieferung durch einen Metzgereibetrieb atisgeführt wird, der Grossist im Sinne von Art. 9 WUB ist, oder der nicht als Grossist im Sinne der angeführten Bestimmung gilt. Die nunmehr vorgesehene Begelung hat zur Folge, dass der Metzger, der Grossist ist, Schlachtvieh nach Art. 14, Abs. l, lit. a, WTJB steuerfrei beziehen kann,
dafür aber seine Fleischlieferungen zu versteuern hat. Der Metzger, der nicht Grossist ist, trägt die Steuer beim Bezüge des Schlachtviehs. Die Belastung des Fleischverbrauchs geschieht in diesem Falle indirekt durch die Überwälzung der Schlachtviehbelastung auf den Fleischpreis,

825 Die Belastung gestaltet sich somit ab 1. Januar 1948 wie folgt: Steuersatz Waren der in Art. 14, Abs. l, lit. a, WUB '«r Engrosumsätze fUr Detailumsätze bezeichneten Art, ferner Obst, Gemüse, Eier und lebendes Vieh (zu andern als Schlachtzwecken) 0 0 Lebensmittel, Seifen und Waschmittel sowie feste und flüssige Brennstoffe 2% % 2% Sonstige Waren 6% 4% Diese Ordnung trägt, soweit es praktisch möglich ist, auch den Wünschen derjenigen Bechnung, die eine Abstufung der Umsatzsteuerbelastung nach Warengruppen gefordert haben.

Die Gesamtbelastung, die das Ausgabenbudget einer Familie mit massigem Einkommen durch die Warenumsatzsteuer erfährt, wird infolge der neuen Steuersätze von bisher 0,8 auf 1,2 %. ansteigen.

Die beschlossenen Änderungen des Bundesratsbeschlusses über die WarenUmsatzsteuer dürften dem Bund eine Mehreinnahme von rund 65 Millionen Franken im Jahr einbringen.

b. Bemerkungen m den einzelnen Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses.

Wie bei der Wehrsteuer, sind nur Änderungen des derzeit geltenden Warenumsatzsteuerbeschlusses vorgesehen. Nach Art. l handelt es sich um folgende Bestimmungen : Art, l. Gleiche Änderung wie bei Art. l des Wehrsteuerbeschlusses.

Art, 8. Der Warenumsatzsteuerbeschhiss legt den Landwirten, Forstwirten und Weinbauern, die ausschliesslich Erzeugnisse des eigenen Bodens liefern, keine aktive Steuerpflicht auf (Art. 11, Abs. l, lit. a). Er verpflichtet dagegen die Bezüger von Erzeugnissen der inländischen Urproduktion, die nicht als Grossisten steuerpflichtig sind, ihre Bezüge zu versteuern, sofern dieselben eine Höhe erreichen, die, auf das Vierteljahr berechnet, einen beachtenswerten Steuerbetrag ergeben. Die Grenze war bisher bei einem Quartalsbezug im Werte von insgesamt 2500 Franken gezogen, entsprechend einem Steuerbetrag von 75 Franken.

Der Betrag von 2500 Franken ist schon bisher angefochten und als unbillige Begünstigung der direkten Bezüger empfunden worden. Die Unstimmigkeit wäre durch die Erhöhung der Steuer noch verschärft worden. Es wurde darum nötig, die Freigrenze von 2500 Franken auf 1000 Franken herabzusetzen.

Art. 14. Die Liste der Waren, deren Lieferung, Eigenverbrauch und Bezug gänzlich steuerfrei sind, wurde ergänzt durch die Aufnahme von Obst und Gemüse (frisch und gedörrt), frischen Eiern und unter den oben dargestellten Voraussetzungen von lebendem Vieh.

826 Art. 19 stellt die neuen Steuersätze fest.

Die Steuer auf Lebensmitteln, Haushaltungsseiten und Waschmitteln sowie auf festen und flüssigen Brennstoffen wurde nicht erhöht. Für die Lieferung von lebendem Vieh zu Schlachtzwecken gilt einheitlich der Steuersatz von 2% % (wie bei den Engroslieferungen von Lebensmitteln). Für die übrigen Waren ist dio Steuer verdoppelt worden.

Art. 49, Abs. l, 1. Säte. Hier wird bestimmt, dass die Ansätze für die bei der Einfuhr erhobene Warenumsatzsteuer den veränderten Steuersätzen für die Steuer auf dem inländischen Warenumsatz anzupassen sind.

Art. 2 des Bundesratsbeschlusses behandelt das Übergangsrecht. Die Bestimmung bedarf keiner weitern Erklärung.

D. Bundesratsbeschluss über die Luxussteuer.

. So einleuchtend der Gedanke ist, den entbehrlichen und deshalb besonders leistungsfähigen Luxusverbrauch zu besteuern, so schwierig gestaltet sich die Aufstellung einer allgemein befriedigenden Liste der zu besteuernden Luxusgüter, Abgesehen davon, dass, was von den einen Bevölkerungskreisen als Luxus angesehen -wird, in den Augen anderer als kulturnotwendiger Bedarf gilt, gebietet auch die Eücksicht auf die arbeitsintensive und konjunkturempfindliche inländische Veredelungsindustrie Zurückhaltung. Eine weitere Beschränkung ergibt sich daraus, dass die erf ahrungsgemäss ergiebigsten Gegenstände des Massenluxusverbrauchs (Tabak, gebrannte Wasser, Bier) bereits mit Sonderabgaben zugunsten des Bundes belastet sind und dass eine Eeihe von Luxusgebrauchsgütern (Auto, Spielkarten, Billards, Hunde usw.) kantonalen und kommunalen Aufwandsteuern unterliegen. Der Luxussteuer kann, da sie nur Waren trifft, die für den Verbraucher zwar begehrenswert, aber nicht unentbehrlich sind, ausgewichen werden. Soll ihr Ertrag ein Optimum erreichen, so darf der Steuersatz nicht so gewählt werden, dass er prohibitiv wirkt.

Gegenstand der von uns am 13, Oktober 1942 beschlossenen und am 81. Oktober 1942 in Kraft gesetzten Luxussteuer sind die Detaillieferungen im Inlande, der Eigenverbrauch und die Einfuhr von Luxuswaren (Art. 9 und 85). Besteuert werden alkoholhaltige Schaumweine, photographische Platten und Filme, Parfümerien und kosmetische Mittel, handgeknüpfte Bodenteppiche, Felle, Pelzwerk und Kleidungsstücke mit Pelzbesatz, Perlen, Edelsteine, Bijouterie, Taschen- und Armbanduhren
mit Gehäusen aus Platin, andere Uhren mit Gehäusen aus Gold oder Platin, in Gold- oder Silberwaren gefasste oder mit Edelsteinen besetzte Uhren, photographische und Projektionsapparate, Grammophone und Schallplatten, Eadioapparate und deren Bestandteile (Anlagen I und II zum Bundesratsbeschluss). Der Steuersatz beträgt für Grammophone, Schallplatten und Badioapparate 5 %, in den übrigen Fällen 10 % (Art. 12 und Anlagen). Zur Entrichtung der Steuer auf dem inländischen Umsatz von Luxuswaren ist verpflichtet, wer im Inlande gewerbsmässig Luxuswaren liefert (Art. 7), zur Entrichtung der Steuer auf der Einfuhr von Luxuswaren der Zollzahlungspflichtige (Art. 89).

827 Die eidgenössischen Bäte haben anlässlich der Behandlung des V. Vollmachtenberichtes im Dezember 1941 eine Motion Huber erheblich erklärt, mit welcher der Bundesrat eingeladen wurde, im Rahinen der Warenumsatzsteuer die Luxusartikel mit wesentlich erhöhten Steuersätzen zu belasten. Der Beschluss vom 13. Oktober trägt diesem Begehren Rechnung. Er wuicht nur insofern vom Vorschlage ab, als der Luxusverbrauch nicht im Eahmen der Warenumsatzsteuer, sondern durch eine besondere Steuer belastet wird. Die LuxusSteuer ist eine Ergänzung der Warenumsatzsteuer und wie diese als Handänderungssteuer ausgestaltet. Der Einbau in die Warenumsatzsteuer hat sich als unzweckmässig erwiesen, weil die für die Erhebung der Warenumsatzsteuer gewählte Methode der Grossistensteuer sich zwar auf ihrem Anwendungsgebiete gut bewährt hat, für die Luxussteuer aber ungeeignet ist. Die Detailhandolsmarge weist bei Luxuswaren so grosse Verschiedenheiten auf, dass die Besteuerung nicht beim Grossistemimsatz einsetzen kann. Eine gleichmässigo Belastung ist nur erreichbar, wenn der Detailumsatz zum Gegenstand der Besteuerung erklärt wird. Der Hauptnachteil der Detailumsatzsteuer, die grosse Zahl Pflichtiger Unternehmungen, tritt bei einer auf wonige Warengattungen beschränkten Steuer zurück; überdies kann ihm durch die Wahl der Erhebungsform begegnet werden: Schaumweine, photographisctie Platten und Filme sowie Parfümerien und kosmetische Mittel werden nach dem Markenverfahren, die andern Luxusgüter nach dem Eegistrierverfahren, das sich bei der Warenumsatzsteuer bewährt hat, besteuert. Durch Verfügung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 19. Oktober 1942 wurde die Luxussteuer als zusätzliches Kostenelement bei der Preiskalkulation anerkannt und die Überwälzung des effektiven, auf der betreffenden Ware lastenden Steuerbetrages auf den Abnehmer zugelassen.

Wenn wir den Jahresertrag der Luxussteur für einmal auf 10 Millionen Franken schätzen, so sind wir uns bewusst, dass dieses Ergebnis ebensowohl über-, aber auch unterschritten werden kann. Der Ertrag der Luxussteuer wird, wie die Erträgnisse des Wehropfers, der Wehrsteuer, der Warenumsatzsteuer und der Kriegsgewinnsteuer zur Verzinsung und Tilgung der ausserordentlichen, kriegsbedingten Aufwendungen des Bundes verwendet.

E. Ausdehnung des Quellbesteuerungsverfahrens
für Erträgnisse vom mobilen Kapital.

a. Allgemeine Erwägungen.

Die öffentliche Diskussion der jüngsten Zeit hat gezeigt, wie dringend es geworden ist, die Steuerhinterziehung in allen ihren Formen zu bekämpfen, um den ehrlichen Steuerpflichtigen vor einer übermässigen steuerlichen Inanspruchnahme zu schützen.

Es ist nicht zu bezweifeln, dass namentlich der Besitz von Wertpapieren und Bankguthaben und das Einkommen aus solchen Werten den Steuer-

828 Behörden leicht verheimlicht werden können und darum oft verheimlicht werden.

Man kann über den Umfang der Steuerhinterziehung auf diesem Gebiete in guten Treuen verschiedener Meinung sein, nicht aber über die Tatsache, dass hinterzogen wird. Durch die Praxis ist ferner erwiesen, dass das empfohlene Gegenmittel, die Steuer vom Ertrag mobiler Kapitalien beim Schuldner dieser Leistungen erheben und von diesem auf den Gläubiger überwälzen zu lassen (« Quellensteuer»), im allgemeinen die Defraudation verhindert.

Zur Besteuerung des Ertrages mobiler Kapitalien an der Quelle sind jedoch Kantone und Gemeinden praktisch nicht in der Lage. Einerseits fliesst dieser Ertrag den Steuerpflichtigen zu einem grossen Teil aus Quellen zu, die ausserhalb dés Hoheitsgebietes ihres Domizilkantona gelegen sind (ausserkantonale Schuldner der fraglichen Kapitalerträge), und anderseits verunmöglich t das bundesrechtliche Verbot der Doppelbesteuerung den Kantonen die steuerliche Erfassung von Einkommen, das aus einer in ihrem eigenen Staatsgebiet hegenden Quelle den ausserhalb des Kantons wohnhaften Personen zufliesst. Die Besteuerung des Ertrages von Wertpapieren, Bankguthaben und ähnlichen Kapitalanlagen an der Quelle kann deshalb nur durchgeführt werden, wenn ihre einheitliche und gleichmässige Erhebung für die gesamte Schweiz angeordnet wird. Dazu ist praktisch nur der Bund fähig. Die Erhebung einer solchen Steuer bietet an sich keine Schwierigkeiten, da.der Erhebungsapparat für die Couponsteuer und die Wehrsteuer bereits eingespielt ist und ohne beachtenswerte Mehrkosten eine Quellensteuer auch zugunsten der Kantone einziehen könnte, Die grosse Schwierigkeit liegt in der Beantwortung der Frage, wie die an der Quelle erhobene Kapitalertragssteuer mit den übrigen progressiven Einkommenssteuern der Kantone und Gemeinden in Einklang gebracht werden kann.

Wenn bei der Erhebung einer Steuer an der Quelle die Belastung mit der an der Quelle abgezogenen Steuer eine endgültige wäre, so ergäbe sich einmal die Anomalie, dass der an der Quelle erfasste Teil des Einkommens proportional, andere Einkommensteile aber progressiv besteuert würden. Grundrenten, Zinserträge von Hypotheken, Zins aus Privatdarlehen u. dgl. würden je nach der Höhe des Gesamteinkommens höher oder niedriger belastet als der Ertrag von Wertpapieren. Damit
würde das ganze bisherige Einkommenssteuerrecht der Kantone gefährdet. Um Steuerorsparnisse zu erzielen, würden Kapital-' umlagerungen vorgenommen, die volkswirtschaftlich kaum wünschbar wären.

Dass der Wertpapierertrag auch bei der an der Quelle erhobenen Wehrsteuer proportional belastet wird, vermag diese Bedenken nicht zu zerstreuen. Es ist nicht gleichgültig, ob eine Proportionalsteuer zu 5 %, wie bei der Wehrsteuer, oder zu den viel höheren Ansätzen erhoben wird, die bei einer Ablösung der direkten kantonalen Steuern vom Einkommen aus Kapitalerträgen zur Anwendung kommen müssten. Zudem ist zu. beachten, dass die Nachteile der Proportionalbelastung bei der Quellensteuer durch gewisse Korrekturen bei der allgemeinen Wehrsteuer (Art. 27, Abs. 8. und Art. 40, Abs. 2, WStB) gemildert werden.

829 Eine brauchbare Lösung muss sich unter den gegenwärtigen Verhältnisseh und angesichts der grossen Verschiedenheit der kantonalen Steuersysteme wohl an das Beispiel des Landes anschliessen, in welchem die Steuererhebung an der Quelle zuerst angewendet wurde und am vollkommensten entwickelt worden ist: In England wird der Ertrag von Wertschriften und Bankguthaben seit über 100 Jahren an der Quelle erfasst. Die Erhebung an der Quelle hat aber nur die Bedeutung eines vorläufigen Einzuges zur Sicherstellung der Steuerleistung. Der vom einzelnen Pflichtigen tatsächlich zu bezahlende Steuerbetrag wird, wie bei unsern direkten Steuern, progressiv nach der Höhe des gesamten Einkommens bemessen und in einem Veranlagungsverfahren festgesetzt, das mit dem bei unsern Einkommenssteuern üblichen in allen wesentlichen Teilen übereinstimmt. In der Steuererklärung, welche die Grundlage der Veranlagung bildet, führt der Pflichtige die an der Quelle bereits erfassten Einkommensteilo gesondert auf. Auf Grund solcher Steuerdeklarationen, deren Inhalt einschliesslich der Angaben über den Steuerabzug von Inspektoren nachgeprüft wird, bestimmen die Steuerbehörden, welche Gesamtsteuer der Pflichtige zu leisten hat und welcher Betrag durch Abzug an der Quelle bereits eingezogen worden ist. Der Unterschied wird nachgefordert oder zurückerstattet.

Durch die systematische Verbindung von Steuererhebung an. der Quelle und individueller Veranlagung werden die Vorzüge beider Steuererhebungsverfahren (genaue Anpassung an die individuelle Leistungsfähigkeit und Verhinderung der Steuerhinterziehung) ausgenützt und die Nachteile beider Verfahren (starke Abhängigkeit vom Pflichtbewusstsein der Steuerpflichtigen und Hoheit der Belastung) vermieden.

In der Schweiz stellt sich, wenn man die englischen Besteuerungsgrundsätze anwenden will, das besondere Problem einer Verbindung bundesrechtlichen Einzuges von Steuervorbezügen mit kantonaler Steuerverrechnung.

b. Die Verrechnungssteuer.

Wir prüfen die Ausdehnung des Quellenabzugsverfahrens durch die Einführung einer Verrechnungssteuer von 15 %, die der Bund auf den Kapitalerträgnissen erhebt, die gegenwärtig der an der Quelle erhobenen Wehrsteuer unterliegen. Die zusammen mit der Couponsteuer und der Quellenwehrsteuer abgezogene Verrechnungssteuer stellt aber grundsätzlich nur eine
Vorauszahlung an die vom Gläubiger seinem Wohnsitzkanton geschuldeten Kantonssteuern dar. Der mit ihr Belastete weist in seiner Steuererklärung an den Kanton die von der Verrechnungssteuer bereits erfassten Einkommensteile gesondert aus. Der Kanton stellt hierauf den geschuldeten Steuerbetrag fest, wobei er in der Steuerrechnung die vom Steuerpflichtigen ausgewiesenen Verrechnungssteuerbeträge abzieht und vom Steuerpflichtigen die Differenz einfordert. Der Bund entschädigt die Kantone aus dem Ertrag der von ihm eingezogenen Verrechnungssteuer für die dem Steuerpflichtigen angerechneten Betreffnisse.

Das Verfahren hat den Vorteil, die bisher der Besteuerung entzogenen Kapitalerträge zu einer wesentlichen Leistung heranzuziehen, ohne die kan-

830

tonalen Steuersysteme aus dem Gleichgewicht zu bringen und ohne dem ehrlichen Steuerpflichtigen eine Mehrbelastung aufzuerlegen. Nachteilig ist, dass der Verwaltung und dem Steuerpflichtigen eine vermehrte Arbeit zugemutet wird und dass der Steuerpflichtige über die an der Quelle abgezogenen 15 % seiner Kapitalerträgnisse vor Abschluss des Veranlagungsverfahrens nicht verfügen kann.

Der Kohertrag der Verrechnungssteuer wird bei einem Steuersatz von 15 % jährlich 150 Millionen erreichen. Davon wird ein Teil durch die eidgenössische Steuerverwaltung an die in der Eegel nicht einkommensteuerpflichtigen öffentlichen Körperschaften und gemeinnützigen Institutionen sowie an Aktiengesellschaften und Genossenschaften rückzuerstatten sein, der ungefähr 25 % des Rohertrages ausmachen dürfte. Vom. Best von 112,5 Millionen Pranken können nach einer Schätzung aus Bankkreisen 10 bis 15 % als auf den Auslandsbesitz an inländischen Wertpapieren entfallend und darum dem Bunde verbleibend angesehen werden, so dass ungefähr 100 Millionen Franken zur Verrechnung mit den von natürlichen Personen an die Kantone geschuldeten direkten Steuern zur Verfügung stehen.

. Es fehlen sichere Grundlagen für ein Urteil darüber, welcher Teil dieses Betrages zur Verrechnung gelangt mit den kantonalen Steuern auf Kapitalien und Kapitalerträgnissen, die schon bisher versteuert worden sind oder die infolge der Verrechnungssteuer neu erfasst werden. Die Quote ist aber sicher bedeutend. Der dem Bunde verbleibende Best erschoint darum, zusammen mit etwa 12,5 Millionen Ertrag auf Schweizerwerten in Auslandsbesitz, mit SO Millionen jährlich hoch genug eingeschätzt.

Die Erhebung einer derartigen Steuer setzt jedoch eine Eeihe sorgfältiger Vorarbeiten voraus, um vor allem die Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerverwaltungen sicherzustellen. Diese Vorarbeiten können nicht so rasch durchgeführt werden, wie es nötig wäre, um die Massnahme schon auf Beginn des Jahres 1948 in Kraft zu setzen. Der Bundesrat rnusste sich deshalb vorläufig darauf beschränken, den Vollmachtenkommissionen der eidgenössischen Eäte die nachstehenden Grundsätze für eine an der Quelle erhobene Verrechnungssteuer zur Begutachtung zu unterbreiten: 1. Der Bund erhebt in den Jahren 1943 bis 1949 auf den Zinsen, Eenten, Gewinnanteilen und sonstigen Leistungen, die der an
der Quelle erhobenen Wehrsteuer unterliegen (Art. 141 des Bundesratsbeschlusses über die Wehrsteuer), eine ebenfalls an der Quelle einzuziehende Verrechnungssteuer.

Der Ertrag von Sparguthaben unterliegt der Verrechnungssteuer nicht, sofern der jährliche Zinsänspruch desselben Gläubigers gegenüber derselben Bank oder Sparkasse den Betrag von 10 Franken nicht übersteigt.

2. Die Steuer beträgt 15 % der steuerbaren Leistungen.

8. Zur Entrichtung der Steuer ist der Schuldner der steuerbaren Leistungen verpflichtet.

831 4. Die Steuer ist gleichzeitig mit der an der Quelle erhobenen Wehrsteuer zu entrichten und zu überwälzen. Die Art. 145 und 146 des Bundesratsbeschlusses über die Wehrsteuer finden Anwendung.

5. Die natürlichen Personen, welche in der Schweiz Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt haben, sind berechtigt, die Verrechnung der zu ihren Lasten an der Quelle abgezogenen Verrechnungssteuerbeträge mit den amtlich veranlagten Steuern des Kantons zu verlangen, in welchem sie Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt haben. Übersteigen die zu Lasten solcher Personen an der Quelle abgezogenen Verrechnungssteuerbeträge die im Kanton geschuldeten Steuern, so wird der Überschuss vom Kanton zurückvergütet.

Inländische juristische Personen, welche Gläubiger der Verrechnungssteuer unterworfener Leistungen sind, haben Anspruch auf Bückerstattung der nachgewiesenermassen zu ihren eigenen Lasten in Abzug gebrachten Steuerbeträge, 6.. Natürliche Personen haben ihren Verrechnungs- oder Bückerstattungsanspruch jeweils nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Steuerabzug orfolgto, für den gesamten im Vorjahr abgezogenen Verrecmiungssteuerbetrag nach einem von der eidgenössischen Steuerverwaltung aufgestellten Formular bei der zuständigen kantonalen Steuerverwaltung geltend zu machen. Das Formular ist so auszugestalten, dass der Verrechnungsantrag die Punktion des Wertschriftenverzeichnisses gemäss Art. 87, Abs. 8, des Bundesratsbeschlusses über die Wehrsteuer miterfüllt.

In den Fällen, wo die an der Quelle abgezogenen Verrechnungssteuerbeträge den Betrag der dem Kanton geschuldeten Steuern offensichtlich übersteigen und die Zurückhaltung der abgezogenen Verrechnungssteuerbeträge eine Härte darstellen würde, leisten die Kantone leilrückerstattungon schon während des Kalenderjahres, in dem der Steuerabzug erfolgte.

Juristische Personen haben ihren Bückerstattungsanspruch bei der eidgenössischen Steuerverwaltung geltend zu machen. Der Bückerstattungsantrag ist für die während eines Kalenderjahres abgezogenen Verrechnungs steuerbeträge nach einem von der eidgenössischen Steuerverwaltung aufgestellten Formular innert 8 Monaten nach Ablauf dieses Kalenderjahres bei der eidgenössischen Steuerverwaltung einzureichen. Wenn der Verrechnungssteuerbetrag, der einer juristischen Person während eines Kalenderjahres an der Quelle abzuziehen
ist, 10 000 Franken übersteigt, so gewährt die eidgenössische Steuerverwaltung vierteljährliche Abschlagsrückvergütungen schon während dieses Kalenderjahres.

7. Der Kanton ist verpflichtet, die ihm eingereichten Anträge auf die Berechtigung der geltend gemachten Verrechnungs- oder Bückerstattungsansprüche hin zu prüfen. Über die verrechneten und die zurückerstatteten Beträge führt er eine Kontrolle nach besonderem von der eidgenössischen Steuerverwaltung aufgestelltem Formular.

832 8. Der Kanton stellt der eidgenössischen Steuerverwaltung innert 80 Tagen nach Ablauf jedes Kalendervierteljahres Bechnung über die von ihm während des vergangenen Vierteljahres verrechnet en und rückerstatteten Verrechnungssteuerbeträge.

Die eidgenössische Steuerverwaltung veranlasst die Überweisung der in Eechnung gestellten Beträge an die Kantone. Sie überprüft periodisch die Unterlagen der kantonalen Abrechnungen und bringt Steuerbeträge, die sich als zu Unrecht verrechnet oder zurückerstattet erweisen, von dem Betrag in Abzug, dessen Vergütung der Kanton mit der nächsten Vierteljahresabrechnung beansprucht.

c. Die Quellenbesteuerung nach Keller-Im Hof.

In den Vollmachtenkommissionen der eidgenössischen Bäte wurde auch der Vorschlag der Herren Nationalrat Keller-Beute und Dr. Im Hof vertreten, der auf Seite 815 dieses Berichtes skizziert ist. Die Kommissionen konnten sich zu einem Entscheid zwischen diesem Vorschlag und der Verrechnungssteuer nach den obigen Grundsätzen nicht entschliessen. Der Bundesrat wird ihnen die zur erneuten Prüfung der beiden Möglichkeiten nötigen Unterlagen zustellen und seine Beschlussfassuiig über die Ausdehnung des Quellenbesteuerungsverfahrens auf einen spätem Zeitpunkt verschieben.

Ertrag der neuen Massnahmen.

Von dem auf 155 Millionen Franken veranschlagten jährlichen zusätzlichen Bedarf des Bundes zur Verzinsung und Tilgung der kriegsbedingten Bundesschuld werden durch die Massnahmen, die der Bundesrat am 20. November 1942 beschlossen hat, voraussichtlich 125 Millionen Pranken gedeckt. Auf das Jahr berechnet, werden erwartet: Millionen Franken Erhebung eines Zuschlages zur allgemeinen Wehrsteuer. . .

25 Erhebung eines neuen Wehropfers 85 Erhöhung der Warenumsatzsteuer 65 Zusammen

125

Die Erträgnisse der Luxussteuer sollen, gleichweise wie die Erträgnisse der Kriegsgewinnsteuer, als Beserve betrachtet w.erden. Zur Deckung des Fehlbetrages von etwa 30 Millionen Franken soll der Ertrag einer an der Quelle bezogenen Abgabe auf dem Ertrage des mobilen Kapitals herangezogen werden, worüber die Beschlussfassung noch aussteht.

Befristung.

Der nicht zur Volksabstimmung gelangte Bundesbeschluss vom 11. April 1940 wäre während zehn Jahren, d. h. bis Ende 1949, gültig gewesen. Die Geltungsdauer des an seinen Platz getretenen Bundesratsbeschlusses wurde nur bis Ende 1945 bomcsson. Wie sich dieser Beschluss aber dem fiskalischen Ertrage nach als ungenügend erwiesen hat, so genügt auch seme Geltungsdauer nicht. Die zur Tilgung der Ende 1942 vorhandenen Bundesschuld erforderlichen

833 Steuern müssen -- vom Wehropfer abgesehen -- während wenigstens 20 Jahren erhoben werden. Der Bundesrat.hat die Geltungsdauer der am 30. April 1940 angeordneten Fiskalmassnahmen, der ursprünglichen Absicht entsprechend, bis Ende des Jahres 1949 verlängert und die ergänzenden Massnahmen auf den gleichen Zeitpunkt befristet.

Die Schuldendienststeuern werden in der Nachkriegszeit in die verfassungsmässige Form überzuführen sein.

Gestützt auf unsere Ausführungen beantragen wir Ihnen, Sie möchten von den Bundesratsbeschlüssen a. vom 18. Oktober 1942 über die Luxussteuer, b. vom 20. November 1942 über die Abänderung des Wehrsteuerbeschlusses.

c. vom 20. November 1942 über die Abänderung des Warenumsatzsteuer beschlusses.

d. vom 20. November 1942 über die Erhebung eines neuen Wehropfers in zustimmendem Sinne Kenntnis nehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 20. November 1942.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Etter.

8672

Bundesblatt. 94. Jahrg. Bd. I.

Der Bundeskanzler: G. Bovet.

62

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Zwischenbericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen. (Vom 20. November 1942.)

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