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4223 Bericht dee

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Vorschlag des Kantons Genf betreffend die Umgestaltung der Ausgleichskassen für die Lohn- und Verdienstersatzordnung für die Zwecke der Altersfürsorge.

(Vom 24. Februar 1942.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Der Grosse Eat des Kantons Genf hat am 16. Juli 1941 folgenden Beschluss gefasst : Art. 1. Der Grosse Rat des Kantons Genf, gestützt auf das in Art. 93 der Bundesverfassung vorgesehene Initiativrecht, ersucht die eidgenössischen Räte, zu beschliessen, dass die schweizerischen Ausgleichskassen, die durch die Bundesratsbeschlüsse vom 20. Dezember 1939 und 14. Juni 1940 für die Lohn- und Verdienstausfallentschädigungen, an die aktivdienstleistenden Wehrmänner geschaffen wurden, nach der Beendigung des Aktivdienstes in Ausgleichskassen für die Verwirklichung der Altersfürsorge umgestaltet werden, den Bundesrat zu ersuchen: 1. die zu diesem Zweck dienenden Vorarbeiten aufzunehmen; 2. den eidgenössischen Bäten noch vor Ende 1941 eine entsprechende Botschaft nebst Gesetzesentwurf zu unterbreiten; 3. gestützt auf die außerordentlichen Vollmachten die für die Übergangszeit notwendigen Massnahmen zu treffen; 4. vorzusehen, dass die Einnahmen der neuen Kassen aus Beiträgen der Arbeitnehmer und der Selbständigerwerbenden im Sinne der erwähnten Bundesratsbeschlüsse aufgebracht werden; 5. dafür besorgt zu sein, dass die Durchführung den Kantonen übertragen wird; 6. dafür besorgt zu sein, dass den Kantonen im Hinblick auf ihre Zuständigkeit für die soziale Fürsorge die aus ihrem Gebiet fliessenden Mittel auch im Rahmen der Ausgleichsordnung erhalten bleiben.

Art, 2. Der Regierungsrat wird beauftragt, das vorliegende Initiativbegehren dem Bundesrat zu übermitteln.

97 Der Staatsrat des Kantons Genf leitete diesen Beschluss am 27. August an den Bundesrat weiter.

Wir beehren uns, Ihnen hiermit dieses Initiativbegehren zur Kenntnia zu bringen und darüber wie folgt Bericht zu erstatten: Nachdem sich bereits auf Ende des Jahres 1940 im zentralen Ausgleichsfonds für die Lohnersatzordnung ein erheblicher Aktivsaldo ergeben hatte, haben wir das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement mit Beschluss vom 14. Februar 1941 ermächtigt, die Frage zu prüfen, in welchem Masse diese Finanzmittel, soweit sie nicht für den Lohnersatz während des Aktivdienstes beansprucht werden, für die Lösung anderer sozialer Aufgaben verwendet werden sollen. Der Aktivsaldo stieg inzwischen weiterhin an und erreichte auf den 80. Juni 1941 unter Einschluss der Beiträge von Bund und Kantonen den Betrag von 142 Millionen Franken.

Über die Verwendung dieses Überschusses sind von verschiedenen Seiten Begehren und Vorschläge geäussert worden. Vor allem verlangten die Wehrmänner eine Erhöhung ihrer Bezüge. Mit unseren Beschlüssen vom 28. Dezember 1940 *) und vom 19. September 1941 **) über die Erhöhung der Haushaltungsentschädigungen bzw. über die Erhöhung der Alleinstehendenentschädigung haben wir diesen Begehren in gewissem Umfange Rechnung getragen. Überdies befindet sich gegenwärtig eine Anpassung der Haushaltungsentschädigungen und der Kinderzulagen an die Teuerung in Vorbereitung.

Von Seiten einzelner Kantone und aus Arbeitgeberkreisen wurde dagegen eine Herabsetzung der Beiträge gewünscht. Wiederum andere Kreise beantragten, den Überschuss zur Finanzierung anderer Sozialaufgaben zu verwenden, die infolge des Krieges an Bedeutung zugenommen haben. Genannt wurden die Arbeitslosenversicherung und -fürsorge, die Arbeitsbeschaffung, die Altersund Hinterbliebenenversicherung und -fürsorge sowie die Ausrichtung von Familien- und Kinderzulagen.

Mit Eücksicht darauf, dass infolge der allgemeinen politischen Lage und der Schwierigkeiten der Versorgung des Landes mit den für die Wirtschaft nötigen Eohstoffen der Eintritt einer grösseren Beschäftigungslosigkeit sowohl während wie nach Beendigung des Krieges durchaus im Bereich der Möglichkeit hegt, hielten wir die Ergreifung von vorsorglichen Massnahmen für die Arbeitsbeschaffung und die Arbeitslosenfürsorge für das Dringlichere und fassten, unter
einstweiliger Zurückstellung der übrigen Begehren, am 7. Oktober 1941 einen Beschluss über die Finanzordnung für Arbeit und Lohnersatz. Durch diesen Beschluss wird das Solidaritätsprinzip, das sich in der Lohnersatzordnung bewährt hat, auch der Arbeitsbeschaffung und der Arbeitslosenfürsorge dienstbar gemacht. Wer Arbeit und Brot hat, soll demjenigen beistehen, der zufolge Aktivdienstes oder wegen der Arbeitsdienstpflicht am Erwerb verhindert ist oder mangels Arbeitsgelegenheit, jedoch ohne eigene Schuld, *) A. S. 56, 2036.

**) A. S. 56, 1058.

aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden ist. Der Wehrmann wird wie bis anhin für die Dauer des von ihm geleisteten Aktivdienstes eine Lohnausfallentschädigung erhalten. Darüber hinaus musa aber Vorsorge getroffen werden, dass er auch bei seiner Bückkehr aus dem Aktivdienst nicht ohne Unterstützung dasteht, wenn es ihm wegen Eohstoffmangel oder im Falle der Demobilmachung nicht oder nicht sofort möglich ist, Arbeit und Verdienst zu erhalten.

Es scheint uns deshalb verfrüht, bereits heute eine bestimmte Verwendung der Mittel der Lohn- und Verdienstausgleichskassen in der Nachkriegszeit ins Auge zu fassen.

Wir beantragen Ihnen deshalb, auf die Initiative des Kantons Genf zurzeit nicht einzutreten.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, den Ausdruck unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 24. Februar 1942.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Etter.

3082

Der Vizekanzler:

Leimgmber.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Vorschlag des Kantons Genf betreffend die Umgestaltung der Ausgleichskassen für die Lohn- und Verdienstersatzordnung für die Zwecke der Altersfürsorge. (Vom 24. Februar 1942.)

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1942

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05.03.1942

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