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Bundesblatt 80. Jahrgang.

Bern, dea 23. Mai 1928.

Band II.

Erscheint ivoütentlich. Preis HO Franken im Jahr, 1<> Franken im Salbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellitngsgtbuhr.

Minrnckungsgebiïhr ; 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de, in Bern.

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L Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1928).

(Vom 15. Mai 1928.)

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten über nachstehende 85 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

1.

(Aargau).

(Verfälschung von Bundesakten, Betrug.)

1.

mäss Art. 61 des B und esstraf rechtes in Verbindung mit kantonalrechtlichen Strafbestimmungen -wie folgt verurteilt worden: Am 16. August 1927 zu einer Zuchthausstrafe von einem Jahr und acht Tagen, unter Einstellung in den bürgerlichen Ehren und Beohten während zwei Jahren über die Strafzeit hinaus; am 6. Dezember 1927 zu einer Kusatzstrafe von sechs Monaten Zuchthaus.

Die erste Verurteilung erging, weil Wunderlin im Empfangscheinbuch der Postverwaltung bei drei Quittungen die Beträge verfälscht und höhere Zahlungen vorgetäuscht hatte. Die Zusatzstrafe betrifft elf weitere, nachträglich aufgedeckte Fälle. Die veränderten Beträge wies Wunderlin dem Betreibungsbeamten vor, um Pfandverwertungen hinauszuschieben, oder Drittpersonen, die sich um den Kauf des Geschäftes interessierten und denen damit ein grösserer Geschäftsumsatz vorgetäuscht wurde.

Wunderlin ersuchte im Dezember letzten Jahres um bedingten Erlass der noch verbleibenden Freiheitsstrafe; ferner möchte er in der Armee eingeteilt bleiben. Er habe die Machenschaften in Unkenntnis ihrer Tragweite, in finanzieller Not und aus Verzweiflung begangen. Der nach der Verurteilung notwendig gewordene Verkauf seines Geschäftes habe zu Verlusten geführt, Bundesblatt. 80. Jahrg. Bd. II 5

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deren Deckung jahrelange Arbeit voraussetze. Man möge berücksichtigen, dass er als Vorbestrafter fortan im Erwerbsleben ohnehin benachteiligt sei.

Schliesslich versichert Wunderlin, inskünftig ein Vorbild treuer Arbeit und Bürgerpflicht abgeben zu wollen.

Die Direktion der Strafanstalt Lenzburg schrieb am 12. Dezember 1927, das Betragen des Sträflings sei bis anhin einwandfrei gewesen. Für Einzelheiten sei auf den Bericht selbst verwiesen. Die teilweise, nicht zu frühzeitige Begnadigung wird empfohlen. Das Kriminalgericht schliesst sich dieser Ansichtsäusserung an.

Die Bundesanwaltschaft sprach sich in der Folge zuhanden der Polizeiabteilung dahin aus, der Fall 'Wunderlin sei für die unbefriedigende Auswirkung der veralteten Fassung von Art. 61 des Bundesstrafrechtes bezeichnend. Der Vergleich zum Begnadigungsfall Schell (Bundesblatt 1927, II, 346) dränge sich auf. Die Gerichtspraxis ergebe, dass derartige Fälle von den kantonalen Strafbehörden regelmässig nicht mit der hohen Zuchthausstrafe von mindestens einem Jahr, sondern mit Gefängnis bestraft würden, obschon das Gesetz Gefängnis nur bei «ganz geringfügigen Fällen» zulasse. Vom Gesichtspunkt der Begnadigung sei immerhin zu erwägen, dass eine ganze Eeihe von Verfälschungen in Betracht komme. Eine Unterbrechung des Strafvollzuges könne deshalb unterbleiben. Der Gesuchsteller sei am zweckmässigsten in der Junisession 1928 für den Best der Freiheitsstrafe bedingt zu begnadigen.

Mit Verfügung vom 9. Januar 1928 gab die Polizeiabteilung der kantonalen Justizdirektion bekannt, dass eine Unterbrechung des Strafvollzuges bis zur Erledigung des Begnadigungsgesuches durch die Bundesversammlung nicht stattfinde.

Dermalen b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass des Bestes der Zuchthausstrafe vom Tage des Entscheides der Bundesversammlung an, unter Auferlegung einer Probezeit von drei Jahren, und heben als Bedingung besonders hervor, dass Wunderlin wählend der Probezeit kein weiteres vorsätzliches Vergehen verübe. Angesichts der scharfen Strafe ist diese teilweise Begnadigung am Platze. Zur Frage des Ausschlusses von der Erfüllung der Militärdienstpflicht hat sich die Begnadigungsbehörde nicht zu äussern.

3.

3.

(Verfälschung einer Bundesakte, Betrugsversuch.)

Gemäss Art. 61 des Bundesstrafrechtes in Verbindung mit kantonalem Strafrecht sind verurteilt worden: 2.

gericht Aarau zu einem Tag Gefängnis und Fr. 5 Busse.

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Uosa Sandmeyer verfälschte den Empfangschein für eine Postanweisung, indem sie die,Zahl 8 in 18 veränderte, tun die Begleichung einer Eestschuld, den Kauf eines Kleides betreffend, vorzutäuschen.

Frau Sandmeyer ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Sie habe unüberlegt gehandelt und werde sich dergleichen niemals mehr zuschulden kommen lassen. Man möge berücksichtigen, dass sie Mutter von zwei kleinen Kindern .sei. .

.Die Polizeiabteilung hat im Einvernehmen mit der Bundesanwaltschaft Strafaufschub gewährt bis zum Entscheid der Begnadigungsbehörde.

Wir beantragen, die Gefängnisstrafe von einem Tag bedingt zu erlassen.

unter Auferlegung einer Probezeit .von drei Jahren, und heben als Bedingung besonders hervor, dass Frau Sandmeyer während der Probezeit kein weiteres .vorsätzliches Vergehen verübe. Das Fehlen von Vorstrafen, der gute Leumund und das sofortige Geständnis können berücksichtigt werden. Ferner lässt sich sagen, dass der Fall im Vergleich zu früheren, ähnlichen Begnadigungssachen von geringfügiger Art ist.

, 3.

Brugg zu einem Tag Gefängnis und Fr. 10 Busse.

Kallmann hat in einem Zug der S. B. B. ein damals nicht mehr gültiges Billet vorgewiesen, dessen Datumaufdruck er unleserlich gemacht hatte.

Kallmann ersucht in nicht selbst veriasster Eingabe um Erlass der Gefängnisstrafe. Die Verumständungen des Vorfalles, .die Jugendlichkeit Kallmanns, sein sofortiges Geständnis, die an den Tag gelegte Eeue, das Fehlen von Vorstrafen und die : sonstige Unbescholtenheit sprächen zugunsten der Begnadigung.

Das urteilende Gericht befürwortet die Begnadigung bereits in den Urteilserwägungen.

Da die bedingte Begnadigung gemäss den ihr im allgemeinen zugrunde liegenden Erwägungen hier nahe liegt, b e a n t r a g e n wir, die Gefängnisstrafe von einem Tag bedingt zu erlassen, unter Auferlegung einer Probezeit von drei Jahren, und heben als Bedingung besonders hervor, dass Kallmann während der Probezeit kein weiteres vorsätzliches Vergehen verübe.

(Postvergehen, Veruntreuung.)

des Kantons Genf gemäss Art. 57 des Postverkehrsgesetzes in Verbindung mit kantonalrechtlichen S traf b e Stimmungen zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden, unter Abzug der Untersuchungshaft von einem Monat und 25 Tagen.

Jeanmono.d entnahm in zwei Fällen Gelder aus Wertplis, ferner unterschlug er Gelder, die der Post mit Einzahlungsscheinen übergeben wurden, wobei er

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die Scheine zurückhielt oder vernichtete, unter Anfertigung falscher Scheine; zur Verschleierung vorgenommener Unterschlagungen beging er stetsfort neue. Pur weitere Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.

Der .Verteidiger des Verurteilten stellte für diesen im Dezember 1927 das Gesuch uni Erlass der Beststrafe, wozu er die gute Haltung des Jeanmonod während des Strafverfahrens und in der Strafhaft geltend machte, auf die fehlende Möglichkeit des bedingten Strafvollzuges hinwies und namentlich die als einzigartig bezeichnete Gelegenheit der Arbeitsbeschaffung zur Kenntnis brachte. Über die in Aussicht genommene Betätigung des Sohnes äussern sich zwei Schreiben des Vaters, Der Direktor der Strafanstalt Thorberg teilte in der Folge mit. Jeanmonod habe sich in jeder Beziehung gut aufgeführt. Das Begnadigungsgesuch wird empfohlen. Die kantonale Staatsanwaltschaft empfiehlt das Gesuch ebenfalls.

Am 16. Januar verfügte die Polizeiabteilung, im Einvernehmen mit der Bundesanwaltschaft, dass Jeanmonod am 1. Februar 1928 vorläufig aus der Haft zu entlassen sei, unter Vorbehalt des endgültigen Entscheides der Begnadigungsbehörde.

Dermalen beantragen wir den bedingten Erlass der Eeststrafe unter Auferlegung einer Probezeit von drei Jahren und heben als Bedingung besonders hervor, da-ss Jeanmonod während der Probezeit kein weiteres vorsätzliches Vergehen verübe. Im Anschluss an die kantonale Staatsanwaltschaft muss bei der Schwere des Ealles gesagt werden, dass Jeanmonod milde beurteilt worden ist, weshalb ein Gnadenakt im Grunde genommen nicht besonders nahe liegt. Anderseits darf .die gute Führung des Sträflings berücksichtigt und namentlich in Betracht gezogen werden, dass die Haftentlassung vom 1. Februar den Stellenantritt ermöglicht hat und dass die Strafe ohnehin am 19. März verbüsst gewesen wäre. Bei der Schwere des Straffalles legen wir Wert darauf, als Probezeit drei Jahre zu beantragen.

(Eisenbahngefährdung.)

zern wegen vorsätzlicher Eisenbahngefährdung zu 8 Jahren Gefängnis und zur Einstellung im Aktivbürgerrecht auf die Dauer von 6 Jahren verurteilt worden.

Croci hat am 5. Oktober 1925, im Anschluss an Streitigkeiten und an seine Entlassung als Arbeiter bei einem Geleiseumbau, zwischen Beiden-Brittnau zwei Winkellaschen auf die Fahrbahn des herannahenden Personenschnellzuges der S. B. B. niedergelegt; die Laschen könnten im letzten Augenblick noch weggestossen werden. Croci hatte gedroht, einen Zug zum Entgleisen zu bringen.

Die Angelegenheit Croci ist der Begnadigungsbehörde erstmals in der Dezembersession 1927 unterbreitet worden, in welchem Zeitpunkt antragsge-

49 mäss Abweisung zur Zeit erfolgte (Antrag 6 des T. Berichtes vom 2. November 1927, Bundesblatt II, 350).

Wir behielten uns damals vor, die Angelegenheit in der Junisession 1928 neuerdings zu unterbreiten.

Dermalen beantragen wir in Zustimmung zu den Vernehmlassungen der Strafanstaltsdirektion, der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern und des kantonalen Justizdepartements, Croci auf Ende Juni für den Best der Gefängnisstrafe bedingt zu begnadigen, unter Auferlegung einer Probezeit von drei Jahren, und heben als Bedingung besonders hervor, dass Croci während der Probezeit kein weiteres vorsätzliches Vergehen verübe.

· '·

(Tramgefährdnng.)

6.

von Bern gemäss Art. 67, Abs. 2 rev., des Bundesstrafrechtes zu Fr. 200 Busse und Fr. 88. 40 Kosten verurteilt worden.

Järmann, der mit seinem Automobil übermässig rasch gefahren ist und eine Kurve viel zu weit genommen hat. stiess mit voller Wucht auf einen Wagen der stadtbernischen Strassenbahnen. Ein zweiter Insasse des Automobils erlitt schwere Verletzungen; der Tramwagen und das Automobil wurden beschädigt.

Järmann stellt nach ratenweiser Tilgung von Fr. 120 das Gesuch um Brlass der Bestbusse. Als Vertreter einer Handelsgesellschaft sei er auf seinen Verdienst angewiesen. Der Unfall, der ihn schwer geschädigt habe, sei nicht auf mutwilliges, rücksichtsloses Fahren zurückzuführen, mindestens nicht ausschliesslich, was ihm die seitherige Fahrpraxis bestätige.

Die Polizeidirektion der Stadt Bern, der Begierungsstatthalter II des Amtsbezirkes, die kantonale Polizeidirektion beantragen einhellig Abweisung.

Mit der Eisenbahnabteilung bemerken wir im Anschluss an die Vernehmlassungen der Kantonsbehörden, dass Komrniserationsgründe fehlen, weshalb wir ohne weiteres b e a n t r a g e n , das Gesuch abzuweisen.

.

7.

· 8.

9 (Frankreich).

i (Fiskalvergehen.)

Gemäss Bundesgesetz über das Zollwesen vom 1. Oktober 1925 bzw. vom 28. Juni 1893, Wiedemann ausserdem gemäss Bundesgesetz über gebrannte Wasser vom 29. Juni 1900, sind bestraft worden:

50 7. Walter B a s 1 e r gemäss Entscheid des eidgenössischen Zolldepartementes vom 29. Oktober 1926 mit Fr. 7425 Busse bestraft, unter Nachlass eines Drittels, so dass Fr. 4950 verbleiben.

Basler hat in seiner Garage zwei Automobile, die, wie er wusste, geschmuggelt waren, eingestellt, im Betrieb verwendet und zu verkaufen gesucht.

Basler ersucht um Erlass der Busse, soweit diese noch geschuldet ist.

Er verweist auf den Abschluss eines Nachlassvertrages ; nach Entrichtung von Fr. 1248. 80, d. h. eines Bussenviertels, seien ihm weitere Zahlungen unmöglich. Im weiteren bezieht er sich in diesem Zusammenhang auf Verhandlungen über den Bussenvollziig mit der Zollverwaltung und deren Haltung gegenüber dem Mitbestraften, der die Automobile eingeschmuggelt hat.

Die Oberzolldirektion beantragt Ermässigung der Busse von Fr. 4950 um den einfachen Zollansatz von Fr. 2475, so dass in Anrechnung der entrichteten Fr. 1248. 80 noch Fr. 1226. 20 aufzubringen waren.

Wir b e a n t r a g e n , die Busse unter Zubilligung erträglicher Teilzahlungen bis zum abgerundeten Betrag von Fr. 1000 herabzusetzen. Der nötig gewordene Nachlassvertrag und die wirtschaftlich geschwächte Stellung des Gesuchstellers können einigermassen berücksichtigt werden; eine weitergehende Begnadigung sollte dagegen angesichts des nicht leichten Schmuggelfalles unterbleiben.

8. Karl Otto Senn, verurteilt am 30. Januar 1924 vom Bezirksgericht Zürich, in Bestätigung des Entscheides des Zolldepartementes, zu Fr. 3905. 20 Busse.

Senn als damaliger Inhaber einer Tabakfabrik genoss für gewisse Tabaksorten Vergünstigungen auf den Einfuhrzöllen. In der Folge gelangten die Tabake in den Besitz eines Dritten, dem die Vergünstigungen nicht zukamen, wobei Senn weder die Zollnachzahlung vornahm, noch der Zollverwaltung von dem Besitzesübergang Kenntnis gab.

Senn ersucht um teilweisen Erlass der Busse. Er betont seine äusserst misslichen Verhältnisse und die trotzdem entrichtete Summe von Fr. 1232. 02, die er in zwanzig Teilbeträgen aufgebracht habe.

Die Oberzolldirektion beantragt, den noch geschuldeten Bussenteil gänzlich zu erlassen.

Wir b e a n t r a g e n , den noch ausstehenden Betrag von Fr. 2673.18 bis Fr. 500 zu ermässigen, unter Zubilligung weiterer, erträglicher Teilzahlungen.

Der Gesuchsteller, der aus früherer Zeit schwere Vorstrafen
aufweist und in persönlicher Hinsicht kein besonderes Mitgefühl erweckt, rechnet selbst nicht mit dein gänzlichen Erlass des noch geschuldeten Bussenteils, weshalb es in Berücksichtigung der Gesuchsanbringen bei dem Erlass von immerhin über 'Fr. 2000 sein Bewenden haben kann.

9. Charles Wiedemann, wie folgt gebüsst: a. gemäss Straf entscheid des eidgenössischen Finanzdepartementes vom 3. November 1926 mit Fr. 1252.10,

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unter Nachlass eines Drittels, so dass Fr. 834. 70 verbleiben; 6. gemäss Strafentscheid des eidgenössischen Zolldepartementes vom 9. November 1926 mit Fr. 6003.12, unter Nachlass eines Drittels, so dass Fr. 4002. 08 verbleiben, mit Departementsentscheid vom 29. August 1927 ermässigt bis Fr. 3001.56.

Wiedemann hat als französischer Postkontrolleur mit Bahnpostdienst zwischen Strassburg und Basel für mehrere Auftraggeber :Waren eingeschmuggelt.

Wiedemann ruft die Begnadigungsbehörde an, ohne im übrigen einen bestimmten Antrag zu stellen. Er versichert neuerdings, die geschmuggelten Waren hätten in einem wesentlichen Teil die in den Strafprotokollen aufgeführten Mengen nicht erreicht.

Eine frühere Eingabe Wiedemanns ist vom Bundesrat als Eekurs behandelt und am 10. Januar 1928 abgewiesen worden.

Die Oberzolldirektion beantragt Abweisung.

Wir halten dafür, dass am Eekursentscheid des Bundesrates festzuhalten sei, weshalb wir ebenfalls b e a n t r a g e n , das Gesuch abzuweisen. Den Ausschlag gibt, dass Wiedemann als ausländischer Beamter, der seine dienstliche Stellung missbrauchte, den Schmuggel in fortgesetzter Weise betrieben hat.

Irn übrigen verweisen wir auf unsern Rekursentscheid und den neuesten Bericht der Oberzolldirektion.

10.

11.

(Lebensmittelpolizei.)

G-ernäss Bundesgesetz betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1905 sind verurteilt worden: 10. Gottlieb Spettig, verurteilt am 8. März 1924 vom Bezirksgericht Bremgarten zu 14 Tagen Gefängnis.

Spettig, der als Verdingkind einem Bauern übergeben war, hat der Milch nach dem Melken wiederholt Wasser zugesetzt.

Spettig ersucht in nicht selbst verfassten Eingaben um Erlass der Gefängnisstrafe. Wie in den Urteilserwägungen wird geschrieben, Spettig habe die Milch gewässert aus Furcht vor Schlägen wegen ungenügender Milchablieferung. ; Der Bestrafte sei zurzeit der Verfehlungen noch schulpflichtig gewesen. Seit drei Jahren^ sei er bei guten Meistersleuten und mit dem Straf: richter nicht mehr in Berührung gekommen.

Das Pfarramt Jonen befürwortet die Begnadigung. Der Meister Spettigs und der Ortsgemeinderat stellen ihm gute Zeugnisse aus. Das Bezirksgericht Bremgarten empfiehlt die gänzliche Begnadigung.

Das eidgenössische Gesundheitsamt beantragt die bedingte Begnadigung.

·

52 Wir béant rag en den gänzlichen Erlass der Gefängnisstrafe. Die Petitionskommission des Grossen Eates des Kantons Aargau hat Spettig im Juni 1924 begnadigt, jedoch ist diese Schlussnahme mangels Zuständigkeit der Petitionskommission von der kantonalen Staatsanwaltschaft nicht anerkannt worden.

Die Einreichung der neuesten Eingabe Spettigs vom 30. Dezember 1927 erfolgte auf die unerwartete Aufforderung der Vollzugsbehörde zum Strafantritt.

Da Spettig die Angelegenheit als längst erledigt betrachten konnte und die Jugendlichkeit des Gesuchstellers, die befriedigenden Auskünfte über das seitherige Verhalten und der lange Zeitablauf seit der Verurteilung weitgehend berücksichtigt werden dürfen, lässt sich die gänzliche Begnadigung verantworten.

11. Rudolf Leutwyler, verurteilt am 20. Dezember 1927 vom Bezirksgericht Kühn zu 4 Tagen Gefängnis und Fr. 100 Busse.

Leutwyler sah beim Betreten der Käserei, dass eine Probeentnahme stattfand, kehrte um und goss den Inhalt der Milchbrente in eine Jauchegrube, weshalb er wegen Verhinderung der Kontrolle bestraft wurde.

Frau Leutwyler stellt das Gesuch, dem Ehemann die Strafen zu erlassen.

Die Weigerung, die Milch untersuchen zu lassen, sei auf eine vor Jahren erfolgte, schwere Beleidigung durch die Käsereigenossenschaft zurückzuführen. Das Los des Bauern, der teuer gekauft habe, sei hart. Leutwyler sehe seinen Fehler ein. Auch um ihres kleinen Mädchens willen möge Gnade gewährt werden.

Da Leutwyler sich inzwischen zum Vollzug der Gefängnisstrafe freiwillig gestellt hat. betrifft das von ihm bestätigte Gesuch einzig die Busse.

Der Gemeinderat von Gontenschwil befürwortet das Gesuch.

Mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Leutwyler ist wegen fahrlässigen Inverkehrbringens gewässerter Milch vorbestraft. Nötigenfalls können ihm Teilzahlungen bewilligt werden.

12 (Herstellung einer Absinthnachahmung.) .

12. Karl Gosteli ist am 14. Dezember 1927 vom Amtsgericht von Solothurn-Lebern gemäss Art. 3 des Bundesgesetzes betreffend das Absinthverbot vom 24. Juni 1910 zu Fr. 100 Busse und Fr. 134. 60 Kosten verurteilt worden.

.Gosteli hat eine Absinthnachahmung hergestellt und sie an eine Eeihe von Personen, worunter mehrere Wirte, verkauft.

Gosteli ersucht um ganzen oder doch teilweisen Erlass der ihm auferlegten Beträge. Infolge
längerer Arbeitslosigkeit und bei dem jetzigen geringen Verdienst sei ihm die Bezahlung unmöglich.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn .beantragt Herabsetzung der Busse bis Fr. 30. Gosteli sei ohne Vorstrafe und gut beleumdet. Da die Einkommensverhältnisse überaus bescheiden seien, erscheine die Übertretung einigermassen verständlich und ein Gnadenakt gerechtfertigt.

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· Demgegenüber: beantragen wie mit dein eidgenössischen Gesundheitsamt, das Gesuch, soweit es die Busse von Fr. 100 betrifft, abzuweisen. Ein allfälliger Kostenerlass ist Sache der Kantonsbehörden. Strafsachen betreffend Übertretungen des Absinthverbotes eignen sich bei der vorhandenen Neigung zur Missachtung des Gesetzes zur Begnadigung nicht besonders, zudem ist im Vergleich zu ähnlichen Fällen milde geurteilt worden. Den Verhältnissen des Gesuchstellers mag durch Zubilligung von Teilzahlungen Eechnung getragen werden.

13 (Patenttaxengesetz.)

13. Hermann Brogli ist am 1. Dezember 1926 vom Bezirksgericht Bheinfelden gemäss Art. 8 des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden vom 24. Juni, 1892 zu Fr. 20 Busse und Er. 12 Kosten verurteilt worden.

Brogli versuchte in der Gemeinde Mumpf bei verschiedenen Personen Bestellungen auf Holzschuhe aufzunehmen, ohne eine Taxkarte zu besitzen.

Brogli ersucht um Erlass der Busse. Er schreibt, bloss drei Paar Holzschuhe verkauft zu haben, und zwar an Kunden in seiner Werkstatt. Die Flickschusterei trage ihm zum Lebensunterhalt nicht genügend ein.

Das Gemeindeammannamt Stein bestätigt die bescheidenen Verhältnisse des Gesuchstellers und befürwortet das Gesuch.

Bei der ausserordentlichen Geringfügigkeit des Falles, der Unbescholtenheit des Gesuchstellers und seinen bescheidenen Verhältnissen beantragen wir mit der -Handelsabteilung, die Busse bis Fr. 5 zu ermässigen. Aus den gleichen Gründen hat die Handelsabteilung bereits die Streichung der Taxnachzahlung verfügt.

14.

15 (Nichtanmeldung eines Kindes.)

14 und 15. Johann und Lina Luise Frey sind am 31. Dezember 1927 vom Gerichtspräsidenten: v on Baden gemäss den §§ 93 und 97 der Verordnung über die Zivilstandsregiater vom 25. Februar 1910 je zu Fr. 10 Busse verurteilt worden.

Die Eheleute Frey haben bei ihrer Trauung im Jahre 1921 unterlassen, ihren 1919 geborenen Knaben anzumelden. Die Anmeldung erfolgte erst im Jahre 1927.

Die Eheleute Frey ersuchen in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Bussen und Kosten. Die rechtzeitige Anmeldung sei aus mangelhafte

Einsieht und aus Furcht vor Familienzwistigkeiten unterblieben. Die Legitimation habe nunmehr stattgefunden, unter anderem um dem schulpflichtig gewordenen Knaben weitere Neckereien wegen der Namensführung zu ersparen. Wegen Nervenzerrüttung sei Frey seit zwei Jahren arbeitslos, so dass die Ehefrau für den Unterhalt der Familie aufkommen müsse. Die Bussen und Kosten könnten ohne Einschränkung der notwendigsten Ausgaben nicht bezahlt werden.

Der Zivilstandsbeamte von Wettingen bestätigt die Eichtigkeit der Gesuchsanbringen. Das urteilende Gericht kann das Gesuch nicht befürworten.

Das eidgenössische Amt für den Zivilstandsdienst beantragt eine Ermässigung der Bussen.

In Würdigung der misslichen Verhältnisse der Gesuchsteller und mit Bücksicht auf die durch das zwiefache Verfahren vermehrten Kosten beantragen wir bei Lina Luise Frey Erlass der Busse, bei Johann Frey Ermässigung bis Fr. 5. Zum Kostenerlass ist die Bundesversammlung nicht zuständig.

16 17 18 19 (Forstpolizei.)

Gemäss Art. 46, Ziff. 7, des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei, in der durch Bundesbeschluss vom 5. Oktober 1923 erhaltenen Fassung, sind verurteilt -worden: 16. Marie Mast, verurteilt arn 27. August 1927 vom Gerichtspräsidenten von Konolfingen zu Fr. 380 Busse.

Marie Mast hat in ihrer Schutzwaldung ohne Bewilligung einen erheblichen Holzschlag ausführen lassen.

Der Gemeinderat Mirchel ersucht für die heute bevormundete Witwe Mast um Erlass der Busse. Es ist erwiesen, dass die Bestrafte seit Jahren schwer nervenleidend ist. Das landwirtschaftliche Gewerbe wurde in Wirklichkeit von den Söhnen betrieben, denen die Misswirtschaft und der ungesetzliche Holzschlag zur Last fallen. Die Witwe Mast, die dauernd versorgt werden muss, zählt heute zu den Ortsarmen.

Der Begierungsstatthalter von Konolfingen, die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen die gänzliche Begnadigung.

Auf Grund der Gesuchsanbringen beantragen wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei die gänzliche Begnadigung.

55 17. Samuel Sieber, verurteilt ara 20. Mai 1926 vom Gerichtspräsidenten von Frutigen zu Fr. 170 Busse.

Samuel Sieber hat in seiner Schutzwaldung ohne Bewilligung eine Holznutzung von Kahlschlagwirkung vorgenommen.

Sieber ersucht um Herabsetzung der Busse bis Fr. 100. Die Holzrüster hätten ihm nachträglich versichert, zum Teil sei sogenanntes Zaunhäfteholz und dergleichen ausserhalb des Schutzwaldes geschlagen worden.

Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Herabsetzung der Busse um höchstens Fr. 20.

, Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. Die Mindestbusse sollte hier namentlich deshalb bestehen bleiben, weil Sieber laut Strafanzeige die reinste Raubwirtschaft treibt und ihm nach .dem neueren Bericht des Kreisforstamtes, auf den wir verweisen, weitere unerlaubte Holzschläge zur Last fallen.

18. Lucien D a u c o u r t . verurteilt am 21. Juli 1927 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu Fr. 335 Busse.

Daucourt hat in seiner Schutzwaldung ohne Bewilligung einen Holzschlag im Halte von 67 m3 ausgeführt.

Daucourt ersucht um Erlass oder doch weitgehende Herabsetzung der Busse. Er anerkennt die Richtigkeit des Urteils, glaubt aber, dass Begnadigungsgründe vorliegen. Er habe im wesentlichen an den Grenzen der Waldung, geschlagen. Soweit die Bäume in der Nähe von Felswänden gestanden seien habe ihr Verlust gedroht.

Der Regierungsstatthalter von Prantrut kann das Gesuch .nicht empfehlen. Das Kreisforstamt, der Forstmeister des Jura, die kantonalen Forstund Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir desgleichen Abweisung. Stichhaltige Begnadigungsgründe fehlen. Im übrigen wird namentlich auf den Bericht des Forstmeisters des Jura hingewiesen.

19. Otto Meyer, verurteilt am 24. August 1927 vom Vizegerichtspräsidenten von Fraubrunnen zu Fr. 2000 Busse.

Meyer hat in den Wintern 1925/26 und 1926/27 in seinem Nichtschutzwald ohne Bewilligung einen sehr beträchtlichen Kahlschlag vorgenommen.

Meyer ersucht in'nicht selbst verfasster Eingabe um gänzlichen oder doch teilweisen Erlass der Busse. Der schlagreife Wald habe der neueren Forstwirtschaft nicht entsprochen; die Tannen- und Fichtenbestände hätten den Borkenkäfer aufgewiesen, die Eichen seien
rissig gewesen. Der Kahlschlag sei nach dem Rate eines inzwischen verstorbenen Kreisoberförsters erfolgt, weshalb Meyer eine besondere Bewilligung als unnötig erachtet habe; der Bundesbeschluss vom 5. Oktober 1923 sei ihm entgangen. Der Schlag wäre zweifellos bewilligt worden. Hier erweise sich auch die Mindestbusse als Härte.

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Der Regierungsstatthalter von Fraubrunnen schreibt, eine allfällige Herabsetzung der Busse stehe der Begnadigungsbehörde frei, jedoch müsse in Betracht gezogen werden, dass Meyer in voller Kenntnis der Eechtslage gehandelt habe. Der Forstmeister des Mittellandes beantragt in längeren Ausführungen, die sich mit den Gesuchsanbringen auseinandersetzen, das Gesuch abzuweisen. Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. Der unerlaubte Kahlschlag im Halte von 400 m3 ist mit der Mindestbusse geahndet worden. Die Gesuchsanbringen werden, soweit sie wesentlich sein könnten, widerlegt und richtig gestellt durch die Vernehmlassung des Forstmeisters des Mittellandes. Der eidgenössische Oberforstinspektor ersucht dringend, angesichts der schweren Missachtung der forstpolizeilichen Vorschriften von einer Begnadigung abzusehen. Dass die Busse von Fr. 2000 «keinen Pappenstiel» bedeutet, ist dem Verfasser des Gesuches zuzugeben; das Gesuch selbst macht aber keineswegs geltend, die Busse könne nicht aufgebracht werden. Im übrigen ist die Abweisung des Gesuches namentlich deshalb notwendig, weil die Bewilligung des Kahlschlages ausgeschlossen war und die Behauptung der Gesetzesunkenntnis gänzlich unglaubwürdig ist. Die in einer derart schweren Strafsache nachgesuchte Begnadigung rnüsste über den Einzelfall hinauswirken; sie würde zur Gefahr für die Handhabimg des Gesetzes im allgemeinen, was sich nicht verantworten liesse.

20 2 (Fi s chereip olizei. ) Gemäss Bundesgesetz betreffend die Fischerei vom 21. Dezember 1888, in Verbindung mit der Spezialverordnung vom 17. April 1925 sind verurteilt worden : 20. Fritz N y f f e l e r , verurteilt am 16. Dezember 1927 vom Amtsgericht Bucheggberg-Kriegstetten zu Fr. 50 Busse.

Nyffeler reinigte im Auftrag seines Vaters, der Uhrmacher ist. einen Cyankaliumbehälter und schüttete den Eest des Inhalts in den Brunnenablauf. Dieser fliesst in den Dorfbach, dessen Fischbestand geschädigt wurde.

Für Nyffeler ersucht der Vater in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass von Busse und Kosten. Nyffeler habe weder die Flüssigkeit noch deren Wirkung gekannt. Der durch eine Augenkrankheit stark behinderte Sohn -sei lange arbeitslos gewesen. Der Vater sei ausserstande,
für Busse und Kosten aufzukommen.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen. Jagd und Fischerei beantragen Herabsetzung der Busse bis Fr. 20.

57 Wir b e a n t r a g e n Herabsetzung der Busse bis Fr. 10. Der gesundheitlich beeinträchtigte Zustand und die lange Verdienstlosigkeit des Bestraften erregen Mitleid. Der Fischenzenpächter ist entschädigt. Auf den Erlass der Kosten ist nicht einzutreten.

21. Max H a b e r t h ü r , verurteilt ani 27. April 1926 vom Amtsgericht Dorneck-Thierstein zu Fr. 50 Busse.

Haberthür hat wiederholt Stalljauche in den Dorfbach fHessen lassen.

Haberthür ersucht um Erlass von Busse und Kosten. Wie vor Gericht bestreitet er die Übertretung. Die Verurteilung beruhe auf Aussagen feindlich gesinnter Zeugen. Die Tilgung von Busse und Kosten sei ihm nicht möglich.

Er könne deren Entrichtung auch nicht der Mutter zumuten, indem der Ertrag der von ihr betriebenen Bäckerei bescheiden sei.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt in längerem Bericht Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung, was die Busse betrifft. Auf den Erlass der Kosten ist nicht einzutreten. Wie das kantonale Polizeidepartement betont, ist das Strafverfahren sorgfältig und sachlich durchgeführt worden. Nachdem der Verurteilte die Appellation an das kantonale Obergericht zurückgezogen hat.

geht es nicht an, Tatbestands- und Beweisfragen nunmehr im Begnadigungsweg zur Erörterung zu bringen. Ein Bussenerlass ist nicht angezeigt; denn es handelt sich um die wiederholte Verunreinigung eines Fischgewässers. Die persönlichen Verhältnisse Haberthürs lassen die Bezahlung der Busse ohne weiteres zu.

22 2 24 2 2

2 3 3 3 3 3

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36 3 3 3 4 4 4 4 4 (Jagdvergehen.)

Gestützt auf das Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz vom 10. Juni 1925 bzw. das frühere Bundesgesetz vom 21. Juni 1904 sind verurteilt worden: 22. Gottlieb Flückiger, verurteilt am 8. August 1927 vom Gerichtspräsidenten von Trachselwald gemäss Art. 40, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Mückiger hat drei junge Füchse, die ein anderer ausgegraben hatte, zum Ausstopfen behändigt und gefangen geheilten.

Elückiger ersucht in nicht selbstverfasster Eingabe um Erlass der Busse.

Er schildert die Umstände des Vorfalles; da die Tiere ihm ins Haus gebracht worden seien, habe er sein Verhalten als zulässig erachtet.

Der Gemeinderat von Büegsau befürwortet das Gesuch. Der Begierungsstatthalter von Trachselwald beantragt die teilweise Begnadigung. Die kantonale Forstdirektion beantragt Abweisung, die Polizeidirektion Herabsetzung bis Fr. 20.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 10. Flückiger war beim Einfangen der Füchse unbeteiligt. Die ihm zur Last fallende Gesetzesübertretung ist geringfügiger Art.

23. Gottfried B ahler, verurteilt am 26. Januar 1928 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gemäss Art. 48, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

Bähler hat sich einen Waldkauz zum Ausstopfen schenken lassen, obschon er wusste, dass der Vogel in Banngebiet geschossen war.

Bähler ersucht um Erlass oder doch Ermässigung der Busse. Er habe den Waldkauz in Unkenntnis der einschlägigen Gesetzesbestimmungen entgegengenommen. Die Entrichtung der hohen Busse sei ihm als Familienvater mit bescheidenem Verdienst sozusagen unmöglich.

Der Gerichtspräsident und der Begierungsstatthalter von Interlaken, die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Herabsetzung der Busse bis Fr. 50.

59 Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, .Jagd und Fischerei beantragen wir desgleichen Herabsetzung bis Fr. 50, da diese Mindesttmsse nach Art. 48, Abs. 2, in Verbindung mit Art. 39, Abs. 3, des Gesetzes, dessen Anwendung aus Rechtsirrtum unterblieben ist, vollauf genügt.

24 und 25. Arnold D alb er ti, verurteilt am 28. Januar 1928, Fritz Bohren, verurteilt am 30. Januar 1928, beide vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gernäss Art. 42 und 43, Ziff. 5, des Bundesgesetzes je zu Fr. 300 Busse.

Dalberti und Bohren haben auf ihrem Grund und Boden, der erste in der Nähe der Wohnung, der zweite von der Laube des Hauses, mit Floberts einen Eichelhäher abgeschossen, ohne dass die Vögel sie geschädigt hatten. Der Abschuss erfolgte in Banngebiet.

Dalberti ersucht um Brlass der Busse. Er habe auf den Häher nicht Jagd gemacht und gutgläubig gehandelt.

Bohren ersucht ebenfalls uni Erlass der Busse. Er habe in Unkenntnis des Gesetzes gehandelt. Ferner macht er ärmliche Familienverhältnisse geltend.

Der Gerichtspräsident und der Begierungsstatthalter von Interlaken beantragen in beiden Fällen Herabsetzung der Busse bis Fr. 20. Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen bei Dalberti Herabsetzung bis 50 Franken; bei Bohren beantragt die Forstdirektion Herabsetzung bis Fr. 100, die Polizeidirektion bis Fr. 20.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir iu den gleichgearteten Fällen Herabsetzung der Bussen bis je Fr. 50. Die Anwendung der strengen Strafbestimmung wegen Jagens im Bannbezirk wird hier zur Härte. Immerhin liegt ein unerlaubter Abschuss vor, ferner wurden Floberts verwendet, die verboten sind.

26. Robert Erb, verurteilt am 25. Januar 1928 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gemäss den Art. 40, Abs. 3; 43, Ziff. 5; 50 des Bundesgesetzes zu Fr. 105 Busse.

Erb schoss mit einem Flobert ein Wiesel und einen Häher, ferner erstand er von einem Präparator einen Turmfalken und einen Kauz.

Erb ersucht, ihm wenn möglich einen Teil der Busse zu erlassen.

Der Gerichtspräsident und der Begieruugsstatthalter von Interlaken beantragen Herabsetzung der Busse bis Fr. 50, die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen bis Fr. 75.

Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei weist darauf hin, dass das kurz gehaltene Gesuch
für die Begnadigung keinen Grund geltend mache. Für den Gesuchsteller spreche, dass er sofort gestanden habe und ohne Vorstrafe sei. Für den Fall, dass die Begnadigungsbehörde trotz dem Fehlen einer Gesuchsbegründimg eine Bussenermässigung als angezeigt erachte, wird Herabsetzung bis Fr. 75 beantragt.

Wir b e a n t r a g e n Abweisung, in Erwägung, dass Erb laut Strafanzeige zugestandenermassen in den Jahren 1926/27 des öftern Eichhörnchen und Vögel

60 gejagt hat. Besondere Kommiserationsgründe macht der Gesuchsteller, der ledig ist, nicht geltend.

27--29. Arnold Schmid, Traugott Sommerhalder, Adolf Plüss, verurteilt am 14. Juni 1927 vom Bezirksgericht Kulm gernäss Art. 43, Abs. 3, des Bundesgesetzes,, zum Teil in Verbindung mit kantonalem Jagdrecht,. Schmid zu Fr. 100, Sommerhalder zu Fr. 110, Plüss zu Fr. 120 Busse; mit Entscheid des Obergerichts vom 23. September 1927 ist die Busse Schrnids auf Fr. 200 erhöht worden.

Schmid, Sommerhalder und Plüss haben an einem Novembersonntag des Jahres 1926 vor einem Fuchsbau eine Eeiswelle angezündet, um einen vermeintlich vorhandenen Fuchs auszuräuchern.

In der gemeinsamen, von einem Anwalt verfassten Eingabe wird um Erlass der Bussen ersucht. Die hohen Beträge seien bei der Harmlosigkeit des Vorfalles durchaus unangebracht. Schmid sei Jagdpächter, Sommerhalder besitze eine Jagdkarte, und .Plüss habe sie bei dem Reviergang begleitet.

Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt bei Schmid Herabsetzung der Busse bis Fr. 120, bei Sommerhalder und Plüss bis je Fr. 60.

Wir b e a n t r a g e n bei Schmid Herabsetzung der Busse bis Fr. 120, bei Sommerhalder und Plüss bis je Fr. 30. Die teilweise Begnadigung Schmids empfiehlt das kantonale Obergericht bereits in den Urteilserwägungen. Die Busse dieses Gesuchstellers musste verdoppelt werden in Folge einer Vorstrafe von 1922 wegen Abschiessens von Krähen. Bei der Harmlosigkeit dieser ersten Jagdübertretung erweist sich die Verdoppelung der Busse als übermässig scharfe Massnahme. Die teilweise Begnadigung ist angezeigt, jedoch muss hierbei die Eeihe anderweitiger Bässen, die Schmid belasten, beachtet werden.

Bei Sommerhalder und Plüss kann namentlich die geringfügige Betätigung Berücksichtigung finden, indem Schmid offensichtlich der Hauptbeteiligte war.

Sämtlichen darf zugute kommen, dass das Ausräuchern des Fuchses, nach den Umständen des Vorkommnisses, als Vergehen leichterer Art zu bezeichnen ist.

30. Alcide Tschann, verurteilt am 22. Dezember 1927 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut gemäss Art. 43, Ziff. 2, Abs. l, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

Tschann hat in einer Kastenfalle einen Fuchs gefangen.

Für Tschann stellt ein Anwalt das Gesuch um Erlass der Busse. Er betont die schweren Familienlasten Tschanns,
dessen geschwächten Gesundheitszustand und die daherige Unregelmässigkeit. des Verdienstes. Tschann, der gut beleumdet sei, habe das Fallenstellen aus Not betrieben.

Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürwortet den teilweisen Bussenerlass. Die kantonale Forstdirektion kann in den. Bussenerlass nicht einwilligen, es sei denn, dass die ärmlichen Verhältnisse in den Vordergrund gestellt würden. Die kantonale Polizeidirektion beantragt Ermässigung bis Fr. 100.

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Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Ermässigung der Busse bis Fr. 100, unter Zubilligung erträglicher Teilzahlungen. Die Gesuchsanbringen legen die teilweise Begnadigung nahe.

31. Max Castella, verurteilt am 15. Juli 1927 vom Gerichtspräsidenten von Greyerz gemäss den Art. 42. 44 und 56 des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

Castella und ein anderer haben sich mit einer verbotenen Jagdwaffe in Banngebiet begeben. Beim Manipulieren ging ein Schrotschuss los, der Castella in die Beine traf, so dass er in ärztliche Behandlung verbracht werden musste.

Castella ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Busse.

Er schildert das Vorkommnis und betont, der Unfall, der ihn betroffen habe, hange keineswegs mit einem Jagdvergehen zusammen. Die Absicht des Jagdfrevels habe nicht bestanden. Banngebiet komme in Wirklichkeit nicht in Betracht.

Der Gemeindepräsident von Greyerz befürwortet den gänzlichen oder teilweisen Erlass der Busse, der Oberamtmann Herabsetzung bis Fr. 50 oder Fr. 30. Das kantonale Polizeidepartement beantragt den Erlass oder weitgehende Ermässigung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Herabsetzung bis Fr. 100. Es darf nicht ausser acht gelassen werden, dass Castella schon im Jahr 1926 wegen Wilderns mit Fr. 140 gebüsst worden ist. Im vorliegenden Fall hat er sich mit einer verbotenen Jagdwaffe abgegeben. Im übrigen liegen Begnadigungsgründe vor, namentlich kann die erlittene Verletzung einigermassen berücksichtigt werden.

32. Otto A f f o l t e r , verurteilt am 16. September 1927 vom Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern gemäss Art. 45 des Bundesgesetzes zu 20 Franken Busse.

Der Hund Affolters jagte einen Hasen und tötete ihn.

Affolter ersucht um Erlass der Busse, da ihn nach den Umständen des Vorfalles, der sich beim Mähen zugetragen habe, kein Verschulden treffe. Ein Gesuch um Erlass des Schadenersatzes sei bei der Kantonsregierung anhängig.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. Da die Mindestbusse gesprochen worden ist und ärmliche Verhältnisse nicht in Betracht kommen, mag es bei der Strafverfügung, der sich Affolter unterzogen
hat, sein Bewenden haben 33. Adalbert D i t z l e r , verurteilt am 6. Oktober 1927 vom Amtsgericht Dorneck-Thierstein gemäss Art. 40, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Ditzler hat des Nachts, als er in einem Bebberg Flurwache stand, einen von seinem Wolfshund aufgestöberten Dachs totgeschlagen.

Bundesblatt. 80. Jahrg. Bd. H.

6

62 Ditzler ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Busso.

Die Flurwache sei eine Einrichtung der Eebbesitzer mit dem Zweck, die zahllosen Dachse des Nachts von den Eebbergen fernzuhalten. Er habe im Interesse der Eebbesitzer gehandelt.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen. Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. Wie im Begnadigungsgesuch gesagt wird, ist ein Gesuch der Eebgenossenschaft um Abschussbewilhgung von der zuständigen Kantonsbehörde abgewiesen worden. Ditzler hat die Eechtslage gekannt.

Er wird als Wilderer bezeichnet. Sein Leumund ist nicht einwandfrei, namentlich ist er mehrfach vorbestraft.

34 und 35. Christian H a d o r n und Gottfried Burri, verurteilt am 22. Dezember 1927 vom Gerichtspräsidenten von Thun gemäss Art. 39, Abs. 3, des Bundesgesetzes je zu Fr. 50 Busse.

Hadorn und Burri sind im Walde der Fuchsjagd obgelegen.

Beide ersuchen in gemeinsamer Eingabe um Erlass der Bussen. Der gejagte, nicht erlegte Euchs habe Hadorn durch seine Eäubereien in den letzten Jahren um mehr als Fr. 60 geschädigt. Die Bussen seien ungerecht.

Der Gemeinderat von Horrenbach-Buchen befürwortet die Begnadigung; statt Strafe sollte für jeden erlegten Fuchs eine Prämie eintreten. Der Begierungsstatthalter empfiehlt das Gesuch ebenfalls. Die kantonalen Porst- und Polizeidirektionen beantragen Ermässigung der Bussen um Fr. 10.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Abweisung. Der Abschuss von Eaubwild ist dem Grundeigenttimer innerhalb der Marken seines Bodens, jedoch nur ausserhalb von Waldungen gestattet. Bei dieser, den Gesuchstellern gewiss bekannten Eechtslage kann es bei der Mindestbusse sein Bewenden haben. Burri ist zudem nicht geschädigt worden.

36. Ernst Wyttenbach, verurteilt am lo. Februar 1928 vom Gerichtspräsidenten von Thun i. V. gemäss Art. 40. Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Wyttenbach hat ausserhalb der vaterlichen Liegenschaft einen Marder gejagt.

Wj ttenbach ersucht um Erlass oder doch Herabsetzung der Busse. Der verfolgte Marder habe ihm vier Hühner getötet.

Der Gemeinderat von Teuffenthal und der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch. Die kantonale Forstdirektion beantragt Abweisung,
die Polizeidirektion Herabsetzung der Busse bis Fr. 25.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir aus ähnlichen Erwägungen wie in den Fallen Hadorn und Burri, das Gesuch abzuweisen. Die kantonale Forstdirektion betont, dass dem Grundeigentiimer die Verfolgung von Eaubwild weitgehend gestattet sei.

Der Oberforstinspektor bemerkt, die Schranken des Selbsthilferechts des Land-

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wirtes müssten beachtet werden, sonst sei dem Jagdfrevel Tür und Tor geöffnet.

37. Theodor Kamber, verurteilt am 28. Februar 1928 vom Amtsgericht Balsthal gemäss Art. 39, zweitletzter Absatz, und Art. 40, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 70 Busse.

Kamber ist verurteilt worden, weil er zwei Wildtauben abgeschossen und ausserdem in einer Dezembernacht gewildert habe.

Kamber ersucht um Erlass der Busse. Wie im Strafverfahren macht er geltend, der Abschuss der Wildtauben beruhe auf einem Missgeschick, indem die Schrotschüsse Krähen und Eichelhähern gegolten hätten, wofür eine Abschussbewilligung vorgelegen habe. Die Anzeige wegen angeblichen Wilderns sei unwahr. Die "Vorzeigung erweise sich als Bacheakt.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. Der Gesuchsdarstellung ist von vorneherein entgegenzuhalten, dass jedenfalls eine der Wildtauben zu einer Zeit abgeschossen wurde, da keinerlei Abschussbewilligung vorlag. Triftige Begnadigungsgründe fehlen.

38. Friedrich Isch, verurteilt am 5. Januar 1928 vom Gerichtspräsidenten von Fraubrunnen gemäss Art. 40, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Isch hat mit zwei andern versucht, einen Fuchs auszugraben. Isch stellte seinen Jagdhund zur Verfügung, ferner beteiligte er sich an den stundenlangen Grabarbeiten.

Isch ersucht um Erlass der Busse. Das Ausgraben des Fuchses habe er, in Unkenntnis der Bestimmungen des jetzigen Bundesgesetzes, für erlaubt gehalten. Andernfalls hätte er sich zu dieser Sache nicht hergegeben. Die Busse treffe ihn in seiner Jägerehre.

Der Gerichtspräsident, zugleich Begierungsstatthalter von Fraubrunnen befürwortet den Erlass oder doch die Ermässigung der Busse bis Fr. 10. Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. Der Einwand der Gesetzesunkenntnis kann von einem Jäger nicht angenommen werden. Übrigens war die Verfolgung eines Fuchses ausserhalb der Jagdzeit auch nach dem vormaligen Bundesgesetz strafbar. Die Mindestbusse sollte hier bestehen bleiben.

39. Eduard Gort, verurteilt am 22. Oktober 1925 von der Gerichtskommission Sargans gemäss Art. 21, Ziff. 4, lit. &, und Ziff. 5,
lit. c, des Bundesgesetzes von 1904 zu Fr. 70 Busse.

Gort und ein Bruder haben eine Gemse geschossen und behändigt.

Für Gort Eduard ersucht der Vater um Erlass der Busse. In Wirklichkeit seien die beiden Söhne an dem Vorkommnis völlig unbeteiligt gewesen und die Bussen zu Unrecht ergangen. Der Verfasser des Gesuches äussert sich ein-

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lässlich zu den Vorgängen und zum Eapport des Wildhüters, dessen Inhalt unerwiesen sei. Die Busse des Bruders und die Hälfte der Kosten, insgesamt Fr. 84.10, seien bezahlt worden.

Das Justizdepartement des Kantons St. Gallen beantragt, die Busse um die Hälfte zu ermässigen, da die Familie Gort sich in ungunstigen Verhältnissen befinde.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Abweisung. Das urteilende Gericht hat die für die Täterschaft der beiden Gort sprechenden Indizien als zwingend erachtet. Die Begnadigungsbehörde soll sich nachträglich auf die Täterschafts- und Beweisfragen nicht einlassen. Die Busse ist mild ausgefallen, und der Umstand, dass sie nach mehr als zwei Jahren noch gänzlich unbezahlt ist, spricht für eine geradezu auffällige Langmut der Vollzugsbehörde, um so mehr, da Art. 8 des Bundesstrafrechtes betreffend Bussenumwandlung im Urteilsdispositiv ausdrücklich genannt ist.

40. Erwin Häberli, verurteilt am 11. Mai 1927 von der Rekurskomraission des Obergerichts des Kantons Thurgau, in Bestätigung des Bussenerkenntnisses des Bezirkamtes und des Urteils der bezirksgerichtlichen Kommission Kreuzungen, gemäss Art. 43, Ziff. 5, des Bundesgesetzes zu Fr. 200 Busse. Die Kassationsbeschwerde des Verurteilten hat das Bundesgericht am 26. September 1927 abgewiesen.

Der Entscheid der Eekurskommission des kantonalen Obergerichts ergibt, dass Häberli A erurteilt worden ist, weil er bei Verfolgung einer Eehgeiss ein Flobertgewehr versteckt auf sich getragen hat.

Häberli stellt durch seinen Anwalt das Gesuch um gänzlichen oder doch teilweisen Erlass der Busse. Hierzu wird in längeren Ausführungen, auf die wir verweisen, neuerdings darzutun versucht, die Verurteilung Häberlis beruhe auf reinen Verdachtsmomenten; der Gesuchsteller sei in Wirklichkeit unschuldig.

Weiterhin wird erklärt, im Jagdpolizeiwesen, das den freiheitlichen Geist des Volkes berühre, gehöre es ganz besonders zur Aufgabe der Begnadigungsbehörde, allzu strenge Urteile zu mildern. In persönlicher Hinsicht sei Häberli einer Begnadigung nicht unwürdig.

Das Bezirksamt Kreuzungen und das Justizdepartement des Kantons Thurgau beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung. Das Gesuch
erweist sich im wesentlichen als Neuauflage früherer Verteidigungsanbringen, die nunmehr einigermassen für den Begnadigungsweg zugeschnitten sind. Mit Tat- und Beweisfragen hat sich jedoch die Begnadigungsbehörde in der Eegel nicht zu befassen.

Im Falle Häberli kann dies um so eher unterbleiben, als ein Urteil des' Bundesgerichtes vorliegt; denn dieses schafft mindestens darüber Gewissheit, dass der Kassationsklàger die Beweis- und Indizienwürdigung der Vorinstanz weder als aktenwidrig noch als willkürlich dartun konnte. Im übrigen darf, nach der

65 ganzen Lage des Falles, für die Schlussnahme der Begnadigungsbehörde der Auszug aus dem schweizerischen Zentralstrafenregister wegleitend sein. Er belastet Häberli dermassen, dass eine Begnadigung geradezu merkwürdig wäre, um so mehr, als die Entrichtung der Busse dem Gesuchsteller keineswegs schwer fällt. Die Gesuchseinreichung wäre besser unterblieben.

41. Albert Z u b e r , verurteilt am 17. Februar 1927 vom Gerichtspräsidenten von Prnntrut gemkss Art. 43, Ziff. 2. des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

Zuber ist mit einem andern beim Fallenstellen auf Baubwild im Wald ertappt worden.

Zuber ersucht um Erlass der Busse. Er behauptet, die Fallen einzig auf sich getragen zu haben, um sie einem andern zu überbringen, und bestreitet das Fallenstellen. Als Familiem ater mit bescheidenem "Verdienst könne er die Busse nicht aufbringen. Bei Vollzug der Umwandlungsstrafe falle die Familie der Armenpflege zur Last. Er sei ohne Vorstrafe und ein rechtschaffener Burger.

Der Genieinderat von Alle bestätigt die Gesuchsanbringen und befürwortet das Gesuch. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes schreibt, da der Mitverurteilte die Unnvandlungsstrafe bereits verbusst habe, wäre die gänzliche Begnadigung Zubers unbillig. Die kantonale Forstdirektion beantragt Abweisung, die Polizeidirektion Herabsetzung der Busse um die Hälftp, Die eidgenossische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Abweisung. Sie nimmt ebenfalls Bezug auf die im einen Falle vollzogene Umwandlungsstrafe mit dem Beifugen, gegen Fallensteller sei Strenge am Platze, ganz besonders in Gegenden, wo diese tierqualerische Art des Wilderns öfters betrieben werde.

Wir b e a n t r a g e n Abweisung zurzeit. Bevor über die Frage der teilweisen Begnadigung entschieden wird, soll mindestens die Hälfte der Busse entrichtet sein. Dem gutbeleumdeten Gesuchsteller können erträgliche Teilzahlungen zugebilligt werden.

42. Eobert Öhrli, verurteilt am 11. Juli 1927 vom Gerichtspräsidenten von Obersimmenthal gemäss den Art. 42, 48, Ziff. 5, und 44 des Bundesgesetzes zu Fr. 400 Busse.

Öhrli hat einen Bannbezirk mit einer zerlegbaren Schusswaffe von unzulässigem Kaliber betreten und diese dort aufbewahrt, ferner hat er im Bannbezirk gejagt. Ausserdem hat er einem Dritten eine zusammenlegbare Feuerwaffe verkauft.

Öhrli ersucht in nicht
selbst verfasster Eingabe um Erlass der Busse.

Bei den schweren Familienlasten und dem unbeständigen Erwerb aus einer Sommerwirtschaft sei die Busse für den Gesuchsteller unerschwinglich. Auch der Vollzug der Umwandlungsstrafe wäre für die Familie von den schlimmsten Folgen. Der Gesuchsteller habe die W T affe bloss auf den Arbeitsplatz genommen,

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ohne aber ein Wild zu erlegen oder überhaupt den Arbeitsplatz zum Jagen zu verlassen. Öhrli sei ohne Vorstrafe.

Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes Obersimmenthal und die kantonale Polizeidirektion beantragen die teilweise Begnadigung, die kantonale Porstdirektion und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei die Abweisung des Gesuches.

Wir beantragen Abweisung zurzeit. Frevler, die ihre Jagdwaffe in einer Alphütte versteckt halten und sie jeweils auf den Arbeitsplatz mitnehmen, gehören in Banngebiet zu den schlimmsten Feinden des Wildes. Bevor über die Frage der teilweisen Begnadigung entschieden wird, sollte mindestens die Hälfte der Busse bezahlt sein. Bei den nachgewiesenen Familienlasten und ungünstigen Verhältnissen können dem Gesuchsteller, der einzig wegen Vergehen gegen die Wirtschaftspolizei mit geringen Bussen vorbestraft ist, erträgliche Teilzahlungen zugebilligt werden.

43. Eobert Minnig, verurteilt am 16. September 1927 vom Gerichtspräsidenten von Niedersimmenthal gemäss den Art. 40, Abs. l, und 43, Ziff. 5 und 6, zu Fr. 400 Busse.

Minnig ist der Hochwildjagd obgelegen, wobei er einen Schraubenstutzer mit Schalldämpfer verwendete.

Minnig ersucht um Herabsetzung der Busse um die Hälfte. Die Bezahlung des ganzen Bussenbetrages sei ihm bei seinen Familienlasten unmöglich, und der Vollzug der Umwandlungsstrafe würde die Familie in allen Teilen in Bückstand bringen.

Der Gemeinderat von Wimmis befürwortet das Gesuch.

Der Vorstand des Jagdvereins Kander und Simme spricht sich mit bemerkenswerten Ausführungen gegen jedwede Begnadigung aus.

Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung. Eine Begnadigung des wegen Jagens im Bannbezirk vorbestraften Gesuchstellers ist nicht am Platze, um so weniger, als dies auch die Erwerbsverhältnisse in Wirklichkeit nicht besonders nahe legen. Minnig erscheint als Gewohnheitswilderer schlimmster Art, der als solcher in der Talschaft bekannt ist.

44. JakobBüsser, verurteilt am 30. Juni 1927 von der Gerichtskonmiission Gaster gemäss Art. 39, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 500 Busse. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Verurteilten hat die
Bekurskommission des Kantons gerichts St. Gallen am 16. November 1927 abgewiesen.

Bùsser ist wegen Abschiessens zweier Behkitzen verurteilt worden.

Büsser stellt durch seinen Anwalt das Gesuch um gänzlichen oder doch teilweisen Erlass der Busse. Den Urteilen gegenüber wird daran festgehalten, dass Büsser nicht der Täter gewesen sei. Bei dem geringen Verdienst, den schweren Familienlasten, den hohen Gerichtskosten sei die Entrichtung der

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Busse unmöglich, ohne die Familie dem Ruin auszusetzen. Der Gesnchsteller sei ein stiller, friedliebender Mann.

Der Gemeinderat Eieden und das Bezirksamt Gaster empfehlen das Gesuch. Die kantonale Staatsanwaltschaft beantragt Ermässigung der Busse um zwei Drittel. Das kantonale Justizdepartement, das sich eingehend äussert, kann das Gesuch nicht empfehlen; falls Begnadigung erfolgen solle, dürfe keinesfalls mehr als Fr. 200 erlassen werden, nm nicht gegen das Eechtsempfinden und den guten Ordnungssinn von Volk und Behörden zu verstossen.

Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Abweisung.

Wir b e a n t r a g e n Abweisung zurzeit. Der Verfasser des Gesuches ist sich bewusst. dass es nicht Sache der Begnadigungsbehörde sein kann, hier neuerdings auf die Schuldfrage einzutreten; aus den Akten ergibt sich in der Tat, dass die Beweisfragen eingehend erörtert worden sind. Über den Gesuchsteller selbst äussert sich das kantonale Justizdepartement in Ausführungen, die für die Begnadigungsbehörde wegleiteiid sein können. Wir beziehen uns auf diesen Bericht, namentlich die mitgeteilten zwei Vorstrafen und ein mangels Beweises eingestelltes Verfahren von 1922. Büsser erscheint als Wilderer schlimmster Art. In solchen Fällen kann eine Begnadigung, ohne dass erhebliche Teilzahlungen vorliegen, von vorneherein nicht befürwortet werden.

Dagegen soll den persönlichen Verhältnissen des Gesuchstellers durch weitgehende Zubilligung erträglicher Teilzahlungen Rechnung getragen werden, auch mag er nach Entrichtung von Fr. 300 zu gegebener Zeit ein Gesuch um Erlass der Restbusse stellen.

45.

burg), 46 47 4 49 5 5 58 53 5 5 5 57 58

68

59 60 61 6 6 6 66 6 7 7 7 7 74 75 7 7 7 79 8 8 8 8 8 (Militärpf lichtersatz.)

Gemäss Ergänzungsgesetz vom 29. März 1901 über den Militärpflichtersatz sind wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes verurteilt worden: 45. Walter H o f e r , verurteilt am 10. Dezember 1927 vom Tribunal de Police von Boudry zu 5 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 73. 50 für 1927 betreffend.

Hofer, der den Militarpflichtersatz am Tage der Hauptverhandhing entrichtet hat, ersucht um Erlass oder Umwandlung der Haftstrafe in Busse.

Die Selbsteinschätzung sei infolge mehrmonatlicher, geschäftlicher Abwesen-

69 heit unterblieben. Gegen die amtliche Einschätzung habe er rekurriert und die Zahlung in der Folge aufgeschoben, um zunächst den Eekursentscheid abzuwarten. Da ihn sein Anwalt über die Eekursabweisung nicht rechtzeitig benachrichtigt habe, sei er in das Strafverfahren verwickelt worden. Die Verurteilung lasse ihm keine ruhige Stunde: der Strafvollzug gefährde seine Anstellung, für die er seit Jahren die ganze Arbeitskraft aufwende.

Der eingehende Polizeibericht bestätigt die Darstellung Hofers und stellt ihm ein ausserordentlich gunstiges Zeugnis aus. Der Préfet von Boudry bemerkt, Hofer habe die Folgen der Zahlungsunterlassung kennen müssen.

Das kantonale Justizdepartement befürwortet das Gesuch.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den ganzlichen Erlass der Haftstrafe. Die Bemühungen Hofers zeigen, dass er der Ersatzpflicht nicht gleichgültig gegenüberstand. Die Mahnungen betrachtete er irrtümlich als verfrüht. In persönlicher Hinsicht ist Hofer der Begnadigung durchaus würdig.

46. Eduard Schnyder, verurteilt am 30. ilärz 1927 vom Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern zu 8 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Pfund 10/17/16 für 1915/1925 betreffend.

Schnyder ersucht von Stowrnarket (England) aus, wo er seit zwölf Jahren im gleichen Unternehmen als Giesser tatig ist. um Erlass der Gefängnisstrafe.

Hierzu macht er schwierige Familienverhältnisse, Ausgaben infolge von Krankheiten und Lohnausfall wegen allgemeinen Streiks geltend. Mit Hilfe von Freunden sei die Steuerschuld dermalen getilgt, das Jahr 1926 Inbegriffen.

Die schweizerische Gesandtschaft in London befürwortet das Gesuch, und das Polizeidepartement Solothurn beantragt die gänzliche Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung berücksichtigen wir die besonderen Verhältnisse des Falles und ziehen insbesondere in Erwägung, dass der seit mehr als einem Jahrzehnt im Ausland lebende Mitbürger dermalen seine Steuerschuld gänzlich beglichen hat. Die erste Teilzahlung und die Verpflichtung zu weiteren Zahlungen erfolgten zudem bevor die Verurteilung ausgesprochen war.

Wir b e a n t r a g e n den gänzlichen Erlass der Gefängnisstrafe.

47. Fritz Geng, verurteilt am 30. November 1927 vom Kreisgericht s ausschuss Brusio zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Mark 52. 20 für 1925/26
betreffend.

Geng, der nachträglich bezahlt hat, ersucht von Berlin aus um Erlass der Haftstrafe. Die Mitteilungen des Konsulates hätten ihn nicht erreicht. Die Haftstrafe bereite ihm Passchwierigkeiten.

Das urteilende Gericht und die schweizerische Gesandtschaft befürworten die Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung berücksichtigen wir die besonderen Umstände des Falles und ziehen insbesondere in Erwägung, dass die

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Begnadigung allenfalls die drohende Ausweisung des Gesuchstellers aus Deutschland verhindern kann.

Wir beantragen den gänzlichen Erlass der Haftstrafe.

48. Leo Gersbach, verurteilt ani 10. Dezember 1924 vom Bezirksgericht Bheinfelden zu 6 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Schweizerfranken 36 und französischen Franken 234 für 1917, 1920/1923 betreffend.

Gersbach ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Gefängnisstrafe. Hierzu verweist er auf seinen Aufenthalt im Elsass und die dortigen Erlebnisse während der Jahre 1919--1927, die Bückkehr in die Schweiz und die seitherige Begleichung der geschuldeten Beträge, ferner auf seine dermalige Stelle als Vorarbeiter in einem Baugeschäft, die der Vollzug der zurückliegenden Strafe gefährde. Weiterhin macht er ein schweres Leiden geltend.

Der Polizeibericht lautet sehr günstig. Der Sektionschef von Muttenz befürwortet die Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir in Würdigung der Gesuchsanbringen den gänzlichen Erlass der Gefängnisstrafe. Gleichgültigkeit liegt zwar vor, jedoch wäre der Vollzug der Strafe von 1924 dermalen eine Härte; denn es muss gesagt werden, dass Gersbach die während seines Auslandaufenthaltes an den Tag gelegte Nachlässigkeit seither durch nahezu völlige Begleichung der geschuldeten Beträge, das Jahr 1927 Inbegriffen, wieder gutzumachen suchte. Die persönlichen Verhältnisse des Gesuchsteller& legen die Begnadigung nahe.

49. Ernst Wyss, verurteilt am 29. November 1927 vom Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 27. 10, Bestschuld, für 1916/1919 betreffend.

Wyss ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Die Bestschuld sei vor dem Urteilstermin bezahlt worden. Die ISahlungsverspätung beruhe nicht auf Nachlässigkeit: ihr Grund sei die allgemeine Verschuldung infolge von Arbeitslosigkeit. Der Strafvollzug gefährde die endlich erlangte Anstellung.

Der Polizeibericht von Genf lautet günstig. Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt die Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den gänzlichen Erlass der Gefängnisstrafe. Nachlässigkeit liegt zwar vor, und die Verurteilung ist durchaus verständlich. Anderseits war Wyss, der sich in den Jahren 1916/1919 und 1920/1924 in
Frankreich aufhielt, seit dem Stellenantritt in Genf bemüht, seine Verhältnisse zu ordnen, auch mag, um der Gefährdung seiner Anstellung durch den Strafvollzug vorzubeugen, namentlich berücksichtigt werden, dass der 1887 geborene Gesuchsteller heute nicht mehr ersatzpflichtig ist. Irn übrigen beziehen wir uns auf den Bericht der Steuerverwaltung.

50. Edwin Kummer, verurteilt am 18. Februar 1928 vom Amtsgerichtsstatthaiter von Ölten-Gösgen zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 21. 60 für 1927 betreffend.

71 Kummer ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Nach beinahe zwanzigjährigem Aufenthalt in England sei er mit seiner Familie mittellos in die Heimat zurückgekehrt und noch heute unterstützungsbedürftig.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn befürwortet die Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den gänzlichen Erlass der Gefängnisstrafe. Die Gesuchsanbringen sind richtig. Den Kantonsbehörden ist empfohlen worden, Kummer die rückständigen Ersatzbeträge zu erlassen.

51. Adolphe V o i s a r d , verurteilt am 17. Oktober 1927 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr 31. 60, Bestschuld, für 1927 betreffend.

Voisard ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er auf längere Arbeitslosigkeit, zu hohe Taxation und fünf Teilzahlungen vor dem Urteilstermin verweist. Er betont die Bereitwilligkeit, seiner Bürgerpflicht nach Möglichkeit zu entsprechen.

Das im summarischen Verfahren ergangene Gerichtsurteil enthält keine Erwägungsgründe. Der Gemeinderat von Pruntrut bestätigt die Gesuchsanbringen und stellt Voisard ein vorzügliches Leumundszeugnis aus. Das Kantonskriegskommissariat beantragt Abweisung, die kantonale Polizeidirektion die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir den gänzlichen Erlass der Haftstrafe. Die von der Steuerverwaltung über Voisard beschaffte, einlässliche Berichterstattung des Sektionschefs lautet für den Gesuchsteller derart günstig, dass der Strafvollzug nicht verantwortet werden kann. Voisard ist ein rechtschaffener Mann, der seinen Pflichten möglichst nachzukommen trachtet.

Die Bundesanwaltschaft bemerkt zum Urteil des Gerichtspräsidenten von Pruntrut, es falle auf, dass sich Voisard dem Eventualurteil ausdrücklich unterzogen habe, wogegen er im Begnadigungsweg ein Verschulden mit Gesuchsanbringen bestreite, die erwiesen und für die Würdigung des Falles wesentlich seien. Die Frage, ob der Eichter t r o t z diesen Anbringen verurteilt habe, lasse sich leider aus den Akten namentlich wegen Fehlens von Urteilserwägungen nicht beantworten. Die Frage bleibe mithin offen, was aber nicht hindern könne, die Begnadigung des Gesuchstellers zu empfehlen. Die Gesuchseinreichung sei hier sehr verständlich und die Gefahr, dass der Begnadigungweg missbraucht werde,
um ein Urteil in seinen Folgen leichthin aufzuheben, bestehe in diesem Falle keineswegs.

52. Armand Chassot, verurteilt vom Gerichtspräsidenten von Neuenburg wie folgt: am 7. September 1925 zu 10 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 138. 50, Bestschuld, für 1919/1924betreffend; am 22. Juli 1926 zu 8 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 72 für 1925 betreffend; am

72 4. Oktober 1927 zu 5 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 2l. 70, Restschuld, für 1926 betreffend.

Chassot ersucht um Erlass der am 4. Oktober 1927 erkannten Haftstrafe von 5 Tagen. Er verweist namentlich auf die Zahlungen von über Fr. 200, die für seinen guten Willen sprächen; die Verbüssung der Haftstrafe, die sich auf eine (seither bezahlte) Bestschuld beziehe, wäre demgegenüber eine Härte.

Die Angelegenheit hat in der Folge zu einem mehrfachen Schriftenwechsel zwischen den Bundes- und Kantonsbehörden geführt. Dermalen beantragen der Sektionschef und der Préfet von Neuenburg die Begnadigung. Das kantonale Justizdepartement erklärt, sich dem Erlass der Haftstrafe nicht zu widersetzen.

Die eidgenössische Steuerverwaltung äussert sich über den ganzen Fall, d. h. über die Ersatzpflicht des Chassot während der Jahre 1916/1926, in einlässlicher Weise und schliesst sich den Anträgen der Kantonsbehörden an. Auf die Ausführungen der Steuerverwaltung, die den Verfahrensmängeln der sonderbaren Angelegenheit näher tritt, wird ausdrücklich Bezug genommen.

Zusammenfassend ergibt sich, dass Chassot wegen geleisteten Aktivdienstes von über 250 Tagen nur zur Hälfte des Pflichtersatzes heranzuziehen ist, was in jedem Stadium des Verfahrens von Amtes wegen berücksichtigt werden muss. Dies ist hier unterblieben, weshalb sich letzten Endes ergibt, dass Chassot nicht bloss die in Wirklichkeit geschuldeten Fr. 164.25 entrichtet hat, sondern darüber hinaus noch Fr. 48, die ihm nunmehr an die inskünftigen Ersatzforderungen gutgeschrieben sind.

Bei dieser Sachlage, sowie in Würdigung der offenkundigen, ander« eitigen Verfahrensmängel (Verfolgungsverjährung, unzulässige Wiederholung von Strafverfahren, Fehlen der Voraussetzungen zur Überweisung), ist eine umfassende Schlussnahme der Begnadigungsbehörde angemessen. Ohne in Einzelheiten einzutreten, bemerken wir lediglich noch, dass Chassot, obschon ihn der Vorwurf der Nachlässigkeit belastet, in persönlicher Beziehung einer Begnadigung nicht unwürdig ist.

Wir b e a n t r a g e n , Chassot nicht bloss die Haftstrafe von 5 Tagen gänzlich zu erlassen, sondern ebenso die früheren Haftstrafen von 10 und 8 Tagen.

Die Feststellung, dass die Kantonsbehörden diese Strafen bis anhin nicht vollzogen haben, ist in Zusammenhang zu bringen mit den anderweitigen Umständen
des Falles, insbesondere der nachgewiesenen misslichen Lage, den Familienlasten und dem vorhandenen Zahlungswillen des Ersatzpflichtigen.

53. Albert Wolf, verurteilt am 27. Dezember 1927 vom Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern zu 8 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 60. 60 für 1924/25 betreffend.

Dem Gesuch um Erlass der Gefängnisstrafe gegenüber stimmen das Polizeidepartement des Kantons Solothurn, die eidgenössische Steuerverwaltung und die Bundesanwaltschaft darin überein, dass der Strafvollzug unterbleiben sollte, weil das Strafverfahren nicht gerechtfertigt werden kann.

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Eb besteht kein Zweifel darüber, dass Wolf, als er hinsichtlich der zurückliegenden Beträge, die die Zeit seines Auslandsaufenthaltes betrafen, nachträglich im Inland die Mahnungen erhielt, in diesem Zeitpunkt seit Monaten stellen- und arbeitslos war. Bei dieser Sachlage, die Wolf den Militärverwaltungsbehörden zur Kenntnis gebracht haben will, hätte bereits die Anhebung des Strafverfahrens unterbleiben sollen; denn strafbar ist einzig die schuldh a f t e Nichteiitrichtung des Müitärpflichtersatzes, ungeachtet zweimaliger M a h n u n g , was voraussetzt, dass der Ersatzpflichtige bis zur Zahlungsfrist, die in der zweiten Mahnung festgesetzt wird, zu bezahlen vermag. Dies traf bei Wolf ganz offenbar nicht zu (hierzu BGE 51, I, Nr. 46. S. 343; SJZ 24, S. 268, Nr. 239).

Wir b e a n t r a g e n den gänzlichen Erlass der Haftstrafe, in der Meinung, es könne davon abgesehen werden, auf die Einzelheiten der Angelegenheit naher einzutreten.

54. Peter Siegenthaler, verurteilt arn 5. Oktober 1927 von der ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern zu l Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 11. 80 für 102.6 betreffend.

Siegenthaler, der vor dem erstinstanzlichen, freisprechenden Erkenntnis bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er hat sämtliche Aktivdienste geleistet und war Wachtmeister der Kavallerie, als er durch einen ausserdienstlichen Unfall einen FUSS verlor. Er schreibt, der Unfall habe ihn seelisch mitgenommen und finanziell geschädigt: «Den alten Traditionen entfremdet, musste ich nebst den Opfern für Arzt, Spitalpflege und versäumte Zeit in ein für mich gänzlich fremdes Erwerbsgebiet übergehen. Allzu gerne hätte ich als dem Wehrwesen mit allen Fasern angehöriger Mann, sei es nur im Landsturm, nach besten Treuen weiter gedient.» Aus dieser Einstellung heraus betrachtete der Gesuchsteller die Versetzung zu den Ersatzpflichtigen als ungerechi. Den Militärpflichtersatz für 1927 hat er ordnungsgemäss bezahlt.

Da Kreiskommandant von Thun, das Kantonskriegskommissariat, die kantonalen Militär- und Polizeidirektionen beantragen einhellig die Begnadigung. Die erste Strafkammer befürwortet die Begnadigung bereits in den ürteilserwägungen.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir desgleichen den Erlass der Haftstrafe. Siegeiithaler hat das Unrichtige seines
Verhaltens eingesehen und wird, wie schon 1927, fortan seiner Ersatzpflicht ohne weiteres genügen. Die gänzliche Begnadigung darf verantwortet werden.

55. Xaver E r a n k , verurteilt am 23. November 1927 vom Amtsgericht Luzern-Stadt zu 10 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 235. 80 für 1925/26 betreffend.

Frank ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Haftstrafe. Der Gesuchsteller ist anfangs 1927 von der Ersatzpflicht befreit worden, weil der Zusammenhang einer körperlichen Schädigung mit dem Militärdienst anerkannt wurde. In der Folge versteifte er sich darauf, die Zahlung der fäl-

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ligen Abgaben für 192S/26 zu verweigern. Für weitere Einzelheiten verweisen wir auf die Gesuchsanbringen.

Das Militär- und Polizeidepartement und das Justizdepartement des Kantons Luzern befürworten die Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den gänzlichen Erlass der Haftstrafe. Das unzweckmässige Verhalten Franks musste zur Verurteilung führen. Heute hat der Gesuchsteller die Ersatzabgaben trotz seiner misslichen Lage gänzlich entrichtet. Da ihm der Anspruch auf Abgabebefreiung dem Grundsatze nach bereits in den Jahren 1925/26 zugestanden hätte, darf die Begnadigung gewährt werden.

56. Charles J o l i d o n . verurteilt am 17. Oktober 1927 vom Gerichtspräsidenten von Pmntrut zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 30.10 für 1927 betreffend.

Jolidon, der kurz vor dem Urteilstermin bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die Zahlungsverspätung beruhe auf Krankheit und Arbeitslosigkeit.

Der Gemeinderat von Pruntrut und der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch. Der Kantonskriegskommissär beantragt Abweisung, die kantonale Polizeidirektion den Erlass der Strafe.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe, unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren, und heben als Bedingung besonders hervor, dass Jolidon während der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen verübe und auch nicht neuerdings die Entrichtung des Militärpflichtersatzes schuldhaft unterlasse. Säumnis liegt zwar vor, hinwiederum ergeben die neuesten Erhebungen, dass Jolidon in dürftigen Verhältnissen lebt. Die Familienlasten und der gute Leumund des Gesuchstellers können berücksichtigt werden.

57. Jean Künzi, verurteilt am 20. Dezember 1927 vom Gerichtspräsidenten von Delsberg zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Franken 37. 60 für 1927 betreffend.

Künzi, der vor dem Urteilstermin bezahlt hat, stellt durch einen Anwalt das Gesuch um Erlass der Haftstrafe. Die rechtzeitige Entrichtung der Ersatzabgabe sei insbesondere infolge einer Beine von Unfällen unmöglich gewesen.

Der Gemeinderat von Delsberg und der- Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch. Der Kantonskriegskommissâr beantragt Abweisung, die Polizeidirektion die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen
Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe, unter denselben Bedingungen wie bei Jolidon. Säumnis ist zwar vorhanden, jedoch dürfen die Gesuchsanbringen einigermassen berücksichtigt werden, namentlich die Tatsache, dass Künzi in den Jahren 1916 bis 1925 ordnungsgemäss bezahlt hat und dass er durch mehrere Unfälle in eine missliche Lage geraten ist.

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58. Emile Caillet, verurteilt am 31. Oktober 1927 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Franken.

48.10 für 1927 betreffend.

Caillet, der nachträglich bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er längere Arbeitslosigkeit geltend macht.

Der Gemeinderat von Alle bestätigt die Gesuchsanbringen und befürwortet das Gesuch. Der Kantonskriegskommissär beantragt Abweisung, die kantonale Polizeidirektion die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n ·wir den bedingten Erlass der Haftstrafe, unter denselben Bedingungen wie bei Jolidon.

Säumnis liegt zwar vor, jedoch ist die längere Arbeitslosigkeit nachgewiesen, ferner lässt sich sagen, dass Caillet in den Jahren 1925/26 ordnungsgemäss bezahlt hat und dass die neuesten Erhebungen durchaus zu seinen Gunsten lauten. Die Familienlasten und der gute Leumund können ebenfalls berücksichtigt werden.

59. Jules Boéchat, verurteilt ani 17. Oktober 1927 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu 4 Tagen Haft und Wirtshausverbot bis zur Begleichung des Militärpflichtersatzes, den Betrag von Fr. 16. 60, Bestschuld, für 1927 betreffend.

Boéchat, der vor dem Urteilstermin bezahlt hat, ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Haftstrafe. Der kränkliche Zustand des Gesuchstellers verhindere einen ständigen Erwerb. Boéchat sei in Wirklichkeit auf die Hilfe des Vaters angewiesen, der die erste der Teilzahlungen entrichtet habe.

Der Gemeindepräsident von Miécourt stellt Boéchat ein sehr gutes Leumundszeugnis aus. Der Gemeinderat und der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch. Der Kantonskriegskommissär beantragt Abweisung, die kantonale Polizeidirektion die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe, unter denselben Bedingungen wie bei Jolidon.

Säumnis liegt zwar vor, immerhin mag komrniserationsweise Berücksichtigung finden, dass der 1905 geborene, nicht vorbestrafte Gesuchsteller von den Gemeindebehörden ausserordeiitlich günstig beurteilt wird. Boéchat verspricht, seiner Pflicht fortan gewissenhaft nachzukommen. Die bedingte Begnadigung dürfte hier Wirkung haben.

60. Paul Biner, verurteilt am 3. September 1927 vom Amtsgericht Olten-Gösgen zu 3 Tagen
Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 33 fui* 1926 betreffend.

Für Einer, dessen Ersatzabgabe am 11. September bezahlt worden ist.

ersucht ein Anwalt um Erlass der Gefängnisstrafe. Für den geistig zurückgebliebenen, mit einem Leiden behafteten Sohn habe sowohl 1926 wie 1927 der Vater bezahlt. Biner sei nur beschränkt erwerbsfähig, zudem weise er während

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des Jahres 1927 einen längeren Spitalaufenthalt auf. Bei dem persönlichen Zustand des Gesuchstellers wäre der Strafvollzug eine Härte.

Der Polizeibericht bezeichnet Einer als leichtsinnigen Burschen, immerhin mit dem Beifügen, dass er sich in letzter Zeit besser halte. Das Polizeidepartement Solothurn beantragt die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe, unter denselben Bedingungen wie bei Jolidon.

Die Verurteilung ist zwar begründet, jedoch kann dermalen kommiserationsweise namentlich berücksichtigt werden, dass das Ohrenleiden des bedauernswerten, nahezu tauben Gesuchstellers sich zu verschlimmern scheint.

61. Ernest Giger, verurteilt am 27. Oktober 1927 vom Gerichtspräsidenten von Münster zu einem Tag Haft, den Miiitärpflichtersatz von Pranken 46. 60 für 1927 betreffend.

Giger, der vor dem Urteilstermin bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er bedauert die Nachlässigkeit und macht im übrigen ein Hüftleiden und beschränkte Arbeitsfähigkeit geltend.

Der Gemeinderat von Tavannes und der Ëegierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch, der Kantonskriegskommissär beantragt Abweisung, die kantonale Polizeidirektion erachtet Giger als einer Begnadigung würdig. Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt Abweisung, kann aber der bedingten Begnadigung zustimmen.

Wir b e a n t r a g e n den bedingten Erlass der Haftstrafe, unter denselben Bedingungen wie bei Jolidon. Nachlässigkeit liegt zwar vor, jedoch mag das Leiden Gigers, seine beschränkte Arbeitsfähigkeit und der gute Leumund Berücksichtigung finden. Die bedingte Begnadigung dürfte dem nicht vorbestraften Gesuchsteller gegenüber Wirkung haben.

62. Louis T h i é b a u d , verurteilt vom Polizeigericht Val de Travers wie folgt: am 6. Februar 1925 zu 5 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 24 lür 1924 betreffend; am ] 8. April 1927 zu 10 Tagen Haft und 6 Monaten Wirtshausverbot, den Militärpflichtersatz von Fr. 57. 60 für 1924--1926 betreffend.

Thiébaud, der für den Fall der Begnadigung Bezahlung verspricht, ersucht um Erlass der Haftstrafe von 10 Tagen, da ihr Vollzug seine dermalige Anstellung gefährde. Man möge berücksichtigen, dass sein Vater im Jahre 1918 im Militärdienst verstorben sei und dass er seither für seine
Geschwister gesorgt habe. Seit seiner Bückkehr aus dem Ausland sei er dem Vorsatz, sich gut zii halten, treu geblieben.

Der Préfet von Val de Travers und das kantonale Justizdepartement beantragen Abweisung. Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt Herabsetzung der Haftstrafe von 1927 um die Hälfte, da Thiébaud wegen des Ersatzes für 1924 zu Unrecht zweimal verurteilt worden sei.

Wir b e a n t r a g e n aus derselben Erwägung, die Haftstrafe von 5 Tagen, erkannt am 6. Februar 1925, gänzlich zu erlassen, dagegen die Haftstrafe von 10 Tagen zu belassen. Die Steuerverwaltung legt des näheren dar, dass hier

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Böswilligkeit vorliegt, ferner stehen einer weitergehenden Begnadigung zwei Freiheitsstrafen aus den Jahren 1925 und 1926 entgegen.

63. Fritz F r a n z , verurteilt am 10. November 1927 vom Gerichtspräsidenten von Münster zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 52. 60 für 1927 betreffend.

Für Franz, der vor dem Urteilstermin bezahlt hat, ersucht ein bevollmächtigter Vertreter um Erlass der Haftstrafe, da Franz seit einiger Zeit krank sei.

Der Gemeinderat von Tavannes bestätigt die längere Krankheit des Gesuchstellers und befürwortet das Gesuch. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt das Gesuch ebenfalls, wogegen der Kantonskriegskommissär und die kantonale Polizeidirektion Abweisung beantragen.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Es liegt Gleichgültigkeit vor, was der Bericht der Steuerverwaltung eindeutig ergibt. Der Bichter hat die Möglichkeit rechtzeitiger Zahlung ausdrücklich festgestellt; den Einwand der Krankheit hat Franz im Strafverfahren nicht erhoben. Der ersten Vorladung ist er unentschuldigt fern geblieben.

der Gefängnisstrafe. Die Zahlungsverspätung stehe im Zusammenhang mit einer früheren, langwierigen Erkrankung an Gicht und den Auslagen für ein Fahrrad, das ihm bei seiner geschwächten Gesundheit gute Dienste leiste.

Er sei ohne Vorstrafe. Man möge ihn namentlich auch der Eltern wegen begnadigen.

Mit der eidgenössischen Steuer Verwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Der Gesuchsteller konnte in den Jahren 1926 und 1927 ständig arbeiten.

Nach den Akten und Urteilserwägungen liegt Nachlässigkeit vor.

strafe. Die Zahlungsverspätung hange mit, dem Tod der Ehefrau erster Ehe und der Sorge für den Unterhalt der drei Kinder zusammen.

Die Polizei- und die Militärdirektion des Kantons Basellandschaft beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Angesichts der ordnungsgemässen Begleichung der Abgaben für 1926 und 1927 ist die Herabsetzung der Strafe erwogen worden. Gegen die teilweise Begnadigung sprechen die durchaus begründete Verurteilung, die Notwendigkeit der Vorführung im Strafverfahren, das unentschuldigte Ausbleiben am Tag der Hauptverhandlung, die Eeihe von Bussen wegen Fahrvergehen, eine FreiBundesblatt. 80. Jahrg. Bd. II.

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heitsstrafe, mit bedingtem Strafaufschub, von 1922. Während Jahren musate Grieder stets erneut dem Bichter überwiesen werden.

selbst verfasster Eingabe um Brlass der Haftstrafe und der Kosten. Wegen Schwerhörigkeit könne er das Schmiedehandwerk nicht ausüben. In dem väterlichen, landwirtschaftlichen Betrieb und als Gelegenheitsarbeiter verdiene er wenig. Die zu hoch bemessene Ersatzabgabe sei innert der vom Bichter gesetzten Frist bezahlt worden.

Dei Gemeinderat von Matten, der Gerichtspräsident von Interlaken und der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch. Der Kantonskriegskommissär kann den Straferlass nicht empfehlen. Die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragt die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Kübli reichte seine Selbstschatzungserklärung zwar ein, aber ohne Angaben, so dass er das Bekursrecht verlor. Die rechtzeitige Bezahlung wäre dem ledigen Ersatzpflichtigen durchaus möglich gewesen, weshalb es bei der Mindeststrafe sein Bewenden haben soll. Für die bedingte Begnadigung, die wir erwogen haben, würde namentlich das Fehlen von Vorstrafen sprechen, sowie der Umstand, dass sich Kübli anscheinend im Laufe des Strafverfahrens von der Unhaltbarkeit seines Standpunktes überzeugen liess.

67. Albert Oberhänsli, verurteilt am 9. Dezember 1927 vom Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 48. 60 für 1927 betreffend.

Oberhänsli, der nach Empfang der richterlichen Vorladung bezahlt hat, stellt durch einen Anwalt das Gesuch um Erlass der Haftstrafe. Die Zahlungsverspätung stehe mit widrigen Familien- und Geldverhältnissen in Zusammenhang; insbesondere habe die geschiedene Ehefrau ihre Ansprüche rücksichtslos in Betreibung gesetzt. Das Scheidungsverfahren habe den Geschäftsgang beeinträchtigt. Hinzu komme der längere Spitalaufenthalt des einzigen Kindes.

Der Strafvollzug gefährde die Existenz des Gesuchstellers. Es handle sich um die letzte Ersatzabgabe.

Das Polizeidepartement Solothurn beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir desgleichen Abweisung. Die Angelegenheit Oberhänsli gehört zu den Straffällen, die die Notwendigkeit der neueren, schärferen Gerichtspraxis bestätigen. Dass es Oberhänsli mit seinen Pflichten auch anderweitig nicht genau nimmt, zeigen.

die 13 Bussen wegen Autovergehen, Lebensmittelpolizeivergehen usw. Eine Begnadigung des nicht gut beleumdeten Gesuchstellers wäre unangebracht.

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68. Friedrich Kräuchi, verurteilt am 26. Dezember 1927 vom Gerichtspräsidenten von Burgdorf zu einem Tag Haft und Wirtshausverbot bis zur Steuerbegleichung, längstens während eines Jahres, den Militärpflichtersatz von Fr. 49.60 für 1927 > betreffend.

Kräuchi, der nachträglich bezahlt hat, ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Haftstrafe. Er macht namentlich geltend, der ihm zur Last gelegte Wirtshausbesuch ergebe sich aus seinem Beruf als Händler. Er sei ohne Vorstrafe und werde sich fortan pünktlicher Zahlung befleissen.

Der Gemeinderat von Bäriswil bestätigt die Gesuchsanbringen und befürwortet die Begnadigung. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, der Kantonskriegskommysjiifund die kantonale Polizeidirektion beantragen Abweisung.

,' Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir desgleichen Abweisung. Das Urteil ist durchaus begründet, ferner kann auch im Begnadigungsweg auf den glaubwürdigen Polizeibericht hingewiesen werden. Aus den Akten geht hervor, dass Kräuchi in den Jahren 1926 und 1927 keine Selbsteinschätzung vornahm und bereits im Jahre 1926 wegen Nichtbezahlung des Militärpflichtersatzes dem Bichter überwiesen werden musste. Die damalige Freisprechung bewirkte, dass er und mit ihm noch sechs weitere Mitbürger von Bäriswil die Mahnungen im Jahre 1927 unbeachtet liessen und verzeigt werden mussten.

69. Ignazio Signorini, verurteilt am 7. September 1927 vom Amtsgericht von Hochdorf zu 2 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 24. 80 für 1926 betreffend.

Signorini, der kurz vor dem Urteilstermin bezahlte, stellt durch einen Anwalt das Gesuch um Erlass der Gefängnisstrafe. Signorini sei gut beleumdet.

Die Ersatzabgabe für 1927 habe er entrichtet. Der dem Bundesrecht fremde, bedingte Strafvollzug wäre hier am Platz gewesen.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, die kantonalen Militärund Justizdepartemente erheben gegen die Begnadigung keine Einwendungen.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir ohne weiteres Abweisung. Den Gesuchsanbringen muss entgegengehalten werden, dass in Wirklichkeit arge Gleichgültigkeit, ja böser Wille vorliegt. Es ist für den Gesuchsteller bezeichnend, dass er die Ersatzabgabe für 1925 noch heute schuldet und dass er auch 1927 dem Bichter überwiesen war. Für Einzelheiten verweisen wir auf den
Bericht der Steuerverwaltung und die von ihr beschafften Auskünfte dreier Sektionschef S.

70. Ernst Lanz, verurteilt am 19. November 1927 vom Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 12. 60, Bestschuld, für 1927 betreffend.

Lanz, der die Bestschuld am Tage vor dem Urteilstermin bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Er sei ein ganzes Jahr ohne feste Anstellung gewesen. Nunmehr sei er in einer neuen Stellung und seit kurzem ver-

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heiratet; der Strafvollzug treffe ihn bei diesen Verhältnissen besonders schwer.

Fortan werde er pünktlich zahlen.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Nach zwei Eatenzahlungen wurde Lanz verzeigt, weil er zwei Monate lang nichts von sich hören liess. Er musste dem Eichter schon in früheren Jahren überwiesen werden. Die ausführlichen Berichte ergeben, dass Lanz in persönlicher Beziehung eine Begnadigimg nicht besonders verdient. Aus diesem Grunde scheint uns auch eine teilweise Begnadigung, -die wir in Berücksichtigung der heutigen Lebensverhältnisse des Gesuchstellers erwogen haben, nicht empfehlenswert.

71. Ernst S t e f f e n , verurteilt am 26. November 1927 vom Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern zu einer Gefängnisstrafe von 6 Tagen, den Militärpflichtersatz von Fr. 51. 60 für 1927 betreffend.

Steffen ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Er macht längere Arbeitslosigkeit geltend, verweist auf zwei Teilzahlungen und verspricht baldige Tilgung der Eestschuld. Der Strafvollzug bringe ihn um die dermalige Stelle.

Das Polizeidepartement Solothurn beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Die Urteilserwägungen und neueren Berichte ergeben, dass Steffen rechtzeitig hätte bezahlen können. Der Eichter spricht von einer in hohem Grade schuldhaften Nichtentrichtung. Steffen wird als nachlässig und leichtsinnig bezeichnet.

72. Alfred Schenk er, verurteilt am 13. Oktober 1927 vom Polizeigericht von Ariesheim zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 24 für 1926 betreffend.

Schenker ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Die Zahlung sei infolge längerer Arbeitslosigkeit und Krankheit unterblieben. Er gedenke seine alten Schulden durch Aufnahme eines Darlehens zu tilgen. Der Strafvollzug gehe ihm an die Ehre.

Die Polizei- und Militärdirektionen des Kantons Basellandschaft beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Die Akten ergeben die ständigen, nicht verwirklichten Zahlungsversprechen.

Für 1927 musste Schenker neuerdings verzeigt werden. Er ist vorbestraft.

73. Hermann I m h o f , verurteilt am 13. Juni 1927 vom Gerichtspräsidenten IV von Bern zu einem Tag Haft,
den Militärpflichtersatz von Fr. 37. 60 für 1926 betreffend.

Imhof ersucht um Erlass der Haftstrafe. Nach längerer Arbeitslosigkeit habe er bezahlt, sobald ihm dies möglich gewesen sei.

Die Polizeidirektion der Stadt Bern, der Eegierungsstatthalter H des Amtsbezirkes und die kantonale Polizeidirektion beantragen Abweisung.

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Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Imhof ist vorbestraft. Ein Gesuch wegen einer gleichartigen Haftstrafe ist in der Dezembersession 1924 abgewiesen worden. (Nr. 53 des I. Berichtes vom 7. November 1924, Buiidesbl. III, 747/48).

· 74. Julien P o r e h e t , verurteilt am 3. November 1927 vorn Polizeigerichtspräsidenten von Lausanne zu 5 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Franken 24. 90 für 1925 betreffend.

Porehet, der nachträglich bezahlt hat, ersucht urn Erlass der Haftstrafe.

ï)er Gerichtsverhandlung sei er ferne geblieben, um nicht die damalige Aushilfsstelle zu verlieren. Die Zahlungsverspätung beruhe auf Arbeitslosigkeit.

Der Strafvollzug gefährde die jetzige Anstellung. Porehet bedauert, nicht militärpflichtig zu sein, und verspricht, fortan pünktlich zu zahlen.

Das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Waadt beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Die Gesuchsanbringen treffen irn wesentlichen nicht zu. Porehet weist eine neuere Freiheitsstrafe auf. Nach dem Polizeibericht ist er ein unehrlicher Mensch, der wegen Diebstahls auch die im Gesuch erwähnte Anstellung verlieren dürfte.

, : 75. Louis Hager, verurteilt am 17. Oktober 1927 vom Gerichtspräsidenten von'Pruntrut zu 4 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 25. 60 für 1927 betreffend. ; Hager ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er geltend macht, dass er einen Tag nach der Verurteilung bezahlt habe.

Der Gemeinderat von Buix befürwortet das Gesuch. Der Kantonskriegskommissär und die kantonale Polizeidirektion beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Hager macht keinerlei Gründe geltend, die seine Säumnis entschuldigen könnten.

Der ledige Gesuchsteller ist anfangs 1927 wegen Bettels und Vagantität zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.

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76. Louis Jubin, verurteilt am 17. Oktober 1927 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu 4 Tagen Haft und Wirtshausverbot bis zur Begleichung des; Militärpflichtersatzes, längstens aber für 2 Jahre, den Ersatz von Fr.' 43. 60 für 1927 betreffend.

/ ; ; Jubin ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er ausführt, dass ihm die Behörden seit mehreren Jahren wegen angeblichen Vermögens der Eltern, die beide verstorben
seien, Fr. 6 zuviel verlangen.

Der kantonale Kriegskornmissär und die Polizeidirektion beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung» Die Gesuchsanbringen sind zwar richtig, jedoch stand es Jubin offen, gegen die Taxation Einsprache zu erheben. Seit 1922, dem Eintritt der Ersatzpflicht.

82 musate Jubin alljährlich dem Eiohter überwiesen werden. Die letztjährige Haftstrafe von einem Tag hätte ihn veranlassen aollen, sich diesmal rechtzeitig um die Ordnung der Angelegenheit zu kümmern. Der Gesuchsteller macht keineswegs geltend, dass er die Ersatzabgabe nicht hätte entrichten können.

Der Sektionschef schreibt, hier liege viel schlechter Wille vor, und der Kantonskriegskommissär bemerkt, es handle sich um Schikane. Unter diesen Umständen liegt auch die teilweise Begnadigung, die wir erwogen haben, nicht besonders nahe.

77. Camille B e r r e t , verurteilt am 17. Oktober 1927 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu 4 Tagen Haft und Wirtshausverbot bis zur Begleichung des Militärpflichtersatzes, längstens aber für 2 Jahre, den Betrag von Fr. 40. 60 für 1927 betreffend.

Berret, der nachträglich bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe.

Trotz einigen Guthaben sei es ihm nicht gelungen, den für die Ersatzabgabe benötigten Betrag rechtzeitig zu beschaffen.

Der Gemeinderat von Alle befürwortet das Gesuch. Der Kantonskriegskommissär beantragt Abweisung, die Polizeidirektion Herabsetzung bis zu 2 Tagen.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Seit 1922 musste Berret alljährlich dem Eichter überwiesen werden. Die letztjährige Haftstrafe hätte ihn veranlassen sollen, einer weiteren Verurteilung vorzubeugen. Der Gesuchsteller ist ledig und als Zahlungssäumiger bekannt. Er weist eine Freiheitsstrafe mit bedingtem Strafvollzug auf.

78. Johann Fuchs, verurteilt am 8. Dezember 1927 vom Gerichtspräsidenten von Aarwangen zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Franken 31. 60 für 1927 betreffend.

Fuchs ersucht um Herabsetzung der Ersatzabgabe und Erlass der Haftstrafe, wozu er Arbeitslosigkeit von nahezu einem Jahr, geschwächte Gesundheit, nunmehrigen geringen Verdienst und Farnilienlasten geltend macht.

Der urteilende Eichter. der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, der Kantonskriegskommissär, die kantonale Polizeidirektion beantragen einhellig Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir desgleichen Abweisung. Fuchs wird übereinstimmend als arbeitsscheu bezeichnet. Er ist -«egen Diebstahls zweimal vorbestraft. Mit der Herabsetzung der Ersatzabgabe hat sich die Begnadigungsbehörde nicht zu befassen.

79 und 80. Albert
Egger, Alfred Egger, beide verurteilt am 31. Oktober 1927 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu 4 Tagen Haft und Wirtshausverbot bis zur Begleichung des Militärpflichtersat/es, der erste den Betrag von Fr. 19. 60, der zweite von Fr. 37. 60 für 1927 betreffend.

Die beiden Egger. die nachträglich bezahlt haben, ersuchen in nicht selbst verfassten Eingaben um Erlass der Haftstrafen. Die Zahlungsverspätung sei

83 auf Krankheit, schlechten Geschäftsgang, Verlust -dreier Pferde zurückzuführen.

Der Geraeinderat von St. Ursanne befürwortet die Gesuche. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, der Kantonskriegskommissär, die Polizeidirektion beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Die Gesuchsteller mussten seit 1921 alljährlich dem Bichter überwiesen werden.

Beide sind wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes und Übertretung des Wirtshausverbotes vorbestraft, Alfred Egger überdies wegen Diebstahls. Nach dem Bericht des Sektionschefs hätte ordnungsgemäss bezahlt werden können.

81. Gottlieb Horisberger, verurteilt am 21. November 1927 vom Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern zu 5 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 36. 60 für 1927 betreffend.

Horisberger, der nachträglich bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Bei geringem Verdienst sei er durch Krankheit in Schulden geraten.

Fortan werde er pünktlich zahlen.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung, Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung. Hervorzuheben sind die vorhandene Gleichgültigkeit, das ungebührliche Benehmen vor dem Richter, die vier Freiheitsstrafen.

82. Wilhelm Muller, verurteilt am 10. Februar 1928 von der ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 34. 60 für 1927 betreffend.

Müller, der vor dem erstinstanzlichen Urteilstermin bezahlt hat, ersucht um Erlass oder Ermässigung der Haftstrafe um einen Tag. Der Strafvollzug gefährde seine dermalige Anstellung als Krankenwärter.

Die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung, da es bei der oberinstanzlich erkannten Ermässigung der Haftstrafe sein Bewenden haben sollte. Wir verweisen namentlich auf die tünf früheren Freiheitsstrafen.

83. Felix C a b u s s a t , verurteilt am 8. Dezember 1927 vom Polizeigericht des Kantons Genf zu 48 Stunden Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 201 für die Jahre 1920/1926 betreffend.

Cabussat ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Haftstrafe. Er macht Zahlungsunmöglichkeit geltend.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Genf
kann das Gesuch nicht befürworten. Cabussat habe anderweitige Verurteilungen dem übermässigeu Alkoholgenuss zuzuschreiben.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Der vorbestrafte Gesuchsteller hatte in den letzten Jahren an Gerichtsbussen Fr. 170 zu bezahlen. Trotz seiner misslichen Lage vermag er im Begnadigungsweg kein besonderes Interesse zu erwecken.

84

84. Albert H a r t m a n n , verurteilt am 12. Januar 1928 vom Polizeigericht Ariesheim zu 5 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 51 für 1926 betreffend.

Hartmann ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Er verspricht Bezahlung, da er sich nach längerer Arbeitslosigkeit wiederum in fester Anstellung befinde. Er habe für Frau und Kind zu sorgen. Der Strafvollzug mache ihn neuerdings arbeitslos.

Die Justiz- und Militärdirektion des Kantons Basellandschaft kann das Gesuch nicht befürworten.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Hartmann weist fünf anderweitige Freiheitsstrafen auf. Er ist wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes vorbestraft. Das Jahr 1927 betreffend musste er neuerdings verzeigt werden. Unter diesen Umständen ist sein Gesuch abzuweisen, ohne dass des näheren auf die Gesuchsanbringen eingetreten wird.

85. Werner Eeichmuth, verurteilt am 22. November 1927 vom Polizeigericht Ariesheim zu einem Tag Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Franken 60. 75 für 1926 betreffend.

Eeichmuth ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Eine Teilzahlung sei im Sommer 1927, die Restzahlung und eine Anzahlung für 1927 am Tag vor der Hauptverhandlung erfolgt. Die ordnungsgemässe Begleichung sei bei den schweren Familienlasten, Krankheitsfällen und Existenzsorgen unmöglich gewesen.

Die Polizei- und Militärdirektionen des Kantons Basellandschaft können das Gesuch nicht empfehlen.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Nach dem Bericht der kantonalen Eegierungsdirektionen ergibt sich ohne weiteres, dass Eeichmuth ein besonderes Entgegenkommen nicht verdient.

Die Abweisung hat namentlich deshalb zu erfolgen, weil die dem Gesuchsteller im Jahre 1924 zugebilligte, bedingte Begnadigung (hierzu Antrag 89 im II. Bericht vom 20. Mai 1924, Bunclesbl. II, 855 ff.) im wesentlichen wirkungslos geblieben ist.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 15. Mai 1928.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident:

Dr. Haab.

Der Vizekanzler: Leim grub er.

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I. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1928). (Vom 15. Mai 1928.)

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