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Kreisschreifoen des

Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betreffend die Volksabstimmung vom 3. März 1929 über das Volksbegehren um Aufnahme eines Art. 23Ms in die Bundesverfassung (Getreideversorgung der Schweiz).

(Vom 13. Dezember 1928.)

Getreue, Hebe Eidgenossen !

Wir beehren uns, Ihnen zur Kenntnis zu bringen, dass wir heute die Abstimmung über das Volksbegehren um Aufnahme eines Art. 23Ws in die Bundesverfassung (Getreideversorgung der Schweiz) auf Sonntag, den 3. März 1929 und, wo nötig, auf den Vortag, den 2. März 1929 festgesetzt haben.

Wir werden Ihnen diesen Beschluss in der üblichen Anzahl von Exemplaren zum Anschlag übersenden lassen und ersuchen Sie, alle Anordnungen zu treffen, damit die Abstimmung in gesetzlicher Weise vor sich gehe '(^gl. Bundesgesetze vom 19. Juli 1872, A. S. X, 915, bzw.

20. Dezember 1888, A. S. n. P. XI, 60, und 30. März 1900, A. S. n. F.

XVIII, 119, sowie vom 27. Januar 1892, A. S. n. F. XII, 885, und vom 17. Juni 1874, A. S. n. F. I, 116, sowie die Kreisschreiben des Bundesrates vom 16. März und 3. April 1925, Bundesblatt 1925, Bd. I, 809; Bd. II, 137).

Insbesondere wollen Sie dafür besorgt sein, dass die Abstimmungsvorlage spätestens vier Wochen vor dem Abstimmungstage in die Hände der Stimmberechtigten gelangt und dass die Protokolle gemeindeweise in vorgeschriebener Form angefertigt und b i n n e n s p ä t e s t e n s 10 T a g e n , von der A b s t i m m u n g a n g e r e c h n e t , an die Bundeskanzlei gesandt werden, während die Stimmzettel gehörig versiegelt bis nach Erwahruug des Ergebnisses der Volksabstimmung durch die Bundesversammlung aufzubewahren sind.

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Die Protokolle haben anzugeben : die Zahl der Stimmberechtigten, die Zahl aller eingelangten Stimmzettel, die Zahl der ausser Betracht fallenden Stimmzettel, getrennt in leere und in ungültige, die Zahl der in Betracht fallenden Stimmzettel und die Zahl der für die Initiative und für den Gegenvorschlag abgegebenen Ja und Nein. Die Zahl der in Betracht fallenden Stimmzettel ergibt sich durch Abzug der Zahl der ausser Betracht fallenden Stimmzettel (leere und ungültige sowie solche Stimmzettel, die beide Fragen bejahen) von der Zahl aller eingelangten Stimmzettel und bildet die Grundlage für die Berechnung des absoluten Mehrs (die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen plus eins).

Fit? die Berechnung dieser Zähl wie des Abstimmungsergebnisses überhaupt verweisen wir nachdrücklich auf den Bericht des Bundesrates vom 17. September 1930 (Bundesblatt 1920, Bd. IV, Seite 279 und folgende).

Für die Zusammenstellung der Abstimmungsergebnisse empfehlen wir Ihnen das nachfolgende Schema dringend zur Benützung.

Schema für die Zusammenstellung des Abstimmungsergebnisses in den Kantonen.

Gemeinde

Stimm(Bezirk, "Wahlkreis) berechtigte

Eingelangte Stimm? ettel

Ausser Betracht fallende Stimmzettel leere

In Entwurf Betracht 6fgen«Btnorf der Initiaiiten fallende Stimmunglllipe* zettel Ja Nein Ja Nein

Absol ntes Mehr :

Für die Zahl der Vorlagen und Stimmzettel haben wir den Massstab der letzten Abstimmung zugrunde gelegt; allfällige abweichende Wünsche wollen Sie durch Vermittlung Ihrer Kanzleien beförderlichst an die Drucksachenverwaltung der Bundeskanzlei gelangen lassen.

Die Telegraphenverwaltung wird von uns angewiesen werden, seinerzeit die amtlichen Mitteilungen über die Ergebnisse der Volksabstimmung zum Behufe möglichst baldiger Festsetzung des Gesamtergebnisses so rasch als tunlich zu befördern. Wir ersuchen Sie daher, die in ihrem Kanton hierfür bezeichneten Amtsstellen (Gemeinde-, Kreis- und Bezirksbehörden) zu beauftragen, die Stimmenzahlen sofort nach der Abstimmung telephonisch oder telegraphisch an Ihre Staatskanzlei oder eine andere hierfür bestimmte Zentralstelle zu melden. Die Staatskanzlei oder die Zentralstelle hätte *) Dazu gehören auch die Stimmzettel, die heide Fragen bejahen.

1394 dann das Abstimmungsergebnis des Kantons telephonisch der Bundeskanzlei anzugeben und umgehend orieflich zu bestätigen.

Diese telephonischen oder telegraphischen Meldungen, sowohl die der untern Behörden an die Kantonsbehörden als diejenigen an die Bundeskanzler, sind gebührenfrei.

Im übrigen benützen wir diesen Anlass, um Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 13. Dezember 1928.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident-.

Schulthess.

Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

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Volksabstimmung Tom 3. März 1929 über

das Volksbegehren um Aufnahme eines Art. 23bis in die Bundesverfassung (Getreideversorgung der Schweiz).

Die B u n d e s v e r S a m m l u n g der s c h w e i z e r i s c h e 11 E i d g e n o s s e n s c h a f t , nachdem sie vom Volksbegehren um Aufnahme eines Art. 23Ws in die Bundesverfassung (Getreideversorgung der Schweiz) und vom Bericht des Bundesrates vom 2. April 1928 Kenntnis genommen hat, gestützt auf Art. 121 ff. der Bundesverfassung und Art. Sff. des Bundesgesetzes vom 27. Januar 1892 über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend Eevision der Bundesverfassung, b eschliesst: Art. 1.

Es werden der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreitet: 1. Das Volksbegehren, das wie folgt lautet: «In die Bundesverfassung ist folgender Artikel 28bis aufzunehmen: Art. 28bis.

Der Bund trifft Mas&nahmen zur Sicherstellung der Getreideversorgung des Landes und zur Förderung des inländischen Getreidebaues.

Er soll insbesondere a. selbst Vorräte an Getreide unterhalten oder für solche in anderweitiger Weise Vorsorge treffen; b. den inländischen Getreidebau sowie die Verwertung und Verarbeitung seiner Produkte durch hierzu geeignete Anordnungen und Massregeln erleichtern und fördern, namentlich den Produzenten guten, mahlfähigen Inlandgetreides die Abnahme zu einem Preise sichern, der den Getreidebau im Inlande ermöglicht. Selbstversorgerund Gebirgsgegenden sind in angemessener Weise zu berücksichtigen.

Die Ausführung vorstehender Grundsätze bleibt der Bundesgesetzgebung überlassen. Dabei darf jedoch ein ausschliessliches Eecht der Einfuhr von Getreide (Monopol), vorbehaltlich einer Zwangslage in Kriegszeiten, weder für den Bund ' noch für eine private Organisation geschaffen werden.»

1396 2. Der Gegenentwurf der Bundesversammlung, der folgende Passung hat: «In die Bundesverfassung ist folgender Art. 23bls aufzunehmen: Art. 23bis.

Der Bund unterhält die zur Sicherung der Versorgung des Landes nötigen Vorräte von Brotgetreide. Er kann die Müller verpflichten, Brotgetreide zu lagern und seine Vorräte zu übernehmen, um deren Auswechslung zu erleichtern.

Der Bund fordert den Anbau von Brotgetreide im Inland, begünstigt die Züchtung und Beschaffung hochwertigen inländischen Saatgutes und unterstützt die Selbstversorgung unter besonderer Berücksichtigung der Gebirgsgegenden. Er übernimmt gutes, mahlfahiges Inlandgetreide zu einem Preise, der den Getreidebau ermöglicht. Die Muller können verpflichtet werden, dieses Getreide auf Grundlage des Marktpreises zu übernehmen.

Der Bund sorgt für die Erhaltung des einheimischen Müllereigewerbes ; desgleichen wahrt er die Interessen der Mehl- und Brotkonsumenten. Er beaufsichtigt im Kahmen der ihm übertragenen Aufgaben den Verkehr mit Brotgetreide, Baekmehl und Brot, sowie deren Preise. Der Bund trifft die nötigen Massnahmen zur Regelung der Einfuhr des Baekmehls; er kann sich das ausschliessliche Recht vorbehalten, das Backmehl einzuführen. Der Bund gewährt nötigenfalls den Müllern Erleichterungen auf den Transportkosten im Innern des Landes. Er trifft zugunsten der Gebirgsgegenden Massnahmen, die geeignet sind, einen Ausgleich der Mehlpreise herbeizuführen.

Die statistische Gebühr im Warenverkehr mit dem Auslande ist zu erhöhen. Der Ertrag dieser Gebühr wird zur Deckung der aus der Getreideversorgung des Landes erwachsenden Ausgaben beitragen.»

Art. 2.

Es wird Volk und Ständen beantragt, das Volksbegehren (Art. l, Ziff. 1) zu verwerfen und den Gegenentwurf der Bundesversammlung (Art. l, Ziff. 2) anzunehmen.

Art. 3.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

Also beschlossen vom Ständerate, B e r n , den 27. September 1928.

Der Präsident: Dr. Emile Savoy.

Der Protokollführer: Eaeslin.

1397 Also beschlossen vom Nationalrate, B e r n , den 27. September 1928.

Der Präsident : R. Minger.

Der Protokollführer : F. v. Ernst.

Wer das Volksbegehren (Art. 1. Ziff. 1) annehmen will, schreibe .,ja" ; wer es verwerfen will, schreibe ,,nein".

Wer den Gegenentwurf der Bundesversammlung (Art. l, Ziff. 2) annehmen will, schreibe ,,ja" ; wer ihn verwerfen will, schreibe ,,nein".

Stimmzettel, welche beide Fragen bejahen, sind ungültig.

B e r n , den 13. Dezember 1928.

Im Auftrag des Schweiz. Bundesrates, Der Bundeskanzler :

Kaeslin.

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Kreisschreiben des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betreffend die Volksabstimmung vom 3. März 1929 über das Volksbegehren um Aufnahme eines Art.

23bis in die Bundesverfassung (Getreideversorgung der Schweiz). (Vom 13. Dezember 1928.)

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26.12.1928

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