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der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 23. Dezember 1872 auch die Bahneigentümerin haftet.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses, welcher am 1. Juli 1916 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aenderung der Konzession der Zahnradbahn von Brienz nach dem Rothorn.

(Vom 5. Juni 1916.)

Die durch Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1889 (E. A.

S. X, 228) konzessionierte Brienz-Rothorn-Bahn hat seit ihrer Eröffnung im Jahre 1892 fortwährend mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt. Im Jahre 1893 schon geriet die erste Bahngesellschaft in Konkurs. Bei der Übertragung der Konzession auf die Ersteigerer der Bahn (Bundesratsbeschluss vom 20. Juni 1894, E. A. S. XIII 112) musste auf deren Verlangen in den bezüglichen Beschluss die Bestimmung aufgenommen werden, dass die neuen Konzessionäre berechtigt seien, bis Ende 1898 auf die Konzession zu verzichten, den Betrieb einzustellen und die Bahn abzubrechen. Im Jahre 1898 wurde sodann die Frist zur Verzichtleistung auf die Konzession bis Ende 1900 verlängert (E. A.

S. XVI, 170), da sich die finanzielle Lage des Unternehmens immer noch nicht genügend gebessert hatte. Als die Konzession durch Bundesbeschluss vom 29. Juni 1900 (E. A. S. XV, 106) auf die noch .heute bestehende Aktiengesellschaft der BrienzRothorn-Unternehmung übertragen wurde, konnte im Einverständnis mit der neuen Gesellschaft die Bestimmung betreffend dea Verzicht auf die Konzession und den Abbruch der Bahn wegge-

208 lassen werden. Die dermalige ungünstige finanzielle Lage des Unternehmens veranlasst nun die Bahngesellschaft, nach sechzehn Jahren neuerdings das Gesuch zu stellen, es möchte ihre Konzession durch die Bestimmung abgeändert werden, dass sie berechtigt sei, bis Ende 1923 auf die Konzession zu verzichten, den Betrieb einzustellen und die Bahn abzubrechen. In einer Eingabe vom 7. Februar 1916 an unser Eisenbahndepartement führt sie zur Begründung ihres Begehrens im wesentlichen aus, dass die Betriebsergebnisse sich unter der neuen Gesellschaft allmählich besserten, so dass die Betriebseinnahmen von Bahn und Hotel zusammen in den Jahren 1905, 1906 und 1907 zur Deckung der Betriebsausgaben ausreichten. Rücklagen zu Erneuerungszwecken habe die Gesellschaft jedoch auch in diesen Jahren nicht machen können.

Von da an habe sich aber die Konkurrenz der anderen Berg'bahnen im Oberland, vor allem der Jungfraubahn und seit 1910 der Niesenbahn, bemerkbar gemacht. Mit Ausnahme des Jahres 1911, wo der Passivsaldo der Gewinn- und Verlustrechnung von Fr. 85,250. 32 auf Fr. 84,745. 53 habe reduziert werden können, hätten seither alle Jahre mit ."einem Betriebsdefizit abgeschlossen.

Durch diese Rückschläge und durch kleinere Bauausgaben sei der im Jahre 1900, anlässlich der finanziellen Konsolidierung des Unternehmens geschaffene Betriebsfonds aufgezehrt worden. Die Aufnahme eines Darlehens von Fr. 20,000 mit Hypothek im I. Rang auf die Hotelbesitzung habe nur für kurze Zeit geholfen. Da aber die baldige Erstellung der Bahnverbindung mit Interlaken (Brienzerseebahn) erwartet wurde, sei das Bestreben der Gesellschaft dahin gegangen, das Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkte noch über Wasser zu halten. Weder bei den Aktionären, noch bei Bankinstituten seien jedoch weitere Geldmittel erhältlich gewesen. Schliesslich habe die Bahngesellschaft bei der ehemaligen Dampfschiffgesellschaft Thuner- und Brienzersee das gewünschte Entgegenkommen gefunden. Durch einen Anleihensvertrag vom 16. Februar 1912 habe sich dieses Unternehmen verpflichtet, ihr die zur Aufrechterhaltung des Betriebes bis zur Eröffnung der Brienzerseebahn nötigen Geldmittel im Betrage von zirka Fr. 50,000 in zwei Darlehen vorzustrecken. Dem ersten Darlehen im Betrage von Fr. 30,000 sei ein Pfandrecht im I. Range auf die Bahn, dem zweiten Darlehen von
Fr. 20,000 die II. Hypothek auf Bahn und Hotel eingeräumt. Dieses zweite Darlehen sei an folgende Bedingungen geknüpft: ,,1. Die B. R. B. hat bei den Bundesbehörden, d. h. durch einen Bundesbeschluss, das Recht auszuwirken, den Betrieb der

209Brienz-Rothorn-Bahn einzustellen und diese Bahn samt Hotel behufs Realisierung des Pfandes der D. G. abzubrechen, falls a. in der auf die Betriebseröffnung der rechtsufrigen Brienzerseebahn folgenden z w e i t e n Saison die B. R. B., inklusive Hotel, keinen Betriebsüberschuss abwirft, oder falls b. in der auf die Eröffnung der Brienzerseebahn folgenden d r i t t e n Saison der Betriebsüberschuss der B. R. B., inklusive Hotel, nicht genügt, um die Anleihenszinsen zu decken, oder falls o. in den auf die Betriebseröffnung der Brienzerseebahn folgenden 6. und 7. Saisons der durchschnittliche Betriebsüberschuss nicht genügt, um die Anleihenszinsen und die normale Einlage in den Erneuerungsfonds, exklusive Einlagen 'für frühere Jahre, zu decken.

2. Das durch Bundesbeschluss der B. R. B. einzuräumende Recht des Abbruches der Linie soll wahlweise ausgeübt werden können, und zwar in folgendem Sinne: Wenn die Eventualität a nicht eintritt oder wenn im Falle ihres Eintrittes die B. R. B. von der Ermächtigung zum Abbruche der Linie keinen Gebrauch macht, vielmehr den Betrieb in der dritten Saison wieder eröffnet, so gilt das Recht der Betriebseinstellung nur noch für die Eventualitäten b und c. Wenn dann die Eventualität b nicht eintritt oder wenn im Falle ihres Eintrittes die B. R. B. von der Ermächtigung zum Abbruche der Linie keinen Gebrauch macht, vielmehr den Betrieb in der vierten Saison wieder eröffnet, so gilt das Recht der Betriebseinstellung nur noch für die Eventualität c.

3. Für den Fall, dass das sub Ziffer l hiervor erwähnte Recht auf Betriebseinstellung und Abbruch der Bahn von den Bundesbehörden nicht bewilligt werden sollte, fällt die Verpflichtung der D. G. zur Einzahlung des II. Anleihens von Fr. 20,000 dahin."

Auf die baldige Eröffnung der Brienzerseebahn zählend, habe sich die Verwaltung der Brienz-Rothorn-Bahn der Hoffnung hingegeben, auf das zweite Darlehen verzichten zu können. Sie habe es daher vorläufig unterlassen, das von der Dampfschiffgesellschaft Thuner- und Brienzersee gewünschte Konzessionsänderungsgesuch einzureichen. Die Erstellung der Brienzerseebahn habe sich jedoch in die Länge gezogen, und zudem seien die Betriebsergebnisse der Jahre 1912 und 1913 infolge der Regensommer ungünstig gewesen. Bereits im Frühjahr 1914 habe daBundesblatt. 68. Jahrg.

Bd. III.

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210 her vom zweiten Darlehen ein Betrag von Fr. 15,000 in Anspruchgenommen werden müssen. Infolge der Kriegswirren sei dasBetriebsergebnis des Jahres 1914 ein ganz ungünstiges gewesenIm Jahre 1915 habe der Betrieb geruht. Um den Betrieb nach dem Kriege wieder eröffnen zu können, seien an Geldmitteln noch rund Fr. 20,000 zu beschaffen, ungerechnet die Zinsenstundung für die bereits kontrahierten Anleihen, die Kapitalrestanz auf dem II. Anleihen der Dampfschiffgesellschaft (Rechtsnachfolgerin Berner Alpenbahn-Gesellschaft) und einen durch die Gemeinde Brienz im Jahre 1915 garantierten Vorschuss der Kantonalbank von Bern im Betrage von Fr. 5000.

In der Meinung, dass die Erhaltung der Brienz-Rothorn-Bahn vor allem im Interesse der Gemeinde Brienz liege, habe sich die Bahngesellschaft unterm 23. Dezember 1915 an diese gewandt mit dem Ersuchen, wenigstens die Hälfte der noch zu beschaffenden Summe von Fr. 20,000 verbürgen zu wollen. Dabei sei insbesondere betont worden, dass es sich kaum rechtfertigen Hesse, die Rothornbahn jetzt, unmittelbar vor der Eröffnung der neuen Zufahrtslinie, fallen zu lassen.

Die Gemeindeversammlung vom 29. Januar 1916 habe dieses Gesuch jedoch wegen der durch den Krieg geschaffenen Notlage abgelehnt, trotzdem es von der Mehrheit des Gemeinderates befürwortet worden sei. Der Beschluss der Gemeinde Brienz lasse die Bestrebungen, den Weiterbetrieb der Bahn wenigstens so lange sicher zu stellen, bis die Frage der Lebensfähigkeit des Unternehmens auf Grund der neuen Zufahrtsverhältnisse beurteilt werden könne, als hoffnungslos erscheinen'; denn bei der heutigen Notlage im Bern er Oberlande sei auf anderweitige Hülfe aus diesem Landesteile nicht zu rechnen.

Wenn die Bahngesellschaft nun um Wiederaufnahme der auf Ende 1900 erloschenen Abbruchklausel in die Konzession einkomme, so geschehe es nicht nur, um einer durch den vorerwähnten Anleihensvertrag eingegangenen Verpflichtung nachzukommen, sondern, weil ihr die nötigen Mittel fehlten, um den Betrieb weiterzuführen. Sie beabsichtige denn auch, den Abbruch schon im nächsten Sommer durchzuführen. Eine möglichst baldige Anhandnahme desselben empfehle sich, um Zinsen und Steuern zu sparen und sodann mit Rücksicht auf die dermaligen aussergewöhnlich hohen Altmaterialpreise.

Für den Fall, dass sich die Gemeinde Brienz doch noch eines ändern besinnen würde, solle jedoch die Frist, binnen welcher

21t auf die Konzession verzichtet werden könne, auf Ende 1923 angesetzt werden. Es entspreche dies dem Anleihensvertrage und trage auch dem Umstände Rechnung, dass sich voraussichtlich normale Fremdenverkehrsverhältnisse nicht sofort nach Friedens; schiusa, sondern erst allmählich wieder einstellen werden. Erst nach Wiedereintritt normaler Verhältnisse könne aber die alimentierende Wirkung der neuen Zufahrtsverhältnisse zuverlässig festgestellt werden.

Der Regierungsrat des Kantons Bern, dem das Konzessionsänderungsgesuch der Brienz-Rothorn-Bahn vom Eisenbahndepartement zur Vernehmlassung zugestellt wurde, erklärt in seiner Zuschrift vom 26. April, er könne dem Gesuche . der Bahngesellschaft zustimmen. Der Gemeinderat von Brienz, der in der Angelegenheit begrüsst worden sei, habe allerdings für den Fall der Versteigerung der Bahn auf Abbruch folgende Begehren gestellt : 1. Es dürfe die Bahnanlage nicht getrennt vom Hoteletablissement auf Rothornkulm veräussert werden, und 2. es sei der allfällige Ersteigerer der Brienz-Rothorn-Bahn zu verhalten, den Bahnkörper und speziell die Dämme und Stützmauern bei der Schwarzenfluh, beim Geldriedtunnel und beim Wangwald weiter zu unterhalten und für allen Schaden, der infolge Säumnis im Unterhalt entstehen könnte, verantwortlich zu erklären.

Der Regierungsrat bemerkt hierzu, dass ihm die Aufnahme dieser Begehren in die Konzession nicht nötig scheine. Was insbesondere den zweiten Punkt anbelange, so halte er dafür, dass der zukünftige Besitzer der Bahn und des zugehörigen Grundeigentums für allen Schaden, welcher Dritten aus diesem Besitz, durch Einstürze von Mauern oder Dämmen und dergleichen, entstehen könnte, gesetzlich haftbar und schadenersatzpflichtig bleibe.

Wir pflichten den Ausführungen der Kantonsregierung in bezug auf die besonderen Begehren des Gemeinderates Brienz bei.

Was die Frage der Aufnahme der gewünschten Bestimmung betreffend den Verzicht auf die Konzession und den allfälligen Abbruch der Bahn anbelangt, so halten auch wir dafür, dass dem Gesuche der Brienz-Rothorn-Bahn entsprochen werden sollte. Die finanzielle Lage der Gesellschaft scheint hoffnungslos. Der Passivsaldo der Gewinn- und «Verlustrechnung betrug auf Ende 1913 Fr. 108,586.89. Die Jahre 1900--1913 haben demnach einen durchschnittlichen jährlichen Verlust von Fr. 7754 ergeben.

212 Ausserdem konnte keine Einlage in den Erneuerungsfonds gemacht werden. Gelingt es der Gesellschaft nicht, in letzter Stunde noch von irgendwelcher Seite finanzielle Unterstützung zu erlangen, so werden ihr die erforderlichen Mittel auch zur Aufrechterhaltung des Betriebes fehlen, und es wird der Abbruch der Bahn unvermeidlich werden. Öffentliche Interessen würden durch diese Lösung nicht verletzt. Wir haben schon in unseren Botschaften vom 12. April 1894 und vom 12. April 1898 (Bundesblatt 1894, H, 320 und 1898, II, 839) darauf hingewiesen, dass der Rothornbahn als einer reinen Saisonbahn keine weitere wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Dass auch vom privaten Geschäftsstandpunkte aus dem Unternehmen nach mehr als zwanzigjährigem Betriebe die Existenzberechtigung abgesprochen werden muss, ergibt sich aus den immer wieder sich einstellenden Betriebsdetiziten. Es sollte deshalb der Gesellschaft das Recht zum Verzicht auf den Weiterbetrieb nach vorheriger Verständigung der Aufsichtsbehörde und zum Abbruch der Bahn bewilligt werden. Dabei müssen selbstverständlich die Rechte der Gläubiger, wie sie sich aus den Bestimmungen des II. Titels des Bundesgesetzes über die Verpfändung und Zwangsliquidation der Eisenbahnen ergeben, im Falle der gerichtlichen Zwangsliquidation vorbehalten werden, soweit nicht durch die einzelnen Gläubiger auf diese Rechte bereits verzichtet worden ist oder im Verlaufe verzichtet wird.

Indem wir Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme empfehlen, benützen wir auch diesen Anlass, Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den S.Juni

1916.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Decoppet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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(Entwurf.)

Bundesbescliliiss betreffend

Aenderung der Konzession einer Zahnradbahn von Brienz nach dem Rothorn.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Direktion der Brienz-Rothorn-Unternehmung A. G. in Brienz, vom 7. Februar 1916; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 5. Juni 1916, beschliesst: 1. Die durch Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1889 (E. A. S. X, 228) erteilte und durch die Bundesbeschlüsse vom 20. Juni 1894 und vom 29. Juni 1900 (E. A. 8. XDJ, 112 und XVI, 170) übertragene und abgeänderte Konzession einer Zahnradbahn von Brienz nach dem Rothorn wird neuerdings dahin abgeändert, dass die Gesellschaft von jetzt an bis Ende 1923 berechtigt ist, auf die Konzession zu verzichten, den Betrieb nach vorheriger Anzeige an den Bundesrat einzustellen und die Bahn abzubrechen.

2. Im Falle der gerichtlichen Zwangsliquidation werden die gesetzlichen Rechte der Gläubiger, soweit nicht ein Verzicht auf die Ausübung derselben vorliegt, vorbehalten.

3. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge dieses Beschlusses, der am 1. Juli 1916 in Kraft tritt, beauftragt.

~<3^)C--

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aenderung der Konzession der Zahnradbahn von Brienz nach dem Rothorn. (Vom 5. Juni 1916.)

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07.06.1916

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