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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Sommersession 1916).

(Vom 19. Mai 1916.)

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten Ihnen über folgende Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen : 1.

2.

(Solothurn).

3.

4.

5.

6.

(Nichtbezahlung der Militärsteuer.)

Die vorgenannten Militärsteuerpflichtigen wurden wegen schuldhafter Nichtbezahlung der Militärtaxe verurteilt: a.

(I. Rate), einschliesslich Gebühren von Fr. 23. 80, vom Polizeirichter von Bern am 28. August 1915 zu zwei Tagen Gefängnis, sechs Monaten Wirtshausverbot und den Kosten · *.

schliesslich Gebühren von Fr. 33. 60, vom Amtsgericht von Baisthal am 30. Dezember 1915 zu drei Tagen Gefängnis und den Kosten; c.

schliesslich Gebühren von Fr. 31.30, vom Polizeirichter von Pruntrut am 9. Februar 1916 zu vier Tagen Gefängnis, Wirtshausverbot bis zur Zahlung der Steuer und den Kosten ; Bundesblatt

68. Jahrg. Bd. II.

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d.

schließlich Gebühren von Fr. 11.85, vom Polizeirichtor von Interlaken am 18. Dezember 1913 zu zwei Tagen Gefängnis und den Kosten ; e, sehliesslich Gebühren von Fr. 19.35, vom Polizeirichter von Frutigen am 11. Januar 1916 zu sechs Tagen Gefängnis und den Kosten; ~ f.

(I.Rate), einschliesslich Gebühren von Fr. 8.80, vom Polizeirichter von Biel am 4. Februar 1916 zu zwei Tagen Gefängnis, sechs Monaten Wirtshausverbot und den Kosten..

Die Genannten ersuchen um Erlass der ausgesprochenen Strafen und machen zur Begründung ihrer Gesuche im einzelnen folgendes geltend: rufen sich darauf, dass sie infolge Mittellosigkeit, Krankheit, schlechten Geschäftsganges u. dgl. nicht imstande gewesen seien, ihre Steuerbetreffnisse zu bezahlen. Dem gegenüber ist darauf hinzuweisen, dass den Steuerpflichtigen geinäss Gesetz Gelegenheit geboten wurde, sich darüber auszuweisen, dass ihnen die Entrichtung der Taxe ohne eigene Schuld unmöglich war, und dass ihnen noch im gerichtlichen Verfahren Fristen zu nachträglicher Zahlung gewährt wurden. Sie haben indessen diese Gelegenheiten zur Wahrung ihrer Interessen versäumt und sind am Abspruchstermine, wo sich ihnen diese Möglichkeit zum letzten Male noch bot, unentschuldigt ausgeblieben. Unter diesen Umständen können sie nicht beanspruchen, noch nachträglich von der Begnadigungsinstanz gehört zu werden.

Abzuweisen ist ebenfalls das Gesuch lass der ihm auferlegten Strafe und Kosten, der zugestandenermassen sehr wohl in der Lage war, seine Steuer zu bezahlen und die Strafe, die mit Rücksicht darauf, dass er wegen des; gleichen Vergehens vorbestraft ist, schärfer ausgefallen ist, vollauf verdient hat. Seine Behauptung, er habe nur geringen Verdienst, widerspricht den Tatsachen. Soweit Befreiung von den Kosten anbegehrt wird, kann auf das Gesuch aus Gründen der Inkompetenz nicht eingetreten werden.

fällung die Militärsteuer bezahlt habe und deshalb zu Unrecht bestraft worden sei. In der Tat ergibt sich aus den Akten, dass

663 Taxe bezahlt hat. Da er aber davon dem Richteramt Biel keine Mitteilung machte und an der Verhandlung vom gleichen Tage trotz gehöriger Vorladung nicht erschien, so erfolgte seine Bestrafung. Es liegen keine Anhaltspunkte daftir vor, dass die Zahlung erst nach dem Urteil und nachdem Griessen von letzterem Kenntnis erhalten hatte, geschehen sei, so dass ihr nach dem Wortlaute des Bundesgesetzes vom 29. März 1901 und konstanter Praxis strafbefreiende Wirkung zukommt.

Antrag: E iangnisstrafe zu erlassen und das Wirtshaueverbot aufzuheben ; d K zuweisen.

7.

Nr. 22, Bern.

· (Gefährdung der Sicherheit des Eisenbahnverkehres.)

Am 17. Juni 1915 verschuldete Ernst Arni durch unvorsichtige Führung den Zusammenstoss zweier Wagen der Städtischen Strassenbahnen in Bern und wurde hierfür vom Polizeirichter von Bern am 25. November 1910, gestützt auf Art. 67 des Bundesstrafrechtee, zu Fr. 70 Busse verurteilt. Er kommt nun um gnadenweisen Erläse der Strafe ein und weist auf seine dürftigen Vermögensverhältaisse und die Höhe der Strafe hin, die in keinem Verhältnis zum begangenen Fehler stehe. Der städtische Polizeidirektor befürwortet das Gesuch, wogegen der Regierüngsstatthalter bemerkt, dass zur Begnadigung deshalb keine Veranlassung vorliege, weil die strafmildernden Umstände bereits bei Urteilsfällung berücksichtigt worden sind. Dieser Erwägung ist beizustimmen ; sie rechtfertigt die Abweisung des Gesuches.

A n t r a g : Das Gesuch des Ernst Arni sei abzuweisen.

8.

(Gefährdung der Sicherheit des Eisenbahnverkehres.)

Am 30. Oktober 1915 kollidierte in Freiburg der von Joseph Magnin geführte Wagen Nr. 7 der Städtischen Strassenbahn mit einem Fuhrwerk, wobei erheblicher Schaden verursacht wurde.

664 Das korrektioneile Gericht des Saariebezirkes erklärte Magnili schuldig der fahrlässigen Gefährdung der Sicherheit des Eisenbahnverkehres im Sinne von Art. 67 des Bundesstrafrechtes und verurteilte ihn zu Fr. 100 Busse und den Kosten.

Der Bestrafte ersucht um Erlass der Busse nebst Kosten durch Begnadigung mit der Begründung, dass der Zusammenstoss in erster Linie einem unglücklichen Zufalle zuzuschreiben sei. Die Busse werde er nicht bezahlen können, da er vermögenslos sei und eine zahlreiche Familie ernähren müsse.

Den Gesuchsteller trifft -- wie der Richter im Urteil feststellt -- nur ein geringes Verschulden, dem gegenüber die ausgesprochene Strafe hoch erscheint. Ihre Herabsetzung auf die Hälfte ist den gegebenen Umständen angemessen. Auf das Gesuch um Erlass der Kosten dagegen kann die Begnadigungsinstanz mangels Kompetenz nicht eintreten, auf Fr. 50 herabzusetzen.

9. J Mühlebachstrasse Nr. 25, Zürich.

(Übertretung des Bahnpolizeigesetzes.)

Das Bezirksgericht Baden verurteilte Johann Brunner am 30. Oktober 1915 wegen Übertretung des Bahnpolizeigesetzes, begangen durch Öffnen einer geschlossenen Barriere, zu Fr. 12 Busse und den Kosten.

Der Gebiisste ersucht um Erlass der Busse nebst Kosten durch Begnadigung unter Hinweis auf die Geringfügigkeit des Falles und seine vollständige Vermögens- und Arbeitslosigkeit.

sein renitentes und ungebührliches Verhalten nach dem Vorfall vollauf verdient. Sein Gesuch um Erlass der Busse ist daher, ganz abgesehen davon, dass die Angaben über seine Vermögensverhältnisse nicht belegt sind, abzuweisen. Auf das Begehren um Befreiung von den Kosten kann die Begnadigungsinstanz mangels Kompetenz nicht eintreten.

Antrag: abzuweisen.

665 10.

11.

(Übertretung des Lebensmittelpolizeigesetzes.)

Das Bezirksgericht Muri hat Leonz \Viniger, der ein erst drei Wochen altes Kalb im Mai 1915 an Stalder zum Sohlachten verkaufte und diesen, der es tags darauf schlachtete, wegen Übertretung des Bundesratsbeschlusses vom 19. Februar 1915 je zu einer Geldbusse von Fr. 10 und zur Hälfte der Staatsgebühr von Fr. 10 verurteilt. Winiger hatte sich ausserdem durch Nichtabgabe des Gesundheitsscheines eines Viehseuchenpolizeivergehens schuldig gemacht, wofür aber keine besondere Busse verhängt wurde.

Die Genannten erklären, in Unkenntnis der bestehenden Vorschriften gehandelt zu haben und bitten um Erlass der Bussen und Staatsgebühr. Das urteilende Gericht empfiehlt die Gesuchsteller zur Begnadigung.

Soweit Befreiung von den Staatskosten anbegehrt wird, kann die Begnadigungsinstanz aus Gründen der Inkompetenz auf die Gesuche nicht eintreten, und was die Bussen selbst anbetrifft, so kann, namentlich mit Rücksicht auf ihren geringen Betrag1, die behauptete Unkenntnis des Gesetzes nicht als genügender Grund zur Gewährung der Gnade anerkannt werden, A n t r a g : Leonz Winiger und Peter Stalder seien mit ihren Begnadigungsgesuchen abzuweisen.

12.

(Übertretung des Bundesgesetzes betr. das Absinthverbot.)

Im Jahre 1914 hat Heinrich Zwahlen, zusammen mit dem Handelsreisenden Fritz Jacot, in Genf, mehr als tausend Liter Absinth fabriziert und an Kunden in den Kantonen Neuenburg und Genf abgegeben. Sie führten mit diesem Getränk ein eigentliches Handelsgeschäft, hielten Geschäftsbücher- und Handelsreisende, wobei zur Erleichterung des Vertriebes zum Teil Literflaschen . verwendet wurden mit Etiketten, die. denjenigen der Firma Sandoz & Cie. in Môtiers nachgeahmt waren, und die falsche Jahreszahl 1904 trugen.

Auf Anzeige der Polizeibehörden von Neuenburg hin wurde eine Untersuchung eingeleitet, die zur Bestrafung der Obgenannten

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und von 22 des Transportes, Verkaufes oder der Auf bewahr ung von Absinth Mitangeschuldigten führte. Als Hauptschuldigen verurteilte das Polizeigericht Neuenburg den Heinrich Zwahlen zu 15 Tagen Gefängnis und Fr. 1500 Busse. Der Bestrafte hat die Gefängnisstrafe erstanden und Fr. 650 abbezahlt und stellt nun das Gesuch um Herabsetzung der Busse durch Begnadigung. Er macht geltend, dass er nur mit Mühe für den Unterhalt seiner Familie aufzukommen vermöge und die Strafe ausserordentlich schwer ausgefallen sei.

Zur Berichterstattung über dieses Gesuch veranlagst, beantragt der Generalprokurator des Kantone Neuenburg dessen Abweisung und führt u. a. aus : Das Vergehen, dessen sich Zwahlen und Konsorten schuldig gemacht haben, trägt den Charakter besonderer Schwere. Es kennzeichnet sich als eigentlicher Handelsbetrug mit Rücksicht auf die betrügerischen Mittel, die die Schuldigen beim Vertriebe der übrigens minderwertigen aber teuer verkauften Ware zur Anwendung brachten. Das Geschäft war einträglich. Zwahlen als Haupturheber der in gewinnsüchtiger Absicht begangenen Übertretungen verdient keine Bevorzugung gegenüber den übrigen Bestraften, da auch die ihm auferlegte Strafe durchaus nicht übermässig hoch ist.

Diesen Erwägungen ist in allen Teilen beizupflichten, wobei noch zu erwähnen ist, dass die dem Gesuchsteller vom Justizdepartement dea Kantons Neuenburg gewährte Erleichterung der monatlichen Ratenzahlungen von Fr. 100 seinen Erwerbsschwierigkeiten genügend Rechnung trägt.

A n t r a g : Heinrich Zwahlen sei mit seinem Begnadigungsgesuch abzuweisen.

13.

(Übertretung des Viehseuchenpolizeigesetzes.)

'.

Das Bezirksgericht Brugg verurteilte Christian Busslinger, der im August 1915 am Viehmarkt in Brugg einen Gesundheitsschein mifr gefälschtem Datum und Bestimmungsort vorgewiesen hatte, wegen Übertretung des Viehseuchenpolizeigesetzes zu Fr. 10 Busse. Der Genannte bittet um Erlasa der Strafe durch Begnadigung und behauptet, aus Not und in der Verwirrung gehandelt zu haben.

Diese Umstände sind indessen bereits vom urteilenden Gericht berücksichtigt worden, und haben zu sehr milder Bestrafung

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geführt, weshalb es sich nicht rechtfertigt, den geringfügigen Betrag der Busse zu erlassen.

A n t r a g : Chr. Busslinger sei mit seinem Begnadigungsgesuch abzuweisen.

14.

(Zollübertretung.)

Im Juni 191.4 haben Jakob Götz, Knecht bei Hermann Brütsch, Wirt zum Waldheim (Gemeinde Öhningen), und Wilhelm Schlagenhauf im Auftrag des vorgenannten Brütsch mittelst Fuhrwerkes auf einer für den Verkehr mit zollpflichtigen Gegenständen verbotenen Strasse zwanzig Stück Ferkel Tom Waldheim nach Hernishofen eingeführt und dadurch den Fr. 400 betragenden Zoll umgangen. Die Fehlbaren, die sich dem administrativen Strafentscheid nicht unterzogen, wurden dem Strafrichter überwiesen und verurteilt; Götz vom Bezirksgericht Stein a./Rh. zu Fr. 1200 und Schlagenhauf vom Obergericht des Kantons Schatthausen zu Fr. 800 Busse.

· · Die Bestraften stellen nun, nachdem G-ötz Fr. 600 und Schlagenhauf Fr. 450 abbezahlt haben, das Gesuch, es möchte ihnen, mit Rücksicht auf ihre ärmlichen Verhältnisse, der Rest der Bussen im Gnadenwege erlassen werden. Das schweizerische Zolldepartement, in Übereinstimmung mit der Oberzolldirektion und der Zolldirektion Schaff hausen, befürwortet das Gesuch , und weist darauf hin, dass die Gesuchsteller nur als Werkzeuge des Hermann Brütsch und ohne gewinnsüchtige Absicht am Schmuggel mitwirkten, dass sie an die Busse, soviel als ihnen möglich war, bezahlt haben und den Rest durch Haftstrafe verbüssen müssten. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, dem Gesuche zu entsprechen.

A n t r a g : Es seien die nichtbezahlten Bussbeträge zu erlassen.

15.

Terrazzoarbeiter in Aarau, und dessen Ehefrau Eritlinia (Übertretung der bundosrätlichen Verordnung über die Zivilstandsregister vom 25. Februar 1910.)

Die Eheleute ·des Gerichtspräsidenten von Aarau wegen verspäteter Anmeldung

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ihres vorehelich geborenen Kindes je zu Fr. 5 Busse und den Kosten verurteilt. Sie bitten um Erlass der Bussen im Gnaden^ wege, und berufen sich auf Unkenntnis des Gesetzes und vollständige Mittellosigkeit. Der Gerichtspräsident von Aarau und die Justizdirektion des Kantons Aargau empfehlen sie zur Begnadigung.

Mag auch angenommen werden, dass die rechtzeitige Anmeldung aus Gesetzesunkenntnis und nicht aus Nachlässigkeit unterblieb, so handelt es sich doch nur um ganz geringfügige Ordnungsbussen, denen gegenüber eine Begnadigung nicht am Platze ist.

sei abzuweisen.

16. Frau (Übertretung des Jagdgesetees.)

F wurde hierfür vom Polizeirichter von Bern am 9. September 1915 gemäss Art. 21, Ziff. 6, lit. d, des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz zu Fr. 10 Busse und den Kosten verurteilt. Sie ersucht um gnadenweisen Erlass der Strafe samt Kosten mit der Begründung, dass sie sich der Rechtswidrigkeit ihrer Handlungsweise nicht bewusst war und wegen ihrer ärmlichen Verhältnisse nicht imstande sei, den Betrag zu bezahlen. Der städtische Polizeidirektor empfiehlt das Gesuch zur Berücksichtigung, der Regierungsstatthalter dagegen nicht.

Soweit Erlass der Kosten anbegehrt wird, kann die Begnadigungsinstanz aus Gründen der Inkompetenz auf das Gesuch nicht eintreten, und, sofern sich dieses auf die Busse selbst bezieht, liegt angesichts des ganz geringfügigen Betrages keine Veranlassung vor, ihm zu ensprechen.

abzuweisen.

17.

(Übertretung des Jagdgesetzes.)

Der Polizeirichter des Bezirks Freibergen verurteilte Boillat obgenannt, der am 16. November 1915 in einem durch Bundes-

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ratsbeschluss vom 23. Juli 1915 mit Jagdbann belegten Gebietsteile der Gemeinde Mqntfaucon mit geladenem Gewehr betroffen worden war, zu Fr. 100 Busse wegen Übertretung des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz.

Gewehr den Bannbezirk betreten zu haben, später aber die Richtigkeit der Anzeige zugegeben und stellt jetzt ein Begnadigungsgesuch, das vom urteilenden Richter und dem Regierungsstatthalter befürwortet wird, worin er ausführt, dass ihm jede böswillige Absicht ferngelegen sei, und er nur aus Versehen unterlassen habe, sein Gewehr rechtzeitig zu entladen.

Diese Angaben sind nicht überzeugend; es sprechen gegen sie das Verhalten des Gesuchstellers vor Gericht und namentlich auch die Tatsache, dass er am Tage des Vorfalles, sobald er sich bemerkt sah, sein Gewehr entlud, was darauf schlieesen lässt, dass er bewusst mit schiessbereiter Waffe das Banngebiet beging. Unter diesen Umständen kann dem Gesuche nicht entsprochen werden, abzuweisen.

18.

(Übertretung des Jagdgesetzes.)

Barth in Fahy dabei betroffen, als er in einem Walde der Gemeinde Bure Schlingen zum Einfangen von Wild legte.

Vor den Polizeirichter von Pruntrut geladen, bestritt der Verzeigte, die Schlingen gelegt zu haben und erklärte, dass sein Hund zwei Tage vorher in eine dieser Fangvorrichtungen geraten sei, weshalb er sich entschlossen habe, sie zu entfernen. Der Richter erachtete indessen den Schuldbeweis als erbracht und verurteilte Theubet am 26. Januar 1916, gemäss Art. 21, Ziffer 2, des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz zu einer Busse von Fr. 300.

Der Bestrafte stellt nun das Gesuch um gänzlichen oder toilweisen .Erlass der Busse durch Begnadigung, gestützt darauf, dass er vollkommen unschuldig und zu Unrecht verurteilt worden sei. Nun entzieht sich aber die vom Richter ausgesprochene Bejahung der Schuldfrage der Nachprüfung durch die Begnadigungsinstanz. Infolgedessen können die vom Gesuchsteller angegebenen

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Gründe nicht berücksichtigt werden, und ist soin Gesuch abzuweisen. Seinem guten Leumund ist bei der Strafausmessun dadurch bereits Rechnung getragen, dass der Richter das gesetzliche Mindestmass der Strafe zur Anwendung brachte.

abzuweisen.

19.

(Übertretung des Jagdgesetzes.)

I seines Aufenthaltes auf der Alp Lavtina, im Banngebiet mittelst Drahtschlingen Jagd auf Murmeltiere gemacht und ein solches eingefangen und verspeist. Die Fusse des Tieres versteckte er im Keller, den Balg warf er in einen Bach. Vom Wildhüter ertappt und dem Bezirksamt Sargans vorzeigt, gestand der Fehlbare die Tat ein. Er wurde, gestützt auf Art. 21, Ziffer 2, des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz zu Fr. 300 Busse verurteilt, um deren Herabsetzung durch Begnadigung er nun nachsucht.

Er behauptet, sich keiner strafbaren Handlung bewusst gewesen zu sein und macht geltend, dass ihn die Strafe, da er vermögenslos sei und nur geringen Verdienst habe, sehr hart treffe.

Nach den Ergebnissen der Untersuchung ist nicht anzunehmen, dass der Täter das Jagdverbot nicht kannte, da er sonst die Überreste des verspeisten Tieres nicht versteckt und beseitigt haben würde, auch musste er wissen, dass er sich im Banngebiete befand. Mit Rücksieht auf die Jugend des Fehlbaren und seine schwierige ökonomische Lage aber erscheint doch eine etwelche Ermässigung der hohen Geldbusse gerechtfertigt (vgl, Art. 23, Ziffer 3, des Bundesgesetztes).

auf Fr. 100 herabzusetzen.

20.

(Übertretung des Jagdgesetzes.)

Am Sonntag den 4. Oktober 1914, während geschlossener Jagdzeit, begab sich Jakob Rupp in Begleitung seines Schwagers, Sebastian Uehli, auf die Jagd in die Ragazer Alp Lasa, wo er

671 mittelst einer zusammenlegbaren Flinte zu verschiedenen Malen auf Murmeltiere echoss, jedoch ohne zu treffen. Vom Wildhüter auf dem Heimwege aufgehalten, gestand er die Tat ein und wurde, auf erstattete Anzeige hin, vom Bezirksamt Sargans, in Anwendung von Art. 21, Ziffer 4, lit. a, des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz, zu Fr. 50 Busse verurteilt. Er stellt nun das Gesuch um Brlass der Strafe durch Begnadigung mit dem Bemerken, dass er aus Not gehandelt habe, da sein-Verdienst als Taglöhner für den Unterhalt seiner zahlreichen Familie nicht ausreiche; er werde daher auch die Busse nicht bezahlen können. Der Gemeindeammann von Pfäfers und der Bezirksammann empfehlen das Gesuch und fügen bei, dass der Fehlbare durch seinen Schwager zum Jagdfrevel verleitet worden sei, eine Annahme, die indessen durch das Ergebnis der Untersuchung nicht bestätigt wird. Nach den Akten hätte im Gegenteil Rupp den Uehli aufgefordert, ihn auf die Jagd zu begleiten.

Das Bezirksamt Sargans hat bei Ausfällung der Busse nicht berücksichtigt, dass sich der Vorfall während geschlossener Jagdzeit ereignete, und Rupp eine zusammengeschraubte Flinte bei sich trug, beides Umstände, die nach Gesetz zu einer bedeutend höhereu Gesamtstrafe hätten führen sollen, und hat auf das Mindestmass der für das Jagen am Sonntag vorgesehenen Strafe erkannt.

Eine Begnadigung des Gesuchstellers, dem auf diese Weise bereits weitgehende Schonung zuteil wurde, würde sich daher nicht rechtfertigen.

Antrag: J abzuweisen. .

21.

(Übertretung des Jagdgesetzes.)

Am Sonntag den 26. September 1915 begab sich Haldi mit «inem Begleiter auf die Jagd im Banngebiet Gsteig und schoss auf zwei Gemsen, jedoch ohne zu treffen.

Er wurde hierfür vom Polizeirichter von Saanen zu Fr. 200 Busse verurteilt, an die er Fr. 10 bezahlt hat und bittet nun um gnadenweisen Erlass des Restes der Strafe mit Rücksicht auf seine ärmlichen Familienverhältnisse und sein jugendliches Alter.

Die Porstdirektion des Kantons Bern beantragt Reduktion der Busse auf Fr. 80, wofür der Umstand spreche, dass Haldi

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von a seinem Begleiter zur Jagd verleitet worden sei. Diesem Antrage kann zugestimmt werden.

Bussenrestanz von Fr. 190 sei auf Fr. 80 herabzusetzen.

22.

(Übertretung des Jagdgesetzes.)

Im .Novembe etwa 8 Tagen im Gebiete B des Bannbezirkes Männlichen und mit ihnen, während zwei Tagen, der Sektionschef von Interlaken, Herrmann Oehrli. Vom Wildhüter entdeckt und auf das Jagdverbot aufmerksam gemacht, behaupteten sie, hiervon keine Kenntnis gehabt zu haben und setzten, ungeachtet dieser Verwarnung, ihre Jagd am folgenden Tage fort. Nach erfolgter Anzeige wurden die Fehlbaren vom Polizeirichter von Interlaken, gemäss Art. 2:1, Ziffer 3, lit. b, des Buudesgesetzes über Jagd und Vogelschutz, je zu Fr. 100 Busse verurteilt, welche Strafe auf erfolgte Appellation hin oberinstanzlich bestätigt wurde.

Dio Bestraften ersuchen um Erlass der ausgesprochenen Bussen durch Begnadigung mit der Begründung, dass ihnen die Jagdverordnung für 1915, die das Jagen im fraglichen Bezirk, im Gegensatz zur früheren Regelung, verbietet, nicht vorschriftsgemäsa bei Erteilung des Patentes als Beilage mitgeteilt worden und daher ohne eigene Schuld unbekannt gewesen sei. Die Forstdirektion des Kantons Bern beantragt Abweisung dieses Gesuches und weist darauf hin, dass die Jäger, auch angenommen, die Verordnung für 1915 sei ihnen nicht persönlich zugestellt worden, daraus nicht schliessen konnten, dass diejenige für 1914 weiter in Kraft bleibe und sich im Zweifelsfalle in den amtlichen Blättern hätten Aufklärung verschaffen solleû, wo die neue Verordnunggehörig veröffentlicht worden war. Übrigens könnten die Bestraften sich schon deshalb nicht auf guten Glauben berufen, weil sie die verbotene Jagd nach Verwarnung durch den Wildhüter fortsetzten. Diesen Erwägungen ist in allen Teilen beizupflichten, die Strafe in vollem Umfange aufrecht zu erhalten,, um so mehr, da Christian Bischoff dreimal, sein Bruder Robert einmal wegen Jagdfrevel und Oehrli wegen Jagenlassen von Hunden vorbestraft ist.

673

Antrag: Oehrli seien mit ihrem Begnadigungsgesuche abzuweisen.

23.

(Übertretung des Bundesgesetzes über Jagd- und Vogelschutz.)

Im September 1915 stellte Frédéric Grandjean auf das Ansuchen eines Nachbarn, ihm einen Distelfink zu verschaffen, auf einem Fensterbrett in seiner Wohnung eine Falle mit einem Lockvogel zum Vogelfang auf, und wurde hierfür vom Préfet du district de la Vallée mit Fr. 40 Busse belegt. Er unterzog sich ohne weiteres der administrativen Verfügung, bittet nun aber um -teilweisen Erlass der Strafe, da er die Mittel zur Bezahlung der Summe unmöglich aufbringen könne.

Der Préfet du district de la Vallée schildert den Gesuchsteller als rechtschaffenen Mann, der mit viel Mühe eine sehr zahlreiche Familie auferzogeu habe und ohne eigene Schuld in schwierige Vermögens Verhältnisse geraten sei, und beantragt daher Herabsetzung der Busse auf Fr. 20. Mit Rucksicht hierauf und -auf das hohe Alter des Grandjean, der die Übertretung aus Gefälligkeit und nicht aus Eigennutz beging, rechtfertigt es sich, diesem Antrage zu entsprechen.

Antrag: Busse auf Fr. 20 herabzusetzen.

24.

Waadt).

(Übertretung des Jagdgesetzes.)

Hermenches und Meilleries, mit einigen Begleitern, mittelst einer eisernen Falle und anderen Fangvorrichtungen auf die dort in ihren Bauten befindlichen Dachse Jagd gemacht und wurde hierfür am 10. Mai 1915 vom Préfet des Bezirks Moudon auf administrativem Wege, in Anwendung von Art. 37, Ziffer 3 des waadtländischen Jagdgesetzes, mit einer Busse von Fr. 120 belegt, welcher Verfügung er sich ohne weiteres unterzog. Er stellt nun das Gesuch um teilweisen Erlass der Strafe mit der Begründung, dass er sich einer strafbaren Handlung nicht bewusst gewesen sei und die hohe Busse nicht bezahlen könne.

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Der Préfet des Bezirks Moudon bestätigt, dass Voruz monatlich , nur Fr. 20 verdient und seine Eltern von der Gemeinde unterstützt werden und beantragt mit Rücksicht darauf, dass der Fehlbare nicht gewohnheitsmässiger Frevler ist und sich von seinem Dienstherrn zur Jagd verleiten Hess, ohne die Strafbarkeit seiner Handlung zu erkennen, Herabsetzung der Busse auf Fr. 20. Diese Verhältnisse und der Umstand, dass die verbotene Jagd ohne Erfolg geblieben ist. rechtfertigen es, dem Gesuche teilweise zu entsprechen, immerhin nicht in dem Umfange, wie vom Préfet von Moudon beantragt wird, da sowohl das eidgenössische als das kantonale Gesetz diese Handlungen im mindesten mit Busse von Fr. 100 bedrohen.

Antrag: Betrag von Fr. 40 zu ermässigen.

25.

bünden).

(Übertretung des Fischereigesetzes.)

Der wegen Fischfrevel mehrfach vorbestrafte wurde am 4. Januar 1916 neuerdings beim verbotenen Fischfange' ertappt und von den Polizeiorganen dem Kreisamt V Dörfer verzeigt. Vor Gericht gab der Angeschuldigte zu, am 3. und 4. Januar 1916 (zur Schonzeit) mittelst einer Fischgabel Forellen gefangen zu haben. Er wurde gemäss Art. 31 des Bundesgesetzes, betreffend die Fischerei zu Fr. 400 Busse und Entzug der Berechtigung zum Fischen auf die Dauer von vier Jahren verurteilt und bittet jetzt um Herabsetzung der Geldstrafe durch Begnadigung, mit Bücksicht auf seine ärmlichen Verhältnisse. Der Präsident des Kreisamtes V Dörfer beantragt Abweisung des Gesuehstellers unter Hinweis auf seine zahlreichen Vorstrafen.

Schon anlässlich eines im Jahre 1914 eingereichten, von der, Begnadigungsinstanz abgewiesenen Gesuches Majoleths betreffend eine frühere Verurteilung wegen des gleichen Vergehens, wurde festgestellt, dass Fälle verbotenen Fischfanges in der Gemeinde Untervaz besonders häufig vorkommen, und der Genannte als berüchtigter Fischfrevler bekannt sei. (Vgl. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 22. Mai 1914, Bundesbl.

1914, Bd. 3, S. 367.) Unter diesen Umständen ist eine Herabsetzung der mit Recht hoch bemessenen Strafe nicht geboten.

675 Antrag: gesuche abzuweisen.

26.

(Übertretung des Lebensmittelpolizeigesetzes.)

Mit Verfügung vom 13. November 1915 belegte der Regierungsrat des Kantons Tessin Karl Lehmann, wegen Übertretung der bundesrätlichen Verordnung vom 8. Mai 1914 betreffend dea Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, zu Fr. 20 Busse, weil er zu zwei verschiedenen Malen bei den Astoriawerken in Königinhof (Böhmen) Sendungen von Kunsthonigpulver bestellte und zugeschickt erhielt, das, laut amtlichem Befund, künstliche Aromastoffe und fremde Farbstoffe enthielt. Gegen diese Verfügung rekurrierte der Genannte beim kantonalen Strafgericht und wurde abgewiesen. Er stellt nun ein Begnadigungsgesuch mit der Begründung, dass er in beiden Fällen aus Unkenntnis des Gesetzes gehandelt habe, da er, der italienischen Sprachenicht mächtig, die ihm nach Beschlagnahme der ersten Sendung gemachte Mitteilung, wonach die Einfuhr des Pulvers verboten sei, nicht verstanden habe.

Auch wenn dem Gesuchsteller die erwähnte Mitteilung nicht verständlich gewesen ist -- was indes kaum angenommen werden kann -- und er vor der neuen Bestellung eine Erklärung hierüber nicht einholte, so hat er sich dadurch einer Nachlässigkeit schuldig gemacht, welche die übrigens geringe Busse durchaus rechtfertigt.

Er ist daher mit seinem Begnadigungsgesuche abzuweisen.

Antrag:

27.

28.

(Nichtbezahlung der Militärsteuer.)

Die vorgenannten Militärsteuerpflichtigen wurden wegen Nichtbezahlung der Militärtaxe verurteilt: a.

schliesslich Gebühren, von Fr. 22. 30, vom Polizeirichter von

676 Pruntrut, am 29. März 1916, zu vier Tagen Gefängnis, Wirtshausverbot bis zur Bezahlung der Steuer und den Kosten; b.

von Fr. 7. 50, .vom Polizeigericht Arlesheim, am 10.Februar 1916, zu ein Tag Gefängnis und den Kosten.

Sie bitten um Erlass der ausgesprochenen Strafen durch Begnadigung mit der Begründung, dass sie die schuldige Militärsteuer vor der Urteilsfällung bezahlt hätten und daher zu Unrecht bestraft worden seien. Es ergibt sich in der Tat aus den Akten, dass Bosch die Taxe am 27. März 1916 beim Sektionschef Biel bezahlte, davon aber dem Polizeirichter von Pruntrut keine Mitteilung machte und an der Verhandlung am 29. März nicht erschien, weshalb seine Bestrafung erfolgte. Desgleichen hat Zweifel am 15. Januar 1916 beim Sektionschef Münchenstein eine Zahlung von Fr. 7. 50 gemacht, die aber für die ebenfalls nicht bezahlte Steuer für 1908 verwendet wurde. Diese Verrechnung war nicht zulässig, da der Militärpflichtersatz für 1908 gemäss Art. 11 des Bundesgesetzes betreffend den Militärpflichtersatz vom 28. Juni 1878 verjährt war. Auch hier muss daher wie im Falle gelten, welchem Umstände nach dem Wortlaut des Gesetzes und konstanter Praxis strafbefreiende Wirkung zukommt. Es empfiehlt sich daher der Erlass der Strafen durch Begnadigung.

Antrag: auferlegten Gefängnisstrafen zu erlassen.

29.

30, böööööö 31.

32, (Übertretung des Art. 213 M. 0.)

Die vorgenannten wurden wegen unbefugter Veränderung von Pikettpferden verurteilt: . 2 an Emil Bögli in Beinwil (Solqthurn), vom Polizeirichter von Delsberg, am 5. Januar 1916, zu Fr. 100 Busse und den Kosten; Emil Holliger und Fritz Häusermann wegen Verkaufes des Pferdes Nr. 5330/46 (Holliger an Häusermann und dieser an Frey in Erlinsbach, Kt. Aargau), vom Bezirksgericht Lenzburg, am 23. Dezember 1915, je zu Fr. 100 Busse und den Kosten;

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an Alexander Ruchti, Muller in Schupfen, vom Polizeirichter von Aarberg, am 1. Februar 1916, zu Fr. 100 Busse und den Kosten.

Die Bestraften ersuchen um Erlass der auegesprochenen Bussen und machen zur Begründung ihrer Gesuche folgendes geltend : sie infolge Unkenntnis der bestehenden Vorschriften nicht gewuss hätten, dass die veräusserten Pferde auf Pikett standen, oder dass die Einholung einer Verkaufsbewilligung notwendig war. Demgegenüber ist festzustellen, dass es sich in allen diesen Fällen um gebrannte Pferde handelte, die für jedermann als Pikettpferde erkenntlich waren, und dass die Verkäufe in den Monaten April und Mai des Jahres 1915 erfolgten, einer Zeit, wo die Pferdebesitzer durch zahlreiche Publikationen und andere Mitteilungen über die geltenden Vorschriften unterrichtet worden waren.

.zu sein, da er nur als Makler am Verkaufe des Pferdes beteiligt gewesen sei. Zur Vernehmlassung aufgefordert, beantragt die Oberleitung der Pferdedepots Abweisung dieses Gesuches. Sie weist darauf hin, dass die vom Gesuchsteller gegebene Darstellung des Verkaufes den Ergebnissen der Untersuchung widerspricht, dass er wegen des gleichen Vergehens mehrmals vorbestraft ist und daher eine schwerere Strafe als die ihm auferlegte verdient hätte. Diesen Ausführungen ist beizupflichten.

A n t r a g : Die Begnadigungsgesuche H weisen.

33.

seit dem Jahre 1878 aus dem deutschen Staatsbürgerrecht entlassen, verheiratet, Vater von zwei Kindern, wohnhaft gewesen in Basel, zurzeit als Zuchthaussträfling in der kantonalen Strafanstalt in Basel verhaftet.

(Sprengstoffvergehen.)

Am 2. August 1914 wurde A eines Falles von Militärspionage in Basel verhaftet. Die kantonale Polizei fand im Keller seiner Wohnung, Habsburgerstrasse 15, in Basel, eine mit Pikrinsäure gefüllte Sprengbombe samt ZündBundesblatt. 68. Jahrg. Bd. II.

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schnür, Sprengkapseln und Klammern aus Eisen und Kupferblech..

Durch Sachverständige wurde festgestellt, dass diese Sprengbombegenüge, um Eisenbahnschienen, Weichen, leichtere Brückenträger;.

usw; gründlich zu zerstören. Reisser gab auf Befragung zu, dass er diese Materialien von einer auswärtigen Militärmacht erhaltenund beabsichtigt habe, von denselben nach Ausbruch eines Krieges Gebrauch zu machen, um eine Eisenbahnlinie auf feindlichem, Boden zu zerstören und dadurch die Mobilisation der Truppen zu erschweren.

Auf Grund dieser Tatsachen verurteilte das Strafgericht des.

Kantons Basel-Stadt am 26. August 1914 den Adolf Reisser wegen Übertretung des Art. 3 des Bundesgesetzes über Ergänzung des Bundesstrafrechtes vom 12. April 1894 durch verbotene Übernahme und Aufbewahrung von Sprengstoffen zu drei Jahren Zuchthaus, zu zehnjähriger Einstellung im Aktiv-Bürgerrecht nachErstehung der Strafzeit und ferner zu lebenslänglicher Verweisung aus dem Gebiete der Eidgenossenschaft und zur Tragung derKosten unter Konfiskation der corpora delicti.

Dieses Urteil wurde von Reisser durch Appellation an daskantonale Obergericht und naehher durch Kassationsbeschwerde an das Bundesgericht gezogen, aber von beiden Instanzen in allen.

Teilen bestätigt, wobei besonders hervorgehoben wurde, dass auch das, wie das Bundesgericht sich ausdrückt, ziemlich strenge Strafmass den Verhältnissen des Falles entspreche.

Im September 1915 reichte der noch restierenden Freiheitsstrafe durch Begnadigung ein, indem er geltend machte, dass ihm jedenfalls kein anarchistisches Verbrechen zur Last falle, aber auch sonst kein Verbrechen im ge-wöhnlichen Sinne, und dass das ihm zur Last gelegte Delikt mit der ausgestandenen Zuchthausstrafe offenbar hinreichend gesühnt sei.

Der Bundesrat beantragte in einem Berichte vom 26. November 1915, es sei das Begnadigungsgesuch des Adolf Reisser z u r z e i t abzuweisen mit der Feststellung, dass die von den kantonalen Gerichten ausgesprochene und auch vom Bundesgericht gebilligte Unterstellung der Handlungen des Gesuchstellers unter Art. 3 des Sprengstoffgesetzes vom 12. April 1894 in rechtlicher Beziehung unanfechtbar sei und dass auch kein genügender Grund: vorliege, die innerhalb der gesetzlichen Schranken vom Richter ausgemessene Strafe auf dem Wege der Begnadigung zu mildern, bevor die kriegerischen Wirren in den die Schweiz umgebenden»

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Staaten ein Ende gefunden haben. (Siehe den Bericht des Bundesrates im Bundesblatt 1915, Band 4, Seite 115). Der Verteidiger des Adolf R'eisser zog hierauf das Begnadigungsgesuch vor dem Zusammentritte der Bundesversammlung zurück.

Mit Eingabe vom 3. März 1916 erneuerte Adolf Reisser sein Gesuch um Begnadigung unter Wiederholung der früher geltend gemachten Gründe und unterstutzt durch eine Eingabe des Advokaten Francis Mauler in Neuenburg vom 29. April 1916. Er wird bis zum Beginn der Sommersession der Bundesversammlung 20 Monate, also mehr als die Hälfte der ihm auferlegten Strafe erstanden haben und hat sich laut Bericht der Strafanstaltsdirektion in dieser Zeit gut verhalten.

Die lebenslängliche Landesverweisung, die vom Gericht über den Gesnchsteller verhängt wurde, bietet Gewähr dafür, dass er nicht mehr in den Fall kommen wird, auf schweizerischem Gebiete Verbrechen gegen einen ausländischen Staat vorzubereiten oder zu verüben.

A n t r a g : Es sei dem Begnadigungsgesuch des zu entsprechen und derselbe nach Erstehung von zwei Dritteln seiner Strafe, also mit 29. September 1916, unter Vollzug der Landesverweisung aus der Strafanstalt zu entlassen.

34.

gewesen in Dietikon, zurzeit in der Strafanstalt Regensdorf.

(Fälschung von Noten der Schweiz. Nationalbank).

Aarau mit Fr. 20 Busse bestraft, ferner am 9. Juni 1898 vom Kriminalgerichte des Kantons Aargau wegen Banknotenfälschung mit 4 Jahren und 2 Monaten Zuchthaus und .6 Jahren Ehrverlust.

Er hat diese Strafen erstanden, und zwar wurde er, nachdem ihm der Grosse Rat des Kantons Aargau ein Jahr der Zuchthausstrafe erlassen, am 25. August 1900 bedingt auf Wohlverhalten in Freiheit gesetzt. Später fand er in Zürich Arbeit und Verdienst als Lithograph und liess er sich mit seiner Familie in Dietikon nieder. Im Jahre 1908 aber schritt er neuerdings zur Verübung des Verbrechens der Banknotenfälschung, zu dem ihn seine Berufskenntnisse besonders befähigten. Er erwarb eine Autographiepreeee und die nötigen Steine und übrigen Materialien und fertigte daraus zirka 120 Stück Fr. 100 Noten der Schweiz. National-

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bank,. an, von denen mindestens 60 Stück in Umlauf gesetzt wurden. Sowohl bei der Herstellung der Noten, als beim Inverkehrbringen derselben bediente er sich der Mithülfe von Drittpersonen, meist Mitglieder seiner engern Familie. Nach durchgeführter Strafuntersuchung wurde Ölhafen am 6. Mai 1909 als geständig vom zürcherisehen Obergerichte wegen Fälschung von Banknoten im Sinne des Art. 66 des Bundesgesetzes über die Nationalbank vom 6. Oktober 1905 zu 8 Jahren Zuchthaus, abzüglich 2 Monate Untersuchungs- und Sicherheitsverhaft und zu lOjähriger Einstellung im Aktivbürgerrecht verurteilt. Diejenigen Personen, die ihm bei Verübung des Verbrechens behülflich waren, erlitten ebenfalls entsprechende Strafen.

Arnold Ölhafen hat bereits im Jahre 1914 und wiederum Ende des Jahres 1915 das Gesuch gestellt, dass ihm der Strafrest durch Begnadigung erlassen werde. Er wurde aber mit diesen Gesuchen abgewiesen, weil er durch den schweren Rückfall in das nämliche Verbrechen sich als hartnäckiger gemeingefährlicher Fälscher erwiesen habe und ein erneuter Rückfall bei ihm, wenn er in Freiheit gesetzt würde, keineswegs ausser Frage stehe (siehe über alle diese Verhältnisse den Bericht dés Bundesrates über das zweite Begnadigungsgesuch des Arnold Ölhafen, Bundesbl. 1915, Bd. 4, S. 70 u. ff,).

Nunmehr erneuert der Verurteilte das Gesuch um Erlass des Strafrestes. Zur Begründung führt er, wie früher, im wesentlichen an, er sei durch Krankheit und schwere Schicksalsschläge in seiner Familie, auch abgesehen von seiner Strafe, sehr hart geprüft worden ; man möge ihm, mit Rücksicht auf seinen Fleiss und sein gutes Betragen in der Strafanstalt, durch Entlassung ermöglichen, seiner in Not geratenen-Familie zu Hülfe zu kommen ;· Arbeit sei ihm zugesichert.

Die Direktion der Strafanstalt Regensdorf empfiehlt, wie schon früher,, auch diesmal das Gesuch des Arnold Ölhafen warm zur Entsprechung, indem sie wiederholt bezeugt, dass der Verurteilte während der ganzen abgelaufenen Zeit sich durch gutes Verhalten und Fleiss ausgezeichnet habe, was nach ihrer Ansicht für seine dauernde Besserung Gewähr biete. Sie bestätigt auch, dass Ölhafen sofort nach seiner Entlassung in einem lithographischen Geschäfte in Zürich lohnende Anstellung finden werde.

. Der Gesuchsteller hat am 6. Mfirz 1916 von seiner Strafe sieben Jahre erstanden
und es darf wohl angenommen werden, dass der Erlass des verhältnismässig kurzen Restes ihn in dea Vorsätzen für zukünftiges gutes Verhalten nach Rückkehr in die

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Freiheit bestärken werde. Die wiederholten Zeugnisse der Strafanstaltsbeamten über ihre langjährigen Beobachtungen der Führung des Sträflings und über die Schlüsse, zu denen sie berechtigen, dürfen wohl als ausschlaggebend betrachtet werden für die Entscheidung über das Begnadigungsgesuch im jetzigen Momente.

Antrag: fassung der Bundesversammlung noch bestehende Rest der Strafe zu erlassen.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 19. Mai 1916.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Decoppet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Sommersession 1916). (Vom 19. Mai 1916.)

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