# S T #

87.045

Bericht über das Übereinkommen Nr. 162 und über die Verfassungsänderung der IAO, angenommen 1986 an der 72. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz vom 15. Juni 1987

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehite Damen und Herren, wie es Artikel 19 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisationen (IAO) verlangt, erstatten wir Ihnen Bericht über das Übereinkommen (Nr. 162) über die Sicherheit bei der Verwendung von Asbest sowie die Verfassungsänderung, die anlässlich der 72. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommen worden ist, und bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

15. Juni 1987

1336

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Aubert Der Bundeskanzler: Buser

1987-395

Übersicht Dieser Beucht ist m diei Teile geghedeit hach emei kuizen Einleitung prüfen wir im zweiten Teil das Übereinkommen <"Ni 162) übet die Sicheiheit bei dei Veiwendung von Asbest Der dritte Tei! gibt eine kurze Ubeisieht ubei die durch die Konfei enz angenommenen Veifassungsandenmg dei IAO Das Übereinkommen Ni 162 legt einen Katalog von Massnahmen fest, dei sich m eistei Linie auf die Genahiieistung des Schutzes jenei Aibeitnehmei ausrichtet, die aufgiund ihiei beiuflichen Exposition gegeniibei den Wiikimgen von Asbest oder asbesth altigen Ei Erzeugnissen gefährdet sind Wenn nir auch die durch das iibeieinkommen gesteckten Ziele billigen, so müssen wu doch feststellen, dass unseie Gesetzgebung zum Schutz des Arbeitnehmeis den im Ubeiemkommen gestellten Anfoideiungen nicht m allen Teilen entspricht und dass gemsse Bestimmungen noch iAusarbeitungng sind Wn sind daher nicht m dei Lage, Ihnen das Übereinkommen Ni 162 ziti Annahme zu empfehlen Dui ch die Verfassungsänderung sollen veischiedene Veifaluen und Stiukturen verbesseit und ihirepräsentativeni Charakter und ihre Wnksamkeit gesteigeit weiden Diese Andeiungen betieffen die Wahl deGeneraldirtiektors des Internationalen Arbeitsamtes die Quoi umsregelung an der Konfei enz das Verfahien zur Andening dei Veifassung dei Organisation sowie die Zusammensetzung des Veiwaltungsiates W;; veiziehten auf einen detaillierten Rammentai dieser Änderungen, die WM miBeschlussss vom 15 Juni 1987 genehmigt haben

1337

Bericht l

Einleitung

Gemäss Artikel 19 Absätze 5 und 6 der Verfassung der IAO sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die an jeder Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommenen Übereinkommen und Empfehlungen ihrem Parlament zu unterbreiten. Das muss innerhalb eines Jahres nach der Schlussitzung jeder Tagung der Konferenz stattfinden; diese Frist kann um höchstens sechs Monate verlängert werden.

Im vorliegenden Bericht untersuchen wir das Übereinkommen (Nr. 162) über die Sicherheit bei der Verwendung von Asbest aus der Sicht unserer Gesetzgebung und behandeln kurz die Verfassungsänderung der IAO.

Das Übereinkommen, die zugehörige Empfehlung und die geänderten Verfassungsbestimmungen sind im Anhang wiedergegeben.

2

Übereinkommen Nr. 162 (Beilage 1)

21

Allgemeiner Teil

Im November 1983 hat der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes entschieden, den Fragenkatalog «Sicherheit bei der Verwendung von Asbest» in die Traktandenliste für die 7I.Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz aufzunehmen.

Diese Frage wurde durch die Konferenz im üblichen Verfahren der doppelten Diskussion durchgeführt.

Die erste Diskussion fand 1985 an der 71. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz statt und führte zur Ausarbeitung von Entwürfen zu einem Übereinkommen und einer Empfehlung. Nach einer zweiten Diskussion an der 72. Tagung, 1986, hat die Konferenz das Übereinkommen Nr. 162 und die ergänzende Empfehlung Nr. 172 angenommen.

Die angenommenen Bestimmungen verlangen die Verwirklichung strenger Schutzmassnahmen für Arbeitnehmer, deren Gesundheit durch berufliche Exposition gegenüber Asbeststaub und Asbestfasern gefährdet ist.

Hervorzuheben bleibt, dass das Internationale Arbeitsamt im Lauf der letzten Jahre bereits verschiedene Anstrengungen in diesem Bereich unternahm.

So hat 1973 eine Expertenkonferenz über dieses Thema stattgefunden. 1980 ist in die im Anhang zum Übereinkommen (Nr. 121) betreffend Versicherungsleistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, 1964, enthaltene Liste der Berufskrankheiten durch die Internationale Arbeitskonferenz neu auch der durch Asbest hervorgerufene Lungenkrebs und das Mesothelium aufgenommen worden, während die Asbestose schon seit 1964 in der Liste figuriert. Die internationale Klassifikation des Internationalen Arbeitsamtes von Röntgenaufnah1338

men der Staublungen, die 1980 re\idiert worden ist, bietet bei der Diagnose von Asbestose eine wem olle Hilfe Weitere Expertenkonferenzen wurden m Genf 1981 und 1983 abgehalten Die letzte erarbeitete den Entwurf zu einer Sammlung praktischer Richtlinien bei der Verwendung von Asbest Auch weitere Instrumente der IAO haben einen Bezug zum Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers gegenüber Asbest obwohl sie sich nicht ausdrucklich darauf beziehen (z B das Übereinkommen (Nr 139) und die Empfehlung (Nr 147) über Berufskrebs, 1974 sowie das Übereinkommen (Nr 148) und die Empfeh lung (Nr 156) über die Arbeitsumwelt (Lufn erunreimgung Lärm und Vibraüo nen), 1977, beziehen sich auf verschiedene technische Angelegenheiten die auch für die Sicherheit bei der Verw endung \ on Asbest \ on Belang sind Das Übereinkommen (Nr 155) und die Empfehlung (Nr 164) über den Arbeits schütz 1981, enthalten Bestimmungen über die Grundsatze auf denen die m nerstaathche Politik auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes beruhen soll

22

Besonderer Teil

221

Erläuterung der Bestimmungen und Haltung der Schweiz zum Übereinkommen

Wir können uns mit den Zielen des Lberemkommens eimerstanden erklaren, soweit sie eine Regelung vorsehen, die die Verwendung v on Asbest erlaubt und zugleich langfristig einen Ersatz durch ungefährliche oder weniger gefahrliche Stoffe empfiehlt Die Verwendung von Krokydolit (Blauasbest) sowie krokydolithaltigen Produk ten hingegen soll verboten werden und nur dann, wenn ein Ersatz praktisch nicht durchfuhrbar ist, bewilligt werden Damit werden die Erkenntnisse aus epidemiologischen Untersuchungen berücksichtigt, wonach Blauasbest durch seine besonderen Fasereigenschaften die Gesundheit wesentlich starker gefahr det als andere Asbestarten Das Ubei ankommen Ni 162 ist m sechs Teile gegliedert und enthalt ausser den üblichen Schlussbestimmungen 22 Artikel Die wichtigsten Vorschriften sind im Teil III «Schutz und Verhutungsmassnahmen» und im Teil IV «Überwachung der Arbeitsweit und der Gesundheit der Arbeitnehmer» enthalten Im Hinblick auf die Verhaltnisse in unserem Land ist zu den Bestimmungen des Übereinkommens folgendes zu bemerken Tei! I des Übereinkommens umschreibt den Geltungsbereich und enthalt Be gnffsbestimmungen (Ar t l und 2) Nach Artikel l Absatz l erstreckt sich das Übereinkommen auf alle Tätigkeiten durch die Arbeitnehmer beruflich mit Asbest m Berührung kommen Ausnah men sind unter bestimmten Voraussetzungen und Bedingungen möglich, wenn sichergestellt ist, dass die Anwendung einzelner Bestimmungen des Uberem kommens auf bestimmte Wirtschaftszweige oder Betnebe nicht erforderlich ist 1339

Zu den Begriffsbestimmungen in Artikel 2 sind keine besonderen Erläuterungen notwendig.

Teil II enthält die allgemeinen Grundsätze.

Laut Artikel 3 hat die innerstaatliche Gesetzgebung Massnahmen zur Verhütung und Begrenzung der gesamtheitlichen Gefahren der beruflichen Exposition gegenüber Asbest und zum Schutz der Arbeitnehmer gegen diese Gefahren vorzuschreiben (Abs. 1). Diese Gesetzgebung ist regelmässig unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts und der neuesten wirtschaftlichen Erkenntnisse zu überprüfen. Unsere Gesetzgebung zum Schutz der Arbeitnehmer - das Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (UVG) und das Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (ArG) - enthalt Vorschriften, die den Forderungen des Übereinkommens entsprechen. In der Verordnung vom 19. Dezember 1983 über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV), die gestützt auf die genannten Bundesgesetze erlassen worden ist, werden die Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer im Sinn des Übereinkommens noch näher ausgeführt.

Dem in Artikel 3 ausgedrückten Grundsatz können wir uns also anschliessen.

Die in Artikel 4 vorgeschriebene Anhörung der Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer ist durch Artikel 83 UVG sowie Artikel 57 VUV geregelt.

Gemäss Artikel 5 Absatz l muss die Durchführung der gemäss Artikel 3 des Übereinkommens erlassenen Gesetzgebung durch ein angemessene und geeignetes Aufsichtssystem sichergestellt werden. Durchführungsorgan im Sinne von Artikel 5 des Übereinkommens ist nach Artikel 50 Absatz l VUV in allen Betrieben die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), da durch das Übereinkommen eine Berufskrankheit verhindert werden soll. Artikel 5 Absatz 2 sieht die Anwendung von Zwangsmassnahmen vor für den Fall, dass die Bestimmungen des Übereinkommens nicht eingehalten werden.

Artikel 66 und 67 VUV bezeichnen Vollstreckungsmassnahmen, die die zuständige Behörde zum Eingreifen ermächtigen, wenn der Arbeitgeber einer vollstreckbaren Verfügung nicht Folge leistet. Zum einen kann eine Erhöhung der Unfallversicherungsprämien vorgesehen werden, zum andern bestimmte Zwangsmassnahmen zur Durchsetzung der gesetzlichen Ordnung.

Der in Artikel 6 Absatz l enthaltene Grundsatz ist in unserem Arbeitnehmerschutzrecht ebenfalls
enthalten. Dagegen schreibt unsere Gesetzgebung über die Berufskrankheitenverhütung die Zusammenarbeit von verschiedenen Arbeitgebern, die gleichzeitig an derselben Arbeitsstätte Arbeiten ausführen, nicht vor.

Zwar dürfte sich in solchen Fällen häufig eine tatsächliche Zusammenarbeit ergeben. Eine entsprechende Verpflichtung lässt sich indessen aus Artikel 82 Absatz l UVG nicht ableiten. Die bestehenden gesetzlichen Vorschriften in unserem Land entsprechen Artikel 6 Absatz 2 des Übereinkommens also nicht.

Die durch Artikel 7 und 8 des Übereinkommens statuierten Verpflichtungen decken sich mit den Vorschriften von Artikel 82 Absatz 2 und 3 UVG.

Teil III des Übereinkommens betrifft die Schutz- und Verhütungsmassnahmen.

Artikel 9 stellt im Bereich der Arbeitssicherheit und Arbeitshygiene Anforderungen, die in den Grundsätzen mit unserer Gesetzgebung zum Arbeitnehmer-

1340

schütz übereinstimmen Die Gefahrdung der Gesundheit der Arbeitnehmer durch die Verwendung von Asbest soll durch technische und hygienische Mass nahmen möglichst verhindert oder gar ausgeschlossen werden Die Möglichkeit, die Verwendung von Asbest oder bestimmten Asbestarten zu verbieten oder zu beschranken, ist im Entwurf zu einem Anhang 3 3 zur Verordnung vom 9 Juni 1986 über umweltgefährdende Stoffe enthalten Dieser Entwurf befindet sich zurzeit im Vernehmlassungsstadium, so dass der definitive Inhalt des Anhanges noch nicht feststeht Der Entwurf sei hier als Hinweis im Hinblick auch auf andere Bestimmungen des Übereinkommens erwähnt Aitikel 10 des Übereinkommens schreibt \or, dass die Massnahmen zum Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers schon dann getroffen werden müssen, wenn sie unter technischen Gesichtspunkten verwirklicht werden können Mit andern Worten was technisch möglich ist, soll verwirklicht werden, wenn es zum Schutz der Gesundheit notwendig ist Die einschlagige schweizerische Gesetzgebung (Unfallversicherungsgesetz, Umweltschutzgesetz, Arbeitsgesetz) ist weniger strikt sie sieht ausdrücklich vor, dass neben den technischen auch die wirtschaftliche Tragbarkeit berücksichtigt werden muss Es geht hier um das Prinzip der Verhaltmsmassigkeit das in unserer Gesetzgebung vorgesehen ist, welches das Übereinkommen aber nicht enthalt Unser Rechtss>stem relativiert somit die Anwendung der Schutzmaßnahmen nach Massgabe der wirtschaftlichen Möglichkeiten Artikel 10 kennt diese Relativierung nicht Damit wird der Schweiz die Annahme von Artikel 10 \erunmoghcht Unter anderem aus diesem Grunde hat der Schweizer Regierungsdelegierte an der letztjahngen Arbeitskonferenz seine Vorbehalte angemeldet Das durch Artikel 11 vorgeschriebene Verbot von Krokydoht ist m unserem geltenden Recht enthalten Der vorher erwähnte Entwurf zu einem Anhang sieht übrigens ein ausdrückliches Abgabe- und Einfuhrverbot für solche Produkte, sowie die Möglichkeit unter gewissen Lmstanden Ausnahmen zu gestatten, \or Die Voraussetzungen von Aitikel 12 des Übereinkommens wurden verwirklicht, wenn der Anhang zur Verordnung über umweltgefährdende Stoffe (Ziff 21) un verändert m Kraft treten konnte Im übrigen wurde auch ohne formelles Verbot m der Schweiz seit über zehn Jahren Asbest durch Sprühen nicht mehr verwendet Derzeit wird
eine Verordnung des Eidgenossischen Departements des Innern über die Meldepflicht von Arbeiten im Zusammenhang mit dem Entfernen von Spritzasbest vorbereitet, womit der Vorschrift von Artikel 13 entsprochen wurde Die Forderung \on Artikel 14 wäre durch den genannten Entwurf eines Anhangs 3 3 erfüllt Zu Artikel 15 und Artikel 16 sind keine Bemerkungen anzubringen, da unser geltendes Recht die notigen Vorschriften enthalt AItikel 17 kann m dieser Form nicht angenommen werden Dieser Artikel sieht vor, den Abbruch \on Anlagen oder Bauten, die Asbest enthalten, und die Entfernung von Asbest aus Anlagen oder Bauten, m denen voraussichtlich Asbest 36 Bundesblatt 139 Jihigang Bd II

1341

in die Luft freigesetzt wird, einer Genehmigungspflicht und Firmen, die derartige Arbeiten ausführen, einer Konzessionspflicht zu unterstellen. Die Bundesgesetzgebung gewährleistet zwar den Schutz der Arbeitnehmer, behält jedoch baupolizeiliche und Publikumsschutzmassnahmen vor. die in den Kompetenzbereich der Kantone fallen. Auf diese Besonderheit unseres Rechtssystems wies der schweizerische Regierungsdelegierte an der Konferenz hin. Er verwies auf die Unvereinbarkeit der Bestimmungen des vorliegenden Artikels mit unserer Rechtsordnung. Betriebe, die Bauten mit bröckeligem Asbestisoliermaterial abbrechen oder Asbest aus Gebäuden oder Bauwerken entfernen, würden überwacht. Das schweizerische Kontrollsystem sichere einerseits den Arbeitnehmerschutz durch das Bundesrecht und anderseits den Schutz der Öffentlichkeit durch die kantonalen baupolizeilichen Vorschriften. Unter diesen Umständen kann Artikel 17 Absatz l in der gegenwärtigen Form nicht angenommen werden.

Im Gegensatz dazu entsprechen Absätze 2 und 3 dieses Artikels unseren gesetzlichen Vorschriften über den Arbeitnehmerschutz und den Umweltschutz.

Unsere gesetzlichen Vorschriften genügen den Erfordernissen von Artikel 18 mit Ausnahme des Absatzes 3. Weder das Unfallversicherungsgesetz noch das Arbeitsgesetz sehen ein Verbot vor, die Arbeits- und Schutzkleidung sowie persönliche Schutzausrüstungen nach Hause zu nehmen. Ein solches schiene uns überdies praktisch undurchführbar zu sein.

Die bestehende Gesetzgebung über den Umweltschutz entspricht den Vorschriften von Artikel 19 des Übereinkommens.

Teil IV des Übereinkommens betrifft die Überwachung der Arbeitsumwelt und der Gesundheit der Arbeitnehmer.

Artikel 20 verfolgt insgesamt dasselbe Ziel wie das UVG. Jedoch übertragen unsere gesetzlichen Vorschriften dem Arbeitgeber keine Verpflichtung zur Messung von Schadstoffkonzentrationen an den Arbeitsplätzen. Solche Messungen werden, wenn nötig, von den Durchführungsorganen, insbesondere der SUVA, durchgeführt; andernfalls müsste der Arbeitgeber unverhaltnismässige technische Mittel vorsehen. Die den Arbeitnehmern und ihren Vertretern durch diese Bestimmung zugewiesenen Aufgaben entsprechen nicht unserer Gesetzgebung.

Unsere Gesetzgebung dürfte dennoch den durch Artikel 20 des Übereinkommens verfolgten Zielen genügen, da der Unterschied
zwischen unserem Recht und dem Übereinkommen insgesamt sehr gering ist.

Für die durch Artikel 21 verlangte medizinische Berufskrankheitenprophylaxe ist in allen Betrieben gemàss UVG die SUVA zuständig. Es werden regelmässige ärztliche Untersuchungen bei Arbeitnehmern durchgeführt, die Asbeststäuben ausgesetzt sind oder waren. Die Durchführung dieser Untersuchungen wird streng kontrolliert. Sämtliche Untersuchungsergebnisse werden durch die zuständigen Arbeitsärzte der SUVA eingesehen. Diese entscheiden auch über allfällige Zusatzuntersuchungen sowie über die weitere Zulassung der untersuchten Arbeitnehmer zur entsprechenden Beschäftigung. Die zu untersuchenden Personen werden während ihrer Arbeitszeit zur unentgeltlichen Untersuchung aufgeboten. Verdienstausfall und allfällige Reisespesen werden ihnen voll vergütet. Die untersuchenden Ärzte führen mit den Arbeitnehmern ausführliche Gespräche und falls sich Probleme bezüglich ihrer Asbestexposition ergeben,

1342

wird dei Patient ubei alle Umbände genau informiert t MUSS aus irgendeinem Giund die Nichteignungv^ erfugt veiden wird stets versucht den betroffenen Patienten im gleichen Betrieb und ohne Lohneinbusse weiter zu beschäftigen Sollte dies nicht möglich sein u n d kommt d e t Versicherte dadurch in gen Versicheiungsleistungen zu (4 Teil 4 Kapitel, 2 Abschnitt VLV) Falls der Arbeitnehmer vorubeigehend oder dauernd von der Aibeit ausgeschlossen wird, kann er auch von der SUVApersönlichehe Beratung beanspiuchen Die SUVA hat untei anderem Stellen bekanntzugeben, an die ei sich bei der Suche eines geeigneten Aibeitsplatzes w enden kann (z B Invahdenversicheiung Arbeitsam teArbeitslosenversicherung)ng) Seit Jahren ist die SUVA bestrebt die Allge mempraktiker, die Spitalarzte sowie die Pathologen für die durch Asbest verursachten Erkrankungen sensibilisierenien Es ist ihr gelungen die Zahl solcher Eikiankungen sehr stark herabzusetzen Teil K enthalt lediglich Artikel 22 und betrifft die Information und Aufklarung Aitikel 60 VUV regelt diese allgemeine Autgabe, welche die Duichfuhrungsor gane m enger Zusammenarbeit mit den interessierten Verbanden erfüllen Der Teil VI des Übereinkommens enthalt Schlussbestimmungen, wozu sich eine Stellungnahme dieser Stelle erübrigt 222

Schlussfolgerungen

Aus dei Beurteilung des Übereinkommens Nr 162 folgt dass nicht alle zur Ra tifikation dieses Instruments gestellten Anforderungen zuizeit "\erwirkbcht sind Wenn auch zwischen unseier Gesetzgebung und dem Lbereinkommen weder im Gegenstand noch in dei Zielsetzung grundsätzliche Untei schiede bestehen, so muss doch festgestellt werden, dass die beiden m den Aitikeln 10 und 77fest gelegten Grundsätze mit unseier Rechtsordnung unvereinbar sind Der erste ist im Veigleich zu unserer Gesetzgebung zu eng gefasst dei zw eite hatte eine Beeinträchtigung der kantonalen Kompetenzen im baupolizeilichen Bereich zui Folge Die baupohzeihcnen Vorschriften sind m unserer Gesetzgebung zum Schutz des Arbeitnehmeis ausdrücklich den Kantonen \orbehalten (Art 104 VUV, An 7l ArG) Zusätzlich ist in \erschiedener Hinsicht festzustellen dass die Ausarbeitung von entsprechenden Vorschriften noch nicht abgeschlossen ist In Anbetracht der voi ausgehenden Ausführungen verzichten wir darauf Ihnen das Übereinkommen (Nr 162) über die Sicheiheit bei der Verwendung von As best zur Genehmigung zu unterbreiten

3

Änderung der Verfassung der IAO (Beilage 2)

Die Konfeienz hat die Arbeiten zur Struktuireform der IAO beendet und Vor schlage zur Andeiung dei Veifassung angenommen Die Änderungen betreffen die Zusammensetzung des Verwaltungsrats (Art 7), die Ernennung des General1343

direktors (Art. 8), die Regelung des Quorums an der Konferenz (Art. 17) und das Verfahren zur Änderung der Verfassung (Art. 36). Die Änderung betreffend Artikel 17 der Geschäftsordnung der Konferenz (Verfahren zur Beschlussfassung) musste ebenfalls geprüft werden, da ihr Inkrafttreten, ebenso wie dasjenige der Folgetexte, von der Änderung der Verfassung abhängt.

Das Hauptziel der Neugestaltung ist die Anpassung der verschiedenen Mechanismen und Verfahren der IAO an die in den letzten Jahren eingetretene politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung in der Welt, um sie repräsentativer und wirksamer zu gestalten.

Gemäss Artikel 36 der Verfassung der IAO treten Verfassungsänderungen in Kraft, sobald zwei Drittel der Mitglieder der Organisation sie ratifiziert oder angenommen haben; dabei müssen diese zwei Drittel fünf der zehn industriell stärksten Mitglieder einschliessen. Die Änderung von Artikel 17 der Geschäftsordnung der Konferenz ebenso wie die weiteren davon betroffenen Bestimmungen treten zur selben Zeit in Kraft.

Die allgemeine Konferenz der IAO hat am 24. Juni 1986 die Urkunde zur Abänderung der Verfassung der IAO mit Mehrheitsbeschluss angenommen. Deren Annahme durch die Schweiz fällt in die Zuständigkeit des Bundesrates (Art. 102 Ziff. 8 BV). Ausserdem ist zu erwähnen, dass unserem Land aus den Verfassungsänderungen weder neue Pflichten erwachsen noch Rechte entzogen werden.

31

Zusammensetzung des Verwaltungsrates

Der neue Artikel 7 der Verfassung hat die Verbesserung des repräsentativen Charakters des Verwaltungsrats zum Ziel. Die Anzahl der Mitglieder wird von 56 auf 112 heraufgesetzt (56 Sitze für die Vertreter der Regierungen, 28 Sitze für die Vertreter der Arbeitgeber, 28 Sitze für die Vertreter der Arbeitnehmer). Die ohne Wahl den wichtigsten Industriemächten zugewiesenen Sitze entfallen in der geänderten Bestimmung. Die Zusammensetzung soll so repräsentativ als möglich sein und die verschiedenen geographischen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen innerhalb der drei Gruppen, die den Verwaltungsrat bilden, berücksichtigen, ohne dass die anerkannte Autonomie dieser Gruppen beeinträchtigt wird (Par. 2).

Von den 56 den Vertretern der Regierungen zugeteilten Sitzen werden 54 auf vier geographische Regionen verteilt (Afrika, Amerika, Asien, Europa). Jeder dieser Regionen wird aufgrund ihrer Mitgliedstaaten, ihrer Gesamtbevölkerung und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung eine Anzahl von Sitzen zugewiesen (Par. 3 a)). Im Sinne dieses Unterabsatzes ergibt sich folgende Erstverteilung der Sitze: Amerika: 12 Sitze, Afrika: 13 Sitze, Asien und Europa abwechselnd 15 und 14 Sitze.

Die Regierungsdelegierten der Regionen bilden Wahlkollegien, die für die Ernennung der Mitglieder zuständig sind, welche die jeder dieser Region zugewiesenen Sitze einnehmen sollen (Art. 7 Par. 3 bj). Sie beachten dabei gewisse Grundsatze der Repräsentativität, deren Anwendungsmodalitäten in Protokol1344

len festzulegen sind, welche von den Regierungen jedes Wahlkollegiums verein hart werden (Ait 7 Pai 3 c)) Artikel 7 wird durch einen Paragiaphen 4 ergänzt, der die Möglichkeit regelt, die zwei \erbleibenden Sitze (ï6 minus 54) an jene Staaten zu verteilen, welche durch das Protokoll noch nicht ertasst wurden Diese Änderung hat zur Folge dass die Aussichten für einen Beitritt zum Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes für unser Land \erbessert werden 32

Ernennung des Generaldirektors

Die Verfassungsänderung hat die Beteiligung der Internationalen Arbeitskonfe renz bei der Ernennung des Generaldirektors des Internationalen Arbeitsamtes zum Ziel Gemass der heutigen Verbesserung wird der Generaldirektoi durch den Verwaltungsrat ernannt die neue Bestimmung sieht vor, der Internationa len Arbeitskonferenz die Ernennung zur Genehmigung \orzulegen (Art 8 Pai I [neu]) 33

Quorum

Die Änderung der Verfassung soll gewissen Verzerrungen die durch das heu tige Verfahren zur Ermittlung des Quorums bedingt sind, Rechnung tragen Dieses bezieht die Stimmenthaltungen bei der Berechnung des Quorums nicht mit ein Die «Gesamtzahl» der Stimmen ist in Artikel 20 Paragraph l (1) der Ge Schaftsordnung der Konferenz als «Zahl der Ja und Nein Stimmen» beschrie ben Das aktuelle Verfahren kann die Verfälschung gewisser Abstimmungen zur Folge haben Um einen Antrag fehlschlagen zu lassen muss dieser nicht abge lehnt werden sondern es besteht die Möglichkeit, zur Stimmenthaltung Zu flucht zu nehmen Aitikei 17 hebt neu diese Möglichkeit auf und gibt der Stimmenthaltung vuedei ihren eigentlichen Sinn sie bedeutet weder Ja noch Nein Er schhesst die Stimmenthaltungen bei der Errechnung dei Mehrheit aus, aber jedoch zur Ermittlung des Quorums mit ein Es wird deshalb klar unter schieden zwischen Teilnahme an der Abstimmung (eingeschlossen sind die Stimmenthaltungen) und der Zahl der abgegebenen Stimmen (Ja- und Nein Stimmen) Die abgegebenen Stimmen werden zur Ermittlung der Mehrheit ver wendet Einzige Ausnahme ist Artikel l Paragraph 4 der Verfassung (Aufnahme neuer Mitglieder) Da die Formulierung «abgegebene Stimmen» klar umschrieben ist, scheint es wünschenswert, die französische Fassung in einigen Artikeln anzupassen Die Begriffe «suffrages émis» und «\oix» wurden ersetzt So konnte man auch den Begriff «voix des délègues présents» ersetzen und Verwechslungen mit «dele gués présents a la Conferance» \ermeiden In Aitikei 77 Paragraph 3 wurde sichergestellt, dass die Anforderungen zur Erreichung der Mehrheit gleich bleiben wie bisher

1345

34

Verfahren zur Änderung der Verfassung der IAO

Diese Änderung erfolgte im Rahmen des Wegfalls der den wichtigsten Industriestaaten ohne Wahl zugeteilten Verwaltungsratssitze (Art. 7 der Verfassung).

Die besondere Stellung, die diesen Mitgliedern zugesprochen wurde, wird mit der Verfassungsänderung aufgehoben. Bisher mussten Verfassungsänderungen durch eine Mehrheit von zwei Dritteln ratifiziert werden, worunter fünf der zehn industriell stärksten Mitglieder sein mussten. Die Annahme und Inkraftsetzung von Änderungen der wichtigsten Bestimmungen der Verfassung (die speziell aufgezählt werden) bedürfen neu nicht mehr bloss einer Zweidrittelsmehrheit, sondern einer Dreiviertelsmehrheit (Art. 36 Par. 2).

35

Schlussfolgerungen

Die Änderungen führen zu keiner wesentlichen Veränderung des Beschlussverfahrens der IAO. Die Stellung der Schweiz wird dadurch keinesfalls verschlechtert. Sie könnte im Gegenteil dadurch verbessert werden, sofern man die auf eine Verbesserung der Repräsentativität abzielenden Änderungen berücksichtigt. Die vorgeschlagenen Änderungen werden jedoch keine neuen Verpflichtungen für unser Land nach sich ziehen und ihm auch keine Rechte entziehen.

Aufgrund dieser Erwägungen hat der Bundesrat dem Generaldirektor der IAO am 18. Juni 1987 seinen Beschluss betreffend die Annahme der Änderungsurkunde mitgeteilt. Die Änderungen treten in Kraft, sobald sie von zwei Dritteln der Mitglieder der IAO ratifiziert oder angenommen worden sind.

1346

Beilage l

Übereinkommen Nr. 162 über Sicherheit bei der Verwendung von Asbest

Übersetzung1^

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 4. Juni 1986 zu ihrer zweiundsiebzigsten Tagung zusammengetreten ist, verweist auf die einschlägigen internationalen Arbeitsübereinkommen und -empfehlungen, insbesondere auf das Übereinkommen und die Empfehlung über Berufskrebs, 1974. das Übereinkommen und die Empfehlung über die Arbeitsumwelt (Luftverunreinigung, Lärm und Vibrationen), 1977. das Übereinkommen und die Empfehlung über den Arbeitsschutz, 1981, das Übereinkommen und die Empfehlung über die betriebsärztlichen Dienste. 1985, die dem Übereinkommen über Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, 1964, beigefügte Liste der Berufskrankheiten in der 1980 abgeänderten Fassung sowie die vom Internationalen Arbeitsamt im Jahre 1984 veröffentlichte Sammlung praktischer Richtlinien über Sicherheit bei der Verwendung von Asbest, die die Grundsätze einer innerstaatlichen Politik und die Massnahmen auf nationaler Ebene festlegen, hat beschlossen, verschiedene Antrage anzunehmen betreffend Sicherheit bei der Verwendung von Asbest, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 24. Juni 1986, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über Asbest, 1986, bezeichnet wird.

Teil I. Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen Artikel l 1. Dieses Übereinkommen findet auf alle Tätigkeiten Anwendung, die mit einer Exposition von Arbeitnehmern gegenüber Asbest im Zusammenhang mit der Arbeit verbunden sind.

^ Übersetzung des französischen Originaltextes.

1347

Sicherheit bei der Verwendung von Asbesl

2. Ein Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, kann nach Beratung mit den in Betracht kommenden massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und auf Grund einer Beurteilung der bestehenden Gesundheitsgefahren und der angewendeten Sicherheitsmassnahmen bestimmte Wirtschaftszweige oder bestimmte Betriebe von der Anwendung einzelner Bestimmungen des Übereinkommens ausnehmen, wenn es überzeugt ist, dass ihre Anwendung auf diese Wirtschaftszweige oder Betriebe nicht erforderlich ist.

3. Die zuständige Stelle hat bei der Entscheidung über die Ausnahme bestimmter Wirtschaftszweige oder bestimmter Betriebe die Häufigkeit, die Dauer und den Grad der Exposition sowie die Art der Arbeit und die Verhältnisse an der Arbeitsstätte zu berücksichtigen.

Artikel 2

In diesem Übereinkommen a) bedeutet der Ausdruck «Asbest» die faserige Form der mineralischen Silikate, die zu den gesteinsbildenden Mineralien der Serpentingruppe, d. h.

Chrysotil (Weissasbest), und der Amphibolgruppe, d. h. Aktinolith, Amosit (Braunasbest, Cummingtonit-Grünerit), Anthophyllit, Krokydolith (Blauasbest), Tremolii, gehören, oder jede Mischung, die eines oder mehrere davon enthält; b) bedeutet der Ausdruck «Asbeststaub» Schwebstoff-Asbestteilchen oder abgesetzte Asbestteilchen, die zu Schwebstoff in der Arbeitsumwelt werden können ; c) bedeutet der Ausdruck «Asbeststaub in der Luft» für Messzwecke Staubteilchen, die durch gravimetrische Beurteilung oder eine andere gleichwertige Methode gemessen werden; d) bedeutet der Ausdruck «lungengängige Asbestfasern» Asbestfasern mit einem Durchmesser von weniger als 3 u,m und einem Länge-DurchmesserVerhältnis von mehr als 3:1. Für Messzwecke sind nur Fasern mit einer Länge von mehr als 5 u.m zu berücksichtigen; e) bedeutet der Ausdruck «Exposition gegenüber Asbest» die Exposition gegenüber in der Luft befindlichen lungengängigen Asbestfasern oder Asbeststaub während der Arbeit, unabhängig davon, ob sie von Asbest oder von asbesthaltigen Mineralien, Materialien oder Erzeugnissen ausgehen; j) schliesst der Ausdruck «Arbeitnehmer» die Mitglieder von Produktionsgenossenschaften ein; g) bedeutet der Ausdruck «Arbeitnehmervertreter» die auf Grund der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis gemäss dem Übereinkommen über Arbeitnehmervertreter, 1971, als solche anerkannten Arbeitnehmervertreter.

1348

Sicherheit bei der Verwendung von Asbest

Teil II. Allgemeine Grundsätze Artikel 3

1 Die innerstaatliche Gesetzgebung hat die Massnahmen vorzuschreiben, die zur Verhütung und Begrenzung von Gesundheitsgefahren infolge der beruflichen Exposition gegenüber Asbest sowie zum Schutz der Arbeitnehmer gegen diese Gefahren zu treffen sind 2 Die gemass Absatz l dieses Artikels erlassene innerstaatliche Gesetzgebung ist regelmassig unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts und der neuesten -wissenschaftlichen Erkenntnisse zu überprüfen 3 Die zustandige Stelle kann vorübergehende Ausnahmen von den gemass Ab satz l dieses Artikels vorgeschriebenen Massnahmen unter Voraussetzungen und innerhalb von Fristen zulassen, die nach Beratung mit den m Betracht kommenden massgebenden Verbanden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer festzulegen sind 4 Bei der Bewilligung von Ausnahmen gemass Absatz 3 dieses Artikels hat die zustandige Stelle sicherzustellen, dass die erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden, um die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen Artikel 4

Die zustandige Stelle hat die m Betracht kommenden massgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zu den Massnahmen anzuhören, die zur Durchführung der Bestimmungen dieses Übereinkommens zu treffen sind Artikel 5

1 Die Durchführung der gemass Artikel 3 dieses Übereinkommens erlassenen Gesetzgebung ist durch ein angemessenes und geeignetes Aufsichtssystem si cherzustellen 2 Die innerstaatliche Gesetzgebung hat die erforderlichen Massnahmen. emschhesslich angemessener Zwangsmassnahmen, vorzusehen, um die wirksame Durchführung und Einhaltung der Bestimmungen dieses Übereinkommens si cherzustellen Artikel 6

1 Die Arbeitgeber sind für die Einhaltung der vorgeschriebenen Massnahmen verantwortlich zu machen 2 Wenn zwei oder mehrere Arbeitgeber gleichzeitig an der gleichen Arbeits statte Arbeiten ausführen, haben sie zur Durchführung der vorgeschriebenen Massnahmen zusammenzuarbeiten, unbeschadet der Verantwortung des einzelnen Arbeitgebers für die Gesundheit und die Sicherheit der Arbeitnehmer, die er beschäftigt Die zustandige Stelle hat erforderlichenfalls die allgemeinen Verfahren für diese Zusammenarbeit vorzuschreiben 1349

Sicherheit bei der Verwendung von Asbesl

3. Die Arbeitgeber haben in Zusammenarbeit mit den Arbeitsschutzdiensten und nach Beratung mit den in Betracht kommenden Arbeitnehmervertretern Verfahren für Notfälle festzulegen.

Artikel 7

Die Arbeitnehmer sind im Rahmen ihrer Verantwortung dazu anzuhalten, die Arbeitsschutzvorschriften, die zur Verhütung und Begrenzung von Gesundheitsgefahren infolge der beruflichen Exposition gegenüber Asbest sowie zum Schutz gegen diese Gefahren erlassen worden sind, einzuhalten.

Artikel 8

Die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer oder ihre Vertreter haben bei der Anwendung der gemäss diesem Übereinkommen vorgeschriebenen Massnahmen auf allen Ebenen im Betrieb so eng wie möglich zusammenzuarbeiten.

Teil III. Schutz- und Verhütungsmassnahmen Artikel 9

Die gemäss Artikel 3 dieses Übereinkommens erlassene innerstaatliche Gesetzgebung hat vorzusehen, dass die Exposition gegenüber Asbest durch eine oder mehrere der folgenden Massnahmen zu verhüten oder zu begrenzen ist: a) Einführung von Regelungen, durch die angemessene technische Verhütungsmassnahmen und Arbeitsmethoden, einschliesslich der Hygiene am Arbeitsplatz, für Arbeiten vorgeschrieben werden, bei denen es zu einer Exposition gegenüber Asbest kommen kann; b) Einführung besonderer Regeln und Verfahren, einschliesslich Genehmigungsverfahren, für die Verwendung von Asbest oder von bestimmten Asbestarten oder asbesthaltigen Erzeugnissen oder für bestimmte Arbeitsverfahren.

Artikel 10

Soweit es zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer erforderlich und technisch durchführbar ist, hat die innerstaatliche Gesetzgebung eine oder mehrere der folgenden Massnahmen vorzusehen: a) Ersetzen von Asbest oder von bestimmten Asbestarten oder asbesthaltigen Erzeugnissen durch andere Materialien oder Erzeugnisse oder die Verwendung alternativer Technologien, die von der zuständigen Stelle wissenschaftlich als unschädlich oder weniger schädlich beurteilt worden sind, wann immer dies möglich ist; b) uneingeschränktes oder eingeschränktes Verbot der Verwendung von Asbest oder von bestimmten Asbestarten oder asbesthaltigen Erzeugnissen bei bestimmten Arbeitsverfahren.

1350

Sicheiheit bei dei \erwendune \on A.sbest

Artikel 11

1 Die N e i wendung \on Krokjdohth und von Erzeugnissen, die diese Faser enthalten, ist zu verbieten 2 Die zustandige Stelle ist zu ermächtigen nach Beratung mit den m Betracht kommenden massgebenden Verbanden der Arbeitgeber und dei Arbeitnehmer Ausnahmen von dem m Absatz l dieses Artikels enthaltenen Veibot zuzulassen, wenn ein Ersetzen praktisch nicht durchfuhrbar ist \orausgesetzt dass Mass nahmen getroffen werden um zu gewährleisten dass die Gesundheit der Ar beitnehmei nicht gefährdet wird Artikel 12

1 Das Versprühen (Sputzenj von Asbest in jeglicher Form ist zu verbieten 2 Die zustandige Stelle ist zu ermächtigen, nach Beratung mit den in Betracht kommenden massgebenden Verbanden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Ausnahmen l\ on dem m Absatz l dieses Artikels enthaltenen Verbot zuzulassen, wenn andere Methoden praktisch nicht angewendet werden können vorausge setzt, dass VIassnahmen getroffen werden um zu gewährleisten, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird Artikel 13

Die innerstaatliche Gesetzgebung hat vorzusehen, dass die Arbeitgebei be stimmte Arten \on Arbeiten, die mit einer Exposition gegenüber Asbest veibunden sind der zustandigen Stelle m einer Weise und m dem Umfang zu melden haben, die \ o n ihi vorgeschrieben weiden Artikel 14

Die Erzeuger und Lieferanten \on Asbest und die Hersteller und Lieferanten von asbesthaltigen Erzeugnissen sind tur eine zweckentsprechende Kennzeich nung der Behaltnisse und gegebenenfalls der Erzeugnisse m einer für die betreffenden Arbeitnehmer und Benutzer leicht ierstandhchen Spiache und Form entsprechend den "Vorschriften der zuständigen Stelle \erantwoithch zu ma chen Artikel 15

1 Die zustandige Stelle hat Grenzwerte für die Exposition der Arbeitnehmer gegenüber Asbest oder andere Expositionskriterien für die Bewertung der Arbeitsumw elt vorzuschreiben 2 Die Expositionsgrenzwerte oder die anderen Expositionskntenen sind unter Berücksichtigung des technologischen Fortschritts und der neuesten techm sehen und wissenschaftlichen Erkenntnisse festzulegen und regelmassig zu uberpruten und auf den neuesten Stand zu bringen

1351

Sicherheit bei der Verwendung von Asbest

3. In allen Arbeitsstätten, in denen Arbeitnehmer Asbest ausgesetzt sind, hat der Arbeitgeber alle geeigneten Massnahmen zu treffen, um die Freisetzung von Asbeststaub in die Luft zu verhindern oder zu begrenzen, um sicherzustellen, dass die Expositionsgrenzwerte oder die anderen Expositionskriterien eingehalten werden, und um die Exposition auf das niedrigste praktisch mögliche Niveau herabzusetzen.

4. Reichen die gemäss Absatz 3 dieses Artikels getroffenen Massnahmen nicht aus, um die Exposition gegenüber Asbest innerhalb der Grenzwerte zu halten oder um den anderen Expositionskriterien zu entsprechen, die in Absatz l dieses Artikels vorgeschrieben sind, hat der Arbeitgeber je nach den Umständen angemessene Atemschutzgeräte und Spezialschutzkleidung zur Verfügung zu stellen, instandzuhalten und erforderlichenfalls zu ersetzen, ohne dass den Arbeitnehmern dadurch Kosten entstehen. Die Atemschutzgeräte haben den von der zuständigen Stelle festgelegten Normen zu entsprechen, und ihre Verwendung darf nur eine ergänzende, vorübergehende, Not- oder aussergewöhnliche Massnahme und kein Ersatz für technische Verhütungsmassnahmen sein.

Artikel 16

Jeder Arbeitgeber ist für die Festlegung und Durchführung von praktischen Massnahmen zur Verhütung und Begrenzung der Exposition der von ihm beschäftigten Arbeitnehmer gegenüber Asbest und zu ihrem Schutz gegen die Gefahren infolge von Asbest verantwortlich zu machen.

Artikel 17

1. Der Abbruch von Anlagen oder Bauten, die bröckliges Asbestisoliermaterial enthalten, und die Entfernung von Asbest aus Gebäuden oder Bauten, in denen voraussichtlich Asbest in die Luft freigesetzt wird, dürfen nur von Arbeitgebern oder Auftragnehmern durchgeführt werden, die von der zuständigen Stelle als befähigt anerkannt sind, solche Arbeiten gemäss den Bestimmungen dieses Übereinkommens auszuführen, und die zur Durchführung solcher Arbeiten ermächtigt worden sind.

2. Der Arbeitgeber oder Auftragnehmer muss gehalten sein, vor Beginn der Abbrucharbeiten einen Arbeitsplan aufzustellen, in dem die zu treffenden Massnahmen aufgeführt werden, darunter Massnahmen, um: a) den Arbeitnehmern jeglichen erforderlichen Schutz zu gewähren; b) die Freisetzung von Asbeststaub in die Luft zu begrenzen; c) die Beseitigung von asbesthaltigen Abfällen gemäss Artikel 19 dieses Übereinkommens vorzusehen.

3. Die Arbeitnehmer oder ihre Vertreter sind zu dem in Absatz 2 dieses Artikels erwähnten Arbeitsplan anzuhören.

1352

Sicherheit bei der Verwendung \on Asbest

Artikel 18

1 Falls die personliche Kleidung der Arbeitnehmer durch Asbeststaub verunreinigt werden kann, hat der Arbeitgeber im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und in Beratung mit den Arbeitnehmen ertretern geeignete Arbeitskleidung zur Verfugung zu stellen, die nicht ausserhalb der Arbeitsstätte getragen werden darf 2 Der Umgang mit benutzter Arbeitskleidung und Spezialschutzkleidung und deren Reinigung haben unter kontrollierten Bedingungen entsprechend den Vorschriften der zustandigen Stelle so zu erfolgen, dass die Freisetzung von Asbeststaub verhindert wird 3 Durch die innerstaatliche Gesetzgebung ist zu untersagen. Arbeitskleidung, Spezialschutzkleidung und persönliche Schutzausrüstung mit nach Hause zu nehmen 4 Der Arbeitgeber hat für die Reinigung. Instandhaltung und Aufbewahrung der Arbeitskleidung, der Spezialschutzkleidung und der personlichen Schutzausrüstung verantv, örtlich zu sein 5 Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmern die Asbest ausgesetzt sind, je nach den Umstanden Wasch- Bade- oder Duschgelegenheiten an der Arbeitsstätte zur Verfugung zu stellen Artikel 19

1 Im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis haben die Arbeitgeber asbesthaltige Abfalle in einer \\eise zu beseitigen die weder für die betreffenden Arbeitnehmer, emschliesshch jener, die mit Asbestabfallen umgehen, noch für die m der Nahe des Betriebs lebende Bevölkerung ein Gesundheitsrisiko darstellt 2 Die zustandige Stelle und die Arbeitgeber haben geeignete Massnahmen zu treffen, um die Verschmutzung der allgemeinen Umwelt durch aus der Arbeits statte freigesetzten Asbeststaub zu l\ erhindern Teil IV.

Überwachung der Arbeitsumwelt und der Gesundheit der Arbeitnehmer Artikel 20

1 Soweit es zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer erforderlich ist, hat der Arbeitgeber in Zeitabständen und unter Verwendung von Methoden, die von der zustandigen Stelle vorgeschrieben werden, die Asbeststaubkonzentrationen m der Luft der Arbeitsstätten zu messen und die Exposition der Arbeitnehmer gegenüber Asbest zu überwachen 2 Die Aufzeichnungen über die Überwachung der Arbeitsumwelt und der Exposition der Arbeitnehmer gegenüber Asbest sind wahrend eines von der zustandigen Stelle vorgeschriebenen Zeitraums aufzubewahren 1353

Sicherheit bei der Verwendung von Asbest

3. Die betreffenden Arbeitnehmer, ihre Vertreter und die Aufsichtsdienste müssen Zugang zu diesen Aufzeichnungen haben.

4. Die Arbeitnehmer oder ihre Vertreter müssen das Recht haben, die Überwachung der Arbeitsumwelt zu verlangen und sich hinsichtlich der Ergebnisse der Überwachung an die zuständige Stelle zu wenden.

Artikel 21

1. Arbeitnehmer, die Asbest ausgesetzt sind oder ausgesetzt waren, müssen sich im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis den ärztlichen Untersuchungen unterziehen können, die erforderlich sind, um ihre Gesundheit im Zusammenhang mit der berufsbedingten Gefahr zu überwachen und um die durch eine Exposition gegenüber Asbest verursachten Berufskrankheiten zu diagnostizieren.

2. Die Überwachung der Gesundheit der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Verwendung von Asbest darf keinerlei Verdienstausfall für sie zur Folge haben. Sie muss unentgeltlich sein und nach Möglichkeit während der Arbeitszeit stattfinden.

3. Die Arbeitnehmer sind über die Ergebnisse ihrer ärztlichen Untersuchungen in angemessener und zweckmässiger Weise zu unterrichten und hinsichtlich ihrer Gesundheit im Zusammenhang mit ihrer Arbeit individuell zu beraten.

4. Falls eine Weiterbeschäftigung mit Arbeiten, die mit einer Exposition gegenüber Asbest verbunden sind, aus medizinischen Gründen nicht ratsam ist, ist im Einklang mit den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten alles zu tun, um den betreffenden Arbeitnehmern andere Mittel zur Sicherung ihres Einkommens zur Verfügung zu stellen.

5. Die zuständige Stelle hat ein System für die Meldung von durch Asbest verursachten Berufskrankheiten zu entwickeln.

Teil V. Information und Aufklärung Artikel 22

1. Die zuständige Stelle hat in Beratung und Zusammenarbeit mit den in Betracht kommenden massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zweckentsprechende Vorkehrungen zu treffen, um die Verbreitung von Informationen und die Aufklärung aller Betroffenen über die Gesundheitsgefahren infolge der Exposition gegenüber Asbest und über die Methoden zu ihrer Verhütung und Begrenzung zu fördern.

2. Die zuständige Stelle hat sicherzustellen, dass die Arbeitgeber schriftlich eine Politik und Verfahren für Massnahmen zur Aufklärung und regelmässigen Ausbildung der Arbeitnehmer hinsichtlich der asbestbedingten Gefahren und der Methoden zu ihrer Verhütung und Begrenzung festgelegt haben.

1354

Sicherheit bei dei Verwendung von Asbest

3. Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass alle Arbeitnehmer, die Asbest ausgesetzt sind oder voraussichtlich ausgesetzt sein werden, über die Gesundheitsgefahren im Zusammenhang mit ihrer Arbeit unterrichtet werden, in Verhütungsmassnahmen und sachgemässen Arbeitsmethoden unterwiesen werden und eine entsprechende fortlaufende Ausbildung erhalten.

Teil VI. Schlussbestimmungen Artikel 23 Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.

Artikel 24 1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.

2. Es tritt zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind, in Kraft.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.

Artikel 25 1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren seit seinem erstmaligen Inkrafttreten durch förmliche Mitteilung an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Sie wird erst ein Jahr nach der Eintragung wirksam.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und binnen eines Jahres nach Ablauf der in Absatz l genannten zehn Jahre von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für weitere zehn Jahre gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Artikel 26 1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.

2. Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis 1355

Sicherheit bei dei Verwendung von Asbest

gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, zu dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

Artikel 27

Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Massgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.

Artikel 28

Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes erstattet der Allgemeinen Konferenz, wann immer er es für nötig erachtet, einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens und prüft, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Neufassung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

Artikel 29

1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise neufasst, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gilt folgendes: a) Die Ratifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied hat ungeachtet des Artikels 25 ohne weiteres die Wirkung einer sofortigen Kündigung des vorliegenden Übereinkommens, sofern das neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b) Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. In jedem Fall bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt für diejenigen Mitglieder in Kraft, die dieses, nicht jedoch das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

Artikel 30

Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise verbindlich.

(Es folgen die Unterschriften)

2012

1356

Empfehlung Nr. 172

Übersetzung1

betreffend Sicherheit bei der Verwendung von Asbest

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 4. Juni 1986 zu ihrer zweiundsiebzigsten Tagung zusammengetreten ist, verweist auf die einschlägigen internationalen Arbeitsübereinkommen und -empfehlungen, insbesondere auf das Übereinkommen und die Empfehlung über Berufskrebs, 1974, das Übereinkommen und die Empfehlung über die Arbeitsumwelt (Luftverunreinigung, Lärm und Vibrationen), 1977, das Übereinkommen und die Empfehlung über den Arbeitsschutz, 1981, das Übereinkommen und die Empfehlung über die betriebsärztlichen Dienste, 1985, die dem Übereinkommen über Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, 1964, beigefügte Liste der Berufskrankheiten in der 1980 abgeänderten Fassung sowie die vom Internationalen Arbeitsamt im Jahre 1984 veröffentlichte Sammlung praktischer Richtlinien über Sicherheit bei der Verwendung von Asbest, die die Grundsätze einer innerstaatlichen Politik und die Massnahmen auf nationaler Ebene festlegen, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend Sicherheit bei der Verwendung von Asbest, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung zur Ergänzung des Übereinkommens über Asbest, 1986, erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 24. Juni 1986, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend Asbest, 1986, bezeichnet wird.

I. Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen 1. (1) Die Bestimmungen des Übereinkommens über Asbest, 1986, und dieser Empfehlung sollten auf alle Tätigkeiten Anwendung finden, die mit der Gefahr einer Exposition von Arbeitnehmern gegenüber Asbest im Zusammenhang mit der Arbeit verbunden sind.

(2) Es sollten Massnahmen im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis getroffen werden, um selbständig Erwerbstätigen einen Schutz der

'' Übersetzung des französischen Originaltextes.

57 Bundesblau 139 Jahrgang Bd II

1357

Sicherheit bei der Verwendung von Asbest

gleichen Art zu bieten, wie er in dem Übereinkommen über Asbest, 1986, und in dieser Empfehlung vorgesehen ist.

(3) Der Beschäftigung von Jugendlichen unter 18 Jahren mit Tätigkeiten, die mit der Gefahr einer beruflichen Exposition gegenüber Asbest verbunden sind, sollte entsprechend den Vorschriften der zuständigen Stelle besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.

2. Die Tätigkeiten, die mit der Gefahr einer beruflichen Exposition gegenüber Asbest verbunden sind, sollten insbesondere folgendes umfassen: a) die Gewinnung und Aufbereitung von asbesthaltigen Mineralien; b) die Herstellung von asbesthaltigen Materialien oder Erzeugnissen; c) die Verwendung oder Anwendung von asbesthaltigen Erzeugnissen; d) die Entfernung, Instandsetzung oder Instandhaltung von asbesthaltigen Erzeugnissen ; e) den Abbruch oder die Instandsetzung von Anlagen oder Bauten, die Asbest enthalten; f) die Beförderung, Lagerung und Handhabung von Asbest oder asbesthaltigen Materialien; g) sonstige Tätigkeiten, die mit der Gefahr einer Exposition gegenüber Asbeststaub in der Luft verbunden sind.

3. In dieser Empfehlung a) bedeutet der Ausdruck «Asbest» die faserige Form der mineralischen Silikate, die zu den gesteinsbildenden Mineralien der Serpentingruppe, d. h.

Chrysotil (Weissasbest), und der Amphibolgruppe, d. h. Aktinolith, Amosit (Braunasbest, Cummingtonit-Grünerit), Anthophyllit, Krokydolith (Blauasbest), Tremolit, gehören, oder jede Mischung, die eines oder mehrere davon enthält; b) bedeutet der Ausdruck «Asbeststaub» Schwebstoff-Asbestteilchen oder abgesetzte Asbestteilchen, die zu Schwebstoff in der Arbeitsumwelt werden können; c) bedeutet der Ausdruck «Asbeststaub in der Luft» für Messzwecke Staubteilchen, die durch gravimetrische Beurteilung oder eine andere gleichwertige Methode gemessen werden; d) bedeutet der Ausdruck «lungengängige Asbestfasern» Asbestfasern mit einem Durchmesser von weniger als 3 u.m und einem Länge-DurchmesserVerhältnis von mehr als 3:1. Für Messzwecke sollten nur Fasern mit einer Länge von mehr als 5 (im berücksichtigt werden; e) bedeutet der Ausdruck «Exposition gegenüber Asbest» die Exposition gegenüber in der Luft befindlichen lungengängigen Asbestfasern oder Asbeststaub während der Arbeit, unabhängig davon, ob sie von Asbest oder von asbesthaltigen Mineralien, Materialien oder Erzeugnissen ausgehen; f) schliesst der Ausdruck «Arbeitnehmer» die Mitglieder von Produktionsgenossenschaften ein;

1358

Sicherheit bei der Verwendung \on Asbest

bedeutet der Ausdruck «Arbeitnehmervertreter» die auf Grund der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis gemäss dem Übereinkommen über Arbeitnehmervertreter, 1971, als solche anerkannten Arbeitnehmervertreter.

II. Allgemeine Grundsätze 4. Die gemäss Artikel 3 des Übereinkommens über Asbest, 1986, vorgeschriebenen Massnahmen sollten so gestaltet sein, dass sie den mannigfaltigen Gefahren einer beruflichen Exposition gegenüber Asbest in allen Wirtschaftszweigen Rechnung tragen, und sollten unter gebührender Berücksichtigung der Artikel l und 2 des Übereinkommens über Berufskrebs, 1974, aufgestellt werden.

5. Die zuständige Stelle sollte die vorgeschriebenen Massnahmen unter Berücksichtigung der vom Internationalen Arbeitsamt veröffentlichten Sammlung praktischer Richtlinien über Sicherheit bei der Verwendung von Asbest, anderer gegebenenfalls vom Internationalen Arbeitsamt ausgearbeiteter Richtliniensammlungen oder Leitfäden, der Schlussfolgerungen der gegebenenfalls von ihm einberufenen Sachverständigentagungen sowie der Informationen anderer sachkundiger Gremien über Asbest und Ersatzstoffe regelmässig überprüfen.

6. Die zuständige Stelle sollte bei der Anwendung der Bestimmungen dieser Empfehlung nach Beratung mit den massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer handeln.

7. (1) Der Arbeitgeber sollte in Beratung und Zusammenarbeit mit den betreffenden Arbeitnehmern oder ihren Vertretern und unter Berücksichtigung der Ratschläge sachkundiger Stellen, einschliesslich der betriebsärztlichen Dienste, alle geeigneten Massnahmen ergreifen, um die Exposition gegenüber Asbest zu verhüten oder zu begrenzen.

(2) Im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis könnten die Beratung und Zusammenarbeit zwischen einem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern, die er beschäftigt, erfolgen durch: a) Sicherheitsbeauftragte der Arbeitnehmer; b) Arbeitsschutzausschüsse der Arbeitnehmer oder paritätische Arbeitsschutzausschüsse; c) andere Arbeitnehmervertreter.

8. Arbeitnehmer, die mit Asbest oder asbesthaltigen Erzeugnissen arbeiten, sollten im Rahmen ihrer Verantwortung dazu angehalten werden, die Arbeitsschutzvorschriften einzuhalten, einschliesslich der Verwendung angemessener Schutzausrüstung.

9. (1) Ein Arbeitnehmer, der sich von einer Arbeitssituation entfernt hat, von der er mit hinreichendem Grund annahm, dass sie eine ernste Gefahr für sein Leben oder seine Gesundheit darstellte, sollte 1359

Sicherheit bei der Verwendung von Asbest

a) seinen unmittelbaren Vorgesetzten alarmieren; b) vor Vergeltungs- oder Disziplinarmassnahmen im Einklang mit den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten geschützt werden.

(2) Es sollten keine Massnahmen zum Nachteil eines Arbeitnehmers deswegen getroffen werden, weil er sich in gutem Glauben darüber beschwert hat, dass seines Erachtens eine Verletzung der gesetzlichen Vorschriften vorlag oder ein ernster Mangel an den vom Arbeitgeber auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes und der Arbeitsumwelt getroffenen Massnahmen bestand.

III. Schutz- und Verhütungsmassnahmen 10. (1) Die zuständige Stelle sollte sicherstellen, dass die Exposition gegenüber Asbest verhütet oder begrenzt wird, indem sie technische Verhütungsmassnahmen und Arbeitsmethoden, einschliesslich der Hygiene am Arbeitsplatz, vorschreibt, die den Arbeitnehmern höchstmöglichen Schutz bieten.

(2) Die zuständige Stelle sollte auf der Grundlage des Expositionsgrads und der Umstände und Bedingungen in der Arbeitsumwelt sowie unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Forschung und des technologischen Fortschritts regelmässig folgendes bestimmen: a) die Asbestarten und asbesthaltigen Erzeugnisse, deren Verwendung einer Genehmigungspflicht unterliegen sollte, und die Arbeitsverfahren, die einer Genehmigungspflicht unterliegen sollten; b) die Asbestarten und asbesthaltigen Erzeugnisse, deren Verwendung ganz oder teilweise verboten werden sollte, und die Arbeitsverfahren, bei denen die Verwendung von Asbest oder von bestimmten Asbestarten oder asbesthaltigen Erzeugnissen verboten werden sollte.

(3) Das Verbot oder die Genehmigung der Verwendung bestimmter Asbestarten oder asbesthaltiger Erzeugnisse und ihr Ersetzen durch andere Stoffe sollten auf einer wissenschaftlichen Beurteilung ihrer Gefahr für die Gesundheit beruhen.

11. (1) Die zuständige Stelle sollte die Erforschung der technischen und gesundheitlichen Probleme im Zusammenhang mit der Exposition gegenüber Asbest, Ersatzstoffen und alternativen Technologien anregen.

(2) Die zuständige Stelle sollte die Erforschung und Entwicklung von asbesthaltigen Erzeugnissen, von anderen Ersatzstoffen oder von alternativen Technologien anregen, die unschädlich oder weniger schädlich sind, um die Gefahr für die Arbeitnehmer zu beseitigen oder zu vermindern.

12. (1) Die zuständige Stelle sollte, wo immer dies zum Schutz der Arbeitnehmer erforderlich ist, das Ersetzen von Asbest durch Ersatzstoffe verlangen, soweit dies möglich ist.

1360

Sicherheit bei der Verwendung \ on Asbest

(2) Alle in Frage kommenden Ersatzstoffe sollten gründlich auf ihre etwaigen gesundheitsschädlichen Auswirkungen geprüft werden, bevor sie zur Verwendung bei einem Arbeitsverfahren freigegeben werden. Die Gesundheit der solchen Stoffen ausgesetzten Arbeitnehmer sollte ständig überwacht werden, falls dies als erforderlich erachtet wird.

13. (1) Im Hinblick auf die wirksame Durchführung der innerstaatlichen Gesetzgebung sollte die zuständige Stelle die Angaben vorschreiben, die die in Artikel 13 des Übereinkommens über Asbest, 1986, vorgesehenen Meldungen von Arbeiten mit Asbest enthalten müssen.

(2) Diese Angaben sollten sich insbesondere auf folgendes erstrecken: a) die Art und die Menge des verwendeten Asbests: b) die durchgeführten Tätigkeiten und Verfahren; c) die hergestellten Erzeugnisse: d) die Anzahl der exponierten Arbeitnehmer und den Grad und die Häufigkeit ihrer Exposition; e) die entsprechend der innerstaatlichen Gesetzgebung getroffenen Verhütungs- und Schutzmassnahmen; f) alle weiteren Angaben, die erforderlich sind, um die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen.

14. (1) Der Abbruch jener Teile von Anlagen oder Bauten, die bröckliges Asbestisoliermaterial enthalten, und die Entfernung von Asbest aus Gebäuden oder Bauten, in denen voraussichtlich Asbest m die Luft freigesetzt wird, sollten einer Genehmigungspflicht unterliegen: die Genehmigung sollte nur Arbeitgebern oder Auftragnehmern erteilt werden, die von der zuständigen Stelle als befähigt anerkannt sind, solche Arbeiten gemäss den Bestimmungen dieser Empfehlung durchzuführen.

(2) Der Arbeitgeber oder Auftragnehmer sollte gehalten sein, vor Beginn der Abbruch- oder Entfernungsarbeiten einen Arbeitsplan aufzustellen, m dem die vor Beginn der Arbeiten zu treffenden Massnahmen aufgeführt werden, darunter Massnahmen, um: a) den Arbeitnehmern jeglichen erforderlichen Schutz zu gewähren; b) die Freisetzung von Asbeststaub in die Luft zu begrenzen; c) die Arbeitnehmer, die betroffen sein können, über die mögliche Freisetzung von Asbeststaub in die Luft, über die allgemeinen Verfahren und die Ausrüstung, die zu verwenden sind, und über die zu treffenden Vorsichtsmassnahmen zu informieren: d) die Beseitigung von asbesthaltigen Abfällen gemäss Absatz 28 dieser Empfehlung vorzusehen.

(3) Die Arbeitnehmer oder ihre Vertreter sollten
zu dem in Unterabsatz (2) erwähnten Arbeitsplan angehört werden.

15. (1) Jeder Arbeitgeber sollte unter Beteiligung der Arbeitnehmer, die er beschäftigt, ein Programm zur Verhütung und Begrenzung der Exposition der Ar-

1361

Sicherheit bei der Verwendung von Asbest

beitnehmer gegenüber Asbest aufstellen und durchführen. Dieses Programm sollte in regelmassigen Zeitabständen und unter Berücksichtigung von Änderungen bei den verwendeten Arbeitsverfahren und Maschinen oder bei den Techniken und Methoden der Verhütung und Begrenzung überprüft werden.

(2) Die zuständige Stelle sollte im Einklang mit der innerstaatlichen Praxis tätig werden, um insbesondere Kleinbetrieben, denen es an technischem Wissen und technischen Mitteln fehlen kann, bei der Aufstellung von Verhütungsprogrammen in Fällen zu helfen, in denen es zu einer Exposition gegenüber Asbest kommen kann.

16. Es sollten technische Schutzvorrichtungen und geeignete Arbeitsmethoden verwendet werden, um die Freisetzung von Asbeststaub in die Luft der Arbeitsstätten zu verhindern. Auch wenn die Expositionsgrenzwerte oder die anderen Expositionskriterien eingehalten werden, sollten solche Massnahmen getroffen werden, um die Exposition auf das niedrigste praktisch mögliche Niveau herabzusetzen.

17. Die Massnahmen, die zu treffen sind, urn die Exposition der Arbeitnehmer gegenüber Asbest zu verhüten oder zu begrenzen und um Expositionen zu vermeiden, sollten insbesondere folgendes umfassen: a) Asbest sollte nur dann verwendet werden, wenn die von ihm ausgehenden Gefahren verhütet oder begrenzt werden können; andernfalls sollte er, falls technisch möglich, durch andere Materialien oder die Verwendung alternativer Technologien ersetzt werden, die wissenschaftlich als unschädlich oder weniger schädlich beurteilt worden sind; b) die Zahl der Personen, die zu Arbeiten eingeteilt werden, welche mit einer Exposition gegenüber Asbest verbunden sind, und die Dauer ihrer Exposition sollten auf das für die sichere Durchführung der Aufgabe erforderliche Mindestmass beschränkt bleiben; c) es sollten Maschinen, Ausrüstungen und Arbeitsverfahren verwendet werden, durch die die Entstehung von Asbeststaub und insbesondere seine Freisetzung in die Arbeits- und die allgemeine Umwelt ausgeschlossen oder auf ein Mindestmass herabgesetzt werden; d) Arbeitsstätten, an denen die Verwendung von Asbest die Freisetzung von Asbeststaub in die Luft zur Folge haben kann, sollten von der allgemeinen Arbeitsumwelt getrennt werden, um eine mögliche Exposition anderer Arbeitnehmer gegenüber Asbest zu vermeiden; e) die Arbeitsbereiche, die mit
einer Exposition gegenüber Asbest verbunden sind, sollten klar abgegrenzt und durch Warnschilder gekennzeichnet werden, durch die der Zutritt Unbefugter eingeschränkt wird; f) über die Lage von Asbest, der bei der Errichtung von Gebäuden verwendet wird, sollten Aufzeichnungen gemacht werden.

18. (1) Die Verwendung von Krokydolith und von Erzeugnissen, die diese Faser enthalten, sollte verboten werden.

1362

Sicheiheit bei der "\en\endune von Asbest

(2) Die zustandige Stelle sollte ermächtigt werden, nach Beratung mit den in Betracht kommenden massgebenden Verbanden dei Arbeitgeber und der Ar beitnehmer Ausnahmen von dem m Lnterabsatz ( 1) enthaltenen Verbot zuzulassen, wenn ein Ersetzen praktisch nicht durchfuhrbar ist v orausgesetzt, dass Massnahmen getroffen werden um zu gewahrleisten, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird 19 (1) Das Versprühen (Sputzen) \on Asbest m jeglicher Form sollte verboten werden (2) Die Installation von bröckligem Asbestisoliermaterial sollte \ erboten werden (3) Die zustandige Stelle sollte ermächtigt werden, nach Beratung mit den in Betracht kommenden massgebenden Verbanden der Arbeitgebei und der Ar beitnehmer Ausnahmen von dem in den Unterabsatzen (1) und (2) enthaltenen Verbot zuzulassen, wenn andere Methoden praktisch nicht angewendet werden können, vorausgesetzt, dass Mas&nahmen getroffen werden, um zu gewahrlei sten, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird 20 (1) Die Erzeuger und Lieferanten \on Asbest und die Hersteller und Lieferanten von asbesthaltigen Erzeugnissen sollten für eine zweckentsprechende und angemessene Kennzeichnung dei Behaltnisse oder Erzeugnisse verantwort lieh gemacht werden (2) Die innerstaatliche Gesetzgebung sollte es zur Auflage machen, dass die Kennzeichnung m der Sprache odei den Sprachen, die in dem betreffenden Land am meisten gebräuchlich sind zu drucken ist und anzugeben hat, dass das Behältnis oder das Erzeugnis Asbest enthalt, dass das Einatmen von As beststaub mit einer Gesundheitsgefahr verbunden ist und dass geeignete Schutzmassnahmen getroffen werden sollten (3) Die innerstaatliche Gesetzgebung sollte es den Erzeugern und Lieferanten von Asbest und den Herstellern und Lieferanten von asbesthaltigen Erzeugnis sen zur Auflage machen, ein Datenblatt auszuarbeiten und mitzuliefern, m dem der Asbestgehalt, die Gesundheitsgefahren und die zweckmassigen Schutzmass nahmen für das Material oder Erzeugnis aufgeführt werden 21 Das m Artikel D des Übereinkommens über Asbest, 1986, vorgesehene Auf sichtssy stem sollte auf den Bestimmungen des Übereinkommens über die Arbeitsaufsicht, 1947, beruhen Die Aufsicht sollte von fachlich befähigtem Perso nal durchgeführt werden Die Aufsichtsdienste sollten \om Arbeitgeber die m Absatz 13 dieser Empfehlung
erwähnten Angaben erhalten können 22 (1) Die Expositionsgrenzwerte sollten unter Bezugnahme auf die zeitlich gedichtete Asbeststaubkonzentration m der Luft, gewöhnlich auf der Grund läge eines Acht Stunden Tages und einer 40 Stunden "VVoche, und unter Bezug nähme auf eine anerkannte Probenahme- und Messmethode festgelegt werden

1363

Sicherheit bei der Verwendung von Asbest

(2) Die Expositionsgrenzwerte sollten unter Berücksichtigung des technologischen Fortschritts und der neuesten technischen und medizinischen Erkenntnisse regelmässig überprüft und auf den neuesten Stand gebracht werden.

23. Die Anlagen, Lüftungssysteme, Maschinen und Schutzvorrichtungen für die Asbeststaubbekämpfung sollten regelmässig geprüft und in einwandfreiem Betriebszustand gehalten werden.

24. Die Arbeitsstätten sollten mittels einer sicheren Methode so oft gereinigt werden, wie dies notwendig ist, um Asbeststaubablagerungen auf Oberflächen zu verhindern. Die Bestimmungen des Übereinkommens über Asbest, 1986, und dieser Empfehlung sollten auf das Reinigungspersonal Anwendung finden.

25. (1) Wenn die mit Asbeststaub in der Luft verbundenen Gefahren nicht auf andere Weise verhütet oder begrenzt werden können, sollte der Arbeitgeber je nach den Umständen angemessene Atemschutzgeräte und Spezialschutzkleidung zur Verfügung stellen, instandhalten und gegebenenfalls ersetzen, ohne dass den Arbeitnehmern dadurch Kosten entstehen. In solchen Fällen sollten die Arbeitnehmer gehalten sein, diese Geräte zu benutzen.

(2) Die Atemschutzgeräte sollten den von der zuständigen Stelle festgelegten Normen entsprechen, und ihre Verwendung sollte nur eine ergänzende, vorübergehende, Not- oder aussergewöhnliche Massnahme und kein Ersatz für technische Verhütungsmassnahmen sein.

(3) Wenn die Verwendung von Atemschutzgeräten verlangt wird, sollten in Anbetracht der mit der Verwendung solcher Geräte verbundenen körperlichen Belastung ausreichende Ruhepausen in geeigneten Ruhebereichen vorgesehen werden.

26. (1) Falls die persönliche Kleidung der Arbeitnehmer durch Asbeststaub verunreinigt werden kann, sollte der Arbeitgeber im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und in Beratung mit den Arbeitnehmervertretern den Arbeitnehmern unentgeltlich geeignete Arbeitskleidung zur Verfügung stellen, die nicht ausserhalb der Arbeitsstätte getragen werden sollte.

(2) Die Arbeitgeber sollten die Arbeitnehmer ausreichend und in geeigneter Weise über die Gesundheitsgefahren unterrichten, denen sie ihre Angehörigen und andere aussetzen können, wenn sie durch Asbeststaub verunreinigte Arbeitskleidung mit nach Hause nehmen.

(3) Der Umgang mit benutzter Arbeitskleidung und Spezialschutzkleidung und deren Reinigung
sollten unter kontrollierten Bedingungen entsprechend den Vorschriften der zuständigen Stelle so erfolgen, dass die Freisetzung von Asbeststaub verhindert wird.

27. (1) Arbeitnehmern, die Asbest ausgesetzt sind, sollten je nach den Umständen doppelte Umkleideräume, Waschgelegenheiten, Duschen und Ruhebereiche zur Verfügung gestellt werden.

1364

Sicheiheit bei dei Vei Wendung \ o n \sbest

(2) Es sollte während der Arbeitszeit angemessene Zeit zum Umziehen, Duschen oder Waschen nach der Arbeitsschicht im Einklang mit der mnerstaath chen Praxis gelassen werden 28 (1) Im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis sollten die Arbeitgeber asbesthaltige Abfalle in einer Weise beseitigen, die weder fui die betreffenden Arbeitnehmer emschhesshch jener, die mit Asbestabtallen um gehen, noch für die m der Nahe des Betriebs lebende Bevölkerung ein Gesundheitsrisiko darstellt (2) Die zustandige Stelle und die Arbeitgeber sollten geeignete Massnahmen treffen, um eine Verschmutzung der allgemeinen Umwelt duich aus der Arbeitsstätte freigesetzten Asbeststaub zu \erhmdern

IV.

Überwachung der Arbeitsumwelt und der Gesundheit der Arbeitnehmer 29 In den -\ on der zustandigen Stelle zu bestimmenden Fallen sollte der Arbeitgebei Vorkehrungen für eine systematische Überwachung der \sbeststaub konzentration m der Luft der Arbeitsstätte und der Dauer und des Grades der Exposition der Arbeitnehmer gegenüber Asbest sowie für die Überwachung dei Gesundheit der Arbeitnehmer treffen 30 (1) Der Grad der Exposition der Arbeitnehmer gegenüber Asbest sollte als zeitlich gewichtete durchschnittliche konzentration für einen vorgeschriebenen Bezugszeitraum gemessen oder berechnet werden (2) Die Probenahme und die Messung der Asbeststaubkonzentration m der Luft sollten durch qualifiziertes Personal unter "Verwendung von Methoden durchgeführt werden, die von der zustandigen Stelle zugelassen sind (3) Häufigkeit und Umfang der Probenahmen und der Messungen sollten vom Grad der Gefährdung, von Änderungen m den Arbeitsterfahren oder \on anderen rele\anten Umstanden abhangen (4) Bei der Beurteilung der Gefahr sollte die zustandige Stelle die mit Asbestfa sern jeder Grosse verbundene Gefahr berücksichtigen 31 (1) Um Krankheiten und Funktionsstörungen im Zusammenhang mit der Exposition gegenüber Asbest vorzubeugen, sollten für alle Arbeitnehmer, die zu Arbeiten eingeteilt sind, welche mit einer Exposition gegenüber Asbest verbunden sind, je nach den Umständen die folgenden Untersuchungen vorgesehen werden a) eine ärztliche Untersuchung vor Aufnahme der Arbeit, b) regelmassige ärztliche Untersuchungen in geeigneten Zeitabstanden, c) sonstige Tests und Untersuchungen, insbesondere Röntgenaufnahmen des Thorax und Lungenfunktionstests, die zur Überwachung ihres Gesundheitszustands im Zusammenhang mit der berufsbedingten Gefahr und zui 1365

Sicherheit bei der Verwendung von Asbest

Früherkennung von durch Asbest verursachten Erkrankungen erforderlich sein können.

(2) Die Zeitabstände zwischen den ärztlichen Untersuchungen sollten von der zuständigen Stelle unter Berücksichtigung des Expositionsgrads und des Gesundheitszustands des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der berufsbedingten Gefahr bestimmt werden.

(3) Die zuständige Stelle sollte dafür sorgen, dass Vorkehrungen im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis getroffen werden, damit den Arbeitnehmern nach Beendigung einer Arbeit, die mit einer Exposition gegenüber Asbest verbunden war, weiterhin geeignete ärztliche Untersuchungen zur Verfügung stehen.

(4) Die in den Unterabsätzen (1) und (3) vorgesehenen Untersuchungen und Tests sollten soweit wie möglich während der Arbeitszeit durchgeführt werden und für den Arbeitnehmer unentgeltlich sein.

(5) Falls die Ergebnisse der medizinischen Tests oder Untersuchungen klinische oder vorklinische Auswirkungen erkennen lassen, sollten Massnahmen getroffen werden, um die Exposition der betreffenden Arbeitnehmer zu verhindern oder herabzusetzen und einer weiteren Verschlechterung ihres Gesundheitszustands vorzubeugen.

(6) Die Ergebnisse der ärztlichen Untersuchungen sollten zur Feststellung des Gesundheitszustands im Zusammenhang mit der Exposition gegenüber Asbest verwendet und nicht zum Zweck einer Benachteiligung des Arbeitnehmers benutzt werden.

(7) Die Ergebnisse der ärztlichen Untersuchungen sollten dazu beitragen, dem Arbeitnehmer eine Beschäftigung zuzuweisen, die mit seinem Gesundheitszustand vereinbar ist.

(8) Die Arbeitnehmer, deren Gesundheit überwacht wird, sollten: a) das Recht auf vertrauliche Behandlung persönlicher und medizinischer Informationen haben; b) das Recht auf volle und ausführliche Erläuterung des Zwecks und der Ergebnisse der Überwachung haben; c) das Recht haben, invasive medizinische Verfahren abzulehnen, die ihre körperliche Unversehrtheit beeinträchtigen.

32. Die Arbeitnehmer sollten in angemessener und zweckmässiger Weise im Einklang mit der innerstaatlichen Praxis über die Ergebnisse der ärztlichen Untersuchungen unterrichtet und hinsichtlich ihrer Gesundheit im Zusammenhang mit ihrer Arbeit individuell beraten werden.

33. Falls die Überwachung der Gesundheit zur Erkennung einer durch Asbest verursachten Berufskrankheit geführt hat, sollte sie der zuständigen Stelle im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis gemeldet werden.

1366

Sichel heit bei dei Verwendung \ o n Asbesl

34 Falls eine Weiterbeschaftigung mit Arbeiten, die mit einer Exposition gegenüber Asbest verbunden sind, aus medizinischen Gründen nicht ratsam ist, sollte im Einklang mit den innerstaatlichen Verhaltnissen und Gepflogenheiten alles getan werden, um den betreffenden Arbeitnehmern andere Mittel zur Sicherung ihres Einkommens zur Verfugung zu stellen 35 Die innerstaatliche Gesetzgebung sollte für Arbeitnehmer, die sich eine Krankheit zuziehen oder eine Funktionsstörung erleiden, die mit der beruflichen Exposition gegenüber Asbest m Zusammenhang steht eine Entschädigung gemass dem Übereinkommen über Leistungen bei Arbeitsunfallen und Berufskrankheiten, 1964, vorsehen 36 (1) Die Aufzeichnungen über die Überwachung der Arbeitsumwelt sollten wahrend eines Zeitraums von mindestens 30 Jahren aufbewahrt werden (2) Die Aufzeichnungen über die Überwachung der Exposition der Arbeitnehmer sowie die Teile ihrer ärztlichen Lnterlagen. die sich auf die Gesundheitsgefahren infolge der Exposition gegenüber Asbest beziehen, und die Röntgenaufnahmen des Thorax sollten wahrend eines Zeitraums von mindestens 30 Jahren nach Beendigung einer Arbeit, die mit einer Exposition gegenüber Asbest verbunden war, aufbewahrt werden 37 Die betreffenden Arbeitnehmer, ihre Vertreter und die Aufsichtsdienste sollten Zugang zu den Aufzeichnungen über die Überwachung der Arbeitsumwelt haben 38 Im Falle der Schliessung eines Betriebes oder nach Beendigung des Arbeitsverhaltmsses eines Arbeitnehmers sollten die gemass Absatz 36 dieser Empfehlung aufbewahrten Aufzeichnungen und Informationen gemass den Weisungen der zustandigen Stelle hinterlegt werden 39 Gemass der vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes angenommenen Dreigliedrigen Grundsatzerklärung über multinationale Untemeli men und Sozialpolitik sollte ein nationales oder multinationales Unternehmen mit mehr als einem Betneb gehalten sein, für die Arbeitnehmer m allen seinen Betrieben, an welchem Ort oder m welchem Land sie sich auch befinden, ohne Unterschied Sicherheitsmassnahmen zur Verhütung und Begrenzung \on Ge sundheitsgefahren infolge der beruflichen Exposition gegenüber Asbest sowie zum Schutz gegen diese Gefahren \orzusehen

V. Information und x\ufklärung 40 Die zustandige Stelle sollte Massnahmen treffen, um die Ausbildung und Information aller Betroffenen hinsichtlich der Verhütung und Begrenzung von Gesundheitsgefahren infolge der beruflichen Exposition gegenüber Asbest und hinsichtlich des Schutzes gegen diese Gefahren zu fordern 1367

Sichel heil bei der Verwendung von Asbest

41. Die zuständige Stelle sollte in Beratung mit den in Betracht kommenden massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer geeignete Aufklärungsschriften für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und andere ausarbeiten.

42. Die Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass die Arbeitnehmer, die Asbest ausgesetzt sein können, kostenlos und in einer für sie leicht verständlichen Sprache und Form eine regelmässige Ausbildung und Unterweisung hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen einer solchen Exposition, hinsichtlich der Massnahmen, die zu treffen sind, um die Exposition gegenüber Asbest zu verhüten und zu begrenzen, vor allem hinsichtlich sachgemässer Arbeitsmethoden, durch die die Entstehung von Asbeststaub und seine Freisetzung in die Luft verhindert und begrenzt werden, und hinsichtlich des Gebrauchs der den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellten allgemeinen und persönlichen Schutzausrüstung erhalten.

43. Im Rahmen der Aufklärungsmassnahmen sollte auf die besondere Gefahr für die Gesundheit der Arbeitnehmer hingewiesen werden, die durch die Verbindung von Rauchen und Exposition gegenüber Asbest verursacht wird.

44. Die Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sollten konkrete Massnahmen treffen, um an Ausbildungs-, Informations-, Verhütungs-, Begrenzungs- und Schutzprogrammen im Zusammenhang mit berufsbedingten Gefahren infolge der Exposition gegenüber Asbest mitzuwirken und dazu beizutragen.

(Es folgen die

2012

1368

Unterschriften)

Beilage 2

Abänderungsurkunde Übersetzung^ der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 4. Juni 1986 zu ihrer zweiundsiebzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Änderungen zur Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation anzunehmen, eine Frage, die zum siebenten Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört.

Die Konferenz nimmt heute, am 24. Juni 1986, die folgende Urkunde zur Abänderung der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation an, die als Abänderungsurkunde zur Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation, 1986, bezeichnet wird.

Artikel l Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Abänderungsurkunde an treten die Bestimmungen der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation, deren zur Zeit geltender Wortlaut in der ersten Spalte des Anhangs zu dieser Urkunde aufgeführt ist, in der in der zweiten Spalte dieses Anhangs geänderten Fassung in Kraft.

Artikel 2 Zwei authentische Ausfertigungen dieser Urkunde werden vom Präsidenten der Konferenz und vom Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes unterzeichnet. Eine dieser Ausfertigungen wird im Archiv des Internationalen Arbeitsamtes hinterlegt, die andere dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen übermittelt.

Der Generaldirektor stellt jedem Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation eine beglaubigte Abschrift dieser Urkunde zu.

Artikel 3 1. Die förmlichen Ratifikationen oder Annahmen dieser Abànderungsurkunde sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes mitzuteilen, der den Mitgliedern der Organisation davon Kenntnis gibt.

Übersetzung des französischen Originaltextes.

1369

Verfassung der internationalen Arbeitsorganisation

2. Diese Abänderungsurkunde tritt nach den Bestimmungen des Artikels 36 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation in Kraft.

3. Sobald diese Abänderungsurkunde in Kraft getreten ist, gibt der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes dies allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen bekannt.

1370

Verfassung der internationalen Arbeitsorganisation

Anhang Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation Abgeänderte Bestimmungen D Artikel l 4. Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation kann auch Mitglieder durch Beschluss einer Mehrheit von zwei Dritteln der an der Tagung teilnehmenden Delegierten, einschliesslich von zwei Dritteln der Regierungsdelegierten, die an der Abstimmung teilgenommen haben, in die Organisation aufnehmen. Eine solche Aufnahme wird rechtswirksam auf Grund einer Mitteilung der Regierung des neuen Mitgliedes an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes, worin diese in aller Form die Übernahme der sich aus der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation ergebenden Verpflichtungen erklärt.

Artikel 3 9. Die Vollmachten der Delegierten und ihrer technischen Berater werden der Konferenz zur Prüfung vorgelegt; diese kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen die Zulassung jedes Delegierten oder technischen Beraters ablehnen, der nach ihrer Auffassung nicht nach den Bestimmungen dieses Artikels bezeichnet worden ist.

Artikel 6 Zu einer Verlegung des Sitzes des Internationalen Arbeitsamtes bedarf es eines Beschlusses der Konferenz mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Artikel 7 L -

Der Verwaltungsrat Umfasst einhundertzwölf Sitze: sechsundfünfzig Sitze für Vertreter der Regierungen; achtundzwanzig Sitze \für Vertreter der Arbeitgeber; achtundzwanzig Sitze \für Vertreter der Arbeitnehmer.

2. Seine Zusammensetzung hat so repräsentativ wie möglich zu sein und die verschiedenen geographischen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen innerhalb der drei ihn bildenden Gruppen zu berücksichtigen, ohne dass jedoch die anerkannte Autonomie dieser Gruppen beeinträchtigt wird.

Die Änderungen und Zm 3ätze in den abgeänderten Bestimmungen sind kursiv gesetzt.

1371

Verfassung der internationalen Arbeitsorganisation

3. Um den Erfordernissen nach Absatz 2 dieses Artikels zu entsprechen und die Kontinuität der Arbeit zu gewährleisten, werden von den sechsundfünfzig den Vertretern der Regierungen zugeteilten Sitzen vierundfünfzig wie folgt besetzt: a) Sie sind auf vier geographische Regionen (Afrika, Amerika, Asien und Europa) zu verteilen, deren Abgrenzung, falls erforderlich, im gegenseitigen Einvernehmen aller betroffenen Regierungen anzupassen ist. Jeder dieser Regionen wird auf der Grundlage einer gleichen Gewichtung der Zahl der Mitgliedstaaten in der Region, ihrer Gesamtbevölkerung und ihrer nach geeigneten Kriterien (Bruttosozialprodukt oder Beiträge zum Haushalt der Organisation) bemessenen wirtschaftlichen Tätigkeit eine Anzahl von Sitzen zugewiesen, mit der Massgabe, dass keine Region weniger als zwölf und keine mehr als fünfzehn Sitze erhalten kann. Im Sinne dieses Unterabsatzes ergibt sich die folgende Erstverteilung der Sitze: Afrika dreizehn Sitze; Amerika zwölf Sitze; Asien und Europa abwechselnd fünfzehn und vierzehn Sitze.

b)

i) Auf der Internationalen Arbeitskonferenz bilden die Regierungsdelegierten der Mitgliedstaaten, die den verschiedenen in Unterabsatz a) genannten Regionen angehören oder die diesen im gegenseitigen Einvernehmen angegliedert werden oder die nach Massgabe des Absatzes 4 zu der entsprechenden Regionalkonferenz eingeladen werden, Wahlkollegien, die für die Ernennung der Mitglieder zuständig sind, welche die jeder dieser Regionen zugewiesenen Sitze einnehmen sollen. Die Regierungsdelegierten der Staaten Westeuropas und die Regierungsdelegierten der sozialistischen Staaten Osteuropas bilden gesonderte Wahlkollegien. Sie einigen sich über die Aufteilung der der Region zugeteilten Sitze und bezeichnen ihre Vertreter im Verwaltungsrat gesondert.

H) Wenn es die besonderen Verhältnisse einer Region erfordern, können die Regierungen dieser Region übereinkommen, Untereinheiten auf subregionaler Grundlage zu bilden, die gesondert Mitglieder zur Einnahme der der betreffenden Subregion zugewiesenen Sitze bezeichnen.

in) Die Bezeichnungen werden dem Kollegium der Regierungsdelegierten zur Konferenz mitgeteilt, damit dieses die Ergebnisse bekanntgeben kann. Entsteht über das Wahlverfahren oder seine Ergebnisse in einer Region oder Subregion eine Streitigkeit, die nicht auf diesen Ebenen beigelegt werden kann, trifft das Kollegium der Regierungsdelegierten zur Konferenz eine Entscheidung im Rahmen der Bestimmungen des einschlägigen Protokolls.

c) Jedes Wahlkollegium trifft die notwendigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass eine wesentliche Anzahl der zur Besetzung der dieser Region zugeteilten Sitze bezeichneten Mitglieder unter Berücksichtigung ihrer Bevölkerungszahl ausgewählt wird und dass eine gerechte geographische Verteilung gewährleistet ist, und berücksichtigt gleichzeitig andere Faktoren, wie die wirtschaftliche Tätigkeit der betreffenden Mitglieder, gemäss den besonderen Merkmalen dieser Region. Die Modalitäten für die Anwendung dieser Grundsätze werden in Protokollen festgelegt, die von den Regierungen jedes Wahlkolle-

1372

Verfassung der internationalen Arbeitsorganisation

giums vereinbart werden und beim Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zu hinterlegen sind.

4. Jeder der beiden verbleibenden Sitze wird abwechselnd Afrika und Amerika einerseits und Asien und Europa andererseits zugewiesen, um jede dieser Regionen in die Lage zu versetzen} die Beteiligung derjenigen Mitgliedstaaten am Wahlverfahren auf nichtdiskriminierender Grundlage sicherzustellen, die geographisch zu ihr gehören oder im gegenseitigen Einvernehmen ihr angegliedert sind oder die zu der entsprechenden Regionalkonferenz eingeladen werden, aber noch nicht durch das Protokoll für diese 'Region oder ein anderes Protokoll erfasst sind, mit der Massgabe, dass solchen Staaten keine Vorzugsbehandlung gegenüber vergleichbaren Staaten in der Region zu gewähren ist. Wenn der zusätzliche Sitz nicht gemäss den vorstehenden Bestimmungen verwendet wird, ist er von der betreffenden Region unter Berücksichtigung der Bestimmungen ihres Protokolls zu besetzen.

5. Die Arbeitgebervertreter und die Arbeitnehmervertreter werden von den Arbeitgeberdelegierten bzw|. von den Arbeitnehmerdelegierten auf der Konferenz gewählt.

6. Die Amtsdauer des Verwaltungsrates beträgt drei Jahre. Finden aus irgendeinem Grund nach Ablauf! dieser Zeitspanne keine Neuwahlen statt, so bleibt der Verwaltungsrat im Amt,|bis Neuwahlen abgehalten werden.

7. Das Verfahren bei der, Besetzung frei gewordener Sitze, die Bezeichnung von Stellvertretern und andere Fragen ähnlicher Art können, vorbehaltlich der Zustimmung der Konferenz, vom Verwaltungsrat geregelt werden.

8. Der Verwaltungsrat wählt aus seiner Mitte einen Präsidenten und zwei Vizepräsidenten. Eine dieserl drei Personen muss Regierungsvertreter, eine Arbeitgebervertreter und eine Arbeitnehmervertreter sein.

9. Der Verwaltungsrat stellt seine Geschäftsordnung auf. Er bestimmt den Zeitpunkt seines Zusammentritts. Eine besondere Tagung ist jedesmal abzuhalten, wenn mindestens zweiunddreissig Mitglieder des Verwaltungsrates schriftlich einen entsprechenden Antrag stellen.

Artikel 8 1. An der Spitze des Internationalen Arbeitsamtes steht ein Generaldirektor; er wird durch den Verwaltungsrat ernannt, der die Ernennung der Internationalen Arbeitskonferenz zur Genehmigung vorlegt.

1. Der Generaldirektor 'empfängt seine Anweisungen vom Verwaltungsrat und ist ihm sowohl für den sachgemässen Geschäftsgang des Internationalen Arbeitsamtes als auch für die Erfüllung aller anderen ihm etwa anvertrauten Aufgaben verantwortlich. N 3. Der Generaldirektor ]oder sein Vertreter ist bei allen Sitzungen des Verwaltungsrates anwesend. '

1373

Verfassung der internationalen Arbeitsorganisation

Artikel 13

2. ...

c) Die Vorkehrungen zur Genehmigung des Budgets der Internationalen Arbeitsorganisation sowie zur Festsetzung und Einziehung der Beiträge werden von der Konferenz mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen; dabei ist vorzusehen, dass das Budget und die Vorkehrungen zur Umlage der Kosten auf die Mitglieder der Organisation von einem Ausschuss von Regierungsvertretern gebilligt werden.

4. Ein Mitglied der Organisation, das mit der Zahlung seines Beitrags zu den Kosten der Organisation im Rückstand ist, kann an den Abstimmungen der Konferenz, des Verwaltungsrates oder eines Ausschusses sowie an den Wahlen von Mitgliedern des Verwaltungsrates nicht teilnehmen, wenn der Betrag seiner Zahlungsrückstände dem von ihm für die vorangehenden zwei vollen Jahre geschuldeten Beitrag gleichkommt oder ihn übersteigt. Die Konferenz kann jedoch mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen ein solches Mitglied ermächtigen, an den Abstimmungen teilzunehmen, wenn sie feststellt, dass das Versäumnis auf Umstände zurückzuführen ist, die vom Willen des Mitglieds unabhängig sind.

Artikel 16

2. Die beanstandeten Gegenstände bleiben trotzdem auf der Tagesordnung, wenn die Konferenz mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen dies beschliesst.

3. Jede Frage, deren Prüfung die Konferenz (anders als im vorstehenden Absatz vorgesehen) ebenfalls mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschliesst, ist auf die Tagesordnung der folgenden Tagung zu setzen.

Artikel 17

2. Die einfache Mehrheit der abgegebenen (Ja- und -/Ve/n-JStimmen ist entscheidend, soweit nicht durch andere Artikel dieser Verfassung oder durch Übereinkommen oder sonstige Urkunden, die der Konferenz Befugnisse übertragen, oder durch die nach Artikel 13 getroffenen Vereinbarungen über Finanz- und Budgetangelegenheiten ausdrücklich eine grössere Mehrheit vorgesehen ist.

3. In Fällen, in denen die Verfassung eine Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit vorsieht, muss der Beschluss von mindestens einem Viertel der an der Tagung teilnehmenden Delegierten getragen werden; in Fällen, in denen die Verfassung eine Beschlussfassung mit Zweidrittelmehrheit vorsieht, muss dieser Beschluss von mindestens einem Drittel der an der Tagung teilnehmenden Delegierten getragen werden; in Fällen, in denen die Verfassung eine Beschlussfassung mit Dreiviertelmehrheit vorsieht, muss dieser Beschluss von mindestens drei Achteln der an der Tagung teilnehmenden Delegierten getragen werden.

1374

Verfassung der internationalen Arbeitsorganisation

4. Die Abstimmung ist ungültig, wenn nicht mindestens die Hälfte der an der Tagung teilnehmenden und stimmberechtigten Delegierten an der Abstimmung teilgenommen hat.

i Artikel 19 2. Für die Annahme sow }hl eines Übereinkommens als auch einer Empfehlung bedarf es bei der Schlussabstimmung der Konferenz einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen] Stimmen.

Artikel 21 1. Erhalt der Entwurf eilnes Übereinkommens bei der endgültigen Gesamtabstimmung nicht die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, so steht es den Mitgliedern i der Organisation, die dies wünschen, frei, ein besonderes Übereinkommen mit, (dem gleichen Inhalt abzuschliessen.

Artikel 36 1. Vorbehaltlich der Bestimmungen des Absatzes 2 dieses Artikels treten Abänderungen dieser Verfassung, die von der Konferenz mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen angenommen worden sind, in Kraft, sobald zwei Drittel der Mitglieder der Organisation sie ratifiziert oder angenommen haben.

j 2. Betrifft eine Abänderung i) die grundlegenden Ziele der Organisation gemäss der Präambel der Verfassung und der die Anlage zur Verfassung bildenden Erklärung über die Ziele und Zwecke der Internationalen Arbeitsorganisation (Präambel, Artikel l, Anlage); H) die ständige Einrichtung der Organisation, die Zusammensetzung und Aufgaben ihrer Kollegiaforgane sowie die Ernennung und die Aufgaben des Generaldirektors gemäss der Verfassung (Artikell, Artikel2, Artikels, Artikel4, Artikel 7, Artikel 8, 'Artikel 17j; iii) die Verfassungsbestimmungen betreffend internationale Arbeitsübereinkommen und -empfehlungen (Artikel 19 bis 35, Artikel 37); iv) die Bestimmungen dieses Artikels, so gilt sie als nicht angenommen, wenn sie nicht drei Viertel der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt; sie tritt nicht in Kraft, solange nicht drei Viertel der Mitglieder der Organisation sie ratifiziert oder angenommen haben.

(Es folgen die Unterschriften)

2012

1375

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht über das Übereinkommen Nr. 162 und über die Verfassungsänderung der IAO, angenommen 1986 an der 72. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz vom 15. Juni 1987

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1987

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

30

Cahier Numero Geschäftsnummer

87.045

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

04.08.1987

Date Data Seite

1336-1375

Page Pagina Ref. No

10 050 450

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.