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Bundesblatt

95. Jahrgang.

Bern, den 4. Februar 1948.

Band I.

Erscheint in der Segel alle 14 Tage. Preis SO Franken im Jahr, IO Franken im Halbjahr, cabliglieli Nachnahme- und Postbeslellnngsgeliilhr.

Einrllckungsgebllhr : 60 Kappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli £ de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Bewilligung einer Nachsubvention an den Kanton Tessin für den Bau der Strasse von Castagnola über Gandria bis zur italienischen Grenze.

(Vom 29. Januar 1943.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Die Regierung des Kantons Tessm hat mit Schreiben vom 6. Dezember 1940 dem Bundearat das Gesuch um Bewilligung einer Nachsubvention an den Bau der Strasse von Castagnola über Gandria bis zur italienischen Grenze eingereicht.

Der Bundesrat hat bereits in seiner Botschaft vom 18. Juni 1980 betreffend die Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Bau der Strasse von Gandria in sehr ausführlicher Weise den Werdegang dieser Strassenverbindung geschildert. Insbesondere wurden die Gründe dargelegt, die aus technischen Überlegungen sowie im Hinblick auf den allgemein verlangten Schutz des Landschaftsbildes und des schönen Ufergeländes massgebend waren hinsichtlich der Wahl einer oberen Linienführung gegenüber einer unteren, am Seeufer verlaufenden. Nachdem der Bundesrat mit Schreiben vom 28. Dezember 1927 alle diese Gründe dem Begierungsrat des Kantons Tessin mitgeteilt hatte, wurde nach weiteren Studien ein Projekt ausgearbeitet, das am 6. September 1929 behufs Subventionierung zur Einreichung gelangte. Das den Wünschen der Bandesbehörden Bechnung tragende Tracé benützt auf einer Länge von 1400 m die alte Strasse von Castagnola nach dem Monte Brè bis Boncaccio, mit Kulmination auf 376,21 m ü. M., während der mittlere Seespiegel auf Kote 270,51 m steht; der Neubau führt dann über den Sasso di Gandria und über das Dorf Gandria bis zur Landesgrenze, wo die Fahrbahn nur noch 4 m über dem See liegt. Nachdem die Frage einer tatkräftigen finanziellen Unterstützung durch den Bund bei der Behandlung der ersten Tessiner Begehren Bundesblatt.

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des Jahres 1924 Gegenstand einer Aussprache zwischen dem Bundesrat und der Tessiner Eegierung gewesen war, bewilligte die Bundesversammlung mit Beschluss vom 2. Dezember 1930 einen Bundesbeitrag von 50 % der wirklichen Kosten bis zum Höchstbetrag von Fr. l 295 000.-- als 50 % der Voranschlagssumme von Fr, 2590000.--.

Die Bauarbeiten wurden im Herbst 1903 begonnen, und die Strasse konnte Ende 1936 dem Verkehr übergeben werden. Die touristische Bedeutung dieser Strassenverbindeung von Lugano nach dem Comersee und weiter nach dem Veltlin und dem Engadin wurde von der eidgenössischen Postverwaltung anerkannt, die sofort zwei regelmässige tägliche Automobilkurse in jeder Richtung zwischen Lugano und St. Moritz einführte.

Die Kosten der 4604 m langen Gandriastrasse belaufen sich nach der vorn Begierungsrat des Kantons Tessin am 6. Dezember 1940 eingereichten Abrechnung auf Fr. 4 131 141.45. Es ergibt sich gegenüber dem genehmigten Voranschlag des Jahres 1929, von Fr. 2590000.--, eine Überschreitung von Fr. l 541 141.45, also von rund 59,5 %.

Nach der Eingabe der Tessmer Eegierung vom 6. Dezember 1940 sind die eingetretenen Mehrkosten in der Hauptsache auf tiefgreifende Änderungen am ursprünglichen Projekte bei der Bauausführung zurückzuführen. Bei den äusserst schwierigen Geländeverhältnissen stellten sich Überraschungen ein, die zu der grossen Überschreitung des Voranschlages führten. Als Hauptpunkte sind zu nennen: 1. die Erstellung eines Trottoirs auf der ganzen Länge, das allein infolge . der grösseren Strassenbreite wesentliche Mehrausgaben verursachte; 2. die Erstellung von Tunneln und Kunstgalerien in einer Gesamtlänge von 568 m bei der äusserst steilen Partie vor Gandria und bei der Landesgrenze ; 3: die teuren Expropriationskosten und die vielen innerorts nötigen Anpassungsarbeiten bei Castagnola; 4. die unvorhergesehene Ausgabe von rund Fr. 86 000.-- für die Aufrechterhaltung des Verkehrs der Bewohner von Gandria mit Lugano während des Baues mittelst eines Motorbootdienstes; 5. die Beschaffung von Granitsteinen und Granitquadern aus den Steinbrüchen oberhalb Bellinzona für die Mauern und die Verkleidung der Kunstbauten; 6. die schlankere Linienführung zufolge Tracéverschiebungen zugunsten des Verkehrs.

Zu Punkt l, Erstellung des Trottoirs, ist folgendes zu bemerken: Die Frage der Beibehaltung
des bekannten Fussweges von Gandria spielte immer eine grosse, vielleicht die entscheidende Rolle für die Bestimmung der hochliegenden Linienführung der Strasse. Ira genehmigten Voranschlag war sogar eine Summe von Fr. 69000.-- vorgesehen zum Zwecke, diesen Fussweg in einer Breite von 1,50 bis 2,0 m über Gandria hinaus bis zur Landesgrenze zu

51 verlängern, um den Fussgängerverkehr von der Strasse überhaupt fernzuhalten.

Anlässlich eines am 2. März 1934 abgehaltenen Augenscheines, an welchem das Baudepartement des Kantons Tessin und das eidgenössische Oberbauinspektorat vertreten waren, wurde in erster Linie die Frage besprochen, ob in Anbetracht der schwierigen beim Bau zutage getretenen Geländeverhältnisse hinter Gandria es nicht besser wäre, von dieser Verlängerung abzusehen, dafür aber für den Fussgänger, von Gandria weg, ein Trottoir von 1,0 in Breite entweder mittelst einer auf den Stützmauern ruhenden Kragkonstruktion oder durch Verbreiterung der Strasse selbst herzustellen. Die Regierung des Kantons Tessin stellte dann mit Schreiben vom 22. Mai 1934 an das eidgenössische Departement des Innern das Gesuch, längs der ganzen neuen Strasse ein Trottoir erstellen zu dürfen. Die Kosten waren auf Fr, 235 .640.-- veranschlagt, wofür die vorgesehene Summe von Fr. 69 000.-- für die Verlängerung des Fussweges in erster Linie zu verwenden war. Dieses Gesuch wurde damit begründet, dass auf der italienischen Anschlußstrecke der Strasse ein Trottoir bereits im Bau sich befand, und ferner, dass ein solches sowohl im Interesse der Automobilisten als auch für die Sicherheit der Fussgänger eine unbedingte Notwendigkeit darstelle. Das eidgenössische Departement des Innern teilte mit Schreiben vom 4. Juni 1984 dem Tessiner Staatsrat mit, dass es seinen Standpunkt hinsichtlich der Erstellung des Trottoirs wohl teilen könne, dass es aber nicht in der Lage sei, irgendwelche Zusicherung für die Subventionierung der daraus entstehenden unvorhergesehenen Mehrkosten auszusprechen. Diese Feststellung war geboten, denn zu den reinen Baukosten des Trottoirs kamen die nun entstehenden, noch bedeutenderen Mehrkosten für die Unterbauarbeiten in dem schwierigen Gelände überall da, wo eine Erstellung dos Trottoirs in Form einer auskragenden Platte nicht in Frage kommen konnte.

In diesen Strassonabschnitten musate die gesamte Breite der Strassenanlage nun von 6,0 auf 7,0 m vergrössert werden. Zahlenmässig lassen sich die Mehrkosten der Unterbauarbeiten und der Galerien infolge der Ausführung des Trottoirs nicht genau auseinanderhalten ; wir berechnen sie jedoch auf rund Fr. 600000,--.

Was die Erstellung der unter 2. erwähnten Tunnels und Galerien anbetrifft,
kann zur Begründung folgendes dienen: Die neue Strasse von Koncaccio bis nach dein Sasso di Gandria, km 1,400 bis km 2,400, hätte nach dem Projekt durch sehr steiles Gelände geführt. Vorgesehen war eine offene Linienführung, die bei km 1,630 einen hohen Felseinschnitt erforderte, mit unmittelbar anschliessendem Viadukt über das Val Pianca. Von hier weg bis zum Sasso di Gandria hätte die Strasse längs einer über 100 m hohen steilen Felswand offen verlaufen sollen. Hohe Stützmauern, Lehnenviadukte, bis 80 m hohe senkrechte Felsanschnitte waren hier vorgesehen. Über die Linienführung in diesem Abschnitt gingen schon anlässheh der Projektaufstellung die Meinungen der technischen Organe des Bundes und des Kantons stark auseinander. Das eidgenössische Oberbauinspektorat hatte sich an Ort und Stelle über die Eignung des Berghanges für die Anlage der Strasse orientiert

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und vertrat die Ansicht, dass man für die Führung der Strasse durch den felsigen Hang eine geeignete Lösung finden könne unter Vermeidung langer Tunnelbauten. Die Tessiner Ingenieure waren zurückhaltender in ihrer Meinung, besonders im Hinblick auf die geologische Beschaffenheit des Berges, der grossenteils aus dünnen Schichten eines grauen Kalkes besteht, und namentlich wegen der möglichen Überraschungen beim Bau und der späteren Gefährdung des Verkehrs durch Steinschlag. Das Oberbauinspektorat war immerhin auch der Ansicht, dass mit Steinschlag zu rechnen sei und dass die Ausführung der notwendigen Schutzbauten keine leichte Aufgabe wäre. Auf Grund dreijähriger Beobachtungen nach der Aufstellung des Bauprojektes studierte der Kanton eine Variante für die Führung der Strasse in Tunneln zwischen km 1,500.

und km 2,400. Diese Variante wurde mit Schreiben vom 12. Juli 1933 den Bundesbehörden zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt. Mit Schreiben vom 20.. Juli 1983 erklärte sich das eidgenössische Departement des. Innern mit der Variante einverstanden in der Meinung, dass man mit den Bauausgaben innerhalb des Voranschlages vom Jahre 1980 bleiben würde, weil eine Nachsubventionierung der Mehrkosten sehr fraglich erscheine. Im ersten Baulos der neuen Strasse, von km 1,400 bis km 2,609, war damit das ursprüngliche Projekt fast vollständig umgearbeitet worden, und zwar mit Hecht, wie die bei der Bauausführung gemachten Erfahrungen nachträglich bestätigten. Die vier Tunnels, die mit Gewölben versehen sind, und die erforderlichen drei Kunstgalerien, in einer Gesamtlänge von 410 m, haben allein rund Fr. 900 000. ·-- gekostet, ohne die Kosten der Fahrbahnerstellung.

Bei der Landesgrenze sind zwei kurze Tunnel und zwei Steinschlaggalerien auf einer Länge von 158 m nötig geworden infolge Streckung des Tracés, Diese Tunnels erhielten keine Gewölbeauskleidung, so dass die Erstellungskosten in der Höhe von Fr. 118 000.-- mässig sind.

Als dritter Grund für die Überschreitung des Voranschlages werden von der tessinischen Begierung die hohen Kosten für die Expropriationen und die Anpassungskosten in Castagnola angeführt.

In Castagnola sind drei Häuser abgebrochen worden, zwei bei der ersten Kehre vor dem Municipio, eines bei km 0,520, während im Projekte nur der Abbruch eines einzigen Hauses vorgesehen war. Infolge
der notwendigen Erstellung des Trottoirs innerorts und weiter bis Boncaccio, ferner der besseren Ausbildung der zwei untersten Kehren wegen, musste ein grösseres Flächeninass zum Teil wertvollen Landes --· Ziergärten und Bauland -- gekauft werden.

Die bezahlten Preise von Fr. 6.--- bis Fr. 25.-- für den Quadratmeter sind nicht als übersetzt zu bezeichnen. Die Expropriationen für den Umbau der alten Strasse betragen insgesamt rund Fr. 222400.-- gegenüber einer Voranschlagssumme von Fr. 29500,--·. Das Oberbauinspektorat empfiehlt, die wirklichen Enteignungskosten für die Berechnung der Nachsubvention um den Betrag von Fr, 34 185.-- herabzusetzen, der den Mehrkosten für Abbruch des dritten vorgenannten Hauses ohne eingeholte Zustimmung der Bundesbehörden gegenüber ursprünglich genehmigtem Projekte entspricht. Auf Gebiet

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von Castagnola waren ferner verschiedene Anpassungsarbeiten im Betrage von rund Fr. 38000.-- für neue Zufahrten zu Wohngebäuden, für Gartenmauern, neue Anschlüsse der Wasser- und Lichtleitungen und Ähnliches nicht zu umgehen.

Auf Gemeindegebiet von Gandria blieben die Expropriationskosten im Bahmen des Voranschlages.

Punkt 4, Errichtung eines Motorbootdienstes während der Zeit vom 19. Februar 1934 bis 5. April 1935 zwischen Gandria und Castagnola, ist begründet durch die Tatsache, dass der Pussweg durch die Sprengarbeitcn bedroht und teilweise zerstört wurde. Nur die Bewohner von Gandria durften diesen Fahrdienst benützen. Wir glauben, dass diese Ausgabe gerechtfertigt ist, um so mehr, als das Baudepartement weitere Forderungen der Wirte von Gandria wegen Geschäftsbenachteiligung infolge Schliessung des Fussweges immer wieder abgelehnt hat.

Die unter S. erwähnte Beschaffung von Granitstoinen aus den Stembrüchen oberhalb Bellinzona wirkte verteuernd. In geologischer Hinsicht tritt im Bereiche der Gandriastrasse in dünnen, vielfach verbogenen Schichten grauer Liaskalk mit Kieseladern zutage. Das Gestein zerfällt in charakteristische rhomboidische Brocken, die für Mauerungszwecke sich nicht eignen, so dass man für alle Bauten auf der Strecke Castagnola-Sasso di Gandria und für die Verkleidung der Kunstbauten zwischen Gandria und der Landes grenze den Naturstein von auswärts beziehen musste. Es war immerhin möglich, für die Mehrzahl der Stütz- und Futtermauern zwischen Gandria und der Grenze das an Ort und Stelle vorgefundene Stemmatenal zu verwenden, weil die,Schichten daselbst mächtiger waren, das Gestein sich daher besser eignete.

Die als Punkt 6 erwähnte schlankere Linienführung gegen die italienische Grenze hin wurde durch örtliche Verhältnisse bedingt und brachte ebenfalls Mehrkosten zufolge höherer Stütz- und Futtermauern.

Neben den oben erwähnten ausführlich behandelten Ursachen der Miehrkosten muss noch erwähnt werden, dass der Unterbau der vor 33 Jahren hauptsächlich zur Baulanderschliessung erstellten und für einen leichten Ortsverkehr bemessenen Strasse Castagnola-Buvigliana-Monto Brè mit ihren hohen schwachen Trockenmauern nicht nur zu verstärken, sondern auch neu zu erstellen war. Diese Arbeit erwies sich als viel umfangreicher, als man ursprünglich angenommen hatte ; sie erforderte
Fr. 220 000. -- gegenüber einem Voranschlage von Fr. 132000.--.

Als weiter unvorhergesehene Ausgabe ist noch die Befestigung einiger hoher, steiler Böschungen mittelst Zementeinspritzung, mit einem Betrage von rund Fr. 67 300.----, zu erwähnen.

Nachdem von Fall zu Fall die Gründe für die Kostenüberschreitung erörtert wurden, bleibt noch zu bemerken, dass die bezahlten Einheitspreise für die einzelnen Arbeitsgattungen nicht übersetzt waren. Wir wollen noch erwähnen, dass Fr. 50000.-- für die Erstellung einer Zufahrtsstrasse von der neuen Strasse nach dem Dorf Gandria vorgesehen waren. Diese Zufahrt

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kam nicht zur Ausführung, nachdem nähere Studien gezeigt hatten, dass eine solche Strasse rund Fr. 185000.--- gekostet hätte; an ihrer Stelle wurde ein bestehender Fussweg, ohne grosse Kosten, für die Einwohner und die Touristen in einfacher Weise verbessert.

Der Hauptanteil der Mehrkosten fällt auf die unvorhergesehenen Bauten, besonders aber auf die Änderung der Linienführung zwischen Eoncaccio und Gandria. Von einer Überschreitung des Voranschlages kann weniger die ' Bede sein als von Mehrarbeiten, die durch die beim Bau erschlossenen natürlichen und die lokalen Verhältnisse bedingt waren. Beim Bau, der erst nach nahezu vier Jahren nach der Projektaufstellung begonnen werden konnte, musste man den inzwischen bei modernen Strassenbauten des Auslandes gesammelten Erfahrungen und den ebenfalls in schweizerischen Fachkreisen für richtig gehaltenen neueren Anschauungen über die Verkehrsabwicklung auf Durchgangsstrassen Eechnung tragen. Bezüglich Linienführung, Gefalle, Fahrbahngestaltung und Sicherheitsmassnahmen haben wir es mit einer sorgfältig ausgeführten Bergstrasse, zum Teil in schwierigstem Gelände zu tun, die den Anforderungen des modernen Verkehrs entspricht. Eidgenössische und kantonale Behörden haben stets zusammengearbeitet. Abänderungs- und Verbesserungsvorschläge gegenüber dem Projekt wurden den zuständigen Bundesorganen zwecks Stellungnahme unterbreitet. Das eidgenössische Depar. tement des Innern hat immer von den Projektänderungen Kenntnis genommen .und die Kantonsbehörden wissen lassen, dass es sich hier um die Überschreitung eines von der Bundesversammlung genehmigten Kredites handle, die Beschlussfassung über ein allfälliges Nachsubventionsgesuch daher auch in deren Kompetenz falle.

Die von der Kantonsregierung eingesandte Schlussrechnung mit einem Kostenbetrage von Fr. 4181141.45 wurde vom eidgenössischen Oberbauinspektorat auf Grund der Belege geprüft. Diese Prüfung hat ergeben, dass verschiedene Eechnungen im Betrage von Fr. 95 633.75 von einer allfälligen Nachsubventionierung auszuschliessen sind. Diese Eechnungen beziehen sich nicht auf die eigentlichen Bauausgaben, einschliesslich der Enteignungen, der unmittelbaren Bauaufsicht und der Aufstellung des Ausführungsprojektes.

Sie betreffen vielmehr Ausgaben für Gerichts- und Expertenkosten, für umfangreiche nach Bauvollendung
noch nötig gewordene Kontrollarbeiten im Zusammenhang mit der Erledigung eines Streitfalles zwischen dem Staat und einer Unternehmung, welche über Jahre sich hinziehenden Verfahren auch die sehr späte Einreichuung der Schlussabrechnung bewirkt haben. In dem beanstandeten Betrag sind ferner die Kosten für die Einweihung der Strasse, für die Beleuchtung der Galerien in den Monaten März bis April 1940, für die Zinsen des an den Strassenbau geschuldeten Beitrages der Gemeinde Castagnola und für die Expropriation des oben erwähnten Hauses bei km 0,540, welches ohne Einverständnis des Bundes abgetragen wurde, Inbegriffen. Das eidgenössische Departement des Innern hat deshalb mit Schreiben vom 30. September 1942 dem Baudepartcment dos Kantons Tessin mitgeteilt, dass bei

55 einer allfälligen Nachsubventionierung die zu berücksichtigenden Kosten um den Betrag von Fr. 95 688.75 herabzusetzen seien. In der Folge ist dann der Abstrich auf Fr. 89 468.75 reduziert worden, indem es sich als billig, erwies, einem nachträglichen Einwände des Kantons T essin noch zum Teil Eechnung zu tragen. Damit beziffern sich -- an Stelle der vom Kanton Tessin gemeldeten Kostensumme von Fr. 4 131141.45 -- die gesamten Baukosten auf Fr. 4 041 672.70. Die über den ursprünglichen Voranschlag von Franken 2 590 000. -- hinaus zu berücksichtigenden Mehrkosten belaufen sich damit auf Fr. l 451 672.70 oder rund 56% des ursprünglichen Voranschlages.

Nachsubventionen für Strassenbauton, deren Subventionierung in die Kompetenz der Bundesversammlung fällt, wurden öfters bewilligt. Wir neimen nur die Klausenstrasse im Kanton Uri, die Samnaunstrasse im Kanton Graubünden und in neuerer Zeit die Passwangstrasse im Kanton Solothurn, diese sogar mit einer Kostenüberschreitung von 69 %. Es erscheint daher billig, dass der Bund auch hier seine Unterstützung nicht versage. Wir legen Ihnen deshalb das Gesuch des Kantons Tessin mit unserer Empfehlung zur Stellungnahme vor.

Was den zu bewilligenden Bundesbeitrag anbetrifft, so hat der Kanton Tessin in seinem Gesuche vom 6. Dezember 1940 nach Anführung der obengenannten Gründe den Wunsch ausgesprochen, auch an die Mehrkosten den für den ursprünglichen Kostenvoranschlag bewilligten Beitragssatz von 50 % zugesprochen zu erhalten. Demgegenüber müssen wir darauf hinweisen, dass allgemein heute die von der Bundesversammlung im Jahre 1930 beschlossene Subvention von 50 % mit Hücksicht auf die verschiedenen seither von Ihnen beschlossenen eidgenössischen Finanzprogramme nicht mehr gewährt werden kann. Laut Bundesratsbeschluss vom 80. Apnl 1940 über Massnahmen zur Tilgung der ausserordeiitlichen Wehraufwendungen und zur Ordnung des Finanzhaushaltes dos Bundes, mit welchem wir die Geltungsdauer Ihres Beschlusses vom 22. Dezember 1938 betreffend den eidgenössischen Finanzhaushalt bis zum 81. Dezember 1945 verlängert haben, ist jeder Bundesbeitrag um 40 vom Hundert niedriger zu bemessen als der gleiche oder ein gleichartiger Beitrag im Jahre 1932. Eine geringere Kürzung ist nur zulässig, wenn die wirtschaftliche Lage des Beitragempfängers es'absolut orfordert; die Kürzung
soll aber wenigstens 25 % betragen.

Anderseits müssen auch die von Ihnen in der Angelegenheit der Passwangstrasse gefassten Beschlüsse m diesem Zusammenhange erwähnt werden. Nachdom Sio mit Beschluss vom 18. Dezember 1931 zugunsten eines Kostenvoranschlages für den Bau einer Passwangstrasse von Mümliswil bis Schachen im Kanton Solothurn einen Bundesbeitrag von 40 % bewilligt hatten, gaben Sie mit Beschluss vom 6. Dezember 1935 auch dem Gesuche des Kantons Solothurn um Zusicherung einer Nachsubvention Folge, indem Sie für subventionierbare Mehrkosten von Fr. 944000.-- dem Kanton Solothurn einen Bundesbeitrag von ebenfalls 40 % zuteil werden liessen. Diesen Beschluss haben Sie gefasst trotzdem das erste eidgenössische Finanzprogramm vom

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18. Oktober 1988 in Kraft stand, das grundsätzlich eine Herabsetzung der ordentlichen Bundesbeiträge um 20 % anordnete. Sie würdigten dabei die Tatsache, dass der Kanton Solothurn aus eigenen Kosten die nördliche Fortsetzung der Passwangstrasse von Schachen über Erschwil-Breitenbach den militärischen Anforderungen gemäss ausbaute, sowie den Umstand, dass die Mehrkosten durch eine Bodenbeschaffenheit verursacht wurden, die sowohl im offenen Gelände als im Scheiteltunnel sich beim Bau als erheblich ungunstiger herausstellte, als es den geologischen Voraussagen gemäss zu erwarten war.

Anderseits wurde gerade bei der Behandlung des Bundesbeschlusses betreffend die Nachsubvention an den Bau der Passwangstrasse sowohl in den Kommissionen als auch in den eidgenössischen Bäten darauf hingewiesen, dass bei der Bemessung des Ansatzes für derartige Nachsubventionen nicht einfach auf den ursprünglich bewilligten Subventionsansatz abgestellt, sondern eine gewisse Zurückhaltung beobachtet werden sollte.

Mit der Erstellung der Gandriastrasse und der italienischen Anschlussstrasse ist unbestreitbar eine Boute eröffnet worden, der auch im gesamtschweizerischen Interesse hoher touristischer Wert zukommt. Im übrigen ist auch bei der Gandriastrasse, abgesehen von im Laufe der Bauzeit als unbedingt notwendig erkannten Mehrarbeiten, dasselbe Argument zu beachten wie beim Passwang, dass nämlich die Bodenbeschaffenheit -- hier vor allem hinsichtlich der ungünstigen Felsverhältnisse -- sich als wesentlich erschwerender erwies, als nach den eingehenden Voruntersuchungen angenommen werden konnte.

In Würdigung aller dargelegten Verhältnisse glauben wir, den eidgenössischen Bäten das Eintreten auf das Gesuch des Kantons Tessili und die Bewilligung eines Bundesbeitrages von 40 % an die anerkannten Mehrkosten von Fr. l 451 672.-- empfehlen zu sollen.

Wir erlauben uns demgemäss, Ihnen den beigelegten Entwurf eines Bundesbeschlusses zu unterbreiten.

Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 29. Januar 1943.

Im. Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Celio.

Der Bundeskanzler:

G. Bovet.

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(Entwurf.)

ßundesbeschluss über

die Zusicherung einer Nachsubvention an den Kanton Tessin für den Bau der Strasse von Castagnola über Gandria bis zur italienischen Grenze.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Art, 23 der Bundesverfassung, nach Einsicht des Schreibens der Eegierung des Kantons Tessin vom 6. Dezember 1940, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 29. Januar 1943, beschliesst:

Art. 1.

Dem Kanton Tessin wird an die Mehrkosten für den Bau der Strasse von Castagnola über Gandria bis zur italienischen Grenze eine Nachsubvention von Fr. 580668.--, als 40% der ausgewiesenen, als subventionsberechtigt anerkannten Mehrkosten im Betrage von Fr. l 451 672.--, bewilligt.

Die Auszahlung dieses Betrages erfolgt im Jahre 1943.

Art. 2.

· Dieser Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit seiner Vollziehung beauftragt.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Bewilligung einer Nachsubvention an den Kanton Tessin für den Bau der Strasse von Castagnola über Gandria bis zur italienischen Grenze. (Vom 29. Januar 1943.)

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1943

Année Anno Band

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03

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4364

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

04.03.1943

Date Data Seite

49-57

Page Pagina Ref. No

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