488

# S T #

Kreisschreiben des

Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betreffend den Beitritt Ungarns zu den privatrechtlichen Haager Abkommen vom 12. Juni 1902.

(Vom 1. September 1916.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Mit Wirkung vom 22. November 1911 hinweg hat Ungarn seinen Beitritt zu ' den internationalen Haager Abkommen, vom 12. Juni 1902, betreffend die Eheschliessung, die Ehescheidung und Trennung von Tisch und Bett, und die Vormundschaft über Minderjährige erklärt.

Die Bestimmungen des ungarischen Rechts, welche für die Anwendung des Abkommens über die Eheschliessung in Betracht fallen, hat unser Justiz- und Polizeidepartement den- kantonalen Aufsichtsbehörden über das Zivilstandswesen mit Kreisschreiben vom 28. Februar 1913 mitgeteilt (Bundesbl. 1913, I, 543 ff.).

Wir beehren uns nun, Ihnen in den angeschlossenen Tabellen eine Zusammenstellung derjenigen Bestimmungen des Rechts von Ungarn zu übermitteln, die für die Anwendung der Abkommen betreffend die Ehescheidung und die Trennung von Tisch und Bett und betreffend die Vormundschaft über Minderjährige von Bedeutung sind.

In bezug auf Staatsbürger des Königreichs Ungarn (Ungarn im engern Sinne und Kroatien-Slavonien) ist bei der Anwendung des E h e s c h e i d u n g s a b k o m m e n s folgendes zu beachten: Ehescheidungs- und Trennungsklagen können von schweizerischen Gerichten nicht an die Hand genommen werden, wenn sie einen im engern Ungarn gemeindezuständigen ungarischen Staatsbürger oder einen in Kroatien-Slavonien gemeindezuständigen ungarischen Staatsbürger römisch-katholischer, griechisch-katho-

489.

lischer oder griechisch-orientalischer Konfession, sowie Mischehen, von denen ein Teil römisch-katholischer Konfession ist, betreffen, weil für solche Prozesse ausschliesslich ungarische, weltliche oder überhaupt geistliche Gerichte zuständig sind. Es können demnach von den schweizerischen Gerichten lediglich die Scheidungsund Trennungsklagen an die Hand genommen werden von Evangelischen beider Konfessionen und von Israeliten, die in Kroatien-Slavonien gemeindezuständige ungarische Staatsbürger sind.

Für die in Art. 4 und 8 dea V o r m u n d s c h a f t s a b k o m m e n s vorgesehenen Mitteilungen ist die Übermittlung auf diplomatischem Wege vereinbart worden. Die von schweizerischen Vormundschaftsbehörden ausgehenden und für ungarische Vormundschaftsbehörden bestimmten Mitteilungen sind daher durch Vermittlung der kantonalen Instanz an das schweizerische Justizund Polizeidepartement zu richten, das für deren Weiterleitung besorgt sein wird. Diese Mitteilungen können in einer schweizerischen Nationalsprache abgefasst sein. Die von ungarischen Behörden ausgehenden, für die Schweiz bestimmten Mitteilungen betreffend unter das internationale Abkommen fallende Vormundschaftsfälle von minderjährigen S c h w e i z er bürgern werden von der Ungarischen Regierung auf Kosten des Bundes mit einer Übersetzung in eine schweizerische Nationalsprache versehen werden, sofern sie nicht bereits in einer solchen abgefasst sind.

Wir sind gerne bereit, Ihnen weitere Abzüge dieses Kreisschreibens zur Verfügung zu stellen, wenn Sie die Anzahl der gewünschten Exemplare spätestens bis zum 1./1Ö. September 1916 dem Drucksachenbureau der Bundeskanzlei mitteilen.

Wir benützen auch diesen Anlass, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 1. September 1916.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Decoppet.

Der Vizekanzler : Darid.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Kreisschreiben des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betreffend den Beitritt Ungarns zu den privatrechtlichen Haager Abkommen vom 12. Juni 1902. (Vom 1.

September 1916.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1916

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

36

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.09.1916

Date Data Seite

488-489

Page Pagina Ref. No

10 026 133

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.