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Bundesblatt

84. Jahrgang.

Bern, den 31. August 1932.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr. 10 franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellangsgebühr.

EinrUckungsgebühr ; 50 Rappen die Petitzeile oder deren Baum, -- Inserate franko an Stämpfli * de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erweiterung der Kredithilfe für notleidende Bauern.

(Vom 25. August 1932.)

Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, Wir beehren uns, Ihnen über die Lage unserer Landwirtschaft Bericht zu erstatten und den Entwurf eines Bundesbeschlusses über eine neue Kredithilfe für notleidende Bauern vorzulegen.

A. unsere Landwirtschaft in den nachkriegszeitlichen Wirtschaftskrisen.

I.

1. Die erste nachkriegszeitliche "Wirtschaftskrise machte sich in der schweizerischen Landwirtschaft durch gewaltige Preisstürze für ihre wichtigsten Erzeugnisse geltend. So sanken 1921/22 innert Jahresfrist die Preise für Käsereimilch von 36 auf 22,5 Ep., für fette Ochsen von Fr. 2. 60 auf Fr. 1. 80, für Schlachtschweine von Fr. 8.10 auf Fr. 2. --· und für jüngere neumelkige Kühe von Fr. 3. 60 auf Fr. 2. 20 je kg Lebendgewicht.

Einzelnen Zweigen der Landwirtschaft konnte auf Grund der Bundesbeschlüsse vom 18. Februar 1921 über die Abänderung des Zolltarifes und die Beschränkung der Einfuhr ein gewisser Schutz gewährt und damit der Preisabbau gemildert werden. Überdies erwiesen sich besondere Stützungsaktionen für die zwei wichtigsten landwirtschaftlichen Produktionszweige, die Milchwirtschaft und die Viehhaltung, als notwendig. Sie wurden durch die Bundesbeschlüsse vom 7. April 1922 betreffend die Hilfsaktion für die schweizerischen Milchproduzenten und vom 12. Oktober 1922 betreffend eine ausserordentliche Bundeshilfe für die schweizerische Viehhaltung bewilligt und erwiesen sich als wirksam.

2. Mit dem Wiederaufstieg der Weltwirtschaft, der 1923 einsetzte, ging auch eine leichte Besserung der Landwirtschaftsverhältnisse einher. Die Land Wirtschaft, die, an die Scholle gebunden, weniger beweglich und anpassungsBundesblatt. 84. Jahrg. Bd. II.

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412 fähig ist als Industrie, Gewerbe und Handel, bedurfte indessen auch während den folgenden Jahren noch einiger Nachhilfe, besonders auf dem Gebiete der "Milchwirtschaft. So wurde nach dem Bundesbeschluss vom 27. Juni 1927 dem.

Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten ein Kredit von 2 Millionen Franken zur Förderung der Butterproduktion und zur Stutzung der Butterpreise bewilligt. Auf Grund von Postulaten der Bundesversammlung wurden sodann nach Bundesbeschluss vom 28. September 1928 betreffend eine vorübergehende Bundeshilfe zur Milderung der .Notlage m der schweizerischen Landwirtschaft weitere Kredite zur Verfügung gestellt, wovon ein Teil als Kredithilfe für notleidende Bauern Verwendung fand.

8. Unter der Voraussetzung einer auch weiterhin günstigen Entwicklung der Wirtschaftslage durfte man sich damals der Hoffnung hingeben, die mit dem Bundesbeschlusse vom 28. September 1928 einhergehenden mannigfachen Massnahmen vermöchten unserer Landwirtschaft vollends über die Krise hinwegzuhelfen. In dieser Auffassung wurde man bestärkt durch die tatsächlich eingetretene und vom schweizerischen Bauernsekretariat anhand der Buchhaltungsergebnisse festgestellte Besserung der ökonomischen Lage der Landwirtschaft. Nach Abzug sämtlicher Produktionskosten, ausgenommen die Zinsansprüche de» im Landwirtschaftsbetriebe angelegten eigenen und fremden Kapitals, wurde nach diesen folgende Verzinsung des in der Landwirtschaft investierten Aktivkapitals (Eeinertrag) festgestellt: ,h Jahre

1906/13 1914/19 1920 1921 1922 1923 1924 1925 1926 1927 1928 1929 1930

Zahl der Abschlüsse

2190 2000 380 397 406 425 456 469 478 500 504 501 522

Reinertrag in %

8,6B 8,54 5,B5 0JS9 --1,15 4,06 2,86 2,33 1:70 1,99 2,63 3,62 3,2S

4. Die Hoffnungen auf eine dauernde Besserung der Wirtschaftslageerwiesen sich in der Folge als trügerisch. Die Bankkatastrophen und Kursstürze an den amerikanischen Börsen im Herbst 1929 waren der Auftakt zu anhaltenden Erschütterungen fast der gesamten Weltwirtschaft. In den Jahren 1930 und 1981 traten gewaltige Preisstürze für Erzeugnisse verschiedenster Art in Erscheinung, die in der Weltgeschichte beispiellos sind.

413 Vermochte die schweizerische Volkswirtschaft den Angriffen der Welt·wirtBchaftskrise auch längere Zeit zu widerstehen, auf die Dauer konnte sie sich den verheerenden Einflüssen dieses mächtigen Weltgeschehens nicht entziehen.

II.

1. Während die Verhältnisse der Vorkriegszeit unsere Landwirtschaft dem Ackerbau allmählich entfremdeten und auf Futterbau mit Viehhaltung drängten, ist während der letzten Kriegszeit behufs Sicherung unserer Landesversorgung die umgekehrte Entwicklung begünstigt worden. Durch handelspolitische und andere Bundesmassnahmen, wie die Unterstützung des Getreidebaues, auch des Kartoffel- und Gemüsebaues, suchte man seither diese Entwicklung zu fördern. Sind hiebei gewisse Erfolge auch nicht zu verkennen, so entsprechen sie quantitativ doch nicht den gehegten Erwartungen.

Seit 1924 hat die Milchproduktion den vorkriegszeitlichen Stand wieder erheblich überschritten. Gleichzeitig begegnete aber der Export unserer Milcherzeugnisse zunehmenden Schwierigkeiten, die sich besonders in Krisenperioden unangenehm fühlbar machen. Die Ausdehnung unserer Buttererzengung ist wohl ein wertvoller Notbehelf, vermag aber für die gefährdete Fabrikation von Käse und Kondensmilch keinen vollwertigen Ersatz zu bieten.

So äusserte sich die zweite nachkriegszeitliche, die grosse Wirtschaftskrise der Gegenwart, wieder zuerst in unserer Milchwirtschaft. Über die für diese seit 1929 und besonders um die letzte Jahreswende getroffenen Stützungsmassnahmen orientiert die Botschaft des Bundesrates vom 26. Februar 1982 an die Bundesversammlung über die Fortsetzung der Bundeshilfe für die schweizerischen Milchproduzenten und die Beschränkung der Buttereinfuhr.

Die Vorlage zeitigte den Bundesbeschluss vom 18, März 1932.

2. Aus der seitherigen Entwicklung ist eine baldige Besserung der Lage für unsere Landwirtschaft nicht zu ersehen. Am Weltmarkte ist im Gegenteil eine weitere Abschwächung der Preise für Milch und Milcherzeugnisse, ebenso für Vieh, Fleisch und Fleischwaren, auch für eine Eeihe anderer Bodenerzeugnisse eingetreten. Die mannigfachen, zugunsten der Landwirtschaft getroffenen Massnahmen vermochten den Wellenschlag der Weltwirtschaftskrise an der Landesgrenze wohl zu mildern, aber nicht zu bannen. Unter dem Drucke der allgemeinen Wirtschaftslage liess sich daher auch in unserem Lande ein
gewisser Preisabbau nicht umgehen.

8. Die erörterte Bundeshilfe für die Landwirtschaft ist in der Hauptsache auf eine allgemeine Preisstützung gerichtet. Damit soll für alle in den betreffenden Produktionsgebieten tätigen Glieder eine gleichmässig wirkende Hilfe einhergehen. Trotz umfassender Stützungsmassnahmen des Bundes sind aber die Preise verschiedener Erzeugnisse unserer Landwirtschaft auf den Vorkriegsstand und darunter gesunken. 1914 = 100 angenommen, stand der mittlere Preisindex für die Erzeugnisse der schweizerischen Landwirtschaft im Juni 1932 bloss noch auf 120. Weitere Preisabschläge sind nicht ausgeschlossen.

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Auf jeden Fall hat das Tauschwertverhältnis der landwirtschaftlichen gegenüber den industriellen und gewerblichen Erzeugnissen im Durchschnitt zusehends eingebüsst, daher auch das Missverhältnis zwischen Produktionskosten und Produktenerlös unserer Landwirtschaft.

4. Die erschwerte Lage unserer Landwirtschaft kommt auch in ihren neuesten Buchhaltungsabschlüssen zum Ausdruck. Nach einer vorläufigen Zusammenstellung der Ergebnisse der unter Kontrolle des schweizerischen Bauernsekretariates stehenden Betriebe wird sich das in der Landwirtschaft angelegte Aktivkapital für das Bechnungsjahr 1981/32 zu nicht ganz 2% verzinsen. Dabei sind die neueren Preisabschläge noch nicht zur Wirkung gekommen, denn die Buchhaltungen werden in den meisten Fällen auf 1. März, spätestens auf 1. April abgeschlossen. Es ist daher zu befürchten, dass die künftigen Ertrags- und Einkommensverhältnisse unserer Landwirtschaft auf oder sogar unter den bedenkliehen Stand von 1921/22 zurückfallen werden.

Während aber unsere Landwirtschaft in der ersten Krisenperiode noch aus ansehnlichen Betriebs- und Vermögensreserven schöpfen konnte und jene selbst von kurzer Dauer war, hegen diesmal die Verhältnisse wesentlich ungünstiger. Zahlreiche Bauern haben bereits ökonomisch geschwächt diese zweite Krisenperiode angetreten, überdies ist sie einschneidender, hat mehr chronischen Charakter und wird von längerer Dauer sein.

5. Wachsende Schwierigkeiten ergeben sich für unsere Schuldenbauern, die in der Hauptsache mit fremdem Kapital arbeiten und dieses mit 4% bis 5 % odor noch höher verzinsen sollen, während sie nach Berechnung eines bescheidenen Arbeitslohnes damit im eigenen Betriebe heute bloss noch 2% und möglicherweise gar keine Verzinsung mehr herauszuwirtschaften vermögen. Kommen in solchen Fällen Unglück im Stall, Krankheiten in der Familie oder Missgeschicke anderer Art hinzu, oder fällt die Krise in eine Periode, wo zahlreiche Kinder noch nicht ins erwerbsfähige Alter eingetreten sind, so werden selbst tüchtige, fachkundige und sparsame Bauernfamilien ohne eigenes Vorschulden in finanzielle Bedrängnis kommen. In solchen und ähnlichen Fällen kann sich der Staat der Aufgabe einer gewissen Beihilfe nicht entziehen. Eine solche Hegt auch durchaus in der Bichtung, welche die öffentliche Fürsorge und die Sozialgesetzgebung in neuerer Zeit eingeschlagen haben.

B. Die bisherige Bundeshilîe îur notleidende Bauern.

I.

1. Im Anschlüsse an die Vorlage des Bundesrates vom 7. September 1928 kam. die Frage einer besondern Kredithilfe für die Landwirtschaft ins Bollen.

Dabei standen ausser den in der Vorlage behandelten Hilfsaktionen kurzfristige (Betriebskredite) und langfristige Darlehen (Grundpfandkredite) in Diskussion.

Beide sollten eine zeitgernässe Ausstattung stark verschuldeter Bauernbotriebe durch die Beschaffung der notwendigen Betriebsmittel zu billigem Zinsfuss

415 sichern helfen. Unter eventueller Mitwirkung der Gläubiger sollten die langfristigen, allmählich zu amortisierenden Darlehen überdies die Ablösung hochverzinshcher Schulden ermöglichen.

Die vorberatenden Kommissionen der eidgenössischen Eäte entschieden sich für eine Erweiterung der Vorlage im Sinne der Bewilligung eines Kredites für kurzfristige, zinsfreie Betriebsvorschüsse. Die Eäte haben sich dieser Auffassung angeschlossen und durch den Bundesbeschluss vom 28. September 1928 betreffend eine vorübergehende Bundeshilfe zur Milderung der Notlage in der schweizerischen Landwirtschaft einen besondern Kredit von 8 Millionen Franken für kurzfristige Betriebsvorschüsso an notleidende Landwirte zur Verfügung gestellt. Den Kantonen wurde die Verpflichtung auferlegt, die Darlehen dem Bunde mit 2% zu verzinsen und sie zinslos weiterzugeben.

Allfällige Verluste sind vom Bund und den Kantonen zu gleichen Teilen zu tragen. Die Kantone können die Gemeinden zur Deckung der Verluste heranziehen, dürfen sie aber höchstens mit einem Viertel belasten.

Die Vorschüsse waren zur Anschaffung von Dünger, Futtermitteln, Saatgut, Vieh und zu anderen Aufwendungen für die Aufrechterhaltung des Betriebes bestimmt.

2. Nach dem Kreisschreiben des Bundesrates vom 19. Oktober 1928 an die Kantonsregierungen wurde der Kredit von 8 Millionen Franken den Kantonen nach der Zahl ihrer landwirtschaftlichen Betriebe, wobei diese im Alpgebiet doppelt zählten, zur Verfügung gehalten.

Mit Ausnahme von Appenzell I.-Eh., das auf die Gewährung von Darlehen verzichtete, machten alle Kantone vom Angebot des Bundes Gebrauch. Glarus und Baselstadt nahmen die ihnen zufallenden Kreditanteile nicht voll in Anspruch, während mehrere Kantone um deren Erhöhung nachsuchten. Durch Beschluss vom 20. November 1928 erklärte sich der Bundesrat bereit, den gosuchstellenden Kantonen im Eahmen des Bundesbeschlusses vom 28. September 1928 zu entsprechen. Nach Art. 2, ht. o dieses Beschlusses wurde zur Unterstützung von Notstandsaktionen der Kantone und landwirtschaftlichen Organisationen ein Kredit von 1,5 Millionen Franken ausgesetzt. Gestützt hierauf wurden in verschiedenen Kantonen eine Reihe von Hilfsmassnahmen durchgeführt, wogegen andere Kantone das Begehren stellten, es möchte dieser Kredit für eine Erhöhung der kurzfristigen Kapitalvorschüsse
herangezogen werden. Diesen Begehren wurde, wie in unserem Geschäftsbericht für das Jahr 1928 näher ausgeführt ist, wie folgt entsprochen: Soweit ein Bedürfnis nachgewiesen wurde, stellte der Bund den Kantonen, die auf die Durchführung von Notstandsaktionen nach Art. 2, lit. c verzichten wollten, neben ihrem Anteil am Kredit von 8 Millionen Franken einen weitern Betrag für Betriebsvorschüsse zu 2 % Zins zur Verfügung. Die Zinsdifferenz zwischen 2 % und dem normalen Zinsfuss von 4%% ist der Bundeskasse aus dem Anteil zu vergüten, der dem Kanton gemäss Art. 2, lit. c zur Verfügung steht. An allfälligen Verlusten aus diesem Anteil der Betriebsvorschüsse beteiligt sich der Bund aber nur insoweit,

416 als der Anteil des Kantons am Kredit von Art. 2, lit. c durch die Zinsvergütung nicht beansprucht -wird. Gestützt hierauf haben die Kantone Zürich, Bern, Luzern, Uri, Schwyz, Zug, Solothurn, Aargau, Waadt, Wallis und Genf über ihre ordentlichen Anteile hinaus Kapitalvorschüsse für zinsfreie Darlehen erhalten.

Die folgende Aufstellung orientiert über die Kreditanteile der Kantone am Kapitalvorschuss von 8 Millionen Franken, die bei ihnen eingelangten und genehmigten Kreditgesuche, den vom Bunde bewilligten Gesamtkredit und schliesslich die bis 81. Dezember 1982 zurückbezahlten oder abgeschriebenen Beträge.

Zinsfreie Betriebsvorschüsse Kanton

Kreditanteil an den 8 Mill. Fr.

Eingelangte Begehren Zahl

Zürich . .

462,214 910 Bern . . . . . . 1,505,264 4,834 368,598 1,204 Luzern Uri 79,532 292 Schwyz! . . . . .

661 186,141 Obwalden. . , .

80,186 148 Nidwalden . . .

46,088 77 68 Glarus 80,927 Zug . .

72 28,887 Freiburg . . . .

375,902 1,773 Solothurn. . . .

242,324 578 Baselstadt . . .

4,120 3 Baselland. . . .

146,463 156 Schaffhausen . .

88,928 267 Appenzell A.-Rh. 110,294 271 Appenzell I.-Rh.

61,698 St. Gallen. . . .

072,072 1,498 Graubünden . . .

558,337 1,619 Aargau . . . . .

448,414 1,030 Thurgau . . . .

243,719 337 Tessin . . * 684,873 618 Waadt 656,596 885 Wallis 760,306 2,952 Neuenburg . . .

154,224 469 Genf 53,893 245

Bewilligte Kredite

Betrag Fr.

Zahl

2,047,540 8,423,700 2,720,000 148,000 952,000 232,300 121,000 127,250 220,000 3,157,000 979,720 9,500 352,000 222,620 300,000

392 4,434 951 281 568 128 69 34 65 704 512

Betrag Fr.

Zurückbezahlt1) his 31. XII. 1931

Fr

502,150 3,505,264 403,532 190,000 386,141 80,186 46,088 44,500 70,000 375,902 415,540 2,000 145,000 88,928 110,294

100,773. 20 650,000. -- 125,000. -- 20,000. --

572,072 2,608,505 751 2,333,955 1,268 558,337 2,380,600 838 861,614 694,200 244 243,700 1,632,280 566 681,673 2,334,855 793 1,300,000 4,597,788 2,595 2,000,000 154,224 977,650 305 917,670 30 65,893

210,034. 60 252,000. -- 305,000.-- 97,480. -- 50,000. -- 385,000. -- 584,653. 85 62,994. 60 14,310.--

124 218 238

16,037. 20 18,633. 10 2,000, -- 14,000. -- 68,540. 10 800.-- 47,313.20 ly,327. 50 16,037. 50

8,000,000 20,967 38,490,133 16,109 12,803,038 3,053,934, 85 x ) Als zurüc kbezahlt s ind im Betrage vorL Fr. 3,()53,934. 85 taös Verluste abgeschriebene Da riehen mil; Fr. 11,491.70inbf egriffen

Seit 1. Januar bis 30. Juni 1932 sind durch die Kantone weitere 1,224,484 Franken Kapitalvorschüsse an den Bund zurückbezahlt worden.

417 II.

1. Die Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren hat sich anlässlich ihrer Verhandlungen öfters mit Teilfragen der Kredithilfe durch zinsfreie, kurzfristige Darlehen beschäftigt. Übereinstimmend wurde festgestellt, dass ihre Durchführung, besonders im Hinblick auf die richtige Einschätzung der Kreditwürdigkeit der Schuldner, die Festsetzung der Beträge für die einzelnen Gesuchsteller, ihre zweckraässige Verwendung und besonders ihre Rückzahlung mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Ferner wird der Meinung Ausdruck gegeben, dass Hilfeleistungen dieser Art eine genaue Untersuchung der Verhältnisse der Gesuchsteller gebieten und mit der Gewährung von Darlehen eine fachkundige Betriebsberatung einhergehen müsse, um deren zweckmässige Verwendung und die als Ziel gesetzte Betriebssanierung tunlichst zu fördern.

Auf die wiederholt aufgeworfene Frage, wie es zu halten sei, wenn zahlungsfähige Schuldner die fällig gewordenen Eaten trotz Aufforderung nicht zurückzahlen, hat das Volkswirtschaftsdepartement im Einverständnis mit dem Bundesrat sich in dem Sinne geäussert, dass im allgemeinen auf eine pünktliche Rückzahlung zu dringen sei. In Fällen aber, wo die Zahlung nicht möglich erscheine, ohne dass der Darleliensempfanger neuerdings in finanzielle Schwierigkeiten gerate, möchten innert der nach Bundesbeschluss festgesetzten Frist von 5 Jahren Stundungen gewährt und von einer Betreibung Umgang genommen werden. Im übrigen sei es Sache der Kantone, bei Zahlungsschwierigkeiten von Darlehensschuldnern zu untersuchen, ob auf die Rückzahlung verzichtet werden müsse und die schuldigen Beträge abgeschrieben werden sollen. Die Erfahrung lehrt, dass in allen Kreisen einzelne Schuldner zu finden sind, die ohne amtliche Betreibung schwerlich zur Zahlung zu bringen sind. In solchen Fällen werden auch die kantonalen Behörden auf weitere Stundungen verzichten.

2. Schon in der Landwirtschaftsdirektoren-Konferenz vom 13. Februar 1929 wurde die Anregung gemacht, die durch den Bundesbeschluss vom 28. September 1928 auf fünf Jahre festgesetzte Frist für kurzfristige Betriebsvorschüsse möchte vom Bunde gegenüber den Kantonen angemessen verlängert werden. Ferner wurde, in Übereinstimmung mit den bezüglichen Gesuchen, befürwortet, der Bund möge sich auch an allfälligen Verlusten aus KapitalVorschüssen
beteiligen, die über die kantonalen Anteile an den 8 Millionen Franken hinausgehen, d. h. auf Grund von Art. 2, ht. e bewilligt worden sind.

Die Landwirtschaftsdirektoren-Konferenzen vom 1. Juli und 8. September 1931 haben sich erneut mit diesen beiden Vorschlägen beschäftigt und sie einstimmig befürwortet.

Am 12. Juli 1932 hat sich die Landwirtschaftsdirektoren-Konferenz abermals mit diesen Fragen befasst. Im Hinblick auf die vorgesehene neue Kredithilfe kam dabei die Meinung zum Ausdruck, dass die Fristverlängerung für die Kapitalvorschüsse des Bundes etwas enger begrenzt werden könnte.

Statt der früher vorgeschlagenen 5 Jahre dürften nun 3 Jahre angemessener

418 sein. So wäre es möglich, die frühere und die neue Kredithilfe in entsprechenden Fällen miteinander zu verbinden, die frühere aber doch innert angemessener Frist zum Abschlüsse zu bringen.

III.

1. Auf Rechnung der nach Bundesbeschluss vom 28. September 1928 zur Verfügung stehenden Kredite haben wir dem Hilfsfonds für Klein- und Schuldenbauern und landwirtschaftliche Arbeiter in Brugg, einer Stiftung des schweizerischen Bauernverbandes, im Oktober 1928, Juli 1930, November 1931 und Juni 1932 je Fr. 100,000, insgesamt also Fr. 400,000 à fonds perdu zur Verfügung gestellt. Gestützt hierauf hat er gegen Ende 1928 seine Tätigkeit ungesäumt aufgenommen und seither ununterbrochen fortgesetzt.

Die Organe des Hilfsfonds bemühen sich, die besonders seit etwa Jahresfrist sehr zahlreich einlaufenden Unterstützungsgesuche durch Fragebogen, die durch die Gesuchsteller auszufüllen sind und über deren Betriebs-, Vermögens- und Familienverhältnisse Auskunft geben sollen, ferner durch Gutachten von Gemeindebehörden und fachkundigen Vertrauensleuten und soweit möglich durch persönliche Besuche eingehend zu untersuchen. Mit der Kredithilfe geht soweit als möglich eine berufliche Beratung au Ort und Stelle durch geeignete Mitarbeiter dos Hilfsfonds oder durch kantonale Betriebsberater einher.

Die vom Hilfsfonds ausgerichteten Unterstützungen erstrecken sich in der grossen Mehrzahl der Fälle auf Kleinbauernbetriebe, wobei solche mit kinderreichen Familien überwiegen und bevorzugt werden. Etwa die Hälfte der Betriebe besitzen nicht mehr als bis zu 5 und nur etwa 15 % mehr als 10 ha Kulturland.

Die Ursachen der Notlage sind mannigfacher Art : Überzahlung der Betriebe, teure Um- und Neubauten, Misswachs und Elementarschäden, Krankheiten in der Familie, Unglück im Stall, verfehlte Viehhandelsgeschäfte, Verluste au<3 Bürgschaften usw. Häufig vermisst man bei den in ÜSTot geratenen Betriebeinhabern ausreichende Berufskenntnisse, sowohl beim Bauer als auch bei der Hausfrau. Nicht selten fehlt es am rechten Familiensinn und an der gedeihlichen Zusammenarbeit der Familie, gelegentlich auch an der standesgemässen Einfachheit und Arbeitsfreudigkeit. Etwa drei Viertel der Gesuchsteller haben ihre Heimwesen erst wahrend der Kriegs- und Nachkriegszeit erworben, in den meisten Fällen zu stark übersetzten Preisen und bei wenig eigenem Kapitalbesitz. Erfolgte die Überzahlung namentlich kleiner Heimwesen häufig auch leichtfertig und aus Unkenntnis, so ist doch zu würdigen, dass zu jener Zeit viele junge Landwirte die
Heimwesen zu fast unerschwinglichen Preisen bezahlen mussten, wenn sie nicht ihrem angestammten Beruf entsagen wollten. Fehlt es in solchen Fallen an der erforderlichen Tüchtigkeit oder kommen Faktoren dazu, wie sie vorstehend genannt worden sind, so können sich die Eigentümer einer zunehmenden Überschuldung kaum mehr erwehren. Haben die rück-

419 läufigen Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse die Ökonomische Lage solcher Besitzer auch namhaft erschwert, so ist doch offenkundig, dass einebedeutende Zahl der Gesuchsteller nicht ohne eigene Schuld in finanzielle Schwierigkeiten gekommen sind.

2. Einem zusammenfassenden Berichte des Hilfsfonds über seine bisherige Tätigkeit entnehmen wir folgende Ausführungen.

Seit der Aufnahme seiner Tätigkeit Ende 1928 wurden dem Hilfsfonds bis 81. Mai 1932 im ganzen 947 A n f r a g e n betreffend einer Unterstützung unterbreitet. Diese verteilen sich auf die einzelnen Bechnungsjahre wie folgt: 15. September 1928 bis 30. Juni 1929 119 1. Juli 1929 bis 30. Juni 1930 126 1. Juli 1930 bis 30. Juni 1931 203 1. Juli 1931 bis 31. Mai 1932 499 Auf das letzte Tätigkeitsjahr entfallen mehr als die Hälfte der Anfragen.

Die geringer werdende Eendite der im Landwirtschaftsbetriebe angelegten Kapitalien und die in annähernd gleicher Höhe bleibenden Schuldzinse brachten stets mehr Landwirte in Zahlungsschwierigkeiten. Die Eeserven besserer leiten sind vielerorts aufgebraucht und die Möglichkeiten erschöpft, sich durch Viehverpfändung, Viehankauf auf Kredit oder Aufnahme von Wechsel- und Bürgschaftsdarlehen über "Wasser zu halten.

Ganz allgemein gingen aus Gebieten mit ungünstigen natürlichen Produktionsbedingungen mehr Anfragen ein. Aber auch innerhalb dieser Gebiete bestehen grosse Unterschiede. Stark beteiligt sind vor allem der Berner-Jura, der Heinzenberg und dann auch das Toggenburg.

Von den Anfragestellern verzichten stets mehrere von vornherein auf eine Unterstützung, indem sie den vom Hilfsfonds ausgehändigten Fragebogen nicht ausfüllen, sei es infolge des Umstände«, dass ihnen mit einigen hundert Franken nicht wirksam geholfen werden könnte, sie über ihre ökonomische Lage nicht Auskunft geben wollen oder sich aus andern Gründen einer Unterstützung nicht als würdig erachten.

' Von den seit der Aufnahme der Tätigkeit eingereichten Unterstützungsgesuchen konnten bis 81. Mai 1932 im ganzen 247 in gewissem U m f a n g e bewilligt werden. Die übrigen, soweit eine Abweisung nicht erfolgt ist, standen seither in Behandlung. Von den im letzten Tätigkeitsjahr endgültig behandelten 174 Gesuchen mussten 82 abgewiesen werden. In 24 Fällen geschah dies schon anhand der vom Gemeinderat und vom Vertrauensmann
erhaltpijen Auskünfte, die übereinstimmend ungünstig lauteten. Besonders häufig mttäS die Abweisung erfolgen, weil beim Gesuchsteller oder seiner Familie ÖHarakterfohler oder andere Faktoren vorhegen, welche die Notlage hauptSätehKch durch Selbstverschulden zeitigen. Ferner erwiesen sich mehrere als Angehörige anderer Berufe, die nur nebenbei in der Landwirtschaft tätig sind.

Sodann konnte einzelnen, sonst einer Hilfe würdigen Gesuchstellern nicht ent-

420 sprachen werden, weil ihnen mit dem geringen Betrag, den der Hilfsfonds auszurichten vermag, nur vorübergehend geholfen wäre. Die Zinsenlast erweist sich in solchen Fällen als zu hoch, um die künftige Existenz zu ermöglichen.

Nur eine eigentliche Entschuldung vermöchte eine dauernde Hilfe üu bringen.

So bleibt nichts anderes übrig, als die finanzielle Lage durch eine Zwangsliquidation sanieren zu lassen.

Von den 247 Gesuchstellern, die berücksichtigt werden konnten, sind: 224 Eigentümer von Heimwesen, 22 Pächter, l Landarbeiter. Von den 224 Eigentümern haben 52 ihre Heimwesen vor dem Kriege, die übrigen 172 = 77% in der Kriegs- oder Nachkriegszeit gekauft, in sehr vielen Fällen zu übersetzten Preisen.

Bei der Hilfeleistung wurde nebst der Gewährung eines zinsfreien Darlehens angestrebt, möglichst die am Wohlergehen des Gesuchstollers direkt interessierten Gläubiger, Bürgen und Gemeinden zur Mithilfe herbeizuziehen. In Betracht kamen u. a. die Gewährung eines freiwilligen Nachlasses der fälligen Verbindlichkeiten, Stundung, Übernahme einer Schuld oder die Ausrichtung einer Unterstützung. Diese Bemühungen waren in einigen Fällen erfolgreich, namentlich dann, wenn es möglich war, mit den interessierten Kreisen persönlich Eücksprache zu nehmen. Freilich glaubten Öfters Bankinstitute und Gemeinden aus prinzipiellen Erwägungen zu einem nennenswerten Entgegenkommen nicht Hand bieten zu dürfen. Von vornherein ablehnend verhielten sich gewisse Privat- und Kiembanken, indem sie auf ihre Pfandsicherheiten hinwiesen.

Selbst einzelne Gesuchsteller hielten Bemühungen bei ihren Gläubigern nicht als empfehlenswert, fürchtend, dadurch an Kredit und Ansehen zu verlieren.

Die bis heute auf diesem Gebiete gesammelten Erfahrungen ermuntern aber zu einem weiteten Vorgehen in dieser Eichtung.

Einfacher gestalteten sich die Bemühungen, für die Pächter eine Herabsetzung des Pachtzinses zu erwirken, wo der vertraglich vereinbarte Betrag als übersetzt festgestellt wurde. Von den im letzten Rechnungsjahre bedachten 11 Pächtern war dies bei 7 möglich. Dieses Entgegenkommen der Verpächter ist in der heutigen Zeit zweifellos gerechtfertigt, schon allein als billiger Ausgleich für die erfolgten 7inafnaKermässignugen.

Uber die finanzielle Lage einiger Gesuchsteller gibt folgende Zusammenstellung etwelche Anhaltspunkte,
die gestützt auf die Erhebungen in 44 Betrieben anfangs 1932 gemacht wurden.

Mittel von 44 Betrieben je h a : Mittlere Betriebsgrösse 828 a.

Kaufpreis ohne Inventar Fr. 5121, Ertragswert Fr. 8545, mittlerer Verkehrswert anlässlich der Besichtigung Fr. 4359.

Hypothekarschulden pro ha Fr. 4659 Andere Schulden pro ha » 682 Gesamtschulden pro ha Fr. 5841 Aktiven (= mittlerer Verkehrswert der Liegenschaft plus Wert des lebenden und toten Inventars) pro ha » 5260 Überschuss Passiven pro ha Fr. 81

421 Auf Fr. 100 Ertragswert entfallen: Kaufpreis Fr. 144, Verkehrswert Fr. 128, Hypothekarschulden Fr. 126, Gesamtschulden Fr. 151.

Es waren verschuldet: Prozent: unter 80 80--90 90--100 100--110 110--120 über 120 Betriebe: 8 7 10 13 7 4 Die Hilfsaktion zeitigte Erfolge. Zweifellos wurde bei mohroron Betrieben durch das zinsfreie Darlehen eine Zwangsliquidation verhütet und die Weiterführung des Betriebes ermöglicht; ob auf die Dauer, hängt zu einem wesentlichen Teil von der zukünftigen Gestaltung der Wirtschaftslage ab. Die moralische Wirkung des ausgerichteten Darlehens zu einem mutigen Weiterarbeiten, was aus mehreren Dankesschreiben hervorging, ist nicht ausser acht zu lassen.

Freilich wurde von den im letzten Tätigkeitsjahr fälligen Amortisationen im Betrage von Fr. 11,975 nur Fr. 2283. 95 zurückbezahlt. Dazu gelangten einige Betriebe in Konkurs und der grösste Teil des gewährten Darlehens ging dabei verloren. Dies soll aber nicht hindern, wirklich der Hilfe würdige Klein- und Schuldenbauern in ihrem Bestreben, den finanziellen Euin von sich abzuwenden und günstigere Existenzbedingungen zu erzielen, zu unterstützen. Hier sollte aber wirklich sanierend eingegriffen und gegebenenfalls sollten mit Hilfe der Gläubiger Entschuldungen überlasteter bäum-lichfir Betriebe vorgenommen werden können. Massnahmen zur Verhütung einer Wiederverschuldung liessen sich dann aber nicht umgehen. Die bis heute gesammelten Erfahrungen lassen auch einen Weiterausbau der Betriebsberatung als angezeigt erscheinen.

C. Zunehmende Bodenverschuldung,

Es bestehen keine umfassenden schweizerischen Erhebungen, die uns über Entwicklung und Stand der Gmndpfandächulden genauen Aufschluss zu geben vermöchten. Neben diesen spielen auch die laufenden, durch kern Grundpfand gesicherten Schulden eine gewichtige Bolle. So lehren die Beobachtungen des Hilfsfonds in Brugg, dass die Liegenschaften notleidender hilfesuchender Bauern heute oft über den Betrag der GrundsteuerSchätzung und des Verkehrswertes hinaus mit Grundpfandschulden belastet sind und überdies unter der Last laufender Schulden in einem Masse leiden, dass sie aus eigener Kraft ihren Verpflichtungen nicht mehr nachzukommen vermögen.

I.

1. Im Anschlüsse an Vorstudien für die Einführung einer eidgenössischen Statistik der Grundpfandverschuldung und Handänderungen bäuerlicher Güter hat das Eidgenössische Statistische Amt die bei den Kantonen vorhandenen Nachweise gesammelt und zusammengestelltl). Diese Erhe-1 Die Statistik der hypothekarischen Verschuldung und der Handänderungen (GrundbuohstatiBtik) in einigen Kantonen. Zeitschrift für Schweiz. Statistik und VoUoäwirtechaft, Jahrgang 1930, Heft 3.

422 bungen sind seither fortgesetzt und ergänzt worden 1). Es besteht zurzeit eine solche Statistik in 12 Kantonen (Zürich, Bern, Luzern, Schwyz, Glarus, Zug, Freiburg, Baselstadt, Baselland, Schaffhausen, Appenzell I.-Eh., Aargau), die mit 57,6 % an der Bevölkerung und mit 42,5 % am produktiven Areal der Schweiz beteiligt sind. In diesen 12 Kantonen hat die Hypothekarverschuldung von.

1926 bis 1930 bei Berücksichtigung der vorgenommenen Löschungen im Jahresmittel um 476 Millionen Franken zugenommen.

Für 9 Kantone (Zürich, Bern, Luxera, Glarus, Zug, Preiburg, Baselstadt, Baselland, Aargau) sind die Änderungen seit 1914 bekannt. In diesen betrag die reine Zunahme der Grundpfandschulden in Millionen Franken 1914 101,9 1928 816,0 1915 53,s 1924 358,s 1916 46,, 1925 381,a 1917 43,2 1926 890,5 1918 95,B 1927 416,0 1919 197,2 1928 470,, 1920 289,0 1929 498,3 1921 205,,;*) 1930 542,5 1922 208,0 Dieses starke Anschwellen der Grundpfandschulden seit 1919 dürfte mit der wirtschaftlichen Wiederbelebung, der zunehmenden Bautätigkeit und der damit einhergehenden Preissteigerung der Liegenschaften in engem Zusammenhang stehen. Im vorübergehenden Bückschlag der Jahre 1921 und 1922 tritt die erste nachkriegszeitliche Wirtschaftskrise in Erscheinung.

Unter Berücksichtigung seiner Erhebungen führt das Eidgenössische Statistische Amt folgendes aus: «Die Bautätigkeit hat sich erst vom Jahre 1923 an gehoben. Wenn jedoch bereits seit 1919 die Grundbuchforderungen eine erhebliche Vermehrung erfahren, so hängt das mit der stetigen Erhöhung des Verkehrswertes aller Immobilien zusammen, der die Verschuldung nachgerückt ist. Die Entschuldung der während des Krieges blühenden Landwirtschaft lässt sich an den verliältnismassig hohen Beträgen der Löschungen ablesen.

Es betrug das Verhältnis der Löschungen zu den Neueinrichtungen 80, 7 % im Jahresdurchschnitt 1915--1918, 56,4% im Jahresdurchschnitt 1919--1928.

Mit dem Jahre 1919 geht die landwirtschaftliche Hochkonjunktur in eine Periode sinkender Preise und Eentabilität über, was sich in der Verminderung der Hypothekenabzahlungen und damit der Löschungen spiegelt.» Gewaltig gestiegen sind die mit den Handänderungen von Liegenschaften einhergehenden Wertumsätze. Nach den in 9 Kantonen (Zürich, Bern, Luzern, Schwyz, Glarus, Zug, Baselstadt, Baselland, Aargau) durchgeführten Erhebungen wurden im Liegenschaftsverkehr durch Handänderungen folgende Beträge umgesetzt : 1 ) 2

Im Statistischen Jahrbuch der Schweiz.

) Ohne Kanton Aargau.

423 Millionen Franken.

1914 405)8 1923 929.0 1915 347IB 1924 921,8 1916 430!0 1925 871,6 1917 522,, 1926 833,6 1918 914,a 1927 883,5 1919 890,4 1928 960,,, 1920 903,9 1929 977,6 1921 589,3!)

1930 997,!

1922 684,2 In Perioden gunstiger Konjunktur geht mit den steigenden Verkaufspreisen wohl in der Mehrzahl der Fälle eine zunehmende Hypothekarverschuldung einher, ob die Handänderungen nun freihändig oder auf dem Erbwege erfolgen.

In den Kantonen Zürich, Baselstadt, Baselland, Freiburg und Glarus weist die Bodenverschuldung folgende Entwicklung auf: Bodenverschuldung in Millionen Franken.

Jahre Zürich Baselstadt Baselland Freiburg Glarus

1914 1919 1924 1929 1930

1993 2195 2618 3567 3840

509 524 612 838 877

175 206 279 383 401

293 301 367 417 407

61 61 77 95 106

2. Auf Grund weiterer Berechnungen schätzt das Eidgenössische Statistische Amt den schweizerischen Gesamtbetrag der eingetragenen Hypotheken im Jahre 1930 auf rund 16 Milliarden Franken. Bringt man hievon die im Besitze des eingetragenen Schuldners befindlichen Eigentumshypotheken und die bereits zurückbezahlten, aber noch nicht gelöschten Grundpfandschulden mit schätzungsweise 20% in Abzug, so berechnen sich 12,g Milliarden tatsachlich bestehende Hypothekarschulden.

Dieses Ergebnis liegt wesentlich höher als frühere Schätzungen. So hat der verstorbene Nationalrat Dr. E. Hof mann auf Grund gesammelter Erfahrungen die Hypothekarschulden in der ganzen Schweiz für die Mitte der Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts auf 5280 Millionen Franken berechnet 2).

In der bundesrätlichen Botschaft vom 28. November 1896 betreffend Revision der Bundesverfassung zur Einführung der Rechtseinheit werden die schweizerischen Hypothekarschulden für das Jahr 1896 auf 4 bis 6 Milliarden Franken beziffert. Die Expertenkommission dos eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements schätzt in ihrem. Berichte über die Zinsfussverhältnisse im landwirtschaftlichen Hypothekarkredit im Jahre 1929 die Hypothekarschulden in der ganzen Schweiz auf 9 bis 10 Milliarden Franken 1

) Ohne Kanton Aargau.

) Reichesberg : Handwörterbuch der Schweiz. Volkswirtschaft, Bd. Ï, S, 605.

2

424 Die Berechnungen des Eidgenössischen Statistischen Amtes dürften namentlich deshalb zu höheren, der Wirklichkeit sich offenbar nähernder* Ziffern geführt haben, weil sie auch die Auseinandersetzungs- und Stundungshypotheken (nach Erbteilung und Kauf) umfassen.

Die Verschuldung der Liegenschaften ist zweifellos eine erhebliche, erscheint indessen doch in einem milderen Lichte, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass.

in Ift Kantonen, die Brandveisicherangsanstalten haben, die Gebäude mit 21,9 Milliarden Franken gegen Feuer versichert sind und der Gebäudewert in der Schweiz (ohne Grund und Boden) darnach auf etwa 26 Milliarden Franken zu schätzen wäre.

II.

Die vorstehend berührte Statistik erstreckt sich auf alle Hypotheken,, wobei eine Ausscheidung nach landwirtschaftlichen, gewerblichen und industriellen Liegenschaften nicht möglich ist. Die Durchsicht der kantonalen, Ergebnisse bestätigt, dass auf ganzer Linie eine namhafte Zunahme der Grundpfandschulden eingetreten ist. Entsprechend der Entwicklung der Bautätigkeit tritt sie aber in städtischen und industriellen Gebieten ziffermässig stärker hervor..

Eine Beihe von Spezialerhebiingen aus früherer und neuerer Zeit bestätigenübereinstimmend auch eine starke Zunahme der landwirtschaftlichen Hypothekarverschuldung. Aufschlussreiche Angaben hierüber sind dem Bericht' der Expertenkommission an das eidgenössische Finanzdepartement über dieZinsfussverhältnisse im landwirtschaftlichen Hypothekarkredit zu entnehmen.

Im Anschlüsse an frühere Untersuchungen von Nationalrat Dr. König 1) über die Bodenverschuldung in zwei typischen, verhältnismässig wohlhabenden, ausgesprochen bäuerlichen Gemeinden, die eine mit Hof-, die andere mit Dorfsiedelung, hat die genannte Kommission für die letzten 7 Jahrzehnte auf die ha landwirtschaftlich benutzten Bodens folgende Verschuldung festgestellt r 1856 Fr. 675 1914 » 1760 1928 » 2250 In 55 ausgesprochen bäuerlichen Gemeinden verschiedener Gebiete des-.

Kantons Bern (alter Kantonsteil), deren Bevölkerung zu mehr als 80% in der Urproduktion tätig ist, haben Grundsteuerschatzung und Grundverschuldung der Liegenschaften insgesamt betragen : ]Q5g J928 die Grundsteuerschatzung Fr. 91,521,070 Fr. 309,390,150 die Grundschulden » 29,136,480 » 114,851,582 Darnach hat die Grundsteuerschatzung in diesen Dörfern während etwas mehr als sieben Jahrzehnten um 227 %, die Schuldenlast um 292 % zugenommen.

Dabei ist, wie im Expertenbericht ausgeführt wird, zu beachten, dass die 1 ) Dr. Eichard König: Die Hypothekarverschuldung im Kanton Bern.

Zeitschrift für Schweiz. Statistik und Volkswirtschaft. Jahrgang 1917.

42» Grundsteuerschatzung sich seit 1856 immer mehr von dem durchschnittlich % tiefer stehenden Ertragswert dem Verkehrswert der Liegenschaften genähert hat, bei der letzten Revision von 1920 diesem angepasst worden ist und gegenwärtig in vielen Fällen darüber hinausgeht.

Der Expertenbericht kommt zu dem Ergebnis, dass die landwirtschaftliche Bodenverschuldung in der Schweiz in den letzten 7 Jahrzehnten um m i n d e s t e n s 800% zugenommen, sich als» vervierfacht habe.

III.

1. Das schweizerische Bauernsekretariat macht auf Grund der unter seiner Kontrolle stehenden Buchhaltungen landwirtschaftlicher Betriebe über diein der Landwirtschaft vorhandenen Aktiven und Passiven folgende Schätzungen: *) Aktiven

Bodenkapital Meliorationskapital Gebä adekapital Pflanzenkapital Landgutskapital Viehkapital Geräte- und Maschinenkapital Umlaufendes Betriebskapital Pächterkapital Aktivkapital . .'

Passiven

Grundversicherte Schulden Andere verzinsliche Schulden Laufende Schulden Passivkapital

1911

1931

in Millionen Franken

3690 25 26S7 771

4175 108 8431 923 7123

900 418 412

8637 1482 678 604

1730 ~8853

2759> 11.396

1911 1931 Millionen Pranken

in

3824 S18 142

4189 441 158 3779

4788

Darnach wären die landwirtschaftlichen Grundpfandschulden von 1911 bis 1931 von 8824 auf 4189, die Schulden insgesamt von 3779 auf 4788 Millionen gestiegen, haben also im Durchschnitt jährlich um rund 50 Millionen Pranken zugenommen.

2. Nach den Auszügen aus den vom schweizerischen Bauernsekretariat kontrollierten Buchhaltungen haben die Schulden je Hektar landwirtschaftliche Kulturfläche betragen: 1 ) Schweiz,Bauernsekretariat: Statistische Erhebungen und auf dem Gebiete der Landwirtschaft. Brugg 1931

Schätzungen

426 pro Hektar:

1901/05

1923/28

1930

Grundversicherte Schulden Andere verzinsliche Schulden Laufende Schulden Schuldvârpflichtungen total

1745 143 41 1929

3110 409 146 3665

3609 846 134 4089

Im Jahre 1930 waren bei den in die Berechnung einbezogenen 522 Betrieben gegen 60% des Landgutskapitals mit fremdem Gelde belastet. Dieser durchschnittliche Anteil kann als erträglich bezeichnet werden. Die Verschuldung der einzelnen Betriebe weist aber grosse Unterschiede auf. Die Zahl der Betriebe mit weniger als Fr. 1000 Gesamtschulden je ha, die nach den Ausführungen des schweizerischen Bauernsekretariates als nicht oder wenig verschuldet bezeichnet werden können, geht absolut und prozentual zurück. Nach den Bechnungsabschlüssen pro 1930/31 gehörten 61 = 12% von 522 Buchhaltungsbetrieben in diese Gruppe, wogegen 89 = 17% mit Fr. 5000--7000 stark und 74 = 14% sogar mit über Fr. 7000 je ha Kulturland sehr stark verschuldet sind.

IV.

1. Im Anschlüsse an eine bezügliche Motion des Grossen Eates erstattete die Finanzdirektion des Kantons Bern im Mai 1932 einen aufschlussreichen Bericht an den Begierungsrat zuhanden des Grossen Bates über die Entschuldungsfrage. Darnach wird auf Grund einer umfassenden Bankenenquete und weiterer Erhebungen die gesamte Verschuldung der bernischen L a n d w i r t s c h a f t wie folgt geschätzt: a. Grundpfandversicherte Forderungen Fr. 870,000,000 b. Andere verzinsliche Schulden (Schuldschein-Darlehen, Wechsel, Viehbelehnung usw.) = 11% der Hypothekarschulden » 95,000,000 c. Laufende Schulden (Warenlieferungen, Handwerker, Marchzinse, rückständige Steuern) » 35,000,000 Total Fr. 1,000,000,000 2, Auf Grund von Erhebungen des kantonal-bernischen statistischen Bureaus in 19 Gemeinden verschiedener Landesteile und der Ergebnisse von 1631 Betrieben macht der Bericht der Finanzdirektion nähere Angaben über die Verschuldungsverhältnisse nach Betrieben, die von Fall zu Fall grosse Verschiedenheiten aufweisen. Im Gegensatz hiezu sind die Verschiedenheiten nach Landesteilen insofern nicht grundsätzlicher Art, als einerseits die Durchschnitte nicht sehr stark auseinandergehen, andererseits aber in allen Beobachtungsgebieten, wenn auch nicht in gleichem Verhältnis, schwer belastete und wenig verschuldete Betriebe vorkommen. Auch innerhalb der einzelnen Gruppen nach Betriebsgrößen begegnet man schwach und stark verschuldeten Bauern.

427 Die Durchschnitte für die 1631 untersuchton Betriebe sind folgende: a. Verschuldung in Prozent en des Pflichtigen G r u n d s t e u e r k a p i t a l s : bis 25% = 22,9% der Betriebe 25,!-- 50% = 15,9% » » 50,!-- 75% = 22,7% » » 75,,--100% = 14,.% » » 101--125% = 12,3% » » über 125% = 11,4% » »

ioo,0% b. "Verschuldung pro Hektar K u l t u r l a n d : bis Fr. 1000 = 40,9% der Betriebe Fr. 1001--2000 = 15,6% » » » 2001--3000 = 12,2% » » » 3001--4000 = 12,s% » » » 4001--5000 = 5 )8 % » » » 5001--6000 = 4 )4 % » » » 6001--7000 = 2,8% » » über 7000 = 5,,,% » » 100,0% Nach Auffassung der bernischen Finanzdirektion müssen Betriebe mit einer Schuldenlast von über 90--125% der Grundsteuerschätzung oder von über Fr. 5000--7000 je Hektar als bedrängt angesehen werden. Als schwer "belastet und g e f ä h r d e t seien im allgemeinen solche Betriebe zu betrachten, deren Verschuldung 125% des Pflichtigen Grandsteuerkapitals oder Fr. 7000 je Hektar Kulturland überschreitet.

Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass sich im Kanton Bern 7000 bis 7500 oder 20--24% h a u p t b e r u f l i c h tätige Landwirte in einer Notlage befinden, wovon 3000--3500 mit kleineren Mitteln nicht mehr zu helfen sein werde.

8. Die Landwirtschaftskrise macht sich auch in einer Z u n a h m e der Betreibungen und Konkurse geltend. Durch Erhebungen bei den Betreibungsämtern wurde im Kanton Bern folgende Anzahl Betreibungsverfahren gegen Landwirte festgestellt: ,q Zunahme 2t 19«i 1921 1931 Betreibungen Fortsetzungsbegehren Verwertungsbegehren Beweglichkeitensteigerungen . . .

Liegenschaftssteigerungen . . . .

Konkurse Bundesblatt. 84. Jahrg. Bd. II.

10,549 4,387 2,757 55 13 18

17,444 7,936 3,848 87 44 44

Total 6895 8549 1086 32 81 26

in % 65 80 40 58 238 144

31

428 Es -wird ferner konstatiert, dass die Zunahme der Betreibungshandlungen gegen Landwirte verhältnismässig bedeutend grösser sei als bei der übrigen Bevölkerung.

V.

1. Die für den Kanton Bern festgestellten Verhältnisse stimmen mit den weiter oben mitgeteilten Berechnungen des schweizerischen Bauernsekretariates, die dieses in Anlehnung an die Ergebnisse Her unter seiner Kontrolle stehenden Buchhaltungsbetriebe gemacht hat, sehr gut überein. Bäuerliche Betriebe und Viehbestände im Kanton Bern machen rund J ( 5 der schweizerischen Bestände aus. Das Bauernsekretariat berechnete im Jahre 1931 die Schuldenlast der schweizerischen Landwirtschaft auf 4)8 Milliarden und das kantonale statistische Bureau kommt für Bern gegenwärtig auf rund l Milliarde.

Hier wie dort ist während den letzten Jahrzehnten eine starke Zunahme der Verschuldung eingetreten. Auch in dieser Beziehung dürften die Unterschiede in den einzelnen Kantonen nicht wesentlich grosser sein als in den verschiedenen Landesteilen des Kantons Bern, Die auf mehrseitige Produktion eingestellten Betriebe, welche der Selbstversorgung gebührende Beachtung schenken (Getreide-, Kartoffel-, Gemüse-, Obstbau), stellen sieh im allgemeinen weniger ungünstig, als einseitig auf Viehwirtschaft aufgebaute Betriebe.

Diese überwiegen naturgemäss in den Berggegenden, wo die Verhältnisse für den mehrseitigen Ackerbaubetrieb weit weniger günstig sind, als im Flachland. Mehr noch als für Schlacht- und Nutzvieh und für viehwirtschaftliche Erzeugnisse sind seit Jahresfrist die Preise für Zuchtvieh, besonders für Zuchtstiere, auch für erstklassige weibliche Tiere, zurückgegangen. Die Ausfuhr von Zuchtvieh ist fast völlig lahmgelegt, und eine "Wiederbelebung ist in absehbarer Zeit kaum zu erwarten. So machen sich die Bückschläge in den Viehzucht treibenden Alpgebieten und hier wiederum in den Hochzuchtbetrieben in gesteigertem Masse fühlbar.

2. Die starke Zunahme der Verschuldung hatte in Perioden aufsteigender Wirtschaftskonjunktur solange nichts Auffälliges, als ihr höhere Sachwerte, entsprechende Mehrerträge und ein ausreichendes Einkommen der Betriebsinhaber gegenüberstanden. Zu einem sehr ansehnlichen Teil sind die Mehrwerte auf das Gebäudekapital zurückzuführen, weil die Baukosten und damit die Preise der Gebäude gegenüber der Vorkriegszeit stark gestiegen sind.
Damit sind für Neubauten und bei Handänderungen auch für früher erstellte Gebäude höhere Hypothekarbelastungen einhergegangen. Aber auch durch langfristige Meliorationen (Be- und Entwässerungen, Güterzusammenlegungen, Weganlagen), ebenso durch bessere Bewirtschaftung sind dem Kulturboden dauernde Mehrwerte einverleibt worden. Darüber hinaus fallen besonder» die auf eine lebhafte Nachfrage zurückzuführenden Preissteigerungen stark ins Gewicht, dio sehr oft nicht durch Mehrerträge der Liegenschaften begründet Bind.

429

8. Nach den weiter oben mitgeteilten Berechnungen des schweizerischen Bauemsekretariates haben die Aktivkapitalien der schweizerischen Landwirtschaft im Jahre 1911: 8853 und 1981: 11,896 Millionen Franken betragen.

Darnach hätten die Aktiven innert 2 Jahrzehnten um rund 2% Milliarden, die Passiven, wie weiter oben ausgeführt, hingegen bloss um l Milliarde zugenommen. Solche Mehrwerte treten in den kultivierten Feldern, gepflegten Viehbeständen und zahlreichen stattlichen Bauerndörfern offenkundig in Erscheinung. Sia finden überdies in der gehobenen, wenn im allgemeinen auch immer noch bescheidenen Lebenshaltung unserer bäuerlichen Bevölkerung ihren Ausdruck.

Diese Ziffern lassen die Vermögenslage der schweizerischen Landwirtschaft als verhältnismässig günstig erscheinen. Das Bild wird aber wesentlich ungünstiger, wenn die seitherigen Preisrückschläge und die entsprechenden Minderwerte des landwirtschaftlichen Grund- und Betriebskapitals berücksichtigt werden, wenn ferner der Produktenerlös die Produktionskosten, die auch durch die Zinsansprüche der im Betrieb angelegten Kapitalien belastet werden, nicht mehr zu decken vermag. In einem solchen Zustande befindet sich gegenwärtig unsere Landwirtschaft. Schon im abgelaufenen Bechnungsjahr hat sich bei sehr bescheidenen Lohnansprüchen der Bauernfamilie das in der Landwirtschaft angelegte Kapital mit nicht mehr ganz 2 % zu verzinsen vermocht. Seither sind weitere Preisabschläge eingetreten, so dass für das laufende Jahr, ja für längere Zeit mit einem noch geringeren Zinsertrag gerechnet, vielleicht auf einen solchen überhaupt verzichtet werden muss.

Unter solchen Umständen kommt besonders der Schuldenbauer in eine schwierige, ja unhaltbare Lage. Die spärlichen Einnahmen reichen vielleicht noch knapp für den Lebensunterhalt der Bauernfamilie, nicht aber für die Verzinsung der Schulden und den laufenden Betriebsaufwand. Ist die Liegenschaft mit Grundpfandschulden bereits überlastet, so muss sich der bedrängte Bauer durch Bürgschaftskredite, Viehverpfändungen und Hinausschieben der fälligen Zahlungen zu behelfen suchen.

Kommen Missgoeohicko im Betriebe, Krankheiten in der Familie oder anderweitige Schwierigkeiten hinzu, so stellt sich ein Zustand ein, von dem weiter oben bereits die Eede war, und in dem sich selbst tüchtige, fleissiga Bauernfamilien
aus eigener Kraft nicht mehr zu helfen vermögen. Allgemeine Wahrnehmungen, die Erhebungen im Kanton Bern und anderwärts, auch die Erfahrungen beim Hilisfonds in Brugg bestätigen, dass eine ansehnliche Zahl bäuerlicher Betriebe heute sich in solcher Lage befindet. Bei Fortdauer der Krise werden weitere Betriebe in steigendem Masse von der Notlage betroffen und allmählich verarmen. Manche unter ihnen werden mit kleinen Mitteln und ohne Mitwirkung der Gläubiger aus dieser Lage kaum mehr zu retten sein.

430

D. Schuldbelastung und Zinsîuss.

1. Unter sonst gleichen Umständen steigt der Druck einer Schuldenlast mit der Höhe des Zinsfusses. Perioden günstiger Wirtschaftslage und lebhafter Geschäftstätigkeit gehen im allgemeinen mit grösserem Kapitaleinsatz und anziehendem Zinsfuss einher. Kriegs- und Nachkriegszeit, wo neben den privaten Unternehmungen auch der Staat grosse Anleihen aufnahm, waren in diesem Sinne durch Ansteigen des Zinsfusses charakterisiert. Von 4 bis 5 % stieg er allmählich auf 5 bis G und mehr Prozent. Für gute Hypotheken lag er meistens zwischen 5 bis 6 %, für nachstellige Grundpfand- und laufende Schulden auf 6 bis 7 %. Solange die Geschäftslage eine günstige war, haben die Unternehmer willig die höheren Zinssätze entrichtet, denn wie andere Produktionskosten, so konnten auch die Zinsbeträge auf die Verkaufspreise geschlagen und damit auf die Abnehmer überwälzt werden. Mit der beginnenden Absatzstockung und dem Bückgang der Preise änderte sich jedoch die Mentalität der Schuldner, Da die Landwirtschaft die günstigen Preisverhältnisse während den Kriegsjahren, auch nach Überwindung der ersten nachkriegszeitlichen Krise, nie mehr zu erreichen vermochte und ihre ökonomische Lage hinter derjenigen der Vorkriegszeit zurückblieb, empfand sie angesichts der angewachsenen Schuldenlast die verhältnismässig hohen Zinssätze besonders drückend, und daher begegnete man in ihren Kreisen seit Jahren Begehren um Herabsetzung des Zinsfusses.

Die Bemühungen für eine Kredithilfe zugunsten bedrängter Schuldenbauern bewegten sich denn auch jahrelang in der Eichtung einer Senkung des Zinsfusses, bzw. in der Gewährung von niedrig verzinslichen Darlehen.

Auch die ausserparlamentarische Kommisison für die Behandlung der Motion Baumberger über die Entvölkerung der Gebirgsgegenden hat sich für Massnahmen im Sinne der Gewährung zinsbilliger langfristiger Darlehen ausgesprochen.

Über die Entwicklung der Zinsfussverhältnisse im allgemeinen, die zeitgemassen, indessen immer eng begrenzten Erfolge der Bemühungen zu einer Bwangsweisen Regulierung des Zinsfusses vermittelt der «Berieht der Expertenkommission an das eidgenössische Finanzdepartement über die Zinsfussver» hältnisse im landwirtschaftlichen Hypothekarkredit» vom Mai 1929 interessante Auskünfte.

2. In der Folge ist, mit der rückläufigen Wirtschaftskonjunktur
einhergehend, ohne Zwangsmassnahmen eine Senkung des Zinsfusses eingetreten, die sich allmählich auch für die Grundpfandschuldner geltend inachte. Diese Erscheinung findet Ausdruck in unserem «Bericht an die Bundesversammlung vom 14. November 1980 zur Motion Eaumberger über die Entvölkerung der Gebirgsgegenden». Seite 29 dieses Berichtes wird folgendes ausgeführt: «Nach einem Vorschlag des Finanzdepartements hat sich der Bundesrat am 17. September 1928 grundsätzlich damit einverstanden erklärt, dass dem landwirtschaftlichen Hypothekarmarkt aus Bundesmitteln ein .Betrag von 60 Millionen Franken zur Verfügung gestellt werde. Das Finanzdepartement beauftragte in der

431 Folge eine kleine KommisBion von Sachverständigen, die Frage der langfristigen Kredithilfe an die Landwirtschaft und besonders an die Gebirgsbevölkerung einlasslich zu studieren. Zum Expertenbericht, der gedruckt vorliegt, hat der Bundesrat noch nicht Stellung genommen.- Nachdem sich der Hypothekarmarkt seit einigen Monaten wesentlich gebessert hat und die Zinssätze in weiterem Rückgänge begriffen sind, dürfte zurzeit von, einer langfristigen Kredithilfe Umgang genommen werden.» Die Frage wurde auch in den Kommissionen der eidgenössischen Bäte, die diesen Bericht zu behandeln hatten, besprochen. Da das Problem inzwischen in der Öffentlichkeit von neuem erörtert worden war, hat der Nationalrat, auf Vorschlag der beratenden Kommission, in der Sitzung vom 15. September 1981 folgendes Postulat gutgeheissen: «Der Bundesrat wird eingeladen, beförderlichst Bericht zu erstatten über die Gewährung langfristiger landwirtschaftlicher Darlehen zu ermässigtem Zinsfuss für die Bergbevölkerung.» Das Problem einer Erweiterung der Kredithilfe für die Landwirtschaft im allgemeinen hat überdies in einer weiteren Beihe von Postulaten und kleinen Anfragen in den eidgenössischen Bäten Ausdruck gefunden.

3. Der Bückgang des Zinsfusses hat, seit sich der Bundesrat im November 1930 zur Frage geäussert hat, angehalten, findet aber zugunsten der Schuldner langfristiger Kredite manchmal erst mit groHsen Verzögerungen Ausdruck, die öfters nicht hinreichend gerechtfertigt sind.

Solche Erscheinungen haben dem Bundesrat Veranlassung gegeben, am 12. März 1932 ein Kreisschreiben an die Kantonsregierungen betreffend Ermässigung des Hypothekarzinsfusses zu erlassen, dem wir folgendes entnehmen: «Mit Befriedigung stellen wir fest, dass der Zinsfuss für neue Hypothekardarlehen seit etwa zwei Jahren um rund %% zurückgegangen ist. Da aber die Banken ausser mit billigen Spargeldern auch mit dem Ertrag von langfristigen Anleihen und Kassenobligationen arbeiten, die noch nicht verfallen und in der Mehrzahl verhältnismässig teuer sind, so halten sie vielfach im Zinsabbau namentlich bei älteren Darlehen zurück. Sie fürchten, der Abstand zwischen den Aktiv- und den Passivzinsen werde kleiner und schmälere den Reinertrag.

EH ist jedoch daran zu erinnern, dass die Banken eine Reihe guter Jahre hinter sich haben. Nicht nur konnten die
Kantonalbanken bedeutende Beträge an die kantonalen Staatskassen und die Privatbanken schöne Dividenden an die Aktionäre abliefern, sondern es gelang ihnen gleichzeitig, auch die Reserven beträchtlich zu äufnen. Diese in den guten Jahren angesammelten, bedeutenden Reserven sollten es nun ermöglichen, die jährlichen Rückstellungen zu vermindern.

Die gegenwärtigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten auferlegen uns die dringende Pflicht, die Zinsermässigung möglichst rasch auf alle Grundpfanddarlehen, die alten sowohl als die neuen, auszudehnen. Vermindern die Kantonalbanken ihre Ablieferungen an die Staatskassen und ihre Einlagen in die Reserven, und mutet sich der Aktionär in gewissen Fällen ein Opfer zu, so kann der Hypothekarzins zum Wohle aller ermässigt werden.

Zumal erwartet der Bundesrat, dass die Kantonalbanken, die auf dem Gebiete des schweizerischen Hypothekarwesens stets eine überaus nützliche und führende Rolle innegehabt haben, allen andern Fiiianzinstituten mit gutem Beispiel vorangehen.

Wohl mag dabei die Ablieferung an die Staatskasse vorübergehend etwas zurückgehen, und das zu einer Zeit, wo die öffentlichen Finanzen unter der Krise leiden.

Die dringende Notwendigkeit, den Hypothekarzins zu ermässigen, verlangt jedoch

432 unter den gegenwärtigen Umständen, dass diese Opfer gebracht werden. Übrigens soll der Hypothekarschuldner nicht den Eindruck haben, als ob der Kanton von ihm eine indirekte Steuer in Form eines überhöhten Hypothekarzinses eintreibe. Zu besteuern sind Vermögen und Erwerb und nicht etwa die Zinsen, welche die Schuldner den Kantonalbanken zu entrichten haben. Auch die Aktionäre der privaten Hypothekarbanken sollen zu dieser Erleichterung beitragen, wissen sie doch, dass, wenn die Dividende mässig ist, immerhin bestimmt auf sie gerechnet werden kann.

Um eineTHnits ein Beispiel zu geben und die erforderliche Opferwilligkeit zu ermutigen, hat der Bundesrat beschlossen, den Zinsfuss für die Hypothekardarlehen des Bundes von 4% % auf 4 % zu ermässigen.

Der Bundesrat ersucht daher die Kantonsregierungen hoflich und eindringlich, sie möchten die erforderlichen Schritte bei den staatlichen und privaten Bodenkreditbanken und Sparkassen tun, um sie zu einem rascheren Abbau der Hypothekarzinse zu veranlassen.»

4. Seit Erlass dieses Kreisschreibens, dem eine gewisse "Wirkung zugestanden werden darf, hat sich die rückläufige Bewegung des Zinsfusses fortgesetzt.

So hatte das seither aufgelegte eidgenössische Anleihen zu 8% % einen vollen Erfolg zu verzeichnen.

Eine Reihe von Gläubigern hat die Zinssätze für erstklassige Hypotheken auf 4% bis 4% % festgesetzt. In absehbarer Zeit dürfte eine weitere Herabsetzung für sichere Anlagen unter günstigen Umstanden bis auf 4 % in Erwägung gezogen werden.

So wohltuend diese Zinserleichterungen für die Schuldner sind, so vermögen sie doch die ausserordentlich gesunkenen landwirtschaftlichen Produktenpreise in keiner Weise auszugleichen. Die Wünschbarkeit einer Notstandshilfe für notleidende Bauern ist daher geblieben, ja sie hat sich, entsprechend der seitherigen Fortsetzung der Land-wirtschaftskrise, zur Notwendigkeit entwickelt.

Angesichts der bedrängten Lage einer nicht kleinen Zahl von tüchtigen Bauernfamilien, die sich aus eigener Kraft nicht mehr zu helfen vermögen, beschränkt sie sich in neuerer Zeit nicht mehr auf die Frage des Zinsfusses, sondern stellt sich vielmehr als Sanierungs- oder Entschuldungsproblem, das neben der Öffentlichkeit besonders auch die Gläubiger berühren muss.

E. Formen der Kredithilîe.

Im Verlaufe der letzten Jahre sind eine Beihe von Vorschlägen über die Form der Kredithire bekannt geworden. Die Projekte haben in Würdigung der sich ausdehnenden Notlage gewisse Wandlungen in dem Sinne erfahren, dass der Kreis der in die Hilfsaktion einzubeziehenden notleidenden Bauern allmählich enger gezogen werden musste. Anderseits hat die fortschreitende Notlage die Zahl der Bedrängten nicht unwesentlich erhöht, und bedauerlicherweise ist diese Entwicklung noch keineswegs zum Abschluss gekommen. Wir wollen einige dieser Vorschläge skizzieren.

I.

Im Dezember 1928 ging vom schweizerischen Bauernsekretariat der Vorschlag aus, es möchte vom Bunde eine Hilfskasse für überschuldete

433

Bauern geschaffen werden, sei es durch Errichtung einer unter seiner Aufsicht stehenden Stiftung oder durch Übertragung der Aufgaben an den bereits bestehenden Hilfsfonds für Klein- und Schuldenbauern und landwirtschaftliche Arbeiter in Brugg.

Die Hilfskasse hätte die hintersten Hypotheken, eventuell unter Umwandlung laufender ungedeckter Schulden in Hypotheken, bis zum Betrage von Fr. 10,000 eu übernehmen. Die alten Gläubiger würden abgefunden, wobei aber, soweit es nach Art der Entstehung der Schuld sachlich als gerechtfertigt erscheint, vom Gläubiger ein Einschlag verlangt werden soll. Der Best der Schuld wird von der Hilfskasse mit Annuitäten von 10 % verzinst (4% %) und amortisiert. Auf diese Weise würde die Schuld in etwa 13 Jahren getilgt. Diese Amortisation würde aber als rein interne Sache der Hilfskasse behandelt, die Schuld selbst bliebe gegenüber dem Bauer in Eechtskraft.

Demgemäss könnte der Schuldner nur hinter dem Guthaben des Hilfsfonds neue Schulden aufnehmen, und die nachstehenden Gläubiger könnten bei Betreibung oder Konkurs erst nach Deckung des Guthabens des Hilfsfonds auf den Ertrag der Zwangsversteigerung Anspruch erheben. Verkauft der Bauer das Gut, so verlangt die Hilfskasse Bückzahlung ihres Guthabens, wobei aber die Zinsen nicht angerechnet wurden. Erweist sich der Bauer durch sein Verhalten als der Hilfe unwürdig, so verlangt die Hilfskasse in Zukunft den Zins oder kündet das Kapital. Auch bei Erbteilung würde die Schuld geltend gemacht, so dass die Miterben daraus keinen Nutzen ziehen können.

Dagegen würde die Hilfskasse dem neuen Erwerber oder dem den Hof übernehmenden Erben den Vorteil der Zinsireiheit wieder zugute kommen lassen, wenn die Übernahme zu von der Hilfskasse angenommenen Bedingungen erfolgt. Dabei wäre namentlich zu verhüten, dass der neue Erwerber den Vorteil in einem höhern Gutspreise oder Übernahmewerte kapitalisiert. Der Schuldner hätte Buch zu führen und würde unter Kontrolle und Betriebsberatung gestellt.

Aul diesem Wege wäre es möglich, den Schuldenbauern dauernd zu helfen, ohne dass sie sich der Heimstättegesetzgebung unterstellen müssen. Es handelt sich also nicht um Zwang, sondern um einen privaten und lösbaren Vertrag.

Der Bund hätte nach diesem Vorschlag Beiträge à fonds perdu zu leisten, die im ersten Jahre mindestens Fr. 500,000 betragen
und 13 Jahre lang jährlich um Fr. 500,000 steigen sollten. Die Bundessubvention müsste also betragen im: 1. Jahre Fr. 500,000 8. Jahre Fr. 4,000,000 2. » » 1,000,000 9. » » 4,500,000 8. » » 1,500,000 10. » » 5,000,000 4. » » 2,000,000 11. » » 5,500,000 5. » » 2,500,000 12. » » 6,000,000 6. » » 3,000,000 13. » » 6,500,000 7. » » 3,500,000

434

Vom 13. Jahre an blieben die Zuschüsse stabil, indem die Lasten aus neu hinzutretenden Schuldnern durch die Beendigung der Amortisation der früheren Jahre ausgeglichen würden.

Die Verwaltungskosten müssten entweder durch besondere Beiträge gedeckt werden, oder aber dann müsste der Amortisationsbetrag herabgesetzt und die Periode, bis die Stabilität erreicht ist, entsprechend ausgedehnt oder der Betrag der übernommenen Schulden reduziert werden. Steuern solito die Kasse, da sie weder Einkommen noch eigenes Vermögen besitzt, nicht entrichten müssen.

So wäre es möglich, durch die Bundeszuschüsse jährlich weitere 5 Millionen Franken zu verzinsen und zu amortisieren. Es könnten also jährlich 500 bis 1000 Bauern berücksichtigt und jedem 5000 bis 10,000 Franken Schulden abgenommen werden. Im Laufe der Jahrzehnte könnte auf diese Weise ein grosser Teil der Bauern von übermässigen Schulden befreit werden. Gleichzeitig würde die Errichtung neuer Schulden erschwert und so in sehr vielen Fällen dauernd geholfen.

II.

1. In Zusammenarbeit mit der genannten Expertenkommission hat das eidgenössische Finanz- und Zolldepartement 1929/30 ein Projekt betreffend «Ermässigung des Hypothekarzinsfusses für notleidende Landwirte» vorgelegt. Dieses ging von dem Gedanken aus, die harten Existenzbedingungen der kleinen Landwirte und insbesondere der Bergbauern seien durch Gewährung niedrig verzinslicher Darlehen erträglicher zu gestalten.

Zur Durchführung dieser Kredithilfe sollte der Bund niedrig verzinsliche Darlehen im Gesamtbetrage von 60 Millionen Franken zur Verfügung stellen. Davon sollten 35 Millionen den Kantonen nach der Fläche ihrer landwirtschaftlichen Betriebe und der Zahl ihrer landwirtschaftlichen Bevölkerung gleichmässig zugeteilt werden, der Best von 25 Millionen Franken wäre darüber hinaus den Gebirgsgegenden nach der Fläche ihres Weidelandes und der Zahl ihrer landwirtschaftlichen Bevölkerung zu überweisen. Die Kantone hätten die Beträge wie folgt zu verzinsen: vom 1. bis 6. Jahr zu 1%, vom 7. bis 12. Jahr zu 2%, vom 18. bis 18. Jahr zu 3% und von da an zu dem bei ihren Kantonalbanken für Kassenobligationen geltenden Satze.

Der Betrag der Zinsvergütung wäre ohne jede Kürzung nach folgenden Grundsätzen zur Milderung der landwirtschftlichen Notlage zu verwenden: a. Die Hilfe wäre für solche hilfsbedürftige
und hilfswürdige kleine Landwirte bestimmt, deren Vermögen Fr. 6000 nicht übersteigt, b. sie bestände in Zinsennässigung und Zhiserlass, ferner in Schuldenverminderung durch Amortisation.

Die Durchführung wäre Sache der Kantone, deren Verordnungen der Genehmigung des Bundesrates bedürften, denen aber zum Zwecke der Anpassung an die örtlichen Verhältnisse weitgehende Freiheit gelassen würde.

435

III.

Das eidgenössische Volkswirtschaftsdeparteinent hat in seiner Vorlage an den Bundesrat vom 12. Mai 1930 für eine Hilfsaktion folgende Erwägungen, und Bichtlinien befürwortet : a. Da das anlagesuchende Kapital in neuerer Zeit reichlicher geworden, der Zinsfuss bereits gesunken ist und aller Wahrscheinlichkeit nach weiter zurückgehen durfte, werden die Kantone und ihre Banken ohne Mühe das erforderliche Kapital erhalten. Es erscheint daher nicht notwendig, dass der Bund, der selbst noch grosse Schuldverpflichtungen hat, CO Millionen Franken auf eine so lange Frist festlegt. Die Landwirtschaft wird gegen entsprechende Sicherheit, ohne die auch die Kantone, die für die Bundesmillionen verantwortlich wären, das Kapital nicht hingeben möchten, die erforderlichen Gelder ohne Schwierigkeiten erhalten.

Bei den überschuldeten Bauern fallen sodann neben den Grundpfandschulden die laufenden Schulden, wie Forderungen des Viehhändlers, der Handwerker, der Lieferanten, aus Darlehen und Vorschüssen, auch Steuern usw. öfters stark ins Gewicht. Es sind vielfach gerade diese Verpflichtungen, die die Lage der Schuldenbauern unhaltbar machen.

In solchen Fällen wird die Notstandshilfe zweckmässiger durch gewisse Beiträge à fonds perdu erfolgen. Sie erfordert weniger hohe Summen, ist einfacher zu handhaben und das Verlustrisiko ist geringer.

b. Die Kantone wären zur Hilfeleistung beizuziehen und ihnen wäre auch die Durchführung zu übertragen, eventuell unter Mitwirkung des Hilfsfonds in Brugg. Zu diesem Zwecke wären kantonale Hilfsstellen zu errichten. Auch die Gläubiger bedrängter Bauern, vorab die Banken, sollen gewisse Opfer bringen, und so soll durch Zusammenwirken aller Beteiligten die Sanierung bewerkstelligt werden.

c. Die geplante neue Aktion wäre an die frühere Kredithilfe nach Bundesbeschluss vom 28. September 1928 anzulehnen, wonach 12,a Millionen Franken als kurzfristige, zinsfreie Darlehen an über 16,000 Bauern bewilligt worden sind.

d. Für die Unterstützung bedrängter, hilfswürdiger Bauern und die Sanierung bäuerlicher Betriebe sei für die nächsten Jahre ein ausserordentlicher Kredit von je etwa 2% Millionen Franken vorzusehen, der den erwähnten Hilfsstellen nach Massgabe des Bedürfnisses, der kantonalen und sonstigen Leistungen zur Verfügung zu stellen wäre.

Im Bundesrate selbst sind diese
Vorlagen nicht zur materiellen Behandlung gekommen. Er entschied sich angesichts der mit der Durchführung des Bundesbfischlusses vom 28. September 1928 betroffend eine vorübergehende Bundeshilfe zur Milderung der Notlage in der schweizerischen Landwirtschaft einhergehenden Besserung der Lage der Landwirtschaft vorläufig für eine ab-

436

-wartende Haltung und wollte insbesondere weitere Erfahrungen mit den bezüglichen kurzfristigen Darlehen sammeln. In dieser Stellungnahme wurde «r durch die rückläufige Bewegung des Zinsfusses bestärkt. Dieser Auffassung hat er in seinem weiter oben angeführten Berichte vom 14. November 1930 zur Motion Baumberger Ausdruck gegeben.

IV.

Im Juni 1931 hat das Finanz- und Zolldepartement ein abgeändertes Projekt ausgearbeitet. Dieses trägt dem inzwischen eingetretenen Zinsfussrückgang Eechnung und rückt nun die Schuldentilgung in den Vordergrund.

Nach diesem Vorschlage hätte der Bund einen Tilgungsfonds von rund 100 Millionen Franken zur fortschreitenden Tilgung der Schulden bedrängter Klein- und Bergbauern zu errichten. Hieraus gewährt er den Kantonen Darlehen, die sie zu l % zu verzinsen und zu 2 % zu tilgen haben. Die Amortisationsquote fällt wieder in den Tilgungsfonds. Die Darlehen sind dem Bunde innert 20 Jahren zurückzuzahlen, können aber zu den damals geltenden Marktzinssätzen bei den Kantonen belassen werden.

60 Millionen Franken wären den Kantonen nach der Zahl ihrer landwirtschaftlichen Betriebe und weitere 40 Millionen nach dem Ermessen des Bundesrates als Zuschuss an die Gebirgsgegenden und Kantone mit besonders starker landwirtschaftlicher Verschuldung zuzuweisen. Der nicht beanspruchte Teil des Tilgungsfonds wäre bei der eidgenössischen Staatskasse und in schweizerischen Pfandbriefen anzulegen.

Aus den erhaltenen Bundesmitteln gewähren die Kantone bedrängten Bauern, deren Eeinvermögen (berechnet zum Ertragswerte) Fr. 8000 nicht übersteigt, Darlehen zum Zwecke der Abtragung hochverzinslicher Schulden, wobei die Gläubiger gewisse Abstriche zu machen hätten. Die Darlehen sollen für den einzelnen Bauer in der Eegel Fr, 10,000 nicht übersteigen und sind von den Schuldnern zu den gleichen Bedingungen zu verzinsen (l %) und zu tilgen (2%).

Zur Sicherung der kantonalen Darlehen wären Hypotheken zu errichten oder, wo sie bereits bestehen, auf den Namen des Kantons zu übertragen.

Der Kanton kann die Schuld auf ein halbes Jahr künden, sofern der Schuldner seiner Zins- und Tilgungspflicht nicht genügt, ohne Wertvermehrung der Liegenschaft neue Schulden eingeht, die Hilfe missbraucht oder sie nicht mehr bedarf. Die Notstandshypothek verfällt ohne Kündigung, wenn das Heimwesen des Schuldners
durch Verkauf oder Erbschaft in andere Hände übergeht.

Übernimmt sie der neue Eigentümer zu einem nicht übersetzten Preis (Ertragswert), so kann er, wenn er hilfsbedürftig ist, ebenfalls eines Darlehens teilhaftig werden.

Zinsausfälle und Verluste aus Nachlassverträgen übernimmt der Bund zur Hälfte, bei HeimweHon im Gebirge zu zwei Dritteln.

Der Zinsertrag des Tilgungsfonds fällt in einen Spezialfonds, aus dem die auf den Bund entfallenden Verluste und Unkosten (Untersuchung der Ver-

437

hältnisse der Gesuchsteller, Betriebsberatung) zu bestreiten wären. Im übrigen hätte der Spezialfonds dem gleichen Zwecke zu dienen wie der Tilgungs- oder Hauptfonds.

Ohne Berücksichtigung allfälliger Kapitalverluste würde ein derartiges Sanierungswerk den Bund mit dem Zinsausfall auf 100 Millionen Franken während 20 Jahren, also jährlich toit rund 4 Millionen Pranken belasten.

V.

In einer Eingabe vom Januar 1932 hat das schweizerische Bauernsekretariat, unter Hinweis auf die sich verschärfende Landwirtschaftskrise, die beförderliche Inangriffnahme einer neuen Kredithilfe für die Landwirtschaft lebhaft befürwortet.

Die Eingabe vertritt die Meinung, dass trotz der sich deutlich zuspitzenden Lage eine grosse Zahl von Landwirtschaftsbetrieben auch diese Krise überdauern werde. Es seien das einmal die Betriebe, die sich schon Jahrzehnte in der gleichen Hand befinden, ferner solche in guter Verkehrslage, wo sie die günstigen Konjunkturen ausnützen können. Sodann seien es die wenig verschuldeten Familienbetriebe, die hauptsächlich mit eigenen Arbeitskräften auskommen. Lebhaft bedroht seien hingegen besonders zwei Gruppen: erstens die Betriebe, welche während und nach den Kriegsjahren zu verhältnismässig hohen Preisen und mit unbedeutenden eigenen Kapitalien gekauft oder übernommen werden mussten; zweitens die Betriebe von Anfängern mit verhältnismässig grossen Familienlasten und wenig eigenen Arbeitskräften. Wenn diese beiden Ursachen, was häufig sei, zusammentreffen, so stehe der Bauer heute faktisch vor dem Konkurse. Die Ursache liege hauptsächlich darin, dass die festen Betriebsausgaben im Veigleiche zum Ertrage in solchen Betrieben ausserordentlich gewachsen sind. So seien für die Verzinsung einer Kapitalschuld von Fr. 20,000 im Jahre 1919 etwa 80 q Milch notwendig gewesen, anfangs 1982 jedoch bereits deren 46.

Auf die letzte Bekanntmachung (November 1981), dass der Bund dem Hilfsfonds für Klein- und Schuldenbauern wieder Fr. 100,000 zur Verfügung gestellt habe, hätten dort innert kurzer Zeit nicht weniger als 800 Schuldenbauern aus allen Landesteilen kleinere oder grössere Darlehen im Gesamtbetrage von rund Fr. 600,000 nachgesucht. Die Schilderungen entrollen ein überaus düsteres Bild von der Lage der Gesuchsteller.

In der Eingabe wird sodann empfohlen, das letzte Projekt des Finanzund
Zolldepartementes, an dem das Bauernsekretariat mitgearbeitet hatte, von neuem aufzunehmen. Für den Fall, dass die seinerzeit in Aussicht genommenen 100 Millionen Franken nicht bewilligt werden können, möchte es die Schaffung eines landwirtschaftlichen Hilfsfonds in Vorschlag bringen, in den vom Bunde jedes Jahr mindestens 2 Millionen Franken à fonds perdu einzuzahlen wärtui.

Damit könnten jährlich etwa 200 bis 400 Landwirtschaftsbetriebe entschuldet werden. Organisation und Tätigkeit wären in ähnlicher Weise gedacht wie

438

beim Projekte des Finanzdepartements. -- Die Darlehen wären als « Ablösungshypotheken» in der Form von Grundpfandverschreibungen ins Grundbuch einzutragen oder, wenn bereits Hypotheken bestehen, diese auf den Namen des Hilfsfonds zu übertragen. -- Die Entschuldungsaktion wäre in der Eegel so lange durchzuführen, bis die Liegenschaften höchstens noch zu 60% des Verkehrswertes oder 80% des Ertragswertes belastet sind. Der Schuldner hätte den Betrag zu 8% zn verzinsen, wovon %l/z% zur internen Abschreibung zu verwenden wären. Die Zinsen flössen in einen Tilgungsfonds, mit dessen Hilfe die Aktion nach Wegfall der jährlichen Bundesbeiträge fortzusetzen wäre. Diese würden erst dann in Wegfall kommen, wenn die Zinsen des Fonds und die jährlichen Amortisationseingänge den Betrag von 2 Millionen Franken erreicht haben. So der neue Eventualvorschlag des Bauernsekretariates.

VI.

In einer Eingabe an den Bundesrat vom Mai 1982 berichtet der Begierungsrat des Kantons Bern im Anschlüsse an den weiter oben mitgeteilten Bericht an den Grossen Eat über die Lage der Landwirtschaft, dass sich eine kantonale Hilfsaktion in Vorbereitung befinde tmd dafür die Mitwirkung dea Bundes nachgesucht -werde.

Die Verhältnisse haben sich, wie in dieser Eingabe ausgeführt wird, besonders im Obersimmental, wo durch eine vom Begierungsrat beauftragte Treuhandstelle Erhebungen und Vorbereitungen für eine Hilfsaktion im Gange seien, in neuerer Zeit fortschreitend verschh'mmert. Die örtlichen Erhebungen hätten ergeben, dass noch etwa % der Betriebe ökonomisch als gesund betrachtet, während die übrigen Betriebe in folgende drei Gruppen eingeteilt werden können: a. Betriebe, die auch bei normalem Verhältnis zwischen Produktionskosten und Preisen überschuldet sind; 6. Betriebe, die durch die Preisstürze im Herbst 1981 und Frühjahr 1982 in eine bedrängte Lage geraten sind; c. Kleinbetriebe, die den Nebenverdienst verloren haben und sich unter grossen Entbehrungen bemühen, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Die gegenseitige Verkettung der Bauern durch Bürgschaftsverpflichtungen verschlimmere die Lage im Obersimmental im Vergleich mit andern Gebieten des Kantons. Im Vordergrunde stehe die Aufgabe, in dringenden Fällen beförderlich eine Sanierung vorzunehmen, um die drohende Häufung von Zwangsliquidationen zu verhüten. Die Frage einer
langdauernden Entschuldungsaktion bleibe bestehen, aber ihre Prüfung müsse angesichts der eingetretenen Änderung der Verhältnisse anf einen spätem Zeitpunkt verschoben werden.

Für den Kaiitou Bera wird folgendes Vorgehen in Aussicht genommen: a. Gründung einer Genossenschaft zur Beschaffung der Mittel für die Sanierung überschuldeter und würdig befundener Bauernbetriebe.

439

b.

c.

d.

e.

/.

g.

Die Genossenschaft wäre nach dem Vorbild der bernischen Hilfskasse für das Hotelgewerbe durch die landwirtschaftlichen Organisationen unter Mitwirkung der Bodenkreditinstitute, weiterer Interessenten und des Staates zu organisieren.

Die Genossenschaft hätte einen Hilfsfonds auszuscheiden, der für die sofortige Sanierungsaktion zur Verfügung steht. Sie würde ihre Arbeit, die einer Zentralstelle zu übertragen wäre, zunächst in den Gebieten aufnehmen, wo dio Hilf o am dringendsten ist.

Neben dem von den Genossenschaftern gezeichneten, nicht verzinslichen Stammkapital wäre ein eigentlicher Hilfsfonds auszuscheiden, dem kantonale und eidgenössische Subventionen, Zuwendungen von privater Seite (landwirtschaftliche Organisationen, Banken) usw. zuzuführen sind.

Es wird für einmal mit Zuwendungen von je etwa Fr. 500,000 durch den Kanton und die kantonalen Bankinstitute (Kantonalbank, Hypothekarkasse) und rund Fr. 250,000 von privater Seite gerechnet und das Begehren für einen gleich hohen Bundesbeitrag gestellt; In die Hilfsaktionen sollen kleinere und mittlere, von der Zwangsliquidation bedrohte Betriebe einbezogen werden, ohne ihnen aber einen Rechtsanspruch auf Hilfe einzuräumen.

Der Hilfeleistung hätte eine sorgfältige Untersuchung über die wirtschaftliche Lage des Gesuchstellers, seine Familienverhältnisse, die Hilfsbedürftigkeit und -Würdigkeit vorauszugehen. Sie setzt voraus, dass Gläubiger und Bürgen, eventuell auch Verwandte, ebenfalls gewisse Opfer bringen.

Bei Selbstverschulden, z. B. infolge leichtfertiger Überzahlung der Liegenschaft, Misswirtschaft, Spekulation, beruflicher Untüchtigkeit, unsolidem Lebenswandel, soll die Hilfe nicht gewährt werden.

Je nach den Ergebnissen der Untersuchung wird im einzelnen Falle Nachlassvertrag, Konkurs oder Ablösung einzelner, besonders drückender Schulden in Erwägung zu ziehen sein, in jedem Fall unter Mitwirkung Dritter, namentlich der Gläubiger.

Die Hilfe wäre in Anpassung an die besondern Verhältnisse in Form von Beiträgen à fonds perdu, verzinslichen oder unverzinslichen Darlehen zu gewähren, wobei im Einzelfall gewisse Höchstbeträge nicht überschritten werden sollen.

Bei erheblicher Verbesserung der Lage des Schuldners kann die Hilfe abgeändert oder ausgesetzt werden.

A. Bei Handänderung der Liegenschaft werden Darlehen grundsätzlich zur Rückzahlung fällig, können aber unter gewissen Voraussetzungen auch dem neuen Besitzer belassen werden;

440 i. Die Entgegennahme der Hilfe verpflichtet den Schuldner, ohne Zustimmung der genossenschaftlichen Zentralstelle keine neuen Bürgschaften und keine neuen Schuldverpflichtungen einzugehen, die nicht durch die ordentliche Betriebsführung bedingt sind.

Ferner untersteht der Schuldner der Kontrolle der Genossenschaft, die für fachkundige Betriebsberatung sorgt und nötigenfalls eine förmliche Betriebsaufsicht anordnen kann.

VII.

Ausser in Bern sind in neuerer Zeit auch in andern Kantonen die Vorarbeiten für eine Hilfsaktion zugunsten notleidender Bauern in Angriff genommen worden.

Auf ganzer Linie scheint man zu dem Ergebnis gekommen zu sein, dass sich angesichts der fortschreitenden Eurwirkung der Krise und der verfügbaren, verhältnismässig sehr bescheidenen Mittel die Hilfeleistung auf würdige Bauernfamilien beschränken muss, die sieb trotz ernsten Bemühens aus eigener Kraft nicht mehr zu helfen vermögen. So wird die Bettung solcher Betriebe vor der zwangsweisen Liquidation in den Vordergrund gerückt, wo den Inhabern durch eine vorübergehende, nicht zu langfristige Hilfe über die schwierigste Periode hinweggeholfen werden soll.

Eine langfristige Entschuldungsaktion im Sinne früherer Projekte mues daher, so sehr deren Inangriffnahme grundsätzlich zu begrussen gewesen wäre, zurückgestellt werden. Die weitere Entwicklung der Verhältnisse, die heute wenig durchsichtig erscheinen, wird darüber entscheiden, unter was für Voraussetzungen an das wichtige und schwierige Problem einer auf breiter Basis aufgebauten Entschuldungsaktion heranzutreten ist. Damit einhergehend wäre aber die Frage auch in dem Sinne abzuklären, wie künftig das Eingehen neuer Grundpfandschulden, die während den vorausgegangenen Perioden des wirtschaftlichen Aufschwungs in so erschreckendem Masse zugenommen haben, reguliert werden kann. Insbesondere die Frage einer Begrenzung der Grundpfandverschuldung in der Landwirtschaft zeigt sich unter dem Gesichtspunkte der gegenwärtigen Wirtschaftskrise in einem neuen Lichte.

Von besonderer Wichtigkeit ist das Entschuldungsproblem für zahlreiche Kleinbauernfamilien. Viele Kleinbauernbetriebe vermögen eine grössere Familie nur zu ernähren, wenn der Besitzer oder Angehörige Nebenverdienst haben. Während der Wirtschaftkrise der letzten Jahre sind aber auch diese Gelegenheiten seltener geworden. Infolgedessen sind viele Kleinbauernfamilien trotz Fleiss und Sparsamkeit notleidend geworden. Solche Verhältnisse sind für die geplanten Notstandsaktionen besonders ins Auge zu fassen.

F. Die Vorlage.

I.

1. Unsere Vorschläge sollen sich auf Massnahmen beschränken, die dringlich sind, rasch wirksam und im Hinblick auf die Bundesfinanzen realisierbor erscheinen. Hieraus ergibt sich ihre Beschränkung auf Bauernbetriebe, diö

441

infolge Uberschuldung gefährdet sind und von tüchtigen, ohne eigene Schuld* in Not geratenen Eauernfamilien bewirtschaftet werden. Die Organisation und Durchführung der Aktion soll in der Hauptsache den Kantonen übertragenwerden, bei denen die Initiative liegt und die für die Sanierung auch eigeneMittel aufbringen sollen. Die Kantone dürften am ehesten in der Lage sein, eine geeignete Anpassung der Hilfsaktion an die örtlichen Verhältnisse zu erreichen. Dabei sollen auch die Glaubiger und Bürgen der zu sanierenden Betriebe angemessene Opfer bringen, um cino Sanierung überhaupt zu ermöglichen. Unerlässlich für den Erfolg ist sodann eine tatkräftige Selbsthilfeder unterstützten Bauernfamilien.

Besitzer, die aus eigener Schuld und grober Fahrlässigkeit in Not geraten sind, können schon aus Rücksichten auf die bäuerliche Moral, diese starke Säule unseres Bauernstandes, nicht in die Hilfsaktion einbezogen werden..

Und Familien, die sich infolge unzureichenden Willens zur anhaltenden Selbsthilfe oder we^en sonstigem Verhalten der bereits gewährten Hilfe nicht würdig erweisen sollten, wäre sie zugunsten würdiger Mitbürger wieder zu entziehen.

2. In einzelnen Kreisen wurde Kritik geübt, dass der Bundesrat BeineVorschläge für eine weitere Kredithilfe, die schon seit Jahren in Diskussion steht und daher gewisse Hoffnungen geweckt wurden, der Bundesversammlung nicht schon früher eingereicht hat. Wichtige Gründe dürften die abwartende1 Haltung rechtfertigen. Einmal gingen die Meinungen der Fachleute über Form und Ausmass einer Kredithilfe stark auseinander. Nach einzelnen Projekten; wären die Bundesfinanzen in einem Mass in Mitleidenschaft gezogen worden, das für diese nicht tragbar erschien. Überdies sind die weiter oben genannten Hilfsaktionen nach Bundesbeschluss vom 28. September 1928 im Gange, derenweitere Erfahrungen man zunächst abwarten -wollte. Auf Grund dieser Erfahrungen ist heute in allen Kreisen bekannt, dass die Durchführung der Kredithilfe grosse Schwierigkeiten bietet, besonders im Hinblick auf die richtig» Beurteilung der Kreditwürdigkeit, die Form und das Ausmass der Hilfe.

Jeder einzelne Fall bedarf daher eingehender fachkundiger Untersuchunglind mit der gewährten Hilfe bat firm fortlaufende Betriebsberatung einherzugehen. Häufiger als gemeinhin angenommen wird, liegt ein gewisses
Selbstverschulden der in Not geratenen Bauern vor. Ferner ist Tatsache, dass eia grosser Teil der Gesuchsteller die Liegenschaften in der Kriegs- und Nachkriegszeit zu übersetzten Preisen erworben hat, ohne über hinreichende Mittel und Berufskenntnigse zu verfügen. Schliesslich konnten die Kantone die fälligen Batenzahlungen der kurzfristigen Darlehen nach Bedürfnis stunden, und endlich haben wir dem Hilfsfonds für Klein- und Schuldenbauern in Brugg fortlaufend gewisse Mittel (viermal je Fr. 100,000) zur Verfügung gestellt, so dass es ihm möglich ist, in dringenden Fallen eine bescheidene Hilfe zu vermittelnEntscheidend für unsere abwartende Haltung war aber insbesondere die Tatsache, dass die Lage der Landwirtschaft bis in die zweite Hälfte des letzten Jahres hinein im allgemeinen nicht eine besonders ungünstige war und weitere, umfassende Notstandsaktionen nicht als zwingend erscheinen liess..

442 Seither hat sich nun allerdings infolge der anhaltenden Preisrückgänge für die ·wichtigsten Land-wirtschaftserzeugnisse die Lage sehr zu ungunsten der Landwirtschaft verschoben und damit diese Vorlage als dringlich erscheinen lassen.

Gleichzeitig hat sich aber auch die Wegleitung für die in der Gegenwart zu wählende Form der Kredithilfe im Sinne einer Einschränkung auf den Kreis der unmittelbar gefährdeten Schuldenbauern herausgebildet.

II.

Nach dem Vorausgeschickten können die Erläuterungen zum vorliegenden Entwurfe eines Bundesbeschlusses .eingeschränkt werden.

1. Eür die Kapitalvorschüsse, die den Kantonen nach Bundesbeschluss vom 28. September 1928 bewilligt worden sind, haften dem Bund die Kantone.

.Diese haben daher auch die Verhältnisse zu den Darlehensnehmern zu ordnen.

Die in Art. l des Entwurfes vorgesehene Fristverlängerung von drei Jahren hat bloss gegenüber den Kantonen Geltung. Es ist alsdann Sache der Kantone, von Fall zu Fall zu prüfen, ob und in welchem Umfange sie dem «inzelnen Schuldner Stundungen einräumen wollen. Die bestehenden Schuldverpflichtungen der Darlehensnehmer gegenüber den Kantonen sollen durch Vorlage nicht berührt werden.

Die Verpflichtung zur ratenweisen Eückzahlung der Kapitalvorschüsse an den Bund wird ausdrücklich hervorgehoben. Die längste Frist von Ende 1936 soll daher bloss für die letzten Eatenzahlungen Geltung haben.

2. Nach Ait. 2 soll für die neue Kredithilfe während vier Jahren, von 1938 "bis 1936, ein jährlicher Kredit von je drei Millionen Franken in den eidgenössischen Voranschlag aufgenommen werden.

Im Kanton Bern ist die Gründung einer bäuerlichen Hilfskasse bereits ·erfolgt. In verschiedenen andern Kantonen ist die Organisation in Vorbereitung.

Eine zweckmässige Durchführung der Hilfsaktion setzt eine genaue UnterBuchung jedes einzelnen Falles voraus. Nichts darf überstürzt werden. Infolgedessen können die Gesuche erst nach und nach zur Behandlung kommen, so dass die kantonalen Hilfsorganisationen nicht schon von Anfang an über grosse flüssige Beträge verfügen müssen. Wir glauben daher mit einem Kredit von je drei Millionen Franken während vier Jahren auszukommen. Beträge, die im betreffenden Jahr nicht beansprucht werden, sind auf die folgenden Jahre zu übertragen. Bei grössern Ansprüchen würde eine entsprechende Bationierung gegeben sein.

8. Die Kantone sollen die Notstandshilfe nicht bloss organisieren, sie sollen dafür selbst auch gewisse Mittel aufwenden, in der Eegel mindestens gleichviel wie der Bund. Darin liegt die beste Gewähr für eine haushälterische Verwendung der Mittel, und zugleich wird dadurch die gebotene Verstärkung der Hilfsaktion erreicht. Die Bundesmittel allein würden für eine zeitgemässe Kredithilfe nicht ausreichen.

443

Als Masstäbe für die Berechnung der kantonalen Ansprüche am Bundeskredit können in Betracht gezogen werden: die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe, die landwirtschaftlich kultivierte Fläche, die Viehbestände und die landwirtschaftliche Bevölkerung. Auch eine Kombination dieser Paktoren wurde erwogen. In Anlehnung an die bisherige Praxis und auf Grund allseitiger Erwägungen entschloss man sich, die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe nach der letzten Zählung vom Jahre 1929 als einzigen Masstab zu verwenden.

Auf diese Weise sollen % des Bundeskredites auf die Kantone verteilt werden, der letzte Viertel stünde hingegen dem Bundesrat zur Vornahme eines billigen Ausgleiches, unter besonderer Berücksichtigung der Gebirgsgegenden und anderer stark verschuldeter Gebiete zur Verfügung, Bei der Zählung vom Jahre 1929 wurden Betriebe mit einer landwirtschaftlich angebauten Fläche von 25 a an als Landwirtschaftsbetriebe gezählt.

Die Berücksichtigung dieser Ergebnisse für die Verteilung des Kredites sichert den Kantonen mit kleinbäuerlichen Verhältnissen eine angemessene Vorzugsstellung.

Der Hilfsfonds in Brugg, wie auch die unter der gleichen Verwaltung stehende Bürgschaftsgenossenschaft, haben der notleidenden Landwirtschaft gute Dienste geleistet. Auch der Hilfsfonds hat, trotz seiner erst vierjährigen Tätigkeit, wertvolle Erfahrungen gesammelt und sollte seine Arbeit weiterführen können. Bis zu dem Zeitpunkte, in dem kantonale Hilfskassen ihre Tätigkeit aufnehmen können, soll sie vom Hilfsfonds fortgesetzt werden.

Nachher wird er im betreffenden Gebiet seine Aktion auf die Fälle beschränken können, in denen er Hilfe geleistet hat. Aber auch für diese Fälle bb'ebe eine Verständigung mit den kantonalen Hilfsstellen vorbehalten. Doppelspurigkeit im Sinne einer gleichzeitigen Betätigung der kantonalen Hilfsstellen und des Hilfsfonds in Brugg wird aus ökonomischen Erwägungen und im Interesse einer gleichmässigen Behandlung der Gesuche vermieden werden müssen.

4. Die Wirtschaftskrise stellt auch an die Finanzen der Kantone wachsende Anforderungen, mit denen künftig öfters eine Verminderung der Steuereingänge einhergehen wird. Infolgedessen soll dem Bundesrat das Becht eingeräumt werden, in begründeten Fällen, insbesondere gegenüber finanziell stark geschwächten Kantonen, den von diesen aufzubringenden
Pflichtteil angemessen herabzusetzen. Überdies sollen Leistungen von dritter Seite auf dem vorgeschriebenen Anteil des Kantons in Anrechnung gebracht werden können.

Es ist zu erwarten, dass Banken, besser situierte landwirtschaftliche Vereine und Genossenschaften und deren Verbände sich an der Sammlung für die kantonalen Hilfsfonds tatkräftig beteiligen werden. Bücksichten auf die Finanzlage des Bundes und eine Verstärkung der Hilfsaktionen werden es dem Bundesrate zur Pflicht machen in derartigen Zugeständnissen Zurückhaltung zu üben.

Schuldnachlasse von Gläubigern und Aufwendungen von Bürgen, Verwandten und Bekannten, dio boi der Sanierung der einzelnen Fälle bewilligt ·werden, können für die Bemessung des Bundesbeitrages nicht in Anrechnung kommen.

Bundesblatt. 84. Jahrg. Bd. II.

32

444

5. In der Organisation und Durchführung möchten wir den einzelnen Kantonen den gebotenen Spielraum lassen, damit eine tunlichste Anpassung an die lokalen Bedürfnisse eintreten wird. Sinn und Geist der Aktion, wie wir sie dargelegt haben und wio sie schliesslich im Bundesbeschluss zum Ausdruck kommen werden, sollen jedoch Würdigung finden.

Die im Kanton Bern vorgesehene Lösung, wo unter finanzieller Mitwirkung der Banken, landwirtschaftlicher Vereinigungen und weiterer Kreise für die Durchführung eine besondere, unter Aufsicht der kantonalen Behörden stehende Genossenschaft gebildet werden soll, erachten wir unter geeigneten Voraussetzungen als zweckmässig und empfehlenswert.

Durch die Vorschrift, dass die kantonalen Organisations- und Vollzugsvorschriften dem Bundesrate vorzulegen sind, soll eine gewisse Einheitlichkeit im Vollzug der Vorlage erreicht werden, 6. Es wurde wiederholt mit Nachdruck hervorgehoben, dass jedes Hilfsgesuch sorgfältiger Untersuchung bedarf und die Unterstützung auf hilfebedürftige, würdige Bauernfamilien beschränkt werden soll. Diese Forderungen finden Ausdruck in Ait. 6. Besondere Bücksichten verdienen kinderreiche kleinbäuerliche Familien. Ohne Nebenverdienst haben diese grosse Muho ihr Auskommen zu finden. Besonders schwierig wird es für viele unter ihnen, solange mehrere Kinder im schulpflichtigen Alter sind. Während dieser Periode ist eine gewisse Hilfe besonders geboten. Sie ist auch volkswirtschaftlich gerechtfertigt, rekrutiert sich doch nicht zuletzt aus solchen bäuerlichen Kreisen ein wertvoller Nachwuchs für Volk und Staat.

Hinsichtlich der Form, in der die Hilfe zu gewähren ist, möchten wir von unnötig einengenden Vorschriften Umgang nehmen. Niedrig verzinsliche oder zinsfreie Darlehen, Zuschüsse an Schuldzinse und andere nicht rückzuerstattende Beiträge werden genannt, sollen aber andere Formen der Hilfeleistung nicht ausschliessen, wenn sie im gegebenen Falle zweckmässig sind.

Einsichtige Gläubiger worden ihre finanzielle Mitwirkung nicht versagen, denn auch sie haben ein Interesse am künftigen Auskommen ihrer Schuldner, Wo sie aber im Wege gegenseitiger Vereinbarung durch freiwilliges Entgegenkommen nicht zu erreichen ist, wird sich die Frage der Ausübung eines gewissen Zwanges auf rechtlicher Grundlage aufdrängen.

Ähnlich, in der Eegel aber einfacher,
liegen die Verhältnisse bei der Pacht.

Beim Hilfsfonds in Brugg macht man die Erfahrung, dass die Verpächter durch angemessene Herabsetzung des Pachtzinses öfters Verständnis für die Lage ihres notleidenden Pachters bekunden.

Unsere Vorlage an die Bundesversammlung über das Pfandnachlassverfahren für Hotelgrundstücke enthält eine Bestimmung (Art. 51), wonach dor Bundesrat unter gewissen Voraussetifungen zu ermächtigen wärp, auf dem Verordnungswege das vorgesehene Pfandnachlassverfahren auch auf andere infolge der Wirtschaftskrise notleidend gewordene Kategorien von Schuldnern

445 anwendbar zu erklären. Die Verhältnisse für die Landwirtschaft können somit auf Grund dieser Bestimmung durch bundesrätliche Verordnung geregelt werden, um die Mitwirkung der Gläubiger zur Sanierung überschuldeter Landwirtschaftsbetriebe zu veranlassen.

7. Die Sanierung ist auf alle Fälle so zu organisieren und durchzuführen, dass sie für die zu unterstützenden Bauernfamilien nachhaltig wirksam wird und deren weiteres Fortkommen ermöglicht. Sie darf insbesondere nicht zu einer bloss vorübergehenden Befriedigung der Gläubiger führen, ohne dass diese selbst angemessene Opfer bringen. Durch ein solches Vorgehen könnte der Zusammenbruch der notleidenden Bauernfamilien wohl hinausgeschoben, aber nicht verhindert werden, weil eine angemessene Sanierung zu ihren Gunsten fehlt.

Dem unterstützten Bauer sind gewisse Verpflichtungen aufzuerlegen.

Sie werden wohl zweckmässig von Fall zu Fall vertraglich festgesetzt. So wäre die Übernahme von Burgschaften, die in bäuerlichen Kreisen einzelner Landesteile immer wieder unheilvoll sich geltend machen, zu verbieten. Das Eingehen verzinslicher Schulden und die Verpfändung von Vieh wäre von der Genehmigung der kantonalen Hilfsstelle abhängig zu machen.

Geht jemand trotz eines Verbotes solche Verbindlichkeiten ein, so werden sie nach Gesetz und Eecht, die durch vertragliche Abmachungen in ihrer Wirkung gegenüber Dritten nicht ausgeschaltet werden können, Geltung haben, aber die Ahndung der Hilfsstellen kann darin bestehen, dass sie in solchen Fällen die helfende Hand zurückziehen.

8. Aus der Hilfsaktion freiwerdende Beträge sollen an die kantonale Hilfsorganisation zurückfliessen und nach Bedarf von neuem Verwendung finden. Wird die kantonale Hilfsaktion eingestellt, so sind die Zuwendungen des Bundes im Verhältnis zu den anderweitigen Einzahlungen und zum vorhandenen Saldo zurückzuerstatten.

9. Für den Fall, dass einzelne Kantone auf ihre Kreditanteile für den vorgesehenen Zweck ganz oder teilweise verzichten sollten, enthält Art. 9 die Wegleitung, wie die betreffenden Beträge zu verwenden wären.

Neben dieser Kredithilfe soll der Forderung der bäuerlichen Selbsthilfe, deren planmässige Unterstützung sich der Bundesbeschluss vom 28. September 1928 zur besondern Aufgabe gemacht hat, auch fernerhin besondere Beachtung geschenkt werden. Eine Beihe solcher
Werke auf kantonalem und interkantonalem Boden sind im Gange. Manche unter ihnen werden sich künftig aus eigener Kraft zu erhalten vermögen, andere aber bedürfen während einer gewissen Zeit noch der Unterstützung aus öffentlichen Mitteln. Die nach dem Bundesbeschluss vom 28. September 1928 eingeräumten Kredite sind jedoch erschöpft. Sollten daher, auf Grund dieser Vorlage, gewisse Beträge frei werden, so könnten sie für geeignete Werke der bäuerlichen Selbsthilfe, die noch der Unterstützung bedürfen, herangezogen werden.

446 10. Die Gewährung der Steuerfreiheit für die auf Grund dieses Beschlusses einzurichtenden Institutionen dürfte gegeben sein. Sie soll vom Bund, von den Kantonen und den Gemeinden eingeräumt werden.

11. Unzweifelhaft bestehen die Voraussetzungen, um diesen Beschluss als dringlich zu erklären.

Unter Hinweis auf vorstehende Darlegungen empfehlen wir den eidgenössischen Bäten die Annahme des angeschlossenen Entwurfes eines Bundesbeschlusses über eine neue Kredithilfe für notleidende Bauern.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 25. August 1932.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Diotta.

Der Vizekanzler: Leimgruber.

447 (Entwurf.)

Bimdegbeschluss über

eine neue Kredithilfe für notleidende Bauern, Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 25. August 1982, beschliesst : I. Verlängerung der Kredithilfe nach Bundesbeschluss vom 28. September 1928 betreffend eine vorübergehende Bundeshilfe zur Milderung der Notlage in der schweizerischen Landwirtschaft.

Art. 1.

Die Frist für die Eückzahlung der nach Bundesbeschluss vom 28. September 1928 als Kapitalvorschnss für kurzfristige Darlehen zur Verfügung gestellten acht Millionen Franken wird den Kantonen gegenüber um drei weitere Jahre verlängert.

Der Bundesrat ist ermächtigt, die betreffenden Kapitalvorschüsse bei den Kantonen zu den in genanntem Bundesbeschluss festgesetzten Bedingungen längstens bis 31. Dezember 1936 zu belassen. Die Abzahlung hat während dieser Zeit ratenweise zu erfolgen.

Durch diese Fristverlängerung wird das Verhältnis der Kantone zu ihren Schuldnern direkt nicht berührt. Es ist auch fernerhin dem Ermessen der Kantone anheimgestellt, von Fall zu Fall die durch die Umstände gebotenen Fristverlängerungen zu bewilligen.

II. Neue Kredithilfe.

Art. 2.

Für eine neue Kredithilfe zugunsten notleidender, der Unterstützung1 würdiger Bauern wird dem Bundesrat für die Jahre 1988 bis 1986 jährlich ein Kredit von je 8 Millionen Franken eröffnet, der in den Voranschlag einzustellen ist.

448

Art, 3.

Aus den in Art, 2 genannten Krediten werden den Kantonen, die eine Notstandshilfe für Bauern organisieren und dafür auch eigene Mittel aufwenden, Beiträge gewährt.

Bis zu % der verfugbaren Beträge werden den Kantonen auf Grund der Zahl ihrer landwirtschaftlichen Betriebe, wie sie in der eidgenössischen Betriebszählung von 1929 ermittelt wurden, zur Verfügung gestellt.

Der Best kann nach dem Ermessen des Bundesrates den Kantonen zu einem billigen Ausgleich, insbesondere zugunsten von Gebirgsgegenden und anderen Gebieten mit sehr starker Verschuldung zugewiesen werden. Ferner ist der Bundesrat ermächtigt, angemessene Beträge dem Hilfsfonds für Kleinund Schuldenbauern und landwirtschaftliche Arbeiter in Brugg für die Fortsetzung seiner Tätigkeit zuzuwenden.

Art. 4.

Die auf Grund von Art. 8 hievor auszurichtenden Beiträge des Bundes sollen in der Eegel- die eigenen Leistungen der Kantone nicht übersteigen.

Ausnahmen sind, soweit triftige Grunde vorliegen, gpgpnuber finanziell stark geschwächten Kantonen zulässig.

Art. 5.

Die Kantone können die Durchführung der Hilfsaktion bestehenden Verwaltungsabteilungen und geeigneten Institutionen übertragen oder hiefür besondere, unter üurer Aufsicht stehende Organisationen schaffen.

Die Organisations- und Vollzugsvorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 6.

Die Unterstützungen sind auf Grund einer sorgfältigen, fachmännischen Untersuchung nur au wiiidige Bauemfamilien, die ohne eigene Schuld in Not geraten sind, und nur in den Fallen auszurichten, in denen sich ein dauernder Erfolg erwarten lässt.

Die Hilfe kann insbesondere in Form von unverzinslichen oder verzinslichen Darlehen, von Zinszuschüssen und anderen nicht ruckzuerstattenden Beiträgen gewährt werden. Sie ist für den einzelnen Fall zu begrenzen und zu befristen.

Die Unterstützung hat in der Eegel zur Voraussetzung, dass auch Gläubiger und Bürgen angemessene Opfer bringen.

Art. 7.

Die JN otstandshilfe kann im Anschlüsse an Nachlassverträge, freiwillig« oder zwangsweise Liquidationen oder unter andern geeigneten Voraussetzungen

449

gewährt werden. Voraussetzung ist in allen Fällen, dass die unterstützte Familie ihr weiteres Auskommen in einem Landwirtschaftsbetriebe finden kann.

Die Hilfe ist an Bedingungen zu knüpfen, die eine dauernde Gesundung der gestützten Betriebe erwarten lassen. So ist den Besitzern das Eingehen neuer verzinslicher Schulden und die Verpfändung von Vieh nur mit Bewilligung zu gestatten. Die Übernahme von Bürgschaften ist zu verbieten. Mit der Notstandshilfe ist eine fachkundige Betriebsberatung zu verbinden.

Art. 8.

Beträge, die aus Darlehen, Zinsen oder sonstigen Einnahmen an die Organisationen zurückfliessen, sind den kantonalen Hilfskassen gutzuschreiben. Diese Beträge können für neue Hilfsaktionen im Sinne dieses Beschlusses verwendet werden.

Auf Verlangen sind dem Bundesrate die Bechnungen der kantonalen Hilfsorganisationen vorzulegen.

Wird die kantonale Hilfsaktion eingestellt, so werden die Bestände der Hilfskassen und weiter eingehende Bückzahlungen verhältnismässig auf Bund and Kantone verteilt, Art. 9.

Soweit Kantone auf die Durchführung einer Notstandshilfe im Sinne von Art. 3 hievor verzichten, können die auf sie entfallenden Beträge nach den Anordnungen des Bundesrates und den von ihm festzusetzenden Bedingungen anderweitig zur Hebung der landwirtschaftlichen Notlage verwendet werden.

Art. 10.

Die auf Grund dieses Beschlusses errichteten kantonalen Hilfsorganisationen sind von Steuern und Abgaben des Bundes, der Kantone und Gemeinden zu befreien.

III. SchluBsbestimmung.

Art. 11.

Dieser Beschluss wird als dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit seinem Vollzug beauftragt und erlässt die erforderliehen Vollzugsbestimmungen.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erweiterung der Kredithilfe für notleidende Bauern. (Vom 25. August 1932.)

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