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2788 Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Ankauf und die Einrichtung einer Häusergruppe für die schweizerische Gesandtschaft in London.

'(Vom 15. Februar 1932.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wie Sie wissen, ist die Eidgenossenschaft in den wichtigsten europäischen Hauptstädten, nämlich in Paris, Berlin und Born, Eigentümerin der Gebäulichkeiten, in denen ihre Gesandtschaften untergebracht sind, und man darf ruhig sagen, dass diese Gebäulichkeiten, die zu günstigen Bedingungen erworben wurden, allen Anforderungen entsprechen. Wir hatten uns schon seit langem darüber Bechenschaft gegeben, dass es notwendig sein werde, die Frage der Unterbringung unserer diplomatischen Mission .in der grössten Hauptstadt der Welt auf die gleiche Weise zu lösen, aber die sehr erhebliche Ausgabe für die Erwerbung eines solchen alle notwendigen Eigenschaften aufweisenden Gebäudes in London hatte uns immer wieder veranlasst, die Ausführung dieses Planes hinauszuschieben. Indessen wurde stetsfort nach einer passenden Gelegenheit Ausschau gehalten. Der unerwartete Sturz der englischen Währung liess gewisse Angebote, die wir dank den persönlichen Beziehungen unseres Gesandten, Herrn Para vicini, erhalten hatten, besonders vorteilhaft erscheinen. So wurde es uns möglich, unter ausserordentlich günstigen Umständen, die aber auch ein sofortiges Handeln erheischten, endgültig an die heikle Frage der passenden Unterbringung unserer Vertretung in Grossbritannien heranzutreten.

Die Kanzlei der schweizerischen Gesandtschaft in London befindet sich gegenwärtig an der Queen Anne Street Nr. 32. Die für die dienstlichen Bedürfnisse durchaus ungenügenden Bureauräume sind, entsprechend der englischen Bauweise, auf fünf Stockwerke verteilt ; jedes Stockwerk enthält zwei bis drei Bäume. Der Hauswart, der bei der Gesandtschaft gleichzeitig Weibeldienste versieht, bewohnt das Untergeschoss, wo er über zwei Zimmer und eine Küche verfügt. Die Jahresmiete beträgt rund 10,000 Franken. Der Mietvertrag läuft aber im Juni 1932 ab, und die Verlängerung wäre nur zu ungünstigeren Bedingungen möglich.

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Diese Verhältnisse haben uns einmal mehr vor Augen geführt, dass es für die Eidgenossenschaft nur von Vorteil wäre, in London eigene Gebäulichkeiten zu erwerben, um damit das beständige Umziehen, das neben zahlreichen andern Nachteilen nicht unbeträchtliche Kosten verursacht und zur fortwährenden Steigerung des Mietzinses führt, zu vermeiden und um gleichzeitig die Wohnung des Missionschefs sowie die Kanzleiräurne unter einem Dache zu vereinigen und so einen Kontakt herzustellen, der sich auf die Arbeit nur günstig auswirken kann.

Unser Gesandter war der Auffassung, dass man sich die Gelegenheit, drei Gebäude zu erwerben, die zwar von bescheidenem Ausmasse sind, aber doch, was die Einrichtung und den verfügbaren Platz anbelangt, eine in ihrer Gesamtheit befriedigende Lösung bieten, ohne darum allzu grosse Ausgaben zu, erfordern, nicht entgehen lassen durfte.

Die Häusergruppe, um die es sich handelt, besteht aus einem Block von drei verschiedenen Gebäulichkeiten : Bryanston Square Nr. 21, wo Herr Paravicini wohnt, Bryanston Square Nr. 22 und Montagu Place Nr. 16. Ohne zum elegantesten Viertel Londons zu gehören, erfreuen sie sich doch einer ausnehmend günstigen Lage an den direkten Verbindungslinien mit der City, in der Mitte zwischen den beiden schönsten Parkanlagen Londons (Hyde Park und Kegent's Park), an der Ecke einer sogenannten «Square» und einer ruhigen Nebenstrasse, abseits vom grossen Verkehr, was für das Leben in einer Stadt wie London ein unbestreitbarer Vorteil ist. Ausserdem sind sie höher gelegen als die benachbarten Viertel ; die Bodenbeschaffenheit (stark kieshaltig) ist besonders günstig, ein Umstand, der wegen des feuchten Klimas und de» Nebels seine Bedeutung hat.

Der Londoner Grund und Boden ist in den Händen von einigen wenigen Grossgrundbesitzern, die ihn zur Überbauung verpachten. Derartige Baurechtewerden auf lange Zeit (meist 99 Jahre und mehr) und zu ziemlich strengen Bedingungen erworben. Die Hauseigentümer -- die, was den Boden anbelangt, im Pachtverhältnis zum Grundeigentümer stehen -- haben die Bauten in gutem Zustande zu erhalten; diese fallen nach Ablauf der Paehtzeit und mangelsErneuerung des Vertrages dem Grundeigentümer anheim. Ein solches Rechtsverhältnis wird «leasehold» genannt. Von dieser Regel gibt es nur wenig Ausnahmen. Immerhin ist es doch zuweilen
möglich, gleich wie in der Schweiz, das Eigentum gleichzeitig am Baugrund und an der Baute zu erwerben und über beides nach freiem Belieben zu verfügen. Hier spricht man von «f reell o l d ».

Die Tatsache, dass der schweizerische Gesandte, namentlich durch gewisse persönliche Beziehungen, den «freehold», d. h. das volle und endgültige Eigentum erwerben konnte, wäre für sich allein schon Anlass genug gewesen, dasAngebot ernstlich zu erwägen, wenn man bedenkt, dass die Vertreter vieler anderer Staaten bisher einen derartigen Vorteil nicht zu erlangen vermochten.

Im «leasehold» gebaut, bieten die drei Häuser (Backsteinmauerwerk, verputzt) architektonisch nichts besonderes. Sie lassen sich mit unsern Bauten

291 in Naturstein oder mit den Gesandtschaftsgebäuden in Paris und Berlin nicht vergleichen. Dagegen macht das Innere einen angenehmen Eindruck; das gilt insbesondere von den Empfangsräumen. Der Flächeninhalt des Baugrunde» und der Bauminhalt der Bauten sind annähernd folgende: Gesamte Boden- Überbaute Bodenfläche fläche

Bryanston Square Nr. 21 ...

Bryanston Square Nr. 22 ...

Montagu Place Nr. 16 . . . . .

347 m2 191 m2 131 m 2

328 m2 152 m 2 115 m 2

Rauminhalt der Gebäude

4342 m3 2697 m 3 1518 m 3

Zusammen 669m 2 595m2 8557m3 Nach dem Urteil eines Architekten, der seit einer Beihe von Jahren in London ansässig ist, können die Liegenschaften in ihrem gegenwärtigen Zustand, unter Berücksichtigung ihrer Lage und bei Zugrundelegung der für Bern geltenden Preise mit einem Zuschlage von 15 bis 20% wie folgt geschätzt werden : Boden: 669 Quadratmeter zu Fr. 250 Fr. 167,250 Gebäude: 8557 Kubikmeter zu Fr. 70 » 598,990 Zusammen Fr. 766,240 Der eidgenössische Baudirektor, Herr Jungo, hat sich an Ort und Stelle begeben, um das Projekt zu studieren, die Gebäulichkeiten zu besichtigen und die Darlegungen der Gesandtschaft durch ein technisches Gutachten zu ergänzen.

Er hat sich der Auffassung des Herrn Paravicini angeschlossen und ist zum nämlichen Ergebnisse gekommen wie der Gesandte; auch er hat die vorteilhafte Lage der drei angebotenen Häuser bestätigt. Er hat ferner feststellen können, dass die Vertretungen Dänemarks, Schwedens und der Niederlande in Gebäuden von wesentlich geräumigerer, reicherer und vornehmerer Bauart untergebracht sind; Nebenbei sei erwähnt, dass diese Länder nur im «leasehold» stehen und dass ihre Gesandtschaftshotels an Hauptverkehrsadern, also für ein ruhiges Arbeiten weniger günstig gelegen sind.

Die Häuser an der Bryanston Square Nr. 21 und 22 und Montagu Place Nr. 16 sind bescheiden und der unserem Lande zukommenden Art angemessen.

Der Erwerb und die Instandstellung der Gebäude für die Zwecke der Gesandtschaft hätten nach den vorgenommenen Schätzungen -- das Honorar für den Architekten, die Notariatsgebühren und die Grundbuchkosten inbegriffen -- eine Ausgabe von anderthalb Millionen Franken verursacht. Dieser Preis mag hoch erscheinen ; er ist jedoch niedriger als was die meisten diplomatischen Missionen in London, deren Bedeutung derjenigen unserer Vertretung entspricht, haben bezahlen müssen, ohne dafür, wir wiederholen es, den «freehold» zu erlangen.

Aber in Anbetracht dessen, dass die Lage unserer Finanzen ein Begehren um die Übernahme so grosser Verpflichtungen gegenwärtig nicht wohl zuliesse, suchte Herr Paravicini das ins Auge gefasste Projekt zu günstigeren Bedingungen zu verwirklichen. So schien es möglich, ohne Verzicht auf die sich bietende

292 Gelegenheit, den Baugrund, auf dem die drei Häuser stehen, zu erwerben, die Kosten für den Umbau wesentlich niedriger zu halten, wenn vorläufig nur zwei der drei Häuser für die Wohnung des Gesandten und die Kanzlei bezogen werden, während das dritte weiterhin vom gegenwärtigen Baupächter benutzt würde. Die endgültige Einrichtung, für die die Verwendung der ganzen Häusergruppe notwendig ist, könnte auf diese Weise in zwei Etappen durchgeführt werden, wobei die zweite Etappe aller Voraussicht nach nicht vor zehn bis fünfzehn. Jahren in Frage käme.

Der erste Teil der Einrichtung gestaltet. sich in finanzieller Hinsicht lolgendermassen : Freehold Bryanston Square Nr. 21/22 und Montagu Place Nr. 16 £ 15,900 Leasehold Bryanston Square Nr. 21 £ 7,050 Leasehold Bryanston Square Nr. 22 £ 6,600 Gebühren und Stempel, ungefähr £ 2,000 Zusammen £ 31,550 Zu dieser Summe kommen noch rund 9500 £ für die Kosten der unumgänglichen--Umbauarbeiten (Einrichtung einer Zentralheizungsanlage, eines Aufzuges, einer Waschküche, Instandstellung einer Wohnung, allgemeine Ausbesserungen usw.), so dass die Gesamtausgabe, zum mittleren Tageskurse berechnet, rund 750,000 Schweizerfranken erreichen dürfte.

Bei Zugrundelegung eines Zinsfusses von 6% wird somit die Verwirklichung des in Bede stehenden Planes für die Eidgenossenschaft eine jährliche Ausgabe von ungefähr 45,000 Franken zur Folge haben. Allerdings kämen davon 8--10,000 Franken als Jahresmiete für die Gesandtenwohnung in Abzug.

Diese Miete ist zwar bescheiden, würde aber, zu einem solchen Ansätze berechnet, einen billigen Ausgleich bilden für die sehr hohen Wohnungskosten, die Herr Paravicini bisher tragen musste, ohne dass sich, auch auf Grund dieses Ausgleichs, die Verhältnisse mit denjenigen seiner Kollegen in Paris, Eom und Berlin vergleichen Hessen.

Wenn dagegen die Eidgenossenschaft auf die Ausführung dieses Projektes hätte verzichten wollen, so hätten neue Bureauräume gemietet werden müssen, da die der Gesandtschaftskanzlei gegenwärtig zur Verfügung stehenden bekanntermassen ungenügend sind. Trotz dem Pfundsturze hätten wir statt der bisher jährlich verausgabten 10,000 Franken mit einer Jahresmiete von etwa 15,000 Franken, d. h. mit einer AusgabenVermehrung von 5000 Franken rechnen müssen. Ausserdem haben sich die Wohnungsbedingungen unseres Vertreters
in London und die für ihn daraus erwachsenden Lasten derart gestaltet, dass der bestehende Zustand unmöglich hätte andauern können. Wir hatten denn auch bereits die Übernahme eines Teils dieser Lasten durch die Eidgenossenschaft in Erwägung ziehen müssen, wobei ein Beitrag von jährlich 15,000 Franken .durchaus nicht als übertrieben hätte gelten können. Auch wenn also die Eidgenossenschaft auf den Erwerb eigener Gebäulichkeiten in London zur Unter-

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bringung ihrer dortigen Gesandtschaft verzichtet hätte, so hätte sie doch auf jeden Fall als Mietausgabe folgende Summen zu zahlen gehabt: Miete der Kanzleiräume Fr. 15,000 Mietentschädigung an den Gesandten » 15,000 Zusammen jährlich rund Fr. 80,000 Bei dem vorgesehenen Häuserkauf wird die Eidgenossenschaft dagegen eine jährliche Ausgabe von Fr. 45,000 zu tragen haben, die durch Steuern eine Erhöhung um ungefähr » 4,000 erfahren dürfte, im ganzen also .

Fr. 49,000 Hievon kommt der vom Gesandten zu entrichtende Mietzins von » 8,000 in Abzug, so dass sich die Nettoausgaben auf Fr. 41,000 belaufen werden.

Letzten Endes wird also der Eidgenossenschaft aus der Verwirklichung des Projektes eine Mehrausgabe von 10--12,000 Franken erwachsen, die aber durch die Vorteile einer den dienstlichen Anforderungen entsprechenden Einrichtung bei weitem aufgewogen wird.

Das Projekt erwies sich also als günstig, und es wäre unserer Meinung nach unter diesen Umständen unangebracht gewesen, mit seiner Verwirklichung noch zuzuwarten. Ausserdem läuft, worauf wir noch besonders hinweisen, der Mietvertrag für die bisherigen Kanzleiräume im Juni 1982 ab; er war vor Weihnachten zu kündigen. Es mussten also unbedingt vorher alle Vorkehrungen getroffen werden, um das Haus an der Bryanston Square Nr. 22 für den Bezug bereitzuhalten.

Da wir uns die Vorteile, die uns in jenem Zeitpunkte die britische Währung bot, nicht entgehen lassen wollten, haben wir beschlossen, dem Politischen Departement für den Ankauf der drei erwähnten, zur Unterbringung der Gesandtschaft bestimmten Liegenschaften einen Kredit von 750,000 Franken zu eröffnen, in der Meinung, dass die Gesandtschaft vorderhand nur zwei Häuser bezieht, während das dritte, das nach Ablauf des Pachtvertrages, d. h. im Jahre 1959 ohne neue Ausgaben in das Eigentum der Eidgenossenschaft übergehen wird, weiterhin vom gegenwärtigen Baupächter benutzt wird. Die Gesandtschaft hat den «freehold» schon erworben und ist in das Pachtverhältnis eingetreten. Die englischen Devisen zur Abwicklung dieses Geschäftes, in das bereits annähernd 550,000 Franken angelegt worden sind, konnten zum Preise von 17,7S erworben werden, was zu sagen berechtigt, dass der Ankauf unter günstigen Bedingungen getätigt wurde.

Die vorstehenden Erwägungen werden es Ihnen ermöglichen, sich über die Vorteile
der Unterbringung der Gesandtschaft in London, wie sie in Aussicht genommen worden ist, ein eigenes Urteil zu bilden. Wir hätten es auch im vorliegenden Falle vorgezogen, den ordentlichen Weg zu beschreiten und den Kauf unter Vorbehalt der Genehmigung durch die eidgenössischen Bäte abzuschliessen. Infolge der Überstürzung der Ereignisse, die zum Sinken des Bandesblatt. 84. Jahrg. Bd. I.

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Pfundkurses führten, wegen der Unsicherheit der Lage und der möglichen Bückwirkung auf die Angebote sahen wir uns vor die Wahl gestellt, rasch zu handeln oder, was sehr bedauerlich gewesen wäre, auf den Abschluss des Geschäftes zu verzichten. Bevor wir uns indessen auf den Kauf einliessen, haben wir es uns angelegen sein lassen, die Finanzkommissionen der eidgenössischen Kate um ihre Meinung zu befragen; sie haben sich zugunsten unseres Vorschlages ausgesprochen.

Wir ersuchen Sie infolgedessen, dem Erwerbe der in Frage stehenden Häusergruppe zuzustimmen, indem Sie den beiliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschlusse gutheissen, und versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 15. Februar 1932.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Motta.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

295 (Entwurf.)

Bundesbeschluss über

den Ankauf und die Einrichtung einer Häusergruppe für die schweizerische Gesandtschaft in London.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Botschaft des Bundesrates vom 15. Februar Ì982, beschliesst:

Art. 1.

Für den Ankauf und die Einrichtung einer Häusergruppe für die Schweizerische Gesandtschaft in London wird dem Bundesrat ein Kredit von 750,000 Franken bewilligt.

' Art. 2.

' ·' Dieser Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 8.

Der Bundesrat wird mit dessen Vollziehung beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Ankauf und die Einrichtung einer Häusergruppe für die schweizerische Gesandtschaft in London. '(Vom 15. Februar 1932.)

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24.02.1932

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