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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Verlängerung des Bundesbeschlusses vom 16. März 1929 über die Unterstützung bedürftiger Greise.

(Vom 15. November 1932.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

1. Mit Bundesbeschluss vom 16. März 1929 über die Unterstützung bedürftiger Greise ist der Bundesrat ermächtigt worden, der Schweizerischen Stiftung für das Alter bis zum Inkrafttreten eines Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, längstens aber für die Dauer von 4 Jahren, zu Lasten der Verwaltungsrechnung des Bundes eine Subvention im Höohstbetrage von Fr. 500,000 im Jahre zu gewähren. Die Subvention wurde erstmalig für das Jahr 1929 ausbezahlt, so dass die Geltungsdauer des genannten Bundesbeschlusses mit der Ausrichtung der diesjährigen Subventionssumme zu Ende gegangen ist.

Mittelst Eingabe vom 5. Oktober 1932 ersucht die Stiftung für das Alter um Erneuerung des Subventionsbeschlusses, womit der Wunsch verbunden wird, es möchte die Beitragssumme, wenn immer möglich, schon für das laufende Jahr erhöht werden.

Die Stiftung weist darauf hin, dass trotz grösster Zurückhaltung ihrerseits die Zahl der Unterstützungsfälle in den letzten Jahren fortwährend zugenommen und ihr eine bedeutende Mehrbelastung gebracht habe. So seien im Jahre 1931 nicht weniger als 20,861 notleidende alte Männer und Frauen mit Beiträgen von insgesamt Fr. 2,047,047 unterstützt worden. Das Unterstützungsbedürüns werde infolge der Wirtschaftskrise noch zunehmen, während gleichzeitig das Ergebnis der von der Stiftung jährlich veranstalteten Sammlungen zur Bestreitung ihrer Ausgaben aus dem nämlichen Grunde bereits eine Verminderung erfahren habe und vielleicht noch stärker zurückgehen werde.

2. Mit der Verwerfung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung in der Volksabstimmung vom 6. Dezember 1981 ist die Frage aktuell geworden, in welcher Weise in der Zwischenzeit bis zum Inkraft

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treten eines Versicherungsgesetzes für die bedürftigen Greise, Witwen und Waisen mit BundeshUfe besser- vorgesorgt werden könnte. Ende des Jahres 1931 ist eine Volksinitiative zustande gekommen, in welcher verlangt wird, dass der Bund aus den Fiskalerträgnissen von Tabak und Alkohol den Kantonen jährlich einen Betrag von Fr. 25 Millionen zwecks Durchführung einer übergangsweisen Alters- und Hinterlassenenfürsorge zur Verfügung stelle. Über die Initiative sowie über einen Gegenvorschlag werden wir Ihnen demnächst Bericht und Antrag unterbreiten.

3. Die Behandlung der Initiative und des Gegenvorschlages dazu in den eidgenössischen Bäten wird erst im Laufe :der Frühjahrssession 1983 möglich sein und angesichts der zahlreichen und schwierigen Fragen, die dabei zu würdigen sind, eine gewisse Zeit in Anspruch, nehmen. Die Volksabstimmung über das Initiativbegehren und den Gegenvorschlag dürfte unter diesen Umständen nicht vor Ende 1933 oder erst zu Beginn des Jahres 1934 erfolgen, und .erst nachher wird die eventuell aus ihr hervorgehende Regelung einer übergangsweisen, bis zur Wirksamkeit einer Versicherung geltenden Fürsorge in Kraft gesetzt werden können, . Anderseits ist das von der Stiftung für das Alter geltend gemachte Begehren dringend. Die in der Eingabe angeführten Zahlen über die wachsende-Belastung der Stiftung sind zutreffend. Würde ihr der Bund für das nächste Jahr keine Subvention gewähren, so wäre sie genötigt, ihre ünterstützungstätigkeit einzuschränken und dabei auch bereits gewährte Unterstiitzungsbeiträge zu reduzieren. Dies sollte aber unter allen Umständen vermieden werden.

4. Wir glauben, dass den Bedürfnissen der Stiftung und ihrer Schützlinge am besten durch eine Verlängerung des Bundesbeschlusses vom 16. März 1929 Bechnung getragen werden kann. Die Verlängerung hätte sich auf kurze Frist zu beschränken und müssto spätestens mit dem Zeitpunkte zu Ende gehen, da, je nach dem Verlauf der Volksabstimmung über die Initiative und den Gegenvorschlag, die übergangsweise Fürsorge aus Mitteln des Bundes abschhessend geordnet und in Kraft gesetzt werden kann; Derart wäre die weitere Tätigkeit der Stiftung auf der bisherigen Grundlage sichergestellt, bis deren Eingliederung und Anpassung an die neue Fürsorgeordnung stattfinden könnte.

5. Die Stiftung für das Alter wird von einem
Direktionskomitee" geleitet und unterhält in jedem Kanton sogenannte kantonale Komitees. Der Bundesbeschluss vom 16. März 1929 sieht die Ausrichtung der Subvention seitens des Bundes an das Direktionskomitee vor, das sie unter die kantonalen Komitees zu verteilen hat. Für die Verteilung sind die auf Grund der letzten Volkszählung ermittelte Zahl der im einzelnen Kanton wohnenden Personen schweizerischer Nationalität von mehr als 65 Jahren und die schweizerische Wohnbevölkerung des Kantons massgebend. Überdies sind das letzte Sammlungsergebnis der einzelnen kantonalen Komitees sowie kantonale und kommunale Zuwendungen an die Altersversicherung oder Altersfürsorge angemessen zu berücksichtigen, :' ' .

807 Dem Bundesrat ist die Aufsicht über die Verwendung der Subvention durch die Stiftung vorbehalten. Er übt diese Aufsicht durch Vermittlung zweier Vertreter im Direktionskomitee sowie durch Genehmigung von Bericht und Eechnung der Stiftung aus. Im weitern berechtigt der Bundesbeschluss die Kantonsregierungen, einen Vertreter im Stiftungskomitee ihres Kantons zu bestellen.

Die Beziehungen zwischen dem Bund und der Stiftung waren während der Geltung des Subventionserlasses jederzeit vorzügliche, und es ist die Subvention von der Stiftung bestimmungsgemäss verwendet worden. Die Zuwendung des Bundes hat ihr erlaubt, ihre wertvolle Tätigkeit auszudehnen und wirksamer zu gestalten. Zu der Bundessubvention hinzu sind im Laufe der Zeit noch zahlreiche kantonale Staatsbeiträge an die Komitees der Stiftung getreten, so dass diese im Jahre 1930 von 20 Kantonen mit insgesamt über Fr. 800,000 subventioniert wurde.

6. In ihrer Eingabe vom 5. Oktober 1982 spricht sich die Stiftung für eine Erhöhung der Bundessubvention aus, welche bereits das Jahr 1932 als letztes Wirkungsjahr des bisherigen Bundesbeschlusses zu betreffen hätte.

Dass die fernere Gewährung eines Bundesbeitrages mit zeitlicher Beschränkung im Sinne obenstehender Ausführungen grundsätzlich gerechtfertigt und notwendig sei, kann wohl nicht bezweifelt werden. Ebenso möchten wir im Hinblick auf die Schwierigkeiten, die der Fürsorge infolge .der gegenwärtigen schlechten Wirtschaftslage erwachsen, keine Verminderung der Bundessubvention beantragen, sondern den gleichen Betrag wie bisher in Aussicht nehmen.

Anderseits aber halten wir auch eine Erhöhung der Subvention, bei aller Würdigung der von der Stiftung dafür geltend gemachten Gründe, im jetzigen Zeitpunkte nicht für zulässig, da ja ohnehin der ganze Fragenkomplex binnen kurzer Frist einer endgültigen Losung entgegengeführt werden muss, bei welchem Anlasse dann auch das Verhältnis der Stiftung zum Bunde und die Angelegenheit der Bundessubvention einer Neuprüfung zu unterziehen sein wird.

7. Die bisherige Bundessubvention wurde, wie Art. l des Bundesbeschlusses vom 16. März 1929 ausdrücklich bestimmt, zu Lasten der Verwaltungsrechnung des Bundes ausgerichtet. Die Bindung der Fiskaleinhahmen aus Tabak und Alkohol für den Versicherungszweck in Art. 34'i<«»« der Bundesverfassung und die damals
bestehenden Aussichten, dass binnen kurzem ein Versicherungsgesetz in Kraft treten könnte, liessen eine Finanzierung der Subvention an die Stiftung aus diesen besondern Mitteln als unangebracht erscheinen. Seither hat sich die Situation vollständig verändert. Das bei Erlass des Bundesbeschlusses vom 16. März 1929 in Vorbereitung befindliche Versichorungsgesetz ist vom Volke abgelehnt worden, und gleichzeitig hat sich die allgemeine Finanzlage des Bundes entschieden verschlechtert. Heute dürfte man wohl allseitig damit einverstanden sein, dass für eine finanzielle Unterstützung von Fürsorgebestrebungen zugunsten der Alten und Hinterlassenen durch den Bund, im Hinblick auf dessen schlechte Finanzlage und auf die Hinausschiebung der

808 Verwirklichung des Versicherungsgedankens, die Einnahmen aus der fiskalischen Belastung von Tabak und Alkohol in bescheidenem Umfange herangezogen werden dürfen.

Wir möchten Ihnen demgemäss vorschlagen, im neuen Bundesbeschlusse eine entsprechende Bestimmung aufzunehmen.

8. Im übrigen können die Bestimmungen des bisherigen Bundesbeschlusses ohne Veränderung in den neuen Beschluss aufgenommen werden.

Aus diesen Erwägungen gestatten wir uns, Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses zwecks Verlängerung des Beschlusses vom 16. März 1929 über die Unterstützung bedürftiger Greise zu unterbreiten, indem wir Sie ersuchen, dem .Entwürfe Ihre Zustimmung zu erteilen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 15. November 1982.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Motta.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Verlängerung des Bundesbeschlusses vom 16. März 1929 über die Unterstützung bedürftiger Greise.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 2 und 34quater der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 15. November 1982, beschließet:

Art. 1.

Die Wirksamkeit des Bundesbeschlusses vom 16. März 1929 über die Unterstützung bedürftiger Greise, dessen Geltung mit dem Jahre 1932 zu Ende geht, wird für die Jahre 19SS und 1934, längstens aber bis zum Inkrafttreten einer vorübergehenden Alters- und Hinterlassenenfürsorge des Bundes, verlängert.

Art. 2.

Der Subventionsbetrag wird dem durch die Fiskalerträgnisse von Tabak und Alkohol gespiesenen Versicherungsfonds entnommen.

Art. 3.

Im übrigen bleiben die Vorschriften des Bundesbeschlusses vom 16. März 1929 unverändert.

Art. 4.

Der Bundesrat wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Bundesbeschlusses zu veranstalten und den Zeitpunkt seines Inkrafttretens festzusetzen.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Verlängerung des Bundesbeschlusses vom 16. März 1929 über die Unterstützung bedürftiger Greise. (Vom 15. November 1932.)

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16.11.1932

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