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Kreisschreiben des

Bundesrathes an sämmtliche eidgenössische Stände, betreuend die Ehen zwischen Badensern und Schweizerinnen.

(Vom 12. Juni 1884.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Mit Note vom 5. dies macht uns das Großherzoglich Badische Staatsministerium folgende Eröffnung: Im Hinblick auf die in Art. 31, Absatz 4, resp. Art. 37, Absatz 4, des schweizerischen Bundesgesetzes betreffend Feststellung und Beurkundung des Zivilstandes und die Ehe, vom 24. Dezember 1874, enthaltene Bestimmung, daß die Verkündung, resp. Trauung einer Ehe, wenn der Bräutigam Ausländer ist, nur auf Vorlage einer Erklärung der zuständigen auswärtigen Behörde erfolgen soll, worin die Anerkennung der Ehe mit allen ihren Folgen ausge sprechen ist, ersuchen vielfach Badische Staatsangehörige, weichtin der Schweiz eine Ehe schließen wollen, die Standesbeamten ihres Heimatortes um Ausstellung und Uebersendung einer bezüglichen Erklärung. Nach Lage der Gesetzgebung des Großherzogthums Baden sind nun aber weder die Standesbeamten, noch andere Behörden im Stande, eine derartige Erklärung abzugeben; sie müssen daher dem darum Nachsuchenden regelmäßig einen ablehnenden Bescheid zugehen lassen, in Folge dessen die Verwirklichung des Ehevorhabens leicht verhindert oder doch wenigstens vorzögert wird.

315 Die Erklärung, worin die Anerkennung einer beabsichtigten Ehe mit allen ihren Folgen ausgesprochen ist, kann seitens einer Badischen Behörde aus dem Grunde überhaupt nicht abgegeben werden, weil das Recht der Eheschließung im Großherzogthum Baden von der Anerkennung irgend welcher Verwaltungs- oder Gemeindebehörde durchaus unabhängig ist. Es w e r d e n v i e l mehr vom B a d i s c h en S t a a t e Ehen, w e l c h e von seinen S t a a t s a n g e h ö r i g e n im A u s l a n d e ein g e g a n g e n werden, ·als g ü l t i g a n e r k a n n t , w e n n s i e n a c h d e r i m L a n d e der Eheschließung gültigen Form abgeschlossen w e r d e n . (Badisches Gesetz vom 9. Dezember 1875, den Vollzug des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875 über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung betreifend, § 23; Gesetzes- und Verordnungsblatt 1875, Nr. 34.)

Durch diese gesetzliche Bestimmung ist die Anerkennung der Gültigkeit einer von einem Badischen Staatsangehörigen in der Schweiz abzuschließenden Ehe gesichert. Nicht minder sichergestellt -- und zwar durch Art. 7 des Niederlassungsvertrages zwischen dem Deutschen Reich und der Schweiz vom 27. April 1876 -- erseheint die Pflicht des Badischen Staats, die betreffenden Eheleute und die aus ihrer Ehe etwa entsprossenen Kinder, solange als sie keine andere Staatsangehörigkeit erworben haben, zu übernehmen, falls dieselben in die Lage kommen sollten, aus einem der an der angeführten Stelle näher bezeichneten Gründe aus der Schweiz weggewiesen zu werden. Durch eine Uebernahmezusicherung von Seiten der Badischen Gemeinde, welcher der Bräutigam als Gemeindebürger angehört, würde eine derartige Sicherstellung nicht herbeigeführt, da nach der bestehenden Gesetzgebung über den Unterstützungswohnsitz die Verpflichtung zur Uebernahme und Unterstützung im Falle der Verarmung sich nicht nach dem Gemeindebürgerrecht rieh tet.

Im Hinblick auf diese Eröffnung scheint uns künftighin wohl davon abgesehen werden zu können, einen Badischen Staatsangehörigen, welcher in der Schweiz eine Ehe schließen will, zur Vorlage der in Art. 31, Abs. 4, resp. Art. 37, Abs. 4, des eidgenössischen Civilstandsgesetzes geforderten Erklärung zu veranlaßen, und erscheinen die Kantonsregierungen zur Ertheilung des bezüglichen Dispenses in allen den Fällen ohne weiteres ermächtigt,
in welchen der Bräutigam Badenser ist.

Indem wir Sie ersuchen, von dieser Mittheilung gefallige Vormerkung nehmen und auch die Zivilstandsämter Ihres Kantons hievon verständigen zu wollen, ergreifen wir den Anlaß, Sie, getreue,

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liebe Eidgenossen, sammt uns in den Machtschutz Gottes zu empfehlen.

B e r n , den 12. Juni 1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaftt : Ringier.

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Kreisschreiben des

Bundesraths an sämmtliche eidgenössischen Stände, betreffend die Alkoholfrage.

(Vom 18. Juni 1884.)

Getreue, liebe Eidgenossen !

Wie Ihnen bekannt, sind wir seinerzeit durch Bundesbeschluss eingeladen worden, zu prüfen, ob nicht auf dem Wege der Verständigung mit den Kantonsregierungen Maßregeln zu ergreifen seien.

um dem sich steigernden übermäßigen Genuß von Alkohol zu steuern, und darüber Bericht und Anträge vorzulegen.

Diesem Postulat lag der unzweifelhaft richtige Gedanke K u Grunde, daß dem im Lande um sich greifenden Uebel dos Alkoholmißbrauchs ernsthaft entgegengearbeitet werden müsse, und daß dieses nur durch ein Zusammenwirken von Bund und Kantonen geschehen könne.

Ein solches Zusammenwirken läßt sich nun kaum so denken, daß Bund und Kantone auf demselben Gebiete neben einander mil unausgeschiedenen Aufgaben und Kompetenzen thätig seien, sondern

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Kreisschreiben des Bundesrathes an sämmtliche eidgenössische Stände, betreuend die Ehen zwischen Badensern und Schweizerinnen. (Vom 12. Juni 1884.)

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Jahr

1884

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3

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31

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.06.1884

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314-316

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