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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 17. November 1884.)

Der Bundesrath hat für die mit dem 1. Dezember d. J. beginnende ordentliche Wintersession der XIII. Amtsperiode (nach der Integralerneuerung des Nationalrathes erste Session) die folgenden Traktanden festgesetzt : 1. Prüfung der Wahlakten der Mitglieder des Nationalrathes, sowie der neu eintretenden Mitglieder des Ständerathes.

2. Wahl des Bureau des Nationalrathes und desjenigen des Ständerathes.

3. Wahl der sieben Mitglieder des Bundesrathes für die XIII. Amtsperiode, vom 1. Januar 1885 bis 31. Dezember 1887.

4. Wahl des Bundespräsidenten und des Vizepräsidenten des Bundesrathes für das Jahr 1885.

5. Wahl des Kanzlers der Eidgenossenschaft für die Amtsperiode vom 1. Januar 1885 bis 31. Dezember 1887.

6. Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Bundesgerichtes für die Jahre 1885 und 1886.

7. Wahl der Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalrathes und des Ständerathes (Geschäftsbericht für 1884, Priorität beim Ständerath).

8. Botschaft und Beschlußentwurf vom 27. Mai 1884 (Bundesblatt 1884, III, 1), betreffend eine zweite Nachsubvention an den Kanton Wallis für Vollendungsarbeiten an der Korrektion der Rhone und ihrer Zuflüsse.

9. Botschaft vom 26. August 1884 (Bundesblatt 1884, III, 597 bis 613), betreffend einen Bundesbeitrag an den Kanton Bern für diesfällige Korrektionsarbeiten.

10. Botschaft vom 1. Juli 1884 (Bundesblatt 1884, III, 366) über Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Unterwaiden nid dem Wald für Verbauung des Wildbaches bei Beckenried.

11. Bauprojekt für das eidg. Militärverwaltungsgebäude in Bern.

12. Alkoholfrage.

325 13. Bericht des Bundesrathes über Ankauf der Pfahl bautensarnmlung von Dr. G r r o s s und das Postulat Nr. 314, betreffend die Frage der Gründung eines Schweiz. Nationalmuseums.

14. Botschaft und Gesetzentwurf vom 2. Juni 1882 (Bundesblatt 1882, III, 1), betreffend die politischen Rechte der Schweizerbürger.

15. Botschaft vom 30. Oktober 1883 (Bundesblatt 1883, IV, 193--240) über eidg. Wahlen und Abstimmungen.

16. Botschaft vom 30. Mai 1884 (Bundesblatt 1884, III, 197--291) zu einem neuen Militärstrafgesetzbuch der schweizerischen Eidgenossenschaft.

17. Botschaft betreffend Vermehrung der Tambour-Instruktoren.

18. Botschaft betreffend das Verwaltungsreglement für die schweizerische Armee.

19. Entwurf des Voranschlags der Einnahmen und Ausgaben für 1885, nebst Botschaft des Bundesrathes vom 21. Oktober 1884 (Bundesblatt 1884, IV, 1--176).

20. Botschaft und Beschlußentwurf über Bewilligung von Nachtragskrediten an den Bundesrath für das Jahr 1884 (H. Serie).

21. Botschaft betreffend das Gesuch der Gemeinden Thieracheru, Amsoldingen und Uebeschi um Aufhebung der Steuerfreiheit eidgenössischer Liegenschaften, welche nicht unmittelhar zu Bundeszwecken bestimmt sind, und ein gleichartiges Gesuch der Gemeinde Bolligen.

22. Botschaft vom 7. November 1884 (Bundesblatt 1884, IV, 225), betreffend die temporäre Reduktion des Einfuhrzolles auf roher Karbolsäure.

23. Bericht des Bundesrathes vom 29. Mai 1884 (Bundesblatt 1884, III, 71), betreffend Vertretung der schweizerischen wirthschaftlichen und kommerziellen Interessen im Auslande.

24. Botschaft und Gesetzentwurf betreffend den Geschäftsbetrieb von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens.

25. Botschaft vom 4. Dezember 1883 (Bundesblatt 1883, IV, 859 bis 906), betreffend Förderung der Landwirtschaft durch den Bund.

26. Botschaft zur Uebereinkunft mit Frankreich vom 31. Oktober 1884 über die Unterdrückung der Jagdfrevel (als Nachtrag zur Uebereinkunft vom 23. Februar 1882, Amtliche Sammlung VI, 468), betreffend die grenznachbarlichen Verhältnisse und die Beaufsichtigung der Grenzwaldungen.

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27. Botschaft, betreffend Errichtung einer Centralanstalt für das forstliche Versuchswesen.

28. Botschaft vom 4. November 1884 (Bundesblatt 1884, IV, 274--282), betreffend einen Kredit für den Rückkauf des Zürcher Telephonnetzes.

29. Bericht des Bundesrathes vom 23. November 1883 (Bundesblatt 1883, IV, 477), betreffend das Tarifwesen der schweizerischen Eisenbahnen.

30. Bericht des Bundesrathes vom 23. November 1883 (Bundesblatt 1883, IV, 461), betreffend den Reformtarif der Centralbahn (Motion Zschokke). -- Bericht des Bundesrathes vom 27. Mai 1884 (Bundesblatt 1884, III, 38).

31. Vier Eisenbahnkonzessionen: a. Botschaft betr. Konzession einer Eisenbahn von Langenthal nach Huttwyl.

b.

,, ,, ,, ,, Drathseilbahn Marzili-Bern.

c.

,, ,, ,, ,, ,, von Biel nach Magglingen.

d.

,, ,, ,, ,, elektrischen Eisenbahn von Territet nach Montfleuri.

32. Petition von Hrn. Advokat Dr. A. Girard in La Chaux-deFonds, Namens des Initiativkomite für fakultative Leichenverbrennung, betreffend Statthafterklärung der Leichenverbrennung.

33. Petition von Hrn. P. A. Beirichard, Advokat, in Neuenstadt, Namens des Einleger-Ausschusses der Ersparnißkasse ErlachNeuenstadt, um Bundeshülfe zum Zwecke der Deckung ihrer Forderungen an der Geltstagsmasse der genannten Ersparnißkasse. --- Schriftlicher Antrag des Bundesrathes vom 4. November 1884 (Bundesblatt 1884, IV, 210): Nichteintreten.

34. Motion von Hrn. Nationalrath Morel, vom 10. Juni 1881, betreffend Postsparkassen. -- Vom Nationalrath angenommen und an den Bundesrath zum Bericht gewiesen am 11. Juni 1881.

35. Motion von Hrn. Nationalrath Moos-Siegwart und Mitunterzeichnern, vom 13. März 1884, betreffend Uebernahme der Versicherung von Immobilien und Mobilien durch den Bund.

36. Motion von Hrn. Nationalrath Morel und Mitunterzeichnern, vom 21. März 1884, betreffend eine Statistik der in eidgenössischen Angelegenheiten nicht stimmfähigen Schweizerbürger.

Allfällig weiter hinzu kommende Gegenstände.

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Auf ein Gesuch des schweizerischen Buchhändlervereins vom 6. d Mts. hat der Bundesrath den Artikel 21 der Transportordnung für die schweizerischen Posten vom 7. Oktober d. J. ergänzt wie folgt : ,,Briefpostsendungen von Druckschriften zur Einsicht werden in den Händen des Adressaten belassen, damit er sich über Annahme oder Nichtannahme derselben entschließe. Wenn der Adressat die Sendung innert vier Tagen, von der Ankuft derselben auf die Bestimmungspoststelle an gerechnet, refüsirt, so geschieht die Refüsirung an den Aufgeber taxfrei, im Falle späterer Rücksendung aber gegen Entrichtung der vollen Drucksachen taxe."

Der Bundesrath hat gewählt : (am 17. November 1884) zum Gehülfen des administrativen Inspektorats der schweizerischen Eisenbahnen : Hrn. Hans Dinkelmann, v. Hellsau (Bern), (provisorisch); ,, Telegraphisten in Essertines: ,, Auguste Auberson , von Essertines (Waadt), Wirth daselbst; (am 20. November 1884) zum Posthalter in Erstfeld : Hrn. Joh. Joseph Thalmann-Indergand, von Ober-Utzwyl (St.

Gallen), derzeit Postablagehalter in Erstfeld (Uri); " Postkommis in Genf: ,, Karl Anderwerth, Postaspirant, von Emmishofen (Thurgau), in Genf; ,, Telegraphisten in Chaux-de-Fonds: ,, Gottlieb Breiter, von Flaach Telegraphist in (Zürich) , Lausanne.

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Beschlußfassungen des

Bundesrathes in Sachen des Konfliktes mit der Regierung von Tessin.

Am 14. November 1884 ernannte der Bundesrath zum eidg.

Kommissär nach dem Kanton Tessin Hrn. Nationalrath K a r r er in Sumiswald (siehe Seite 283 hievor).

Sitzung vom 15. November, Mittags 12 Uhr. Der eidg. Kommissär telegraphirte von Bellinzona aus, daß der Staatsrath ihm erklärt habe, er nehme von seinen Beschlüssen nichts zurück, dagegen werde er, wenn der Kommissär eine Suspendirung der gegen die Munizipalität von Lugano und speziell Hrn. Enderlin eingeleiteten Exekutionsmaßregeln befehle, gegen diesen Befehl keine Opposition machen. Er (Hr. Karrer) habe hierauf sogleich an den Hrn. Präfekt Masella, Regierungskommissär in Lugano, telegraphirt, er solle die angeordnete Steigerung einstellen, und es sollen fernere Exekutionsmaßregeln bis auf Weiteres unterbleiben.

Laut einem weitern Telegramm des Hrn. Karrer wollte Herr Präfekt Masella nicht gehorchen.

Hierauf hat der Bundesrath seinen Kommissär angewiesen, von der Regierung von Tessin zu verlangen, daß die von ihm überbrachten Befehle des Bundesrathes von ihr dem Regierungskommissär von Lugano mitgetheilt werden. Gleichzeitig hat er das Militärdepartement beauftragt, für alle Fälle Truppen auf Piquet zu stellen und von diesem letztem Beschlüsse der Regierung und dem eidgenössischen Kommissär Kenntniß gegeben.

Sitzung vom 15. November, 3^2 Uhr Nachmittags. Vom Hrn.

Kommissär Karrer ist dem Bundesrathe mitgetheilt worden, daß die Versteigerung in Lugano doch stattgefunden habe und um 12 Uhr Mittags beendigt worden sei.

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Wahrend dei Bundesrath zur Bcrathung der weitern Maßnahmen versammelt war, ging vom Staatsrathe des Kantons Tessiti ein Telegramm, d. d. Bellinzona, 3 Uhr 20 Minuten, ein, folgenden Inhalts : Er habe dem eidg. Kommissär auf dessen Aufforderung, seine Befehle zurückzuziehen, heute Morgen geantwortet, er könne dies nicht thun, dagegen lasse er zu, daß der eidg. Kommissär nach seinen Weisungen direkt handle. In diesem Sinne habe er an seinen Kommissär in Lugano telegraphirt. Auf die Androhung der militärischen Okkupation hin erkläre er jedoch, der höheren Gewalt zu weichen, indem er vor dem Land Protest erhebe und alle Verantwortlichkeit auch für die civilen Folgen ablehne. Es sei Befehl ertheilt, daß weitere Vollziehungsmaßregeln unterbleiben.

Hierauf beauftragte der Bundesrath seinen Kommissär, der Regierung von Tessin zu eröffnen, daß der Bundesrath die in Lugano stattgehabten Vollstreckungsmaßnahmen und vorab die Versteigerung des Grundstückes Bnderlin für null und nichtig erkläre, daß er infolge dessen verlange, daß sie den status quo ante wiederherstelle und sich bei ihm über den Vollzug dieser Befehle ausweise.

Vom Berichte des Militärdepartements, daß die Piquetstellung «rfolgt sei, wurde Vormerkung genommen.

Sitzung vom 17. November. Mit Rücksicht auf verschiedene in die Presse übergegangene unwahre Berichte erklärte der Bundesrath in dem der Presse mitgetheilten Bulletin, daß die von ihm in seiner Sitzung am 14. dies e i n s t i m m i g gutgeheißenen Instruktionen an den nach Tessin abgeordneten eidg. Kommissär diesem keineswegs den Auftrag ertheilten, direkt nach L u g a n o zu reisen, sondern vielmehr den, von der tessinischen Regierung nochmals die sofortige Beobachtung der bundesräthlichen Sehlußnahmen, d. h. die Einstellung des Exekutionsverfahrens gegen die Munizipalität von Lugano zu verlangen, sie für alle Folgen ihrer Widersetzlichkeit verantwortlich, sowie alle Handlungen, welche mit den Beschlüssen des Bundesrathes in Widerspruch stehen würden, für null und nichtig zu erklären.

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