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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Bewilligung von Bundesbeiträgen für den Bau der Straße Vitznau-Gersau an die Kantone Luzern und Schwyz.

(Vom 30. Mai 1884.)

Tit.

In unserm Geschäftsberichte für das letzte Jahr ist bereits der Subventionsgesuche der Regierungen von Luzern und Schwyz, betreffend eine am rechten Ufer des Vierwaldstättersees zwischen Vitznau und Gersau zu erbauende Straße erwähnt worden, mit dem Bemerken, daß auf diese vom 28. März und 11. April 1883 datirten Eingaben damals aus dorn Grunde nicht eingetreten werden konnte, weil das erforderliche technische Material nicht in genügender Vollständigkeit vorlag.

Dieser Mangel ist nun gehoben, da die Regierungen von Luzern und Schwyz, unterm 30. April und 1. Mai d. J. uns neue Vorlagen eingereicht haben.

Die Namens der nächstbetheiligten Gemeinden eingereichten Gesuche stützen sich auf den Art. 23 der Bundesverfassung und nehmen Bezug auf die bekannten frühern Fälle von Beitragleistungen an Straßen- und Brückenbauten (Brünigstraße, Achereggbrücke, Furka-, Oberalp- und Axenstraße und Straßennetz von Graubünden, Bulle-Boltigen-Straße, Lukmanierstraße auf Tessinerseite, Seedamm Rapperswyl und endlich Merligen-Neuhaus-Straße am Thunersee)-

MO Es wird darin hervorgehoben, daß die besagte Straßenstrecke das einzige noch fehlende Stück in der sonst zusammenhängenden Straßenverbindung von Luzern längs dem rechten Ufer des Vierwaldstättersees nach Brunnen und damit zum Anschlüsse an die Axen- und Gotthardstraße etc. bilde. Die Potenten finden, daß dieser Straße eine große militärische Bedeutung zukomme, während sie von ihr anderseits auch sehr wesentliche Vortheile für den Verkehr, zumal für den Touristenverkehr, erwarten. Dabei glauben sie die Bundeshülfe besonders auch mit Rücksicht darauf in Anspruch nehmen zu dürfen, daß die übrigen Theile der besagten Linie von Luzern bis Brunnen ohne Beiträge des Bundes und theilweise mit schwerer Belastung der beteiligten Gemeinden ausgeführt worden seien, welche letztem infolge dessen nicht vermöchten, allein für das noch fehlende Stück aufzukommen, zumal dessen Erstellung die größten, nur mit verhältnißmäßig sehr bedeutenden Kosten zu überwindenden Schwierigkeiten entgegenstünden.

Die nun vorliegenden Projekte und Kostenberechnungen sind auf Grund der zu diesem Behufe gemachten Terrainaufnahmen sorgfältig ausgearbeitet, und es haben sich vorher die Kantone über gemeinsame Normen, so bezüglich der Straßenbreite, der Konstruktionsart, der Einheitspreise etc., verständigt. Die Breite ist wie diejenige der Straße von Gersau nach Brunnen zu 5,20 m. angenommen. In dieser Breite ist eine Sehale einer- und Schutemauer, Geländer oder Wehrsteine anderseits Inbegriffen, so daß, die Dicke der Schutzmauer, wo eine solche angebracht wird, zu 0,45 in. angenommen, für die Fahrbahn nebst Schale noch 4,75 m. übrigbleibt. Dabei soll die Schale eine solche Form erhalten, welche das Befahren gestattet. Auch dürfte es angehen, die Mauerdicke auf 0,40 m. zu reduziren und damit die Breite auf 4,80 m. zu bringen.

Die Kosten dieses Straßenbaues stellen sich schon desshalb hoch, weil der Boden durchweg felsig und stark geneigt ist, daher fast keine Erde, sondern meist nur Felsen wegzuschaffen und fast auf der ganzen Linie Stützmauern nothwendig sind. Sodann müssen auch mehrere eigentliche Felspartien mit Tunnel durchbrochen werden, und wegen Gefährlichkeit der Lage sind zur Sicherung des Verkehrs in großer Ausdehnung Schutzmauern oder Geländer anzubringen.

An Kunstbauten verlangt die Strecke von Schwyz nur eine ziemlich
große Zahl gewöhnlicher Durchläße, wogegen auf der Strecke von Luzern auch einige größere Objekte in Form von Bachüberbrückungen, von denen eine ein Stück Bachregulirung nöthig macht, und ein Tunnel zu erstellen ist. Die wesentlichsten Arbeiten sollen auf die 2200 m. lange Strecke von Luzern: offene Felssprengung 9935 m3, Tunnelaussprengung 1658 m3, Stütz- und Futtermauern 2263 m3,

Ili zwei Brücken von 7 m. und eine von 4 m. Spannweite, 12 Durchläße verschiedener Größe, auf 754 m. Länge Brustwehrmauern, die übrige Straßenlänge Geländer oder Wehrsteine. Auf der 4200 m. langen Strecke von Sehwyz sind vorgesehen : offene Felssprengung 25,136 m8, Stütz- und Futtermauern 6824 m3, auf 970 m.

Länge Brustwehrmauern, 36Durchläße und Umbau von zwei Brücken.

Die Kosten sind für die Strecke von Luzern auf Fr. 127,290 veranschlagt, somit auf Fr. 57. 90 für den laufenden Meter Straße, für die Strecke von Sehwyz auf Fr. 165,800, also Fr. 43. 56 per laufenden Meter.

Eine Ungleichheit in der beidseitigen Behandlung besteht darin, daß seitens von Luzern für die Stützmauern bei gleicher Dicke größtenteils Mörtelmauerwerk, dagegen von Sehwyz Trockenmauerwerk vorgesehen worden ist, wobei ersteres hier um so weniger nöthig sein dürfte, als das Füllmaterial,- wie schon erwähnt, fast nur aus Steinen besteht. Auch dürfte die Tunnelhöhe mit 5 m.

unnöthig stark angenommen sein, zumal die Beleuchtung auch durch seitliehe Oeffnungen stattfindet. Gleichwohl ist ein Abzug vom.

Voranschlag aus diesen Gründen nicht vorgenommen worden, weil der Einheitspreis für den Tunnelausbruch eher niedrig erscheint, und es auch möglich ist, daß die Kosten der erwähnten, den Altdorfbach bei Vitznau betreffenden Bachregulirung sich etwas höher als vorgesehen stellen werden j überdies wird ja der Beitrag doch nur nach Verhältniß der wirklichen Kosten ausbezahlt, falls diese sich niedriger stellen als die Voranschlagssumrne.

Noch ist zu erwähnen, daß für den Uebergang über den Altdorfbach Projekt und Voranschlag alternativ für eine blos provisorische oder für eine definitive Anlage angefertigt sind. Wir könnten es aber nicht als konsequent erachten, ein Stück einer Straße, welche mit namhaften Kosten erstellt und welcher eine allgemeinere Bedeutung beigelegt wird, bloß provisorisch auszuführen, so daß bei vorkommenden Anschwellungen des Baches eine Unterbrechung des Verkehrs zu befürchten wäre, und haben daher den Kostenvoranschlag für die definitive Anlage angenommen. Das Trace folgt, was die Horizontalentwicklung betrifft, den Bodenformen, ohne deßhalb Kurven Anzunehmen, welche das Befahren beeinträchtigen könnten, und es ist daher in dieser Beziehung nichts zu bemerken.

Bezüglich des Längenprofiles ist die zwischen
den beiden Kantonen vereinbarte Bestimmung, daß die Steigungen und Gefalle 4°/o nicht überschreiten sollen, eingehalten. Die Straße wird auf 1553 m. horizontal liegen. Die im Uebrigen vorkommenden Steigungen

112 un Gefalle betragen auf 2846 m. 2 %, auf 1470 m. 2 bis 4 % und auf 530 m. 4%. Diese Ziffern ergeben eine ziemlich oudulirende Form des Längenprofiles, die bei einer längs einem See anzulegenden Straße auffallen kann. An diesem Umstand ist, in erster Linie der Gebirgsvorsprung bei der Kantonsgrenze, die sogenannte N a s e , Schuld. Dort wäre es schwierig, die Straße ganz unten um die Spitze dieses Vorgebirges herumzuführen. Indem man sie deshalb an dieser Stelle eine Höhe von 40 m. über den Seespiegel, entsprechend 34 m. respektive 38 m. über ihrer Lage bei Vitznau und bei Gersau ersteigen läßt, werden damit sehr schöne Aussichtspunkte seeauf- und -abwärts gewonnen. Sodann kommen zwischen diesem Punkt und Gersau noch bedeutende Gegensteigungen vor, die sich aber nicht minder aus den Bodenverhältnissen erklären und rechtfertigen. Namentlich bilden die Uebergänge über vier aufsteigende Felsbänder, wie sie dem Rigi eigen sind, Fixpunkte, von welchen ohne große Steigerung der Kosten nicht abgewichen werden kann. Solche Gründe übten, wie bekannt, auch bei der Axenstraße und neuerdings bei der Merligen-Neuhaus-Straße einen analogen Einfluß auf die Gestaltung der Längenprofile.

Das Projekt und der Kosten voranschlag geben also, abgesehen etwa von Einzelheiten, welche bei der definitiven Projektsgenehmigung durch den Bundesrath zu regeln sind, keine Veranlaßung zu Aussetzungen.

Zur Besprechung der in den vorliegenden Eingaben für die Statthaftigkeit der Beitragleistung des Bundes an diesen Straßenbau vorgebrachten Gründe übergehend, fassen wir zunächst das Interesse vorn militärischen Gesichtspunkte in Auge. Unser Militärdepartement bezeichnet in seinem den Akten beigefügten diesfälligen Gutachten vom 17. Mai 1883 die beanspruchte Gleichstellung der militärischen Wichtigkeit dieser Strassenstrecke mit derjenigen der Axenstraße als nicht zutreffend. Während mit letzterer die bis dahin ganz fehlende Landverbindung von Brunnen nach Flüelen erst geschaffen wurde und von dieser auch zu wesentlichem Theile die militärische Bedeutung der Furka- und Oberalpstraße abhing, besteht dagegen schon eine Straße von Luzern und Küßnacht nach Brunnen über Arth und kommt daher, wie genanntes Departement findet, der zweiten Linie über Vitznau-Gersau, wenn dieselbe auch für gewisse Fälle von Nutzen sein kann, doch nur
eine sekundäre militärisehe Bedeutung zu. Dieselbe wird damit in dieser Beziehung ungefähr auf gleiche Stufe mit der Merligen-Neuhaus-Straße gestellt, immerhin mit dem Unterschiede, daß, während die Straße auf der reehten Seite des Thunersees eine wesentlich geringere Länge erhält als die jenseitige sie besitzt, im gegenwärtigen Falle in gewissem Maße ein gegentheiliges Verhältniß besteht, indem die

113 Straßenlinie Küßnacht-Brunnen Über A.rth etwas kürzer ist als über Vitzaau und Gersau.

Analog verhalten sich die beiden genannten Straßenstrecken ·am Thuner- und um Vierwaldstättersee auch bezüglich der Verkehrsinteressen und der Schwierigkeit der Ausführung. Beiderseits handelt es sich vorzugsweise um den Fremdenverkehr, der aber von solchem Belange ist, daß Maßregeln, die auf dessen Hebung gerichtet sind, ohne Zweifel eine national-ökonomische Bedeutung zukommt. Die Schwierigkeit der Ausführung ist allerdings noch größer auf der Strecke am Thunersee.

Wir haben bei Anlaß der Behandlung der diese letztere betreffenden Subventionsangelegenheit (Botschaft vom 16. Dezember 1881) darauf hingewiesen, daß in den oben erwähnten bisherigen Fällen der Subventionirung von Straßen es sich vorzugsweise um .solche Zwischenstrecken handelte, welche dem Verkehr bisher wegen besonderer Schwierigkeiten, wie Bergübergänge, Schluchten oder sonstige der Straßenanlage besonders ungünstige Bodenverhältnisse sie mit sich bringen, verschlossen geblieben waren.

Da, wie es sich aus unserer Darstellung ergibt, dies beim vorliegenden Falle ebenfalls in gewissem Maße zutrifft, so finden wir es in Erwägung aller angeführten Umstände zuläßig, auch den vorliegenden Gesuchen zu entsprechen.

Gleichwohl wollen wir nicht unterlassen, zu bemerken, daß wir es dem Sinne und Willen der fraglichen Verfassungsbestimmung nicht entsprechend erachten könnten, wenn in Fällen eine Subvention beansprucht werden sollte, wo die maßgebenden Erfordernisse und namentlich die von jener verlaugte allgemeinere Bedeutung noch in geringerem Maße vorhanden wären. · Indem wir damit den eidgenössischen Räthen den nachstehenden Entwurf eines Bundesbeschlusses zu unterbreiten uns beehren, benutzen wir zugleich auch diesen Anlaß, dieselben unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 30. Mai 1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Stellvertreter .

des Kanzlers der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

Bundesblatt. 36. Jahrg. Bd. 111.

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(Entwurf)

Bnndesbeschlnß betreffend

Bewilligung von Bundesbeiträgen an die Kantone Luzern und Schwyz für den Bau einer Straße am rechtseitigen Ufer des Vierwaldstättersees auf der Strecke von Vitznau bis Gersau.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht, 1) eines Schreibens der Regierung des Kantons Luzern vom 28. März 1883; 2) eines Schreibens der Regierung des Kantons Schwyz vom 11. April 18b3 ; 3) einer Botschaft des Bundesrathes vom 30. Mai 1884 auf Grund des Art. 23 der Bundesverfassung, beschließt: Art. 1. Den Kantonen Luzern und Schwyz wird für den Bau der Straßenstrecke am rechtseitigen Ufer des Vierwaldstättersees von Vitznau bis Gersau, jedem für den auf sein Gebiet fallenden Theil derselben, ein Bundesbeitrag zugesichert. Dieser Bundesbeitrag beträgt den Drittheil der wirklichen Kosten, aber höchstens bis zu dem als Drittheil der Voranschlagssummen sich ergebenden Maximalbetrage von Fr. 42,400 für Luzern und von Fr. 55,260 für Schwyz.

Art. 2. D5e Ausbezahlung erfolgt bei entsprechendem Fortschritte und beziehungsweise nach Vollendung des Baues, in zwei gleichen Raten in den Jahren

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Art. 3. Die Ausführung der Straße hat entsprechend den vorliegenden Projekten nach ihrer definitiven vom Bundesrathe genehmigten Feststellung zu erfolgen.

Die Straßenbreite, einschließlich einer befahrbaren Schale, ist zu 4,80 m. festgesetzt. Die nöthigen Sicherungen (Schutzmauern, Schranken, Wehrsteine) sind außerhalb dieser Breite anzubringen.

Art. 4. Dem Bundesrathe ist die Kontrolirung der planmäßigen Ausführung und die Prüfung der Baurechnungen vorbehalten.

Art. 5. Die Kantone Luzern und Schwyz haben, jeder auf seinem Gebiete, für den künftigen Unterhalt der Straße unter Aufsicht des Bundes (Art. 37 der Bundesverfassung) zu sorgen.

Art. 6. Die Zusicherung des Bundesbeitrages tritt erst in Kraft, nachdem seitens der Kantone Luzern und Schwyz die Ausführung des Baues gesichert sein wird. Für die Vorlegung der diesfälligen Ausweise wird denselben eine Frist von 6 Monaten, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, gegeben.

Dem Bundesrathe steht hierüber die Entscheidung zu.

Art. 7. Dieser Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 8. Der Bundesrath ist mit Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Bewilligung von Bundesbeiträgen für den Bau der Straße Vitznau-Gersau an die Kantone Luzern und Schwyz. (Vom 30. Mai 1884.)

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07.06.1884

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