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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend: 1) den Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrag mit der Republik Salvador, vom 30. Oktober 1883; 2) die Uebereinkunft mit dem gleichen Staate über gegenseitige Auslieferung der Verbrecher, vom gleichen Tage.

(Vom 26. Februar 1884.)

Tit.

Ende September 1883 hat der bei der schweizerischen Eidgenossenschaft beglaubigte außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister der Republik Salvador, Don Carlos Gutierrez, dem Bundesrathe den Abschluß eines ähnlichen Freundschafts- und Handelsvertrages zwischen der Schweiz und Salvador angetragen, wie ein solcher am 13. Juni 1870 zwischen dem Könige von Preußen im Namen des Norddeutschen Bundes und des Zollvereins mit Salvador abgeschlossen worden ist.

Nach Anhörung der Departemente, welchen dieser Vorschlag zur Prüfung überwiesen worden, und gestützt auf deren günstigen Bericht, hat sodann der Bundesrath am 6. Oktober 1883 beschlossen, prinzipiell auf das Anerbieten des Bevollmächtigten von Salvador einzutreten und ihm den Abschluß : 1) eines Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrages und 2) einer Uebereinkunft betreffend die gegenseitige Auslieferung von Verbrechern anzutragen.

312 Wenn auch die Beziehungen zwischen der Schweiz und Salvador nicht von solchem Belange sind, daß wir uns hätten veranlaßt sehen können, die Initiative zu diesen Unterhandlungen zu ergreifen, so lag doch andererseits kein Grund vor, dieselben von der Hand zu weisen. Eine ablehnende Antwort von unserer Seite gegenüber einem zivilisirten Staate, mit dem wir nie den geringsten Anstand hatten, würde den internationalen Gebräuchen widerstreiten und wäre ebenso unerklärlich, als ungerechtfertigt.

Ohne indeß unsern Beziehungen mit Salvador eine Bedeutung beimessen zu wollen, die ihnen, heute wenigstens, noch nicht zukommt, dürfen wir dieselben doch nicht unterschätzen und namentlich dürfen wir nicht außer Acht lassen, wie sie spater sich entwickeln können.

Salvador ist eine jener fünf Republiken, welche ehemals den Staatenbund von Centralamerika bildeten. Hieher gehören nämlich : 1) Guatemala 121,000 kl 2 mit 1,252,497 Einwohnern, 2) Salvador 18,700 ,, ,, 554,785 ,, 33 Honduras 120,000 ,, ,, 350,000 ,, 4) Nicaragua 133,800 ,, ,, 271}815 ,, 5) Costa Rica 51,800 ,, ,, 185,000 ,, Salvador ist also dem Flächeninhalte nach der kleinste unter diesen fünf Staaten, nimmt aber in Bezug auf die Bevölkerung den zweiten Rang ein. Nach den Ermittlungen unseres Handels- und Landwirthschaftsdepartementes ist Salvador ein reiches Land, dessen fruchtbarer Boden im Ueberflusse alle Erzeugnisse der tropischen Gegenden hervorbringt. Bei dem Frieden dieses Staates im Innern und nach Außen vermehrt sich dessen Handel von Tag zu Tag; ein Telegraphennetz besteht auch schon und ebenso ist bereits eine erste Eisenbahnlinie im Betrieb.

Der Bericht unseres JTandelsdepartementes erwähnt ferner, daß die Ausfuhr aus Salvador sich i in Jahre 1879 auf eine Summe von 20 bis 21 Millionen Franken belief. Sie besteht hauptsächlich in Kaffee, Indigo, Silber- und Zinkerzen, Tabak, Reis, getrockneten Häuten und Kautschuk.

Die Einfuhr in Salvador erreichte im nämlichen Jahre einen Werth von 13 Millionen EVanken. "Wir heben hervor, daß die Einfuhr auch mehrere Produkte in sich begreift, die in der Schweiz fabriairfc werden, Vvie namentlich': baumwollene, wollene, leinene und seidene Artikel, Quincaillerie, Maschinen, Erzeugnisse der Uhrenindustrie und Bjjouteriewaarep.

,

313 Salvador hat Niederlassungs- und Handelsverträge abgeschlossen mit Deutschland und zwar, wie schon bemerkt, im Jahre 1870, mit Italien am 25. Januar 1876 und mit Frankreich am 5. Juni 1878. Ablieferungsverträge bestehen mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika (1870), mit Italien (1871), mit Belgien (1880) und mit England (1881).

Die Zahl der Schweizer, die in Salvador niedergelassen sind, hat schon jetzt einige Bedeutung; sie wird ohne Zweifel mit der fortschreitenden Entwicklung des Handels in der dortigen Gegend sich vermehren. Es ist uns daher besonders daran gelegen, unsern daselbst wohnenden Landsleuten die nämliche Stellung zu sichern, welche andere Staaten ihren Angehörigen daselbst verschaffen zu müssen glaubten. Dieses Interesse wird wachsen, wenn, wie uns bereits angedeutet wurde, die übrigen Republiken von Centralamerika dem Beispiele Salvadors nachfolgen.

Schon oben haben wir erwähnt, daß der Bundesrath dem Bevollmächtigten von Salvador zwei Vorlagen unterbreitet hat, nämlich e i n e n F r e u n d s c h a f t s - , N i e d e r l a s s u n g s - u n d H a n d e l s v e r t r a g u n d e i n e U e b e r e i n k u n f t betreffend die gegenseitige A u s l i e f e r u n g von Verbrechern.

Der Vertreter von Salvador hat beide Vorlagen angenommen. Die Vertragsurkunden sind sodann unterm 30. Oktober 1883 von Herrn Bundesrath Deucher, Namens der schweizerischen Eidgenossenschaft, und von Herrn Minister Don Carlos Gutierrez, im Namen der Republik Salvador, unter Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ratifikationen unterzeichnet worden. Nach einer spätem Mittheilung hat der Präsident der Republik Salvador diesen zwei Verträgen seine volle Zustimmung ertheilt und wird der Kongreß jenes Landes unverzüglich mit ihnen sich befassen.

. Was den ersten dieser beiden Verträge betrifft, so haben wir ihm den Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrag, den die Schweiz unterm 10. Juli 1864 mit den Hawaiischen Inseln abgeschlossen hat, zu Grunde gelegt. Es enthält derselbe in der That alle diejenigen Bestimmungen, welche als nothwendig erscheinen, wenn zwei weit von einander entfernte Staaten ihren eigenen Bürgern, die im andern Staate niedergelassen sind, die Rechtsgleichheit mit den Bürgern dieses Staates sichern wollen.

Die besondern Unistände ließen uns indeß zu dem Vertrage, der uns als
Basis diente, noch einen neuen Artikel als wünschenswerth erscheinen. Wir meinen den Art. VII, der also lautet: ,,Die Angehörigen beider Staaten genießen auf dem Gebiete des andern vollständige Glaubens- und Gewissens-

314 freiheit, und es werden die Regierungen sie in ihrem Gottesdienste, den sie in Kirchen, Kapellen oder andern für gottesdienstliche Zwecke bestimmten Orten, unter Beobachtung der kirchlichen Schicklichkeit und angemessener Achtung der Landesgesetze, Sitten und Gebräuche, ausüben, schützen."'

Dieser Artikel ist an und für sich leicht verständlich und bedarf daher keiner weitern Erklärung mehr.

Im Weitern haben wir an der im Vertrage zwischen der Schweiz und den Hawaiischen Inseln enthaltenen Bestimmung bezüglich der Schiedsgerichte eine Modifikation angebracht. Dieser Vertrag enthält nämlich in Art. XII die Vorschrift, daß die beiden Länder bei einem allfälligen Konflikte, der nicht freundschaftlich beigelegt werden könnte, sich dem Entscheide einer dritten neutralen und befreundeten Macht, die im gemeinsamen Einverständniß bezeichnet würde, zu unterziehen haben. Der Fall aber, daß die zwei Länder über die Wahl des Schiedsrichters sich nicht einigen könnten, ist im Vertrag nicht vorgesehen. Wir erachteten es daher für nothwendig, auch diese Eventualität in's Auge zu fassen. Eingedenk der bekannten Alabamafrage, sind wir zu dem Schlüsse gekommen, daß der Entscheid eines aus Fachmännern bestehenden Gerichtes dem Schiedssprüche einer Macht vorzuziehen sei. Es wurde daher mit Salvador die Vereinbarung erzielt, daß ein allfälliger Konflikt, welcher nicht auf freundschaftlichem Wege beigelegt werden könnte, dem Entscheide eines Schiedsgerichtes zu unterstellen sei. Dieses Gericht wird folgendermaßen gebildet: Jeder der beiden Staaten ernennt, mit Ausschluß der Angehörigen und Einwohner seines eigenen Landes, einen Schiedsrichter. Diese beiden Schiedsrichter wählen das dritte Mitglied. Können sie sich über dessen Wahl nicht verständigen, so wird der dritte Schiedsrichter von einer .Regierung ernannt, die von den zwei andern Schiedsrichtern oder, beim Mangel der Vereinigung, durch das Loos bezeichnet wird.

Weitere Bemerkungen über den Freundschafts-, Niederlassungsund Handelsvertrag haben wir nicht beizufügen.

Was nun den andern der zwei Verträge, die wir hiermit Ihrer Ratifikation unterbreiten, betrifft, nämlich die U e b e r e i n k u n f t über die gegenseitige Auslieferung von Verb r e c h e r n , so können wir uns gleichfalls sehr kurz fassen.

Der Vortheil einer solchen Uebereinkunft läßt sich
nicht bestreiten. Bisweilen sind wir behufs Erlangung der Auslieferung von Verbrechern, die sich in solche Länder, mit denen kein Auslieferungsvertrag besteht, geflüchtet haben, auf so große Schwierig-

315 keiten gestoßen, daß wir uns in Folge dessen die Aufgabe gestellt haben, mit allen civilisirten Staaten Auslieferungsverträge einzugehen. Wir haben uns daher beeilt, dem Entgegenkommen von Salvador zu entsprechen und gleichzeitig den Abschluß eines Auslieferungsvertrages zu beantragen, was dann auch, wie bereits bemerkt, acceptirt wurde.

Bezüglich des Inhaltes dieser Uebereinkunft mag wohl die Bemerkung genügen, daß wir in dieser Hinsicht den jüngsten Vertrag mit Spanien, der Ihre Genehmigung erhalten, zur Grundlage genommen haben.

Wir glauben daher den Antrag stellen zu können, es möchte den zwei erwähnten Verträgen durch Annahme der beiliegenden Beschlußentwürfe die Ratifikation der gesetzgebenden Räthe ertheilt werden.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 26. Februar 1884.

Im Namen des schweizerischen Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf)

T.

Bundesbeschluß betreffend

die Ratifikation des am 30. Oktober 1883 mit der Republik Salvador abgeschlossenen Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrages.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t .

nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 26. Februar 1884, beschließt: Art. 1. Der zwischen der Schweiz und Salvador unterm 30. Oktober 1883 abgeschlossene Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrag ist genehmigt.

Art. 2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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(Entwurf)

II.

Bundesbeschluß betreffend

die zwischen der Schweiz und Salvador am 30. Oktober 1883 abgeschlossene Uebereinkunft über die gegenseitige Auslieferung von Verbrechern.

Die Bundesversammlung -der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 26. Februar 1884, beschließt: Art. i. Die zwischen der Schweiz und Salvador am '30. Oktober 1883 abgeschlossene Uebereinkunft betreffend die gegenseitige Auslieferung von Verbrechern ist genehmigt.

Art. 2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Freundschafts-, Niederlassung- und Handelsvertrag zwischen

der schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Salvador.

(Vom 30. Oktober 1883.)

Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft und Die Regierung der Republik Salvador, von dem Wunsche beseelt, zwischen beiden Ländern freundschaftliche Beziehungen anzuknüpfen und zu befestigen, sowie die Handelsverbindungen zwischen ihren respektiven Bürgern durch alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel zu erweitern, sind übereingekommen, einen Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrag abzuschließen, und haben zu diesem Zwecke zu ihren Bevollmächtigten ernannt, nämlich :

Der schweizerische Bundesrath: Herrn Bundesrath A d o l f D e u c h e r , Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements ;

Die Regierung der Republik Salvador; Herrn Don C a r l o s G- u t i e r r e z, welche, nach gegenseitiger Mittheilung ihrer, in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten, die nachstehenden Artikel festgestellt und abgeschlossen haben :

319 Artikel I.

Zwischen der Schweiz und Salvador soll beständiger Friede und gegenseitige Niederlassungs- und Handelsfreiheit bestehen.

Die beidseitigen Angehörigen sind im andern Staate in Bezug auf ihre Personen und ihr Eigenthum auf dem nämlichen Fuße und z.u den gleichen Bedingungen aufzunehmen und zu behandeln, wie es die Angehörigen dieses Landes sind, oder in Zukunft werden sollten.

Diesem Grundsatze zufolge und inner diesen Grenzen können die Bürger der beiden kontrahirenden Staaten auf den respektiven Territorien, wenn sie sich nach den Landesgesetzen richten, frei herumreisen oder sich bleibend aufhalten ; Handel treiben, sowohl im Großen als im Kleinen ; jede Art von Handwerk oder Gewerb ausüben; die ihnen nöthigen Häuser, Magazine, Kaufläden oder Etablissemente miethen und innehaben; Waaren- und Geldversendungen ausführen, und sowohl aus dem Innern des Landes, als aus fremden Ländern Konsignationen annehmen, ohne daß die gedachten Bürger für alle oder einzelne dieser Verrichtungen andern Verbindlichkeiten unterworfen werden dürfen als solchen, welche den Landesangehörigen auferlegt sind.

Immerhin bleiben die polizeilichen Vorsichtsmaßregeln in dem Umfange vorbehalten, wie sie gegenüber den Angehörigen der meistbegünstigten Nationen angewendet werden.

Die beidseitigen Angehörigen genießen ebenfalls die Freiheit, sei es ihre Geschäfte und ihre Erklärungen bei dem Zollamte selbst zu besorgen, oder sei es, daß sie durch Dritte, Bevollmächtigte, Kommissionäre, Agenten, Konsignatäre oder Dolmetscher beim Ankaufe oder Verkaufe ihrer Liegenschaften, Werthsachen oder Waaren sich vertreten lassen; ebenso haben sie das Recht, alle Geschäfte, die ihnen entweder von ihren eigenen Landsleuten, von Fremden oder von Landesangehörigen anvertraut werden mögen, in der Eigenschaft als Bevollmächtigte, Kommissionäre, Agenten, Konsignatäre oder Dolmetscher zu besorgen.

Endlich haben sie von ihrem Handel oder ihrer Industrie in allen Städten und Ortschaften der beiden Staaten, mögen sie daselbst Niedergelassene oder zeitweilige Aufenthalter sein, keine andern oder höhern Gebühren, Taxen oder Abgaben, unter welcher Benennung dies sein möchte, zu entrichten als diejenigen, welche von den Landesangehörigen oder den Bürgern der meistbegünstigten Nation erhoben werden ; es sollen auch die Vorrechte, Immunitäten und Begünstigungen irgend welcher Art, welche die Bürger des

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einen der beiden kontrahirenden Staaten in Handels- und Industriesachen genießen, den Bürgern des andern Staates zukommen.

Artikel H.

Die Bürger des einen der beiden kontrahirenden Staaten, welche in den Gebieten des andern wohnen oder niedergelassen sind und in ihre Heimat zurückkehren wollen, oder welche durch gerichtliches Urtheil, durch gesetzlich angewendete und vollzogene Polizeimaßregeln oder kraft der Gesetze über Bettel und Sittlichkeit in ihre Heimat zurückgewiesen werden, sollen mit ihren Familien zu allen Zeiten und unter allen Umständen in dem Lande, welchem sie ursprünglich angehören, Aufnahme finden.

Artikel III.

Die Bürger der beiden kontrahirenden Staaten genießen auf dem Gebiete des andern Staates beständigen und vollkommenen Schutz für ihre Personen und ihr Eigenthum. Demzufolge haben sie freien und leichten Zutritt zu den Gerichtshöfen zur Verfolgung und Verteidigung ihrer Rechte, und zwar vor jeder Instanz und in allen durch die Gesetze aufgestellten Graden von Jurisdiktion.

Sie dürfen in allen Umständen die Advokaten, Anwälte oder Agenten jeder Klasse nach freier Wahl zur Besorgung ihrer Rechtssachen unter denjenigen Personen wählen, die nach den Landesgesetzen zur Ausübung dieser Berufsarten befugt sind. Sie genießen in dieser Beziehung die gleichen Rechte und Begünstigungen wie die Angehörigen des Landes, und sie sind auch den gleichen Bedingungen unterworfen.

Die anonymen kommerziellen, industriellen oder finanziellen Gesellschaften, welche in einem der beiden Länder gesetzlich autorisirt sind, dürfen im andern Lande vor Gericht auftreten und genießen in dieser Beziehung die gleichen Rechte wie die Landesangehörigen.

Artikel IV.

Die Bürger eines jeden der beiden kontrahirenden Staaten können auf dem Gebiete des andern Staates jede Art von beweglichem und unbeweglichem Eigenthum vollkommen frei erwerben, besitzen und darüber verfügen, sei es durch Kauf, Verkauf, Schenkung, Tausch, Heirath, testamentarische oder Intestaterbschaft, oder auf jede andere Art.

321 Ihre Erben und deren Vertreter können in eigener Person oder durch Bevollmächtigte, welche in ihrem Namen handeln, in der gewöhnlichen, gesetzlichen Form und auf die gleiche Weise wie Bürger des Landes die Hinterlassenschaft antreten und in Besitz nehmen.

In Abwesenheit solcher Erben oder Vertreter wird das Eigenthum auf die gleiche Weise behandelt, wie dasjenige eines Bürgers des Landes unter ähnlichen Urnständen.

In allen diesen Fällen wird von dem Werthe solchen Eigenthums keine andere oder höhere Abgabe, Steuer oder Gebühr gefordert, als solche, wie sie auch von den Angehörigen des Landes entrichtet werden müssen.

Unter allen Umständen ist es den Bürgern der beiden kontrahirenden Theile gestattet, ihr Vermögen außer Landes zu ziehen, nämlich den Schweizerbürgern aus dem Gebiete von Salvador, und den Bürgern von Salvador aus schweizerischem Gebiete, frei und ohne aus Anlaß des Wegzuges zur Zahlung irgend einer Gebühr als A u s l ä n d e r verpflichtet zu sein, und ohne eine andere oder höhere Gebühr bezahlen zu müssen, als die Bürger des Landes zu entrichten haben.

Artikel V.

Die Bürger jedes der beiden kontrahirenden Staaten sind auf dem Gebiete des andern Staates vom obligatorischen Militärdienste jeder Art, sei es in der Armee oder in der Marine, sei es in der Nationalgarde oder Miliz, befreit. Sie sind gleichfalls von allen Geld- oder Naturalleistungen, welche als Ersatz für den persönlichen Militärdienst auferlegt werden, sowie von militärischen Requisitionen, außerordentlichen Kriegskontributionen und Zwangsanleihen, befreit, mit Ausnahme der Einquartierung und Lieferungen für Truppen auf dem Marsche, zu welchen die Angehörigen des andern Staates, gemäß den Gebräuchen des Landes, in gleicher Weise auf die Angehörigen des Landes oder der meistbegünstigten Nation, angehalten ·werden können.

Artikel VI.

Unter keinen Umständen, weder iu Friedens- noch in Kriegazeiten, darf auf das Eigenthum eines Bürgers des einen der beiden kontrahirenden Theile in dem Gebiete des andern irgend eine andere oder höhere Taxe, Gebühr, Auflage oder Abgabe gelegt oder gefordert werden, als auf das gleiche Eigenthum gelegt und gefordert Bundesblatt. 36. Jahrg. Bd. I.

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würde, wenn es einem Bürger des Landes oder einem Bürger der am meisten begünstigten Nation angehören würde.

Eben so wenig wird einem Bürger des einen der beiden kontrahirenden Theile in dem Gebiete des andern Theiles irgend eineandere oder höhere Abgabe auferlegt oder von ihm erhoben, als solche einem Bürger des Landes oder einem Bürger der am meisten begünstigten Nation auferlegt oder von demselben erhoben wird.

Artikel VII.

Die Angehörigen beider Staaten genießen auf dem Gebiete de» andern vollständige Glaubens- und Gewissensfreiheit, und es werden die Regierungen sie in ihrem Gottesdienste, den sie in Kirchen, Kapellen oder andern für gottesdienstliehe Zwecke bestimmten Orten, unter Beobachtung der kirchlichen Schicklichkeit und angemessener Achtung der Landesgesetze, Sitten und Gebräuche, ausüben, schützen. Der gleiche Grundsatz soll auch Anwendung finden bei dem Begräbniß der Angehörigen des einen Staates, welche auf dem Gebiete des andern sterben.

Artikel VIII.

Es steht den beiden koutrahirenden Staaten frei, Konsuln,, Vizekonsuln oder Konsularagenten mit Wohnsitz auf den Gebieten des andern Staates zu ernennen. Bevor aber einer dieser Beamten seine Funktionen ausüben kann , muß derselbe in üblicher Form von der Regierung, bei welcher er bestellt ist, anerkannt und angenommen sein.

Die Konsularbeamten eines jeden der kontrahirenden Staaten, genießen auf den Gebieten des andern Staates alle Begünstigungen, Freiheiten und Immunitäten, welche daselbst den Beamten gleichen Ranges der meistbegünstigten Nation gewährt sind oder noch gewährt werden können.

Die Konsulatsarchive und Konsulatskanzleien sind unverletelicti und dürfen von Niemandem durchsucht werden.

Artikel IX.

Die beiden kontrahirenden Staaten verpflichten sich, die Bürger des andern Staates in Allem, was die Einfuhr, die Niederlage, den Transit und die Ausfuhr aller gesetzlich erlaubten Handelsartikel betrifft, auf dem gleichen Fuße zu behandeln, wie die Bürger des, Landes oder die Angehörigen der meistbegünstigten Nation.

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Artikel X.

Keiner der beiden kontrahirenden Theile darf von der Einfuhr, der Niederlage . dem Transit oder der Ausfuhr der Bodenoder Gewerbserzeugnisse des andern Staates höhere Gebühren erheben , als diejenigen, mit welchen die gleichen Artikel, die aus irgend eiuem andern Lande kommen, belegt sind oder noch belastet werden mögen.

Artikel XI.

Die beiden kontrahirenden Theile verpflichten sich , im Fall einer von ihnen künftig einer dritten Macht in Handels- oder Zollsachen irgend welche Begünstigung gewähren sollte, diese Begünstigung gleichzeitig und mit vollem Rechte auch auf den andern kontrahirenden Theil auszudehnen.

Artikel XII.

Die dem Eingangszoll unterworfenen Artikel, welche als Muster dienen und die von Handelsreisenden schweizerischer Häuser in Salvador eingebracht oder von Handelsreisenden für salvadoreuer Häuser in die Schweiz importirt werden, sollen beiderseits zeitweilige Zolli'reiheit genießen mittelst Beobachtung der nöthigen Zollamtsformalitäten, um sich die Wiederausfuhr oder die Wiederabgabe in das Niederlagshaus zu sichern.

Artikel XIII.

Für den Fall, daß ein Konflikt zwischen beiden kontrahirenden Ländern entstehen sollte, der auf freundschaftlichem Wege durch diplomatische Korrespondenz zwischen den beiden Regierungen nicht beigelegt werden könnte, sind die letztern übereingekommen, diesen Konflikt einem Schiedsgerichte zu unterstellen, und sie verpflichten sich, dessen Entscheid gewissenhaft zu achten und zu vollziehen.

Dieses Schiedsgericht wird aus drei Mitgliedern bestehen. Jeder der beiden Staaten ernennt außer den Angehörigen und Einwohnern seines Landes ein Mitglied. Diese beiden Schiedsrichter wählen das dritte Mitglied. Wenn sie über dessen Wahl sich nicht verständigen können, so wird der dritte Schiedsrichter von einer Regierung ernannt, die von den zwei andern Schiedsrichtern oder, beim Mangel der Vereinigung, durch das Loos bezeichnet wird.

324 Artikel XIV.

Die Stipulationen des gegenwärtigen Vertrages werden in beiden Staaten mit dem hundertsten Tage nach Auswechslung der Ratifikationen in Vollziehung gesetzt. Der Vertrag bleibt für den Zeitraum von z e h n Jahren, vom Tage der Auswechslung der Ratifikationsurkunden an gerechnet, in Kraft. Falls keiner der kontrahirenden Theile zwölf Monate vor Ablauf des gedachten Zeitraums dem andern Theile seine Absicht, denselben aufzuheben, anzeigen sollte , so verbleibt der Vertrag noch ein Jahr in Kraft von dem Tage an, wo der eine oder der andere der kontrahirenden Theile denselben wird gekündigt haben.

Die kontrahirenden Theile behalten sich die Befugniß vor, im gemeinsamen Binverständniß alle diejenigen Abänderungen im Vertrage zu treffen , die mit dessen Geist oder Grundsätzen nicht im Widerspruch stehen und deren Nützlichkeit durch die Erfahrung sich wird herausgestellt haben.

Artikel XV.

Diese Uebereinkunft soll der Genehmigung und Ratifikation der respektiven kompetenten Behörden beider kontrahirenden Theile unterworfen werden, und die Ratifikationen sollen in der Stadt Bern innerhalb zwölf Monaten, von dem gegenwärtigen Datum an, oder früher, wenn es möglich ist, ausgewechselt werden.

Zur Urkunde dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten, unter Vorbehalt der angeführten Ratifikationen, die vorstehenden Artikel unterzeichnet und ihre Siegel beigedruckt.

So geschehen in B e r n , den dreißigsten Oktober eintausend achthundert dreiundachtzig (30. Oktober 1883).

(L. S.) (Sig.) A. Deucher.

(L. S.) (Sig.) Carlos Gutierrez.

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Uebereinkunft zwischen

der Schweiz und Salvador betreffend die gegenseitige Auslieferung von Verbrechern.

(Vom 30. Oktober 1883.)

Der schweizerische Bundesrath und die Regierung der Republik Salvador, in der Absicht, einen Vertrag über die gegenseitige Auslieferung von Verbrechern abzuschließen, haben als ihre Bevollmächtigten ernannt : Der schweizerische Bundesrath : Herrn Bundesrath Adolf D e u c h e r , Vorsteher des Justizund Polizeidepartements, und die Regierung der Republik Salvador: Herrn Don Carlos G - u t i e r r e z , welche, nach Auswechslung ihrer in gehöriger Form befundenen Vollmachten, über nachstehende Bestimmungen übereingekommen sind : Artikel 1.

Der schweizerische Bundesrath und die Regierung der Republik Salvador verpflichten sich gegenseitig, auf das von

326 einer der beiden Regierungen an die andere gestellte Begehren alle Individuen, mit Ausnahme der eigenen Staatsangehörigen , auszuliefern, welche wegen eines der nachstehend aufgezählten Verbrechen oder Vergehen als Urheber oder Mitschuldige in Untersuchung gezogen oder von den kompetenten Gerichten verurtheilt worden sind, und sich von der Republik Salvador nach der Schweiz, oder von der Schweiz nach der Republik Salvador geflüchtet haben : 1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

Mord.

Verwandtenmord.

Kindesmord.

Vergiftung.

Todtschlag.

Abtreibung der Leibesfrucht.

Nothzucht ; vollendeter oder versuchter Angriff auf die Schamhaftigkeit, mit oder ohne Anwendung von Gewalt.

Entführung von Minderjährigen.

Kindesaussetzung.

Absichtliche Körperverletzung, die den Tod oder eine Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit von mehr als 20 Tagen, die Verstümmelung, die Amputation oder die Unbrauchbarkeit eines Gliedes, Erblindung, Verlust eines Auges oder andere bleibende Gebrechen zur Folge hatte.

Erpressung.

Vorsätzliche Brandstiftung.

Diebstahl und betrügerische Unterschlagung.

Prellerei und ähnliche Betrügereien.

Mißbrauch des Vertrauens; Amtsmißbrauch zu betrügerischen Zwecken; Bestechung von Beamten oder öffentlichen Bediensteten, von Experten oder Schiedsrichtern.

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16. Münzfälschung, betrügerisches Einführen und Ausgeben von falschem Gelde oder von Papiergeld mit gesetzlichem Kurs, Fälschung von Banknoten und öffentlichen Wertpapieren, Nachahmung der Staatssiegel ·und aller durch die betreffenden Regierungen mit öffentlicher Glaubwürdigkeit versehenen und für irgend welchen öffentlichen Dienst bestimmten Stempel, und zwar selbst dann, wenn die Anfertigung oder Nachahmung außerhalb des Staates, der die Auslieferung verlangt, stattgefunden hat.

17. Fälschung von öffentlichen Akten, authentischen Urkunden, oder von Handels- oder Privatpapieren.

18. Betrügerischer Gebrauch derverschiedenenFälschungen.

19. Falsches Zeugniß und falsche Expertise.

20. Meineid.

21. Verleitung von Zeugen zu falschem Zeugniß und von Experten zu falscher Expertise.

22. Gerichtliche Verleumdung.

:23. Betrügerischer Bankerott.

124. Zerstörung oder Beschädigung von Eisenbahnen und Telegraphenlinien in strafbarer Absicht.

In den vorstehenden Begriffsbezeichnungen ist der Versuch von allen Handlungen Inbegriffen, welche in dem :Staate, der die Auslieferung verlangt, als Verbrechen mit Strafe bedroht sind, sowie auch der Versuch der Vergehen von Diebstahl, Prellerei und Erpressung.

In allen Fällen, bei Verbrechen oder Vergehen, kann ·die Auslieferung nur stattfinden, wenn die gleiche Handlung 'in demjenigen Land, an welches das Auslieferungsbegehren gerichtet wird, ebenfalls strafbar ist.

Artikel 2.

Das Auslieferungsbegehren muß immer auf diplomatischem Wege gestellt werden.

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Artikel 3.

Personen, die wegen einer der im Artikel l aufgezählten Handlungen angeklagt sind, müssen provisorisch verhaftet werden, wenn auf diplomatischem Wege ein von der zuständigen Behörde ausgestellter Verhaftsbefehl oder eine andere gleich wirksame Urkunde beigebracht wird.

Die provisorische Verhaftung soll ebenfalls stattfinden auf die durch die Post oder durch den Telegraphen gemachte Anzeige, daß ein Verhaftsbefehl bestehe, immerhin unter der Bedingung, daß diese Anzeige, wenn sich der Angeklagte nach Salvador geflüchtet hat, dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, oder wenn der Angeklagtesich nach der Schweiz geflüchtet hat, dem Bundespräsidenten in gehöriger Form auf diplomatischem Wege zugekommen sei.

Wenn das Verhaftsbegehren einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des einen der beiden Staaten auf direktem Wege zugekommen ist, so hängt die Anordnung der Verhaftung von dem Ermessen dieser Behörde ab ; sie soli aber jedenfalls ohne Verzug alle zur Herstellung der Identität der Person und zur Beibringung der Beweise für die eingeklagte Handlung zweckdienlichen Verhöre vornehmen, und wenn sich Schwierigkeiten ergeben, dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten oder dem Bundespräsidentea über die Beweggründe, die sie veranlaßt haben, die verlangte Verhaftung zu verschieben, Bericht erstatten.

Die provisorische Verhaftung soll in der Form und nach den Regeln vollzogen werden, welche die Gesetzgebung des Landes, an welches jenes Ansuchen gestellt worden ist, vorschreibt ; sie soll aber aufhören, wenn nach 90 Tagen, von dem Moment der Vollziehung an gerechnet, der hierum angegangenen Regierung nicht das Auslieferungsbegehren gemäß den Vorschriften des Artikel 2 zugestellt worden ist.

329 Artikel 4.

Die Auslieferung wird nur bewilligt auf die Beibringung eines verurtheilenden Erkenntnisses oder eines gegen den Angeschuldigten nach den gesetzlichen Formen des requirirenden Staates erlassenen Verhaftsbefehles, oder endlich einer jeden andern Urkunde, die einem solchen Verhaftsbefehl gleichsteht, und zugleich die Natur und die Schwere des eingeklagten Verbrechens, sowie den Zeitpunkt, in welchem es begangen worden ist, angibt.

Diese Akten sollen, so weit möglich, das Signalement des auszuliefernden Individuums, sowie eine Abschrift der auf die eingeklagte Handlung anwendbaren Strafbestimmungen enthalten.

Wenn über die Frage Zweifel entsteht, ob das Verbrechen oder Vergehen, welches Gegenstand der Verfolgung ist, unter die Bestimmungen dieses Vertrages fällt, so werden nähere Aufschlüsse begehrt werden, nach deren Prüfung die Regierung, an welche das Auslieferungsbegehren gerichtet ist, darüber entscheidet, ob demselben Folge zu geben sei.

Artikel 5.

Die Auslieferung für die in Artikel l genannten g e m e i n e n Verbrechen findet auch dann statt, wenn die eingeklagte Handlung vor dem Inkrafttreten dieses Vertrages verübt wurde.

Artikel 6.

Die politischen Verbrechen und Vergehen sind von dem gegenwärtigen Vertrage ausgeschlossen.

Es ist ausdrücklich festgesetzt, daß ein Individuum, dessen Auslieferung gewährt worden ist, in keinem Falle wegen eines vor seiner Auslieferung begangenen politischen Vergehens, noch wegen irgend einer mit einem derartigen Verbrechen oder Vergehen zusammenhängenden Handlung verfolgt oder bestraft werden darf.

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Artikel 7.

Die Auslieferung wird verweigert werden, wenn vom Zeitpunkte der eingeklagten Handlung, oder der Untersuchung, oder der Verurtheilung an nach den Gesetzen desjenigen Landes, in welches der Angeklagte sich geflüchtet hat, die Verjährung der Strafe oder der Anklage eingetreten ist.

Artikel 8.

Wenn das Individuum, dessen Auslieferung verlangt wird, in dem Lande, wohin es sich geflüchtet hat, wegen ·einer dort begangenen strafbaren Handlung in Untersuchung gezogen oder verurtheilt ist, so kann seine Auslieferung bis zur Verurtheilung und bis zur Vollziehung der Strafe verschoben werden.

Ist es in dem gleichen Lande wegen privatreehtlicher Verbindlichkeiten, die es gegenüber von Privatpersonen eingegangen hat, verfolgt oder verhaftet, so soll die Auslieferung dennoch stattfinden ; es bleibt aber der beschädigten Partei vorbehalten, ihre Rechte vor der zuständigen Behörde geltend zu machen.

Wird die Auslieferung des gleichen Individuums von .zwei Staaten wegen verschiedener Verbrechen verlangt, so «ntscheidet die Regierung, an welche die beiden Auslieferungsbegehren gestellt worden sind, darüber, an welchen Staat das Individuum zuerst ausgeliefert werden soll. Bei diesem Entscheide ist Rücksicht zu nehmen auf die größere Strafbarkeit der eingeklagten Handlung oder auf die größere Leichtigkeit, mit welcher der Verfolgte, sofern Grund hiezu vorhanden ist, von einem Land zum andern überliefert werden kann, um für die eine Anklage nach der andern vor Gericht gestellt zu werden.

Artikel 9.

Die Auslieferung kann nur für die Verfolgung und Bestrafung der in Artikel l vorgesehenen Verbrechen oder

331 Vergehen stattfindet). Sie berechtigt jedoch zur Prüfung und folgeweise zur Bestrafung von solchen strafbaren Handlungen, welche als mit dem eingeklagten Verbrechen oder Vergehen in Verbindung stehend fais konnex) gleichzeitig verfolgt werden, und entweder einen erschwerenden Umstand bilden, oder die Hauptanklage ändern.

Dagegen ist es nicht gestattet, das ausgelieferte Individuum für irgend eine andere Gesetzesverletzung in Untersuchung zu ziehen oder im kontradiktorischen Verfahren zu bestrafen, als für diejenige, wegen welcher die Auslieferung bewilligt wurde, es wäre denn, daß der Angeklagte ausdrücklich und freiwillig seine Zustimmung gegeben und die ausliefernde Regierung davon Kenntniß erhalten hätte, oder daß, falls jene Gesetzesverletzung in dem Vertrage enthalten ist, vorher die Einwilligung derjenigen Regierung, welche die Auslieferung gewährt hat, eingeholt würde.

Artikel 10.

Die beiden vertragschließenden Staaten verpflichten sich, die Verbrechen und Vergehen, welche durch ihre Bürger gegen die Gesetze des andern Staates begangen worden sind, nach Maßgabe ihrer Gesetzgebung zu verfolgen, wenn der letztere Staat ein bezügliches Begehren stellt und diese Verbrechen oder Vergehen im Artikel l des gegenwärtigen Vertrages vorgesehen sind.

Seinerseits verpflichtet sich der Staat, auf dessen Begehren ein Bürger des andern Staates verfolgt und beurtheilt wurde, das nämliche Individuum wegen der gleichen Handlung nicht ein zweites Mal zu verfolgen, insofern dieses Individuum die Strafe, zu der es in seiner Heimat verurtheilt worden, verbüßt hat.

Artikel 11.

Wenn das Auslieferungsbegehren begründet ist, so sollen alle sequestrirten Gegenstände, welche geeignet sind, das Verbrechen oder Vergehen zu konstatiren, sowie diejenigen

332 Gegenstände, welche vom Diebstahl herrühren, der die Auslieferung begehrenden Regierung zugestellt werden, gleichviel, ob die Auslieferung infolge Verhaftung des Angeklagten wirklich stattfinden kann oder ob letzteres nicht möglich ist, indem der Angeklagte oder der Verurtheilte sich aufs Neue geflüchtet hat, oder gestorben ist.

Ebenso sollen alle Gegenstände ausgeliefert werden, die der Angeklagte in dem Lande, in das er sich geflüchtet, versteckt oder in Verwahrung gegeben hat und die später aufgefunden werden. Immerhin bleiben die Rechte vorbehalten, welche dritte, in die Untersuchung nicht verwickelte Personen auf die im gegenwärtigen Artikel bezeichneten Gegenstände erworben haben.

Artikel 12.

Die Kosten der Verhaftung, der Gefangenhaltung, der Ueberwachung, der Verpflegung und des Transportes der Ausgelieferten oder der Zustellung der im Artikel 3 *) erwähnten Gegenstände hat der requirirte Staat zu tragen, soweit sie auf seinem Gebiete entstanden sind.

Artikel 13.

Der Transit des von einem andern Staate ausgelieferten Individuums durch die Gebiete der kontrahirenden Staaten, oder mit Schiffen der Marine von Salvador, wird auf diplomatisches Gesuch und gestützt auf die nöthigen Papiere zum Nachweise dafür, daß es sich nicht um ein politisches oder bloß militärisches Verbrechen handle, bewilligt, insofern jenes Individuum nicht dem Lande angehört, durch welches es transi tiren muß.

Der Transport soll mit der größtmöglichen Beförderung, unter Ueberwachung von Agenten desjenigen Landes, bei welchem ein solcher Transit nachgesucht wird und auf Kosten derjenigen Regierung, welche die Auslieferung verlangt, vollzogen werden.

* Artikel 11.

333

Artikel 14.

Wenn im Laufe eines Strafverfahrens eine der beiden Regierungen die Abhörung von Zeugen, welche in dem andern Staate wohnen, oder die Vornahme j eder andern Unt.ersuchungshandlung für nöthig erachtet, so soll zu diesem Zwecke dem andern Staate auf diplomatischem Wege ein Rogatorium (Requisitorial) eingesandt und es soll demselben ungesäumt Folge gegeben werden, gemäß den Gesetzen dieses Landes.

Die beiden Regierungen verzichten auf jede Reklamation , welche zum Zwecke hätte, die Rückerstattung der Kosten, die durch den Vollzug des Rogatoriums entstehen, zu verlangen, es wäre denn, daß es sich um Ausgaben für Kriminal-, Handels- oder gerichtlich-medizinische Expertisen handelte.

Ebenso kann keinerlei Ersatzforderung gestellt werden für Kosten gerichtlicher Handlungen, die von Beamten des einen oder andern Staates freiwillig vorgenommen worden sind, zum Zwecke der Verfolgung oder Feststellung von strafbaren Handlungen, die auf dem Gebiete ihrer Staaten von einem Fremden begangen worden sind, der später in seinem Heimatlande in Untersuchung gezogen wird.

Artikel 15.

Wenn in Strafsachen die amtliche Zustellung eines Untersuchungsaktes oder eines Urtheils an einen Schweizer oder an einen Bürger von Salvador nothwendig erscheint, so soll das betreifende Aktenstück, sei es auf diplomatischem Wege eingesandt, oder sei es dem kompetenten Beamten am Wohnort derjenigen Person, welcher es zugestellt werden soll, direkt Übermacht worden, dieser letztern p e r s ö n l i c h eingehändigt werden und zwar auf Verfügung dieses Beamten durch den hiefür speziell zuständigen Angestellten. Brsterer soll dann dem absendenden Beamten das die amtliche Zustellung konstatirende Aktenstück im Original zurückschicken. Diese amtliche Zustellung hat die gleiche Wirkung, als hätte sie

334

in dem Lande stattgefunden, von welchem der Untersuchungsakt oder das Urtheil herrührt.

Artikel 16.

Wenn im Laufe eines Strafverfahrens das persönliche Erseheinen eines Zeugen nothwendig ist, so soll derselbe von seiner Landesregierung eingeladen werden, der an ihn ergangenen Vorladung "Folge zu leisten. Im Falle der Zeuge erscheinen will, so werden ihm die Kosten für die Reise und den Aufenthalt außer Hause, von seinem Aufenthaltsorte an gerechnet, nach den in dem Lande, wo die Abhörung stattfinden soll, in Kraft bestehenden Tarifen und Verordnungen vergütet. Auf sein Verlangen können ihm die Gerichtsbeamten seines Wohnortes die Reisekosten ganz oder theilweise vorstrecken und es werden dieselben dann durch die Regierung, welche die Anhörung verlangt hat, zurückerstattet.

Kein Zeuge, welchem Lande er immer angehöre, der in einem der beiden Länder zitirt worden ist und freiwillig vor dem Richter des andern Landes erscheint, darf für zivilöder strafrechtliche Handlungen oder Verurtheilungen, die der Einvernahme vorangegangen sind, oder unter dem Vorwande der Mitschuld an den Handlungen, welche den Gegenstand des Prozesses bilden, in dem er als Zeuge erscheint, verfolgt oder verhaftet werden.

Artikel 17.

Wenn im Laufe des in einem der beiden Länder eingeleiteten Strafverfahrens die Konfrontation eines im andern Lande gefangen gehaltenen Verbrechers oder die Beibringung von Beweisstücken oder anderen gerichtlichen Akten alsnützlich erscheint, so ist das bezügliche Begehren auf diplomatischem Wege zu stellen und es muß alsdann demselben, insofern ihm keine besondern Umstände entgegen stehen, Folge gegeben werden, unter der Verpflichtung, den betreffenden Verbrecher und die Dokumente wieder zurückzusenden.

335 Die vertragschließenden Regierungen verzichten auf jede Ersatzforderung der Kosten, welche durch den Transport und die Rücksendung der zu konfrontirenden Verbrecher und die Versendung und Rückstellung der Beweisstücke und anderer Dokumente auf ihrem resp. Gebiete verursacht werden.

Artikel 18.

Der gegenwärtige Vertrag ist auf fünf Jahre abgeschlossen.

Der Zeitpunkt seiner Vollziehung wird in dem Protokolle über die Auswechslung der Ratifikationen festgestellt werden.

Findet sechs Monate vor Ablauf dieser fünf Jahre keine Aufkündung von Seite einer der beiden Regierungen statt, so wird der Vertrag für fünf weitere Jahre gültig sein, und so weiter, von je fünf zu fünf Jahren.

Er soll ratiflzirt und die Ratifikationsurkunden sollen ausgetauscht werden, so bald es möglich sein wird.

Dessen zur Urkunde haben die beiderseitigen Bevollmächtigten den vorstehenden Vertrag unterzeichnet, unter Beidrdckung" ihrer Siegel.

So geschehen in B e r n , den dreißigsten Oktober ein tausend acht hundert drei und achtzig (30. Oktober 1883).

(L. S.)

(Gez.) A. Deucher.

(L. S.)

(Gez.)

Carlos Gutierrez.

Tarifentscheide des Schweiz. Zolldepartements im Monat Februar.*) Zollansatz

Gegenstand

FT.

Tarifposition

Kategorie

Bp.

Austern, Meerkrebse, volle Muscheln und andere Meerschalthiere : b) wenn in Gläsern oder Büchsen eingemacht . . .

Cacaobutter G-lycoline(Kesselsteinlösungsmittel) Hanfstengel, rohe abgefaserte . .

Kali, doppeltchromsaures . . .

Kalk, phosphorsaurer, künstlich^ dargestellt Kalk, weinsteinsaurer . . . .

Leguminosenmehl, Präparate von Hülsenfrüchten, in Mehlform .

Mandelschalen, rohe Unterschwefligsaures Natron (Antichlor) Vaseline, nicht gereinigte (sog.

Mineralfett) Wagennaben, vorgedreht, nicht gebohrt, nicht gelocht . . .

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zc llfrei 7 60 60

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Eßwaaren, feine . . . .

Droguerien, nicht besonders genannte Soda, roh Brennholz* Chem. Produkte, nicht besonders genannte . . .

Blanc d e Troyes Weinstein, roh

. . . .

Suppen, kondensirte Abfälle

1 "< zo llfrei

60

·n ·n

Austern, Meerkrebse etc.

60

·n ·n

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1

. . .

Chlorkalk Fettwaaren, nicht genannte .

60

Ebenistenholz gesägtes

. .

* Vgl. Publikation der Oberzolldirektion, Bnndesblatt 1884, I. Band, Seiten 250 und 277.

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10

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Buadestlatt. 36. Jahrg.

Einnahmen der Zollverwaltung in den Jahren 1883 und 1884.

1884.

1883.

Monate.

1884.

Mehreinnahme. Mindereinnahme.

Fr.

Bd. I.

Januar Februar März April Mai Juni .

Juli August September Oktober .

November Dezember

. . .

.

. . .

. .

1,421,795 1,638,594 1,814,913 1,740,796 1,732,688 1,564,135 1,417,767 1,449,029 1,625,079 1,835,147 1,851,087 2,030,959

26

Fr.

78 1,518,781 05 1 ,703,807 19 34 57 17 62 36 20 10 1 86 !

34

Rp.

21 65

Fr.

RP.

96,985 65,213

43 60

58 !!

83

3,222,588 { 86

162,199

03

Fr.

Rp.

--

-- 337

Total 20,121,993 auf Ende Februar 3,060,389

Rp.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend: 1) den Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrag mit der Republik Salvador, vom 30. Oktober 1883; 2) die Uebereinkunft mit dem gleichen Staate über gegenseitige Auslieferung de...

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1884

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

11

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.03.1884

Date Data Seite

311-337

Page Pagina Ref. No

10 012 231

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