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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Uebergang der Vorarlbergerbahn in's Eigenthum der österreichischen Staatsverwaltung.

(Vom 29. Februar / 13. März 1884.)

Tit.

Nachdem die k. k. österreichische Staatsverwaltung am 1. Juli 1882 den Betrieb der Vorarlbergerbahn übernommen hat, welche Betriebsübernahme hinsichtlich der auf schweizerischem Gebiet liegenden Bahnstrecken durch den Bundesbeschluß vom 20. Dezember 1882 (Eisenbahnaktensammlung n. F. VII, 112) genehmigt worden ist, haben zwischen der Bahngesellschaft und der k. k.

Staatsregierung weitere Verhandlungen stattgefunden, welche zu dem dieser Botschaft beiliegenden Protokoll vom 11. Dezember 1883 führten, wonach der Staatsverwaltung das Recht eingeräumt wurde, vom 1. Juli 1884 angefangen, das Eigenthum des gesammten Unternehmens der Vorarlbergerbahn gegen Uebernahme der darauf haftenden Schulden und Uebergabe fünfprozentiger Staatsobligationen an Stelle und im Betrag der noch im Verkehr befindlichen Aktien zu übernehmen (Art. l, 4, 5).

Mit Eingabe vom 17. Januar 1884 hat dann der Verwaltungsrath der Vorarlbergerbahn das Gesuch gestellt, es wolle der Bundesrath die Uebertragung des Eigenthums an den der Bahngesellschaft konzessionirten schweizerischen Bahnstrecken, 1066 m. Anschlußstrecke bis Buchs und 1298 ,, ,, ,, St. Margarethen, an die k. k. österreichische Staatsverwaltung genehmigen. Das Gesuch wurde darauf gestützt, daß die Staatsverwaltung den Eigenthumsübergang wirklich herbeizuführen gedenke, und daß sie dabei in die bestehenden Verpflichtungen gemäß dem Wortlaut

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a. der Konzession, ertheilt vom Regierungsrath des Kantons St. Gallen am 1. Dezember 1869 und genehmigt von der Bundesversammlung am 22. gleichen Monats (E. A. S. VI.

242, 250), und b. des Staatsvertrags vom 27. August 1870 zwischen der Schweiz, Oesterreich-Ungarn, Liechtenstein und Bayern über die Herstellung einer Eisenbahn von Lindau über Bregenz, nach St. Margarethen, sowie von Feldkirch nach Buchs (Amtliche Sammlung X, 379, und E. A. S. VI, 474), eintreten werde. Ferner wurde darauf verwiesen, daß im Artikel 7 des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 1869 die Möglichkeit einer Abtretung der Linie vorgesehen worden sei, indem dafür die Genehmigung des Bundesrathes vorbehalten wurde, sowie darauf, daß, da laut Artikel 8 des Staatsvertrags der Betrieb der ganzen Vorarlbergerbahn einer einzigen Betriebsverwaltung übertragen werden, müsse, kein Grund bestehen könne, die Regulirung der Eigenthumsverhältnisse anders zu behandeln.

Mit Note vom 20. Februar 1884 theilte die k. k. Gesandtschaft in Bern mit, daß ihre Regierung die Einlösung der Vorarlbergerbahn auf Grund des Protokolls vom 11. Dezember 1883 beschlossen habe und die schweizerischen Bundesbehörden ebenfalls um die für die auf diesseitigem Gebiete liegenden Strecken erforderliche Genehmigung ersuche. Gleichzeitig wurde bestätigt, daßauch inskünftig der Betrieb der Vorarlbergerbahn auf allen von derselben berührten Gebieten ein einheitlicher sein werde (Art. 8 des.

Staatsvertrags).

Wir haben kein Bedenken gegen die nachgesuchte Bewilligung des Uebergangs der für die Vorarlbergbahn bestehenden Konzession an die österreichische Staatsverwaltung zu erheben. Die thatsächlich bestehenden Verhältnisse erleiden keine Aenderung, da ja die Staatsverwaltung den Betrieb bereits in ihren Händen hat. Es ist nur eine Vereinfachung der Rechtslage, wenn sie nun auch das Eigenthum der Bahn übernimmt und damit alle Verpflichtungen auf sich vereint, welche dem Konzessionär nach der Konzession von 1869 und dem Staatsvertrag von 1870 obliegen.

Auch halten wir die von der G-eneraldirektion der Vereinigteu Schweizerbahnen nachträglich aufgeworfenen Bedenken, daß die k. k. Direktion für den Staatseisenbahnbetrieb in Wien die zwischen der Verwaltung der Vorarlbergerbahn und den Vereinigten Schweizerbahnen abgeschlossenen Vereinbarungen betreffend die Anschluß-
und Konkurrenzverhältnisse zwischen den beiden Unternehmungen und die Benützung der Anschlußstationen mit der Erwerbung der Konzession für dahin gefallen betrachten könnte, als unbegründet. Denn,

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nach Art. 3 des Protokolls vom 11. Dezember 1883 übernimmt die Staatsverwaltung neben d e n Prioritätsschulden a u c h a l l e ü b r i g e n V e r b i n d l i c h k e i t e n der Gesellschaft der Vorarlbergerbahn.

Daß diese ,,übrigen Verbindlichkeiten"1 in der That auch die Vereinbarungen der erwähnten Art- umfassen, geht speziell hervor aus dem Wortlaut des Art. 11 des Protokolls: ,,Nachdem die s. Z. von den Konzessionären der Vorarlbergerbahn, wie auch späterhin von der Bahngesellschaft in Absicht auf Regelung der Verkehrsverhältnisse gegenüber andern Verkehrsanstalten getroffenen Abmachungen lediglich in Ansehung der die Vorarlbergerbahn bildenden Bahnstrecken verbindliche Kraft haben, werden die einschlägigen Verbindlichkeiten nur in diesem Umfang von der k. k. Staatsverwaltung nach Art. 3 dieses Uebereinkommens zu übernehmen sein."

Nach unserer Ansicht wird das n u r nicht hindern, daß die Gesellschaft der Vereinigten Schweizerbahnen die Rechte, welche die Vorarlbergerbahn derselben hat einräumen können und eingeräumt hat, vollinhaltlich der Staatsverwaltung gegenüber geltend machen kann; über den Umfang dieser Rechte aber hat im Streitfall das in den Verträgen vorgesehene Schiedsgericht zu entscheiden.

Wir beantragen daher, dem. gestellten Gesuch durch Annahme des vorstehenden Beschlussesantrags zu entsprechen.

Die Kompetenz der Bundesversammlung, entgegen dem Wortlaut vom Artikel 7 der Bundeskonzession von 1869, wonach die Abtretung der Konzession nur der Genehmigung des Bundesrathes bedürfen sollte, ist im Artikel 10 des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872 begründet.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 29. Februar /13. März 1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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(Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

den Uebergang der Vorarlbergerbahn in's Eigenthum der österreichischen Staatsverwaltung.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht : 1) einer Eingabe des Verwaltungsrathes der Vorarlbergerbahn vom 17. Januar 1884; 2) einer Note der k. k. österreichischen Gesandtschaft in Bern vom 20. Februar 1884; 3) einer Botschaft des Bundesrathes vom 29. Februar / 13 März 1884, beschließt: 1. Die Uebertragung der am 1. Dezember 1869 von der Regierung des Kantons St. Gallen ertheilten und am 22. gl. Mts.

von der Bundesversammlung genehmigten Konzession für die auf schweizerischem Gebiete liegenden Strecken der Vorarlbergerbahn (E. A. S. VI, 250) an die k. k. österreichische Staatsverwaltung wird bewilligt.

2. Die k. k. österreichische Staatsverwaltung bleibt sowohl den Vorschriften der genannten Konzession als den Bestimmungen der bestehenden Verträge über die Erstellung und den Betrieb einer Bisenbahn von Lindau über Bregenz nach St. Margarethen , sowie von Feldkirch mich Buchs, unterstellt.

3. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses, welcher Sofort in Kraft tritt, beauftragt.

Bundesblatt. 36. Jahrg. Bd. J.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Uebergang der Vorarlbergerbahn in's Eigenthum der österreichischen Staatsverwaltung. (Vom 29.

Februar / 13. März 1884.)

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