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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigunggesuch des Niklaus Eggenschwiler von Kammersrohr (Solothurn).

(Vom 29. November 1884.)

Tit.

N i k i a u s E g g e n s c h w i l e r von Kammersrohr, Kanton Solothurn, Dragoner der Schwadron Nr. 14, 23 Jahre alt, wurde vomKriegsgericht der V. Division unterm 13. März 1884 wegen Diebstahls in Anwendung von Art. 133, lit. b des Bundesgesetzes über die Strafrechtspflege für die eidgenössischen Truppen, vom 27. August 1851, und in Berücksichtigung der Art. 6, Lemma 4, und Art. 33, lit. a und b, dieses Gesetzes verurtheilt: 1) Zu einer Zuchthausstrafe von einem Jahr.

2) Zur Kassation.

3) Zur Einstellung im Aktivbürgerrecht auf zwei Jahre über die ausgesprochene Strafzeit hinaus.

4) Zum Ersatz der entwendeten Fr. 45.

5) Zur Bezahlung der Kosten, soweit ihm dieselben nach dem Gesetz auferlegt werden konnten.

Eggenschwiler hat nämlich bei Anlaß des diesjährigen Wiederholungskurses des 5. Dragonerregiments seinem Zimmernachbar Alois Köninger in der Kaserne in Aarau am Abend des 4. März das Portemonnaie mit Fr. 45 Inhalt entwendet. Der Damnifikat will das Portemonnaie unter der Matratze seines Bettes verborgen, Eggenschwiler dasselbe aber anläßlich einer zwischen Köninger und einigenZimmerkameradenn verübten Neckerei, wobei Ersterer mit Decke und Leintüchern aus dem Bett gerissen wurde, auf seinem eigenen Bett gefunden haben Es ist nicht konstatirt, wo Eggenschwiler das Portemonnaie genommen hat, aber es ist wahrschein-

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In einer vom 15. dieses Monats datirten Eingabe stellt nun der Vater Eggenschwiler an die h. Bundesversammlung das Gesuch : Es möchte seinem Sohn Nikiaus Eggenschwiler, gewesener Dragoner der Schwadron Nr. 14, der Rest der Strafzeit erlassen werden. Er führt an : Sein Sohn habe sich bisher eines guten Lebenswandels beflissen und sich durch Fleiß und Arbeitsamkeit ausgezeichnet, es sei ihm unerklärlich, wie er die strafbare Tliat habe verüben können, dieselbe sei jedenfalls mehr dem jugendlichen Leichtsinn als einer verbrecherischen Anlage zuzuschreiben. Hart habe dieser Sohn den unheilvollen Schritt gebüßt und hart, laste auch die Strafe auf seinen Eltern und seiner ganzen Familie.

Der Strafhausdirektor von Solothurn bezeugt, daß Eggenschwilor sich während seiner Enthaltung- in der Strafanstalt stets klaglos betragen habe.

Man darf wohl dem Vater Glauben schenken, wenn er seinem Sohne in dem eingereichten Begnadigungsgesuche das Zieugniß gibt, daß derselbe bis zu der inkrimirten Handlung einen guten Lebenswandel geführt habe. Dessen Benehmen nach der That, resp. dessen sofort abgelegtes reumüthiges Geständniß, spricht auch dafür, daß er die That mehr aus Leichtsinn als mit Vorbedacht ausgeführt hat. Er hat bereits zwei Drittheile von der ihm aufgelegten Zuchthausstrafe verbüßt und sich während seiner Enthaltung in der Strafanstalt klaglos betragen. Zieht man dabei in Betracht, daß die Kassation und die Einstellung im Aktivbilrgerrecht über die ausgesprochene Strafzeit hinausreicht und nach der Begnadigung noch fortdauert, so muß man zugeben, daß Eggenschwiler für seinen ersten Fehler durch das Strafurtheil sehr empfindlich getroffen worden ist. Es wird deshalb beantragt, dem Begnadigungsgesuch zu entsprechen.

B e r n , den 29. November 1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Billgier.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigunggesuch des Niklaus Eggenschwiler von Kammersrohr (Solothurn). (Vom 29.

November 1884.)

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04.12.1884

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