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Schweizerisches Bundesblatt.

36. Jahrgang. III.

Nr. 34.

12. Juli 1884.

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Bundesbeschluß betreffend

die Förderung der Landwirthschaft durch den Bund.

(Vom 27. Juni 1884.)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 4. Dezember 1883, beschließt: Art. 1. Zur Förderung der Landwirthschaft -wird der Bund die in nachfolgenden Artikeln aufgeführten Maßnahmen treffen und von den Kantonen oder landwirtschaftlichen Vereinen in's Leben gerufene Institutionen und Vorkehrungen unterstützen.

A. Landwirtschaftliches Unterrichtswesen und Versuchsanstalten.

Art. 2. Der Bundesrath ist ermächtigt, Schülern, welche sich als Landwirthschaftslehrer oder Kulturtechniker ausbilden wollen, unter folgenden Bedingungen Stipendien bis zum Betrage von je 400 Franken per Jahr zu ertheilen : a. Dieselben müssen sich mindestens ein Jahr mit praktischer Landwirthschaft befaßt haben.

Bundesblatt. 36. Jahrg. Bd. III.

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b. Die Kautone, denen sie angehören, müssen ein Stipendium von demselben Betrage wie das eidgenössische gewähren.

c. Die Stipendiumgenössigen lia ben sich zu verpflichten, nach Ahlauf ihrer Stipendienzeit während sechs Jahren ihre Thätigkeit der schweizerischen Landwirthschaft zu widmen.

Wer ohne hinreichende, vom Bundesrathe zu würdigende Gründe dieser Verpflichtung nicht nachkommt, ist gehalten, die genossenen Stipendien zurückzuerstatten.

Der Bundesrath kann auch Reisestipendien für landwirtschaftliche Studien und Untersuchungen ertheilen.

Er wird die besonderen Vorschriften betreffend die Ausrichtung der in diesem Artikel überhaupt bezeichneten Stipendien erlassen.

Art. 3. Kantonen, welche theoretisch-praktische Ackerbauschulen und landwirthschaftliche Sommer oder Winterkurse eingerichtet haben oder einzurichten gedenken und dem Bundesrathe das bezügliche Schulprogramm zur Genehmigung vorlegen, kann, in der Voraussetzung, daß Schüler aus allen Kantonen unter den gleichen Bedingungen Aufnahme in die Schule finden, eine regelmäßige jährliche Subvention verabfolgt werden.

Unter Bedingungen, die der Bundesrath aufstellen wird, können auch solche Kantone Unterstützungen erhalten, die landwirtschaftliche Wandervorträge und Spezialkurse abhalten lassen.

Art. 4. Der Bund kann je nach Bedürfniß die Errichtung und den Betrieb von Milchversuchsstationen, Musterkäsereien, Obst- und Weinbau-Versuchsstationen, sowie weitere landwirtschaftliche Untersuchungsstationen subventioniren.

Der Bundesrath ist ermächtigt, mit den Kantonen, welche solche Stationen errichten wollen, in Unterhandlungen zu treten, und wird, falls dieselben einen befriedigenden Ab-

427 Schluß finden, die zu einer Betheiligung des Bundes an der Gründung und dem Betrieb der erwähnten Anstalten erforderlichen Summen anläßlich der Budgetvorlage verlangen.

B. Förderung der Thierzucht.

Art. 5. In das eidgenössische Budget wird alljährlich ein Posten zur Hebung und Verbesserung der Rindviehzucht von mindestens 100,000 Franken aufgenommen werden.

Derselbe soll hauptsächlich zur Förderung einer geordneten Zuchtstierhaltung in den Kantonen, ausnahmsweise auch zur Unterstützung einer schweizerischen Betheiligung an ausländischen Rindviehausstellungen verwendet werden.

Der Bundesrath wird die Bedingungen feststellen, unter denen die Unterstützungen aus dem genannten Kredite verabfolgt werden.

Art. 6. In das eidgenössische Budget wird alljährlich ein Posten von mindestens 60,000 Franken zur Hebung und Verbesserung der Pferdezucht aufgenommen werden. Derselbe soll folgende Verwendung finden: a. zum Ankaufe von fremden und allfällig in der Schweiz gefallenen Zuchthengsten, wenn letztere nachweisbar in Abstammung und Qualität resp. Race den importirten nicht nachstehen; b. zur Prämirung von Stutfohlen und von Zuchtstuten, deren Abkunft von mit Bundessubventioa unterstützten Zuchthengsten nachgewiesen wird; c. zur Erhöhung von Prämien, welche an den von Kantonen oder Pferdezuchtvereinen angeordneten Pferdeausstellungen zur Vertheilung kommen ; d. zur Unterstützung solcher Pferdezuchtvereine, Genossenschaften oder Kantone, welche passende Fohlenweiden besitzen.

^ Der Bundesrath wird die Bedingungen feststellen, unter denen die Unterstützungen aus obigem Kredite verabfolgt werden.

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C. Verbesserung des Bodens.

Art. 7. Der Bundesrath ist ermächtigt, Unternehmungen, welche eine Verbesserung des Bodens oder di« Erleichterung seiner Benutzung zum Zwecke haben, unter folgenden Bedingungen zu unterstützen : a. Unterstützungsbegehren müssen stets vor Inangriffnahme der Arbeiten mit den nöthigen Angaben über die. Beschaffenheit und Wichtigkeit, über die Kosten der auszuführenden Arbeiten, sowie mit den technischen Vorlagen verseilen, von der Kantonsregierung dem Bundesrath eingereicht werden.

b. Der Beitrag des Kantons oder der Gemeinde oder der Korporation muß mindestens ebenso hoch sein, als der des Bundes, welcher 40 °'o der Gesammtkosten (exklusive Unterhaltungskosten) nicht übersteigen darf.

c. Es muß die kantonale Verwaltung in jedem einzelnen Falle die bestimmte; Verpflichtung übernehmen, die ausgeführten Verbesserungsarbeiten gut zu unterhalten; doch steht derselben der Rückgriff auf die beteiligten Gemeinden, Korporationen oder Privaten zu.

d. Die Ausbezahluug des Bundesbeitrages erfolgt in der Regel, nachdem die Arbeiten ausgeführt und von der Oberaufsichtsbehörde untersucht worden siud.

Art. 8. Der Bundesrath setzt alljährlich die Beiträge an die Kantone nach Maßgabe der im eidg. Budget bewilligten Summen fest.

Art. 9. Der Bundesrath kann das zur Prüfung der Unterstützungsbegehren und zur Ausübung der Oberaufsicht erforderliche technische Personal je nach Bedürfniß beiziehen.

D. Maßnahmen gegen Schäden, welche die landwirthschaftliche Produktion bedrohen.

Art. 10. Der Bundesrath ist ermächtigt, eine gehörige Ueberwachung der Weinberge, sowie die erforderlichen

429 Schutzmaßregeln gegen die Verbreitung der Reblaus und anderer Schädlinge anzuordnen, die Einfuhr, Cirkulation und Ausfuhr von Pflanzen, Stoffen und Produkten, welche Träger der Reblaus oder eines anderen die Landwirthschaft bedrohenden Schädlings sein können, zu verbieten und Strafbestimmungen aufzustellen, welche für Uebertretungen dieses Verbotes Bußen bis zum Betrage von 1000 Franken vorsehen.

· Der Bund kann denjenigen Kantonen, welche zur Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten der landwirthschaftlichen Kulturen Maßregeln ergreifen, Unterstützungen bis zum Betrage von 40 °/o der von.ihnen gemachten Ausgaben zukommen lassen.

Die zur Ausrichtung dieser Entschädigungen erforderlichen Summen sollen alljährlich auf dem Büdgetwege verlangt werden.

Der Bundesrath wird die Bedingungen feststellen, unter denen Entschädigungen beansprucht werden können.

E. Landwirthschaftliche Vereine und Genossenschaften.

Art. 11.

Dem schweizerischen alpwirthschaftlichen Verein können alljährlich Subventionen bewilligt werden, und zwar namentlich folgende: a. für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Milchversuchsstation ; b. für Prämirung ausgezeichneter Alpwirthschaften ; c. für alpwirthschaftliche Wandervorträge und Käsereikurse.

Art. 12. Den schweizerischen landwirtschaftlichen Hauptvereinen, beziehungsweise Genossenschaften können alljährlich Subventionen bewilligt werden, und zwar namentlich folgende : a. für die Abhaltung von Wandervorträgen und Spezialkursen ;

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b. für Erstellung und Verbreitung landwirthschaftlicher Fachschriften ; c. für Förderung des Pflanzenbaues und Hebung der Kleinviehzucht.

Art. 13. Für diese und andere Zwecke können den landwirthschaftlichen Vereinen, beziehungsweise Genossenschaften die Subventionen unter folgenden Bedingungen bewilligt werden : 1) Die gehörig zu morivirenden Subventionsbegehren müssen, um in dem Budget eines Jahres Berücksichtigung finden zu können, vor dem 15. August des vorhergehenden Jahres eingereicht sein.

2) Den Begehren muß ein genaues Programm beigegeben werden, aus welchem in klarer Weise die Natur de« Unternehmens, für das eine Subvention verlangt wird, der Voranschlag der Gesammtkosten der Durchführung desselben und die Art und Weise der Verwendung der Subvention entnommen werden können.

3) Die Bundesbeiträge dürfen nicht zur Erzielung eines Privatnutzeus dienen.

4) Die Ausbezahlung der Subvention erfolgt nur gegen Vorweis der Rechnungsbelege und Erstattung eines Berichts über das Unternehmen.

Art. 14. Für Unternehmen, die nur durch dns Mitwirken kantonaler Behörden in zweckentsprechender, gedeihlicher Weise durchzuführen sind, soll die Subsidie den betreffenden Kautonen ausgehändigt werden.

Der Buudesrath wird dafür sorgen, daß bei dor Verwendung der den landwirthschaftlichen Vereinen gewährten Subventionen der landwirtschaftliche Kleinbetrieb besondere Berücksichtigung finde.

Art. 15. Den landwirtschaftlichen Hauptvereinen kann der Bundesrath für Arbeiten, welche sie in seinem Auftragt!

ausgeführt haben, besondere Entschädigungen gewähren.

431 F. Anderweitige Förderung der Landwirthschaft.

Art. 16. Der Bund unterstützt allgemeine landwirtschaftliche Ausstellungen, welche nicht öfter als von vier zu vier Jahren abwechselnd in der östlichen, mittleren und westlichen Schweiz stattfinden sollen.

Die Unterstützung des Bundes darf nur zu Prämien verwendet werden. Das Ausstellungsprograrnm, die Wahl der Jury, sowie das Juryreglement unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes. Die Organisation der Ausstellungen ist Sache der landwirtschaftlichen Vereine und der Kantone.

Für allgemein schweizerische oder interkantonale Spezialausstellungen können ausnahmsweise ebenfalls Subventionen bewilligt werden, vorausgesetzt, daß dieselben nicht in einem Jahre abgehalten' werden, in welchem eine allgemeine landwirthschaftliche Ausstellung stattfindet.

Art. 17. Der Bundesrath wird für den weiteren Ausbau der landwirthschaftlichen Statistik die geeigneten Maßnahmen treffen. Ueber die Natur und den Umfang der zu machenden Erhebungen, sowie über die Kosten derselben, wird er jeweilen besondere Vorlagen einbringen.

0. Allgemeine und Schlußbestimmungen.

Art. 18. Der Bundesrath wird darüber wachen, daß die Opfer des Bundes nicht eine Verminderung der bisherigen Leistungen der Kantone und landwirthschaftlichen Vereine zu Gunsten der Landwirthschaft zur Folge haben, sondern ausschließlich dazu dienen, die in gegenwärtigem Beschlüsse namhaft gemachten Institutionen und Maßregeln zu fördern und zu vervollkommnen.

Art, 19. Die Bundesbeschlüsse vom 15. Juni 1877 (Amtl.

Samml. III, 102) und 21. Februar 1878 (III, 337), betreffend Maßregeln gegen die Reblaus, sowie der Bundesbeschluß vom 28. Juni 1881 (V, 437), betreffend die Verwendung des Pferdezuchtkredites, sind aufgehoben.

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Art. 20. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundluge der Bestimmungen des Bundesgesetz vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Bundesbeschlusses zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

Also beschlossen vom Ständerathe, B e r n , den 27. Juni 1884.

Der Präsident: M. Birmann.

Der Protokollführer: Schutzmann.

Also beschlossen vom Nationalrathe, B e r n , den 27. Juni 1884.

Der Präsident: G. Favon.

Der Protokollführer: Ringier.

Der schweizerische Bundesrath beschließt: Aufnahme des vorstehenden Bundesbeschlusses in das Bundesblatt.

B e r n , den 1.Juli 1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, D e r Bundespräsiden:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

N o t e . Datum der Publikation: 12. Juli 1884.

Ablauf der Einspruchsfrist: 10. Oktober 1884.

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Bundesbeschluß betreffend die Förderung der Landwirthschaft durch den Bund. (Vom 27.

Juni 1884.)

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12.07.1884

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