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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn zwischen dem Bahnhof Lugano und der Stadt Lugano.

(Vom 12. Dezember 1884.)

Tit.

Der Bahnhof Lugano, 338 Meter über Meer, liegt etwa 60 Meter über der Stadt Lugano, mit welcher er zur Zeit durch eine in weiten Windungen sich bewegende Fahrstraße und steil ansteigende Fußwege verbunden ist. Um den Personenverkehr und den Gepäcktransport, sowie den Transport von Gütern unter 100 Kilogramm Gewicht zu erleichtern, beabsichtigen die Herren Bucher und Durrer in Kägiswyl, für Rechnung einer Aktiengesellschaft eine Drahtseilbahn zu bauen, welche, vom Lagerplatz südlich vom Bahnhof Lugano ausgehend, in gerader Richtung entweder auf die Piazza del Asilo oder auf die Via di Sasselli) in der Stadt Lugano führen soll. Die Länge des erstem Projektes wird zu 183,5 Meter angegeben, mit einer Steigung von 12 % auf 18 Meter und von 33 % auf die übrigen 165,5 Meter. Das Projekt, welches auf die Via di Sassello ausmünden würde, erhielte eine Länge von 216 Meter mit einer gleichmäßigen Steigung von 28 °/o. In jedem Falle soll die Bahn mit doppelten Geleisen angelegt werden, welche eine Spurweite von 1,10 Meter erhalten und zwischen denen je eine Zahnradschiene eingelegt wird. Der Bahnkörper erhält eine Breite von 5,72 Meter, nicht gerechnet die Mauern für die Abgrenzung des Privateigentums. Als Belastungsmaterial für den absteigenden Wagen, dessen Gewicht jeweilen einen auf dem andern Geleise verkehrenden Wagen aufwärts zu bewegen hat, soll Wasser verwendet werden.

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Die Gesammtbaukosten des Unternehmens, Inbegriffen die Auslagen für Expropriation, werden zu Fr. 190,000 angegeben.

Die Bedingungen, unter denen wir die Konzession zu ertheilen beantragen, unterscheiden sich im Wesentlichen von denjenigen, welchen die bisher konzessionirten und gebauten Drahtseilbahnen unterstellt sind, nur hinsichtlich der Anordnung der Wagenklassen und der Taxen.

Zwei Wagenklassen bestehen übrigens auch bei der LausanneOuchy-Drahtseilbahn, während die neuern Seilbahnen (Gießbach, Konzession vom 18. Dez. 1878 ; E. A. 8. n. F. V, 126) (Territet-Glion, ,, ,, 21. Juni 1881; ,, ,, VI, 152) (Gütsch, ,, ,, 21. März 1884; ,, ,, VIEL 17) allerdings nur je eine Klasse haben. Es wird die Einführung der zweiten Klasse mit dem Bedürfniß motivirt, daß man der einheimischen Bevölkerung eine ausnahmsweise billige Taxe bieten müsse, die, auf alle Passagiere angewendet, eine gehörige Kapitalverzinsung nicht gewähren könnte.

Die Regierung des Kantons Tessin ist mit dem Projekt einverstanden. Ihrem Begehren um Ermäßigung der ursprünglich postulirten Taxen ist der Konzessionspetent entgegengekommen, der anfänglich 40 und 60 Rappen für die erste und 20 und 30 Rappen für die zweite Wagenklasse beanspruchte. Soweit die Verhältnisse eine weitere Reduktion rechtfertigen, kann der Bundesrath dieselbe laut dem letzten Absatz von Art. 13 der Konzession jederzeit verlangen.

Die Prüfung des definitiven Projekts, von welcher die Eingabe des Staatsraths vom 8. Dezember spricht, ist nach Art. 14 des Bundesgesetzes betreffend das Eisenbahnwesen vom 23. Dezember 1872 (Amtl. Samml. XI, 1) für die Zeit der Vorlage des ausführlichen Bauplanes vorbehalten.

Wir beantragen die Genehmigung des nachstehenden Beschlußantrags und benutzen den Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 12. Dezember 1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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(Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer Drahtseilbahn vom Bahnhof Lugano nach der Stadt Lugano.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht a. eines Gesuchs der Herren B u c h e r und D u r r e r in Kägiswyl, vom 28. November 1884; b. einer Botschaft des Bundesrathes, vom 12. Dezember 1884, beschließt: Den Herren Bucher und Durrer in Kägiswyl wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und ßetrieb einer Drahtseilbahn vom Bahnhof Lugano nach der Stadt Lugano unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit, genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Tage der Konzessionsbewilligung an, verlieben.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Lugano.

Art. 4. Die Mehrheit der Mitglieder der Verwaltung muß aus Schweizern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

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Art. 5. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausfilhrungsplänen, welche vorher dem Bundesrath vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung zu verlangen, wenn ihm eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebs geboten erscheint.

Art. 6. Binnen 6 Monaten, vom Datum der Konzession an gerechnet, sind die vorschriftgemäßen technischen und finanziellen Vorlagen, sowie die Statuten der Gesellschaft dem Bundesrath einzureichen.

Mit den Erdarbeiten muß spätestens binnen zwei Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung begonnen werden.

Die Vollendung und Inbetriebsetzung der Bahn hat . zu geschehen innert einem Jahr nach stattgefundeaer Plangenehmigung.

Art. 7. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, ist behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 8. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben, und gegen welche der Inhaber der Bahn nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 9. Die Gesellschaft übernimmt in erster Linie die Beförderung von Personen und Gepäck; von Gutern nur insoweit, als sie nicht sperriger Natur sind und das Gewicht eines einzelnen Collo 100 Kilogramm nicht übersteigt.

Art. 10. Im Allgemeinen wird es der Gesellschaft anheim gegeben, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzustellen. Immerhin sind alle daherigen Projekte mindestens vierzehn Tage vor dem zu ihrer Ausführung bestimmten Zeitpunkt dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Art. 11. Es werden z w e i Wagenklassen eingeführt, deren Typus durch den Bundesrath genehmigt werden muß.

Art. 12. Das Maximum der Fahrgeschwindigkeit wird, der Betriebseröffnung vorhergehend, vom Bundesrath festgestellt.

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Art. 13. Das Maximum der Personentaxe beträgt: a. in der ersten Klasse : für eine einfache Fahrt . . . . 30 Rappen, ,, Hin- u n d Rückfahrt . . . . 5 0 ,, b. in der zweiten Klasse: für eine einfache Fahrt . . . . 15 ,, ,, Hin- u n d Rückfahrt . . . . 2 5 ,, Für Kinder unter 10 Jahren ist die Hälfte, für solche unter 3 Jahren nichts zu bezahlen, wenn kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Abonnementsbillete zu einer mindestens 20 maligen Benutzung der Bahn während drei Monaten wird die Gesellschaft einen besonderen Rabatt bewilligen.

Das Handgepäck der Reisenden bis zum Gewicht von 10 Kilogramm wird frei befördert, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von 25 Rappen per Colli, wenn diese nicht mehr als 40 Kilogramm wiegen, für schwerere Colli von 50 Rappen bezogen werden.

Von den zum Transport angenommenen Gütern können 5 Rappen per 10 Kilogramm bezogen werden.

In diesen Taxen ist die Vergütung für den Auf- und Ablad, sowie für den Transport von Gepäck und Gütern von und nach den Wägen der Gotthardbahn inbegriffen.

Der Bundesrath ist berechtigt, jederzeit eine Revision der Taxen vorzunehmen.

Art. 14. Vom 1. Mai 1903 an sollen sowohl der Bund als der Kanton Tessin und die Gemeinde Lugano jederzeit das Recht haben, die Bahn sammt dem Betriebsmaterial und allem Zugehör gegen Ersatz der Erstellungskosten an sieh zu ziehen. Streitigkeiten, welche über die Feststellung dieser Kosten entstehen, sind durch das Bundesgericht zu entscheiden.

Wenn der Kanton Tessin oder die Gemeinde Lugano demgemäß die Bahn an sich gebracht haben, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückknufsrecht auch ihnen gegenüber jederzeit zur Geltung zu bringen.

Art. 15. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung der Vorschriften dieser Konzession beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Straßenbahn St. Gallen-Tablat.

(Vom 12. Dezember 1884.)

Tit.

Mit Schreiben vom 1. Dezember 1884 suchte Hr. Hermann Schlatter in St. Gallen um die Konzession zum Bau und Betrieb einer Straßenbahn St. Gallen-Tablat in folgendem Umfang nach: 1) vom Bahnhof St. Galleu ausgehend durch die Kornhausstraße, die Leonhardsstraße, den obern Graben, den Markt- und Theaterplatz und die Rorschacher Straße nach St. Fiden bis zum ,,Kreuz" in Neudorf : 2) vom Brühlthor durch die Thorstraße, St. Jakobstraße und Langgaß bis Heiligkreuz.

Er hat damit den Wunsch verbunden, daß die Angelegenheit wo möglich noch der gegenwärtig tagenden Bundesversammlung vorgelegt werde, da die Verhandlungen betreffend die finanzielle Konsolidirung des Projektes ihrem Abschluß nahe seien, und wenn die Konzession jetzt ertheilt werde, schon im Frühling 1885 mit dem Bau begonnen werden könnte.

Dem Gesuch waren neben den in den Artikeln 2, 3 und 4 der bundesräthlichen Verordnung vom 1. Hornung 1875 zum Bundesgesetz vom 23. Dezember 1872 , betreffend den Bau und Betrieb

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn zwischen dem Bahnhof Lugano und der Stadt Lugano. (Vom 12. Dezember 1884.)

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13.12.1884

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