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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammmlung, betreffend Er-, höhung des Zolltarifs auf die Ein- und Durchfuhr von lebenden Wachteln.

(Vom 10. März 1884.)

Tit.

Bereits unterm 26. Februar 1881 hatten das schweizerische Centralkomite und der Thierschutzverein in Genf in einer Eingabe an den Bundesrath mitgetheilt, daß während geschlossener Jagd jährlich Tausende von lebenden Wachteln von Süden her in die Schweiz; eingeführt und hier öffentlich auf den Markt gebracht werden.

Diese Mittheilung war vom Gesuch begleitet, es möchte die Einfuhr von Wachteln unterdrückt (repression) werden, und zwar aus folgenden Gründen: i 1) gehöre die Wachtel allerdings zu den Körner fressenden Vögeln ; sie vertilge aber zugleich eine Menge Samen von Unkräutern und namentlich auch Insekten, welche aie den Körnern im Allgemeinen vorziehe; 2) werden viele kleine Insekten fressende Vögel unter dem Deckmantel von Wachteln eingeschmuggelt; 3) bilde die Wachtel im Herbste ein feines und gesuchtes Wildpret und sollte der Betrieb ihrer Jagd daher geregelt werden; 4) sei es peinlich, zu sehen, wie ein nützlicher oder doch wenigstens unschädlicher Vogel zur Zeit seiner Paarung, wo man sonst dem Jagdwild Ruhe gewähre, mitleidlos verfolgt werde.

389 Grundbesitz mit der Verpflichtung, die Bahnanlage za belassen und sammt dem zugehörigen Terrain der Emmenthal bahn wieder eigenthümlich und unentgeltlich abzutreten, sofern innerhalb einem Zeitraum von zwanzig Jahren, von der Verkehrseinstellung an gerechnet, die Eisenbahn Biberist-Derendingen von der Emmenthalbahn oder Rechtsnachfolgern wieder öffentlich betrieben werden sollte; c. die Einwohnergemeinde Biberist räumt der Emmenthalbahn das dingliche Recht ein, die z. Z. bestehende Telegraphenleitung auf dem ihr eigen th U m l ich abgetretenen Bahngebiet zu belassen und jederzeit unbeanstandet die nothwendigen Reparaturen und Erneuerungen daran vornehmen zu lassen.

Wir halten damit die Angelegenheit für spruchreif. Die Gemeinden haben deswegen, weil sie in der Nähe der Bahn gelegen sind kein Recht, der Einstellung des Betriebs sich zu widersetzen, wenn die kompetenten Behörden dieselbe bewilligen. Sie haben auch keinen Rechtsanspruch auf Entschädigung, namentlich wenn sie, wie im vorliegenden Fall, zugeben müssen, daß der Fortbetrieb der Bahn für sie keine Bedeutung hat. Daß die Emmenthalbahngesellschaft ihnen Anerbietungen gemacht hat, um begründete oder unbegründete Einwendungen zum Voraus zu beseitigen, ändert daran nichts; dagegen sind diese Anerbietungen nun in dem Sinn zu prüfen, ob sie allenfalls vorhandenen Rücksichten der Billigkeit ensprechen.

Wir können aber auch keine besonderen Billigkeitsgründe erkennen, und glauben daher, daß die Gemeinden sieh mit den nunmehrigen Vorschlägen der Emmenthalbahngesellschaft zufrieden geben könnten.

Nur scheint es uns, daß diese den früheren Propositionen, der Geldwerthung der Leistungen nach, etwas nachstehen und daß es sich daher rechtfertigen dürfte, der Bahngesellschaft auch die Zahlung des für den Fußweg erforderlichen Bodens zu dem vorher für den Grunderwerb zur Straße anerbotenen Preise zu überbinden, d. h. zu 5 Cts. für Derendingen und zu 3 Cts. für Biberist; womit dann auch die Parität uuter diesen Gemeinden wieder hergestellt ist, die sonst gestört erschiene, da Biberist neben der Geldentschädigung noch einen, wenn auch nicht in Geldwerth umzusetzenden Theil am Bahndamm erhält, Uerendingen aber nicht.

Was die allgemeinen Verkehrsinteressen anbelangt, so beschränken wir uns unter Verweisung auf die in dieser Botschaft gemachten thatsächlichen Angaben darauf, zu erklären, daß dieselben auch nach unserer Ansicht die Forterhaltung des Betriebs des Bahnstücks Biberist-Derendingen nicht begründen.

390 Wir beantragen daher, und da unbestrittenermaßen die vorhandenen privatrechtlichen Ansprüche auf den Fortbetrieb abgelöst sind, dem Gesuche der Emmenthalbahngesellschaft zu entsprechen; unter dem Vorbehalt immerhin der Rechte der Pfandgläubiger.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 7. März 1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringièr.

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393 Die speziellen Wunsche der Petenten gehen sodann dahin, es möchten folgende Fragen einer näheren Prüfung unterworfen werden, da im Art. 17 des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz, vom 17. September 1875 (Amtl. Samml. n. F., II, 39), die Wachtel nicht -ZVL den nützlichen, unter den Schutz des Bundes gestellten Vögel gezählt und die Einfuhr derselben daher, laut Art. 5 des Gesetzes, bewilligt sei: 1) Wäre es nicht am Platz, eine besondere Verordnung zu Gunsten der Wachteln zu erlassen?

2) Sind nicht hinreichende Gründe vorhanden, die Wachtel zu den im Art. 17 genannten nützlichen Vögeln zu zählen; oder 3) ist der Art. 5 nicht aufzuheben ?

Diesem Gesuche fügt das Koinite des schweizerischen Thierschutzvereins ein zweites bei: es möchte der Bundesrath bei den benachbarten Staaten Schritte thun zur Herbeiführung eines internationalen Einverständnisses zum Schutze der nützlichen Zugvögel.

Unterm 18. April vorigen Jahres erneuerte der Thierschutzverein in Genf obiges Gesuch mit näheren Angaben über thierquälerischen Transport und über Einfuhr und Verkauf der Wachteln.

Mit Zuschrift vom 28. Januar abhin endlich spricht sich der schweizerische Jäger- und Wildschutzverein ,, Diana "· des Entschiedensten gegen die Ausnahme im Art. 5 des Jagdgesetzes aus, durch welche Kauf und Verkauf des aus dem Auslande eingeführten Wildprets während geschlossener Jagd erlaubt wird, und weist namentlich auf die massenhafte Einfuhr lebender Wachteln über die Grenzzollstätte Genf hin, zum Theil eine Folge des gänzlichen Verbots der Einfuhr von Wild und Wildpret in Frankreich während geschlossener Jagd.

Der Verein ist der Ansicht, daß Art. 5 des Jagdgesetzes und dieses überhaupt einer Revision bedürfe.

Obige Eingaben haben dem Bundesrath hinreichende Veranlaßung geboten, die Frage einer Revision des Art. 5 des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz mit Bezug auf die ausnahmsweise Bewilligung zum Kauf und Verkauf des eingeführten ausländischen Wildprets auf unsern inländischen Märkten reiflich zu prüfen.

Der beanstandete Art. 5 lautet: ,,Vom achten Tage nach Schluß der Jagdzeit an ist der Kauf und Verkauf von Wildpret jeder Art verboten, mit Ausnahme desjenigen, welches, amtlich nachgewiesen, aus dem Auslande eingeführt ist.

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Der Verkauf von G-emskitzen, Hirschkälbern, Rehkitzen, sowie von Auer- und Birkhennen, ist unbedingt und zu jeder Zeit untersagt.

Im Uebertretungsfalle unterliegt das betreffende Wild der Konfiskation, die im Art. 21 angedrohte Strafe vorbehalten."

Es unterliegt keinem Zweifel, daß jährlich während geschlossener Jagd eine bedeutende Ein- und Durchfuhr von ausländischem Wildpret und namentlich auch lebender Wachteln stattfindet, die für die Tafel bestimmt sind.

Von dieser Ausnahmsbewilligung ist indeß schon nach Absatz 2 des oben angeführten Art. 5 verschiedenes Wild ausgeschlossen.

Ferner sind von der Einfuhr überhaupt ausgeschlossen sämmtliche, laut Art. 17 unter den Schutz des Bundes gestellten Vogelarteiij indem es im zweitletzten Absatz desselben heißt: ,,Es dürfen dieselben (die nützlichen Vögel) weder gefangen noch getödtet, noch der Eier oder Jungen beraubt oder auf M ä r k t e n feil g e b o t e n werden."· Dadurch reduzirt, sich das einfuhrberechtigte und auf den Märkten zugelassene Wild wesentlich, und wenn man ferner bedenkt, daß die Einfuhr des Wildprets von Standwild der inländischen Jagd keinen direkten Nachtheil zu dringen vermag, sofern gute Polizei geführt wird, so beschränkt sich das Wildpret, das von fraglicher Begünstigung im Art. 5 auszusehließen wäre, auf dasjenige Zugwild, das nicht zu den unter den Schutz des Bundes gestellten Vogelarten gehört. Unter diesem einfuhrberechtigten Wildpret ist nun allerdings die Wachtel weitaus am stärksten vertreten. Betreffend diese Vogelart kommt ferner in Betracht, daß sie hier nistet und im Herbst, vor ihrem Abzug, ein werthvolles Wildpret bietet.

Die Abwägung ihres Nutzens und Schadens mit Bezug auf ihre Ernährung ist allerdings eine schwierige; jedenfalls aber ist ihr Nutzen im Frühling, gerade während der ersten Entwicklungszeit der Vegetation, ein sehr beträchtlicher, wegen der zum Zwecke der Ernährung der Brut vorgenommenen Reinigung der Pflanzen von Ungeziefer ; auch mag sie später noch durch Reinigung der Felder von Unkrautsamen nützlich sein.

Der Bundesrath fand nun aber wegen der verhältnißmäßig wenigen, von obigen Gesuchen betroffenen Zugvögelarten eine Revision des Gesetzes nicht angezeigt; wohl aber glaubte er durch ein Kreisschreiben sämmtliehe Kantone auf erwähnte polizeiliche Bestimmungen des eidg. Jagdgesetzes speziell aufmerksam machen und sie einladen zu sollen, den Kauf und Verkauf von Wildpret strengstens überwachen zu lassen, und sodann die massenhafte und

395 thierquälerische Einfuhr von Wachteln durch Erhöhung des Einund Durchfuhrtarifes erschweren zu sollen, und faßte daher folgenden Beschluß: Der schweizerische Bundesrat h, in Anwendung der dem Bundesrathe durch Art. 34 des Bundesgesetzes über das Zollwesen, vom 27. August 1851, zustehenden Kompetenz, beschließt: 1. Dem Gesuche des Thiersehutzvereins in Genf, unterstützt vom Centralkomite des schweizerischen Thiersehutzvereins und demjenigen des schweizerischen Jäger- und Wildschutzvereins Diana, um Aufhebung der Ausnahmebestimmung im Art. 5 des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz, vom 17. September 1875, wird nicht entsprochen; dagegen wird 2. der Zolltarif für die Ein- und Durchfuhr lebender Wachteln von Fr. 3 per Last (schweizerischer Zolltarif vom 1. September 1882, III, 14) auf 50 Rp. per Stück erhöht, und es ist der Bundesversammlung hievon im Sinne des Art. 34 des Gesetzes über das Zollwesen vom 27. August 1851 (Amtl.

Samml. II, 535) Kenntniß zu geben.

Wir empfehlen der Bundesversammlung, Ziffer 2 unseres Beschlusses durch folgenden Bundesbeschluß genehmigen zu wollen.

Wir erneuern Ihnen, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 10. März 1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

396 {Entwurf)

B undes 1) eschl uss betreffend

Erhöhung des Zolltarifs auf die Ein- und Durchfuhr von lebenden Wachteln.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 10. März 1884 , in Anwendung der dem Bundesrath durch Art. 34 des Bundesgesetzes über das Zollwesen vom 27. August 1851 anstehenden Kompetenz, beschließt: 1. Der Zolltarif für die Bin- und Durchfuhr lebender Wachteln wird, in Genehmigung von Ziffer 2 des Beschlusses vom 29. Februar 1884, von Fr. 3 per Last (schweizerischer .Zolltarif vom 1. September 1883, III, 14) auf 50 Rp. per Stück Wachtel erhöht.

2. Dieser Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Erhöhung des Zolltarifs auf die Ein- und Durchfuhr von lebenden Wachteln. (Vom 10. März 1884.)

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15.03.1884

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