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Schweizerisches Bundesblatt.

36. Jahrgang. III.

Nr. 35.

19. Juli 1884.

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Druck und Expedition der Stämpftischen Buchdruckerei in Bern.

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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 15. Juli 1884.)

Der Bundesrath hat sich veranlaßt gesehen, an sämmtliche Kantonsregierungen das nachstehende Kreisschreiben, betreffend Ehescheidung und Wiederverehelichung, zu erlassen.

,,Getreue, liebe Eidgenossen !

,,Aus dem neuerlichen Inspektionsbericht einer Kantonsregierung über die Civilstandsführung, sowie aus den Beobachtungen, welche die von uns selbst angeordnete Inspektion gemacht hat, geht hervor, daß, wie wir bereits in unsern Geschäftsberichten pro 1882 und 1883 zu bemerken Veranlaßung nahmen, Ehescheidungsurhteile den Civilstandsbeamten vielfach in mangelhafter Weise zur Vormerkung mitgetheilt werden. Aus den betreffenden Mittheilungen ist nämlich oft gar nicht ersichtlich, wer der schuldige Ehegatte war, was der Vermuthung Raum gibt, daß der Artikel 48 des Bundesgesetzes, betreffend Feststellung und Beurkundung des Civilstandes und die Ehe, vom 24. Dezember 1874, durch die Gerichte nicht die gebührende Anwendung finde, wodurch, weil eine Wartefrist überhaupt nicht bestimmt oder dann den Civilstandsbeamten nicht angezeigt wird, die Möglichkeit eröffnet ist, der leichtfertigen Ehescheidung und Wiederverehelichung Vorschub zu leisten.

,,Um die formell richtige Mittheilung der Ehescheidungsurhteile an die Civilstandsbeamten zu sichern, hat eine Kantonsregierung bei uns die Einführung eines einheitlichen bezüglichen Formulars in Anregung gebracht. Angesichts der großen Verschiedenheit der kantonalen Gerichtsorganisationen glauben wir aber ohne weiteres von einer Anregung Umgang nehmen zu sollen, deren Ausführung leicht auch als ein Eingriff in die Rechtsgewohnheiten der Kantone gedeutet werden dürfte. Dagegen glauben wir, Sie im Interesse der Bundesblatt 36. Jahrg. Bd. III.

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462 richtigen Vollziehung des Civilstandsgesetzes ersuchen zu sollen, Sie möchten die Aufmerksamkeit der Gerichte Ihres Kantons auf den von uns berührten Punkt lenken und die sorgfältige Beachtung des Artikels 48 des erwähnten Gesetzes und hierauf gestützt die richtige Mittheilung der EhescheidiiDgsurtheile an die Civilstandsbeamten veranlaßen. Hiebei erlauben wir uns, darauf aufmerksam zu machen, daß, gemäß Artikel 30, Ziffer 6 des Reglements für die Führung der Civilstandsregister, vom 20. Septemlier 1881, au m Zwecke der Eintragung in's Civilstandsregister die Mittheilung des Dispositiva des r e c h t s k r ä f t i g gewordenen Ehescheidungsurtheils,, ohne Motive, genügt, und daß hie^u ein Formular benutzt werden* kann; daß aber diese verkürzte Urtheilsmittheilung an den Civilstandsbeamten das v o l l s t ä n d i g e Dispositiv zu enthalten hat, soweit dasselbe bei einer Wiederverehelichung in Betracht fallen kann^ daß, außer der genauen Personenbezeichnung mit Angabe von Bürger- und Wohnort, auch der Ort der Eheschließung angegeben und sodann namentlich ersichtlich sein sollte, o b u n d w e l c h e W a r t e f r ist (Art. 48 des Civilstandsgesetzes), abgesehen von der gemäß Art.. 28 daselbst für geschiedene Frauen bestimmten Wartefrist von 300 Tagen, einem Ehegatten auferlegt worden ist.

,,Indem wir Sie ersuchen, diese im Interesse der Civilstandsführung ertheilten Rathschläge Ihren kantonalen Gerichten zur geneigten Berücksichtigung zu empfehlen, ergreifen wir den Anlaß, gleichzeitig eine weitere auf das Civilstandswesen bezügliche Frage andurch zur Erledigung zu bringen.

,,Durch Kreisschreiben vom 22. Januar abhin haben wir Ihnen von dem Begehren einer kantonalen Behörde Kenntniß gegeben, welches dahin ging, es möchte den Givilstandsbeamten untersagt werden, Auszüge aus den Civilstandsregistern in öffentlichen Blättern zu publiziren.

,,Auf die Einladung hin, uns diejenigen Anordnungen eröffnen zu wollen, welche in der fraglichen Richtung bereits getroffen worden sein sollten, eventuell bekannt zu geben, ob und welche Bedenken gegen die mitgetheilte Auffassung jeuer Behörde obwalten, haben nun weitaus die meisten Kantonsregierungen die Erklärung abgegeben, daß sie in den fraglichen Publikationen keinerlei Amtsmißbrauch zu erblicken vermögen, daß dieselben vielmehr als zweckmäßig erachtet
und vom Publikum nur ungern vermißt würden.

An vielen Orten beruhen diese Publikationen zudem auf einer schon vor Inkrafttreten des Civilstandsgesetzes bestandenen Uebung. Nur einige wenige Kantonsregierungen tbeilen die in unserm Kreisschreiben vom 22. Januar abhin mitgetheilten Bedenken, doch mehr in dem Sinne, daß bei den fraglichen, nicht offiziellen Publikationen eine

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gewisse Beschränkung wünschenswert}] erscheine, so zwar, daß z. B. hinsichtlich unehelicher Geburt und Alter keine Angaben gemacht, eventuell einzelne Publikationen in der Presse überhaupt unterbleiben sollten, wenn die Betheiligten dem Civilstandsbeamten einen bezüglichen Wunsch kundgeben.

,,Bei dieser Sachlage können wir uns nicht veranlaßt sehen, bezüglich der nicht offiziellen Publikation von civilstandsamtlichen Mittheilungen eine Verfügung zu treffen, müssen es vielmehr den Kantonsregierungen überlassen, diesfalls, sofern nöthig, das in ihren Territorien ihnen geeignet Scheinende anzuordnen.

,,Wir benutzen diesen Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, sammt uns dem Machtschutze Gottes zu empfehlen."

Der Bundesrath hat sieh mit .dem deutscherseits gemachten Vorschlag einverstanden erklärt, die . zum Zwecke der Regelung des Schweiz.-badischen Grenzverkehrs getroffene Vereinbarung, betreffend die Ausführung des Art. 4 der internationalen Phylloxéra.

Übereinkunft, vom 3. November 1881, auch auf den Verkehr mit Elsaß-Lothringen auszudehnen. -

(Vom 18. Juli 1884.)

Der Bundesrath hat als Delegirte der Schweiz für die am 8. September nächsthin in Bern stattfindende Konferenz, an welcher die Grundlagen einer i n t e r n a t i o n a l e n . K o n v e n t i o n - , zum S c h u t z e d e s l i t e r a r i s c h e n u n d k ü n s t l e r i s c h e n Eigent h u m s berathen werden sollen, ernannt : Hrn. Bundesrath Droz, als Vorsteher des Handelsdepartements; ,, ,, R u c h on n e t , als Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements, und ,, Professor A. von Orelli in Zürich.

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Zu C h o. 1er a - E x p er t en sind gewähltword en: 1) Hr. Dr. So n d e r egg er in St. Gallen, für die Kantone St. Gallen, Appenzell A.-Rh. Appenzell I.-Rh.,Thur gau, Zürich und .Glarus;

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2) Hr. Dr. L a u r e a z in Ghur, für dea Kanton Graubünden; 3) ,, Dr. R e a l i in Lugano, für den Kanton Tessin; 4) ,, Dr. G as tel la in Freiburg, für die Kantone Genf, Waadt, Freiburg; Wallis und Neuenburg; 5) fl Dr. K o t t m a u n in Solothurn, für die Kantone Bern und Solothurn; 6) ,, Dr. B r u g g i s s e r in Wohlen, für die Kantone Baselstadt, Baselland, Aargau und Schaff hausen ; 7) n Dr. S t e i g e r in Luzern, für die Kantone Luzern, Uri, Schsvyz, Obwalden, Nidwaiden und Zug.

Die Ratifikationen zu der am 20. März 1883 zwischen der Schweiz, Belgien, Brasilien, Frankreich, Guatemala, Italien, den Niederlanden, Portugal, Salvador, Serbien und Spanien in Paris abgeschlossenen und am 21. Dezember 1883 von der Schweiz. Bundesversammlung genehmigten Konvention zum Schutze des gewerblichen Eigen thums*) sind am 6. vorigen Monats in Paris ausgetauscht worden. Der Uebereinkunft sind außerdem noch Großbritannien, Tunis und Equador beigetreten. Dieselbe ist nunmehr volkiehbar (vide Art. 18 der Konvention).

Vom Bundesrathe sind gewählt worden : (am 15. Juli 1884) zum Adjunkten des administrativen Inspektors der Schweiz.

Eisenbahnen: Hr. HermannGirtanner,vonSt.Gallen, derzeit Privatdozent an der Ingenieurschule des schweizer.

Polytechnikums in Zürich; ,, Postkommis in Zürich: ,, Emil Buchmann, Postaspirant, von Zürich, in Fleurier (Neuenburg) ; ,, ,, -n n -p Rudolf Staub, von Glarus, Postkommis in Lausanne; *) Siehe Bundesblatt vom Jahre 1883, Band IV, Seite 343 und 344.

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zum Postkommis in Biel : ,,

,,

Hr. Paul Piaget, Postaspirant, von Verrières (Neuenburg), in Neuenburg; ,, St. Gallen : ,, Job. Jakob Haltinner, von Eichberg (St. Gallen), in St. Georgen (St. Gallen);

(am 18. Juli 1884) zum Postkommis in Genf: Hr. David Pascalis, Postaspirant, von und in Genf.

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