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Kreisschreiben des

Bundesrathes an sämmtliche Kantonsregierungen der Schweiz, betreffend Veröffentlichung von Auszügen aus den Civilstandsregistern.

(Vom 22. Januar 1884.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Eine kantonale Behörde hat bei uns das Begehren gestellt, es möchte den Civilstandsbeamten untersagt werden. Auszüge aus den Civilstandsregistern oder Protokollen (Verkündakte) mit Namensnennung der betreffenden Personen anderweitig als in der vom Gesetze ausgesprochenen Beschränkung in öffentlichen Blättern zu publiziren.

Zur Begründung dieses Begehrens wird angebracht, daß das Bundesgesetz, betreffend Feststellung und Beurkundung des Civilstandes und die Ehe, vom 24. Dezember 1874, im Artikel 5, Absatz d, die Civilstandsbeamten zur Verabfolgung von Register-Auszügen nur auf das Verlangen der Betheiiigten und im Absatz f zur Ablieferung derjenigen Auszüge verpflichte, welche für die kantonale und die Gemeindeverwaltung erforderlich sind. Daraus dürfe abgeleitet werden, daß im Uebrigen die Eintragungen in die Civilstandsregister für Drittpersonen als Amtsgeheimniß anzusehen seien. Dieser Auffassung widerspreche aber die vielfach vorkommende regelmäßige Publikation aller Geburts-, Trauungs- und Todesfälle. Dadurch werden alle Familienverhältnisse der Privaten aus dem amtlichen Register vor das gesammte Publikum gezogen, gleichgültig, ob die betreffenden Familien dies wünschen oder nicht, während es doch ausschließlich den Familienvorständen überlassen

129 sein sollte, erfreuliche oder betrübende Familienereignisse nach eigenem Ermessen und in selbstgewählter Form zur Kenntniß dritter Personen zu bringen.

In diesen Publikationen erblickt sonach jene kantonale Behörde einen Amtsmißbrauch mit den Civilstandsregistern. Ein solcher scheint derselben auch darin zu liegen, daß vielerorts in gleicher Weise der Verkündungsakt regelmäßig in öffentlichen Blättern (namentlich Lokalblättern) publizirt werde, während sich doch sehr verschiedene Gründe denken lassen, aus denen eine derartige Veröffentlichung den Betreffenden peinlich sein müsse. Gesetzlich vorgeschrieben sei nur der öffentliche Anschlag oder die einmalige, Einrückung in das Amtsblatt, und ohne oder gegen den Willen der Betreffenden sollte, außer der gesetzlich vorgeschriebenen, auch keine Publikation des Verkündungsaktes gestattet werden.

Indem wir Ihnen dieses Begehren sammt seinen Motiven bekannt geben, ersuchen wir Sie, uns gefälligst diejenigen Anordnungen eröffnen zu wollen, welche Sie in der fraglichen Richtung bereits für Ihren Kanton zu treffen in die Lage gekommen sein sollten ; eventuell ist uns erwünscht, zu vernehmen, ob und welche Bedenken in Ihrem Kantone gegen die Auffassung obwalten, welche wir Ihnen vorstehend mitzutheilen uns erlaubten.

Gleichzeitig benutzen wir den Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, sammt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 22. Januar 1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Bingier.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Kreisschreiben des Bundesrathes an sämmtliche Kantonsregierungen der Schweiz, betreffend Veröffentlichung von Auszügen aus den Civilstandsregistern. (Vom 22. Januar 1884.)

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Bundesblatt

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Foglio federale

Jahr

1884

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

04

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

26.01.1884

Date Data Seite

128-129

Page Pagina Ref. No

10 012 190

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