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Kreisschreiben des

Bundesrathes an sämmtliche Kantonsregierungen, betreffend eine Vereinbarung mit der königlich württembergischen Staatsregierung über wechselseitige Anerkennung von Leichenpässen.

(Vom 4. Januar 1884.)

Getreue, liebe Eidgenossen !

Im Jahre 1856 ist, wie Ihnen bekannt, durch Vermittlung des Bundesrathes eine Uebereinkunft zwischen Bayern und sämmtlichen Kantonen zu Stande gekommen, zufolge welcher von den beiderseitigen zuständigen Behörden ausgestellte L e i c h e n p ä s s e für die Verbringung von Leichen in oder durch die respektiven Gebietstheile als gültige Legitimationsurkunden anerkannt werden.

Es hat nun das königlich württembergische Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten mittelst Note vom 18. Dezember 1883 uns den Wunsch der württembergischen Staatsregierung ausgesprochen, mit den schweizerischen Kantonen ein ähnliches Verkommniß abzuschließen, wie solches zwischen den letztern und dem Königreiche Bayern besieht. Dabei erklärt sich der jenseitige Staat bereit, sowohl in Bezug auf die zu beobachtenden Bedingungen des Transportes als hinsichtlich des Formulars des Leichenpasses die mit Bayern vereinbarten Bestimmungen auch für Leichentransporte nach und durch Württemberg als maßgebend anzunehmen. Im Besondern beschränkt sich das württembergische Ministerium darauf, den Wunsch auszudrücken, daß es jedem Theile freigestellt werden solle, das Uebereinkommen nach ein Vierteljahr vorher erfolgter Kündigung zu lösen.

Der Bundesrath ist der Ansicht, daß es sowohl im Interesse einer guten Gesundheitspolizei als eines raschen und ungehinderten Verkehrs liege, mit Grenzstädten eine sachbezügliche Vereinbarung

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zu treffen. Er vermag um so weniger irgend welche Inkonvenienz für die Kantone darin zu erblicken, als es sich nur um Einführung eines gleichmäßigen modus vivendi handelt, von welchem mau aus freier Entschließung -- gemäß dem Vorschlage Württembergs nach dreimonatlicher Kündigung -- zurücktreten kann.

Wir möchten deßhalb den Kantonsregierungen empfehlen, auf den Antrag Württembergs, gleichwie es gegenüber Bayern geschah, einzugehen, und wir ersuchen Sie infolge dessen, Tit., uns mit thunlicher Beförderung Ihre diesfällige Willenserklärung zukommen und im Falle der Zustimmung uns gleichzeitig wissen zu lassen, welche Amtsstelle zur Ausfertigung von Leichenpässen in Ihrem Gebiete zuständig seiu soll.

Wir reproduziren im Anhange die laut der bestehenden Uebereinkunft in Betreff eines Leichentransportes nach und durch Bayern zu beobachtenden, eventuell also in Zukunft auch gegenüber Württemberg geltenden Vorschriften, sowie den Inhalt des in einem solchen Falle zu verwendendenLeichenpassformulars..

Hiebei wollen wir Ihnen in Erinnerung rufen, daß zufolge einer Anzeige der königlich bayerischen Gesandtschaft vom 30. November 1862 in Bayern die Distriktspolizeibehörden, d. h. die k. Polizeidirektion München, die k. Bezirksämter und die einer Kreisregierung unmittelbar untergeordneten Stadtmagistrate, sowie die exponirten Bezirksamts-Assessoren zur Ausfertigung von Leichentransportpässen zuständig sind, während i.n Königreich Württemberg die Ausstellung der Leichenpässe durch. die Oberämter erfolgt.

Wir benutzen übrigens gerne diesen Anlaß, um Sie, getreue, liebe Eidgenossen, sammt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 4. Januar 1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, D e r Bundespräsidet:

Welti.

Der Stellvertreter des eidg. Kauzlers : Schutzmann.

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Anhang.

A.

Bedingungenund Vorsieh tsm assregeln in Be treff eines Leichentransportes aus der Schweiz nach und durch Bayern, eventuell nach und durch Württemberg.

1) Die Leiche muß in verpichten, gut verschlossenen Doppelsärgen, davon der innere von hartem Holz, transportirt werden.

2) [st der Verlebte infolge einer Epidemie oder ansteckenden Krankheit gestorben, so wird der Transport nur dann bewilligt, wenn der betreffende Staat, in oder durch dessen Gebiet die Leiche gebracht werden soll, dazu seine Einwilligung ertheilt; Leichentransporte aus Orten , in welchen die Cholera oder die Pocken epidemisch herrschen, sind während der Dauer der Epidemie und einen Monat lang nach dem Erlöschen derselben, ohne Rücksicht auf die Todesursache im einzelnen Falle, unbedingt ausgeschlossen.

3) Zur Ueberwachung |des Transports soll der Leiche ein zuverläßiger Begleiter beigegeben sein, welcher neben dem Leichenpasse einen vorschriftsmäßig gefertigten Reisepaß für seine Person besitzt.

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li.

Formular eines Leichenpasses.

Schweizerische Eidgenossenschaft.

Kanton Leichcnpaß.

Nachdem die Verwringung der in doppeltem Sarge wohlverschlossenen Leiche de am ten zu verstorbenen welche von da mittels über nach zur Beerdigung gebracht werden soll, unter Begleitung des mit einer eigenen Reiselegitimation versebenen '.

gegen Beachtung der erforderlichen sanitätspolizeilichen Vorsicht bewilligt worden ist, so werden hiemit unter 2usicherung gleicher Gegendienste alle Civil- und Militärbehörden beauftragt und beziehungsweise ersucht, dieselbe gegen Vorweisung dieses vom heutigan unten bezeichneten Tage auf einen Monat gültigen Passes frei und ungehindert passiren zu lassen.

(Ort und Datum der Ausstellung,) (Amtsstelle.)

(L. S.)

(Unterschrift.)

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Kreisschreiben des Bundesrathes an sämmtliche Kantonsregierungen, betreffend eine Vereinbarung mit der königlich württembergischen Staatsregierung über wechselseitige Anerkennung von Leichenpässen. (Vom 4. Januar 1884.)

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Foglio federale

Jahr

1884

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

01

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

05.01.1884

Date Data Seite

9-12

Page Pagina Ref. No

10 012 168

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