395

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseil- und elektrischen Bahn von Lauterbrunnen nach Murren.

(Vom 9. Juni 1887.)

Tit.

Mit Gesuch vom '28. Februar 1887 bewerben sich die Herren L. H e e r - B é t r i x in H i e l, F. M a r t i in W i n t e r t h u r und F r e y und H a a g , Architekten in B i e l , zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, um die Konzession für eine Schmalspurbahn gemischten Systems von L a u t e r b r u n n e n nach M u r r e n , welche nach Bau- und Betriebsart in zwei Abtheilungen zerfällt, nämlich eine Drahtseilbahn vom Dorf Lauterbrunnen- bis zur Grütschalp und eine elektrische Adhäsionsbahn von der Grütscha l p his nach Murren.

Die das Gesuch begleitenden Beilagen sind sehr ausführlich gehalten und geben über das Projekt in allen Beziehungen genauesten Aufschluß. Wir enthalten uns einer eingehenden Wiedergabe des allgemeinen und technischen Berichts, sowie des KostenVoranschlags und beschränken uns darauf, die wichtigsten Daten herauszuheben, indem wir uns im Uebrigen gestatten, auf die Akten selbst zu verweisen, welche, wie gesagt, alle wünschbaren Angaben enthalten. Dem Situationsplan speziell ist zur Veranschaulichung eine perspektivische Ansicht der Berglehne mit eingezeichnetem Tracebeigegeben..

396 Im allgemeinen Bericht sind die Erwägungen allgemeiner und lokaler Natur angegeben, welche zur Aufstellung des Projekts führten und dasselbe als im Interesse des Touristen- wie des einheimischen Verkehrs gelegen erscheinen lassen. Es wird darin auch zum Voraus der sich allenfalls gellend machenden Opposition entgegengetreten und der Nachweis unternommen , daß die- etwa gehegten Befürchtungen wegen Beeinträchtigung einzelner Erwerbszweige zumeist auf Irrthum beruhen.

Mit Rücksicht auf die Schwierigkeit der Entwicklung längs der hohen und steilen Mürrenfluh und die großen Kosten ist von einer Zahnradbahn mit Lokomotivbetrieb abgesehen und die Ersteigung der Höhe mittelst einer Drahtseilbahn und die horizontale Weiterführung durch eine elektrische Adhäsionshahn in Aussicht genommen worden.

Die Drahtseilbahn würde am nördlichen Ende des Dorfes Lauterbrunnen, in der Nähe der Landstraße, 795 m. über Meer, ihren Anfang nehmen und geradlinig, den Nordabhang des Greifentobels benutzend, auf die 1534,5 m. über Meer gelegene Grütschalp hinaufführen , somit eine Niveaudifferenz von 739,5 m. überwinden. Die Länge beträgt, in der Steigung gemessen, rund 1550 m., horizontal 1360 m. Die Steigung beträgt im ersten und letzten Theil auf 310 und 200 m. (horizontal gemessen 50 °/o , während das Mittelstück von 850 m. Länge in ein Gefäll von 57 % zu liegen kommt.

Die elektrische Bahn beginnt bei der Grütschalp , wo eine Umsteighalle errichtet werden soll, zieht sich über die Prast- und Wintereggalp gegen die Mürrensäge zu, von wo sie dem von Lauterbrunnen nach Murren führenden Saumpfad bis zum Nordeude des Dorfes Murren 1610 m. über Meer) folgt, indem sie nach einander den Staubbach, die beiden Sägebäche und den Egertenbach überschreitet. Die horizontale Länge beträgt 3880 m. , wovon 1920 m. eine gleichmäßige Steigung von 25 1880 m. eine Steigung von 15 o/oo erhalten und 80 m. in der Horizontalen liegen.

Die Drahtseilbahn soll analog den bestehenden Seilbahnen gebaut und betrieben werden. Im Gesuche ist eventuell eingeleisige Anlage mit automatischer Ausweichung in der Mitte vorgesehen. Auf Veranlassung des Eisenbahndepartements haben sich aber die Petenten bereit erklärt, zwei Geleise mit gemeinsamem mittlerem Schienenstrang zu erstellen, ausgenommen bei der Ausweichung in der Mitte, wo vier Schienen gelegt
werden sollen. In jedes Geleise wird überdies eine Zahnstange nach System Riggenbach oder Abt eingelegt. Der Oberbau soll, wie bei Territet-Glion, mit eisernen Querschwellen auf gußeisernen Auflageplatten befestigt

397 werden, die ihrerseits auf treppenförtnigen Absätzen der Mauerkrone zu ruhen kommen. Die beiden, je 30--40 ^eventuell bloli 25--30) Sitz- und Stehplätze nebst Plattformen enthaltenden Wagen sind, \vie bei andern Seilbahnen, mit einem oben über eine Rolle laufenden Drahtseil verbunden und werden durch das je dem obera Wagen durch Wasserfüllung gegebene Uebergewicht auf- und abwärts bewegt. Die Wagen erhalten je eine Hand- und eine automatische Bremse. Das nöthige Betriebswasser liefern die in der Nähe befindlichen Bäche.

Was die elektrische Bahn betrifft, so ist in Aussicht genommen, dieselbe entweder zum Beirieb mit Accurnulatoren oder mit Luftleitung und Kontaktwagen einzurichten.

Als Unter- und Oberbau ist derjenige einer gewöhnlichen Adhäsionsbahn in Aussicht genommen, der im Hinblick auf den Betrieb ohne Lokomotiven leicht gehalten werden soll. Es ist eine Spurweite von 75 cm. und eiu kleinster Kurvenradius von 60 m. in Aussicht genommen. In der Mitte ist ein Nebengeleise von 100 m.

Länge projektirt, wo die beiden gleichzeitig von den Endpunkten abgehenden Wagen kreuzen können. Die Wagen sollen die nämliche Personenzahl fassen können wie die Wagen der Drahtseilbahn.

Eventuell sind zwei kleine Güterwagen zum Ankuppeln vorgesehen.

Der Motor wird je nach der Betriebsart arn ohern Ende oder in der Mitte der Bahn, wo allseitig genügende Wasserkraft zum Betrieb von Turbinen vorhanden ist, angebracht werden.

Als maximale Leistung der Drahtseilbahn sind drei Züge per Stunde (nach jeder Richtung) vorgesehen, was die Beförderung von 120 Personen ermöglicht. Entsprechend sollen auch auf der elektrischen Bahn drei Züge per Stunde zur Beförderung der nämlichen Reisendenzahl ausgeführt werden können.

Unter zu Grundlegung der bei ähnlichen Unternehmungen gemachten Erfahrungen werden die Erstellungskosten veranschlagt: für die Drahtseilbahn auf Fr. 694,500 oder Fr. 448,064 per km. und für die elektrische Bahn auf Fr. 424,500 oder Fr. 109,407 per km., mithin zusammen auf Fr. 1,119,00l). Dieselben setzen sich zusammen wie folgt :

398 1. Sektion. II. Sektion .

Fr.

1. Allgemeine Kosten, Finanzirung 40,000 25,000 2. Projektausarbeitung u. Bauleitung 20,000 30,000 3 . Landerwerb .

.

.

.

30,000 40,000 4 . Unterbau .

.

.

. 300,000 154,000 5 . Oberbau .

.

.

.

. 146,000 70,000 6. Hochbau 54,000 15,500 7. Mechanische und elektrische Einrichtungen .

.

.

.

39,500 50,000 8. Betriebs- und Rollmaterial 20.000 20,000 9. Unvorhergesehenes .

20,000 10,000 1 0 . Zinsverluste .

.

.

. 25,000 10,000 Summa

Total.

Fr.

Fr.

65,000 50,000

70,000 454,000

216.000 69,500 89,500 40,000 30,000 35,000

694,500 424,500 1,119,000

Das Nähere über die Berechnungsweise der einzelnen Posten ist dem detaillirt gehaltenen Kostenvoranschlag zu entnehmen.

Was die RentabilitätsVerhältnisse betrifft, so legen die Petente), indem sie von dem jetzigen Fremdenverkehr auf Murren von 12,000 Personen ausgehen, eine Benutzung der Bahn durch circa 15,000 Reisende per Jahr zu Grunde und erhallen dann 15,000 Reisende, Bergfahrt, à Fr. 3. 75 .

.

. Fr. 56,250 15,000 ,, Thalfahrt, à Fr. 2. 25 .

.

. ·,, 33,750 2,000 ,, Mürren-Gütsch und retour, à Fr. 1.75 ,, 3,500 Führer etc. mit Abonnementsbilleten .

.

.

,, 500 Gepäck : von 30,000 Reisenden im Mittel 15 kg. à 4 Rp.

Güter : 200 Tonnen à 25 Rp.

.

.

.

Einnahmen Total

Fr.

,, ,,

Fr. 117,000

Die Betriebsausgaben werden berechnet, wie folgt: Allgemeine Verwaltung Jeden Frühling Herstellung und Reinigung der ganzen Bahnanlage Bahnaufsicht und ordentlicher Unterhalt Personal : 4 Führer à Fr. 1200 3 Stations vorstände, zugleich Kassiere .

4 Gepäckkondukteure à Fr. 600 .

.

Mechanische und elektrische Betriebskosten, Mechaniker etc Ausgaben Total

94,000 18,000 5,000

Fr.

6,000

,, ,, ,, ,, ,,

6,000 5,000 4,800 3,000 2,400

,,

4,800

Fr. 32,000

399

Nach Abzug dieser Betriebskosten, sowie einer Einlage von Fr. 15,000 in den Erneuerungs- und Reservefonds verbleibt zur Verzinsung des Anlagekapitals von Fr. 1,119,000 ein Ueberschuß von Fr. 70,000, was einem Zins von 6 ] /-i°/o gleichkommt.

Die seitens der Gesuchsteller gewünschten Abänderungen von den für ähnliche Unternehmungen üblichen Bedingungen werden unten bei Besprechung der einzelnen Artikel zur Sprache kommen.

Das Konzessionsgesuch ist vorschriftsgemäß der Regierung von Bern mitgetheilt worden und am 28. März fanden die konferenziellen Verhandlungen statt, bei welcher der nachstehende Konzessionsentwurf von keiner Seite beanstandet wurde.

Wie schon die Thal bahn von Interlaken nach Lauterbrunneu und Grindelwald, so hat auch das vorliegende Bergbahnprojekt bei der betheiligten Bevölkerung eine getheilte Aufnahme gefunden.

Während die Einen dasselbe lebhaft begrüßen, erblicken die Andern darin den Grund zum Ruin der Mehrzahl der Bevölkerung.

Mit Zuschrift vom 15. April 1887 übermittelte uns die Regierung von Bern eine Namens einer in Lauterbrunnen abgehaltenen Volksversammlung von einem Ausschuß unterzeichnete Vorstellung vom 29. März 1887, welche gegen das Projekt Stellung nimmt.

Es wird darin geltend gemacht, daß sich seit 50 Jahren der Fremdenverkehr im Lauterbrunnenthale nach und nach so gestaltet habe, daß die große Mehrzahl der Bevölkerung, wie Führer, Träger, Wirthe, Kutscher, Pferdelenker u. s. w., ihren Hauptverdienst in der Spedition von Personen und Gepäck von und nach Murren finde.

Komme die Bergbahn zu Stande, so werde mit einem Schlage die Mehrzahl der Bevölkerung ihres bisherigen Broderwerbs beraubt.

Das Thal mit dem wenigen kultivirbaren Land vermöge- die Bevölkerung nicht mehr zu ernähren, und wer nicht auswandern könne, falle der Gemeinde zur Last, und die schon jetzt über dem Mittel stehenden Armenlasten werden eine geradezu unerschwingliche Höhe erreichen.

Sodann langte unterm 18. April 1887 eine vom 15. gl. Mis.

datirte , mit 88 Unterschriften bedeckte , von Bewohnern Lauterbrunnens, Murrens und der Umgegend ausgehende Kundgebung zu Gunsten der Kon/.essionsertheilung ein. Diese Eingabe hält dafür, daß das neue Verkehrsmittel der ganzen Gegend leichtern und erhöhten Verdienst bringen werde, indem der Fremdenverkehr bedeutend gehoben und anhaltender und
regelmäßiger gestaltet werde.

Später wurden diesen Unterschriften noch weitere 131 beigefügt.

Die Regierung von Bern, welcher das Konzessionsgesuch zur Vernehmlassung mitgetheilt wurde, beschränkte sich in ihrem oben

400

erwähnten Schreiben vom 15. April darauf, hinsichtlieh des vorliegenden Projektes, wie bezüglich der Thalbuhn, allgemein zu bemerken, daß dasselbe verfrüht erscheine und die Konzession unter keinen Umständen vor der Vollendung-der Brüuigbahn ertheilt werden sollte, indem sie sich ihre abschließliche Vernehmlassung.

noch vorbehielt.

Mit Schreiben vom 28. Mai 1887 spricht sich nun die Regierung dahin aus, daß sie ,,im Hinblick auf den Beschluß der Bundesversammlung betreffend die Oberländer Thalbahnen glaube, für die Mttrrenbahn davon Umgang nehmen zu können, die von ihr schon bezüglich des gleichzeitigen Baues der Touristenbahnen angebrachten allgemeinen Bemerkungen hier zu wiederholen. Immerhin erlaube sie sich, den Bericht des Regierungsstatthalters von Interlaken hierüber zu übermuchen. Dieser Bericht verweise auf die Eingaben, welche die Interessenten dem Eisenbahndepartement direkt zugestellt haben. Die Regierung stehe davon ab, dieselben näher zu begutachten, da die angebrachten Wüusche in einem absoluten Widerspruche zu einander stehen.a Was den Bericht des Regierungsstatthalters von Interlaken betrifft, so könnten wir aus den hernach anzuführenden Gründen über denselben ohne weiteres hinweggehen, wenn nicht eine darin auf die Botschaft des Bundèsrathes betreffend die Oberländer Thalbahnen bezügliche Behauptung einer kurzen Richtigstellung rufen würde. Es wird nämlich in dem Bericht angeführt, daß die Gemeindeversammlung von Lauterbrunnen vom 4. Dezember 1886 sich dahin erklärt habe, daß eine Thalbahn Interlaken-Lauterbrunnen wûnschenswerth wäre, wenn sich keine Bergbahnen daran knüpfen würden, und weiter bemerkt, daß die Botschaft des Bundèsrathes betreffend die Thalbahnen aufgefallen sei, indem darin gesagt werde, daß die großen Thalsehaften Lauterbrunnen und Grindelwald Eisenbahnen verlangen. Es sei dies absolut unrichtig, denn die Kundgebung der Gemeindeversammlung von Lauterbrunnen vom 4. Dezember 1886 sei keine offizielle gewesen, weil die Frage der Thalund Bergbahnen nicht auf den Traktanden gestanden und durch die zwei später folgenden Kundgebungen deutlich und klar bewiesen sei, was die Gemeinde Lauterbrunnen in Thal- und Bergbahnprojekten für Ansichten habe.

Demgegenüber ist /u bemerken, daß doch wohl der Zuschrift Namens der Gemeinde, nicht aber den Kundgebungen einer Anzahl
Privater und einer Volksversammlung o f f i z i e l l e r Charakter beigemessen werden mußte, und was die Eingabe der Gemeinde betrifft, so lautet der bezügliche Passus wörtlich folgendermaßen :

401

es sei eine Bahn Interlaken-Lauterbrunnen (nicht Bönigen) für die hiesige Gemeinde von großem Interesse, und es sei dieselbe zu begrüßen und allgemein zu wünschen, ,,Hingegen eine Bergbahn Murren oder Wengernalp sei ganz zu verwerfen, indem eine solche Bahn in verschiedenen Richtungen die hiesige Bevölkerung ruinire würde."

Da es sich damals nur um die Frage der Konzessionsertheilung für die T h a i b a h n handelte, so lag keine Veranlassung vor, in der Botschaft auch die eventuelle Stellungnahme Lauterbrunnens zu einer B e r g b a h n zu erwähnen. Bemerkenswerth an dem Berichte des Regierungsstatthalters von Interlaken ist ferner noch, wenn am Schlüsse gesagt wird : ,,Im Einverständniß mit den betheiligten Gemeinden und allen Privaten bis an einen einzigen werde das dringende Gesuch gestellt, das vorliegende Konzessionsgesuch sei abzuweisen", eine Behauptung, die eigentümlich klingt, wenn man ihr gegenüberhält, daß immerhin 219 Thalbewohner sich mit einer Eingabe zu Gunsten der Konzessionsertheilung an die Bundesbehörden gewendet haben.

Der Aufgabe, auf die für und gegen das Projekt eingelangten Kundgebungen näher einzutreten, erachten wir uns für überhoben, nachdem die Regierung von Bern sich darauf beschränkt, auf die in absolutem Widerspruche stehenden Wünsche hinzuweisen und sich nicht veranlaßt sieht, die Einwendungen aus der betheiligten Landesgegend aufzunehmen und denselben durch eine förmliche Einsprache Ausdruck zu geben.

Es kommt daher Art. 4 des Eisenbahngesetzes im vorliegenden Falle nicht in Frage und braucht auf eine Erörterung der streitigen Punkte und der in Betracht kommenden Verhältnisse nicht weiter eingetreten zu werden. Vielmehr macht Art. 3 Regel, welcher dem Bund zur Pflicht macht, die Eisenbahnverbindungen zu entwickeln und zu vermehren.

Schon in der mehrgenannten Botschaft betreffend die Thalbahn ist darauf· hingewiesen worden, daß in der bisherigen Praxis die Bundesbehörden den durch Art. 3 des Eisenbahngesety.es aufgestellten Grundsatz konsequent durchführten und bei Erfüllung der formellen Requisite, trotz etwaiger Bedenken und Einwendungen, ohne auf subtile Abwägung von Opportunitätsrücksichten und Sonderinteressen einzutreten, die Konzession regelmäßig ertheilten.

Wenn auch zuzugeben ist, daß es sich im gegenwärtigen Falle um ein Projekt lokaler Natur handelt, das überdieß vorwiegend dem Touristenverkehr zu dienen bestimmt ist, und bei welchem das allgemeine Interesse weniger im Vordergrund steht, als bei einer

402

eigentlichen Verkehrsbahn, so scheint uns doch kein Grund vorzuliegen, von der Praxis hier abzugehen, nachdem seitens der Kantonsregierung Einsprache nicht erhoben wird.

Wir beantragen Ihnen daher, dem Konzessionsgesuche im Sinne des unten folgenden Beschlußentwurfes zu entsprechen, dem anläßlich der am 28. März 1887 abgehaltenen Konferenz sowohl der Regierungsvertreter als die Petenten zustimmten.

Im Art. 6 nahmen wir nicht Anstand nach dem Wunsche der Petenten für Vollendung und Inbetriebsetzung der II. Abtheilung, Grütschalp-Mürren, einen längern Termin anzusetzen als für die I. Abtheilung, da nach den örtlichen Verhältnissen mit dem Bau der obern Abtheilung erst wird begonnen werden können, wenn die untere in Betrieb gesetzt ist und für den Transport der Materialien etc. benutzt werden kann.

Art. 7, 1. Alinea, enthält eine bei Spezialbahnen übliche Bestimmung. Ebenso Art. 12 und 13 [vgl. z. B. aus der letzten Zeit die Konzessionen für eine Zürichbergbahn, vom 1. Juli 1886 (E. A. S.

IX, 15); Zahnradbahn Capolago-Monte-Generoso, vom 2. Juli 1886 {ib. 51); Drahtseilbahn Kehrsiten-Bürgenslock, vom 23. Dez. 1886 (ib. 160); Drahtseilbahn auf den Martinsberg, vom 29. April 1886 (ib. 250); Zahnradbahn Bönigen-Schynige Platte, vom 29. April 1886 (ib. 254)].

Was die Taxen in Art. 15 betrifft, so sind die von den Petenten vorgeschlagenen Ansätze aufgenommen, da sie die für ähnliche Unternehmungen zugestandenen Maxima nicht übersteigen, selbst dann nicht, wenn man die Taxen für die untere und obere Abtheilung besonders berechnet, statt auf die ganze Linie Lauterbrunnen-Mürren zu beziehen (vgl. z. B. Territet-Glion, E. A. 8. VI, 152; Kehrsiten-Bürgestock ib. IX, 160).

Da die Gesuchsteller die beiden Abtheilungen als einheitliche Linie zu betreiben gedenken, so sind nur Einheitstaxen für die ganze Fahrt Lauterbrunnen-Mürren vorgesehen, mit der Ausnahme, daß Retourbillete Mürren-Grütschalp ausgegeben werden sollen.

Die Regierung von Bern macht nun in ihrer Vernehmlassung darauf aufmerksam, daß sich für Exkursionen nach den umliegenden Höhen auch das Bedürfniß nach Billeten Lauterbrunnen-Grütschalp geltend machen könnte und wünscht daher eine Ergänzung des Art. 15 in dem Sinne, daß der Bundesrath auf das Gesuch der bernischen Regierung die Ausgabe von Billets LauterbruunenGrütschalp anordnen und dafür den Preis im Verhältniß der Konzessionstaxen ansetzen könne. Dieses Begehren, welches durchaus begründet erscheint, wurde den Petenten zur Kenntniß gebracht

403

und es erklärten sich letztere bereit, demselben durch Einstellung folgender Taxen zu entsprechen : Bergfahrt Lauterbrunnen-Grütschalp Fr. 3. -- Thalfahrt Grütschalp-Laulerbrunnen ,, 1. 50 Einfache Fahrt Mürren-Grütschalp oder umgekehrt ,, 1. -- Es erscheint uns aber passender, statt einer so detaillirteu Tarifaufstellung einen allgemeinen Vorbehalt in dem Sinne in die Konzession aufzunehmen, daß der Bundesrath im Falle des Bedürfnisses auch für die Umsteigstation Grütschalp Taxen auf Grundlage der obigen Ansätze festsetzen wird, mit welcher Bestimmung dem Begehren der Regierung, wie auch den Intentionen der Petenten entsprochen wird.

Im vorletzten Alinea dieses Artikels ist sodann noch die Pestsetzung ermäßigter Taxen füV die einheimische Bevölkerung, wie Führer und Träger, durch den Bundesrath vorbehalten. Es wird bei der Tarifaufstellung zu prüfen sein, in welcher Form diese TaxermälSigung am zweckmäßigsten durchgeführt werden kann.

Die übrigen Artikel, welche keine Abweichungen von den üblichen Bestimmungen enthalten, geben uns zu Bemerkungen nicht Anlaß.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 9. Juni 1887.

Im Namen des schweif. Bundesrathes, Der B u i i d e s p r ä s i d e n t :

Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

404

(Entwurf.)

ßundesbeschluß betreffend

Konzession einer Drahtseil- und elektrischen Bahn von.

Lauterbrunnen nach Murren.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Gesuches der Herren L. H e e r - B è t r i x in Biel, F. Ma r ti in Win t e r t hur und F r e j
Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren vom Tage der Konzessionsbewilligung an gerechnet, ertheilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in B i e l .

405

Art. 4. Die Mehrheit der Mitglieder der Verwaltung muß aus .Schweizerbürgern bestehen, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.

Art. 5. Binnen 12 Monaten, vom Datum der Konzession an gerechnet, sind die vorschriftgemäßen technischen und finanziellen Vorlagen, sowie die Statuten der Gesellschaft, dem Bundesrathe einzureichen.

Mit den Arbeiten muß spätestens binnen 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung begonnen werden.

Art. 6. Die Vollendung und Inbetriebsetzung der Bahn hat zu geschehen für die: I. Abtheilung, Lauterbrunnen-Grütschalp, innert l lk Jahren, II.

,, Grütschalp-Mürren, ,, 1lk ,, nach der Plangenehmigung.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen, darf nur geschehen auf Grund von Ausfuhrungsplänen, welche vorher dem Bundesrathe vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung zu verlangen, wenn ihm eine solche durch
Art. 8. Die Bahn wird in der untern Abtheilung als Drahtseilbahn erstellt und unter Verwendung von Wassergewicht als bewegender Kraft betrieben.

Die obere Abtheilung wird als Adhäsionsbahn mit elektrischem Betrieb gebaut werden.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kantons Bern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Uebervvachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, ist behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten, und das zur Untersuchung und Erprobung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

406

Art. '11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte, welche iu der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben, und gegen welche der Inhaber der Bahn nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt in erster Linie die Beförderung von Personen und Gepäck ; Güter werden nur befördert, insofern die Bauart und Tragkraft der Wagen und das Betriebssystem es gesta tien.

Zum Viehtransport ist die Gesellschaft nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Gesellschaft kann den Betrieb der Bahn auf die Bergtouristensaison beschränken. Im Allgemeinen ist der Gesellschaft anheimgestellt, 'die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzustellen.

Immerhin sind alle Projekte, welche sich auf fahrplanmäßige Züge beziehen, mindestesteus 14 Tage vor dem zu ihrer Ausl'ührung bestimmten Zeitpunkt dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Art. 14. Es wird nur eine Wagenklasse eingeführt, deren Typus durch den ßundesrath genehmigt werden m u U.

Das Maximum der Fahrgeschwindigkeit wird vom Bundesrath festgestellt.

Art. 15. Die Unternehmer werden ermächtigt, folgende Taxen zu beziehen : 1) Für den Transport von P e r s o n e n : für die Bergfahrt von Lauterbrunnen bis Murren . Fr. 3. 75 ,, ,, Thalfahrt von Murren bis Lauterbrunneu . fl 2. 25 ,, Retourbülete Mürren-Grütsohalp ..

.

. ,,1.75 Für Kinder unter 4 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts zu bezahlen.

2) Für den G e p a c k t r a n s p o r t : Das Handgepäck der Reisenden bis zum Gesammtgewidit von 5 Kilogramm wird taxfrei befördert, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 40 Rappen per Collis bis zu 10 kg. Gewicht, für das.

Mehrgewicht 4 Kappen pur Kilogramm bezogen -verdeu.

407

3) Für den G ü t e r t r a n s p o r t : Für die zur Beförderung angenommenen Güter dürfen höchsten» 2 1/2 Rp. per kg. bezogen werden.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt.

Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Für die einheimische Bevölkerung, Führer und Träger, sind ermäßigte Taxen vorbehalten, welche der Bundesrath nach Anhörungder Gesellschaft festsetzen wird.

Im Falle des Bedürfnisses wird der Bundesrath auch für die Umsteigstation Grütschalp Taxen auf Grund obiger Ansätze festsetzen.

Art. 16. Die in Artikel 15 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Aufund Abladen der Waare ist Sache der Gesellschaft,, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden.

Art. 17. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterwerfen. Soweit sie Aenderungen nothwendig findet, können dieselben erst nach eingeholter Bewilligung des Bundesrathes eingeführt werden.

Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 18. Die sämmtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 19. Wenn die, Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusetzen. Kann diest'alls eine Verständigung zwischen dein Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

408

Art. 20. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über den Betrieh beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 21. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Aeuffnun eines genügenden Erneuerungs und Reservefondes zu sorgen und eine Kranken- und Unterstützungskasse für das Personal zu errichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art 22. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Bern, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn stimmtZugehörr in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung des Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1918 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1918 und 1. Mai 1933 erfolgt, den 22 1/2 fachen Werth; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1933 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, d20 fachenhen Werth des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug des Betrages des Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung der Änlagekosten und des Reinertrages ·darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit ver-

409

bundenen Geschäftszweige in- Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 23. Hat der Kanton Bern den Ruckkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 22 deflnirt worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie Letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 24. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

Bundesblatt. 39. Jahrg. Bd. III.

28

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseil- und elektrischen Bahn von Lauterbrunnen nach Mürren. (Vom 9. Juni 1887.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1887

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

29

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.06.1887

Date Data Seite

395-409

Page Pagina Ref. No

10 013 577

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.