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Schweizerisches Bundesblatt mit schweizerischer Gesetzsammlung, 68. Jahrgang.

Bern, den 15. November 1916.

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Band IV.

Bundesratsbeschluss über

die Beschwerde von Notar Paul Egger in Langnau i. E.

betreffend Verweigerung der Eintragung eines Abtretungsvertrages im Grundbuch.

(Vom 10. November 1916.)

Der schweizerische Bundesrat

hat über die Beschwerde von Notar Paul Egger in Langnau i. E.

betreffend Verweigerung der Eintragung eines Abtretungsvertrages am Grundbuch, auf den Bericht seines Justiz- und Polizeidepartementes, folgenden Beschluss gefasst:

A.

In tatsächlicher Beziehung wird festgestellt:

l.

Am 25. Februar 1916 verurkundete Notar Paul Egger einen Vertrag, wonach Ulrich Hofer in Langnau i. E. sich verpflichtete, seinem Sohne Johann ein Heimwesen auf Rechnung zukünftiger Erbschaft zu Eigentum abzutreten. Diesen Vertrag reichte Notar Paul Egger, zugleich mit einer von ihm unterzeichneten Anmeldung, am 10. März 1916 beim Grundbuchamt Signau zur grundBundesblatt. Jahrg. 68. Bd. IV.

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156 buchlichen Behandlung ein. Der Grundbuchverwalter von Signau lehnte jedoch mit Verfügung vom gleichen Tage die Eintragung dieses Abtretungsvertrages ab, weil die gesetzlich vorgeschriebene ausdrückliche Einwilligung des bisherigen Eigentümers zur Vornahme der Eintragung im Grundbuch fehle.

Gegen diese Verfügung führte Notar Paul Egger beim Regierungsrat des Kantons Bern Beschwerde, wurde aber mit Entscheid vom 4. August 1916 abgewiesen. Während der Beschwerdeführer geltend machte, dass nach Art. 128 des bernischen Einführungsgesetzes zum ZGB der Notar, kraft seines Amtes, die Eintragung der von ihm verurkundeten Geschäfte im Grundbuch verlangen könne, ohne dass es noch einer besondern schriftlichen Zustimmungserklärung des frühern Eigentümers hierzu bedürfe, stellte sich der bernisehe Regierungsrat auf den gegenteiligen Standpunkt.

Nach der Auffassung der bernischen Aufsichtsbehörde über die Grundbuchführung ist es schon nach Bundesrecht fraglich, ob die Kantone, gestützt auf Art. 963, Abs. 3 ZGB, die Urkundspersonen zur selbständigen grundbuchlichen Verfügung über das dingliche Recht, auf das sich der von ihnen verurkundete Vertrag bezieht, ermächtigen können oder ob nicht vielmehr anzunehmen ist, dass den Urkundspersonen nur das Recht zur Antragstellung beim Grundbuchamt, als formeller Voraussetzung der Behandlung des Geschäftes im Grundbuch, gegeben werden kann, während die materielle Verfügung über den im Grundbuch eingetragenen Rechtszustand auf alle Fälle von der hierzu allein berechtigten Vertragspartei auszugehen hat und durch die sogenannte Eintragungsbewilligung erfolgt.

Aber auch wenn man die Übertragung des vollen Verfügungsrechtes an die Urkundspersou für bundesrechtlich zulässig erachte, so sei immer noch auf Grund des kantonal-bernischen Rechtes zu prüfen, ob und inwieweit dieses kantonale Recht von der ihm eingeräumten Befugnis Gebrauch machen wollte und Gebrauch gemacht habe. In dieser Beziehung führt die Entscheidung des Regierungsrates vom 4. August 1916 aus: ,,Für das bernische Recht kann nun nicht angenommen werden, dass es den Notar in dem obenerwähnten weitgehenden Sinne legitimiert habe, dass er einer Erklärung des Eigentümers nach Art. 963, l ZGB, zur grundbuchlichen Verfügung nicht bedürfe. Diese Annahme würde bedingen, dass die Urkundsperson, bevor sie von ihrer formellen Legitimation gegenüber dem Grundbuchamt Gebrauch macht, in jedem Falle auf eigene Verantwortung zu prüfen hätte, ob die ,

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sofortige Eintragung dem Willen der Kontrahenten, insbesondere auch des Eigentümers entspricht, oder ob sie erst nach Verlauf einer bestimmten Frist oder nach Erfüllung gewisser Bedingungen oder Gegenleistungen erfolgen soll. Wollte sich das kantonale Recht auf diesen Boden stellen, so müsste es auf diese Verhältnisse Rücksicht nehmen und die Urkundsperson anweisen, die Eintragung (soll heissen ,,Anmeldung") erst dann vorzunehmen, wenn sie hierzu nach dem Inhalt des Rechtsgeschäftes und dem Willen der Kontrahenten ermächtigt ist.

,,Nun nimmt aber Art. 128 des bernischen Einführungsgesetzes in keiner Weise Bezug auf diese Fragen, sondern weist vielmehr den Notar an, das verurkundete Geschäft binnen 30 Tagen nach der Beurkundung von Amtes wegen zur Eintragung anzumelden. Die kategorische Form dieser Anweisung und insbesondere die Fristbestimmung vertragen sich nicht mit der Pflicht des Notars, die Eintragung (soll heissen ,,Anmeldung") nur dann und erst dann vorzunehmen, wenn es dem Inhalt des Vertrages und 1 dem Willen der Kontrahenten entspricht. Diese Schwierigkeiten verschwinden aber, wenn davon ausgegangen wird, Art. 128 EGr habe den Notar nur dazu ermächtigt, das mit der Eintragungsbewilligung des Eigentümers versehene Geschäft ohne besondere Vollmacht zur grundbuchlichen Behandlung zu bringen.

,,Es muss daher angenommen werden, dass Art. 128 EG dem Notar nur diese enger gefasste Ermächtigung erteilt."

II.

Mit Eingabe vom 18. August 1916 beschwert sich Notar Paul Egger über den Entscheid des bernischen Regierungsrates vom 4. August beim Bundesrat und verlangt Aufhebung dieses Entscheides.

Der Beschwerdeführer begründet sein .Begehren in erster.

Linie damit, dass das eidgenössische Grundbuchrecht als Voraus?

Setzungen für die Eintragung im Grundbuch neben dem Ausweis über Verfügungsrecht und Rechtsgrund nur die Anmeldung.be* zeichne, und dass daneben nach Bundesrecht eine besondere Eintragungsbewilligung gar nicht nötig sei. Der angefochtene Entscheid, der neben der Anmeldung des Notars noch eine Ein^tragungsbewilligung des Veräusserers verlange, widerspreche daher schon aus diesem Grunde dem eidgenössischen Recht.

Sodann versucht der Beschwerdeführer auf Grund der Entstehungsgeschichte des Art. 128 des bernischen Einführungs-

158 gesetzes darzutun, dass diese Gesetzesbestimmung den Notar zur Vornahme der Anmeldung im Sinne des Grundbuchrechtes und damit zur Verfügung über das dingliche Recht ermächtigen wollte.

Die von der bernischen Aufsichtsbehörde über das Grundbuch vorgenommene Unterscheidung, wonach die Urkundspersonen vom kantonalen Recht nur zur Weiterleitung der Verträge an die Grundbuchämter und dadurch zur Anmeldung in rein formellem Sinne angewiesen werden, das eigentliche Verfügungsrecht, das Anmeldungsrecht in materiell-rechtlichem Sinne, aber kraft Bundesrecht bei der verfügungsberechtigten Partei, insbesondere beim Veräusserer, verbleibe, widerspreche durchaus der Absicht des kantonalen Gesetzgebers. Diese Auffassung der bernischen Aufsichtsbehörde habe übrigens nur zur Folge gehabt, dass die Urkundspersonen in allen Fällen und in ganz mechanischer Weise diese unnötige Eintragungsbewilligung in ihre Verträge aufnehmen, woraus schwere Inkonvenienzen entstanden seien.

Eventuell macht der Beschwerdeführer geltend, dass er im Beschwerdefall übrigens vom Veräusserer zur Anmeldung des Vertrages beim Grundbuchamt und zur Vornahme der Verfügung im Grundbuch ermächtigt worden sei, indem der Vertrag am Schlüsse folgende Bestimmung enthalte : ,,Dieser Abtretungsvertrag ist zweifach auszufertigen, das eine Doppel als Forderungstitel zuhanden des Abtreters und zugleich als Erwerbstitel zuhanden des Übernehmers, das andere Doppel als Ausweis für den Grundbuchverwalter zur Eintragung des Eigentums."

Der Regierungsrat des Kantons Bern beantragt in seiner Vernehmlassung vom 8. September 1916, der Bundesrat möge wegen Unzuständigkeit auf die Beschwerde nicht eintreten oder eventuell die Beschwerde als unbegründet abweisen.

Die Unzuständigkeit der eidgenössischen Aufsichtsbehörde, die vorliegende Beschwerde materiell zu behandeln, ergebe sich aus dem Umstand, dass richtigerweise der Umfang der Befugnisse der bernischen Urkundspersonen gegenüber den Organen der Grundbuchführung ausschliesslich nach dem kantonal-bernischen Recht beurteilt werden müsse, wobei das eidgenössische Recht gar nicht berührt werde.

Für den Fall, dass entgegen dieser Auffassung eidgenössisches Recht zur Anwendung gebracht werden sollte, vertritt die bernische Aufsichtsbehörde über die Grundbuchführung in ihrer Vernehmlassung die Ansicht, dass selbst nach Bundesrecht die Urkundsperson nur zur Vornahme der rein prozessualen Anmeldung beim Grundbuchamt legitimiert, nicht aber ermächtigt werden könne,

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an Stelle der materiell verfügungsberechtigten Partei über das Grundbuch oder gar über das dingliche Recht zu verfügen. Diesen Schluss glaubt der bernische Regierungsrat aus einer Vergleichung von Art. 963, Abs. 3, mit Art. 972, Abs. 3, ZGB ziehen zu dürfen, wobei dann allerdings Art. 16, Abs. 3, der Grundbuchverordnung als über das Gesetz hinausgehend angesehen werden müsste.

Endlich erklärt die kantonale Aufsichtsbehörde die eventuell vorgebrachte Ansicht des Beschwerdeführers, dass im Beschwerdefalle der Veräusserer durch die Schlussklausel des Abtretungsvertrages den Notar tatsächlich zur Vornahme der grundbuchlichen Verfügung ermächtigt habe, als unzutreffend. Diese Klausel, dass ein Doppel ,,als Ausweis für den Grundbuchverwalter zur Eintragung des Eigentums" ausgefertigt werden müsse, bilde nur eine notariatsrechtliche Formel und stelle keine Ermächtigung des Notars zu irgendwelchen Rechtshandlungen dar.

B.

In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht: L

Sowohl für die Prüfung der Zuständigkeit des Bundesrates zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde als auch für die materielle Beurteilung ist von entscheidender Bedeutung, was nach eidgenössischem Grundbuchrecht unter der A n m e l d u n g zu verstehen ist.

Der bernische Regierungsrat stellt in seinem Entscheid und vor allem in seiner Vernehmlassung die Anmeldung des schweizerischen Rechts dem Antrag ausländischer Grundbuchrechte gleich, was dann natürlich zur Folge hat, dass man bei allen rechtsbegründenden Eintragungen ausser diesem formellen Antrag noch eine besondere schriftliche Erklärung, die sogenannte ,,Eintragungsbewilligung'' verlangen muss. Diese Eintragungsbewilligung kann wiederum nur von demjenigen ausgehen, der nach der Rechtsordnung materiell verfügungsberechtigt ist.

Der Beschwerdeführer dagegen vertritt die Ansicht, dass das schweizerische Recht überhaupt nur e i n e n Begriff, die Anmeldung, kenne. Diese Anmeldung enthalte im Falle rechtsbegründender Eintragungen (ZGB Art. 963, Abs. 1) sowohl die dingliche Verfügung über das materielle Recht, als auch den an die Organe der Grundbuchverwaltung gerichteten formellen Antrag

160 auf Vornahme der notwendigen Änderungen im Grundbuch, im Falle deklaratorischer Eintragungen (ZGB Art. 963, Abs. 2) hingegen notwendigerweise nur diesen formellen Antrag zur Änderung des grundbuchlichen Zustandes. Danach wäre die Anmeldung ihrem Inhalte nach allerdings in den einen Fällen eine Verfügung über den materiellen Rechtsbesfcand, in _ den andern bloss eine Verfügung über den formellen Bestand des Grundbuches. Die rechtliche Behandlung der Anmeldung und insbesondere die Ermittlung der anmeldungsberechtigten Personen würden aber auf alle Fälle nach den gleichen Grundsätzen erfolgen.

Unter diesen beiden Auffassungen verdient ganz unzweifelhaft diejenige des Beschwerdeführers den Vorzug. Schon das ZGB kennt jene Trennung zwischen formeller Anmeldung und materieller Eintragungsbewilligung überhaupt nicht, sondern bezeichnet in Art. 963 beide Erklärungen -- mögen sie auch inhaltlich je nach der angemeldeten Eintragung verschiedene Bedeutung haben -- als ,,Anmeldungen". Diese einfache und im schweizerischen Grundbuchsystem wohlbegründete Auffassung hat auch die Grundbuchverordnung beibehalten, und von einer besonderen Eintragungsbewilligung, die zu der Anmeldung hinzutreten würde, ist nirgends die Rede. Vielmehr haben Gesetz und Verordnunggerade im Hinblick darauf, dass die Anmeldung unter Umständen nicht nur einen nebensächlichen formellen Antrag an die Organe der Grundbuchführung, sondern eine ausserordentlich wichtige Verfügung über das materielle Recht darstellt, mit ganz besonderer Sorgfalt in Art. 963, Abs. l und 2, ZGB und in Art. 11--17 Grundbuchverordnung das Anmeldungsrecht geordnet und dafür gesorgt, dass die Grundbuchverwalter nur solche Anmeldungen entgegennehmen, die von der grundbuchlich verfügungsberechtigten Person ausgehen. Wäre die Anmeldung, wie der bernische Regierungsrat annimmt, nur ein formeller Antrag an das Grundbuchamt zum Tätigwerden, nicht zugleich auch, im Falle eines rechtsbegründenden Eintrages, die materielle Verfügung über das dingliche Recht, so hätte diese eingehende und sorgfältige Ordnung des Anmeldeverfahrens im Bundesrecht gar keinen Zweck, sondern müsste vom Verkehr als unnötiges Hemmnis empfunden werden. -Dies ist nun aber durchaus nicht der Fall; dagegen wird das Verlangen einer besondern Eintragungsbewilligung neben dieser grundbuchreehtlich
zutreffend geordneten Anmeldung von der Praxis als überflüssige Massnahme angesehen.

Versteht man somit unter der Anmeldung des schweizerischen Grundbuchrechtes die von der verfügungsberechtigten Person aus:

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gehende grund buchliche Verfügung, sei es im einen Falle über das materielle Recht, sei es im andern Falle bloss über den formellen, dem materiellen Recht nicht mehr entsprechenden Grundbucheintrag, so ist damit auch die Auslegung des Art. 963, Abs. 3, ZGB und des Art. 16, Abs. 3, der Grundbuchverordnung ohne weiteres gegeben. Diese Vorschriften bestimmen : 1. ,,Die mit der öffentlichen Beurkundung beauftragten Beamten können durch die Kantone angewiesen werden, die von ihnen beurkundeten Geschäfte zur Eintragung anzumelden."

2. ,,Für die Fälle, wo der Ausweis für die Eintragung (Art. 18--23) in öffentlicher Beurkundung auszufertigen ist, kann das kantonale Recht die Urkundspersonen als zur Vornahme der Anmeldung ermächtigt erklären."

Danach sind die Kantone zuständig, entweder ihre Urkundspersonen zur Besorgung der Anmeldung ihrer Verträge beim Grundbuchamt zu ermächtigen (GBVo Art. 16, Abs. 3) oder sie sogar hierzu zu verpflichten (ZGB Art. 963, Abs. 3). In beiden Fällen erscheint dann aber die Urkundsperson als die grtmdbuchlich verfügungsberechtigte Person. Ihre Anmeldung ist nicht bloss «in rein formeller Antrag, der bei rechtsbegründenden Eintragungen bis zum Eintreffen einer weitern schriftlichen Erklärung der Vertragspartei -- der sogenannten Eintragungsbewilligung -- gar keinen rechten Sinn hat, sondern zugleich die Verfügung über das materielle Recht an Stelle der nach Bundesrecht verfügungsberechtigten Partei. Damit erhalten allerdings die Urkundspersonen eine wesentliche Befugnis und eine besondere Vertrauensstellung gegenüber einer oder beiden Vertragsparteien. Immerhin kann sich die Urkundsperson diese Stellung auch unabhängig vom kantonalen Recht dadurch verschaffen, dass sie sich im Anschluss an den von ihr verurkundeten Vertrag von der verfügungsberechtigten Partei zu dieser grundbuchlichen Verfügung ausdrücklich ·ermächtigen lässt. Darum stellen Art. 963, Abs. 3, ZGB und Art. 16, Abs. 3, GBVo, auch bei der hier vertretenen Auffassung über den Begriff der Anmeldung, gewiss nicht zu weitgehende ' Bestimmungen dar, vor deren Anwendung die kantonalen Gesetzgeber zurückschrecken müssten.

II.

Was nun die Frage der Zuständigkeit des Bundesrates zur materiellen Entscheidung der Beschwerde betrifft, so ist der Aneicht des bernischen Regierungsrates zuzustimmen, dass die Aus-

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legung des Art. 128'des bevnischen Einfiihrungsgesetzes zum ZGB ausschliesslich Sache der kantonalen Behörden ist. Art. 128 lautet : ,,Der Notar hat die von ihm beurkundeten Geschäfte binnen30 Tagen nach der Beurkundung von Amtes wegen zur Eintragung in das Grundbuch anzumelden.tl Ob diese kantonal-rechtliche Bestimmung den bernischen Notar zur Vornahme der Anmeldung im Sinne des eidgenössischen Grundbuchrechtes verhalten, und ihn damit an Stelle der Vertragspartei zur materiellen Verfügung über das dingliche Recht ermächtigen wollte, wie der Beschwerdeführer behauptet, oder ob Art. 128 EG zum ZGB nur eine dem früheren kantonalen Recht nachgebildete Ordnungsvorschrift ist und die Weiterleitung der Rechtsgeschäfte an das zuständige Grundbuchamt bezweckt, wie der bernische Regierungsrat im angefochtenen Entscheid annimmt, hat der Bundesrat in seiner Eigenschaft als eidgenössische Aufsichtsbehörde über die Grundbuchführung nicht nachzuprüfen.

Es genügt, in dieser Beziehung festzustellen, dass Art. 128 des bernischen Einführungsgesetzes zum ZGB auch in der vom Regierungsrat vertretenen beschränkten Bedeutung, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, dem eidgenössischen Recht nicht widerspricht ; denn es versteht sich von selbst, dass die Kantone den Urkundspersonen nicht nur die weitergehende Anweisung oder doch Ermächtigung zur Anmeldung im Sinne des eidgenössischen Grundbuchrechtes, sondern auch die beschränkte Befugnis zur blossen Antragstellung beim zuständigen Grundbuchamt erteilen können. Als Anmeldung im Sinne des Bundesrechtes stellt sich dann eben regelmässig nicht dieser Antrag der Urkundsperson, sonderà die schriftliche Erklärung der verfügenden Vertragspartei dar, sofern nicht diese Vertragspartei ihrerseits -- was allerdings in der Praxis die Regel bildet -- die Urkundsperson beim Vertragschlusse selbst auch zur grundbuchlichen Anmeldung gemäss eidgenössischem Recht ermächtigt, oder doch im Anschluss an den Vertrag ihre ,,Eintragungsbewilligung" abgibt.

Der eidgenössischen Aufsichtsbehörde über die Grundbuchführung fehlt somit in diesem Beschwerdepunkt die Zuständigkeit zur materiellen Behandlung.

m.

In letzter Linie macht der Beschwerdeführer noch geltend, dass seine Beschwerde selbst dann als begründet erkannt werden müsse, wenn man sich auf den Boden der bernischen Behörden stelle und annehme, der Notar bedürfe zur Anmeldung

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des Vertrages beim Grundbuchamt, im Sinne des eidgenössischen Grundbuchrechtes, der ausdrücklichen Ermächtigung oder der Eintragungsbewilligung durch die verfügende Vertragspartei.

Der Beschwerdeführer erblickt diese Eintragungsbewilligung im Schlusssatz des Vertrages, der bestimmt: ,,Dieser Abtretungsvertrag ist zweifach auszufertigen, das 'eine Doppel als Forderungstitel zuhanden des Abtreters und zugleich als Erwerbstitel zuhanden des Übernehmers, das andere Doppel als Ausweis für den Grundbuchverwalter zur Eintragung des Eigentums.a Der bernische Regierungsrat bezeichnet dagegen diesen Schlusssatz; des Vertrages nur als eine notariatsrechtliche Formel, die es dem Notar ermöglicht, auf der Ausfertigung der Urkunde deren' be-° sondere Merkmale niederzuschreiben (§ .49 des bernischen Notariatsdekretes vom 24. November 1909).

Zur Prüfung der Frage, welche Bedeutung diesem Schlusssatz des Vertrages zukommt, ist der Bundesrat zuständig; denn es muss auf alle Fälle nach e i d g e n ö s s i s c h e m Recht beurteilt werden, ob der Veräusserer durch Unterzeichnung dieser Schlussklausel im Vertrag zur Vornahme der Eintragung im Grundbuch eingewilligt oder gar die Urkundsperson zur Besorgung der grundbuchlichen Anmeldung im Sinne des eidgenössischen Rechtes ermächtigt hat. Die Entscheidung dieser Frage ist nicht leicht. Jedenfalls ist der Auffassung des bernischen Regierungsrates insofern zuzustimmen, als diese Schlussformel keine ausdrückliche Ermächtigung der Urkundsperson enthält, an Stelle des Veräusserers über das Grundbuch zu verfügen. Deswegen braucht dann aber doch nicht ohne weiteres angenommen zu werden, dass es sich um eine rechtlich bedeutungslose notarialische Formel handle. Denn die Schlussklausel im Vertrag kann sehr wohl den Sinn haben, dass der Veräusserer damit wenigstens seine Einwilligung zur grundbuchlichen Behandlung des Abtretungsvertrages erklärt. Wenn die Parteien durch ihre Unterschrift dem Notar den Auftrag erteilen, den Vertrag in 2 Doppeln auszufertigen und eines davon .,,als Ausweis für den Grundbuchverwalter zur Eintragung des Eigentums" zu verwenden, so muss man doch annehmen, dass sie mit der grundbuchlichen Behandlung des Vertrages einverstanden sind, und dass insbesondere der Veräusserer hierzu einwilligt. Nach der für den Bundesrat verbindlichen Auslegung des Art. 128
EG zum ZGB, wie sie die bernische Aufsichtsbehörde über die Grundbuchführung im angefochtenen Entscheid niedergelegt hat, ist es ja nicht nötig, dass der Veräusserer die Urkundsperson zur Vornahme der An-

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meldung im Grundbuch ausdrücklich ermächtigt, sondern es genügt die schriftliche ,,Eintragungsbewilligung". Eine derartige Eintragungsbewilligung darf aber, wie ausgeführt, in der Schlussbestimmung des Vertrages erblickt werden.

Es ist somit auch in dieser Richtung der Auffassung des Beschwerdeführers der Vorzug zu geben und anzunehmen, dass im Beschwerdefall die nach Ansicht der bernischen Grundbuchbehörden erforderliche ,,Eintragungsbewilligung" tatsächlich vorlag, und dass der Abtretungsvertrag somit ohne weiteres zur grundbuchlichen Behandlung hätte gelangen können. Der Grundbuchverwalter hat demnach die Eintragung dieses Vertrages im Grundbuch zu Unrecht abgelehnt.

Gestützt auf diese "Erwägungen wird erkannt: Die Beschwerde wird begründet erklärt.

B e r n , den 10. November 1916.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident: Schulthess.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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Aus den Verhandlungen des Bundesrates.

(Vom 3. November 1916.)

Der neue portugiesische Gesandte bei der schweizerischen Eidgenossenschaft, Herr Bartholomen Ferreira, hat heute dem Bundespräsidenten sein Beglaubigungsschreiben überreicht.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesratsbeschluss über die Beschwerde von Notar Paul Egger in Langnau i. E.

betreffend Verweigerung der Eintragung eines Abtretungsvertrages im Grundbuch. (Vom 10. November 1916.)

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1916

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46

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15.11.1916

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155-164

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