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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Verlängerung der für den Simplonübergang angesetzten Baufrist.

(Vom 16. Dezember 1887.)

Tit.

Unterm 28. September 1887 richtete die Gesellschaft der westschweizerischen Bahnen und des Simplon an den Bundesrath zu Händen der Bundesversammlung das Gesuch um nochmalige zweijährige Erstreckung der ihr letztmals durch Bundesbeschluß vom 14. Dezember 1885 (E. A. S. VIII, 327) bis 31. Dezember 1887 verlängerten Frist für den Beginn der Arbeiten bezüglich des Simplondurchstiches.

Zur Begründung ihres Gesuches macht die Gesellschaft im Wesentlichen Folgendes geltend : Von den durch Bundesbeschluß betreffend eine neue Konzession für die Ligne d'Italie, vom 24. September 1873 (E. A. S. l, 272 ff.) konzessionirten Linien, nämlich Bouveret-Siders, Siders-Leuk, Leuk-Visp, Bouveret-St. Gingolph, Visp-Brig-italienische Grenze, seien dermalen alle, mit Ausnahme des Theilstückes Brig-italienische Grenze, vollendet und dem Betriebe übergeben. Die für Inangriffnahme des letztern durch Bundesbeschluß vom 14. Dezember 1885 angesetzte zweijährige Frist laufe mit dem 31. Dezember 1887 ab.

In den verschiedenen, die Fristverlängerungen betreffenden Botschaften an die Bundesversammlung, insbesondere in derjenigen vom 27. Mai 1880 (Bundesblatt 1880, III, 131 ff.), habe der

903 Bundesrath anerkannt, daß die Gesellschaft als Inhaberin der Konzession für die Simplonlinie nichts vernachläßigt habe, um die dem Beginn des Tunnelbaues noch im Wege stellenden Schwierigkeiten zu beseitigen. Gleichzeitig sei aber vom ßuadesrath betont worden, daß einerseits die Plangenehmigung nicht habe ausgesprochen werden können, so lange das Programm des Tunnels mit Italien niclit vereinbart sei, und daß anderseits von einer Bewilligung des Arbeitsbeginnes nicht die Rede sein könne, bevor nicht ein zureichender Finanzausweis vorliege, dessen Leistung unzweifelhaft wieder von einer vorauszugehenden Verständigung zwischen den interessirteu Staaten über die dem Unternehmen zu gewährenden finanziellen Unterstützungen abhängig sei.

Während der zwei seit der -letzten Fristerstreckung verflossenen Jahre glaube die Gresuchstellerin Alles, was in ihren Kräften stund, nach den beiden genannten Richtungen gethan zu haben, nämlich um einerseits eine Einigung bezüglich der Pläne herbeizuführen und anderseits hinlängliche finanzielle Hilfsquellen zu eröffnen.

a. In Würdigung des Umstaudes, daß hauptsächlich die großen Kosten der frühern Projekte deren Verwirklichung hintangehalten, habe die Bahngesellschaft neue Tracés studiren lassen, welche bei geringerer Länge des Tunnels eine entsprechende Reduktion der Kosten ermöglichen sollten, dabei aber gleichzeitig den technischen Anforderungen an eine internationale Linie zu entsprechen hatten.

Ebenso seien von verschiedenen Technikern gemachte Vorschläge für Spezialsysteme entgegengenommen und endlich auf die Initiative und gemeinschaftlich mit den betheiligten Kantonsregierungen, zur Prüfung der verschiedenen vorliegenden Projekte, aus anerkannt tüchtigen Fachleuten eine Expertenkommission niedergesetzt worden. Diese hahe sich, unter Verwerfung aller Spezialsysteme, für einen Tunnel von 16,o70 km. Länge nach dem letzten Projekte der Gesellschaft ausgesprochen.

Auf Grundlage der Schlüsse der Experten sei ein neues Projekt entworfen und dasselbe dem Bundesrath zugestellt worden behut's Mittheilung an Italien in dem Sinne, um letzteres zur Uebernahme der Verpflichtung zur Erstellung der südliehen Zufahrtslinie von Domodossola bis Gondo auf den Zeitpunkt der Inbetriebsetzung des großen Tunnels und der Schweiz. Zufahrtslinie zu veranlaßen, sowie um mit
Italien die Verhandlungen zum Abschluß eines internationalen Anschlußvertrages anzubahnen. Infolge der vom Bundesrathe bei der italienischen Regierung eingeleiteten Sehritte habe dann zwischen einem technischen Delegirten des italienischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten, den Vertretern

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des Eisenbahndepartements und der S. 0. S. eine Zusammenkunft an Ort und Stelle stattgefunden, um das von der Bahngesellschaft vorgeschlagene Tracé und die allenfalls zur Befriedigung der Wünsche der italienischen Regierung- daran notwendigen Aenderungen einer Prüfung zu unterstellen. Ihren Meinungsaustausch bezüglich Bau und Betrieb der Linie legten die Delegirten in einem von ihnen unter Ratifikationsvorbehalt unterzeichneten Protokoll nieder, das den diplomatischen Verhandlungen zum Abschluß eines Anschlußvertrages zur Grundlage werde dienen können.

b. In Bezug auf die finanziellen Vorbereitungen wird in dem Gesuche der S. 0. S. auf Folgendes hingewiesen : Zur Finanzirung des Unternehmens haben die Kantone Freiburg, Waadt und Wallis den ersten Schritt gethan, indem sie beschlossen, sich dabei mit Subventionen im Gesammtbetrage von 7 Millionen Franken zu betheiligen. Ferner sei auf das gemeinschaftliche Gesuch der genannten Kantone, sowie von Genf und Neuenburg, durch Bundesbeschluß vom 28. April 1887 (E. A. S. n. F. IX, 248), auf Grund dt s Bundesgesetzes betreffend Gewährung von Subsidien für Alpenbahnen, vorn 22. August 1878, vorbehaltlich der spätem Festsetzung der nähern Bedingungen, anerkannt worden, daß die genannten Kantone (Freiburg, Waadt, Wallis), sowie diejenigen, welche sich allenfalls ferner mit Subventionen am Simponunternehmen beiheiligen werden, auf die in Art. 5 des genannten Gesetzes für eine Alpenbahn im Westen der Schweiz zugesicherte Subvention von 4l/2 Millionen Franken, und zwar behufs Verwendung für das Unternehmen des Simplondurchstiches, berechtigt geworden seien. Zu diesen definitiv zugesicherten 11 Va Millionen Subventionen werden sich die weitem gesellen, welche von Seite anderer beim Simplondurchstich interessirter Kantone, Gemeinden und Gesellschaften erwartet werden. Auch habe die Gesuchstellerin begründete Hoffnung, daß sich in dieser Beziehung Italien der dem Unternehmen günstigen Bewegung in der Schweiz seinerseits anschließen werde.

Auf der anderen Seite seien auch Unterhandlungen zur Beschaffung der neben den Subventionen für den Durchstich erforderlichen Kapitalien eingeleitet, die Grundlagen für ein bezügliches Finanzabkommen bereits festgestellt, sowie endlich von einer Anzahl Bankhäuser bindende Verpflichtungen eingegangen worden.

Es dürfe daher mit
Sicherheit angenommen werden, daß auf den Zeitpunkt, wo die Anschlußverhältnisse mit Italien geregelt sein und die Subventionen die vorgesehene Höhe erreicht haben werden, auch alle nothwendigen Mittel für den Simplondurchstich gesichert sein werden.

905 Wenn demnach auch seit zwei Jahren die Simplonfrage bedeutende Fortschritte gemacht habe und die S. 0. S., wenn dies nur von ihr abhängen würde, füglich vor Ablauf der mit dem 31. Dezember auslaufenden Frist Hand an's Werk legen könnte, so sei ihr dies zur Zeit noch nicht gestattet, weil eben die von der vorherigen Verständigung mit Italien bezüglich der Anschlußverhältnisse abhängige Plangenehmigung nicht stattgefunden habe.

Infolge dessen sehe sich die Gesellschaft in der Lage, neuerdings um eine Fristverlängerung nachzusuchen, die nach ihrer Ansicht am zweckmäßigsten wieder auf zwei Jahre bemessen würde, um so für die noch bevorstehenden Verhandlungen genügende Zeit zu lassen.

Aus den von der 8. 0. S. angeführten Thatsachen geht in der That hervor, daß seit der letzten Fristverlängerung das Projekt des Simplondurchstichs wesentliche Fortschritte gemacht hat und seiner Verwirklichung um ein beträchtliches Stück näher geruckt ist. Es erscheint daher das Gesuch der S. 0. S. begründet und nehmen wir bei der geschilderten Sachlage nicht Anstand, Ihnen dasselbe zur Entsprechung zu empfehlen. Dabei beantragen wir aber, an dem für den Fall des unbenutzten Ablaufs der Frist in .der Konzession vom 24. September 1873 gemachten und bei den seitherigen Fristverlängerungen jeweilen ausdrücklich wiederholten Vorbehalte des Rückkaufsrechtes des Bundes und eventuell des Kantons Wallis bezüglich der Simplonlinien auch diesmal festzuhalten.

Mit dei- Fristverlängerung unter dem angeführten Vorbehalte hat sich mich der Große Rath des Kantons Wallis durch Beschluß vom 23. November 1887, welchen der Staatsrath mit Schreiben vom 10. Dezember übermittelte, einverstanden erklärt.

Gestützt auf diese Ausführungen beantragen wir Ihnen die Gutheißung des nachstehenden Beschlußentwurf's, indem wir den Anlaß benutzen, Sie, Tit., neuerdings unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 16. Dezember 1887.

Im Namen des schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Ringier.

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(Entwurf)

Bnndesbeschlnß betreffend

Verlängerung der für den Simplonübergang angesetzten Baufrist.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht : 1) einer Eingabe der Gesellschaft der westschweizerischen Bahnen und des Simplon, vom 28. September 1887; 2) einer Zuschrift des Staatsrathes von Wallis, vom 10. Dezember 1887, sowie eines Beschlusses des Großen Käthes des gleichen Kantons vom 23. November 1887; 3) einer Botschaft des Bundesvathes vom 16. Dezember 1887, beschließt : 1. Die in Art. 6, litt, c, der ·-- durch Bundesrathsbeschlilsse vom 22. April und 23. Mai 1874 (E. A. 8., n. F., II, 114, 11.6 und 123) an die Simplonbahngesellschaft übertragenen und infolge des am 28. Juni 1881 genehmigten Fusionsvertrages an die Gesellschaft der westschweizerischen Bahnen und des Simplon (ibidem VI, 163) übergegangenen -- neuen Konzession für die Ligne d'Italie vom 24. September 1873 (ibid. I, 272) für den Beginn der Arbeiten bezüglich des Sitnplonüberganges angesetzte, schon wiederholt, letztmals durch Bundesbeschluß vom 14. Dezember 1885 (E. A. S. ^7I1I, 327), erstreckte Baufrist wird neuerdings und zwar bis zum 31. Dezember 1889 verlängert, in der Meinung, daß, wenn die genannten Arbeiten nicht vor diesem Termin begonnen werden, der Bund und eventuell der Kanton Wallis das Recht hat, sieh wieder in den Besitz der Eisenbahn der Ligne d'Italie zu setzen, indem der Gesellschaft der ursprüngliche Ankaufspreis gemäß der Steigerung und alle für Bauten, Betriebsmaterial und Zugehören gemachten Ausgaben sammt Zins zu 5 % , jedoch unter Abzug der den Aktionären bezahlten Zinsen und Dividenden, vergütet werden.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Verlängerung der für den Simplonübergang angesetzten Baufrist. (Vom 16. Dezember 1887.)

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24.12.1887

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