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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf eines Post- und Telegraphengebäudes in Montreux.

(Vom 5. Dezember 1887.)

Tit.

Der Bund hat gegenwärtig zur Unterbringung der getrennten Post- und Telegraphenbüreaux in Montreux (mit dem Telegraphenbüreau ist auch der Telephondienst verbunden) das Erdgeschoß des Hauses des Herrn Notar Louis Mayor, im "Clos de Vernex" genannt, gemiethet. Der jährliche Miethzins beträgt Fr. 3800.

In Folge des stets wachsenden Verkehrs dieses wichtigen Fremdenortes sind die gemietheten Lokale durchaus unzureichend geworden. Namentlich die Telegraphenlokale genügen seit der Einführung des Telephondienstes, welcher in Montreux eine außerordentlich rasche und bedeutende Ausdehnung genommen hat, in keiner Weise mehr und es ist eine baldige wesentliche Erweiterung derselben zum unabweisbaren Bedüf'nisse geworden. Das Brdgeschoß, in welchem jetzt beide Dienstzweige (Post und Telegraph!

untergebracht sind, sollte ausschließlich zu Postzwecken benutzt werden können.

Was die Lage des Hauses betrifft, so ist dieselbe die denkbar günstigste : Sie befindet sich zwischen den zwei großen Gruppen, welche zusammen die Ortsbezeichnung "Montreux" ausmachen, nämlich zwischen Vernex-dessous und La Rouvenaz einerseits und Vernex-dessus, Estombes und Pertit anderseits; die unmittelbare Nähe des Bahnhofes erleichtert den postalischen Auswechslungsdienst in hohem Maße. Müßte Post oder Telegraph oder beide

701 zusammen in einen der vorgenannten engern Bezirke verlegt werden, so würden sich die andern benachtheiligt fühlen und es wäre wahrscheinlich die Errichtung wenigstens einer neuen Filiale nicht zu vermeiden. Außerdem würde bei größerer Entfernung des Bahnhofes der Postdienst erschwert und eine Mehrausgabe für denselben kaum zu vermeiden sein.

Es liegt demnach entschieden im Interesse der eidgenössischen Verwaltung, daß Post und Telegraph am jetzigen Orte verbleiben können.

Der Hauseigenthümer (Herr Mayor) wäre nun geneigt, der Bundesverwaltung außer dem Erdgeschosse auch den ersten Stock in Miethe zu geben, und zwar für letztern gegen einen jährlichen Zins von Fr. 2500. In diesem Falle würde also der Totalmiethzins (für Erdgeschoß und ersten Stock) Fr. 6300 betragen und es könnte das Erdgeschoß ganz für den Postdienst und der erste Stock ganz für den Telegraphen- (und Telephon-) Dienst verwendet werden. In räumlicher Beziehung wäre hierdurch geholfen, dagegen scheint uns ein Miethzins von Fr. 2500 für das erste Stockwerk zu hoch, und sodann könnten ohne ziemlich bedeutende bauliehe Aenderungen, zu welchen sich der Besitzer ohne allen Zweifel nicht entschließen würde, ganz zweckentsprechende Lokale nicht gewonnen werden.

Herr Major bietet aber auch seine ganze Besitzung, Clos de Vernex genannt, zum K a u f e an, und zwar zum Preise von Fr. 141,000, zahlbar bei der Stipulation." Der Kauf müßte bis 1. Januar 1888 abgeschlossen jverden, jedoch bedingt sich der Verkäufer aus, daß die dermalen an Private vermietheten^ obera Stockwerke erst auf 1. Mai 1888, bis zu welchem Zeitpunkte die gegenwärtigen Miethvertrage bindend sind, in die Nutznießung des Käufers überzugehen hätten.

Die genannte Besitzung hat im Ganzen einen Flächeninhalt von 1136 m 2 und besteht aus einem Hauptgebäude, einem Dependenzgebäude und einem Garten mit Anlagen. Das Hauptgebäude selbst enthält ein Erdgeschoß, einen ersten und zweiten Stock und einen Dachstock. Die obern Stockwerke werden dermalen zu Hotelzwecken (,,Hôtel Montreux") benutzt.

Auf der Besitzung haften zur Zeit Hypotheken im Betrage von Fr. 100,000, welche beim Ankaufe getilgt werden könnten.

Ueber diese Offerte hat das eidgenössische Oberbauinspektorat, welches dieselbe einer nähern Untersuchung in bautechnischer BeBundesblatt. 39. Jahrg. Bd. IV.

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702 ziehung unterworfen hatte, ein Gutachten abgegeben, das wir nachstehend in seinen wesentlichen Theilen wörtlich mittheilen : ,,Daß sich auch uns bei Besichtigung der gegenwärtigen Dienstlokale sofort die Ueberzeugung aufdrängte, daß solche durchaus ungenügend seien und dringend für baldige Erweiterung derselben gesorgt werden müsse, sei nur beiläufig bemerkt.

Das Hauptgebäude (der Mayor'schen Liegenschaft) ist im Allgemeinen sehr solid erbaut, befindet sich jedoch in B'olge ungenügenden Unterhaltes, hauptsächlich in seinen äußern Theilen, gegenwärtig in mehr oder weniger vernachläßigtem Zustande.

Die Fundamente ruhen auf Felsen, der Sockel besteht aus Hartsteinen, die verhältnißmäßig sehr starken Façaden und Innern Hauptmauern sind in harten Bruchsteinen, die Gebäudeecken in St. Triphon-Quadern und der Gurt, sowie die Lichteinfassungen in Sandsteinen erstellt. DHS Dach ist mit Walliserschiefern eingedeckt und befindet sich mit Ausnahme der Blecharbeiten in ordentlichem Zustande. Die Treppe vom Brdgeschoß in den ersten Stock ist in Granit ausgeführt, die übrigen Treppen dagegen sind in Hartholz konstruirt.

Mit Ausnahme des mit Asphalt belegten Korridors im Erdgeschoß, welch' letzteres nicht unterkellert ist, sind alle Gangböden mit eichenen Riemen und der größere Theil ebenfalls mit Parquetböden, meistens aus Hartholz, versehen.

Die Zimmerwände .und Decken befinden sich theilweise in reparaturbedürftigem Zustande; die Schreinerarbeiten sind von befriedigender Qualität.

Sammtliche Stockwerke sind mit Gas- und Wassereinrichtung versehen ; letztere ist auch in den Abtritten angebracht.

Auf der Hauptfaçade befindet sich vor dem Erdgeschoß und dem ersten^ Stock eine geräumige geschlossene Veranda, deren unterer Theil als Schalterhalle dient. Dieselbe ist in Holz und Glaa erstellt und mit einem total verfehlt konstruirten Blechdache eingedeckt Der Zustand der Veranda ist ein äußerst mangelhafter und wird dieselbe innert kurzer Frist eingreifender Reparaturen, die einer Neuerstellung so ziemlich gleichkommen werden, bedürfen.

(Wir halten übrigens dafür, daß bei einem eventuellen Ankaufe des Gebäudes durch die Eidgenossenschaft die Veranda ganz abgebrochen und auf der Westseite des Gebäudes nur auf Erdgeschoßhöhe eine passend eingerichtete Schalterhalle erstellt werden sollte, denn die Veranda nimmt auf der Südseite sowohl im Erdgeschoß als im ersten Stock den innen liegenden Zimmern zu viel

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Lieht weg, abgesehen davon, daß die Lokale nicht gehörig ventilivi \verden können.)

Die Hotelküche und die Keller sind im Erdgeschoß auf der Bergseite an das Hauptgebäude angebaut. Diese Räume sind theils durch die auf der Höhe des ersten Stockes angebrachte Terrasse, theils durch das Dependenzgebäude überdeckt.

Das in Stein erbaute und mit Ziegeldach versehene Dependenzgebäude enthält im Erdgeschoß ein geräumiges Trockne- und Glättzimmer, sowie ein Waschhaus und auf dem Dachboden zwei Zimmer und Estrich.

Das Hauptgebäude hält im Erdgeschoß bei einer lichten Zimmerhöhe von 3,35 m. = 115,4 m 2 und in den 3 Stockwerken bei lichten Zimmerhöhen von 3,3 m., 2,83 m. und 2,46 m. je 122,2 m 2 , zusammen also 482,0m 2 nutzbaren Raum; dessen Kubikinhalt beträgt 3024,0 m 3 bei einem überbauten Flächenraum von 210,0 m 2 .

Gestützt auf die von mehreren Seiten eingezogenen Erkundigungen über Bau- und Terrainpreise, wie solche gegenwärtig in Montreux bezahlt werden, sehätzen wir den jetzigen reellen Werth der Besitzung ,,Clos de Vernex" wie folgt: 1) den sieh als Bauplatz eignenden Theil des Terrains, nämlich 700m 2 zu Fr. 33 per m 2 .

.

. Fr'. 23,100 2) den übrigen Theil des Gartens (die ganze Liegenschaft hat einen Flächeninhalt von 1136 m 2 ) 436 m 2 à Fr. 25 ,, 10,900 3) das Hauptgebäude, inklusive Veranda .

. ,, 62,480 4) die Hotelküche, die Keller und das Dependenzgebäude ,, 7,000 5) die Wasserleitungen, Stützmauern etc.

.

. ,, 4,520 Total Fr. 108,000 Die amtliche Hypothekarschatznng vom Jahv 1886 beziffert sich auf Fr. 105,508.

Auf der Liegenschaft lasten keine besondern Servituten.

Die bei eventueller Erwerbung der Besitzung vorzunehmenden Arbeiten für die gehörige Instandstellung der Gebäulichkeiten werden auf Fr. 10,000 bis Fr. 12,000 zu stehen kommen. Die für eine zweckdienliche Unterbringung der Post-, Telegraphen- und Telephonbüreaux im Erdgeschoß und ersten Stock erforderlichen Umbauten schätzen wir approximativ auf Fr. 12,000 à Fr. 15,000.

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Im zweiten Stock könnte eine geräumige Wohnung von 7 Zimmern und Dependenzen, im Daelistock eine solche von 8 Zimmern (theilweise sehr klein und mit Dachschräge) nebst Dependenzen vermiethet werden."

Mit Rücksicht auf die außerordentlich günstige Lage der Besitzung und deren Zinsenertrag kann bei einem anfälligen Ankaufe der vorstehende Schatzungsbetrag des reellen Werthes selbstverständlich nicht als Maßstab augelegt werden. Es ist uns versichert worden, daß der Eigenthümer schon vor einigen Jahren ein Kaufsangebot von Fr. 130,000 refusili habe. Uebrigens hat uns der Eigenthümer, welcher anfänglich Fr. 150,000 gefordert hatte, bestimmt erklärt, daß seine nunmehrige Forderung von Fr. 141,000 die äußerste Limite sei.

Die Kosten der Liegenschaft würden also für den Bund be-" tragen : a. Ankaufspreis b. Instandstellung der Gebäulichkeiten (höchstens) c. Umbauten zu Dienstzwecken (höchstens) .

Fr. 141,000 ,, 12,000 ,, 15,000

Total

Fr. 168,000

Nachdem wir nachgewiesen haben, daß es in hohem Grade wünschbar ist, mit Post, Telegraph und Telephon im gegenwärtigen Gebäude zu verbleiben, entsteht nun die Frage, ob es für die eidgenössische Verwaltung zweckmäßiger sei, die Stellung als Mietherin auch fernerhin beizubehalten oder zum Ankauf der Liegenschaft zu schreiten.

Wir sprechen uns mit Entschiedenheit für die letztere Alternative aus, indem es nur durch den Ankauf möglich wird, sich das gegenwärtige, überaus günstige Emplacement für die Dauer zu sichern und Lokale zu gewinnen, die den Dienstbedürfnissen und den Anforderungen des wichtigen Fremdenortes Montreux vollauf entsprechen. Aber auch in finanzieller Beziehung ist dieser Ausweg vorzuziehen, wie sich aus nachstehender Ausgabenberechnung ergibt :

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3 l; 2 °/o der Gesammtkosten von .

. Fr. 168,000 = Fr. 5880 2 °/o (für Amortisation und Unterhalt)" des reellen Werthes der Gebäulichkeiteu (62,480 -\- 7000 -f 4520) .

.

. Fr. 74,000 sowie der Kosten der Instandstellungs- und Umbauarbeiten: (I2>000-j-15,000) . ,, 27,000 ,, 101,000= ,, 2020 Total Davon ab die Untermiethe von zwei geräumigen Privatwohnungen Verbleiben für Dieristzwecke .

.

.

.

Fr. 7900 ,,

2200

. F r . 5700

Die Miethen dagegen würden betragen : Gegenwärtige Miethe (für das Brdgeschoß) Fr. 3800 Dazu Miethe des ersten Stockes .

. ,, 2500 Fr. 6300 mithin M i n d e r a u s g a b e beim Ankauf gegenüber der Miethe

Fr.

600

Unter Umständen könnte auch noch eine kleinere Privatwohnung im Dependenzgebäude, das zunächst für dienstliche Magazinräume etc.

in Aussicht zu nehmen wäre, eingerichtet werden, wodurch der Ertrag der Untermiethen noch erhöht würde.

Wir fügen noch bei, daß auch die ,,Société des eaux minérales et alcalines de Montreux 1 * sich geneigt erklärt hat, zum Zwecke der Erstellung eines Post- und Telegraphengebäudes von ihrem gegenüber dem Bahnhofe gelegenen Terrain den nöthigen Platz käuflich abzutreten, und zwar zum Preise von Fr. 25 per m 2 . Wir halten jedoch den Bauplatz sowohl wegen der großen Niveaudififerenzen, als hauptsächlich wegen der sehr ungünstigen Zu- und Wegfahrt als nicht konkurrenzfähig mit demjenigen des jetzigen Postgebäudes. Es müßte eine mehr als 10 m. hohe und relativ dicke Terrassiriingsmaiier erstellt werden , um den südlich von der Trinkhalle gelegenen Theil auf das Niveau dieser letztern zu bringen. Die Trinkhalle selbst ließe sieh gar nicht verwerthen und müßte vollständig abgebrochen werden. Sämmtliche Verhältnisse scheinen uns hier so ungünstig zu liegen, daß wir auf dieses Projekt nicht näher eingehen zu sollen glauben.

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Wir schließen mit der Empfehlung des Ankaufes der Mayorschen Liegenschaft und der Annahme des nachstehenden Entwurfes eines Bundesbeschlusses.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 5. Dezember 1887.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

(Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

den Ankauf einer Liegenschaft in Montreux zum Zwecke der Ausübung des Post- und Telegraphendienstes.

D ie B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 5. Dezember 1887, beschließt: 1. Der Bundesrath ist ermächtigt, auf Rechnung des Jahres 1887 von Herrn Notar Louis Major in Montreux (Waadt) dessen Liegenschaft, genannt Clos de Vernex, be-

-

stehend aus einem Hauptgebäude, in welchem sich die Post-, Telegraphen- und Telephon-Büreaux einem Dependenzgebäude uud einem Garten mit mit einem Gesammtflächeninhalt von 1136 m 2 , Preis von Fr. 141,000 anzukaufen.

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dermalen befinden, Aulagen, um den

2. Dem Bundesrath wird ferner für Instandstellungsund Umbauarbeiten auf dieser Liegenschaft, für Rechnung des Jahres 1888, ein Kredit bis auf Fr. 27,000 bewilligt.

3. Der gegenwärtige Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

4. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Konrad Zuberbühler, gewesenen Infanterie-Rekruten, von Gais (Appenzell A. Rh.).

(Vom 29. November

1887)

Tit.

Konrad Zuberbühler, von Gais, geb. 1866, ist am 31. August d. Js. vom Kriegsgericht der VII. Division wegen Betrug und Veruntreuung zu einer Gefängnißstrafe von sechs Monaten verurtheilt worden.

Der Thatbestand ist folgender :' Zuberbühler machte die Rekrutenschule II der VII. Division mit. Anläßlich des Ausmarsches des Schulbataillons am 18. und 19. August wurde Zuberbühler, weil nicht marschfähig, in der Kaserne zurückgelassen und ihm der Dienst als PJanton übertragen.

In dieser Eigenschaft wurde ihm der Betrag zweier an den Quartiermeister adressirter Geldsendungen und eines an einen seiner Kameraden, Namens Bosch, gerichteten Mandates eingehändigt. Dem Quartiermeister übergab Zuberbühler das für ihn bestimmte Geld, behielt aber den für Bosch bestimmten Betrag von Fr. 10 zurück.

Um von der Post die Herausgabe dieser letztern Summe zu erwirken, schrieb Zuberbühler auf den Rücken des Geldavis für Bosch die Worte: ,,gesichert. Fourier", wodurch die vom Fourier ertheilte Vollmacht zur Einkassirung des Mandates veraugenscheinlicht werden sollte. Am Fuß der drei Mandate quittirte Zuberbühler nicht

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf eines Postund Telegraphengebäudes in Montreux. (Vom 5. Dezember 1887.)

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1887

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

53

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

10.12.1887

Date Data Seite

700-708

Page Pagina Ref. No

10 013 755

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