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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Ermächtigung des Bundesrathes zur Ertheilung der Konzession für eine schmalspurige Straßeneisenbahn von Basel nach Tuerwyl (Birsigthalbahn).

(Vom 22. Dezember 1886.)

Tit.

Mit Eingabe vom 15. Mai 1886, eingelangt am 17. gl. Mts., bewerben sich die Herren Pümpin, Herzog & Cie., bernische Baugesellschaft für Speziai bahnen, um die Konzession für den Bau und Betrieb einer schmalspurigen Lokalbahn durch das Birsigthal, von der Stadt Basel nach Therwyi.

Dem Konzessionsgesuche und den weitern Vorlagen entnehmen wir in Kürze folgende Daten und gestatten uns im Uebrigen, auf die Akten selbst zu verweisen.

Die Bahn beginnt in Therwyi mit der Station am östlichen Ende des Dorfes, zieht, sieh von da mit selbstständigem Bahnkörper westlich der Straße entlang, auf dem rechten Ufer der Birsig, bis Oberwyl, wo bei der Straßenkreuzung Oberwyl-Bottmingen eine Station, . beziehungsweise Haltestelle, vorgesehen ist. Laut nachträglicher Mittheilung ist auf dieser Strecke Therwyl-Oberwyl eine Verlegung des Tracé mehr nach Westen in Aussicht genommen.

Von Oberwyl verläuft das Bahntracé, immer westlich der Straße sich haltend, bis zum Dorfe Bottmingen, wo ebenfalls eine Haltestelle errichtet werden soll. Hierauf erreicht die Bahn auf kürzestem Wege die Straße Bottmingen-Binningen, der sie bis Bin-

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ningen folgt, soweit möglich den Straßenkörpcr benutend. Von Binningen, wo eine Haltestelle errichtet wird, bis Basel soll dio Bahn (mit versenktem Oberbau) ganz auf der Strasse angelegt werden. Beim Steinentho(Heuwaagplatz),) ist eine Haltestelle in Aussieht genommen. Von da sollte das Tracé nach dem ursprünglichen Projekt durch die Steinenvorstadt auf deBarfüsserplatz/. geführt und hier die Endstation errichtet w e r d e n N a c h o h getroffener Vereinbarung mit den kantonalen Behörden ist n u n m e h r die Endstation in die Steinenthorstraße verlegt.

Zum Nachweis, daß ihr Projekt einem wirklichen Bedürfnisse zu dienen berufen sei, weisen die Petenten namentlich darauf hin, daß das bevölkerte Birsigthal (auf elsäßischem Gebiet Leimenthal genannt), dessen Bewohner auf den Verkehr mit Basel angewiesen seien, das einzige gegen Basel ausmündende Jurathal sei, welches eine Eisenbahnverbindung mit dieser Stadt entbehre und aus diesem Grunde gegenüber den andern Thalschaften bedeutend im Nachtheil sich befinde, indem es in der Konkurrenz mit seinen Waaren und landwirthschaftlchen Produkten auf dem Platze Basel immer mehr zurücktreten und auch an Besuch durch die Stadtbewohner einbüßen müsse. Diesem Uebelstande soll die projektirt Birsigthalbahn begegnen und vorab dem Bezirks- und Gerichtsort T herwyl und den weiter zurück gelegenen Ortschaften Leimen, Renken, Biel, Kloster Mariastein, Hofstetten, Flühen, Bättwyl, Witterswyl, Ettingen, Blauen u. s. w., sowie ferner Oberwyl, Bottmingen und Binningen, eine bequeme und billige Verbindung mit der Stadt Basel sehaffen.

Die Einwohnerzahl der von der Bahn direkt berührten Ortschaften wird (einschließlieh Stadt Basel) auf circa 85,000 und diejenige der links und rechts der Bahn, sowie hinter dem Anfangs- und Endpunkt derselben liegenden Gemeinden auf 5 km. Distanz auf weitere circa 40,000 angegeben.

Die Gesammtlänge der mit Spurweite von l Meter projektirten Bahn beträgt 7 km. Als kleinste Kurvenradien sind auf der Strecke Therwyl-Binningen solche von 80 in., für die übrige Strecke (Binningen-Basel) solche von 40 m. vorgesehen. Die größte Steigung zwischen Therwyl und Binningen beträgt 20 °/oo, zwischen Binningen und Basel ausnahmsweise 34,3 0/00 Von der ganzen Bahn liegen circa 3/3 in der Geraden und Va in Kurven. Auf der eigentlichen Tramwaystrecke
Basel-Binningen soll ein Oberbausystem mit versenkten Rillenschienen zur Verwendung kommen , wodurch das Befahren mit Fuhrwerken nicht beeinträchtigt wird, während für die übrige Strecke Binningen-Therwyl, auch soweit die Straße benutzt wird, das gewöhnliche Oberbausystem mit Vignolschienen in Aussicht genommen ist.

16 Au Hochbauten sind auf der Station Therwyl ein Stationsgebäude, sowie eine Lokomotiv- und Wagenreimise mit Werkstätte und Wasserstation vorgesehen.

Als Rollmaterial ist in Aussicht genommen : 2 Lokomotiven, 5 Personen-, l Gepäck-, 2 gedeckte und 6 offene Güterwagen. Der Gepäckwagen erhält eine Postabtheilung.

Die Kosten werden auf zusammen Fr. 410,000 oder circa Fr. 58,570 per Kilometer veranschlagt.

Mit Rücksicht auf die Dichtigkeit der Bevölkerung und die günstigen Steigungsverhältnisse ist ein sehr intensiver Betrieb (stündlich ein Zug in jeder Richtung) in Aussicht genommen, und zwar soll derselbe auf der Sirecke Basel-Binningen nach Art der Tramways, von Binningen bis Therwyl wie bei Sekundärbahnen, stattfinden.

Was die Rentabilitätsverhältnisse betrifft, so beziffern Potenten, unter Annahme von circa 68,000 Zugskilometer per Jahr à Fr. 1. 20 Einnahmen und 70 Rappen Betriebsausgaben, die jährlichen Bruttoeinnahmen auf Fr. 81,600 und die Ausgaben auf Fr. 47,600, so daß für Speisung des Reservefonds und die Kapitalverzinsung Fr. 34,000 verbleiben, was, nach Abzug von Fr. 4000 als Einlage in deaReservefond,, einen Zins von circa 7 °/o ausmacht.

Das Konzessionsgesuch wurde unterm 18. Mai 1. J. den betheiligten Kantonsregierungen von Baselstadt und Baselland zur Vernehmlassung übermittelt und es sprachen sich beide grundsätzlich zu Gunsten des Projektes aus, behielten aber in Bezug auf die vorgesehene Straßenbenutzung weitere Verhandlungen mit den Petenten und die Entschließungen ihrer kompetenten Behörden vor.

Diese Verhandlungen zwischen den Petenten und den kantonalen Behörden haben seither stattgefunden und zu einer materiellen Einigung geführt. Die Bedingungen, an welche die Regierung von Baselstadt, zugleieh als Vertreterin der Einwohnergemeinde Basel, unter Vorbehalt immerhin der definitiven Beschlußfassung durch den Großen Rath, die Bewilligung zum Bau und Betrieb der Bahn auf ihrem Straßengebiete knüpft, sind in einem, vom 26. November und 4. Dezember datirten und von den Konzessionsbewerbern unterrn 9. Dezember 1886 angenommenen Beschluße niedergelegt, auf den wir hier verweisen. Auch mit der Regierung von Baselland haben sieh Petenten über die Straßenbenutzung geeinigt Es steht indessen noch die Genehmigung der aufgestellten Bedingungen durch ·den Landrath aus.

Nachdem in dieser Weise die der kantonalen Kompetenz vorbehaltene Frage der Straßenbenutzung materiell als bereinigt an-

17 gesehen werden konnte, fanden am 17. Dezember die vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen statt.

Bei dieser Konferenz befürworteten die Vertreter der beiden Regierungen das von den Petenten gesfellte Begehren, es möchte, wenn immer thunlich, die Angelegenheit der Bundesversammlung noch im Laufe der gegenwärtigen Session unterbreitet werden, um eine baldige Inangriffnahme der in technischer wie finanzieller Beziehung vorbereiteten Arbeiten zu ermöglichen. Was die noch ausstehende Genehmigung der mit den Regierungen getroffenen Vereinbarungen über die Straßenbenutzung durch die gesetzgeben, den Behörden der beiden Kautone anbelangt, so sprachen sieb deren Vertreter dahin aus, daß der Große Rath von Baselstadt schon unterm 20. Dezember und der Landrath von Baselland im Laufe des Monats Januar 1887 sich über die Angelegenheit, sehlüssig maoheu werde. Eine Beanstandung der von den Regierungen aufgestellten Bedingungen sei durchaus nicht zu gewärtigen. Der Große Rath von Baselstadt hat denn auch wirklieh am 20. Dezember 1886 dem Regierungsrathbeschluss vom 26. November und 4. Dezember O ~ die Genehmigung ertheilt so daß die Frage der Straßenbenutzung, soweit es diesen Kanton betrifft, erledigt ist.

Wiewohl die Regierungen, ebenso wie die Petenten, auf die bestehende konstante Praxis aufmerksam gemacht worden waren, wonach für Bahnen, welche ganz oder theilweise das Gebiet öffentlicher Straßen in Anspruch nehmen, die Bundeskonzession erst er theilt werden könne, wenn eine definitive Bewilligung seitens der kompetenten kantonalen Behörden vorliege", glaubte das Eisenbahndepartement gegenüber den geäußerten übereinstimmenden Wünschen um Beförderung der Vorlage seinerseits keine ablehnende Haltung einnehmen- zu sollen und übermittelte uns die in üblicher Weise vorbereitete und materiell bereinigte Koazessionsvorlage.

Indem wir Ihnen, um auch soviel an uns der gewünschten Beförderung nicht entgegenzutreten, den nachstehenden Beschlußentwurf unterbreiten, stellen wir es Ihrer Entschließung anheim, ob Sie trotz der verspäteten Vorlage und des Umstandes, daß von Seite des Landrathes von Baselland die endgültige Bewilligung der Straßenbenutzung aussteht, noch in dieser Session und in der hienach vorgeschlagenen Form in das Gesuch eintreten wollen.

Dabei gestalten wir uns zu dem nachfolgenden
Beschlussentwurf, welchem i n d e r Konzessionskonferenz sowohl d i e Vertreter Was zunächst den Eingang betrifft, HO halten wir dafür, es gelange der Grundsatz, dass der Bundeskonzession für StrasseneisenBundesblatt. 39. Jahrg. Bd. I.

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18 bahnen eine abschließliche Verständigung zwischen den kantonalen Behörden und den Petenten voranzugehen hat, besser zum Ausdruck, wenn der Bundesrath für den Fall der Erfüllung jener Bedingung zur Konzessionsertheilung von sich aus ermächtigt wird, als wenn die Konzession zwar jetzt schon ertheilt, aber als hinfällig erklärt wird, wenn die ausstehende Genehmigung des Landrathes von Baselland nicht ertheilt werden sollte. Was speziell die Delegation an den Bundesrath betrifft, so hat eine solche auch für Konzessionsertheilung schon wiederholt stattgefunden, so für eine Geleiseverbindung zwischen der Linie der vormaligen Nationalbahn und den bisherigen Nordostbahnlinien boi Oerlikon oder Glattbrugg (E. A. S. VI, 43), für eine Straßen bah n in der Stadt Bern (ib. VII, 22; VIII, 117) und für eine direkte Linie von Renau nach Chaux-de-Fonds (ib. VIII, 348), und dürfte daher an sich zu Bedenken nicht Anlaß geben, im vorliegenden Fall um so weniger, als zugleich mit der Ertheilung der Vollmacht auch schon die Konzessionsbedingungen festgestellt werden und es sich nur um ein Unternehmen von untergeordneter Bedeutung handelt.

Im Art. 2 ist die Konzessionsdauer, wie in der Konzession für die Straßenbahn Frauenfeld-Wyl (s. E. A. S. VIII, 36), in Uebereinstimmung mit der Dauer der kantonalen Bewilligung zur Benutzung der Straßen, auf 30 Jahre festgesetzt.

Art. 7 charakterisirt die Bahn als theilweise Straßenbahn und trägt gleichzeitig dem Umstände, daß für die Strecke BottmingenTherwyl ein selbstständiger Bahnkörper vorgesehen ist, dadurch Rücksicht, daß für Grunderwerbungen das eidg. Expropriationsgesetz anwendbar erklärt wird.

Die Bestimmung im Alinea 3 des Art. 12 wurde aufgenommen, um einerseits den Wünschen der Regierung von Baselstadt, welche die darin vorbehaltene Befugniß für außerordentliche Fälle im polizeilichen und Verkehrsinteresse in Anspruch nehmen zu müssen erklärte, zu genügen und auf der andern Seite dem Einwand der Regierung von Baselland zu begegnen, welche gegen eine solche Befugniß, deren Ausübung auf das Gebiet ihres Kantons rückwirke, Einsprache erhob, sofern dieselbe einzig auf das Pflichtenheft des Kantons Baselstadt sich gründe. Mit der vorgeschlagenen Bestimmung in der Bundeskonzession, welche beiden Kantonen das gleiche Recht zutheilt und überdies die Anzeigepflicht an den
Bundesrath sowie dessen Entscheidung bei Anständen vorbehält, haben sich die Vertreter beider Kantone anläßlich der Konzessionskonferenz einverstanden erklärt.

Art. 14 sieht bloß zwei Wagenklassen vor, was schon wiederholt kleinern Unternehmungen gestattet wurde und daher nicht zu beanstanden sein dürfte.

li) Im zweiten Alinea ist nach dem Begehren der Petenten der sonst übliche Passus ,,und zwar auf Sitzplätzen" weggelassen, was uns der Umstand zu rechtfertigen scheint, daß, entsprechend dem wenigstens auf einer Theilstrecke einzuführenden reinen Tramwaybetrieb, auch Stehplätze in Aussicht genommen sind.

Die Taxansätze in den Art. 15, 17 und 18 sind entsprechend den Wünschen der Petenten normirt. Dieselben erscheinen zwar durchweg hoch, sind aber unbeanstandet von uns belassen worden, einmal weil die Kantonsregierungen dagegen keine Einwendungen erhoben und dann auch im Hinblick auf die von den Petenten bei der Konzessionskonferenz in bindender Weise zugesicherten bedeutenden Taxreduktionen für Abonnemente, insbesondere an Arbeiter und Schüler. Detaillirte Vorschriften hierüber gehören nicht in die Konzession, sondern in die der behördlichen Genehmigung zu unterbreitenden Tarife. Immerhin ist im letzten Alinea, um diesfalls freie Hand zu lassen, die sonst übliche Restriktion der Abonuementsbillete weggelassen.

Der Art. 26 unterwirft die Gesellschaft, in der bei Konzessionen für Straßenbahnen gebräuchlichen Weise, betreffend Benutzung der öffentlichen Straßen den von den kantonalen Behörden aufgestellten Bedingungen, soweit dieselben der Buudeskonzession nicht widersprechen.

Die übrigen, hievor nicht erwähnten Bestimmungen entsprechen formell und materiell der Normalkonzession und bedürfen daher keiner besondern Begründung.

Wir benützen auch den vorliegenden Anlaß, um Sie, Tit., neuerdings unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 22. Dezember 1886.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschuft: Ringier.

20 (Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

Ermächitigung des Bundesrathes zur Ertheilung der Konzession für eine schmalspurige Straßeneisenbahn von Basel nach Therwyl (Birsigthalbahn).

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht 1) eines Gesuches der Herren P ü m p i n , H e r z o g und Cie.

in B e r n , bernische Baugesellschaft für Spezialbahnen, vom 15., eingelangt am 17. Mai 1886; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 22. Dezember 1886, beschließt: Der Bundesrath wird ermächtigt, den Herren P ü m p i n , H e r z o g und Cie. in B e r n , bernische Ballgesellschaft für Spezialbahnen, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer schmalspurigen Straßeneisenhahn von B a s e l nach Therwyl (Birsigthalbahn) unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen zu ertheilen, wenn die Gesuchsteller den Nachweis erbringen, daß der Landrath von Baselland die Bewilligung zur Benutzung der Straßen für die Bahnanlage ertheilt hat.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Kau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 30 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

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Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist» in B a s e l .

Art. 4. Die Mehrheit der Mitglieder der Verwaltung muß aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von zwölf Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlageu nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert sechs Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist Anfa -- . . .

- - Erstellung der Anfang mit "den Erdarbeiten für die der Bahn zu machen.

Art. 6. Innert einem Jahre nach stuttgefundener Plangenehmigung ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Bahn wird unter Benützung der öffentlichen Straßen von Basel nach Binningen und von hier bis Rottmingan für die Geleiseanlage, mit einspurigem Oberbau und einer Geleiseweite von einem Meter, erstellt. Soweit zur planmäßigen Ausführung Grunderwerbungen nöthig sind, findet das Bundesgesetz betreffend die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten vom 1. Mai 1850 Annwendung.

Art. 8. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen , Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamtea, welchen die Ueberwaehung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder /eit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials YM gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funk-

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tionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens fünf Mal nach beiden Richtungen von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Dem Bundesrath bleibt vorbehalten, die Geschwindigkeit der Züge zu bestimmen.

Den Kantonsregierungen bleibt vorbehalten, in außerordentlichen Fällen, wenn Arbeiten im Straßengebiet den" Betrieb schwierig oder gefährlich machen und dgl., vorübergehend die Einstellung des Betriebs auf ihrem Straßengebiete, ganz oder für einzelne Züge, unter Anzeige an den Bundesrath zu verfügen, welcher über Anstände entscheidet.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Aenderungen nöthig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen.

In der Regel sind allen Personeriziigen Wagen beider Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur dei- Bundesrath gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben befördert werden können.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der ersten Wagenklasse 10 Rappen, \ per Kilometer der in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, / Bahnlänge.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

23 Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 6 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden. Die Minimaltaxe beträgt 40 Rappen.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 % niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für .Abonnemeutsbillets wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Die Gesellschaft hat sich den hierüber vom Bundesrathe aufzustellenden Vorschriften zu unterziehen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : Per Stück und per Kilometer für: Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 20 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 15 Rp. ; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 7 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 % zu ermäßigen.

Die Minimaltaxe für einzelne Sendungen beträgt 10 Rappen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 4 Rappen, die niedrigste nicht über 3 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Fr. per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportirt werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40°/o und diejenige für Wiiaren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

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Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportât und am Bestimmungsort sojjleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Trausporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf. 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ga.nze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruchtheile von Fr. 500 volle Fr. 500.

Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das'Abholen und die Ablieferung der Güter im Domi/il des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

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Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Reglernente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämmtlichen Tarife sind mindestenssechss Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergehen wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt worden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht h i n , die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über den Betrieb beauftragten Organen freien Zutritt in den Stationen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 26. Im Uebrigen wird die Gesellschaft betreffend Benutzung der öffentlichen Straßen in B a s e l , sowie von B a s e l nach Binningen und von hier nach B o t t m i n g e n den Bestimmungen unterworfen, welche durch Beschluß des Regierungsrathes von Baselstadt vom 26. November und 4. Dezember 1886, genehmigt vom Großen Rathe unterm 20. Dezember 1886, sowie vom Regierungsrathe von Baselland, mit Genehmigung des Landrathes vom festgestellt worden sind, soweit dieselben der gegenwärtigen Konzession nicht widersprechen.

Art. 27. Die Gesellschaft wird für die Aeuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds sorgen und eine Kranken- und Unterstützungskasse für ihr Personal errichten oder dasselbe bei einer Gesellschaft versichern. Die auf Grund dieser Bestimmung aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 28. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der beteiligten Kantone Baselstadt und Baselland gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da

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an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

Durch den Rückkauf wird der Ruckkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samtnt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande dem Bunde, beziehungsweise den Kantonen, ßaselstadl und Baselland abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung des Erneuerung»und Reservefondsdaxu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen -- unter Abzug des Betrages des Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

Der Reinertrag wird gebildet aus dem ge.sammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 29. Haben die Kantone Baselstadt und Baselland den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 28 definirt worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone Baselstadt und Baselland

27 haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Buh n dem Bunde abzutreten, wie Letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 30. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge dieses Beschlusses beauftragt.

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Bericht der

Minderheit der ständeräthlichen Kommission über die Gesetzesvorlage eines Branntweinmonopols für den Bund.

(Vom 20. Dezember 1886.)

Tit.

Die Minderheit Ihrer Kommission ist sich vollständig dei- Verantwortlichkeit ihres Vorgehens bewußt, wenn sie gegenüber der mit allen gegen sechs Stimmen im Nationalrathe geschehenen Annahme der Branntwein-Monopolvorlage, sowie gegenüber der grundsätzlichen Beistimmung in Ihrer Kommission den Antrag auf Rückweisung stellt. Es ist auch nur die Wichtigkeit der Vorlage nach deren weittragenden ökonomischen, volkswirthschaftlichen, politischen und sittlichen Bedeutung, welche den Sprecher eine scheinbare Ausnahmestellung einnehmen läßt Gewiss werden Sie die wichtigen Gründe, welche zu dieser Stellungnahme geführt haben, prüfen und a l s d a n n dürfte der Entscheid gegenüber der allzu eiligen Hast und mehr formellen Seite der Berathung, wie sie im Nationalrathe gepflogen worden ist, ein auf die Prinzipien unseres Grundgesetzes und der Volkswohlfahrt in That und Wahrheit sich gründender sein.

Tit. Sie gestatten mir, vorerst darauf hinzuweisen, daß die eidg. Verfassungsrevision vom 25. Oktober 1885, auf welche sich die Alkoholgesetzgebung bezieht, der Ausfluß einer gewissen sittlichen Entrüstung über das Ueberhandnehmen des Alkoholismus im Schweizervolke war. Der Nothstand, der anfänglich in landwirtschaftlichen Kreisen in der traurigsten Weise durch zahllose verschuldete und unverschuldete Verweisungen von Haus und Hof sieh

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Ermächtigung des Bundesrathes zur Ertheilung der Konzession für eine schmalspurige Straßeneisenbahn von Basel nach Therwyl (Birsigthalbahn). (Vom 22. Dezember 1886.)

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1887

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08.01.1887

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