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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Verweigerung der Konzession für eine Drahtseilbahn vom Ufer des Vierwaldstättersees auf den Seelisberg.

(Vom 12. April 1887.)

Tit.

Mit Eingabe vom 26. Oktober, bei dem Eisenbahndepartement eingelangt am 30. Oktober 1886, bewerben sich die Herren Bucher und Durrer, Parqueteriefabrikanten in Kägiswyl, um die Konzession für eine Drahtseilbahn vom Ufer des Vierwaldstättersees, nördlich vom Rütli, auf den Seelisberg, mit der Endstation in der Nähe der dortigen Kirche. Als Zweck der Bahn wird angegeben, eine leichtere Verbindung der großen Fremdenetablissemente auf Seelisberg und der Ortschaft überhaupt mit dem Vierwaldstättersee herzustellen.

Die Regierung von Uri, welcher das Gesuch gemäß Art. 2 des Eisenbahngesetzes zur Vernehmlassung mitgetheilt wurde, spricht sich, gestutzt auf die ablehnende Stellungnahme der Gemeinde Seelisberg, wie auch auf die Einwendungen der Rütlikomission der schweizerischen gemeinnützigen Gesellschaft, des Entschiedensten gegen Ertheilung der Konzession aus. Als Erwägungsgründe für seine Schlußnahme führt der Regierungsrath von Uri an : 1) daß durch Ausführung der Drahtseilbahn Rütli-Seelisberg nach vorliegendem Projekt in keiner Weise eine im Interesse des allgemeinen Verkehrs liegende Verbindung erstellt wird, indem die vor wenigen Jahren neu erstellte Straße Treib-Seelisberg allen wunschbaren Bedürfnissen entspricht;

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2) daß die nächst und allein interessirte Gemeinde entschieden gegen Ausführung dieses ihren Bedürfnissen nicht entsprechenden und ihren finanziellen Veihältnissen nachtheiligen Projektes sich ausgesprochen; 3) daß auch seitens der Rütlikommission in der That gerechtfertigte Bedenken gegen Verlegung dieser Bahn in die Ruhe des Rütli erhoben wurden; 4) daß sieh somit alle Nächstinteressirten gegen dieses Projekt ausgesprochen, so daß dasselbe sich nur mehr als zur Ausbeutung des Fremdenverkehrs geschaffen qualifizirt und zwar nachgewiesenermaßen zum Schaden des blühenden Gemeindewesens von Seelisberg und der vitalsten Interessen dortiger Bevölkerung.

Sodann glaubte auch das Centralkomite des schweizerischen Grütlivereins im Namen des letztern eine Eingabe an uns richten zu sollen, welche in der Anlage der Drahtseilbahn eine Entweihung des Rütli erblickt und vom patriotischen Gesichtspunkte aus gegen Ertheilung der Konzession protestili.

Kann nun auch dem letztem Gesichtspunkte für die Entscheidung der Frage, ob im vorliegenden Fall die Konzession erfcheilt oder verweigert werden soll, entscheidende Bedeutung kaum beigelegt werden, so fällt dagegen um so mehr die seitens der Regierung von Uri ini Namen der interessirten Landesgegend erhobene Einsprache in's Gewicht.

Art. 4 des Eisenbahngesetzes geht offensichtlich von dem Prinzip aus, daß im Falle der Einsprache seitens einer Kantonsregierung die Konzession nur ausnahmsweise und in dem Falle zu ertheilen sei, wenn nach gehöriger Prüfung der allenfalls streitigen Punkte und aller hiebei in Betracht kommenden Verhältnisse, triftige Gründe des öffentlichen Wohls für die Konzessionirung sprechen.

Dem Antrage der Kantonsregierung wird also um so mehr Bedeutung beizumessen sein, je weniger Interessen allgemeiner Natur durch ein Projekt berührt werden, und je enger der Rahmen ist, innert welchem das Projekt sich bewegt.

Im vorliegenden Falle nun liegen durchaus keine Gründe vor, welche es rechtfertigen könnten, über den bestimmten Antrag der Regierung hinweg dem Konzessionsgesuche zu entsprechen.

Denn zunächst handelt es sieh um eine Unternehmung lokalster Natur, bei welcher allgemeine Verkehrsinteressen oder solche weiterer Kreise nicht in Frage komman. Die Konzessionsbewerber selbst geben als Zweck ihres Projekts an, eine leichtere Verbin-

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düng der grossen Fremdenetablissemente, überhaupt der Ortschaft.

Seelisberg, mit dem Vierwaldstättersee zu ermöglichen. Nun protestirt aber gerade diese einzig betheiligte Gemeinde mit aller Entschiedenheit gegen die ihr zugedachte Verkehrserleichterung, indem sie in dem Unternehmen einer Drahtseilbahn nicht nur keine Förderung, sondern gegentheils eine ernstliche Gefährdung ihrer Interessen erblickt. Es entspricht die projektirte Bahn somit keinem Bedürfnisse, selbst nicht demjenigen auch nur eines Theiles der in Frage kommenden Bevölkerung, indem sich keine einzige "Stimme zu dessen Gunsten geltend gemacht hat. Vielmehr trägt das Unternehmen , dessen Konzessionirung nachgesucht wird , ganz nur den Charakter einer Spekulation Einzelner, denen die ausgesprochenen Interessen der nächst- und allein betheiligten Kreise feindlich gegenüberstehen.

Daß zu Gunsten eines solchen Projekts nicht der auf größere Schienenverbindungen abzielende Art. 3 des Eisenbahngesetees, wonach der Bund im Allgemeinen die Eisenbahnverbindungen zu entwickeln und zu vermehren suchen soll, angerufen werden kann, bedarf unseres Erachtens keines weitern Nachweises.

Wir schließen daher mit dem Antrage, auf das Konzessionsgesuch der Herren Bucher und Durrer iu Kägiswyl für eine Drahtseilbahn auf den Seelisberg nicht einzutreten.

Dabei benutzen wir den Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung wiederholt zu versichern.

B e r n , den 12. April 1887.

Im Namen des schweiß. Bundesrathes.

Der Bundespräsident: Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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(Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

Verweigerung der Konzession für eine Drahtseilbahn vom Ufer des Vierwaldstättersees auf den Seelisberg.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) einer Eingabe der Herren Bücher und Durrer in Kägiswyl, vom 26., eingelangt am 30. Oktober 1886; 2) der Vernehmlassung der Regierung von Uri, vom 13./17. Dezember 1886 ; 3) einer Botschaft des Bundesrathes vom 12. April 1887, beschließt: 1. Auf das Konzessionsgesuch der Herren Bücher und Dürrer in Kägiswyl für eine Drahtseilbahn vom Ufer des Vierwaldstättersees auf den Seelisberg, vom 26./30. Oktober 1886, wird nicht eingetreten.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Verweigerung der Konzession für eine Drahtseilbahn vom Ufer des Vierwaldstättersees auf den Seelisberg.

(Vom 12. April 1887.)

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20.04.1887

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