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Machten betreffend die Hagelversicherungsfrage,

Im Auftrage des schweizerischen Handels- und Landwirthschaftsdepartements

verfasst von Dr. J. Kummer, Direktor des eidg. Versicherungsamts.

(April 1887.)

Einleitung.

Die Bundesversammlung hat den Bundesrath eingeladen , die Frage zu prüfen, ob der Bund sich bei der Subventionirung der Hagelversicherung durch die Kantone mitbetheiligen solle. Außer -diesem Postulate sind dem Bundesrath noch verschiedene Petitionen zugekommen, welche eine Betheiligung des Bundes bei der Hagelversicherung in dieser oder jener Form verlangen. Diese Frage ist bereits bei verschiedenen Veranlassungen Gegenstand der Diskussion in den eidgenössischen Behörden gewesen, und es sind über den Sinn und Tragweite ihrer Beschlüsse unrichtige Angaben in Umlauf gekommen. So erseheint es denn zur Orientirung nothwendig, einleitungsweise über die verschiedenen Anregungen und die Entscheide der Bundesbehörden über dieselben summarisch Bericht zu erstatten.

Schon die ersten Statuten der Schweizerischen Hagel Versicherungsgesellschaft setzen (§ 64) den Fall voraus, daß schweizerische Behörden oder Vereine der Gesellschaft besondere Beiträge zuwenden, und bestimmen, daß diese in einen den schweizerischen Versicherten ankommenden Reservefond gelegt werden, der in besonders ungünstigen Jahren zur Herabminderung der Nachschüsse dienen soll.

Sofort nach der Annahme der Statuten und der Konstituirung des Verwaltungsrathes reichte der letztere ein Gesuch um einen Beitrag an die Gründungskosten beim Bundesrathe ein. Dieser trat jedoch erst auf die Sache ein, nachdem ihm nachgewiesen worden war, daß schweizerische Vereine und kantonale Regierungen für denselben Zweck Fr. 2760 geopfert und daß noch Fr. 3300 zu decken

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bleiben; nun bewilligte der Bundesrath mit Rücksicht auf den gemeinnützigen Charakter des Unternehmens einen Beitrag von Fr. 500 (Mai 1880).

Im Oktober 1882 reichten Verwaltungsrath und Direktion der Gesellschaft ein neues Gesuch ein, dahin gehend, es möchte derselben eine namhafte Subvention zur Aeufnung eines Reservefond» bewilligt und der Betrag in das Budget von 1683 aufgenommen werden. Der Bundesrath konnte hierauf nicht eintreten, nicht bloß, weil er das Budget pro 1883 schon durchberathen hatte , sonderò weil der Konsequenzen wegen noch allerlei prinzipielle Erörterungen über dieses Thema bevorstunden.

Die Frage war nämlich bereits mit der sogenannten ,,landwirthschaftlichen Enquete" verflochten worden, auf deren Entstehung wir in Kürze zurückkommen müssen.

Im Dezember 1880 hatte die Bundesversammlung folgendes Postulat zum Budget pro 1881 angenommen: ,,Der Bundesrath wird eingeladen, einläßliche Nachforschungen und Untersuchungen über die Art und Weise, über die Größe der Beiträge und die verschiedenen Institutionen anzuordnen , mittelst deren in den übrigen Staaten Europas, die Hebung der Landwirtschaft angestrebt und gefördert wird, und sodann Bericht und Anträge einzubringen über die aus diesen Erhebungen für unsere Verhältnisse sieh ergebenden Anforderungen."

So entstand unsere landwirtschaftliche Enquête.

Herr Prof. K r ä m e r verfaßte zunächst seinen 1882 publizirten Bericht: ,,Vergleichende Darstellung der Maßregeln und Einrichtungen zur Förderung der Landwirthschaft in verschiedenen Ländern Buropas und ihre Nutzanwendung auf schweizerische Verhältnisse." Im zweiten Theil dieser Schrift, der Nutzanwendung, beantragte deren Verfasser unter Ziffer 13: Gewährung eines Darleihens von Fr. 500,000 an die schweizerische Hagelversicherungsgesellschaft behufs Bildung eines Reservefonds.

Von der aus unsern konstitutionellen Verhältnissen sich ergebenden Voraussetzung ausgehend, daß es sich bei der Unterstützung der Landwirthschaft durch den Bund nur um einen helfenden!

Anschluß an schon Bestehendes handeln könne, wandte sich nun der Bundesrath an die Kantone uad die landwirtschaftlichen Vereine, um von ihnen zu erfuhren, was auf diesem Gebiete bereits geleistet wird und wie sie sieh zu den Anträgen des Herrn Professor Krämer verhalten.

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"Während nun die gemachten Anregungen im Allgemeineil wohl aufgenommen wurden, gingen die Ansichten der Kantonsregierungen und der Vereine bezüglich der Hagelversicherung sehr auseinander.

Neun Kantonsregierungen nur unterstützten den Antrag des Hr.

Krämer, die übrigen sprachen sich theilweise sehr bestimmt dagegen aus. B e r n konnte nicht zugeben, daß durch Unterstützung eines Privatunternehmens demselben ein Monopol verschafft werde, und machte auf die Konsequenzen aufmerksam, welche sich aus der Subventionirung Einer Versicherungsunternehmung ergeben werden. S o l o t h u r n erachtete einen Bundes- oder kantonalen Beilrag nur dann als angezeigt, wenn eine obligatorische Versicherung eingeführt werden könnte. Aehnlich Freiburg. Von den landwirtschaftlichen Vereinen sprachen sich zwei der romanischen Schweiz bestimmt gegen den Antrag aus; die Direktion des ,,schweizerischen landwirtschaftlichen Vereins" enthielt sich der Antragstellung; nur die ,,Gesellschaf schweizerischer Landwirthe" unterstützte die Anregung des Enquêteberichts (s. Bundesblatt 1883, IV, S. 962 ff.).

Unter diesen Umständen war es begreiflich, daß der Bundesrath bei der Stellung seiner Anträge diesen so streitigen Gegenstand sehr bestimmt ausschloß. Seine Motivirung stimmt mit derjenigen der Berner Regierung überein; außerdem wird das Unzweckmäßige der Gefahranhäufung in Einer Gesellschaft, welche immer weitere und größere Subventionen nach sich ziehen werde, besonders betont. Zwischen den Schutemaßregeln gegen die Verheerungen durch Viehseuchen, Reblaus und andere Schädlinge, und der Subventionirung einer Hagelversicherungsgesellschaft bestehe ein großer Unterschied , indem dort Private für Schädigungen Vergütung erhalten, die ihnen durch Maßregeln im Interesse des öffentlichen Wohls auferlegt werden. Diesen Anschauungen gemäß enthält denn auch der Entwurf eines ,,Bundesbeschlusses betreffend die F ö r d e r u n g der Landwirtschaft durch den Bund," vom 4. Dezember 1883, in Art. 10 Zusicherungen bezüglich der Entschädigung für M a ß n a h m e n gegen Schäden, welche die landwirtschaftliche Produktion bedrohen, während in Betreff der verschienen Schädigungen durch Naturereignisse, gegen welche es keine Kampfmittel gibt und deren Entschädigung durch Andere noch keine Förderung unserer Produktion, sondern nur die Abwälzung
eines Verlustes auf andere Bürger wäre, kein Antrag gestellt wird.

Unter der Aufschrift ,,Landwirtschaftliche Vereine" werden dann weiter folgende Anträge gestellt: ,,Art. 12. Den beiden schweizerischen landwirtschaftlichen Hauptvereinen können alljährlich folgende Subventionen bewilligt werden :

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a. für die Abhaltung von Wandervorträgen und Spezialkursen; b. für die Vertheilung landwirthschaftlicher Fachschriften; c. für Förderung des Pflanzenbaues und Hebung der Kleinviehzucht. " ,,Art. 13. Für diese und andere Zwecke können den landwirthschaftlichen Vereinen die Subventionen unter folgenden Bedingungen bewilligt werden : 1) Die gehörig zu motivirenden Subventionsbegehren müssen,, um in dem Budget eines Jahres Berücksichtigung finden zu können, vor dem 15. August des vorhergehenden Jahres eingereicht sein.

2) Den Begehren muß ein genaues Programm beigegeben werden, aus welchem in klarer Weise die Natur des Unternehmens, für das eine Subvention verlangt wird, der Voranschlag der Gesammtkosten der Durchführung desselben und die Art und Weise der Verwendung der Subvention entnommen werden können.

3) Die Ausbezahlung der Subvention erfolgt nur gegen Vorweis der Rechnungsbelege und Erstattung eines Berichts über das Unternehmen.a Obschon die schweizerische Hagelversicherungsgesellschaft noch mittelst einer gedruckten ,,Denkschrift" für die Bundessubvention Propaganda machte, fand sich keine der beiden vorberathenden Kommissionen vor der Behandlung des Gesetzentwurfs durch die eidgenössischen Rät h e veranlaßt, zu Gunsten der Hagelversicherung einen Antrag zu stellen ; auch können die kleinen Abänderungen, welche sie an der Redaktion der beiden angeführten Artikel anbrachten , nicht in diesem Sinne gedeutet werden. Im definitiven Text heißt es freilich (Art. 12 und 13) statt: ,,landwirtschaftliche Vereine" allgemeiner: ,,landwirthschaftliche Vereine und Genossenschaften"; ferner statt: ,,folgende Subventionen" allgemeiner: ,,namentlich folgende Subventionen". Dagegen erhielt Art. 13 folgende neue Zusatzbedingung: ,,3) Die Bundesbeiträge dürfen nicht zur Erzielung eines Privatnutzens dienen. " Dieser Zusatz sehließt Geschenke an Einzelne, durch welche eine Produktionsvennehrung nicht erzielt wird , wie Beisteuern an Nachschußprämien hei der Hagelversicherung, geradezu aus.

251 Den besten Beweis jedoch, daß die angenommenen Artikel eine Unterstützung der Hagelversicherung nicht involviren, liefert die Diskussion und Abstimmung über einen nicht angenommenen .Zusatzartikel zu Gunsten der Hagelversicherung. Im Ständerath wurden drei verschiedene Anträge gestellt, dahingehend, zwischen Art. 10 und 11 einen Zusatzartikel betreffend Subventionirung der Hagelversicherung einzuschieben; die Kommission, an welche die Angelegenheit zurückgewiesen wurde, nahm einen dieser Anträge auf, welcher verlangte, daß der Bund den Kantonen, welche Heiträge an Hagelversicherungsprämien verabreichen, unter vom Bundesrathe festzusetzenden Bedingungen ein Drittel zurück vergüte. Vom gegnerischen Standpunkte aus wurde jedoch diese Frage als noch nicht spruchreif erklärt und gegenüber dem beantragten Zusatzartikel folgendes P o s t u l a t vorgeschlagen: "Der Bundesrath w i r d e i n g e l a d e n , d i e F v a g e zu p r ü f e n , ob d e r Bund sich bei B e i t r ä g e n , mit welchen die K a n t o n e die Hagelversicherung u n t e r s t ü t z e n , betheiligensoll."* Dieses im Gegensatz, zum beantragten Zusatzartikel stehende Postulat, welches die Frage als noch nicht spruchreif noch einmal geprüft wissen will, wurde mit Stichentscheid des Präsidenten vorn Ständerathe am 11. Juni 1884, vom Nationalrathe jedoch erst am 3. Dezember 1884 (nachdem der Bundesbeschluß vom 27. Juni 1884 betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund bereits die Referendumsfrist passirt hatte und in Kraft getreten war, ohne eine Zusicherung für die Hagelversicherung zu enthalten) mit 48 gegen 46 Stimmen angenommen, welche letztern nicht einmal so weit gehen wollten.

Durch diese Erzählung des Hergangs glauben wir den Nachweis erbracht zu haben, daß nach dem Wortlaut der Art. 12 und 13 des vom Volke stillschweigend genehmigten Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884, sowie nach der Diskussion und Abstimmung der Bundesversammlung über denselben die Subventionirung der Hagelversicherung durch ihn nicht vorgesehen ist und nicht hinein interpretirt werden darf, sondern nur auf dem Wege der Gesetzgebung eingeführt werden könnte.

Ermuthigt durch das Postulat machten nun die der Subventionirung der Hagelversicherung günstigen Vereine und die schweizerische Hagelversicherungsgesellschaft selbst im Volke Propaganda
für eine größtmögliche Betheiligung des Bundes u n d d e r 1 Kantone.

Der Vorstand des ,,Bauernvereins des Kantons Luzern" richtete (12. September 1885) an den Bundesrath das Gesuch:

1. Der Bundesrath möge die Angelegenheit der Hagelversicherung haldmöglichst und mit aller Energie an die Hand nehmen und bezügliche Vorschläge an die Bundesversammlung richten und hiebei insbesondere die Einführung der obligatorischen Hagelversicherung für die dem Hagel am meisten ausgesetzten Bodenerzeugnisse : Getreide, Obst und Weinreben, in ernste Erwägung ziehen, die hiezu erforderlichen statistischen Erhebungen machen und, insofern sich die Angelegenheit als ausführbar erweist, einen daherigen Gesetzesentwurf ausarbeiten.

In diesem Entwurf ist eine ganz erhebliche Unterstützung der schweizerischen Hagelversicherung sowohl durch den Bund, wie durch die Kantone vorzusehen.

2. Sollte die Einführung der obligatorischen Hagelversicherung dermalen noch auf allzu große, nicht zu übersteigende Hindernisse stoßen, so wird das Gesuch dahin abgeändert: a) der Bund unterstützt die Hagelversicherung durch eine alljährliche namhafte Subvention, deren Größe im Verhältnisse steht, wie die Prämiensumme zur Versicherungssumme; b) die einzelnen Kantone leisten ebenfalls einen jährlichen Beitrag an die Hagelversicherung; beide Beiträge werden von der Prämiensumme in Abrechnung gebracht, um die persönliche Leistung der einzelnen Landwirthe zu erleichtern und den Beitritt zu ermöglichen ; c) der Bund möge die Oberaufsicht über die Hagelversicherung übernehmen.

Um dieselbe Zeit wurden übereinstimmende gedruckte Petitionsbogen (welchen Datum und amtliche Beglaubigung fehlen) mit 19,216 Unterschriften bedeckt, von welchen über 8/9 den Kantonen Zürich, Aargau, Luzern, Solothurn, Bern und Freiburg angehören.

Dieser Erfolg ist begreiflich, wenn man in der betreffenden Petition liest, was Angesichts der erlittenen Hagelschläge im Falle einer Initiative des Bundes, aus welcher sieh die Mitwirkung der Kantone ,,wie von selbst" ergehe, in Aussicht gestellt wird.

,,Wir wollen uns beschränken, zu sagen -- heißt es in der Petition -- daß künftig ein Gefühl der Sicherheit den schweizerischen Landwirth hegleiten und eine Quelle der Armuth geschlossen sein wird, sobald eine Organisation der Hagelversicherung Platz greift, wie der B u n d eine solche, anknüpfend an Gegebenes, o h n e vie. le M ü h e u n d o h n e z u g r o ß e Opfer s c h a f f e n z u h e l f e n i m S t a n d e ist."

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,,Die Art. 12 und 13 des Landwirthschaftsgesetzes geben dem Bunde die K o m p e t e n z und zeigen ihm den W e g , wie er diese Aufgabe r a s c h erfüllen kann, und wir sind dessen versichert, daß alle politischen Parteien ohne Unterschied ihn bei derselben gerne unverzüglich am Werke sehen werden. a Aber trotz der angeblich bereits erreichten Lösung der Präge empfiehlt die Petition schließlich alle bereits vorgeschlagenen Modalitäten ohne Unterschied : Bundesanstalt oder vom Staate unterstützte und mitgeleitete Privatanstalt, sei dieses die gegenwärtige Schweizerische oder eine neu zu organisirende, und bestehe nun die Unterstützung in einem temporären Darleihen oder in jährlichen Beiträgen an die Prämien.

Im Anschlüsse an diese Eingaben richtete der Verwaltungsrath der Schweiz. Hagelversicherungsgesellschaft unterm 20. Oktober 1885 Namens der Hauptversammlung derselben das Gesuch au den Bundesrath: ,,Derselbe möchte die sämmtlichen Kantonsregierungen einladen, sich bei einer von ihm zu veranstaltenden Konferenz behufs Besprechung der Hagelversicherungssubventionsfrage vertreten zu lassen.a Schon während der Vorbereitung dieser verschiedenen Eingaben hatte die Schweiz. Hagelversicherungsgesellschaft den Bundesrath ersucht: 1) um Verabreichung eines Bundesbeitrages zur Reduktion der nothwendig werdenden Nachschüsse und 2) um die Gewährung eines Kredites bei -der eidg. Staatskasse im Betrage von Fr. 150,000.

Der Bundesrath hatte jedoch am 4. September 1885 beide Gesuche in ablehnendem Sinne beantwortet, das erste, weil er au dem in seiner Botschaft vom 4. Dezember 1883 entwickelten Standpunkte festhalte, das zweite, weil er zur Entsprechung sich nicht kompetent erachte.

Der Moment zu einer neuen prinzipiellen Erörterung war nun gekommen. Herr Müller, Chef der Abtheilung Landwirthschaft des Schweiz. Handels- und Landwirthschaftsdepartements, wies in einem gründlichen Gutachten vom 12. Dezember 1885, welches, weil gedruckt, hier nicht in extenso wiederholt zu werden braucht, nach, daß Art. 34 der Bundesverfassung dein Bunde nicht die Begünstigung einer einzelnen Hagelversicherungsanstalt gestatte, daß auch das Landwirthschaftsgesetz (Art. 12 und 13) eine solche nicht ermögliche und daß überhaupt durch eine einzelne Anstalt, welche Modalität der Unterstützung auch gewählt werde, die Hagelversicherungsfrage für die Schweiz nicht gelöst wurden könne.

Das Handels- und Landwirthschaftsdepartement übersandte den 21. Dezember 1885 den Kantonsregierungen diesen Bericht zur Prüfung. Für den Fall, daß die M e h r z a h l der Kantone trotz der im Berichte entwickelten Gründe der Ansicht sein sollte, daß es in der Aufgabe des Bundes liege, auf dem Gebiete der Hagelversicherung helfend einzuschreiten, wird zur Weiterführung der Angelegenheit eine Konferenz in Aussicht gestellt, dabei jedoch darauf aufmerksam gemacht, daß ohne vorherige R e v i s i o n der Bundesverfassung Bundesbeiträge an die Prämien der Versicherten nicht möglich seien, und daß bei einer solchen Revision auch andere Klassen der Bevölkerung in Betracht kommen werden, ferner daß hei Annahme des Prinzips der Bundeshülfe nach bisheriger Regel die Kantone zwei Dritttheile der Subvention zu übernehmen hätten.

Das Resultat dieser neuen Befragung der Kantonsregierungen war dieses, daß nur acht derselben (Zürich, Bern, Luzern, Solothurn, Schaffhausen, St. Gallen, Aargau und Thurgau) sich für den projektirten Subventionsmodus aussprachen, während alle übrigen, mit Ausnahme der gar nicht antwortenden Regierungen von Appenzell I. Rh. und Genf) *), mehr oder weniger energisch sich für den Standpunkt des Müller'schen Gutachtens und gegen Subventionirung äußerten.

Von (leu Regierungen der ersten Gruppe wünschten überdies diejenigen von Bern und St. Gallen, es möchte die Frage einer Mitbetheiligung der Kantons- und Gemeindebehörden bei der Administration der schweizerischen Hagelversicherungsgesellschaft untersucht werden ; diejenige von Luzern verlangte eine Vertretung der subventionirenden Kantone im Verwaltungsrathe und definitive Festsetzung des Tarifs der subventionirten Gesellschaft durch den Bund.

Als Gründe für die Subventionirung führt die erste Gruppe an : die schwierige Lage der Landwirtschaft im Allgemeinen und der Hagelversicherungsangelegenheit im Besondern, die Nothwendigkeit einer Erleichterung der Prämien behufs der Förderung dieser Versicherung, namentlich bei den kleinen Landwirthen, sowie die Solidarität zwischen den verschiedenen Berufsklassen. Gegenüber den konstitutionellen Bedenken verweist sie auf andere Subventionen (Gotthardbahn, Garantiestädte, Ausgaben des Bundes für die Förderung der Landwirtschaft und der gewerblichen Bildung), für welche die Bundesverfassung ebenfalls
keine Vorschrift enthalte; *) Dagegen sprach sich im März 1886, als es sich darum handelte,, der Schweizerischen Hagelversicherungsgesellschaft eine provisorische eidgenössische Bewilligung zum Geschäftsbetrieb zu ertheilen, der Staatsrath von G e n f gegen diese Gesellschaft ans.

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Art. 34 der Bundesverfassung wird bei diesen Auseinandersetzungen nicht in Betracht gezogen.

Die meisten Antworten der zweiten Gruppe heben dagegen die dem Bunde nach Art. 34 gegenüber den Versicherungsgesellschaften zukommende Stellung hervor. Zug nennt eine solche Subvention eine ,,Gabe an Einzelne11. Obwalden findet, da vorzugsweise die Reichern die Hagelversicherung benützen, ,,es müßte dann der Aermere dem Reichern den Schaden tragen helfen". Mehrere Kantone machen auf die bedeutendem Schädigungen aufmerksam, welche der Landwirthschaft erwachsen durch Dürre, Fröste, Nässe und daherigen Mißwachs, für welche mit demselben Rechte der Bund in Mitleidenschaft gezogen werden dürfte; auch befürchten sie von der Subventionirung der Hagelversicherung eine Verminderung der Staatsmittel für andere wichtigere Aufgaben.

Nach diesem Votum der Kantonsregierungen nahm nachträglich auch die Abgeordnetenversammlung des ,,Schweizerischen landvvirthschaftlichen Vereins" Stellung zu der Frage, indem sie am 15. Mai 1886 in Luzern folgende Anträge ihrer Direktion annahm: ,,1) In Würdigung der hohen Wichtigkeit einer schweizerischen Hagelversicherung und in Berücksichtigung des Umstandes, daß sich eine solche bei den sich darbietenden Schwierigkeiten ohne eine staatliche finanzielle wie moralische Mithülfe nicht gehörig zu entwickeln im Stande ist, spricht sich die Direktionskommission des schweizerischen landwirtschaftlichen Vereins entschieden für eine Betheiligung des Bundes und der Kantone bei der schweizeriachen Hagelversicherung aus.

,,2) Betreffend den Modus der Betheiligung des Bundes und der Kantone bei der schweizerischen Hagelversicherung erachtet die Direktion (bei der Aussichtslosigkeit auf den Erhalt einer obligatorischen oder auf Freiwilligkeit beruhenden Bundesversicherungsanstalt) die Subventionirung einer schweizerischen Hagelversicherungsanstalt durch den Bund und die Kantone für angezeigt, mit entsprechenden Pflichten und Rechten bei der Beaufsichtigung und Leitung einer zutreffenden Anstalt.

,,3) Es wird sich so auch die Direktion in diesem Sinne mittelst besonderer Eingabe an die zutreffenden Bundes- und Kantoualbehörden, die Zweigvereine des schweizerischen landwirtschaftlichen Vereins, wie an die Fédération agricole de la Suisse romande und die Gesellschaft schweizerischer Landwirthe in Zürich wenden. a

256 Die in dem bezüglichen Referate des Herrn Verwalter Büchi entwickelten Motive brauchen wir, da dasselbe gedruckt ist, nicht zu wiederholen; es enthält die bereits bekannten Argumente und scheut sich auch nicht, den Schluß zu ziehen, daß dasjenige, was bei irgend welchen Kantonen Staatspflicht ist, auch dem Bund nicht fremd bleiben dürfe. Der Gefahr des bei Einer Anstalt angehäuften Risikos glaubt Herr Büchi durch ,,richtige Tarifirung a der gefährlichen Risiken und durch ,,Rückversicherung bei einer großen Gesellschaftu begegnen zu können.

Da der Chef der landwirtschaftlichen Abtheilung unseres Handels- und Landwirthschaftsdepartements auch nach der" Vernehmlassung der Kantonsregierungen nicht wesentlich zu anderu Ansichten gekommen ist, so wurde auf seinen Antrag der Referent vom genannten Departement beauftragt, die Frage, ob, und eventuell in welcher Weise, der Bund sich an der Hagelversicherung betheiligen soll, naeh der staatsrechtlichen, politischen und finanziellen Seite zu prüfen und darüber ein Gutachten abzugeben.

I. Zur Geschichte unserer Hagelversicherung.

Während auf dem Gebiete der Lebensversicherung unser Land im Verhältniß zu seiner Volkszahl eine erheblich höhere versicherte Summe aufweist, als irgend ein anderes Land des Kontinents, sind wir dagegen trotz der Aufmerksamkeit, welche bei uns der Landwirthschaft geschenkt wird, in der Hagelversicherung auffallend zurückgeblieben. Die in der Schweiz gegen Hagel versicherte Summe bewegte sich auch in den letzten Jahren noch zwischen 2Va und 5 J /2 Franken per Kopf der Bevölkerung, während in Frankreich eine Summe von 14, in Oesterreich-Ungaru eine solche von 25 und im Deutschen Reiche vollends eine Summe von 48 Franken per Kopf erreicht worden ist.

Dieses Mißverhältniß bietet uns Veranlassung zu einem geschichtlichen Rückblick, welcher uns die Ursachen unseres Zurückbleibeos mehr oder weniger aufdecken kann. -- -- Auch auf diesem Versicherungsgebiete sind uns andere Staaten mit dein guten Beispiel vorausgegaugen. Schon urn die Mitte des vorigen Jahrhunderts entstanden in einigen Departementen Frankreichs Vereine zur gegenseitigen Hagelversicherung, in den Achtziger

257 Jahren auch in England, und von 1797 an einige in Deutschland, zu welchen bereits im Jahre 1822 auch eine Aktiengesellschaft für Hagelversicherung (in Berlin) hinzukam.

Im Jahre 1825 enstand in der Schweiz die erste Hagelversicherungsgesellschaft. Wir dürfen uns eigentlich verwundern, daß bei der damaligen absoluten Selbstständigkeit der kantonalen Gesetzgebung in innern Angelegenheiten und bei den zwischen den Kantonen bestehenden Verkehrssehranken schon jetzt eine solche Gesellschaft aufkommen und sich über einen großen Theil der Schweiz ausbreiten konnte.

Der schon damals durch ihre Leistungen zur Förderung der Landwirtschaft wohlbekannten ,,Oekonomischen Gesellschaft des Kantons Bern"1 war es vorbehalten, der modernen Institution Bahn zu brechen. Nachdem diese Gesellschaft vorerst durch eine Druckschrift das Publikum mit den Einrichtungen der beiden auf Gegenseitigkeit beruhenden Hagelversicherungsgesellschaften in Halberstadt und in Anhalt-Köthen bekannt gemacht hatte, arbeitete sie Statuten für eine bernische Gesellschaft aus, welche am 9. März 1825 die Genehmigung der Regierung erhielten und nach dem Beitritt einer über Erwarten starken Anzahl von Mitgliedern am 11. Juni desselben Jahres in Kraft erklärt wurden (696 Mitglieder mit einer Versicherungssumme von Fr. 726,533. 96 a. W.). Die erste Jahresrechnung schloß mit einem Aktivsaldo von Fr. 3326. 20.

Der Aufsichtskommission, welche schon bei der ersten Hauptversammlung die Kompetenz erhalten hatte, den Anschluß anderer Kantone anzubahnen, gelane es schon im zweiten Jahre, Zweigvereine in den Kantonen Zürich und Aargau in's Leben zu rufen.

Im dritten Jahre operirte die Gesellschaft bereits in 12 Kantonen, in welchen sie 3442 Versicherte mit einer Versicherungssumme von Fr. 2,954,230. 43 (a. W.) zählte, von welcher letztem fast die Hälfte auf vier Kantone der französischen Schweiz kam.

Faktisch bereits zu einer ^Schweizerischen Versicherungsgesellschaft gegen Hagelschaden" geworden, wurde es der Verein auch der Form nach mittelst der am 6. Juni 1828 neu abgefaßten und nach den während diei Jahren gemachten Erfahrungen vervollständigten Statuten. Wir müssen hier wenigstens die Hauptbestimmungen dieser (167 Artikel enthaltenden) Statuten reproduziren, schon deßhalb, weil den Verfassern der bis jetzt erschienenen Handbücher nur diejenigen
von 1825 vorgelegen zu haben scheinen.

In Ermanglung einer Hagelstatistik, deren Vernachlässigung M a s i u s noch 1846 an dieser Gesellschaft beklagt, konnte natürlich von.einer Unterscheidung der Gegenden nach ihrer HagelgefährlichJ

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Bundesblatt. 39. Jahrg. Bd. III.

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258 keit noch nicht die Rede sein. Dagegen wurden die Objekte der Versicherung nach ihrer allgemeinen Hagelgefährlichkeit in folgende zwei Klassen geschieden : 1. Klasse: Alle Arten reif einzuerntender Körner von Getreide, Schotenfrüchten, Oelsaaten und Samen von Futterkräutern, sowie das Stroh jener Getreidearten, Erbsen, Linsen, Pferdebohnen, Wicken, Buchweizen, Reps und ßübsaat, Leindotter (Besenreps), Mohn u. s. w., Esparsette-, Klee- u. dergl. Samen; 2. Klasse: Die längerer Gefahr und größerem Schaden ausgesetzten: Weintrauben, Hopfen, Tabak, Hanf uud Flachs, Spätobst. Ausgeschlossen waren alle Gras- und Kleearten, insoweit sie nicht zur Gewinnung von Samen bestimmt sind, sowie die zur Grünfütterung bestimmten Getreide und Hülsenfrüchte, alle Wurzelgewächse, Krautarten und Küchengewächse, namentlich auch die gewöhnlichen Kochbohnen, Zuckererbsen u. dergl.

Es steht jedem Mitgliede frei, welche der genannten Früchte und welche mit denselben bepflanzte Grundstücke es versichern will. Für Klasse l war das Maximum der Prämie 2°/o der Versicherungssumme, für Klasse 2 nur 3 °/o ; von diesen Maxima wird stets die Hälfte als Vorprämie bezogen ; von der anderen Hälfte in der Form von Nachschüssen so viel, als nach Erschöpfung der vorhandenen Mittel nothwendig erscheint; reichen bei Bezug der vollen Prämie die Mittel zur Bezahlung der Entschädigung nicht aus, so wird dieselbe pro rata reduzirt, jedoch wird nach Verhältnis der vorhandenen Mittel Nachzahlung des Fehlenden in den zwei folgenden Jahren in Aussicht gestellt.

Die Beitrittserklärungen mußten einen genauen Voranschlag der zu versichernden Flächen und Früchte enthalten ; zu niedrige Schätzungen wurden gestattet; gegen zu hohe Angaben der Fläche oder des Ertrages waren strenge Vorschriften aufgestellt; auch setzten die kantonalen Organe der Gesellschaft alljährlich die Maximalpreise zum Voraus fest.

Die Minimalversicherungssumme betrug Fr. 200. (a. W.), jedoch waren Kollektivversicherungen gestattet, für welche Einer als Gewährsmann einzustehen hatte. Zur Vereinfachung des Geschäftes konnte sogar eine ganze Gemeinde als Versicherter auftreten, wenn a l l e versicherungsfähigen Erzeugnisse einer Klasse ohne Ausnahme versichert wurden und die Gemeindebehörde mit Vollmacht aller Betheiligten als Gewährsmann Bürgschaft leistete.

Die Verwaltung und die Abschätzung der Schäden war einfach und billig organisirt; die von beiden Parteien bestellten Schätzer

259 bestimmten, wie viel Zehntel durch Hagel eingebüßt waren. Bruchtheile unter -Vio wurden nicht entschädigt.

Diese Statuten enthielten in einigen Hauptpunkten Verschlimmbesserungen, welche sich später als sehr nachtheilig erwiesen. Nach den früheren Statuten war der Beitritt auf mehrere Jahre vorgesehen, so daß, wer nicht vor dem 31. Oktober seinen Austritt erklärte, noch für ein Jahr haftete; auch mußte der Beitritt für Erzeugnisse der ersten Klasse vor dem 1. Mai, für solche der zweiten Klasse vor dem 16. Juni erklärt werden; nach den schweizerischen Statuten geschah der Beitritt nur je für ein Jahr und stund für noch nicht verhagelte Erzeugnisse das ganze Jahr offen. Während ferner die ersten Statuten für Erzeugnisse der zweiten Klasse eine Maximalprämie von 4 % vorgesehen hatten, war diese jetzt auf 3 °/o herabgesetzt.

So begann jedes Kalenderjahr ohne Mitgliederbestand; alle möglichen Erwägungen oder Nichterwägungen führten zum Aufschub oder der Unterlassung der Versicherung. Die letztere riß um so mehr ein, als in den Dreißiger- und Vierziger-Jahren bei der Geringheit der Prämie auch die Entschädigungen in schweren Jahren nur J/a oder lk des Schadens deckten und die auf der Gesellschaft lastenden Verpflichtungen für Schäden früherer Jahre die dabei Nichtbetheiligten von dem Beitritt -abschreckten. Dann bedauerte man gar noch das Geld, welches in guten Jahren ,,zum Kanton hinaus" ging und -- weil man die Statistik vernachlässigte -- glaubten sich selbst Solche verkürzt, welche durchschnittlich günstig versichert waren.

Im Kanton L u z e r n führten solche Erwägungen im Jahre 1836 zur Gründung einer aparten ,,Unterstützungsgesellsehaft für Hagelschäden", welche eine unterschiedslose Prämie von l °/o einführte und alle Nachschüsse ausschloß. Diese Gesellschaft hatte eine Dauer von 21 Jahren. Während dieser Periode zählte sie durchschnittlich 677 Mitglieder.

Die Jahresbeiträge betrugen im Durchschnitt Fr. 5,453. -- die Schäden ,, ,, ,, 17,068. 17 die Entschädigungen ,, ,, ,, 5,284. 53 Es konnte somit durchschnittlich nicht ils des Schadens vergütet werden, in schweren Jahren natürlich weit weniger; die Entschädigung fiel bis auf 73/4 % des Sehadens. Im Jahre 1848 erhielt die Gesellschaft einen Staatsbeitrag von Fr. 1200 a. W., von 1850 an jährlich einen solchen von Fr. 2000. Gleichwohl
wurde die Betheiligung nicht stärker, als sie vorher durchschnittlich gewesen. Die Regierung gab daher ihr Unterstützungssystem auf und ertheilte, obschon die schweizerische Anstalt noch fortvegetirte, im

260 Jahre 1856 der 1854 auf Aktien gegründeten Magdeburger Hagelversicherungsgesellschaft, welche auch in schlimmen Jahren die Schäden voll zu decken im Stande war, die Konzession.

Im Jahre 1847 trennte sich auch die f r e i b u r g i s c h e Sektion der Schweizerischen Hagelversicherungsgesellschaft von der Muttergesellschaft ab und beschloß -- voulant se reconstituer sur des bases solides et perpétuer dans ce canton une institution déjà reconnue utile et nécessaire (wie es in der Einleitung der neuen Statuten heißt) -- die Errichtung einer ,, F r e i b u r g i s c h e n H a g e l v e r s i c h e r u n g s g e s e l l s c h a f t a . Die grundlegenden Statutenbestimmungen derselben waren der schweizerischen entlehnt: so diejenigen über den Voranschlag der Versicherung, die Abschätzung des Schadens, die Berechnung nach Zehnteln, die beschränkte Haftung, die eventuellen Nachzahlungen der Gesellschaft in den zwei auf den Schaden folgenden Jahren. Als frei versicherbar erklären die Statuten die verschiedenen Gretreidearten und das Stroh derselben, Hülsenfrüchte und Oelsaaten. Die Prämie wird ein- für allemal auf 1 1 la °/o der Versicherungssumme festgesetzt. -- Ganz abgesondert von den Geschäften dieser Versicherung betrieb die Gesellschaft nach denselben Grundsätzen die Rebenversicherung gegen eine Prämie von 3 °/o der Versicherungssumme; diese Trennung der Interessen wird als eine durch die Erfahrung gerechtfertigte bedauerliche Nothwendigkeit bezeichnet und dabei auf das Beispiel der schweizerischen (?) Anstalt hingewiesen.

Diese Gesellschaft wirkte 34 Jahre. In der Periode von 1850 -- 1880 soll die Versicherungssumme durchschnittlich Fr. 385,240 betragen haben, die Schadenzahlungen durchschnittlich Fr. 5,374.

In den Sechsziger Jahren stund die Gesellschaft ganz gut; während einiger Jahre wurde die Prämie sogar auf l °/o herabgesetzt. Vom Hagelschaden von 1873 dagegen konnten trotz der Vertheilung desselben auf 5 Rechnungsjahre und trotz vorübergehender Erhöhung der Prämie auf 2 °/o der Versicherungssumme nur 78 °/o, von demjenigen von 1877 nur circa 40 °/o bezahlt werden. Ein Appell an den Fiskus wurde abgewiesen; die Regierung beschränkte sich alsdann darauf, durch Ausschluß der Konkurrenz anderer Gesellschaften (Monopol) den Versicherten die Fahnenflucht x,u erschweren.

Die Gesellschaft
brach nichtsdestoweniger im Jahre 1880 zusammen.

Auch die Versicherten anderer Kantone zogen sich schon in den Vierziger Jahren von der schweizerischen Gesellschaft zurück, wenn auch ohne einen eigenen Verein zu gründen. Die Versicherungssumme fiel daher schon in den ersten Vierzigerjahren unter eine Million.

Bereits hatten Zürich, St. Gallen, Luzern der Magdeburger Hagelversicherungsgesellschaft die Konzession ertheilt, als auch die

261 bernische Regierung am 19. März 1857 auf die Empfehlung des Ausschusses der ,,ökonomischen Gesellschaft des Kantons Bern", in Betracht, daß die schweizerische Anstalt ihrem Zwecke nicht mehr entspreche und es daher wünschbar erscheine, daß eine andere, Sicherheit gewährende Gesellschaft mit ihr in Konkurrenz trete, der Magdeburgergesellschaft auf 10 Jahre die Bewilligung zum Geschäftsbetriebe ertheilte.

Wann die schweizerische Gesellschaft ihr Geschäft eingestellt hat, ist den gedruckten Geschäftsberichten der Kantonsregierungen nicht zu entnehmen. Verschiedene deutsche, französische und österreichische Gesellschaften faßten hierauf in der Schweiz Boden.

Auch über die Wirksamkeit dieser Gesellschaften, ja auch nur über die Namen derselben fehlen genügende offizielle Aufschlüsse. Als der Bundesrath beim Beginn seiner Enquête über das Versicherungswesen in der Schweiz durch Kreisschreiben vom 9. März 1877 die Kantonsregierungen u. A. auch ersuchte, die konzessionirten Versicherungsgesellschaften zu nennen, wurden von der Mehrzahl der Kantone keine Hagelversicherungsgesellschaften namhaft gemacht, nicht weil es in denselben an solchen gefehlt hätte,, sondern weil die Aufsichtsbehörden sich nicht mit denselben befaßten; nach den Antworten der übrigen Kantone waren damals neben der Magdeburger noch vier andere ausländische Gesellschaften in der Schweiz konzessionirt.

Gleichwohl machte die Hagelversicherung geringe Fortschritte und mußte es daher wünschbar erscheinen, daß durch fernere Gesellschaften, welche auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit beruhen, die Hagelversicherung der Bevölkerung nahe gelegt werde.

Im Kanton N e u e n b u r g wurde im November 1875 eine solche Gesellschaft gegründet, welche seither auf einen Versicherungsbestand von einer halben Million gestiegen ist und befriedigende Ergebnisse lieferte. Sie heißt Le P a r a g r è l e , société neuchâteloise d'assurance mutuelle contre la grêle pour les propriétaires de vignes, ist also eine Rebenversicherungsgesellschaft. Sie bezieht eine fixe Prämie von Fr. l per Mannwerk (= circa 4000 Quadratfuß) mit eventueller Reduktion der Entschädigung, wenn mit der Jahresprämie und höchstens 8/4 des Reservefonds die Schäden eines Jahres nicht gedeckt werden können. Da der Ertrag des Mannwerks auf höchstens Fr. 50 angeschlagen werden darf und
die Experten zu einer tiefern Schätzung berechtigt sind, so beträgt die Prämie somit durchschnittlich etwas über 2%. Der Beitritt muß jährlich vor dem 1. April stattfinden. Die Policengebühren betragen Fr. l--5, je nach der Höhe der Versicherung.

262 Eines hervorragenden Erfolges erfreute sich die im Jahr 1880 gegründete und eröffnete und seither mit großem Geschick, Energie und Hingebung geleitete S c h w e i z e r i s c h e H a g e l v e r s i c h e r u n g s g e s e l l s c h a f t , in Zürich. Ihren ersten Statuten gemäß, welche es dem Verwaltungsrathe überließen, das Geschäftsgebiet auch auf die Nachbarländer auszudehnen, die einer ähnlichen Hagelgefahr ausgesetzt sind, wie die Schweiz, wurde im ersten Jahre das Geschäft nicht allein in 17 schweizerischen Kantonen, sondern gleichzeitig auch im Elsaß, Baden und Württemberg eröffnet, in den folgenden Jahren jedoch wurde auf das Ausland verzichtet.

Die äußere Organisation der Gesellschaft ist sehr einfach : Von den Bezirksversammlungen ernannte Delegirte wählen als Hauptversammlung den Verwaltungsrath, dieser den Direktor und die andern Beamten der Gesellschaft. Aufstellung der Statuten und Genehmigung der Jahresrechnungen ist Sache der Hauptversammlung; die weitere Organisation überließen die ersten Statuten dem Verwaltungsrathe.

Im Tarif werden die Gefahrverhältnisse der verschiedenen Fruchtarten und die Gefahrstufen nach Ortschaften und Bezirken in Betracht gezogen und daher die Hagelstatistik mit besonderer Sorgfalt gepflegt. Nach den Fruchtarten werden folgende Gefahrklassen unterschieden : 1) Gräsereien und Futterkräuter ; 2) Halm- und Hülsenfrüchte, Mais, Rüben, Kartoffeln; 3) Raps, Rübsen, Aweel, Dotter, Buchweizen, Kohl, Kirschen, Zwetschgen, Mostobst; 4) Gespinnstpflanzen, Wein, wenn erst nach vollendeter Blüthe versichert, Tabak als Pfeifengut, Nüsse und Tafelobst; 5) Wein, wenn schon vor vollendeter Blüthe versichert, Tabak als Cigarren- und Schnupftabakgut, Hopfen.

Mitglied der Gesellschaft wird Jeder, der durch Unterzeichnung des Versicherungsantrages die Bestimmungen der Statuten und der Versicherungsbedingungen anerkennt und sich verpflichtet, die zur Deckung der Schäden und Kosten festgestellten Beiträge und etwa nothwendige-Nachschüsse zu leisten. Der Austritt muß jedoch vor dem 1. September angezeigt werden, wenn er für das folgende Jahr gültig sein soll. Mitglieder, welche der Gesellschaft für fünf Jahre beitreten (sie bilden die Ausnahme), haben den Vertrag im letzten Jahre zu kündigen, widrigenfalls ihre Mitgliedschaft als fortdauernde betrachtet wird; sie geuießen
einen Rabatt von 5°/o.

Die Statuten und die Versicherungsbedingungen liegen bereits in dritter, wesentlich veränderter Redaktion vor; jedoch glauben wir, unsere Leser mit einer Reproduktion dieser drei Broschüren

263 verschonen zu sollen. Hauptsache ist die Beantwortung der Frage: welches sind nach den Statuten die L e i s t u n g e n der Gesellschaft und welches diejenigen der Versicherten?

Nach den ersten Statuten verpflichtete sich jedes Mitglied, d i e zur D e c k u n g der Schäden und Kosten n o t h w e n d i g e n B e i t r ä g e und N a c h s c h ü s s e zu leisten -- und die Anstalt hatte also den g a n z e n S c h a d e n zu decken. Nur Schäden von weniger als 8°/o fallen nicht in Betracht; bis Ende 1885 wurde auch an den Schäden über 8% der Versicherungssumme die ersten 8°/o in Abzug gebracht, jetzt werden hier nur noch 10°/o des Schadens als Beitrag an die Regulirungskosten abgezogen. Die Nachschüsse wurden zuerst nach demselben Tarif berechnet, wie die Vorprämien; vom zweiten Jahre an berechnete man sie ohne Rücksieht auf das Risiko nach der Versicherungssumme; dann wurde wieder eine Theilung nach zwei Hauptgefahrklassen gemacht, und schließlich bei der Statuten-Re vision von 1886 die anfängliche einzig rationelle Berechnungsweise wieder aufgenommen. Weit wichtiger war die bei dieser letzten Revision eingeführte prinzipielle Neueiung, daß nicht mehr als ein der Vorprämie gleichkommender B e i t r a g als N a c h s e h u ß erhoben werden darf und daß, wenn die bei Erhebung eines vollen Nachschusses verfügbaren Mittel zur Deckung der Schäden und Kosten nicht ausreichen, eine p r o p o r t i o n e l l e R e d u k t i o n d e r E n t s c h ä d i g u n g s s u m m e n aller Versicherten des laufenden Jahres eintrete.

Dieses Prinzip würde das Vertrauen zu unserer Gesellschaft in derselben Weise beeinträchtigen, wie dies bei der eingegangenen schweizerischen Gesellschaft der Fall war, wenn das Maximum der Vorprämie, über welches der Nachschuß nicht hinausgehen darf, auch jetzt noch limitirt wäre. Dies ist jedoch glücklicher Weise nicht der Fall : die Vorprämie kann nach Bedarf gesteigert werden.

Die Limitirung des Nachschusses auf den Betrag der nicht limitirten Vorprämie ist also eine indirekte Nöthigung, die Vorprämie auf eine anständige Höhe zu bringen und dem Nachschuß nicht zu viel Lasten zuzuweisen. Unsere schweizerische Hagelversicherungsgesellschaft ist auf dem besten Wege dazu, durch richtige Gestaltung der Vorprämien die Last der Nachschüsse leichter zu machen, und sie wird auch ihr Ziel
erreichen, wenn nicht die Behörden die Abwälzung der Versicherungskosten auf die Nachschüsse durch Subventionen an die letztern begünstigen.

Vergegenwärtigen wir uns die Erfahrungen unserer Gesellschaft mittelst beiliegender zwei Tabellen, bei deren Aufstellung wir uns der werthvollen statistischen Arbeit bedienen, welche Herr von M. a y in den ,,bernischen Blättern für Landwirthschafttt publizirt hat

264

1. Gewinn- und Verlustrechnung für 1880--1886.

E i ri n a, li in e n.

Jahr.

ISSO 1881 i 1882 1883 1884 1S85 1886

A. w s g a, b e n.

Vorprämien.

Nachschösse und andere Einnahmen weniger Einbussen.

Fr.

Fr.

Fr.

104,215. 93 128,861. 61 146,416. 60 139,332. 90 146,609. 25 140,193. 30 121,457. 10

215,062. 23 6,519. 60 31,138. 33 5,839. 64 55,218. 26 212,871. 75 13,728. 03

319,278.

135,381.

177,554.

145,172.

201,827.

353,065.

135,185.

SchadenSumma Einnahmen. vergütungen.

Verwaltung und Steuern.

4- Gewinn.

-- Verlust.

Fr.

Fr.

Fr.

16 21 93 54 51 05 13

244,741.

123,249.

127,472.

106,687.

152,047.

273,133.

37,564.

80 95 65 80 95 15 70

45,874, -- 28,662. 36 39,813. 61 -27,682. 35' 46,278. 05 3,804. 23 40,802.11 -- 2,317.37 44,675. 46 5,104. 10, 46,832. -- 33,099. 90 30,914. 52 66,705. 91

Total 927,086. 69 540,377. 84 1,467,464. 53 1,064,898. -- 295,189. 75 107,376. 78 Nachschüsse ohne Steuern: allein : 293,616. 15 524,969. 54

2. Verhältniß der einzelnen Posten zur Versicherungssumme.

Auf Fr. 100 Versicherungssumme kommen: VerJahr. Policen. sicherungssummen.

Fr.

1880 11881 1882 1883 18X4 1885 1886 Total

5,471 7,671 7,297 7,966 7,774 7,276 6,488

9,218,121 10,308,265 9,777,519 9,881,842 9,182,957 7,725,207 6,000,990

Ausgaben.

Einnahmen.

Nachschüsse und prämien. andere Einnahmen.

Vor-

Fr.

1.

1.

1.

1.

1.

1.

2.

13 25 50 41 60 81 02

Fr.

2.

0.

0.

0.

0.

2.

0.

35 06 32 06 60 75 23

Total. Schaden- Verwaltung ver-

und

Gewinn.

gütungen. Steuern.

Fr.

Fr.

3. 48 2.

1. 31 1.

1. 82 1.

1. 47 1.

66 20 30 08

Fr.

0. 51

0.

0.

0.

2. 20 1. 66 0.

4. 56 3. 54 0.

2. 25 0. 63 0.

Fr.

0.31

38 --0.27 48 0.04 41 --0.02 48 0.06 59 0.43 51 1.11

49,943 62,094,901 1. 49 0. 87 2. 36 1. 71 0. 48

0.17

265 Tabelle l zeigt uns, wie ungenügend in den ersten Jahren die bezogene Vorprämie war; man hatte sich unsere Hagelgefahr zu optimistisch vorgestellt und die Verwaltungskosten, welche auch bei gegenseitigen Gesellschaften bezahlt sein wollen, wohl gar nicht in, Anschlag gebracht. So entstanden die Geldverlegenheiten, die lästigen Nachschüsse, die Defizite. Wer kann denn auch iin Ernste erwarten, daß mit einer durchschnittlichen Prämie von \. 13, 1. 25 oder 1.49% der Versicherungssumme in einem der Hagelgefahr besonders ausgesetzten Lande gerade die gefährlichem Risiken und in den bei dieser Versicherung hauptsächlich betheiligten exponirtern Gegenden versichert und noch die Verwaltungskosten dieser Versicherung bestritten werden können? Wenn die Gefahr eine sehr große, die Schäden so,häufig und intensiv sind, so muß aucli die Beschaffung des Ersatzes eines größern Opfers Seitens der Betheiligten werth sein, da man doch leichter eine alljährliche gleiche Abgabe erträgt, als von Zeit zu Zeit die Summe dieser Abgaben. Bei diesen niedrigen Ansätzen von 1.13, 1.25, 1. 50°/o der ersten Jahre wäre es geblieben, wenn die Behörden sofort zu Hülfe geeilt wären mittelst Deckung der lästigen Sachschüsse; man würde die Prämien nicht erhöht haben, die Nachschüsse in den ersten 7 Jahren würden noch mehr als die in Tabelle l angeführten Fr. 524,969. 54 betragen haben ; statt die Vorprämien allmäli^ in Uebereinstimmung mit der durch die Statistik ermittelten durchschnittliehen Gefahr zu bringen, würde man sie eher noch herabdrüeken, so daß die Nachschüsse und das Subventionsbedürfniß anwachsen würden.

Der Bund stellte sich jedoch den bezüglichen Gesuchen gegenüber auf denselben grundsätzlichen Standpunkt, wie gegenüber einem ähnliehen Gesuche zu Gunsten der Krankenkassse des Schweiz.

Grütlivereins, und die Kuntone thun es in ihrer großen Mehrheit ebenfalls; die Subsidien, welche ausnahmsweise von einigen Kantonen zur Erleichterung der Nachschüsse bei der Hagelversicherung bewilligt wurden, waren daher nicht im Stande, die Gesellschaft in ihren richtigen Sanirungsbestrehungen aufzuhalten.

Die kantonalen Subventionen beschränken sich nämlich auf folgende Leistungen. L u z er n legt seit dem Jahre 1884 jährlich Fr. 2000 (1885 ausnahmsweise Fr. 2100) in den für Erleichterung der Nachschüsse bestimmten Fonds, A a
r g a u seit 1886 Fr. 4000; der Fonds von S c h a f f h a u s e n (Fr. 10,000), aus dessen Zinsen die Hagelversicherung nach einem erst noch zu bestimmenden Modus gefördert werden soll, ist erst in der Bildung begriffen.

Wie wenig solche Subsidien die Hagelversicherung eines Kantons heben und fördern können, ergibt sich aus folgenden Ziffern:

266 Die Zahl der Versicherten betrug

1883

1884

1885

1886

im Kanton Luzern 1014 913 860 1099 ,, ,, Aargau 492 1001 876 831 ,, Schaffhausen .400 407 299 160 T Während der Vorstand des ,,Bauernvereins des Kantons Luzern" in seiner bereits erwähnten Petition an den Bundesrath vom 12.

September 1885 erklärt, ,,daß da, wo der Bürger sich selbst, z. B.

auf dem Wege der Genossenschaft, helfen kann, er nicht die Unterstützung der Mitmenschen ansprechen sollte"1, muß gleichwohl -- trotz Staatssubsidie an die Hagelversicherung -- in demselben Jahre 1885 ein Luzernisches Hülfskotnite für die Hagelbeschädigten, durch Appell an die Wohlthätigkeit des In- und Auslandes, Fr. 203,403. 82 einsammeln, und der Große Rath des Kantons Luzern selbst sieht sich genöthigt, sieh bei diesen Liebesgaben mit Fr. 50,000 zu betheiligen.

Nicht dadurch, daß in einzelnen Kantonen Fonds zur Erleichterung der Nachschüsse gebildet werden, wird die schweizerische Hagelversicherungsgesellschaft konsolidirt, sondern durch eine solche Organisation, bei welcher Nachschüsse m ö g l i c h s t v e r m i e d e n werden, also dirrch eine Vorprämie, die in den meisten Jahren nicht nur genügt, sondern Ueberschüsse, d. h. einen der .Gesells c h a f t g e h ö r e n d e n R e s e r v e f o n d s , schafft, der in schlimmen Jahren die Ausfälle zu decken im Stande ist, und das richtige Mittel hiezu ist die von ihr begonnene Steigerung der Vorprämie nach den Erfordernissen des Risiko's. Durch Unterbieten mittelst niedriger Vorprämien schädigen die gegenseitigen Gesellschaften nicht nur eine solide Konkurrenz, sondern sich selbst und die Versicherung Überhaupt. Eine richtige Vorprämie, welche Reserven schafft, ist die zeitliche Ausgleichung zwischen günstigen und schlimmen Jahren in Bezug auf Hagelschäden. -- Wird aber, so kann man nun einwenden, die Schweiz. Hagelversicher ungsgesellschaf't je mittelst Ersparnissen auf der gesteigerten Vorprämie allein einen Reservefonds erreichen, welcher auch schweren, ganz schweren Unglücksjahren gewachsen ist? Wie ungleich sind nicht schon in dem kurzen Zeitraum von 7 Jahren die Schadenzahlungen gewesen (zwischen 0,63 und 8,54 °/o der Versicherungssumme hin- und herschwankend -- s. oben Tabelle 2)?

Wenn in Württemberg die Schäden zwischen dem günstigsten und dem ungünstigsten Hageljahr sich verhalten wie l : 18, in Bayern wie 1 :15, so wird in unserer kleinen Schweiz
die Ungleichheit der Ergebnisse eine analoge sein, -- und dann wäre, wenn die Hagelversicherung bei uns die angestrebte Ausdehnung erhielte, ein Reservefonds von 20--30 Millionen nothwendig, uni' die Gesellschaft vor Zahlungsunfähigkeit zu schützen.

267

Es ist nun sehr lehrreich, die schon in einem so kurzen Zeitraum zu Tage getretenen Schwankungen der Schadenziffer unserer schweizerischen Gesellschaft mit den Ergebnissen einiger großen Hagelversicherungsgesellschaften auf Aktien zu vergleichen. Es hatten Schäden zu bezahlen: Berliner Hagel- Kölnische HagelAssokuranz- Versich er.GesellGesellschaft.

schafl.

Durchschnittliche Versicherungssumme Mk.

VaterPreuss.

Die Union, MagdeAllgemeine burger ländische HagelHagelHagel- Versicher.Hagel- Vers.-Ges.

Versicher.- Versicher.AktienGesellsch., Gesellsch. in Eiber- Gesellsch., Weimar.

feld.

' Berlin.

57,471,817 137,136,833 133,251,650

181,753,168

56,869.186 189,432,982

°/0

°/0

°/0

°/0

%

°/0

0,66

1,28

0,90

0,86

0,67 1,51

1,06

1,11

1,40

0,93

0,72 0,95

1,11

1,06

1,09

1,16

0,94

0,70

0,58

0,59

0,53

0,61

0,61

0,48

0,68

0,92

0,81

1,10

0,74

0,68

0,85

0,40

0,89

0,49

0,48

0,89

0,B9

0,68

0,74

1,00

0,78

0,79

0,8*

0,82

0,48

0,38

0,3«

0,82

0,62

0,48

0,59

0,46

0,43

1,42

2;,7

0,69

1,80

1,94

1,54

1,48

0,50

0,61

0,77

0,89

1,23

0,60

0,76

0,62

0,68

0,80

0,68

0,77

0,49

0,40

0,40

0,56

0,B9

0,47

0,90

1,12

1,18

0,98

1,78

1,01

0,93

0,72

0,79

0,77

0,91

0,82

Durchschnittlicher Schaden . .

0,76

0,77

0,89

0,98

0,86

0,71

Dur chsch nittliche Prämie . . .

1,11

0,94

0,99

1,,1

1,08

0,95

3er S chaden beträgt

1871 1872 1873 .

1874 1875 1876 1877 1878 1879 1880 1881 1882 1883 1884 1885

268

Wir haben ohne Auswahl hier eine noch einmal so lange Beobachtungszeit, in welche äußerst günstige und äußerst ungünstige Jahre fallen, und alle sechs Hagelversicherungsaktiengesellschaften des Deutschen Reiches zur Vergleichung herbeigezogen ; gleichwohl ist das Verhältniß zwischen dem günstigsten und dem ungünstigsten Jahresergetmiß bei keiner Gesellschaft über l : 7 gestiegen, das heißt: eine Hagelversicherungsgesellsehaft, technisch richtig organisirt, ist zur vollen Schadenzahlung befähigt, wenn sie an Prämien- und Garantiekapitalien über 7 Mal so viel baares Geld verfügt, als sie in einem ganz günstigen Jahr, oder über etwa 3 Mal so viel, als sie im-Durchschnitt per Jahr ausgibt, mit andern Worten, wenn die haaren Garantiekapitalien (disponibles Aktienkapital und Reserven) noch einmal so groß sind, wie die durchschnittliche Prämiensumme eines Jahres. Welches ist aber diese technisch richtige Organisation ? Antwort : Die Gesellschaft muß sich über ein möglichst weites Gebiet -- also über mehrere Länder -- erstrecken, und sie darf nirgends Klumpen, d.. h. große zusammenhängende Landkomplexe, versichern.

Unser geschichtlicher Rückblick würde ein unvollständiger sein, wenn wir diejenige ausländische Hagelversicherungsgesellschaft, welche in der Schweiz weitaus die meisten Geschäfte gemacht hat und deren schweizerische Geschäfte uns einzig vollständig bekannt sind, nicht ebenfalls noch besprächen, und dies geschieht am passendsten an dieser Stelle. Wir meinen die M a g d e b u r g e r H a g e l V e r s i c h e r u n g s g e s e l l s c h a f t , gegründet 1854 mit einem gezeichneten Aktienkapital von 1,500,500 Thalern oder 4,501,500 Mark (3001 Aktien à 500 Thaler), wovo.n Anfangs 900,300 Mark (= Vs) ein · bezahlt worden sind. Man hat dieser Gesellschaft hohe Prämien vorgeworfen als Folge von großen Verwaltungskosten, hohen Dividenden (von 20 °/o} und großen Defiziten, welche nun die Versicherten decken müßten, und diese Anklagen sollten ein Grund sein, um sie durch eine privilegirte inländische Gesellschaft zu verdrängen.

Wahr ist, daß diese Gesellschaft, jedoch einzig in den Jahren 1878 und 1879, Dividenden von 20% vertheilt hat, nachdem sie vorher in 13 Jahren gar keine und in den übrigen Jahren eine weit geringere Dividende vertheilt und an Reserve und Sparfonds zusammen M. 869,313. 13 zur
Sicherung ihres Geschäfts angesammelt hatte. Während der ersten 26 Jahre ihres Bestandes (Anfang 1854 bis Ende 1879) hat die Summe aller Dividenden 1445/n °/o des einbezahlten Aktienkapitals oder durchschnittlich per Jahr 5,55 °/o desselben betragen, wobei die Zinse der Reserven als ini Geschäft bleibend berechnet sind, obschou dieselben den Aktionären gehörten. Wenn man nun bedenkt, daß nur in den ersten Jahren das Aktienkapital im Versicherungsgeschäft steckte (und alsdann

269 von den Versicherten ebenso gut einen Zins beanspruchen konnte, als die Banken, welche unserer schweizerischen Hagelversicherungsgesellschaft Vorschüsse machten), daß es aber nachher, als die Gesellschaft erstarkt war, seine Dividenden gar nicht mehr aus dem Versicherungsgeschäft allein bezog, weil es auswärts zinstragend angelegt war, so haben sich die Versicherten über diesen Ertrag des Garantiekapitals nicht zu beschweren.

Aber die Gesellschaft hat neben dem einbezahlten Aktienkapital noch ein vier Mal so großes gezeichnetes Aktienkapital gewagt, und welchen Werth dieses für die Versicherten hatte, das zeigte sich im Jahre 1880, welches ausnahmsweise auf der langen Strecke von den Alpen bis zur Nordsee große Hagelschäden brachte.

Jn diesem Jahre verlor sie (und die Schweiz war bei dem Verluste mit Fr. 45,584 Defizit betheiligt) dus ganze einbezahlte Aktienkapital und die gesammten, oben mit M. 869,313. 13 bezifferten Reserven; sie zahlte aber sofort alle Schäden und zog ein zweites Fünftel des Aktienkapitals zur Fortsetzung ihres Geschäfts ein. Von den seit 1880 im Geschäft steckenden 2/5 ihres Aktienkapitals (M. 1,800,600) hat sie noch gar keine Dividenden bezogen, sie hatte im Gegentheil Ende 1885 noch immer einen Verlust von M. 416,487. 97 an ihrem Einschuß. Wäre es nun etwa unbillig, wenn die Schweiz auch ferner mitmachte, nachdem sie diesen Verlust mitverursacht hat? Haben wir doch gesehen, daß in einem Schweizerkanton eine kantonale Hagelversieherungsgesellsehaft von der Regierung ein Monopol erhielt, damit sie ihren Verpflichtungen nachkommen kann.

IQ der Schweiz selbst hat die Magdeburger Gesellschaft von 1854 bis 1885 Fr.

an Prämien eingenommen 1,600,825.45 an Schäden bezahlt (ohne Regulirungskosten) 1,345,458. 71 = 84,5°/o also blieben ihr für Verwaltung und Steuern 255,866. 74 = 15,5% der Prämien, womit sie jedenfalls ihre Verwaltungskosten nicht decken konnte, da ja unsere Schweizergesellsehaft 20 °/'o der Prämien für Verwaltungskosten ausgibt.

Nun müssen eben auch Aktiengesellschaften, um auf die Dauer bestehen zu können, an Prämien so viel einnehmen, daß sie mit denselben die Schäden und die Verwaltungskosten, inbegriffen die üblichen Zinse für das im Geschäft selbst steckende Kapital, aufbringen ; geniigen diese Prämien nicht, so müssen sie dem Kisiko entsprechend erhöht werden, das ist klar. Wo jedoch gegenseitige Gesellschaften mit ungenügenden Prämien Konkurrenz machen und

270 behufs der Festhaltung niedriger Prämien oder Nachschüsse noch Subventionen erhalten, da müssen jene zu Grunde gehen oder sich zurückziehen. Die Magdeburger Hagelversicherungsgesellschaft, in diese Lage gebracht, zog sich auf Ende 1885 aus der Schweiz zurück und überließ ihrer Konkurrentin ihr werthvolles Material über Hagelstatistik.

Neben einer subventionirten Gesellschaft können nicht subventionirte auf die Dauer nicht Geschäfte machen. Auf der andern Seite ist aber nie zu vergessen, daß in einem kleinen Lande eine einzige Gesellschaft nicht alle Risiken übernehmen kann und daß, wenn sie es doch thäte, in einem schweren Hageljahre der größere Theil der Hagelschäden ungedeckt bleiben müßte.

Man beruft sich zur Verteidigung des Grundsatzes der Staatsbetheiligung auf die Vorgänge in unsern Nachbarländern Württemberg und Bayern.

Es ist ein sehr guter Gebrauch, daß man mehr und mehr bei Behandlung volkswirthschaftlicher Fragen, zu deren Lösung die Erfahrung so reiche Beiträge liefert, Umschau in andern Ländern hält. Württemberg's und Bayern's Erfahrungen haben für uns noch besonderen Werth, indem diese Länder eine analoge Hagelgefährlichkeit darbieten und ebenfalls kleinere Versicherungsgebiete sind.

W ü r t t e m b e r g hatte von 1830 bis 1862 eine eigene größere auf Gegenseitigkeit beruhende Privatanstalt, welcher die Regierung in wohlwollendster Weise in verschiedenen Richtungen ihre Unterstützung zu Theil werden ]ieß. In den Jahren 1842 bis und mit 1853.erhielt die Anstalt einen Staatsbeitrag von 15,000 fl. per Jahr, welcher gleichwie die sonstigen Reserven nur dann zur Verwendung kommen sollte, wenn sonst die Entschädigung unter 25 °/o des geschätzten Schadens geblieben wäre; für den Fall, daß in einem Jahre der Staatsbeitrag und der Reservefonds samrat den Prämieneinnahmen nicht zur Vergütung von 25 °/o des entstandenen Schadens ausreichen würde, sollte der nicht bezahlte Rest der Entschädigung, (bis zu 25 %) den Beschädigten gut geschrieben und in den nächstfolgenden Jahren von den 25 % des jeweiligen Schadens übersteigenden Mitteln nachträglich gedeckt werden. -- Daß nur diese Anstalt einen Staatsbeitrag erhielt, reichte hin, um die einzige damals vorhandene Konkurrenzanstalt, die kleine Gegenseitigkeitsanstalt in Heilbronn, schon im zweiten Unterstützungsjahr zum Einstellen ihres
'Geschäftes zu veranlassen ; aber der Beitrag genügte nicht, um die nunmehr allerdings einige Jahre stark frequentirte Anstalt leistungsfähig zu erhalten. Sie konnte in den 12 Subventionsjahren von den auf 4,461,433 fl. geschätzten Schäden nur 1,000,801 fL

271

entschädigen, also durchschnittlich nur 22,4 % des Schadens, und der Ausfall war gerade in den schlimmsten Hageljahren ein besonders großer; im bösen Hageljahre 1853, wo bei einer Versicherungssumme von 7,111,695 fl. der Schaden 1,267,988 fl. (über Ve!) betrug, konnte die Anstalt nur «2,392 fl., d. h. 6Va °/o desselben decken. Welche Reserven und welche Staatshülfe wäre erst nothwendig gewesen, um im Falle allgemeiner Versicherung bei der privilegirten Anstalt dem Landwirth wirklichen Ersatz zu bieten!!

Dieser Mißerfolg zerstörte den Glauben der Behörden, daß in einem kleinen Lande durch Staatssiibventionen an eine Landesanstalt dem Landwirth hinlänglicher Ersatz von Verlusten durch Hagelschaden bereitet werden könne, so gründlich, daß von nun an die Subventionirung verweigert und wiederum Konzessionen an fremde Gesellschaften bewilligt wurden. An die Stelle der sich nunmehr auflösenden Gesellschaft trat zwar sofort eine neue Anstalt auf Gegenseitigkeit, welche sich bis 1862 halten konnte; aber alle seitherigen Anläufe, welche die Bewilligung einer Staatssubvention oder die Gründung einer Staatsanstalt bezweckten, blieben erfolglos.

In B a y e r n erhielt der 1833 gegründete und noch bestehende ,,Hagelversicherungs-Verein für Bayerntt im Jahre 1846 vom Staate ein Geschenk von 100,000 fl. -- Die seit 1861 wiederholt aufgetauchten Wünsche-nach einer staatlichen Anstalt gingen schließlich in Erfüllung, als die Administration der 1875 in erfolgreicher Weise reorganisirten staatlichen Brandversicherungsanstalt sich bereit erklärte, ihren Verwaltungsapparat einer solchen Anstalt zur Disposition zu stellen. Die neue Abtheilung für Hagelversicherung wurde beschlossen und am 13. Februar 1884 eröffnet. Für die -- durchaus nicht billige -- Verwaltung braucht die Hagelversicherungsabtheiluug nach Gesetz der Unternehmerin bloß den minimen Betrag von 0,02 Mark pro 100 Mark Versicherungssumme zu bezahlen.

Für den Einzug der Prämien (_ein Nachschuß wird nicht gefordert) beziehen die Gemeinden und das Rentamt je l °/o der Prämien (das Rentamt bei direktem Einzug l lk °/o). Als Betriebskapital weist der Staat der Anstalt ein Kapital von l Million Mark zu, das nur mit Bewilligung angegriffen werden darf und zu refundiren ist; die Zinse dieses Kapitals und die Betriebsüberschüsse fallen in den Reservefonds. Außerdem
unterstützt der Staat die Anstalt mit einem jährlichen Beitrag von 40,000 Mark, welche in die laufende Rechnung fallen, und durch Portofreiheit für die Versendung der verschiedenen Formulare (nicht für Geldsendungen). Der Tarif berücksichtigt die Gefahrdifferenz nach Kulturarten und lokalen Verhältnissen. Der Beitritt ist ein bleibender, mit Kündigungstermin. Die Anstalt kann jedoch Angebote zurückweisen. Ueber das für jede Flur festgesetzte

272

Maximum hinaus nimmt sie keine Versicherung mehr an, und dieses Maximum richtet sieh nach dem Reservefonds. Nach der ursprünglichen Einrichtung \var bei allen Hagelschäden unter und über 8 °/o der Versicherte für 8 % Selbstversicherer, gleich wie anfänglich bei der gegenwärtigen schweizerischen Anstalt; 1885 wurde festgesetzt, daß nur Schäden bis 6 °/o unentschädigt bleiben, während bei höhern Schäden der Abzug in gleichem Sinne wie bei unserer schweizerischen Anstalt auf circa 10 % des Schadeus reduzirt ist.

Nur wenn nicht 8 /io des Schadens entschädigt werden könnten, darf der Reservefonds, und zwar bis zu V*, in Anspruch genommen werden. Kann trotzdem die angegebene Vergütung nicht geleistet werden, so sind die einzelnen Entschädigungsbeiträge um so viele Prozente zu kürzen, als zur Deckung dieses Schadens fehlen. Die bisherigen Ergebnisse der Anstalt werden durch folgende Zahlen illustrirt : Jahr. Versicherte.

1884 1885 1886

7,375 13,386 22,597

Versicherungs- Auf 100 M. Versich.-Summe kommen summe.

Beiträge. Schäden. Entschädigungen.

M.

M.

M.

M.

11,140,233 20,150,945 32,794,387

1.27 1.18 1.19

0.67 1.68 .

1.58

0.67 1.34 1.27

Es konnte somit 1885 und 1886 nur für 80 °/o des Schadens Ersatz geboten werden. Der Reservefonds beträgt auf Ende 1886 M. 297,595. 41.

Selbst wenn die Schweiz einen solchen in alle Gemeinden hineinreichenden Administrationsorganismus besäße, welchem die bayerische Brandassekuranz und Hagelassekuranz ihre regelrechte Geschäftsführung verdanken, so dürfte doch bei uns nicht an die Gründung einer Staatsanstalt gedacht werden, an welcher Alle mitbezahlen und von welcher gleichwohl nicht alle Landwirthe Gebrauch machen können. Das Flurmaximum ist eine wesentliche Eigenschaft dieser wohleingerichteten Anstalt. Auch die Vergünstigungen, welcher sich dieselbe seitens des Staates erfreut, sind nicht auf eine alle Risiken des Landes umfassende Anstalt berechnet. Kann doch schon jetzt die Anstalt, trotz Staatssubsidien, nicht vollen Ersatz bieten ! Und würden die Gemeinden bereit sein, für geringe Entschädigung die Agenturdienste zu verrichten, wenn alle Landwirthe sich bei dieser Anstalt versichern könnten und wollten? Ebenso mag die Brandversicheruugskammer, welche für circa 3 Milliarden Immobilien versichert, schon nebenbei sozusagen gratis eine hundert Mal kleinere Hagelversicherungssumme mit übernehmen, was würden jedoch die Brandversicherten dazu sagen, wenn sie für eine das ganze Land umfassende Hagelversicherungsanstalt die Verwaltungs-

273 kosten tragen müßten, also statt für 22,597 Versicherte für die .ganze Zahl der 681,521 landwirtschaftlichen Betriebe des Landes?

Die neue Staatsaastalt b e d a r f somit der Ergänzung durch Privatanstalten und darf gar nicht wünschen, daß diese das Feld räumen.

Und doch wäre es möglich, daß sie dieselben durch das Prämienunterbieten verdrängte; hat doch kürzlich das Miß verhalte iß zwischen .Risiko und Prämie die ,,Union, Allgemeine Hagelversicherungsgesellschaft in Weimar", veranlaßt, das Geschäft in Bayern aufzugeben.

Nicht nur in Bayern und Baden, sondern in Süddeutschland überhaupt ist man sich bewußt, daß auf ein kleines Land beschränkte Gegenseitigkeitsanstalten zu schwach sind, um das ganze Hagel risiko desselben zu tragen. Von den landwirtschaftlichen Centralstellen des Großherzogthums B a d e n und H o h e n z o l l e r n s ist ·daher beim ,,deutschen Landwirthschaftsrath" 1 der Antrag auf Befürwortung einer obligatorischen Reichshagelversicherung gestellt worden.

Aber die großen Staaten, welche hiefür ein hinlängliches Versieherungsgebiet besäßen, wollen aus andern Gründen keine solchen Anstalten in's Leben rufen, wie sehr sie auch zum Prinzip der Staatsversicherung Vorliebe haben mögen. Wie seiner Zeit Napoleon III., der Gründer mehrerer staatlicher Versicherungsinstitute, doch nicht zur staatlichen Hagelversicherung zu bewegen war, so finden auch die maßgebenden Kreise in Deutschland die Gründung einer Reichsanstalt nicht angezeigt. Der preußische Landwirthsohaftsmiiiister sprach sich in einem 1885 abgegebenen Berichte über die landwirthschaftliche Verwaltung in den drei letzten Jahren gegen eine solche Idee aus, und der deutsche Landwirthschaftsrath lehnte sie ebenfalls ab und beschränkte sich auf den Rath, ,,es seien in denjenigen Staaten und Provinzen, in denen durch die bestehenden Hagelversicherungsinstitute dem landwirtschaftlichen Bedürfnisse nicht genügt ist, öffentliche Hagelversicherungsinstitute mit gegenseitiger Schadend bertragung in's Leben zu rufen". Auch der deutsehe Landwirthschaftsrath hält in seinem bezüglichen Berichte ein großes Versicherungsgebiet als nothwendig. ,,Durch die Anbahnung eines Rückdeckungsverhältnisses zwischen den einzelnen Anstalten würde jenes große Aktionsgebiet geschaffen, welches bei der geplanten Errichtung einer Reichsversieherungsanstalt
stets als wünschenswert!!

bezeichnet wurde, weil dadurch die einer allgemeinen Betheiligung entgegenstehenden Schwankungen in den Prämien vermieden und gleichzeitig der einzelnen Anstalt in hagelreichen Jahren die Möglichkeit einer Schadenübertragung gewährt werden könnte -- letztere freilich nicht in der Absicht, überhaupt eine Ueberwälzung des Schadens der Landwirthe der einen Gegend auf die der andern Bundesblatt. 39. Jahrg. Bd. III.

19

j i i

274

vorzunehmen, sondern lediglich um eine Ausgleichung in der Zeit zu ermöglichen. Man denkt sich, daß durch die gegenseitige SchadenÜbertragung die stärkern Verluste der einen Gegend durch Inanspruchnahme der weniger betroffenen Gegenden d e r a r t zur Ausgleichung gelangen, daß die erstem bei letztern eine S c h u l d eingehen, beziehungsweise die letztern d a r l e h e n a r t i g zu Hülfe kommen, dabei aber durch gegenseitige Verrechnung im Laufe der Jahre jede Versicherungsanstalt ihre eigenen Verluste deckt.a Ob der deutsche Landwirthschaftsrath auf diesem Wege einen Gedanken, welchen die bestehenden privaten Gegenseitigkeitsanstalten bereit» abgelehnt haben, zur Ausführung bringen kann, ist uns ungewiß.

Das aber ist sicher, daß wir in der Schweiz auf solche von Feuersozietäten getragene Hagelversicherungsanstalten und eine Art Solidarität unter den letztern, sei's auch nur in der Form der Gewährung von ^Darleihen11, nicht zu hoffen haben.

Wenn wir in unserer Besprechung ausländischer Verhältnisse etwas einläßlich geworden sind, so geschah es, um zu zeigen, daß man auch in Deutschland kleine Landesanstalten ohne organische Rückversicherung' als ungenügend ansieht, und daß diese Rückversicherung zwischen gegenseitigen Anstalten auch dort einstweilen zu den frommen Wünschen gehört.

Unsere eigenen Erfahrungen, wie diejenigen des Auslandes, bestätigen von Neuem, was uns durch die Versicherungstechnik längst gesagt worden ist. M a s s i a s fdi° deutschen Versicherungs.anstalten und ihre Mängel, Leipzig 1B64), beinebens gesagt, ein sehr entschiedener Befürworter der gegenseitigen Anstalten, schreibt z. B.: ^Hagelschädenversieherungsverbände, welche auf ein beschränktes Terrain angewiesen sind, können nicht prosperiren ; denn während Gesellschaften, welche ihre Wirksamkeit auf viele Länder ausdehnen, welche ihre Obligos vertheilen und Rückversicherung suchen, durch glückliche Abschlüsse in dieser oder jener Gegend eine Ausgleichung finden, schweben Gesellschaften, welche auf ein kleines Terrain angewiesen sind, fortwährend in Gefahr und sehen sich nur zu oft genöthigt, 6--lOfach höhere Nachschüsse, als die Prämien, auszuschreiben. Je größer dagegen die räumliche Ausdehnung der Versicherungsgesellschaften ist, desto billiger kann die Prämie gestellt werden, und deßhalb ist eine allgemeine Zulassung
dieser Gesellschaften zur Konkurrenz nur sehr ·wünschenswerth."1 Dies ist natürlich so zu verstehen, daß die Prämie jedenfalls das Durchschnittsrisiko der betreffenden Gegend und die Versicherungskosten decken muß. Dies ergibt sich aus dem weiter gegen die exorbitanten Nachzahlungen angegebenen Mittel :

27S

,,Gegen dieselben mtissen die Mitglieder der Versicherungsgesellschaften geschützt werden, und dieses wird sich auch ermöglichen lassen, wenn h i n r e i c h e n d g r o ß e P r ä m i e n erhoben werden; daß dieselben nicht zum Nachtheil der Versicherten bemessen werden, dafür wird die Konkurrenz sorgen."

Von gleichen Anschauungen ausgehend, hat Herr Professor Dr. Krämer in einer 1872 in Bern gedruckten bemerkenswerthen Broschüre ,,über Hagelversicherung" vor der Gründung einer schweizerischen Hagelversicherungsgesellschaft ernstlich gewarnt und dabei folgende Gründe geltend gemacht: ,,Auf einem nicht ausgedehnten und im Ganzen dem Hagel leider stark ausgesetzten Territorium, wie die Schweiz, ist aber auf ein nur entfernt gleichmäßiges Auftreten der Schäden nicht zu rechnen. Es variiren dieselben bekanntlich zwischen sehr weit auseinander liegenden Grenzen, (folgen Beispiele.) -- -- Solche bedeutende Schwankungen können nach obiger Auseinandersetzung wohl mächtigere, auf ausgedehnteren Gebieten arbeitende, nicht aber auf einen räumlich enger begrenzten Wirkungskreis angewiesene Anstalten ertragen. Für letztere bleiben alsdann nur /.wei Auswege.

Entweder sie erheben bedeutende Nachschußbeiträge oder sie kürzen bei gleichen Beiträgen nach dem Ausgang der Campagne an der Entschädigungssumme. Beides erzeugt Unzufriedenheit und macht in erster Linie die im Allgemeinen günstiger situirten Landwirthe von der Anstalt wieder abwendig. Die großen Institute sind es überdies auch, welche zur Zeit die Schwierigkeiten, die in der Begrenzung der Gefahrstufen und in der hierauf zu gründenden Tarifirung der Beiträge liegen, am leichtesten überwinden können, während eine Landesanstalt, um einigermaßen sicher und zu allgemeiner Theilnahme ermunternd operiren zu können, doch vorerst sich die nothwendigen statistischen Grundlagen verschaffen müßte."'

(Und dann erst noch den entsprechenden Tarif durchführen !)

Nun haben wir doch das bekommen, was Herrn Krämer die ernstlichsten Bedenken einflößte. Diese Bedenken wären nicht begründet, wenn die Anstalt -- ihren ersten Statuten entsprechend -- in der Ausdehnung auf die Nachbarländer (welche, wenn auch hagelgefährlich, doch nicht immer gleichzeitig mit uns au Hagel leiden) die nöthige breite Grundlage gesucht hätte, statt in der möglichsten Vereinigung aller Risiken des eigenen Landes, von denen auch die weniger gefährlichen bei ausgedehntem Hagelschaden mitbetroffen werden und die Kalamität vergrößern helfen.

276

IL Die finanzielle Seite der Frage im Allgemeinen.

,,Ein Gefühl der S i c h e r h e i t -- sagt die am zahlreichsten unterzeichnete Eingabe -- wird den schweizerischen Landwirth begleiten und eine Quelle der Armuth geschlossen sein, sobald eine Organisation der Hagelversicherung Platz greift, wie der Bund eine solche, anknüpfend an Gegebenes, ohne viele Mühe und ohne zu große Opfer, schaffen zu helfen im Stande ist."

Wie schade, daß diese poetischen Worte nicht der Wirklichkeit entsprechen, und daß der Staat ebenso wenig dem Landwirth seine Betriebsausfälle zu decken im Stande ist, als dem Industriellen oder dem Kaufmann! Ohne die Gefahren des Hagels zu unterschätzen (wie das Balgende zeigen wird), dürfen wir behaupten daß Mißwachs infolge von Frösten, Dürre oder Nässe den Landwirth mit größern Defiziten bedroht, als der Hagel, und daß eben diese größern Gefahren den Landwirth vielfach von der Hagelversicherung abhalten. Die Regierung von Graubünden berechnet in ihrer Antwort vom April 1886, daß für diesen Kanton allein im Jahre 1885 der durch große Trockenheit bewirkte Futterausfall gegen 900,000 Zentner Heu betrage, z,u dessen Ersatz bei der damaligen Preisen und den obwaltenden Transportschwierigkeiten 5Va Millionen Fr. nothwendig gewesen wären. Sollen durch einen hohen Bundesbeitrag Kantone, welche in dieser Lage sich befinden, noch angehalten werden, den Schaden anderer Kantone durch Hagel mitzutragen, während kein Mensch daran denkt, ihnen mit Bundesmitteln Ersatz für ihren Schaden zu bieten? Hier sei eben Versicherung nicht möglich, lautet die Ausrede für die ungleiche Behandlung, während doch Staatssubvention Wohlthätigkeit und nicht Selbsthülfe ist, ob sie nun direkt zur Schadenvergütung oder zur Erleichterung der Nachschußprämien verwendet wird.

Doch sehen wir ab von diesen und noch manchen andern Verlusten der Landwirthe durch Naturereignisse, an welche der Bund trotz ihrer Größe bisher absolut keine Entschädigung bot und wohl auch ferner nicht wird bieten können, und fragen wir uns, ob es denkbar sei, daß Bund und Kantone mit ihren Subsidien an die Hagelschäden der gesammten schweizerischen Landwirfchschaft -- und nicht bloß einer beschränkten Zahl meist hablicherer Landwirthe -- in einer solchen Ausdehnung partizipiren können, daß auch das kleine Bäuerlein dabei eine Erleichterung
fühlt und zum Versichern ermuthigt wird ? Diejenigen, welche mit einer Gesammtsubvention von Fr. 150,000 (Bund 50,000, Kantone 100,000) die Hagelfrage lösen zu können glauben, haben kaum berechnet, den wievielten Theil des durchschnittlichen jährliehen Hagelschadens

277 der Schweiz man mit einer solchen Subvention decken könnte. Um dies zu berechnen, müßten wir eben diesen durchschnittlichen Schaden erst kennen, wozu es Jahre lang fortgesetzter genauer statistischer Aufnahmen über die Hagelschäden der ganzen Schweiz bedürfte.

Konsuitiren wir, um wenigstens einen Begriff von denselben zu bekommen, die -- wenn auch nicht unfehlbaren, so doch als Schätzungen brauchbaren -- statistischen Angaben anderer Staaten, soweit sie uns gerade zugänglich sind.


i Ünrior LaFIUori

Frankreich Preußen Baden Bayern Württemberg Oesterreich

f

Bevölkerung.

Volkszahl.

Jahr.

1881

1885 1885 1885 1885 1880

37,405,290 28,313,833 1,600,839 5,416,180 1,994,549 22,144,244

Durchschnittl. Hagelschaden Durchschn.

per Jahr jährlich per Kopf Beobachtungsin Franken. der Bev8lkerun S in Franken.

jahre.

81,503,743 2.18 187l/83

1883/85 1868/83 1879/84 1830/83 1881/84

39,038,535 3,707,953 10,495,547 4,100,496 35,203,098

1.38 2.82 1.94

2.05 1.B9

Angesichts dieser Ergebnisse wird man schon annehmen dürfen, daß in der über 2,900,000 Einwohner zählenden Schweiz der jährliche Hagelschaden durchschnittlich wenigstens 6 Millionen Franken beträgt. Ja, wir kommen zu höhern Zahlen, wenn wir uns die jährliche landwirthsr-haftliche Produktion vergegenwärtigen, wie sie von dem bernischen Statistiker. Herrn Muhlemann, in der ,,Zeitschrift für schweizerische Statistik"*') unter Benützung der statistischen Aufnahmen in einer Anzahl von Kantonen für das Jahr 1885 geschätzt worden ist : Getreide, Werth von Körnern und Stroh . Fr. 124,630,630 Hackfrüchte (wovon für Fr. 79,858,711 Kartoffeln) .

.

.

.

.

. ,, 96,260,415 Hülsenfriichte, Handelspflanzen und Gemüse ,, 13,212,867 Wein .

.

.

.

.

.

. ,, 62,359,050 Obstbau ,, 127,418,391 Kunstfutter, Wiesenheu, Benützung von Weiden u n d Alpen .

.

.

.

.

.

585,735,717 Summa

Fr. 1,009,617,070

*) Jahrgang 1886, S. 175. An den hier mitgetheilten Detailangaben kann man freilich markten und dabei z. B. die Ansätze für Getreide herabmindern. Wird aber eine geringere Anbaufläche für Getreide angenommen, so entsteht die Frage, für welche andern Kulturen nunmehr eine größere Anbaufläche berechnet werden soll. Wir müssen uns eben mit solchen Schätzungen behelfen, so lange die bisherigen großen Schwierigkeiten einer landwirthschaftliehen Statistik fortdauern.

278

Selbst wenn wir -- aus bald zu entwickelnden Gründen -- von dieser Milliarde den größern Theil des Betrages, Fr. 585,735,717, für Viehfutter an Heu, Gras und Weide weglassen, und uns einzig an die restirenden Fr. 423,881,353 halten, so müssen wir den Hagelschaden an letztern auf wenigstens 6 Millionen veranschlagen, wenn wir bedenken, daß die allerdings in den ausgesetztem Gegenden arbeitende Schweizerische Hagelversicherungsgesellschaft laut den sehr werthvollen statistischen Berechnungen ihres Direktors in den verflossenen ersten 7 Betriebsjahren auf Getreide einen Hagelschaden von 1,9, auf Obst von 3,5, auf Wein von 4,9, auf Tabak von 6,3 Prozent der Versicherungssumme gehabt hat.

Von diesem durchschnittlichen Minimalschaden von 6 Millionen Franken würden mit der projektirten Subvention von Bund und Kantonen im Betrage von Fr. 150,000 nur 1/4o getragen ! Mit dieser Summe kann man freilich alle Nachschüsse decken, so lange nur einige tausend der hablichern Klasse angehörende Landwirthe an der Schweizerischen Hagelversicherungsgesellschaft partizipiren ; wir haben aber in der Schweiz nicht nur 7000, sondern 254,336 Landwirthschaft treibende Viehbesitzer, nicht gerechnet die zahlreichen Winzer, Gärtner, Fabrikarbeiter etc., welche, ohne Vieh zu besitzen, bei der landwirtschaftlichen Produktion betheiligt sind. Wer glaubt aber, daß man mit einem Opfer von jährlich Fr. 150,000 die Hagelversicherung, welche ohne dasselbe unmöglich sein soll, diesen Hunderttausenden ermögliche und auch dem Aermsten zugänglich mache? Sobald nur lk der gesammten Ernte versichert sein, und der durchschnittliche Jahresschaden l*/2 Millionen (ohne Verwaltungskosten der Versicherung) betragen wird, also die Subvention nicht mehr */io der Prämie deckt, so hört die Anziehungskraft dieser Subvention auf; die Aermern bleiben trotz derselben weg, besonders wenn bei der Vertheilung der Betrag der Nachschußprämie -- oder der Versicherungssumme -- als Maßstab angenommen wird. Was kann bei einer Vertheilung von Fr. 150,000 unter mehr als 250,000 landwirtschaftliche Betriebe auf den einzelnen Fabrikarbeiter, welcher auf gepachtetem Acker seine Kartoffeln und Gemüse pflanzt, entfallen, wenn bei der Vertheilung dei1 Grundsatz angewendet wird : Wer da hat, dem wird gegeben ? -- Wir wissen nun wohl, daß der Hagel nicht alle Jahre gerade
den durchschnittlichen Schaden verursacht, und daß daher auch die Subventionen nicht alle Jahre zur Vertheilung kommen, sondern für die schlimmem Jahre angesammelt werden sollen, wobei dann eine etwas höhere Summe zur Vertheilung gelangte. Alles kommt dabei darauf an, wie hoch die Vorprämie angesetzt wird und welche

279 Last man den Nachschüssen, vesp. dem Reservefond überläßt. Wo man die so unangenehmen Nachschösse ganz selbst bestreiten muß, hat man ein Interesse, sie möglichst zu vermeiden mittelst einer dem durchschnittlichen Risiko entsprechenden Vorprämie; ergibt dieselbe mehr als nothwendig, so hat man für schlimme Jahre etwas aufgespart. So einfach und klar diese Berechnung ist, so kann man doch aus der bescheidenen Höhe der Reserven der meisten kantonalen Brand Versicherungsanstalten ersehen, daß der Bürger nicht gerne viel über den momentanen Bedarf hinaus steuert und daß auch die kantonalen Behörden darauf Rucksicht nehmen müssen.

Wie wird es aber gehen, wenn die Nachschüsse durch Subventionen von Bund und Kantonen mitgetragen werden sollen ? Wird man dann auch eine für den Durchschnitt genügende Vorprämie verlangen und jahrelang die Subventionen nicht anrühren, sondern sie zu großen Reserven anwachsen lassen? Wir fürchten, die Vorprämie wird so ausfallen, daß man von Zeit zu Zeit in den Genuß der Subvention eintritt, da unsere Zeit nicht Lust zeigt, für die Nachwell Kapitalien zu sammeln; schon halbschlimme Hageljahre werden je und je die Reservekasse leeren, so daß für ganz böse Jahre doch nicht gesorgt ist; oder wenn wirklich in solchen halbschlimmen Jahren der Reservefonds nicht angegriffen, sondern weiter geäuffnet wird, so dürfte in diesem oder jenem Kanton die weitere Subventionirung durch den Kanton (und dann folgerichtig auch durch den Bund) als nicht mehr nothwendig eingestellt werden, bevor derselbe einem ganz schlimmen Jahre gewachsen ist. Wie hoch mag sich nun der Schaden in einem ganz schlimmen Hageljahre belaufen? Darüber besitzen wir wiederum keine statistische Auskunft. Aber unser Nachbarland Württemberg verfügt über eine Hagelstatistik bis zum Jahre 1830 zurück; benutzen wir diese!

Dr. Eberhard R a m m (die Hagelversicherungsfrage in. Württemberg, Tübingen 1885, 8. 112 und 113), welcher den durchschnittlichen jährlichen Hagelsehaden seines Landes auf 3,280,397 Mark berechnet, hat gefunden, daß der Maximalschaden 8 Mal so groß gewesen sei, als dieser Durchschnitt, also wenigstens 25 M i l l i o n e n M a r k , Ist unser Land etwa weniger hagelgefährlich als Württemberg?

Und ist das Gebiet der Schweizerischen Hagelversicherungsgesellschaft, die in der Richtung von Sildwest nach
Nordost, vom Genfersee zum Bodensee sieh hinziehende schweizerische Hochebene, nicht ein zusammenhängendes Hagelgebiet? Nicht in dem Sinne, daß ein und dasselbe Elagelwetter sich vom Leman bis zum Bodensee bewege (wenn auch diese Richtung bei Hagelwettern vorherrschend ist) ; aber die auf dieser Strecke sich geltend machenden gemeinsamen Ursachen (gleiche Wärme und Feuchtigkeit der Luft, gleiche Windrichtung) erzeugen auch dieselben Wirkungen. Das beweisen uns

280 die seit einigen Jahren erst bestehenden einheitlichen Gewitterbeobachtungen. So haben wir z. B. an dem 30. Juni 1885, der für den Kanton Luzern so verderblich gewesen ist, vom Genfersee bis zum Bodensee Gewitter und in den Kantonen Genf, Bern, Solothurn, Lum-n, Zürich, und Thurgau Hagel gehabt, dessen Schaden geschätzt wurde im Kanton Luzern auf Fr. 1,852,927 ,, Aargau ,, ,, 2,151,139 ,, ,, Zürich ,, ,, 727,290 Und dieser 30. Juni 1885 steht nicht isolirt da ; das Jahr 1885 hatte noch verschiedene andere schwere Gewittertage, wenn sie auch nicht in demselben Um lange Hagelschaden herbeiführten.

Angesichts dieser Daten dürfen wir schon annehmen, daß ein recht schlimmes Hageljuhr in der Schweiz etwa das 5--6-fache des durchschnittlichen Schadens herbeiführen könne, und daß wir bei allgemeiner Versicherung in einer einzigen Landesanstalt uns auf die Eventualität gefaßt machen müssen, daß einmal gegenüber einem Schaden von etwa 30 Millionen nur eine ordentliche Prämieneinnalune von etwa 5 Millionen (nach Abzug der Verwaltungskosteri) zu Verfügung stehe.

Wenn wir dann aber nicht im Stande sind, die zur Deckung des ganzen Schadens nöthigen Nachschüsse aufzubringen, so dürfen wir dafür nicht die Vorsehung verantwortlich machen, die uns unser schönes Land gegeben hat, auch nicht den jetzigen Bund, vor dessen Konstituirung die Gebirge einiger Gegenden abgeholzt wurden, sondern einzig unsere Unvorsichtigkeit, die darin bestund, mit Schaden arbeitende fremde Gesellschaften aus unserem Lande verdrängen und alle Risiken in einer Landesanstalt unterbringen zu wollen.

Hat der Bund als Aufsichtsbehörde nicht vielmehr die Pflicht, vor einem so irrationnllen Vorgehen zu warnen ?

Man wird uns zugeben, daß die Vereinigung der Grundbesitzer einer kleinen Gemeinde zu gemeinsamer Tragung des Hagelschadens keine Versicherung genannt werden kann : wird die Gemeinde verhagelt, so muß jeder die Prämie zur Entschädigung seines Verlustes selbst aufbringen, also kann er sich die Verwaltungskosten für solche unnütze Versicherung ersparen. Von derselben Art ist ein Distriktsverein für Hagelversicherung. Nur dem Grade nach verschieden , aber auf demselben irrationellen Verfahren beruhend, wäre eine durch die Initiative des Bundes bewirkte Sammlung aller zwischen dem Genfersee und Bodensee, vielleicht nur der zwischen der
Aare und dem Bodensee gelegenen exponirteren Risiken in einer einzigen Klumpen -Versicherung und die Verdrängung konkurrirender Gesellschaften durch die privilegirte Anstalt.

281

Ja wohl sind Wind und Wetter gefährliche Elemente, das erfahren auch die Schiffe, welche alljährlich für Hunderte von Millionen schweizerischer Ein- und Ausfuhr über das Weltmeer tragen.

Und die bei der Transportversicherung am regelmäßigsten wiederkehrenden hohen Dividenden könnten am allerersten als Vorwand für eine Dgegenseitige Gesellschaft unter Bundesschutz geltend geO O O O macht werden. Aber die Transportversicherung ist viel zu rationell eingerichtet, als daß unsere Kaufleute zu einer so primitiven und leistungsschwachen Institution zurückkehren möchten. Die Transportversicherung versichert Milliarden, indem sie alle Risiken in eine Unzahl ganz kleiner Risikolheile auflöst und r u f die verschiedenen Gesellschaften vertheilt, so daß eine und dieselbe Gesellschaft auf allen Meeren betheiligt ist, aber nirgends mit hohen Beträgen.

Die Hagelversicherung, welche mit ähnlichen inkommensurabeln Gefahren zu schaffen hat, kann ihre Aufgabe nur in analoger Weise lösen.

Der Referent des ,,schweiz, landwirthschaftlichen Vereins", Hr. Büchi, hat die in der Risikenhäufung liegende Gefahr sehr wohl gefühlt und sich gedrungen gesehen, folgende Gegenmittel in Vorschlag zu bringen (S. 5): ,,Diesem Uebelstande ,,soll" und ,,kann" durch eine richtige T a r i f i r u n g der Prämien und Nachschüsse, wie durch eine R ü c k v e r s i c h e r u n g bei einer großen Gesellschaft abgeholfen werden."

Kann man offener bekennen, daß eine auf einem so kleinen Gebiete allein arbeitende Gesellschaft zu schwach ist, Katastrophen zu ertragen, welche plötzlich den größern Theil desselben treffen?!

Also eine ,,große" Gesellschaft müssen wir noch haben, der wir natürlich auch einen beträchtlichen Theil des Risiko's übergeben würden.

Warum denn gegen die ,,ausländischen" Gesellschaften polemisiren, da wir doch eine haben müssen? Und wozu die Aktiengesellschaften bekämpfen, welche einzig Rückversicherungen annehmen, wie der ,,Deutsche Landwirthschaftsrath" sich überzeugen mußte?

Das Schlimmste aber ist dieß, daß nach den Erfahrungen der ,,Magdeburger Gesellschaft" auch Aktiengesellschaften in der Schweiz nicht Rückversicherungsgeschäfte machen wollen, während sie sich zum direkten Geschäft finden, wenn man nicht die Konkurrenz von oben herab unmöglich macht. Der Grund ist klar: bei einem so riskirten Geschäft will man
mit eigenen Augen sehen, nicht -- um einen verständlichen populären Ausdruck zu gebrauchen -- die Katze im Sack kaufen.

Die ,,richtige Tarifirung" wäre nur die nothwendige Konsequenz; der Rückversicherung bei einer ,,großen" Gesellschaft. Die rück-

282 versichernde Gesellschaft verlangt die richtige Risikoprämie, die nicht der Ergänzung durch Nachschüsse bedarf; auch kennen die großen Aktiengesellschaften die reduzirte Entschädigung nicht.

Das ganze System unserer Schweizergesellschaft würde durch das Rückversicherungsprinzip umgestaltet. Um bei der Rückversicherung nicht baares Geld zuzulegen, müßte von Anfang an die volle Risikoprämie verlangt und die Subvention an diese verabfolgt werden. Damit gelangte auch die rückversichernde ausländische Gesellschaft in den Mitgenuß der Subvention. -- Man könnte also ebenso gut von vorneherein den Versicherten erlauben, sich direkt, u n d - z war mit Subvention, an die ausländischen Gesellschaften zu wenden, wenn letztere auf diese Weise leichter herbeigelockt werden können. Dann hätte man wenigstens Konkurrenz. -- Wollen wir nicht Konkurrenz, sondern Klumpenversicherung bei einer Landesanstalt, so ist volle Entschädigung nur gesichert, wenn möglichst bald ein Reservefond? geschaffen wird, welcher wenigstens das 5 bis 6-fache des durchschnittlichen Jahresschadens beträgt, um auch für ganz schlimme Jahre zu genügen.

Wenn man aber statt eines solchen, der Anstalt selbst angehörenden Reservefonds nur kantonale Reservefonds in's Leben ruft, welche den Versicherten der betreffenden Kantone gehören und auch im Falle der Noth nicht vorab voll und ganz zur Verfügung stehen, so ist damit wenig geholfen. Setzen wir den Fall eines Hageljahres, welches auch nur einen doppelten Nachschuß nftthig macht und nehmen wir an, die Statuten gestatten denselben. Wenn nun nur die Reservefonds der Kantone A und B für die Tragung eines doppelten Nachschusses stark genug sind, diejenigen der Kantone C, D, E und F nur zur Tragung eines einfachen, wenn dann ferner in den Kantonen G und H nur ganz unbedeutende und in den übrigen Kantonen gar keine solchen Fonds vorhanden sind, wird man dann einen doppelten Naehschuß zu leisten besser befähigt sein, als jetzt? Durchaus nicht, man wird, wenn die Statuten es gestatten, bloß einen einfachen Nachschuß erheben; die Versicherten werden Va ihrer Entschädigung verlieren, während die Reservefonds der Kantone A und B, obschon mit Bundeshülfe gebildet, nur zur Hälfte in Anspruch genommen werden können.

Bei dieser Subveutionsfrage ist aber nicht bloß in Betracht zu ziehen, einen wie großen
Theil des Hagelschadens der Schweiz die staatlichen Subventionen im günstigsten Falle decken könnten : wir müssen uns auch erinnern, daß die Hagelversicherung mit beträchtlichen B e t r i e b s k o s t e n verbunden ist, welche, in Prozenten der Versicherungssumme berechnet, um so schwerer in's Gewicht fallen

283 müssen, je kleiner der durchschnittliche Betrag einer Versicherung ist, also in der Schweiz relativ weit größer sein werden, als in Norddeutschland , wo mehr als Va des Grundbesitzes aus Gütern von über 100 Hektaren besteht.

Wir entnehmen nun der sorgfältigen statistischen Zusammenstellung des Hrn. v o n May über die Geschäftsergebnisse der Schweiz. Hagelversicherungsgesellschat't in den ersten sieben Jahren, daß während dieser Zeit im Ganzen Fr. 62,094,901 für ein Jahr versichert gewesen und daß dafür aus der Kasse Fr. 293,616. 15 an V e r w a l t u n g s k o s t e n bezahlt worden sind, also für Fr. 100 Versicherungssumme die jährlichen Verwaltungskosten Fr. 0. 47 betragen. Bei zunehmender Zahl versicherter größerer Risiken dürften die Kosten etwas abnehmen, dagegen würde die projektirte Ausdehnung der Versicherung auf alle kleinen Risiken in umgekehrtem Sinne wirken. Man kann daraus entnehmen, daß bei einer allgemeinen Versicherung die Subventionen lange nicht die Betriebskosten der Versicherung decken, geschweige denn der Landwirthschaft etwas von ihrem Hagelschaden abnehmen würden.

Die Nichtbeachtung des Artikels ,,Verwaltungskosten"1 bei der Diskussion von Versicherungsfragen kann zu ganz falschen Ergebnissen führen. Es können, namentlich bei kleinen Versicherungen, die Verwaltungskosten zum Versicherungsobjekt ia einem solchen Verhältnisse stehen, daß die Wohlthat der Versicherung eine problematische wird.

Lassen wir die Thatsachen sprechen. Von den genannten Fr. 62,094,901, welche im Laufe der ersten 7 Jahre bei der Schweiz. Hagelversicherungsgesellschaft versichert worden sind, gehören, nach der verdankenswerthen Statistik des Hrn. Direktor Schramm, in die Rubrik ,,Gräser" Fr. 1,639,000, somit nur 2,6 Prozent der Gesammtsumme. Also der größere Theil, die Hauptproduktion der schweizerischen Landwirthschaft, ein Ertrag von 585 Millionen per Jahr, bleibt nahezu unversichert ! Etwa wegen des hohen Schadenrisiko's und daheriger hoher Prämie? Gar nicht, sondern weil das Schadenrisiko im Verhältnis zu demjenigen Theil der Prämie, welcher für die Deckung der Verwaltungskosten bestimmt ist, sehr klein ist, resp. weil die Verwaltungskosten der Versicherung (0,47 °/o der Versicherungssumme) ungefähr so hoch kommen, wie der durchschnittliche Schaden, somit der durchschnittliche Verlust durch
die Versicherung verdoppelt wird. So wenig ist der Gesammtertrag der schweizerischen Landwirthschaft bei der Hagelversicherungsfrage betheiligt, daß auch bei den möglichst hoch getriebenen Leistungen des Staates für die Hagelversicherung unsere schweizerische Haupt-Bodenproduktion unversichert

284 bleiben wird. Selbst der Bauern verein des Kantons Luzern, welcher in erster Linie obligatorische Hagelversicherung, und zwar ,,mit ganz erheblicher Unterstützung derselben durch den Bund und die Kantone"1, verlangt, will diesem Obligatoriutn nur die Versicherung von Getreide, Obst und Weinreben unterwerfen, wobei die Unterstützung fast ganz diesen Erzeugnissen und nicht der Hauptproduktion des Landes, dem Futterbau, zu gut käme.

In der That ist die Hagelversicherung für den Futterbau nicht von der Bedeutung, daß sie je für denselben obligatorisch erklärt werden dürfte. Auch die Haltung der vorzugsweise von der Alpwirthschaft lebenden Kantone gegenüber der Subventionsfrage läßt sieh nun begreifen. Knüpft jedoch der Bund seine Beiträge an die Bedingung einer kantonalen Subvention, so werden freilich die Winzer und Getreidebauern dieser Kantone von solcher Bundessubvention an die Zürcher Anstalt keinen Nutzen haben, und sie werden gleichwohl an diese gebunden sein, da nunmehr andere, ihnen vielleicht besser konvenirende Anstalten neben der privilegirten sich nicht mehr zum Greschäftsbeirieb in der Schweiz herbeilassen.

Während nun, wie bereits erwähnt, von den 62 Millionen, welche in 7 Jahren bei der Schweiz. Hagelversicherungsgesellschaft versichert worden sind, nur 2,6 °/o auf ,,Gräser* kommen, war dagegen in derselben Periode für Fr. 52,294,000 Getreide versichert (84 % der gesammten Versicherungssumme), also gerade diejenigen Fruchtarten, deren Kultur bei uns notorisch nicht mehr rentabel ist und nur aus gewissen praktischen Rücksichten (Strohbedarf, Fruchtwechsel) fortgesetzt wird. Wir sind nun nicht der Ansicht, daß deßhalb der Bund den Getreidebau geringschätzig behandeln dürfe, sondern halten im Gregentheil dafür, er solle denselben fördern durch die Subvention derjenigen Unternehmungen, welche darauf abzielen, den Getreidebau p r o d u k t i v e r z u machen.

Durch die Subvention der Hagelversicherung aber ermuntert er den Getreidebau in der Hagelgefahr besonders ausgesetzten Landstrichen und auf schlechtem Boden, auf welchem eine dünn stehende Frucht wächst, welche dein Hagel ebenfalls mehr ausgesetzt ist.

Wir müssen noch einmal auf den Einfluß der Betriebskosten auf die Veraicherungsfrage zurückkommen. Bei Berechnung des Prozentsatzes, welchen bei unserer schweizer. Hagelversicherungsgesellschaft
die Betriebskosten ausmachen (0,47 % der Versicherungssumme), sind natürlich nur diejenigen Betriebskosten berücksichtigt, welche durch die Gesellschaftskasse bestritten werden und an welche der Einzelne pro rata seiner Betheiligung an der Versicherung beiträgt. Wir müssen aber noch von einem andern

285 Theil der Betriebskosten sprechen, welcher bei unserer Anstalt für den hoch und den niedrig Versicherten denselben Betrag ausmacht und dadurch dem letztern sehr lästig ist, während der erslere ihn kaum fühlt: wir meinen die P o l i c e k o s t e n , Für jede Police, ob dieselbe bedeutend oder gering sei, bezahlte der Versicherte alljährlich: Fr. 1.50 für den Agenten selbst, Fr. 0.40 für dessen Porto-Auslagen; rechnet man noch durchschnittlich Fr. 0.10 für den Stempel, so kostet eine Police Fr. 2. -- Nicht alle Kantone scheinen diese Stempelgebühr zu beziehen ; in einigen Kantonen trifft dieselbe jedoch die Versicherungspolicen sehr stark ; in den Kantonen Bern, Luzern und St. Gallen wird für Schadenversicherungspolicen der Formatstempel angewendet, was unsere Gesellschaft veranlagte, für die in diesen Kantonen Versicherten eigene Policenformulare in-8° drucken zu lassen, um nur dem Minimalansatz der Stempelgebühr unterworfen zu sein (im Kanton Bern 15 Cts.).

Diese Policekosten kommen nun bei einem Fabrikarbeiter oder Taglöhner, dessen Hauptpflanzung in einem kleinen Kartoffelacker mit einem Ertrag von etwa Fr. 100 besteht, sehr in Betracht.

Nach der neuesten Statistik des Hrn. Direktor S c h r a m m betrug der Hagelschaden an den bei unserer Gesellschaft versicherten Kartoffeln bisher durchschnittlich l °/o der Versicherungssumme. Wenn aber bei der Versicherung der auf Fr. 100 geschätzten Ernte außer Fr. 1 für das Hagelschadenrisiko noch Fr. 0,47 für Verwaltungskosten und Fr. 2 für die Police, also im Ganzen circa Fr. 3. 50 zum Voraus baar zu erlegen sind, -- für eine Ernte, die durch einen nassen Sommer am meisten gefährdet ist, so wird man begreifen, daß auch eine Subvention, wie die in Aussicht genommene, den Taglöhner noch nicht veranlassen wird, seine Kartoffeln zu versichern. Mit den paar Prozenten Provision, welche der Agent von der Prämie erhält, ist er freilich für solche kleine Versicherungen nicht bezahlt; wenn man aber das Fehlende durch eine Kopfsteuer auf die Versicherten aufbringt, so ist der kleine Mann entschieden viel ungünstiger gestellt, als der hoch Versicherte; und wenn mit Berufung auf Art. 14 des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884 eine Subvention für Kantone, welche die Hagelversicherung unterstützen, beansprucht wird, so muß nach demselben Artikel ^der landwirtschaftliche
Kleinbetrieb besondere Berücksichtigung (nicht Zurücksetzung) finden". Welche Summen müßten aber -- eine allgemeine Betheiligung der landwirthschaftlichen Betriebe vorausgesetzt -- ausgegeben werden, um vorab diese Ungleichheit zu beseitigen!

Und nun stelle man sieh den praktischen Erfolg der projektirten Subventionirung vor! Mehrere Kantone würden an derselben

286 von vornherein sich nicht betheiligen : unsere landwirtschaftliche Hauptproduktion, der Futterbau, benützt die Hagelversicherung nur in geringem Maße; auch die übrige Produktion würde -- selbst bei einer Subvention von Fr. 300,000 -- kaum zur Hälfte an derselben partizipiren, weil sonst der Antheil des Einzelnen allzu klein würde, und die Wegbleibenden wären die Aermern, die Kleinbauern, Taglöhner, Fabrikarbeiter.

Bei solchen Ergebnissen der Subvention darf man nicht hoffen, daß man in Zukunft die Steuersammlungen für Hagelbeschädigte abschaffen könne; eher dürfte man finden, die öffentliche Hülfeleistung sollte sich der Bedürftigsten in erster Linie annehmen, wenn sie doch nur für einen kleinen Theil des gesammten Schadens Deckung herbeizuführen im Stande ist.

III. Konstitutionelle und politische Seite der Frage.

Indem der Referent auftragsgemäß auch über diese Seite der Frage zu sprechen sich anschickt, erklärt er von vornehereinr daß wenn die Erwägung der übrigen Momente der Angelegenheit ihn zu der Ueberzeugung gebracht hätte, es entspreche unsere Verfassung dringenden praktischen Bedürfnissen nicht mehr, er auch nicht anstehen würde, darauf anzutragen, es sei dieselbe bei erster Gelegenheit denselben entsprechend zu revidiren, wobei dann auch von Neuem darauf Bedacht zu nehmen wäre, daß die Einnahmen des Bundes mit dessen nunmehrigen Ausgaben in Einklang kommen.

Nachdem jedoch Erwägungen finanzieller Natur und ein Rückblick auf die im Gebiete der Hagelversicherung gemachten Erfahrungen dargethan haben. welche Bedenken der Vereinigung unsers gesammten Hagelrisiko's in einer -- wie auch organisirten -- Landesanstalt entgegenstehen, hat eine Prüfung der verschiedenen in Bezug auf die Hagelversicherung vorgebrachten Wünsche vom Standpunkte des nun einmal geltenden, vom Volke sanktionirten Grundgesetzes aus um so mehr Bedeutung.

Wir haben hier von dem durch die Befürworter der Bundesbetheiligung beharrlich ignorirten Lemma 2 des Art. 34 der Bundesverfassung zu sprechen, welches lautet : ,,Der Geschäftsbeirieb von Auswanderungsagenturen und von P r i v a t u n t e r n e h m u n g e n im Gebiete des Versicherungsw e s e n s unterliegt der A u f s i c h t und G e s e t z g e b u n g des Bundes."

287 Während die Verfassung des Deutschen Reiches, welche bei Entwertung unserer Bundesverfassung berücksichtigt worden ist, dem Reiche die Kompetenz der Beaufsichtigung und der Gesetzgebung über das Versicherungswesen überhaupt zuweist, spricht unsere Verfassung mit Vorbedacht nur von P r i v a t U n t e r n e h m u n g e n im Gebiete des Versicherungswesens ; welche Bedeutung diese Einschränkung hat, ergibt sich, wenn wir den Art. 3 beiziehen, welcher sagt: ,,Die Kantone sind souverän, s o w e i t ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist, und üben als solche alle Rechte aus, w e l c h e n i c h t der B u n d e s g e w a l t ü b e r t r a g e n sind. a Die Bundesversammlung hatte, als sie in dieser Weise nur die Aufsicht und Gesetzgebung über die p r i v a t e n Versicherungsunternehmungen dem Bunde übertrug, dabei die ganz unzweifelhafte Meinung, daß den Kantonen wie bisher das unbedingte Recht zustehen solle, eigene Versicherungsanstaltea, mit oder ohne Obligatorium, zu halten, und zwar für jeden beliebigen Versicherungszweig, wie sie denn auch nicht anstehen., solche für die Immobiliar- und Mobiliarversicherung, Krankenversicherung etc. zu errichten. Auch hat das Obligationeorecht die kantonalen Versicherungsanstalten (Art. 613 und 899) ausdrücklich von seinen Bestimmungen über Aktien-und Kommanditgesellschaften entbunden ; ebenso behält das Bundesgesetz vom 25. Juni 1885, Artikel l, letztes Lemma, die Gesetze der Kantone über die kantonalen Versicherungsanstalten vor. Der Grund ist klar. So lange die Kantone einzig für die Armen aufzukommen haben und dem Bunde in dieser Beziehung weder Rechte noch Pflichten zustehen*), müssen die Kantone auch in der Lage sein, die ihnen nothwendig erscheinenden Maßregeln zur Verpflegung der Armen und zur Prävention gegen Armuth, wie auch zur Versicherung ärmerer Bürger zu ergreifen, und diese Motive werden denn auch für die Gründung und Beibehaltung kantonaler Versicherungsanstalten angeführt.

Es wäre nun ein logischer Widerspruch, wenn neben den Kantonen auch der Bund das Recht zur Gründung von Versicherungsanstalten mit einem Monopol-, d. h. Ausschlußrecht gegen konkurrirende Anstalten haben könnte. Auch wenn der Bund eine schweizerische Gebäudeversicherungsanstalt ohne Monopol, doch mit der Bet'ugniß, in allen Kantonen Versicherungsverträge
abzuschließen, schaffen wollte, könnte ein Kauton, wie Basel-Stadt, sich dagegen auflehnen, weil dadurch der Zweck seiner kantonalen Anstalt, für höhere Risiken eine billige Versicherung zu gewinnen, ebenso sehr gefährdet würde, wie (Jurch freie Konkurrenz von Privat*) Der Bund hat also durchaus nicht die Pflicht, überall mitzumachen wo die Kantone Opfer bringen.

288 anstalten. Eine scheinlich einen feuergefährlichen wälzen wollen, ein Uebergrëifen

obligatorische schweizerische Anstalt würde wahrTheil der Versicherungskosten von Kantonen mit Risiken auf die günstiger situirten Kanlone abund es haben daher die letztern Grund genug, des Bundes auf dieses Gebiet zu bekämpfen.

Aehnliche Argumente (wie die Geschichte unserer schweizerischen Hagelversicherung lehrt) könnten nach der Bundesverfassung gegen eine vom Bunde kreirte Hagelversicherungsgesellschaft, mit oder ohne Obligatorium, geltend gemacht werden. Es ist somit klar, daß der Bund nach seiner gegenwärtigen Verfassung das Recht nicht besitzt, eine schweizerische Hagelversicherungsanstalt, mit dem Rechte, in allen Kantonen Verträge abzuschließen (wenn auch im Uebrigen ohne Obligatorium), in's Leben zu rufen. Diese Anregung fällt daher, von den praktischen Schwierigkeiten der Ausführung und einer allfälligen finanziellen Betheiligung des Bundes ganz abgesehen, dahin.

Ebenso wenig kann aus dem bloßen Aufsichtsrecht über die privaten Versicherungsanstalten das Recht abgeleitet werden, die Bürger zur Hagelversicherung bei irgend welchen Privatanstalten von Bundeswegen a n z u h a l t e n ; es würden übrigens hier gegen einen solchen Zwang auch die politischen Gründe sprechen, welche Krämer in seiner bereits zitirten Arbeit (S. 14 ff.) angeführt hat.

(Damit soll die Frage der obligatorischen Unfallversicherung, wenn letztere ohne Bundesanstalt zur Ausführung kommen soll, nicht präjudizirt sein, da der Bund nach seiner Verfassung berechtigt ist, ,,Vorschriften zum Schutze der Arbeiter gegen einen die Gesundheit und Sicherheit gefährdenden Gewerbebetrieb zu erlassen1*).

Auch die Begehren, welche dem Bunde, den Kantonen und den Gemeinden eine administrative Mitwirkung bei der Leitung der bestehenden oder einer zu gründenden Privatanstalt verschaffen wollen, gehen über dasjenige hinaus, was man bisher unter Aufsichtsrecht des Staates über die privaten Versicherungsanstalten verstanden hat.

Der B u n d -- wird verlangt -- soll die Prämie bei der schweizerischen Hagelversicherungsgesellschaft festsetzen. Der Bund kann allerdings Versicherungsanstalten, bei welchen die Prämie zum Risiko in gar keinem Verhältnisse steht und eine bloße Ausbeutung des unkundigen Publikums beabsichtigt ist, die Konzession verweigern ; aber der Bund kann als Aufsichtsbehörde unmöglich den Gesellschaften verbieten, die zur Bezahlung der Schäden und Deckung der Geschäftskosten nothwendigen Prämien zu beziehen,

289 und wenn er einer Gesellschaft verbieten wollte, fUr höhere Risiken auch die entsprechenden hohem Prämien anzuwenden, so würde er die Gesellschaft zwingen, den Ausfall durch Höherbelastung der leichtern Risiken zu decken (was diese von der Versicherung zurückscheuchen würde) oder das Geschäft einzustellen, -- es sei denn, daß der Bund selbst auch für alle Defizite einstehe. Die Konsequenz solcher Aufsicht wäre dann mit derjenigen des Staatsbetriebes fast identisch.

Auch ein Recht des Bundesrathes oder der Kantonsregierungen z u r V e r t r e t u n g i m V e r w a l t u n g s r a t h e einer privaten Versicherungsgesellschaft könnte nicht aus der Bundesaufsicht selbst hergeleitet werden, sondern es müßte eine solche Vertretung von der betreffenden Privatgesellschaft als Gegenleistung für finanzielle Betheiligung freiwillig zugestanden und von den betreffenden Regierungen angenommen werden.' Hiebei müssen die Interessen der betreffenden Gesellschaft entscheiden. Zumal bei einer auf Gegenseitigkeit basirten Gesellschaft haben, es die Versicherten ohnehin schon vollständig in ihrer Hand, die zu ihrem Schutze und zur Kontrole der Verwaltung passendsten und einflußreichsten Männer zu wählen ; sie haben das Recht, dies selbst zu thun und eine unberechtigte Einmischung und daherige Geschäftskomplikatiou abzuweisen.

Was endlieh die von der M i t w i r k u n g d e r G r e m e i n d e b e h ö r d e n erwartete Erleichterung und Förderung der Hagelversicherung betrifft, so ist allerdings anzuerkennen, daß, wenn die Gemeindebehörden statt der Agenten gratis die Versicherungen aufnehmen und die Beiträge einkassiren würden, hiedurch der Gesellschaft und den Versicherten eine schätzenswerthe Ersparniß verschafft, und daß namentlich die von uns bereits beklagte Höherbelastung der kleinen Versicherungen dadurch beseitigt würde. Wie dies zu bewerkstelligen wäre, darüber bedarf es eines weitern Studiums nicht; die Frage ist praktisch gelöst durch das Beispiel der glarnerischen Gemeinde E i l t e n , deren Behörde nach Verständigung mit der schweizerischen Hagelversicherungsgesellschaft in einer einzigen Police die Versicherung der Ernte von 36 Landwirfhen vermittelt; diese Police kostet im Ganzen nur Fr. 2, also per Versicherten 6 Ct. statt Fr. 2. Das scheint aber die einzige Police dieser Art bei unserer
Gesellschaft zu sein, und es weist der Kanton Glarus überhaupt im Jahre 1886 nur diese eine Police auf.

Dieser Gedanke ist nicht neu. Schon im Jahre 1880 erklärten sich unsere drei großen schweizerischen Feuerversicherungsgesellschaften (Schweizerische Mobiliarassekuranz, Helvetia und Bâloise) der gemeinnützigen Gesellschaft des Kantons Zürich gegenüber Bundesblatt. 39. Jahrg. Bd. III.

20

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bereit zum gebühren- und kostenfreien Abschluß von kollektiven Mobiliarversicherungen für kleine oder bedürftige Leute, im Betrag von höchstens Fr. 1500 für den Einzelnen und bis auf 50 Betheiligte, sofern eine Gemeindebehörde oder ein Gemeindeverein den Prämioneinzug unter Garantie für rechtzeitige Einzahlung in einer Summe und die alljährliche Revision der Einzelformulare übernimmt. Es ist aber seither erst eine einzige Police (über 4000 Fr.)

in dieser Weise abgeschlossen worden, während das Beispiel in Deutschland zur Nachahmung gekommen sein soll.

Der Grund, warum diese vereinfachte Form nicht mehr Anwendung gefunden hat, ist leicht zu ermitteln. Wären die Fr. 2,, welche bei Ausfertigung einer Hagelversicherungspolice zu bezahlen, sind, nur Ersatz für die Kosten des Formulars, so ließe sich durch Eintragen einer größern Zahl Versicherter auf Ein Formular flugseine schöne Ersparniß machen. Nun steckt aber in diesen Fr. 2 bei kleinen Versicherungen auch der größere Theil der Kosten des Agenturgeschäfts, welches nun einmal bezahlt sein will, auch wenn dasselbe von Gemeindebörden besorgt wird. Die Gemeinde Eilten, welche den bei der Kollektivversicherung Betheiligten diese Kosten und überdies auch noch einen Theil der Versicherungsprämie, beziehungsweise den Nachschuß, bezahlt, ist einstweilen eine Ausnahme.

Wo sich also Gemeindebehörden oder Gemeindevereine finden, welche in einer der Versicherungsgesellschaft konvenirenden Weise bei den sogenannten kleinen Leuten die Versieherungsaufnahme und eventuell auch die Schadenregulirung besorgen, da ist die von uns beklagte ungünstigere Stellung des kleinbäuerlichen Gewerbes bei der Hagelversicherung beseitigt und für diese die Kostenreduktion in einem Umfange durchgeführt, wie sie auch bei den größten Staatssubventionen nicht zu erzielen wäre, wenn die Vertheilung der Subventionen sich nach den versicherten Summen oder nach den Prämien richtete. Dergleichen Gemeinnützigkeit kann man jedoch nicht auf Bundesbefehl in's Leben rufen; auch die Kantonsregierungen , welche doch die direkten Oberbehörden der Gemeinden sind, werden mit Verfügungen von oben herab wenig erzielen. Die Gemeinden selbst müssen diese Initiative zu Gunsten der Aermern ergreifen und eventuell ihren Beauftragten eine bescheidene Entschädigung *) für ihre Mühe verabfolgen , ·wenn die
Gemeinnützigkeit, welche eben auch ihre Grenzen hat, nicht die ganze Arbeitslast gratis zu übernehmen im Stande ist.

*) Hier könnten die kantonalen Subventionen an die Hagelversicherung, wie vereinzelt und ungleich sie auch auftreten, die schönste Verwendung finden.

291 Jedoch wäre es von bedenklichen Folgen fiir die schweizerische Hagelversicherungsgesellschaft, wenn auf diesem Wege die Versicherung g a n z e r G e m e i n d e n b e i i h r m a s s e n h a f t z u r Anwendung käme; dann erhielte sie erst recht die gefährlichen K l u m p e n v e r s i c h e r u n g e r i ; denn die gefährlichsten Gegenden würden in erster Linie von diesem Modus Gebrauch machen.

Die Aktiengesellschaften versichern nicht ganze Gemeinden; auch die Magdeburger kannte die Kollektivversicherung, aber sie nahm höchstens zwei bis drei kleinere Versicherungen auf" ein Antragsformular. Sollte also die Besorgung der Versicherung durch die Gemeindebehörden zum Grundsatz erhoben werden , so wäre die Forderung zu stellen, daß nicht die ganze Gemeinde bei Einer Gesellschaft versichert, sondern die Risiken auf verschiedene Gesellschaften vertheilt werden.

Wir kommen nun zu unserer Hauptfrage: Kann der B u n d nach der Verfassung sich f i n a n z i e l l bei der Hagelversicherung betheiligen? Da nach unserer bisherigen Auseinandersetzung eine Bundesanstalt ausgeschlossen ist, so könnte diese Betheiligung nur eine solche bei privaten Anstalten sein. Nun wäre aber nicht bloß aus technischen Gründen die faktische Ausschließung der Konkurrenz durch Privilegirung Einer Anstalt von gefährlichen Konsequenzen ; der Bund darf auch als A u f s i c h t s b e h ö r d e , welche die Bedingungen für alle soliden Gesellschaften gleichstellen soll, nicht Eine Anstalt privilegiren. Die inländischen Gesellschaften mögen mit allen erlaubten Mitteln den Wettkampf gegen die fremden Gesellschaften führen, aber der Bund als Aufsichtsbehörde darf nicht durch einseitige Parteinahme das Publikum der Wohlthat der Konkurrenz berauben. Erwägend, daß nicht allein schweizerische V e r s i e h e r u n g s Unternehmungen, sondern noch viele andere Unternehmungen und eine große Zahl von Arbeitern vom ausländischen Geschäft und von den ,,Fremden" leben, darf die Aufsichtsbehörde auch nicht den Schein auf sich laden, als ob sie es auf Beseitigung der fremden Konkurrenz abgesehen habe. Daß zur Stunde auf dem Gebiete der Hagelversicherung keine fremde Gesellschaft mehr konkurrirt, ist ein fataler Zustand, den der Bund nicht durch seine Maßregeln verewigen darf; er soll vielmehr seine Maßregeln so treffen, daß er für dessen
Fortdauer nicht verantwortlich sei, da diese Fortdauer für uns bedauerlich wäre. Kann die Hagelversicherung in der Schweiz ohne Subsidien nicht bestehen , durch Subsidien aber wohl, so werden Subsidien an die Prämien, allgemein zugesichert, auch fremde solide Gesellschaften wieder herbeiziehen, und die Verallgemeinerung der Versicherung wird erreicht ohne die Gefahr der Risikenhäufung bei einer einzigen

292

Gesellschaft. Was konstitutionnell das Richtige ist, fallt hier mit den Forderungen der Technik zusammen.

Das Bedenkliche des vorgeschlagenen Subventionsmodus (Beiträge an kleine kantonale Reservefonds) haben wir bereits in Abschnitt II auseinandergesetzt: soll der Bund einmal für die Hagelversicherung Opfer bringen, so sollten dieselben auch der ganzen Schweiz zu gut kommen, nicht nur einzelnen besser situirten Kantonen, und es sollte ein Weiteres geschehen zur Verminderung derjenigen Kosten, welche den niedrig und den hoch Versicherten in gleicher Weise treffen : wir meinen die bereits besprochenen Kosten der P o l i c e a u s f e r . t i g u n g . Wenn der Geschäftsbericht der Schweiz. Hagelversicherungsgesellschaft pro 1884 es als eine Wohlthat preisen kann, daß mittelst der Subvention des Kantons Luzern in jenem Jahre der Nachschuß pro 100 Fr. Versicherungssumme von 50 Cts. auf 40 Cts. herabgesetzt wurde, so fragen wir uns, ob es -- für den kleinen Versicherten wenigstens -- nicht eine noch größere Wohlthat wäre, wenn die alljährlich auch auf der kleinsten Police verlangte Gebühr von 40 Cts. für ^ P o r t o " auf 10 Cts. reduzirt würde; diese 10 Cts. würden genügen, wenn die -- alsdann offen zu versendenden -- ,,Versicherungs-Anträgea von der Post mit der Minimaltaxe von 2 Cts. per Sendung belegt und die Agenten dazu angehalten würden, nur die voraussichtlichen wirklichen Auslagen (Geldsendungen inbegriffen) mit 10 Cts. in Rechnung zu bringen.

Auch die K a n t o n e könnten zur Billigermachung der Hagelversicherung in dieser Richtung beitragen; es wird dieß jedoch nur dann allgemein geschehen, weon ein Bundesgesetz die Norm feststellt. Eine S t e m p e l g e b ü h r , vollends die Anwendung des Formatstempels auf Versicherungspolicen, welche nur ein Jahr gültig sind und in welchen über eine Prämie von durchschnittlich nicht einmal 20 Franken quittirt wird, das ist eine Belästigung, welche die Kantone beseitigen sollten, bevor sie den Bund um Beiträge ersuchen behufs einer Verminderung der Versicherungskosten. Angesichts der bald in diesem, bald in jenem Eanton fühlbar eintretenden Erhöhung dieser Stempelsteuern darf man denn doch sich fragen, was es nütze, gemeinnützige Institutionen zu Subventioniren, während andrerseits der kantonale Fiskus dieselben als Luxusartikel behandelt.

Es bezieht
sich diese Bemerkung nicht bloß auf die Stempelgesetze allein und nicht bloß auf die Hagelversicherung, sondern auch auf die andern S t e u e r n , welche in den Kantonen noch auf der Versicherung lasten. Es scheint uns, daß wenn von den die Versicherung betreibenden A k t i e n g e s e l l s c h a f t e n am Orle ihres

293 Sitzes (oder des besteuerten Vermögens) von Kanton und Gemeinde die volle Steuer für das einbezahlte Aktienkapital oder für die demselben zufallende Dividende bezogen worden ist, eine jede weitere Steuer als ,,Doppelbesteurung a zu behandeln sei. Nun muß aber eine Versicherungs-Aktiengesellschaft, welche jener Forderung Genüge geleistet hat, ja sogar manche eines Garantiekapitals entbehrende g e g e n s e i t i g e Gesellschaft, noch in den meisten andern Kantonen, in welchen sie Geschäfte macht, und in einer stets wachsenden Zahl von Gemeinden ebenfalls von ihrem Gewerbe die Steuer bezahlen, abgesehen von der Einkommenssteuer, welche man vom Agenten verlangt. Feuer versicherungs- Gesellschaften werden überdieß noch, und zwar nicht bloß von K a n t o n e n , wie es das Bundesgesetz vom 25. Juni 1885 gestattet, sondern dem Vernehmen nach auch von einzelnen G e m e i n d e n zu Zwecken des Feuerlöschwesens besteuert, wobei Diejenigen, welche sich bei ihnen versichert haben, die Kosten bezahlen, damit Diejenigen, welche sich nicht versichern, ruhig schlafen können. Denn daß solche Steuer schließlich auf die Versicherten des betreffenden Kantons oder Bezirks fallt und nicht, wie vielleicht beabsichtigt, auf andere Kantone abgewälzt wird, das kann man bei Vergleichung der in den verschiedenen Kantonen bezogeneu Prämien ersehen.

In der Versicherung liegt die Lösung der sozialen Frage -- erklärt man in den eidgenössischen Käthen, und es wird durch deren Postulate bald für diesen, bald für jenen Versicherungszweig, wenn auch durch Privatgesellschaften betrieben, die Unterstützung des Bundes beansprucht. In den Kantonen dagegen scheint noch die ältere Anschauung vorzuherrschen : die Versicherungsgesellschaften sind in erster Linie ergiebige Steuerobjekte.

Die wachsende Anerkennung der sozialen Bedeutung des Versicherungswesens ist ein erfreulicher Fortschritt. Dieser Einsicht ist auch die Uebertragung der Staatsaufsicht auf den Bund zu verdanken. Nachdem auf so vielen andern Gebieten des Verkehrs die Hemmungen der 25 verschiedenen kantonalen Gesetzgebungen beseitigt sind, hat man auch auf diesem eine einheitliche Aufsicht und eine einheitliche Behandlung und möglichste Beseitung der das Versicherungswesen in seiner Entwicklung hemmenden kantonalen Fesseln gewünscht; daß zu diesen auch die das
Versicherungswesen treffenden Spezialsteuern gehören, ersieht man aus dem Bundesgesetze vom 25. Juni 1885, wenn auch nicht alle Konsequenzen des neuen Grundsatzes bestimmt und klar gezogen sind. So lange diese ausnahmsweise Behandlung der Versicherungsgesellschaften fortdauert, werden sich die in andern Versicherungszweigen Ver-

294' sicherten beklagen, wenn die Kantone mit den Steuern, welche auf ihrer Versicherung lasten, den gegen Hagel Versicherten Geschenke machen, und wenn der Bund in der Form, wie es das Postulat vorschlägt, einzelnen Kantonen Beiträge verabfolgte, so würde man ihm den Vorwurf machen, er behandle die Hagelversicherung in den verschiedenen Kantonen verschieden und gestatte Ungleichheit auf einem Gebiete, wo er Einheit schaffen sollte. Daher unser Vorschlag, man sollte erst die auf der Versicherung lastenden Ausnahmegesetze beseitigen, bevor man zu Geschenken, die in der Verfassung nicht vorgesehen sind, übergehe. -- Auch die Unterstützung der Landwirthschaft selbst aus Bundesmitteln -- so erwidert man uns -- ist in der Bundesverfassung nicht vorgesehen, und sie wurde gleichwohl beschlossen ! Wir haben bereits darauf aufmerksam gemacht, daß bezüglich des V e r s i c h e r u n g s w e s e n s dem Bunde durch Art. 34 der Verfassung und das Ausführungsgesetz vom 25. Juni 1885 eine ganz bestimmte Stellung angewiesen ist, diejenige einer gerechten und alle privaten Unternehmungen auf dem Gebiete des Versicherungswesens gleichmäßig behandelnden Aufsichtsbehörde.

Aber selbst, wenn dieser Art. 34 nicht in der Verfassung stände, könnte doch aus dem Umstände, daß der Bund für diese oder jene löbliche Zwecke ohne besondere Verfassungsvorschrift Subventionen bewilligt hat, noch nicht gefolgert werden -- wie es vielfach geschieht--daß der Bund für alle beliebigen nützlichen Dinge in infinitum in Anspruch genommen werden müsse, während dagegen seine Einnahmen durch die Verfassung normirt bleiben.

Gegenüber denjenigen, welche aus der Unterstützung der Landwirthschaft und ähnlichen in der Verfassung nicht vorgesehenen Subventionen, von welchen einzelne einer sehr lebhaften Opposition gerufen haben, solche Konsequenzen ziehen möchten, erinnern wir an dasjenige, was der Bundesrath in seiner bezüglichen Botschaft vom 4. Dezember 1883 hierüber gesagt hat: ,,Aus dem Nachweise, daß eine ausgiebigere Unterstützung der Landwirthschaft nicht eine verfassungsmäßige Obliegenheit konstituirt, sondern ein Akt der Freiwilligkeit, eine Folge der Rücksichtnahme auf gewisse Verhältnisse, auf die Zeitlage ist, folgt aber auch, daß von einer Verwendung der finanziellen Mittel des Bundes erst d a n n die Rede sein k a n n , w e n n
d e r s e l b e s e i n e n verfassungsm ä ß i g e n O b l i e g e n h e i t e n n a c h g e k o m m e n ist, d.h. es dürfen durch Subventionen zu Gunsten der Landwirthschaft die in der Verfassung dem Bunde übertragenen Aufgaben n i c h t v e r n ach l ä ß i g t werden."

295 Auf 50,000 Fr. mehr oder weniger kommt es hiebei freilich nicht an. Aber mit solcher Subvention wird auch der Hagelversicherung kein fühlbarer Dienst geleistet und man würde nicht lange bei dieser bescheidenen Summe stehen bleiben. Und das ist nur die kleinere Konsequenz, die aus einem Vorgehen in diesem Sinne folgen würde; viel wichtiger ist die, daß mit wenigstens ebenso viel Berechtigung Bundessubventionen für alle andern Versicherungszweige verlangt und nicht mehr verweigert werden könnten. Einmal auf dieser Bahn, wird man gezwungen, die Lebensversicherung, die Krankenversicherung, die Unfallversicherung, die Feuerversicherung, welche alle noch der Hebung bedürfen, zu Subventioniren ; das müssen wir schon jetzt in's Auge fassen und uns fragen, ob der Bund solches auch in wirksamer Weise könnte, ohne sich der Mittel zur Erfüllung seiner eigentlichen Aufgaben zu berauben.

Allerdings hat er zur Zeit erhebliche Einnahmenüberschilsse.

Aber noch sind nicht alle ihm durch die Verfassung zugedachten Aufgaben erfüllt, wir erinnern z. B. an die verschiedenen Forderungen des Art. 27. Schon die Beantwortung der Frage: Wie ist der Bund zur Erfüllung seiner ersten und Hauptaufgabe ,,Behauptung der Unabhängigkeit des Vaterlandes gegen Außen" finanziell ausgerüstet? genügt, um jeden Optimismus bezüglich unserer Finanzlage zu verscheuchen. So lange Frankreich noch auf Revanche sinnt, kann jederzeit ein großer Kontinentalkrieg dicht an unsern Grenzen losgehen, in welchen die Schweiz leicht mit hineingerissen werden dürfte. Schon eine längere Grenzbesetzung ist mit großen Geldopfern verbunden. Wenn auch im Nothfalle etwa 18 Millionen unseres eidgenössischen Staatsvermögens disponibel gemacht werden können, so stehen diesem Baarvermögen noch immer 32 Millionen Schulden gegenüber, welche von frühern Grenzbesetzungen und Waffenanschaffungen herrühren. Welcher fernem Waffenankäufe und Befestigungen wir für den Kriegsfall bedürfen, dies zu berechnen, müssen wir den Fachmännern überlassen. Dagegen glauben wir hier auf die Pflichten aufmerksam machen zu sollen, welche dem Bunde gegenüber den Familien der im Kampfe für das Vaterland Gefallenen und gegenüber den dabei Verwundeten und mehr oder weniger invalid Gewordenen obliegen. Schon die äußerst bescheidenen Ansätze des Pensionsgesetzes von 1852 erschienen vor 20
Jahren, als man sich mit der Revision desselben beschäftigte, von solcher finanzieller Tragweite, daß man den Bund kaum für Weiteres gewachsen hielt und daran dachte, ob man ihm nicht durch Kreirung einer gegenseitigen Lebensversicherungsgesellschaft, welche auch das Kriegsrisiko tragen sollte, zu Hülfe kommen könnte. Der

296 Bund hätte freilich auf so lange, als diese Gesellschaft die sogenannte Kriegsreserve noch nicht angesammelt hat, die Garantie filr das Fehlende zu tragen gehabt; aber man berechnete damals, daß die neue Gesellschaft (Union Winkelried) vermöge der Ersparnisse,, welche ihr diese Garantie verschaffen würde, in der Zeit von etwa 25 Jahren diese Kriegsreserve sammeln könnte. Der Gedanke fand nicht Anklang und wir stehen bezüglich der K r i e g s v e r s i c h e r u n g fast noch auf demselben Punkte wie damals. Unterdessen hat jedoch der Bund durch das neue Pensionsgesetz vom 13. November 1874 noch weit größere Lasten auf sich genommen: 1) für die Hinterlassenen gefallener Militärs: für Wittwen ohne Kinder Pension bis .

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. Fr. 350 ,, ,, mit Kindern bis .

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,, 650 ,, Waisenkinder je Fr. 250 Pension bis zusammen ,, 650 ,, Vater oder Mutter der Gefallenen je bis .

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,, 200 ,, Beide b i s .

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. n350 ,, elternlose Geschwister je Fr. 100, zusammen bis ,, 250 ,, Großvater oder Großmutter je Fr. 150, zusammen b i s .

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- n ^50 2) für Invalide, je nach dem Grade der Invalidität, Pensionen'bis Fr. 400, 700 oder 1200; ,, vorübergehend Beschädigte: Tragung der Verpflegungs-und Heilungskosten nebst einem dem Solde gleichkommenden Zuschlage *).

Man denke sich nun einen Krieg mit dem -- bei einer kleinen Armee nur um so schneller erreichten -- Durchschnittsergebnis von 5 % Gefallenen und \'ïllz°!o Verwundeten und Invaliden! Da hätten wir -- außer allen übrigen Verlusten an Vermögen und Erwerb, für welche es keine Entschädigung gibt -- fast eine Generation hindurch eine gesetzliche Mehrausgabe des Bundes von mehreren Millionen per Jahr! Freilich haben wir einige Fonds: Invalidenfonds, Grenusinvalidenfonds und Eidgenössische Winkelriedstiftung, zusammen 88/* Millionen betragend, zur Verfügung ; aber wie wenig weit reichen diese, wenn man 1867 den Geldwerth der frühern *) Bei der Festsetzung der Entschädigung kann nach dem Gesetze auf die Familien- und Vermögensverhältnisse oder auf die Erwerbsfähigkeit der Betreffenden Rücksicht genommen werden. Aher ist es billig, die Pension als Almosen zu behandeln, und wie viel wird dabei erspart, wenn andererseits wieder vorgeschrieben wird, daß die Pensionen verdoppelt werden können, wenn der Verwundete oder Verstorbene, ohne dazu verpflichtet zu sein, sich im Interesse des Vaterlandes freiwillig einer großen Gefahr ausgesetzt hat?!

297 kleinern Pensionen für einen solchen Fall auf 25--30 Millionen berechnen konnte! So anerkannt ungenügend sind diese Fonds, daß wir voriges Jahr mit der Sempacherfeier eine allgemeine Steuersammlung behufs der Gründung einer eidgenössischen Winkelriedstiftung veranstalteten ! Mit der erhaltenen und oben mit eingerechneten Summe von circa 540,000 Franken sind wir aber dem angestrebten Ziel nur unbedeutend näher gekommen. Wenn je eine Zeit geeignet ist, uns unsere daherigen Bedürfnisse so recht zum Bewußtsein zu bringen, so ist es die gegenwärtige Weltlage. Es ist die allererste Pflicht des Bundes, unsere Armee mit den geeignetsten Waffen zu versehen und ihr soweit möglich durch Befestigungen eine sichere Basis zu verschaffen, und dieselbe erwartet, daß das Vaterland sich derjenigen samint ihren Familien annehme, welche in Erfüllung ihrer heiligen Pflicht ihr Leben aufs Spiel setzen müssen.

Ein glückliches Zusammentreffen der Umstände hat es so gefügt, daß gerade in diesem Momente dem Bunde auch größere Hülfsmittel zufließen, welche ihm ermöglichen, seiner Pflicht zu genügen. Welche Verantwortung würde die Behörden in der Stunde der Noth treffen, wenn man ihnen dann vorwerfen dürfte, daß sie diese Mittel nicht für den ersten Bundeszweck, sondern für Aufgaben verwendet haben, die dem Bunde gar nicht obliegen und deren Lösung durch den Bund sehr problematisch ist !

Gesetzt nämlich, es gelänge denjenigen, deren Ideal die finanzielle Unterstützung der verschiedenen Versicherungsarten durch den Bund ist, zu erreichen, daß der Bund alljährlich eine, zwei oder gar drei Millionen hiefür aussetze, damit ja Alle in irgend einer Weise daran partizipiren können, -- was wäre mit diesem Opfer geleistet ! Es käme auf den Kqpf der Bevölkerung etwa Fr. l, welchen sie, wenn sie den Beitrag erhält, ebenso wenig fühlt, als wenn sie ihn vorher dem Staate bezahlt.

So wahr ist es, daß der Staat, zumal ein solcher, welcher seine Einkünfte in Zöllen -- einer Art Kopfsteuer -- bezieht, nicht Geld genug haben kann, um alles Volk fühlbar zu beschenken, sondern daß er nur dann für das Volk wahrhaft fruchtbringend wirkt, wenn er die erhältlichen Steuern zur Hebung der allgemeinen Sicherheit, für gute Administration und Justiz und Hebung der Bildung und der produktiven Thätigkeit seiner Bürger verwendet, dagegen die öffentliche
Wohlthätigkeit auf die wirklich Unterstützungsbedürftigen beschränkt.

Ist ja doch die Idee der finanziellen Unterstützung der Versicherung aus Staatsmitteln nicht eine neue. Die Regierung Na-

298 poleons III. hat staatliche Institute für die Altersversicherung, die Todes Versicherung und die Unfallversicherung in's Leben gerufen und mit schönen Geldmitteln dotirt. Die geringen Erfolge scheinen jedoch denjenigen Recht zu geben, welche behaupten, die Konkurrenz des Staates habe die Entwicklung der Versicherung mehr aufgehalten als gefördert.

Soll indessen der Bund mit seinen bescheidenen Finanzmitteln und einer nur für gewisse centralisirte Dienstzweige eingerichteten Administration auch auf diesem Gebiete thätig auftreten, so ist dem letztern zuvor im Grundgesetze sein bestimmter Platz anzuweisen und dem Volke die Garantie zu geben, daß durch das neue Pensum weder der Bund, noch auch die Kantone in der Erfüllung ihrer sonstigen Aufgaben gehemmt werden.

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Gutachten betreffend die Hagelversicherungsfrage.

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