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Schweizerisches Bundesblatt.

39. Jahrgang. IV.

Nr. 52.

3. Dezember 1887.

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Druck und Expedition der Stämpflischem Buchdruckerei in Bern.

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Bericht des

Bundesrathes an den Nationalrath, betreffend die am 30 Oktober 188 und später stattgehabten Nationalrathswahlen.

(Vom 29.0 November1887.)

Herr Alterspräsident !

Herren Nationalräth !

Wir beehren uns, Ihnen anmi über die nach Mitgabe von Art. 76 der Bundesverfassung und Art. 16 des Bundesgesetzes, betreffend die eidg. Wahlen und Abstimmungen, den 30. Oktober abhin stattgehabten Erneuerungswahlen in den N a t i o n a l r a t h Bericht zu erstatten.

Gewählt wurden am 30. Oktober laut dem ausgetheilten Tableau 141 Mitglieder. Im 1. und 29. eidg. Wahlkreis kam je eine Wahl, im 8. kamen zwei Wahlen nicht zu Stande.

Für den 8. Wahlkreis (Bern) wurde ein zweiter Wahlgang auf den 6., für den 1. (Zürich) und 29. Wahlkreis (Innerrhoden) ein solcher auf den 13. November angesetzt.

Den 6. November kam im 8. Wahlkreis wieder nur eine Wahl zu Stande.

Gewählt wurde: Herr Ulrich Burkhalter, von Rüderswyl, in Fraubrunnen.

Ein dritter Wahlgang wurde auf den 13. November angeordnet.

Bundesblatt. 39. Jahrg. Bd. IV.

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590 Es blieb hienaeh am 13. November im 8., wie im 1. und 29. Wahlkreis je eine Wahl zu treffen.

Alle Wahlen kamen zu Stande, und zwar wurden gewählt: Im I.Wahlkreis Herr Johann Schäppi, von Horgen, in Oberstrass ,, 8, Friedrich Gugelmann, von Attiswyl, in " " Langenthal ; ,, 29.

,, ,, Karl Justin Sonderegger, von Oberegg, in Appenzell, welche Alle dem Rathe in der vorangegangenen Amtsperiode schon angehört hatten.

Es sind somit sämmtliche Wahlen zu Stande gekommen; davon sind 123 Bestätigungs und 22 Neuwahlen.

Wahleinsprachen sind bis jetzt keine eingelangt; ein erfreulicher Beweis, daß, trotz theilweise hitzigen Kampfes, der legale Bodea durchweg nicht verlassen worden ist.

Wohl aber sind zwei Beschwerden bei uns anhängig gemacht worden, von denen die eine gegen unzuläßige Manipulationen eines Gemeindewahlbüreau · und gegen die bezügliche Wahlverhandlung überhaupt, die andere gegen gesetzwidrige Verkümmerung des Wahlrechtes gerichtet war, und auf die wir hier noch etwas näher eintreten müssen.

1. Den zweiten November, also 3 Tage nach der Wahlverhandlung, richteten zwei Wähler von Miécourt an den Präfekten von Pruntrut eine Eingabe, laut welcher anläßlich der Wahlen vom 30. Oktober in Miécourt ein Theil der Stimmzeddel durch Mitglieder des Wahlausschusses ausgefüllt worden sei; so sei insbesondere auch den leeren Stimmzeddeln zweier Wähler geschehen, welche sich der Stimmabgabe enthalten zu wollen erklärt hätten; laut welcher endlich die Unterzeichner der Eingabe vom Maire gewaltsam aus dem Abstimmungslokale entfernt worden seien. Es werde Einleitung einer Untersuchung und gesetzliche Abwandlung des Falles verlangt, endlich Einsprache gegen die Wahlvrhandlun erhoben.

Diese Eingabe wurde vom Präfekten an die bernische Regierung befördert und uns von dieser nach Anleitung von Art. 11 des Bundesgesetzes vom 19. Juli 1872 übermittelt.

Wir haben der Regierung von Bern, unter Rückschluß des Originales der Eingabe, mitgetheilt, daß die Klage gegen den Maire wegen Mißhandlung die Bundesbehörden in keiner Weise berühre ; daß dagegen Angesichts von Behauptungen, welche auf das Vor-

591 handensein eines der in Art. 49 des Bundesgesetzes über das Buudesstrafrecht vorgesehenen Vergehens zu schließen berechtigten, vor Allem aus eine Untersuchung behufs Feststellung des objektiven Thatbestandes und Ermittlung der Schuldigen einzuleiten sei, zu welchem Zwecke ihr die Akten zurückgestellt würden.

Wir werden nicht ermangeln, nach Einlangen der Untersuchungsakten die Angelegenheit im Sinne von Art 74 des Bundesstrafrechtes ihrer gesetzlichen Erledigung entgegenzuführen. Für einmal geben wir Ihnen von der Beschwerde und unsern bisherigen Anordnungen Kenntniß, es Ihnen überlassend, zu entscheiden, ob die gegen die Wahlverhandlung der Gemeinde Miécourt gerichtete Beschwerde, ihre Begründetheit vorausgesetzt, für die Frage der Validation der Wahlen des betreffenden Kreises überhaupt von Einfluß sein könne..

2. Auf Ansuchen des liberalen Kantonalkomite von Freiburg, welches behauptete, daß es verschiedenen Eisenbahnangestellten nicht möglich sei, sich in der von der Freiburger-Iiegierung in ihrer Wahl Verordnung vom 1. Oktober festgesetzten Zeit (8J/2 bis 12 Uhr Morgens} an der Wahl Verhandlung zu betheiligen, hatten wir genannter Regierung unter'm 25. Oktober die Erwartung ausgesprochen, daß sie jenen Angestellten die Ausübung ihres Wahlrechtes thunlichst zu erleichtern suchen werde. Die Regierung antwortete unter'rn 28. Oktober, sie habe, um den hierseitigeu Wünschen so weit entgegenzukommen, als die kantonale Gesetzgebung es erlaube, jene Fristbestimmung in der Weise abgeändert, daß das Wahlbüreau in Freiburg schon um 8 Uhr Morgens geöffnet und erst um l Uhr Nachmittags geschlossen werden solle.

Nun beschwerten sich mit Zuschrift ohne Datum 14 Eisenbahnangestellte, welche nach ihrer Erklärung in Freiburg wohnhaft und stimmberechtigt sind, darüber, daß, trotz der erwähnten Empfehlung des Bundcsratbes, vom Staatsrathe die Errichtung eines eigenen Stimrnbüreau im Bahnhofe ausdrücklich untersagt, und ihnen dadurch die Abgabe ihrer Stimmen verunmöglich t worden sei. Sie sandten, unter Protest gegen dieses Vorgehen, ihre verschlossenen Stimmzeddel mit dem Begehren ein, daß vvir dieselben eröffnen und die Stimmen denjenigen der Gemeinde Freiburg zuzählen lassen möchten.

Wir beschlossen unterm 15. November, den Beschwerdeführern zu erwidern, wir seien nicht befugt, Stimmzeddel entgegenzunehmen,
zu eröffnen und das Abstimmungsergebnis einer Gemeinde von uns aus zu ergänzen. Wenn der Staatsrath von Freiburg unserer Empfehlung, den Eisenbahnaugestellten die Ausübung

592 ihres Stimmrechtes zu erleichtern, nicht in noch weiter gehender Weise entgegengekommen sei, so könne das eine Intervention des Bundesrathes immerhin um so weniger rechtfertigen, als die dermalen geltende Bundesgesetzgebung über eidg. Wahlen und Abstimmungen ein bestimmtes Recht auf ausnahmsweise Erleichterung der Stimmabgabe nur für die im Dienste der Eidgenossenschaft oder eines Kantons stehenden Militärs vorsehe.

Noch haben wir eines uns den 18. November zugekommenen Schreibens des Staatsrathes von Freiburg Erwähnung zu thun, welches einzelne, anläßlich der Wahl verband lang in Murten, Domdidier und Belfaux thatsächlich oder angeblich vorgefallene Unregelmäßigkeiten und die entsprechenden Schlußnahmen der Aufsichtsbehörde, sowie einen Protest des Herrn Advokaten Bielmann in Freiburg gegen das dort mit Bezug auf Eisenbahnangestellte beobachtete, oben unter 2 besprochene Verfahren mittheilt, uns indessen zu keinen weitern Bemerkungen Veranlaßung gibt.

Indem wir Ihnen sämmtliche Wahlprotokolle und Beschwerdeakten zur Verfügung stellen, benutzen wir gern auch diesen Anlaß, Sie, Herr Alterspräsident, Herren Nationalräthe, unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 29. November 1887.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung über die Motion betreffend Einführung von Exerzierwesten für die Infanterie.

(Vom 29. November

1887.

Tit.

Durch Schlußnahme vom 26./29. April d. J. haben Sie uns eingeladen, Ihnen über die Einführung von Exerzierwesten für die Infanterie des Auszuges Bericht und Antrag zu unterbreiten.

Indern wir diesem Auftrage Folge geben, erwähnen wir vorerst, daß in Bezug auf diese militärische Ausrüstung, die Mannschaft der Infanterie nicht gleich gehalten wurde mit derjenigen der Spezialwaffen. Während letztere neben dem Uniformrock als zweites Oberkleid noch mit einer Blouse ausgerüstet ist, muß der Infanterist sich neben dem Kaput einzig mit dem Uniformrock behelfen, d. h. er ist für die ihm auffallenden Arbeiten im innern Dienst, in der Küche, beim Exerzieren auf dem Platze, im Terrain etc. nur auf ein einziges Oberkleid angewiesen. Bei der Festsetzung dieser Mannesausrüstung wurde offenbar zu viel Gewicht auf die ausschließliche Verwendung des Kaputes während der größern Zeit der Friedensübungen gelegt und übersehen , daß namentlich die Felddienstübungen -- denen, verglichen mit früher, ungleich mehr Zeit zugewiesen werden muß und bei welchen der Unteroffizier und Soldat zumeist in knieender und liegender Stellung' zu arbeiten hat -- auf die Bekleidung der Mannschaft sehr verderblich einwirken. Suchte man inzwischen auch durch Bezug

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Bericht des Bundesrathes an den Nationalrath, betreffend die am 30 Oktober 188 und später stattgehabten Nationalrathswahlen. (Vom 29. November 1887.)

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Jahr

1887

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

52

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

03.12.1887

Date Data Seite

589-593

Page Pagina Ref. No

10 013 742

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