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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend einen Bundesbeitrag für Korrektionsarbeiten an der Engstligen bei Frutigen im Kanton Bern.

(Vom 3. August 1887.)

Tit.

Die Regierung des Kantons Bern sucht mit Schreiben vom 16. Juni 1887 um einen Bundesbeitrag nach für Korrektionsarbeiten an der Engstligen bei Frutigen. Den technischen Beilagen zu diesem Gesuche und den auftragsgemäß vom Oberbauinspektorate an Ort und Stelle gemachten Erhebungen ist folgendes Nähere über den Gegenstand desselben zu entnehmen.

Die Strecke des Laufes der Engstligen, um welche es sich handelt, beginnt beim sogenannten Grassischopf, 893 m. oberhalb der Brücke zu Prutigen, und reicht bis zur Mündung in die Kander 1500 m. unterhalb dieser Brücke, besitzt also im Ganzen eine Länge von 2393 m.

Dabei ist zu bemerken, daß bereits Korrektionsarbeiten ausgeführt worden sind auf der ganzen vorgenannten Strecke oberhalb der Brücke, unterhalb derselben aber in der Länge von 988 m.

auf der linken und von 875 m. auf der rechten Seite.

Die in solchem Umfange, übrigens ohne Subvention des Bundes, bereits ausgeführte Korrektion erlitt bei einem im Spätjahre 1885 stattgehabten Hochwasser wesentliche Beschädigungen. In der obera Hälfte der korrigirten Strecke fand starke Erosion des Bettes statt,

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zufolge welcher die Sohle desselben unter die Fundamente der beidseitigen Uferversicherungen hinunter sank und theilweise auch die letztern einstürzten. In der untern Hälfte, selbstverständlich mit allmäligem Uebergaage vom einen zum andern Zustande, wurde dagegen das Bett aufgefüllt, selbst bis zu gänzlicher Verschüttung desselben, wobei die Uferversicherung und beziehungsweise die beidseitigen Dämme theilweise von oben weg demolirt wurden.

Nach dieser Katastrophe fand die im Gesuchschreiben der Regierung von Bern erwähnte Korrespondenz zwischen ihr und dem Bundesrathe statt. Die Regierung suchte darum nach, daß die Ausführung gewisser dringender Arbeiten ohne Verlust des Anspruches auf Subvention stattfinden dürfe, und es wurde dem im Sinne der Empfehlung dieses Gesuches bei der Bundesversammlung entsprochen ; dies immerhin blos in der Meinung, daß zwar die antizipirte Ausführung keinen formellen Verwirkungsgrund bilden solle, dagegen die Beurtheil ung ihrer Zweckmäßigkeit gänzlich vorbehalten bleibe.

Die Arbeiten, welche infolge dessen zur Ausführung gelangten, betreffen neben einigen Wiederherstellungen an den Dämmen und Uferversicherungen hauptsächlich die Aushebung des verschütteten Bettes. Inwieweit diese Arbeiten bei Berechnung des Bundesbeitrages berücksichtigt werden können, wird, wenn dem vorerwähnten Gesuche überhaupt entsprochen wird, davon abhängen, ob sie einen definitiven Charakter haben. Dies ist z. B. bezüglich der Wiederherstellungsarbeiten an den Uferversicherungen nicht der Fall, soweit letztere umgebaut werden, was laut dem vorliegenden technischen Berichte im Allgemeinen beabsichtigt ist.

Der Grund zu diesem Umbau ergibt sich allerdings aus der Vertiefung des Flußbettes, welche, wie gesagt, im obern Theile der Korrektion schon eingetreten ist und im untern infolge der projektirten Fortsetzung der Korrektion erwartet wird. Denn wenn dieser Vertiefung nur dadurch Rechnung getragen werden will, daß die Uferversicherung in der angenommenen Böschung unterbaut, also letztere nach abwärts verlängert wird, so ergibt sich eine zu geringe Breite der Sohle des Bettes.

Zu dem Projekte finden wir im Uebrigen Folgendes zu bemerken : Die Richtung ist vom obern Anfangspunkte bis zur Brücke in Frutigen durch die örtlichen Verhältnisse nebst der schon stattgehabten Ausführung gegeben. Durch
diese letztere wird sie auch von da abwärts in der Hauptsache bedingt. Denn wenn auch alle Uferversicherungen umgebaut werden sollten, so würde doch die Ausführung der Korrektion in ganz neuer Richtung mit viel grüßern Kosten verbunden sein und überhaupt Nachtheile und Schwierig-

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keiteu mit sich bringen, die in keinem richtigen Verhältnisse zu der erzielbaren Verbesserung der Richtung stünden. Zudem wird es sieh doch noch fragen, ob wirklich der Umbau aller Uferversicherungen geboten sei und nicht theilweise blos auf die eine Seite beschränkt werden könne.

Um eine etwelche Aenderung der Richtung kann es sich auf der neu auszuführenden untersten Strecke handeln, und zwar um eine solche, welche noch etwas in die schon ausgeführte linksseitige Wuhrlinie hinauf greifen würde. Durch eine nicht sehr weit reichende Versetzung dieser letztem würde nämlich, wie aus dem Situationsplan der Vorlage von Bern ersichtlich ist, die Beseitigung der dortigen Doppelkurve ermöglicht. Diese ist zwar sehr gestreckt, erscheint aber doch unmotivirt, wenn der Umbau des besagten Stuckes Wuhr ohnedem in Aussicht genommen wird.

Uebrigens kann der Entscheid über diesen Punkt der definitiven Feststellung des Ausführungsprojektes vorbehalten bleiben.

Dies gilt auch bezüglich der konstruktiven Fragen, mit welchen sich der technische Bericht der Vorlage von Bern beschäftigt, immerhin in der Meinung, daß es sich im Allgemeinen nur um den vorgesehenen Steinbau handeln könne. Zu diesem liefern die vorhandenen Uferversicherungen, wenn sie nicht beibehalten werden, einen Theil des erforderlichen Materials, während ein anderer wesentlicher Theil desselben in den schweren Geschieben der Engstligen sich findet.

Die Größe und Form des Querprofils des neuen Engstligenbettes gibt dem Oberbauinspektorate keinen Anlaß zu Bemerkungen.

Die beim Hochwasser von 1885 gemachte Erfahrung, soweit sie sich auf die damaligen Erosionen bezieht, ergibt, daß die Sohlbreite nicht vermindert werden darf. Hingegen kann aus der auf der untern Strecke eingetretenen Verschüttung kein Schluß betreffend die Dimensionen des Querprofiles gezogen werden, da die Ursache hier anderswo liegt. Sie findet sich nämlich darin, daß die Geschiebe wegen des Aufhörens der Einschränkung und des daherigen plötzlichen Kraftverlustes an dem Endpunkte der Korrektion liegen blieben und stauend auf den untern Theil der korrigirten Strecke zurückwirkten. Verhindert werden kann dies für's Künftige nur durch die jetzt beabsichtigte Fortführung der Engstligenkorrektion bis zur Kander.

Sofern letztere bis zum Vereinigungspunkte weit günstigere Verhältnisse bezüglich der Geschiebführung aufweist, kommt ihr Wasser der Engstligen da zu Hülfe, wo sie aus besagtem Grunde an Schiebkraft einbüßt.

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Die Engstligen führt nämlich sehr viele und schwere Geschiebe und charakterisirt sich damit als eia wildes und gefahrliches Wasser.

Daraus ergibt sich, selbstredend das Bedürfniß der Einschränkung, von ihrem Eintritte in das Fi-utigthal an dem genannten Punkte zunächst oberhalb Frutigen, bis zur Kander. Da diese durch Aufnahme der Geschiebe der Engstligen ebenfalls verwildert, bestünde zwar Veranlaßung zur Fortsetzung der Korrektion auf einer Strecke auch ihres Laufes. Indessen ist hier das Bedürfniß nicht so dringend, und es scheint infolge dessen wenig Aussicht für die Anhandnahme der Korrektion zu bestehen.

Dieser Umstand kommt mit in Betracht bei Bestimmung der Richtung für den neu auszuführenden untersten Theil der Engstligenkorrektion. Nach einem Vorschlage hätte diese, hehufs möglichst günstiger Gestaltung der Fortsetzung der Korrektion an der Kander, in einer Weise stattfinden sollen, welche für einstweilen eine provisorische Einleitung der Engstligen in die Kander mit sich gebracht hätte. Für eine solche, aus dem Situationsplan ersichtliche Anordnung besteht nun zwar ein zwingender Grund überhaupt nicht, weil die projektirte Mündungsrichtung der Engstligen durchaus kein Hinderniß für eine konvenable Fortsetzung der Korrektion in der Kander bildet. Sie kann sich aber bei der mindestens großen Ungewißheit dieser Fortsetzung noch besonders deß halb nicht empfehlen, weil besagtes Provisorium als Definitivum keine gute Richtung bedeuten würde.

Als für die Engstligenkorrektion in Betracht kommend ist noch der unterhalb Frutigen mündende Leimbach zu erwähnen.

Da derselbe zu Zeiten viel Geschiebe führt, bestünde die Möglichkeit, daß bei solchen starken Entleerungen das Engstligenbett verstopft würde, wenn man nämlich den Leimbach in geschlossener Rinne bis zu demselben führte. Dies soll eben deßhalb nicht geschehen, sondern vielmehr der breite Raum, welcher zwischen der Engstligen und dem linksseitigen Hange besteht, dem Leimbache überlassen werden, damit er dort parallel mit jener ablaufe und erst weiter unten münde. Allerdings kann er mit der Zeit durch Geschiebsablagerung eine Erhöhung bewirken, welche einen hinreichend hohen Abschluß des besagten Raumes gegen die Engstligen nothwendig macht.

Der Kostenvoranschlag beläuft sich auf Fr. 184,000. Wenn überhaupt die Berechnung der Kosten für
derartige Arbeiten nach der Natur der Sache nur approximativ sein kann, so ist dies hier eher noch mehr als sonst der Fall, weil es sich zum Theil urn den Umbau schon bestehender Arbeiten handelt und man von vorneherein nicht weiß, wie viel oder wie wenig davon beibehalten

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werden kann. Zu einem Einwände gibt diese Voranschlagssumme um so weniger Veranlaßung, da sie ja doch nur als Maßstab für das Maximum des Bundesbeitrages dient, welcher nur dann zur Ausbezahlung gelangt, wenn die wirklichen Kosten die Höhe des Voranschlages erreichen.

Uebrigens finden wir nach Analogie mit andern Fällen, daß das Beitragsverhältniß zu 40 °/'o festzustellen sei.

Unter Bezugnahme auf das Vorstehende erlauben wir uns, den hohen eidg. Käthen den nachfolgenden Beschlußentwurf zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

B e r n , den 3. August 1887.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Vizepräsident:

Hertenstein.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

(Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

einen Bundesbeitrag für Korrektionsarbeiten an der Engstligen bei Frutigen im Kanton Bern.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Schreibens der Regierung des Kantons Bern vom 16. Juni 1887;

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2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 3. August 1887; auf Grund des Bundesgesetzes betreffend die Wasserbaupolizei im Hochgebirge vom 22. Juni 1877, beschließt: Art. 1. Dem Kanton Bern wird für Korrektionsarbeiten an der Engstligen, auf der Strecke zwischen dem sog. Grassischopf oberhalb Frutigen und der Einmündung in die Kander unterhalb diesem Dorfe, ein Bundesbeitrag zugesichert.

Dieser Beitrag wird festgesetzt zu 40% der wirklichen Kosten bis zum Maximum von Fr. 73,600, als 40% der Voranschlagssumme von Fr. 184,000.

Art. 2. Für die Ausführung dieser Korrektionsarbeiten werden drei Jahre angesetzt, von dem Inkrafttreten der Beitragszusicherung (Art. 6) an gerechnet.

Art. 3. Das Ausführungsprojekt und die jährlichen Bauprogramme bedürfen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 4. Die Beitragszahlungen erfolgen im Verhältnisse des Fortschreitens der Bauausführung gemäß von der Kantonsregierung eingereichten und vom Bundesrathe genehmigten Kostenausweisen; das jährliche Maximum beträgt Fr. 25,000.

Bei Berechnung des Bundesbeitrages werden berück" sichtigt die eigentlichen Baukosten, einschließlich Expropriationen, und die unmittelbare Bauaufsicht, dann die Kosten der Anfertigung des Ausfuhrungsprojektes und des speziellen Kostenvoranschlages, sowie der Aufnahme des Perimetersdagegen sind dabei nicht in Anschlag zu bringen irgend welche andere Präliminarien, die Funktionen von Behörden, Kommissionen und Beamtungen (von den Kantonen laut Ait. 7 a des Wasserbaupolizeigesetzes zu bestellende Organe), auch nicht die Geldbeschaffung und Verzinsung.

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Art. 5. Der Bundesrath läßt die planmäßige Bauausführung und die Richtigkeit der Arbeits- und Kostenausweise kontroliren. Die Kantonsregierung wird zu diesem Zwecke den Beauftragten des Bundesrathes die nöthige Auskunft und Hülfeleistung zukommen lassen.

Art. 6. Die Zusicheruog des Bundesbeitrages tritt in Kraft, nachdem von Seite des Kantons Bern die Ausführung dieser Korrektion gesichert sein wird.

Für die Vorlegung der bezüglichen Ausweise wird der Regierung eine Frist von sechs Monaten, vom Datum dieses Beschlusses an gerechnet, gesetzt. Der Bundesbeitrag fällt dahin, wenn der geforderte Ausweis nicht rechtzeitig geleistet wird.

Art. 7. Der Unterhalt der subventionirten Strecke ist gemäß dem eidg. Wasserbaupolizeigesetze vom Kanton Bern zu besorgen und vom Bundesrathe zu überwachen.

Art. 8. Dieser Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 9.

beauftragt.

Der Bundesrath ist mit Vollziehung desselben

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1887

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

13.08.1887

Date Data Seite

772-778

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