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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession für eine schmalspurige Eisenbahn von Appenzell, eventuell von Eggerstanden, nach Gais.

(Vom 13. Juni 1887.)

Tit.

Mit Gesuch vom 22. Februar 1887 bewerben sich die Herren Landammann C. So n d e r e g g e r und Ingenieur J. U. D e u t s c h in A p p e n z e l l um die Konzession für eine schmalspurige Eiseubahn von A p p e n z e l l , event. von E g g e r s t a n d e n , nach Gais.

Die Petenten begründen- ihr Konzessionsgesuch damit, daß auf den Zeitpunkt der Inbetriebsetzung der unterm 25. Juni 1885 konzessionirten Strasseneisenbahn von St. Gallen nach Gais eine Fortsetzung dieser Bahn bis nach Appenzell zum Anschluß an die Appenzeller Bahn und an die unterm 29. April 1887 konzessionirte Linie Appenzell-Altstätten angestrebt werden müsse, was durch das Projekt Appenzell-Gais am einfachsten und lohnendsten erreicht würde. Auch im Hinblick auf eine in Aussicht genommeneSäntisbahn und die durch Ausführung dieses Projektes zu erwartende Vermehrung des Fremdenverkehrs, sowie ferner auf die V ortheile, welche die Verbindungslinie Appenzell-Gais dem inner- und außerrhodischen Mittelland bringe, erscheine es angezeigt, schon jetzt die nöthigen Schritte zu thun, um mit derBetriebseröffnungg der Straßenbahn St. Gallen-Gais eine Verbindung mit Appenzell in kürzester Frist herzustellen.

422 Anderseits sei ein Anschluß von Gais an die Linie AppenzellAltstätten, beziehungsweise eine d i r e k t e r e Verbindung von Gais mit Altstätten, als dies durch eine Linie Appenzell-Altstätten und Gais-Appenzell vermittelt werde, vom Rheinthal und speziell von Altstätten sehr gewünscht worden , was zum Projekt Eggerstanden-Zweibrücken-Gais geführt habe. Während diese Linie, mit nur 23,5 %o Maximalsteigung, vermittelst bloßer Adhäsionsmaschinen betrieben werden könnte, hätte bei dem ersten Projekt, mit einer Maximalsteigung von stellenweise 66 %o, das gemischte System (Adhäsions- und Zahnschienenbahn), nach Art der projektirten Straßenbahn St. Gallen-Gais zur Anwendung zu kommen.

Die beiden Projekte erhalten als Anschlußbahnen an die Appenzellerbahn und die Linien Appenzell-Altstätten gleich letztern eine Spurweite von l m. Das Projekt I (Appenzell-Gais) hat eine Länge von 5,*2 km. mit kleinsten Kurvenradien von 80 m. Das Projekt Eggerstanden-Gais würde 5,67 km. lang werden und Minimalradien von 120 m. aufweisen. Von Meistersrilthi bis Zweibrücken ist das Tracé beiden Linien gemeinsam. Die Variante Eggerstanden-Gais weise sowohl bezüglich Bau als Betrieb gegenüber dem Projekt I wesentliche Vortheile auf, dagegen betrage die Distanz von Appenzell nach Gais bei der Variante nahezu 5 km.

mehr, als bei der direkten Linie Appenzell-Gais.

Die Baukosten berechnen die Konzessionspetenten für beide Projekte gleich hoch. Für die letzten 2 km. vor Zweibrücken ist für beide Linien das gleiche Tracé vorgesehen. Die Mehrkosten für circa 1700 m. Zahnschienen des ersten Projektes würden dadurch kompensirt, daß dieses vom Bahnhof Appenzell bis über die Sitter, auf ungefähr i km. Länge, gemeinsames Tracé mit der projektirten Linie Appenzell-Altstätten hab'e und dort schon in Rechnung gesetzt sei. Grunderwerb und Kunstbauten erfordern für beide Projekte nur geringe Summen. Auch für das Betriebsmaterial wird, unter der Voraussetzung, daß beim ersten Projekt die Straßenbahn St. Gallen-Gais ihre Züge bis nach Appenzell weiterführen und bei der Variante die Appenzellerbahn den Betrieb übernehmen würde, nur ein kleiner Posten angesetzt und halten die Konzessionsbewerber eine Summe von je Fr. 500,000 für die Anlage der Bahn als ausreichend.

Bezüglich der muthmaßlichen Rentablität der beiden Projekte sind die Potenten
nicht im Falle, genauere Angaben zu machen, da ihnen zu einer nur annähernden Berechnung die Anhaltspunkte fehlen. Auf jeden Fall dürfe nur eine bescheidene Rendite, vielleicht blos Deckung der Betriebskosten vorausgesetzt werden. Der Nutzen der projektirten Linien müsse mehr in dem Vortheil für die

423 dadurch einander näher gebrachten Landestheile und in dem vermehrten Verkehr der anschließenden Bahnen gesucht werden. Unter diesen Voraussetzungen wird die Aufbringung des nöthigen Baukapitals durch die betheiligten Gemeinden und die interessirten Anschlußbahnen in Aussicht genommen, während ein eigentliches Finanzprogramm nicht aufgestellt werden könne.

Das vorliegende Konzessionsgesuch wurde den betheiligten Regierungen von Appenzell Innerrhoden und Außerrhoden zur Vernehtnlassung mitgetheilt.

Die letztere erklärte mit Schreiben vom 7. April 1887, gegen das Konzessionsgesuch Appenzell-Gais keine Einwendungen zu erheben, immerhin unter folgenden, vom Gemeinderath von Gais und der Landes-Bau- und Straßenkommission aufgestellten Bedingungen, mit welchen sich die Regierung einverstanden erklärt und die sie nicht nur als im Interesse von Gais, sondern auch des Unternehmens selbst liegend erachtet.

1) Der Anschluß der projektirten Linie Appenzell-Gais an die schon konzessionirte Straßeneisenbahn St. Gallen-Gais habe bei der Station Gais selbst, nicht bei der Haltstelle Zweibrücken, zu geschehen, indem bei letzterer Stelle der Raum ohnehin sehr beschränkt sei und der allgemeine Verkehr durch Verlegung der Anschlüsse nach dieser Haltstelle zu sehr gehemmt würde. Ferner wird darauf aufmerksam gemacht, daß für das die Bahn benutzende Publikum durch Umsteigen und Umlad in Zweibrücken, kurz vor der Hauptstation Gais, wo ohnehin allgemeines Umsteigen und Ausladen erfolge, ein ganz unnöthiger Zeitverlust entstehen würde.

2) Die Verbindung von Appenxell mit Gais sei durch eine d i r e k t e Linie und nicht über Eggerstanden herzustellen. Die Variante über Eggerstanden würde unnöthige Fahrzeitverlängerung und Fahrpreiserhöhung erfordern und daher kaum je eine ordentliche Rer.dite erzielen können.

Die Regierung von Innerrhodeu erklärte zunächst mit Schreiben an das Eisenbahudepartement vom 17. März 1887, auf das Konzessionsgesuch nicht eintreten zu können, da ihr einmal die in Art. 3 der Verordnung zum Eisenbahngesetz vorgeschriebenen Vorlagen nicht erbracht zu sein scheinen (Art. 3, Ziff. 1) -- der Uebersichtsplan im Maßstab l : 100,000 war dem Gesuche nicht beigelegt, sondern wurde erst etwas später eingereicht -- und weil ferner die Einzeichnung des Tracé sich größtenteils als eine solche herausstelle,
welche auf Ueberlassung von Staatsstraßen und Staatsbrücken sich beziehe, welche vom Großen Rathe Innerrhodens nicht bewilligt werden konnte. Nach diesen beiden Richtungen werde daher Akten Vervollständigung verlangt.

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Das Eisenbahndepartement erwiderte der Standeskommission hierauf, daß die Möglichkeit, das Projekt zu prüfen, durch das Fehlen des Uebersichtsplanes in keiner Weise; beeinträchtigt erscheine, da einerseits der Situationsplan im Maßstab l : 25,000 weit besser als ein Uebersichtsplan über das Tracé Auskunft gebe und bei der geringen Ausdehnung der Linie auch die Uebersichtlichkeit auf dem Situatioasplane eine genügende sei, ohne daß es hiezu eines besondern Uebersichtsplanes bedürfte. Ferner wurde die Standeskommission aufmerksam gemacht, daß Straßenbenützung von den Petenten n i c h t beabsichtigt werde, wie dies sowohl aus dem Situationsplane als aus dem technischen Berichte hervorgehe, in welch' letzteren) vielmehr angegeben sei, daß das Tracé parallel der Straße angelegt werden solle. Bei dieser Sachlage sei die Notwendigkeit der vorherigen Verständigung über die Straßenbenutzuug ausgeschlossen.

Die Standeskommission glaubte aber auf dem einmal eingenommenen Standpunkte beharren zu müssen, indem sie in einer fernem Zuschrift an das Eisenbalmdepartement vom 8. April 1887 erwiderte, daß sie zu der Annahme, es handle sich um Straßen- und Brückenbenutzuug, durch die vorgelegten Pläne selbst verleitet werde, da letztere die gleichen seien, welche ihr schon vorgelegt worden, als es sich um Ueberlassung von Staatsstraßen und Staatsbrücken handelte, die vom Irmerrhodischen Großen Hathe abgelehnt worden sei. Mit der Versicherung im technischen Bericht, daß das Trace parallel der Straße angelegt werden solle, könne sie sich bei der Nichtübereinstimmung dieser Versicherung mit den Plänen nicht zufrieden geben. Aber auch abgesehen hievon würde die Slandeskommission eine parallel der Landstraße Appenzell-Gais angelegte Bahn in gewissem Sinne gleichfalls als eine Straßenbahn auffassen müssen und könnte sich auch mit dieser halb direkten .halb indirekten Gefährdung der Verkehrssicherheit auf ihrer Landstraße unmöglich einverstanden erklären. Wiederholt wurde daher Klarstellung der Angelegenheit verlangt, bevor auf konferenzielle Verhandlungen eingetreten werden könne.

Obwohl die Annahme der Standeskommission, es handle sich um Straßenbenutzung, als irrthümlieh angesehen werden mußte, nahm das Eisenbahndepartement nicht Anstand, dem geäußerten Wunsche der Regierung Folge zu geben und die Petenten zu einer
förmlichen Erklärung zu veranlassen, ob und eventuell in welchem Umfange sie beabsichtigen, Staatestraßen und Staatsbrücken in Anspruch zu nehmen, indem es zu gleicher Zeit der Standes_ kommission den inzwischen eingelangten Uebersichtsplan zugehen ließ. Die Konzessionsbewerber beeilten sich, zu erklären, daß die

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Bahn auf e i g e n e m B a h n k ö r p e r , also ohne Mitbenutzung der Straßen und Brücken erstellt werden solle. Von dieser Erklärung wurde der Standeskommission Mittheilung gemacht und die konferenxiellen Verhandlungen auf den 14. April anberaumt, indem das Eisenbahndepartement davon ausging, daß infolge der Erklärung der Potenten die Sachlage nunmehr hinlänglich abgeklärt sei. Bei dieser Konferenz stellte aber der Vertreter der innerrhodischen Regierung darauf ab, daß die Mittheilung der Erklärung der Konzessionsbewerber unmittelbar vor der Konferenz blos dem Vertreter der Standeskommission zu deren Händen, nicht aber der Behörde selbst übermittelt worden sei, so daß diese sich nicht in der Lage befunden habe, über die Angelegenheit schlüssig zu werden. Demgemäß beantragte der Vertreter . der Standeskommission Nichteintreten in die Konzessionsberathung, welche hinwieder von den Petenten mit aller Entschiedenheit verlangt wurde, indem letztere betonten, daß ihrerseits alle gesetzlich für die Konzessionsbewerbung vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt seien; allein eine Verschiebung mußte nothwendig doch stattfinden, weil es nicht möglich erschien, die geschäftliche Behandlung des vorliegenden und der beiden andern von den Petenten gleichzeitig gestellten Konzessionsgesuche so zu fördern, um Ihnen noch in der Session, welche zur Zeit der Konzessionsverhandlung bereits begonuen hatte, die bezüglichen Vorlagen und Anträge zu unterbreiten.

Am 25. Mai 1887 fand dann die zweite Konzessionsverhandlung statt, bei welcher der Vertreter der Regierung von Innerrhodeo, welche in erster Linie Verschiebung der Konferenz verlangt hatte, neuerdings Nichteintreten auf die Berathung des Konzessionsentwurfes beantragte, indem er wesentlich geltend machte, daß die Standeskommission gegen eine Bahnanlage p a r a l l e l und hart a n der Straße aus gleichen Gründen wie gegen eine eigentliche Straßenbahn Einsprache erheben müsse, da die Verkehrssicherheit auf der Straße in gleichem Maße gefährdet erseheine durch eine Eisenbahn n e b e n der Straße wie auf derselben und das neue Projekt der Petenten lediglich bezwecke, die verweigerte Bewilligung der Straßen benutzung zu umgehen. Der Regierungsvertreter gab folgende Erklärung zu Protokoll: ,,Die Regierung von Appenzell-Innerrhoden verwahrt sich gegen Eintreten in die
Berathung des Konzessionsentwurfes einer schmalspurigen Eisenbahn von Appenzell nach Gais und erhebt die prinzipielle Frage, ob in Abänderung eines Straßenbahnprojektes ein Bahntracé, welches in seiner weitesten Strecke dem Straßenkörper sich anschmiegt, seitens der kantonalen Behörden bewilligt werden muß. Die Lösung dieser Frage wird vom Bundesrathe, eventuell von den eidgenössischen Käthen verlangt.tt Bundesblatt. 39. Jahrg. Bd. 1U.

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Dem gegenüber betonten die Petenten, welche in dem neuen Einwand der Standeskommission von Innerrhodcn die Tendenz der Verschleppung der Angelegenheit 'erblickten, daß es sich nur darum handeln könne, ob die Straßen benützt werden sollen oder nicht.

Letzteres sei nicht der Fall und daran habe sich die Standeskoinmission dermalen zu halten. Wenn später aus den Detailpläuen sich ergebe, daß eine Gefährdung des Straßenverkehrs VM befürchten sei, so möge die Regierung dannzumal ihre Einwendungen geltend machen. Im nämlichen Sinne bezeichnete auch der Vertreter der Regierung von Außerrhoden die Einwendungen der Standeskommission als verfrüht.

Die Verhandlungen über die Konzessionsbediuguugen fanden dann vorbehaltlich der grundsätzlichen Einwendungen der Regierung von Innerrhoden in eventuellem Sinne, d. h. für den Fall statt, daß die aufgeworfene Frage bejaht werden sollte.

Die Standeskommission von Innerrhoden bestätigte mit Eingabe vom 29. Mai 1887 den von ihrem Vertreter an den Konferenzen eingenommenen Standpunkt. Indem sie auf die vorangegangenen Verhandlungen der kantonalen Behörden in Betreff des vorliegenden, ursprünglich als Straßenbahn projektirten Unternehmens zurückgreift und die hievor erwähnten Argumente wiederholt, verwahrt sie sich gegen das Eintreten auf die beiden vorliegenden Konzessionsgesuche und stellt das Gesuch, daß die erwähnte Frage als selbständige und grundsätzliche vor, Eintreten auf die Konzession, zur Behandlung gelange. Auf einem vorgängigen Entscheide glaubt die Standeskommission namentlich deßhalb bestehen zu müssen, weil ihre Einwendung sich nicht nur auf einzelne bestimmte Punkte des Tracé, sondern auf die ganze Bahnanlage beziehe, und die Abänderung des Projektes durch Verlegung des Tracé v o n der Straße an dieselbe lediglich eine Umgehung der verweigerten Bewilligung sei, welches Vorgehen eine Kantonsregierung sich nicht gefallen zu lassen brauche. Die Regierung stützt sich dabei auch auf Art. l und 4 des Eisenbahngesetzes, welche die Mitwirkung der betheiligten Kantone bei der vom Bunde ausgehenden Konzessionsertheilung vorsehen und das Eintreten auf ein Konzessionsgesuch entgegen dem Antrage einer Kantonsregierung nur aus ganz besonderen Gründen und nach allseitiger Prüfung sämmtlicher Verhältnisse gestatten.

Was zunächst die formelle Seite der Einwendung
anbelangt, so halten wir dafür, daß von einer besonderen Entscheidung der grundsätzlichen Frage v o r Eintreten auf das Gesuch nicht wohl die Rede sein kann, da es nicht in der Aufgabe der Bundesbehörden liegt, gewissermaßen in akademischer Weise Fragen zu ent-

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scheiden und erst hernach die Anwendung auf den konkreten Fall zu beschließen. Vielmehr hat offenbar die Lösung der prinzipiellen Frage durch einen Entscheid über den konkreten Fall zu geschehen.

In materieller Beziehung erscheint der von der Regierung Innerrhodens gegen das vorliegende Projekt erhobene Einwand wenigstens insoweit nicht begründet, als darauf gestützt Nichteintreten auf das Konzessionsgesuch, beziehungsweise Verweigerung der Konzession, beantragt wird.

Die Standeskommission geht davon aus, daß ein Konzessiousbewerber die ihm von den kantonalen Behörden abgeschlagene ßeO O willigung zur Straßenbenutzuag für die Bahnanlage nicht in der Weise umgehen dürfe, daß er das Bahntrace einfach, statt a u f , hart n e b e n die Straße verlege, beziehungsweise daß für eine solche, die nämlichen Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs wie eine Straßenbahn bietende Anlage in gleicher Weise die Zustimmung der kompetenten kantonalen, resp. lokalen Behörden erforderlich sei, wie dies nach der Praxis der Bundesbehörden als Bedingung für die Konzessionirung einer eigentlichen Straßenbahn betrachtet werde.

Diese Auffassung halten wir für unrichtig. Der Grund, warum bei Straßenbahnen eine vorgängige Verständigung mit den kantonalen Behörden verlangt wird, liegt nicht in der Rücksicht auf die mit einer Straßenbahn verbundene Gefährdung des Straßenverkehrs -- in solchen Fragen kommt die Entscheidung den Bundesbehörden zu -- , sondern darin, daß in so weitgehendem Maße, wie es bei einer eigentlichen Straßenbahn im Bestreitungsfalle nothwendig wäre, die Expropriation öffentlicher Straßen zum Zwecke einer Bahnanlage nicht zuläßig erscheint. Sobald aber ein selbstständiges Tracé gewählt wird, mag dasselbe sich auch an die Straße anlehnen, so entfällt jener Grund und damit auch "die Nothwendigkeit einer vorangehenden Verständigung mit den kantonalen oder lokalen Behörden ; es ist dann vielmehr einzig die Bundesversammlung kompetent, über die Ertheilung oder Verweigerung der Konzession zu entscheiden.

Dagegen gehen wir mit der Standeskotnmission von Innerrhoden darin einig, daß es einem Konzessionsbewerber nicht unter allen Umständen gestattet ist, nachdem ihm seitens der kompetenten Kantonsbehörden die Bewilligung für Anlage einer Straßenbahn verweigert wurde, das Tracé a n die Straße zu verlegen,
namentlich dann nicht, wenn gegen eine solche Anlage triftige Gründe vorliegen und er ohne Nachtheil eine andere Richtung einschlagen kann. Allein um eine g r u n d s ä t z l i c h e , ein für

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allemal zu lösende Frage handelt es sich dabei nicht, sondern um eine qucestio facti, die je nach den besondern Verhältnissen des einzelnen Falles zu entscheiden ist. Die Prüfung solcher auf die Gestaltung des Tracé bezüglicher Verhältnisse und Fragen hat aber nach Art. 14 des Eisenbahngesetzes bei Vorlage der definitiven Baupläne und nicht schon bei der Konzessionsertheilung zu geschehen. Denn die Konzession bestimmt das Tracé einer Eisenbahn nur im Allgemeinen, nach Anfangs- und Endpunkt, zuweilen auch unter Angabe von Zwischenpunkten, während die abschließliche Feststellung desselben in seinen Einzelheiten erst durch die Ausführungspläne stattfindet. Diese definitiven Vorlagen sind den betheiligten Kantonsregierungen zur Geltendmachuug ihrer Begehren mitzutheilen. Es versteht sich, daß im vorliegenden Fall die Einwendungen der Standeskommission von Innerrhoden bezüglich des Tracé auf den Zeitpunkt der Planvorlage vorbehalten bleiben und der Frage, ob die in Aussicht genommene Anlage der Bahn längs der Straße gewählt werden darf, durch die Ertheilung der Konzession nicht präjudizirt wird.

Im Sinne der vorstehenden Ausführungen beantragen wir Ihnen daher, auf das Konzessionsgesuch einzutreten und demselben zu entsprechen, da die gesetzlichen Requisite für die Konzessionsertheilung vorhanden sind.

Bezüglich der Konzessionsbedingungen können wir uns auf wenige Bemerkungen beschränken.

Zunächst ist von der Regierung von Appenzell A. Rh. schon in ihrer schriftlichen Vernehmlassung das Begehren gestellt worden, es möchte die Bahn d i r e k t von Appenzell nach Gais, nicht auf dem weiten Umweg über Eggerstanden, gebaut werden. Demgemäß beantragte ihr Vertreter bei der Konferenz vom 15. Mai Streichung der Variante Bggerstanden-Gais und betonte dabei, daß nur eine direkte Verbindung Gais-Appenzell dem Bedürfniß diene und Aussicht auf Frequenz habe. Auf den Hinweis der Petenten, daß die Linie Eggerstanden-Gais namentlich von Altstätten nachdrücklich gewünscht werde, erhob indessen der außerrhodisehe Vertreter gegen Aufnahme der Variante in die Konzession nicht förmlich Einwendung. Da das Stück Appenzell-Bggerstanden als Theilstrecke der Linie Appenzell-Altstätten bereits konzessionirt ist, so schlagen wir vor, im Ingress statt ,,eine Eisenbahn von Appenzell nach Gais, eventuell über Eggerstanden" zu
sagen: ,,eine Eisenbahn von Appenzell, eventuell von Eggerstanden, nach Gais.tt Was das fernere Begehren der außerrhodischen Regierung betrifft, der Anschluß an die Straßenbahn St. Gallen-G-ais habe in Gais selbst und nicht bei der Haltestelle Zweibrücken zu erfolgen,

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so erscheint es zweckmäßiger, die Erledigung dieser Frage auf den Zeitpunkt der definitiven Planvorlage vorzubehalten, bei welcher der Regierung zur Anbringung ihrer Begehren neuerdings wird Gelegenheit geboten werden. Bei der allgemeinen Bezeichnung des Tracé in der Konzession wird der Frage in keiner Weise präjudizirt.

Zu Art. 5 bemerkte der Vertreter Außerrhodens, daß eine Frist von 2 Jahren für Einreichung der technischen und finanziellen Vorlagen hinreichend sein dürfte, ohne indessen dem Begehren der Petenten, 3 Jahre festzuhalten, mit einem förmlichen Antrage entgegenzutreten.

In den Art. 15, 17 und 18 sind überall die Normaltaxen eingestellt, während dann Art. 18 a dem Bundesrath die Befugniß einräumt, bei Aufstellung der Tarife außergewöhnlichen Steigungen durch Erhöhung der Taxen im Sinne der Botschaft vom 11. September 1873 Rechnung zu tragen, welche Normirung um so passender erseheint, als die Konzession die Alternative zwischen zwei Tracés läßt, deren Steigungsverhältnisse sehr verschiedene sind und es nicht wohl angeht, wie die Petenten anfangs vorschlugen, für jede Variaute besondere Taxen in der Konzession festzusetzen.

Das letzte Alinea des Art. 15, welches von den Abonnementsbilleten handelt, ist nach dem Wunsche der Regierung von Innerrhoden und unter Zustimmung der Konzessionsbewerber gleich gefaßt wie in der Konzession für Appenzell-Altstätten vom 29. April 1887.

Gleichfalls übereinstimmend mit letzterer Konzession ist in Art. 18, AI. 3, nach ,,u. s. w." eingefügt ,,ebenso Futtervorrälhe (Heu und Emd)", was von der Regierung Innerrhodens gewünscht wurde.

Als erster Rückkaufstermin ist, wie bei Appenzell-Altstätten, das Jahr 1910 festgesetzt. Ueber das in Ihrer letzten Session beschlossene Postulat betreifend Abänderung der in Art. 27 der Normalkonzession festgesetzten Rückkaufsfristen für künftige Konzessionen werden wir später Gelegenheit nehmen, Ihnen Bericht zu erstatten.

Die übrigen Artikel enthalten keine Abweichungen von den üblichen Bestimmungen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 13. Juni 1887.

Im Namen des schweizerischen Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Appenzell nach Gais.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) einer Eingabe der Herren C. S o n d e r e g g e r, Landammann, und J. U. D e u t s e h , Ingenieur, in Appenzell, vom 22., eingelangt den 26. Februar 1887; 2) einer Botschaft des Bundesrathes, vom 13. Juni 1887, beschließt: Den Herren C. S o n d e r e g g e r , Landammann, und J. U.

D e u t s c h , Ingenieur, in Appenzell, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Bisenbahn von A p p e n z e l l , eventuell von E g g e r s t a n d e n , nach G a i s , unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Beatimmungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen ßundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen, jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in A p p e n z e l l .

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathe oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

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Art. 5. Binnen eiuei1 Frist von drei Jahren, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert zwölf Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen zwei Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an, ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit schmalspurigem Unterbau und eingeleisig erstellt, eventuell unter Einlegung einer Zahnstange, wo die Steigungen es nothwendig machen.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthurn desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder uöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens dreimal nach beiden Riehtungen von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Dem Bundesrath bleibt vorbehalten, die Geschwindigkeit der Züge zu bestimmen.

der

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie

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Aenderungen nöthig fiudet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 % niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im-Personen wagen untergebracht "werden kann.

Filr das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrathe zu vereinbarenden Bestimmungen Abonnementsbillete auszugeben.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der, Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Der Bundesrath wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

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Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : Per Stück und per Kilometer für : Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp. ; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwegen sind die Taxen um mindestens 20 % zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 2 Rappen, die niedrigste nicht über l Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., ebenso Futtervorräthe (Heu und Emd), in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Fr. per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportirt werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40°/o und diejenige für Waaren um 100% des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirthschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Menrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Kracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen bestimmt werden.

Art. 18 a. Für Strecken mit außergewöhnlicher Steigung kann der Bundesrath eine Erhöhung der Taxen im Sinne der Botschaft betreffend die Taxerhöhungen für Eisenbahnen mit größern Steigungen, vom 11. September 1873, bewilligen.

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Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruehtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruehtheile von Fr. 500 volle Fr. 500.

Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgtitern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämmtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmuug drei Jahre nach einander einen 6 °/o übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuliißige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

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Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über den Betrieb beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 26. Die Gesellschaft wird für Aeufinung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds sorgen und eine Kranken- und Unterstützungskasse für ihr Personal errichten oder dasselbe bei einer Gesellschaft versichern. Die auf Grund dieser Bestimmung aufzustellenden besonderen Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 27. Für die Geltendmachung des Rückkaufrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Appenzell Inuerrhoden und Außerrhodeu, gelten folgende Bestimmungen : a.' Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1910 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dein wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allea übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu. welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Ruckkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1918 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1918 und 1. Mai 1933 erfolgt, den 221/sfacheti Werth; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1933 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht,

436 den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages, -- immerhin in der Meinung, daß die Entschädigungssumme in keinem Falle weniger als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen, jedoch unter Abzug des Erneuerungs- und Reservefondes, betragen darf.

Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf * Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 28. Haben die Kantone Appenzell Innerrhoden und Außerrhoden den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 27 definirt worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie Letzterer dies von dei1 konzessionirten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 29. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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437

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession für eine schmalspurige Eisenbahn (streckenweise Zahnradbahn) von Appenzell nach Wagenlucke (Säntisbahn).

(Vom 13. Juni 1887.)

Tit.

Gleichzeitig mit den Konzessionsgesuehen für schmalspurige Eisenbahnen von Appenzell nach Altstätten und nach Gais reichten die Herren Landammann C. S o n d e r e g g e r und Ingenieur J. U.

D e u t s e h in Appenzell auch ein solches ein für eine schmalspurige Eisenbahn von A p p e n z e l l nach W a g e n l u c k e (Säntis), deren oberer Theil als Zahnradbahn erstellt werden soll.

Die Petenten führen zur Begründung ihres Gesuches an, daß schon zur Zeit der Inbetriebsetzung der Rigibahnen die Frage wiederholt diskutirt worden sei, ob es nicht möglich wäre, den Säntis durch Anlage eines von Appenzell ausgehenden Schienenweges zugänglicher zu machen.

Der Säntis, als freistehende Kuppe von 2504 m. Höhe, sei seiner prachtvollen, eigenartigen Aussicht wegen ein von der Touristenwelt viel besuchter Punkt. Aber nicht nur die Säntisspitze, sondern das ganze Säntisgebiet, wie der Altmann, Gyrenspitz, Hundstein, Meßmer, Ebenalp etc. werden von einheimischen wie fremden Touristen frequentirt, und würden, wenn durch eine Eisenbahn zugänglicher gemacht, den Touristenstrom in nicht zu unterschätzender Weise auf sich lenken. Im Fernern führen die Petenten an, daß

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession für eine schmalspurige Eisenbahn von Appenzell, eventuell von Eggerstanden, nach Gais. (Vom 13.

Juni 1887.)

In

Bundesblatt

Dans

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Jahr

1887

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

29

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.06.1887

Date Data Seite

421-437

Page Pagina Ref. No

10 013 579

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