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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession für eine Drahtseilbahn auf den Martinsberg bei Baden.

(Vom 29. März 1887.)

Tit.

Am 29. November 1886 reichte Herr R. B. Saft, Gasthofbesitzer in Baden, ein vom 15. November gleichen Jahres datirtes Konzessionsgesuch ein für eine Drahtseilbahn auf den Martinsberg bei Baden.

Nach dem dem Gesuche beigegebenen technischen Bericht bezweckt der Petent, welcher auf dem Martinsberg bereits das schön gelegene Belvedere mit Wirthschaft besitzt und daselbst einen weitern Güterkomplex erworben hat, welcher zur Anlage von Villen und Promenaden benutzt werden soll, durch Erstellung einer Drahtseilbahn zur Verschönerung des Kurortes Baden und zur Hebung seines Fremdenverkehrs beizutragen.

Die Bahn soll westlich von Baden, am südwestlichen Ende des Friedhofes, beginnen und kann auf einem neu anzulegenden Weg vom Bahnhof aus längs dem Friedhof und auf einem bereits bestehenden Weg von der Stadt Baden her erreicht werden.

Die Bahn soll geradlinig erstellt werden und eine horizontale Länge von 200 m. erhalten bei einer gleichmäßigen Steigung von 39,25 °/o. Ihr Anfangspunkt liegt 397 m. und der Endpunkt 475 m.

über Meer.

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Pètent beabsichtigt, die Bahn als Drahtseilbahn, mit Einlegung von Zahnstangen, zweigeleisig und mit Spurweite von l m. anzulegen. Die Ausführung soll zwar solid, aber möglichst einfach erfolgen. Als Betriebsmaterial sind leichte Wagen mit nur 6--8 Sitzplätzen vorgesehen. In welcher Weise die Betriebsliraft erzeugt werden soll, ist dem Gesuche selbst nicht zu entnehmen. Hingegen hat sich Petent mit dem Art. 6 des Konzessionsentwurfes, welcher Wassergewicht als Motor vorsieht, einverstanden erklärt.

Die Baukosten werden auf Fr. 50,000 bis 60,000 veranschlagt und, hei Annahme von durchschnittlich 150 Betriebstagen per Jahr, zu 100 Personen à 50 Rappen, die Einnahmen auf Fr. 7500 pro Jahr berechnet, während die Betriebsausgaben eben so hoch veranschlagt werden, (nämlich: 3 Angestellte Fr. 2500, Spesen und Reparaturen Fr. 2500, Verzinsung des Anlagekapitals von Fr. 60,000 zu 5°/o Fr. 3000).

Was die Betriebsweise betrifft, so gedenkt Petent je nach Bedürfniß Fahrten auszuführen.

Die Regierung des Kantons Aargau, welcher das Gesuch zur Vernehmlassung mitgetheilt wurde, sah sich zu keinen Einwendungen veranlaßt.

Im Einverständniß mit derselben, sowie des Potenten, wurde zur Vereinfachung des Verfahrens von Veranstaltung einer Konzessionskonferenz Umgang genommen und statt dessen der Konzessionsentwurf den Interessenten zur Vernehmlassung mitgetheilt.

Wir beantragen Ihnen, dem Konzessionsgesuche im Sinne des nachstehenden Beschlußentwurfes, mit dem sich sowohl die Regierung als der Petent einverstanden erklärten, zu entsprechen.

Die vorgeschlagenen Bedingungen weichen von den für Drahtseilbahnen üblichen nur insoweit ab , als wie in den Konzessionen für die Gießbachbahn der Herren Gebrüder Hauser (E. A. S. V, 126) und für die Gütschbahn des Herrn Ignaz Businger (ibid. VIII, 17) diejenigen Vorschriften, welche nur für den Fall des Baues und Betriebes durch eine G e s e l l s c h a f t zutreffen, weggelassen sind, so die Bestimmung eines Gesellschaftssitzes, die Vorschrift, daß die Mehrzahl der Mitglieder der Verwaltung aus in der Schweiz wohnenden Schweizern bestehen müsse, ferner die Fristansetzung für Einreichung der Statuten und die Vorschrift betreffend Bildung eines Erneuerungs- und Reservefonds.

Im Art: 10 erscheint es uns am Platze, mit Rücksicht auf die Natur des Unternehmens den Konzessionär in gleicher Weise, wie es bei den erwähnten beiden Unternehmungen geschehen, nur zum

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Personen- und Gepäcktransport zu verpflichten, dagegen vom Gütertransport ganz zu befreien.

Die Festsetzung der Zahl der täglichen Züge und deren zeitliche Anordnung wünscht der Petent nach Maßgabe des Bedürfnisses ganz ihm überlassen. Wir erachten es aber für zweckmäßig, wie in der Konzession für die Gütschbahn, so auch hier die Verpflichtung aufzustellen, daß auf Anfang jeder Fahrplanperiode eine Vorlage zu machen ist, die, wenn auch nicht zum Voraus bestimmte Fahrzeiten, so doch im Allgemeinen festsetzt, nach welchen Voraussetzungen und Bedingungen in dieser Beziehung verfahren werden will.

Die im Art. 11 eingestellte Personentaxe von 50 Rappen für Berg- und Thalfahrt zusammen, welche aber auch für einmalige Fahrt Anwendung findet, erscheint im Vergleich zu den bei ähnlichen Unternehmen admittirten (Gießbach, Gütsch), und wenn man erwägt, daß die Bahn nicht dem allgemeinen Verkehr zu dienen bestimmt ist, nicht zu hoch. Eben so wenig ist die Gepäcktaxe zu beanstanden.

Im Art. 13 halten wir es für angemessen, den Inhaber zur Versicherung des Personals zu verpflichten, entsprechend der in die neuern Konzessionen regelmäßig aufgenommenen Bestimmung.

In den Konzessionen für die Grießbach- und Gütschbahn ist zwar die Rückkaufsklausel nicht aufgenommen, wir sehen aber für Weglassung keinen Grund ein und haben dieselbe daher mit den im vorliegenden Fall nöthigen Modifikationen aufgenommen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 29. März 1887.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes., Der Bundespräsident: Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer Drahtseilbahn auf den Martinsberg bei Baden.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Gesuches des Herrn R. B. S a f t in Baden vom 15., eingelangt am 29. November 1886; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 29. März 1887, beschließt: Dem Herrn R. B. S a f t in Baden wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Drahtseilbahn auf den Martin s b erg bei Baden unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren vom Tage der Konzessionsbewilligung an verliehen.

Art. 3. Binnen 12 Monaten, vom Datum der Konzession an gerechnet, sind die vorschriftgemäßen technischen und finanziellen Vorlagen dem Bundesrathe einzureichen.

Mit den Arbeiten muß spätestens binnen 6 Monaten nach stattgefundener Plangeuehmigung begonnen werden.

Die Vollendung und Inbetriebsetzung der Bahn hat spätestens l Jahr nach der Plangenehmigung zu geschehen.

811 Art. 4. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen, darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundwsrathe vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Art. 5. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn ihm eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten erscheint.

Art. 6. Die Bahn wird als Drahtseilbahn mit Wassergewicht als Motor erstellt.

Art. 7. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kanton» Aargau und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 8. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, ist behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung und Erprobung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 9. Der Buudesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben, und gegen welche der Inhaber der Bahn nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 10. Der Konzessionär ist nur zur Beförderung von Personen und Gepäck verpflichtet.

Die Zahl der täglich auszuführenden Züge, sowie deren zeitliche Anordnung ist dem Inhaber der Bahn überlassen; indessen soll derselbe auf Anfang jeder Fahrplanperiode dem Bundesrathe eine Vorlage machen, deren Prüfung und Genehmigung diesem vorbehalten ist.

Art. 11. Es wird nur eine Wagenklasse eingeführt, deren Typus durch den Bundesrath genehmigt werden muß.

Das Maximum der Fahrgeschwindigkeit wird vom Bundesrathe festgestellt.

Art. 12. Die Taxe beträgt für die Fahrt aufwärts und abwärts für eine erwachsene Person zusammen höchstens 50 Rappen,

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für ein Kind unter 10 Jahren 25 Rappen. Diese Taxe darf auch bezogen werden, wenn die Bahn nur nach einer Richtung benutzt wird.

Das Handgepäck der die Bahn benutzenden Reisenden wird unentgeltlich befördert.

Für anderweitiges Gepäck beträgt die Taxe für je 20 Kilogramm oder einen Bruchtheil dieses Gewichts 10 Rappen.

Art. 13. Der Inhaber der Bahn ist verpflichtet, das Personal bei einer Anstalt zu versichern.

Art. 14. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Aargau gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist dem Eigenthümer der Bahn drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte des Rückkaufs Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich eines allfälligen Kranken- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 191b rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf notifizirt wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1918 und 1. Mai 1933 erfolgt, den 22 1 /2fachen Werth; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1933 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wevth des oben beschriebenen Reinertrages, -- immerhin in der Meinung, daß die Entschädigungssumme in keinem Falle weniger als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen betragen darf.

Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Drahtseilbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

813 d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche allfällig auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 15. Hat der Kanton Aargau den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichts desto weniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 14 definirt worden, jederzeit auszuüben, und der genannte Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie Letzterer dies von dem Konzessionär zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 16. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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09.04.1887

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