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Kreisschreiben des

Bundesrathes an sämmtliche eidgenössische Stände, betreffend die Erneuerungswahlen der eidg. Geschwornen.

(Vom 27. September 1887.)

Getreue, liebe Eidgenossen Der Artikel 44 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 27. Juni 1874 (Amtl. Samml., n. F., Bd. I, 8. 149) schreibt vor, daß die E r n e u er u n g d er G e s c h w o r n e n l i s t e n je von sechs zu sechs Jahren erfolge und daß der Bundesrath für die rechtzeitige Anfertigung der neuen Listen zu sorgen habe.

Da nun die Amtsdauer der im Herbste 1881 gewählten eidgenössischen Geschwornen mit dem 31. Dezember nächsthin zu Ende geht, so laden wir Sie andurch ein, gleichzeitig mit den Mitgliedern des Nationalrathes auch die eidgenössischen Geschwornen für eine neue Amtsperiode von sechs Jahren wählen zu lassen und das Resultat so rechtzeitig dem B u n d e s g e r i c h t in L a u s a n n e einzusenden (Art. 43, Abs. 2 des erwähnten Bundesgesetzes), daß noch vor Ende des laufenden Jahres die neuen Bezirkslisten zusammengesetzt werden können.

Hiebei machen wir Sie speziell auf folgende Punkte aufmerksam : Nach dem erwähnten Bundesgesetze (Art. 40) wird das Gebiet der Eidgenossenschaft in f ü n f A s s i s e n b e z i r k e eingetheilt: Der e r s t e B e z i r k umfaßt die Kantone Genf, Waadt, Freiburg (mit Ausnahme der Gemeinden, in denen die deutsche Sprache vorherrscht), Neuenburg und diejenigen Gemeinden der Kantone

64 Bern und Wallis, in denen die französische Sprache das Uebergewicht hat.

Der z w e i t e B e z i r k besteht aus den Kantonen Bern (mit Ausnahme des dem ersten Bezirke zugewiesenen Laadestheils), Solothurn, Basel und Luzern, sowie aus den deutschsprechenden Gemeinden der Kantone Freiburg und Wallis.

Der d r i t t e B e z i r k enthält die Kantone Aargau, Zürich, Sehaffhausen, Thurgau, Zug, Schwyz und Unterwaiden.

Der v i e r t e B e z i r k begreift in sich die Kantone Uri, Glarus, Appenzell, St. Gallen und Graubünden (mit Ausnahme der Gemeinden, in denen die italienische Sprache vorherrscht).

Der f ü n f t e B e z i r k endlich besteht aus dem Kanton Tessin und den italienischredenden Gemeinden des Kantons Graubünden.

In den vier ersten Bezirken wird auf je 1000 Einwohner, im fünften Bezirke auf je 500 Einwohner ein Geschworner gewählt und in die Liste des Bezirks eingetragen.

Nach Analogie der allgemeinen Uebung und im Sinne von Artikel 72 der Bundesverfassung zählen die Bruchtheile von fünfhundert Seelen und darüber in denjenigen Kantonen, welche die vier ersten Assisenbezirke bilden, für tausend Einwohner und im fünften Bezirk die Bruchtheile von zweihundertfünfzig Seelen und darüber für fünfhundert Einwohner. Es versteht sich dabei von selbst, daß die Bruchzahl für die runde Zahl im nämlichen Kanton nur einmal zählt, den Fall vorbehalten, welcher weiter unten erwähnt wird. Es wird daher jeder Kanton seine Maßnahmen so zu treffen haben, daß als Endresultat das Verhältniß von einem Geschwornen auf 1000, beziehungsweise 500 Einwohner für den ganzen Kanton erzielt werde.

In den Kantonen Bern, Freiburg, Wallis und Graubünden, welche zu zwei Bezirken gehören, ist mit Rücksicht auf Artikel 40 des erwähnten Bundesgesetzes, durch welchen die Assisenbezirke in Beziehung auf die Sprache zusammengesetzt werden, darauf Bedacht zu nehmen, daß die Vertheilung je des einen Geschwornen auf 1000 oder 500 Einwohner in der Weise zu berechnen ist, daß jeder Sprache ihre Anzahl von G-esehwornen, nach Verhältniß, so genau wie möglich, zukomme. Zu diesem Zwecke uud zu leichterer Hebung allfälliger Schwierigkeiten kann, in Abänderung der oben erwähnten Bestimmung, in den betreffenden vier Kantonen eine Bruchzahl von 500 Seelen und darüber auf 1000 Einwohner oder von 250 Seelen und darüber auf 500 Einwohner zweimal gezählt werden, d. h. einmal für die Bevölkerung deutscher und

65 einmal für die Bevölkerung französischer oder italienischer Zunge.

Bei der Répartition der Zahl der von jedem Kanton, resp. Kantonstheil, zu wählenden Geschwornen ist die eidgenössische Volkszählung von 1880 zur Grundlage zu nehmen.

Hinsichtlich der Frage, ob Jemand fähig oder verpflichtet sei, sich auf die eidgenössischen Geschworenenlisten setzen zu lassen, und bezüglich des Entscheides hierüber in zweifelhaften Fällen sind die Artikel 41, 42 und 43 des erwähnten Bundesgesetzes maßgebend.

Betreffend das Stimmrecht der Bürger dagegen und das formelle Verfahren bei den Wahlen sind Artikel 74 der Bundesverfassung und die Artikel l bis 11 und Artikel 40 des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen, von 1872, zu beobachten (Amtl. Samml., Bd. X, S. 915).

Wir benutzen den Anlaß, Sie, getreue, liebe sammt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

Eidgenossen,

B e r n , den 27. September 1887.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 27. September 1887.)

Der Bundesrath hat dem schweizerischen Vizekonsul in Hamburg, Hrn. Max R ö t h li s b e r g e r , von Burgdorf, die nachgesuchte Entlassung von seinem seit 1883 bekleideten Konsulatsposten unter Verdankung der geleisteten guten Dienste ertheilt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Kreisschreiben des Bundesrathes an sämmtliche eidgenössische Stände, betreffend die Erneuerungswahlen der eidg. Geschwornen. (Vom 27. September 1887.)

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Jahr

1887

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4

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43

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.10.1887

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63-65

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