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Schweizerisches Bundesblatt.

39. Jahrgang. IV.

Nr. 41.

17. .September 1887.

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Druck und Expedition der Stämpflischen Buchdruckerei in Bern,

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Pflichtenheft betreffend

die Vergebung der in den Artikeln 1 und 2 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser vorgesehenen Brennloose.

(Vom 9. September 1887.)

Der schweizerische Bundesrath, auf den Antrag seines Finanzdepartements, beschließt: Art. 1. Als monopolpflichtig gelten alle Destillate, welche nicht ausschließlich aus Trauben, Wein, Trestern (Trebern), Weinhefe (Drusen), Kern- oder Steinobst, Obstabfällen, Wachholderbeeren oder Enzianwurzeln hergestellt sind.

Für weitere Ausnahmen von der Monopolpflicht bleibt spezielle Beschlußfassung des Bundesrathes vorbehalten.

Außer den Bestimmungen des hienach folgenden Pflichtenheftes bleiben die Vorschriften des Fabrikgesetzes, soweit solche anwendbar sind, vorbehalten.

Bundesblatt. 39. Jahrg. Bd. IV.

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18 I.

Vorschriften für bereits bestehende Brennereien.

Persönliche und rechtliche Anforderungen.

Art. 2. Die Uebernahme von Brennloosen iin Sinne der Artikel l und 2 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser kann nur solchen Bewerbern gewährt werden, welche im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte und unbescholtenen Leumundes sind.

Die Bewerber um Brennloose haben auf das Brennen nicht monopolpflichtiger Rohstoffe im gleichen Brennraume und auf denjenigen Apparaten, die zum Brennen für Rechnung der Alkoholverwaltung dienen, ausdrücklich zu verzichten.

Der Ausschank von gebrannten Wassern jeder Art und der Kleinhandel mit solchen in der Brennstätte ist verboten.

Dieses Verbot erstreckt sich auch auf die an die Brennstätte direkt anstoßenden Gebäuliehkeiten, sofern dieselben im Besitze oder Eigenthum von Personen sich befinden, welche an dem Brennloose für die betreffende Brennstätte betheiligt sind.

Art. 3. Die Lieferungsverträge werden mit den BrennereiInhabern, d. h. mit denjenigen physischen oder juristischen Personen abgeschlossen, welche die betreffende Brennerei, sei es als Eigenthümer, sei es als Pächter, inné haben und betreiben.

Als landwirtschaftliche Genossenschaften, welche sich um Brennloose bewerben können, gelten nur gemäß Obligationenrecht geschlossene, aus mindestens 7 Genossenschaftern bestehende, in's Handelsregister eingetragene Verbände, deren Brennereibetrieb einen wirklich landwirtschaftlichen Charakter hat und deren Mitglieder in ihrer Mehrzahl ein landwirtschaftliches Gütergewerbe mit Viehhaltung und Schlempefütterung selbst ausüben. In den Statuten darf die persön-

19 liehe Haftbarkeit der einzelnen Genossenschafter für Verbindlichkeiten der Genossenschaft nicht ausgeschlossen werden.

Genossenschaften, welche sich um Brennloose bewerben, müssen nach Vorschrift des schweizerischen Obligationenrechts (Art. 678 u. ff.) in's Handelsregister eingetragen sein.

Die Vertreter der Genossenschaft fArt. 680, Ziffer 6, 681, 695/8 des Obligatiouenrechts) treten unter eigener solidarischer Haftbarkeit in den zwischen der Alkoholverwaltung und der Genossenschaft abgeschlossenen Lieferungsvertrag persönlich mit ein und werden demnach in ihrer Gesammtheit von der Alkoholverwaltung in Rechten und Pflichten wie Brennloose übernehmende Einzelpersonen behandelt.

Art. 4. Ohne Einwilligung des eidgenössischen Finanzdepartements kann kein Dritter in ein bestehendes Vertragsverhältniß eintreten ; ebenso bedarf die Verpfändung oder Abtretung von Forderungen aus Lieferungsverträgen der Genehmigung des genannten Departements.

Vorschriften zur Anmeldung.

Art. 5. Die Bewerber um Zutheilung von Brennloosen haben eine Bescheinigung darüber beizubringen, daß ihre Brennerei den Vorschriften der kantonalen Bau- und Feuerpolizei entspricht.

Die Brennerei-Inhaber haben bei der Anmeldung auf ein Brennloos, sowie später -bei Aenderungen ihrer Einrichtungen dem eidgenössischen Finanzdepartement nach dessen Vorschriften Plan und Brennereibeschreibung einzureichen.

Betriebsanforderungen.

Art. 6. Die als Brennerei benutzten Lokale sollen hell und geräumig, auch in ihrer Verbindung mit den übrigen Wirthsehafts-Räumen des betreffenden Gebäudes durch verschließbare Thüren getrennt sein.

20 Den Brennerei-Inhabern wird Ordnung und Reinlichkeit im Betriebe zur Pflicht gemacht; insbesondere ist denselben die Reinhaltung der Gährräume, der Maisch- und Hefengefässe, des Brennapparates und aller Rohrleitungen geboten.

Art. 7. In Brennereien, welche nicht unter das Fabrikgesetz gestellt werden, sollen die Brennapparate an Sonntagen gar nicht, an Werktagen nur in der Zeit zwischen 4 Uhr Morgens und 9 Uhr Abends in Betrieb stehen.

Soweit es sich um Dampfbrennereien handelt, sollen alle Brennerei-Inhaber Mitglieder des Vereins schweizerischer Dampfkesselbesitzer sein.

Art. 8. Das Brennjahr beginnt frühestens mit dem 15. September und endet spätestens am 15. Mai; für Brennereien, welche Getreidepreßhefe erzeugen, kann das eidgenössische Finanzdepartement die Brennzeit auf das ganze Jahr ausdehnen.

Art. 9. Eine Brennerei erhält nicht mehr als ein Loos zugeschlagen, und ein Loos kann nicht auf zwei oder mehrere Brennereien vertheilt werden.

Keine Brennerei soll in einem Brennjahre, auf absoluten Alkohol berechnet, weniger als 150 und mehr als 1000 hl.

Spiritus erzeugen. Mit Genehmigung des eidg. Finanzdepartements sind jedoch theilweise Uebertragungen von einem Brennjahre in das andere zuläßig.

Art. 10. Die ganze Menge des erzeugten Produkts ist der Alkoholverwaltung abzugeben. Der abzuliefernde Rohspiritus soll, nach dem eidgenössischen Thermo-Alkoholometer gemessen, aus Brennereien mit periodischen Apparaten bei -(-15° Celsius eine wahre Alkoholstärke von mindestens 70° Tralles besitzen und, nach dem System Traube oder dem verbesserten System Rose bestimmt, nicht mehr als Va °/o alkoholische Verunreinigungen ergeben. Er muß frei von erkennbaren metallischen Verunreinigungen sein.

21 Die Ansprüche an die Gradhaltigkeit und Reinheit des Produkts werden für Brennereien mit kontinuirliehen Apparaten auf 85° Tralles, beziehungsweise auf 2%o alkoholische Verunreinigungen erhöht.

Zur Erreichung der in diesem Artikel vorgeschriebenen Qualitäts-Anforderungen sind die Brennerei-Inhaber mit periodischen Apparaten gehalten, den beim Betriebe entstehenden Vor- und Nachlauf, letztern unter 70° Alkoholstärke, abzutrennen und in die betreffende Abtheilung des KontroiReservoirs ablaufen zu lassen.

Aus gleichen Ursachen wird die Verwendung faulen Rohmaterials und dumpfigen Getreides für Brennereien jeder Art untersagt.

Art. 11. Für das Brennen von Topinambur, Melasse, etc.

sind besondere Bestimmungen vorbehalten und ist in so lange die Verarbeitung dieser Rohstoffe in den Brennereien untersagt.

Kontrolmafiregeln.

Art. 12. Den zur Ueberwachung der Brennereien bestellten eidgenössischen und kantonalen Beamten ist der Zutritt 7.ü den Brennereilokalen, die Kontrole der Schlempeabgabe, sowie die Einsichtnahme des Betriebsjournales jederzeit gestattet.

Art. 13. Der Brennerei-Inhaber hat über Quantum und Art des in der Brennerei täglich verarbeiteten Rohmaterials in der vom Bunde vorgeschriebenen Form ein Betriebsjournal zu führen. Diese Buchführung kann unter Verantwortlichkeit des Brennerei-Inhabers dem Brennereileiter übertragen werden.

Art. 14. Die Destillirapparate werden von der Stelle an, wo die Verdichtung der alkoholischen Dämpfe beginnt, unter amtliche Siegel gelegt. Zum Zwecke der Verhütung von Unterschleif hat das Finanzdepartement das Recht, auf

22 Kosten der Alkoholverwaltung besondere Sicherungen anzubringen. Die Siegel und Sicherungen sind vom BrennereiInhaber täglich auf ihre Unverletztheit zu untersuchen, etwaige Verletzungen aber, sowie Störungen im Gange des Kontroiapparates, dem eidgenössischen Finanzdepartement sofort nach erfolgter Wahrnehmung zu melden.

Art. 15. Jede Brennerei ist mit einer nach Bundesvorschrift gefertigten Brennereivorlage, sowie mit einem unter amtlichem Verschluß stehenden, mit Standglas oder Schwimmer montirten Kontroireservoir oder mit einem Kontrolmeßapparat zu versehen ; das Reservoir hat mindestens ein Zehntel der für ein Brennjahr vorgesehenen Produktion zu fassen und wird, wie allfällig angebrachte Kontrolmeßapparate, auf Kosten der Alkoholverwaltung vom eidg.

Finanzdepartement beschafft und nach Vorschrift angebracht.

Das Reservoir enthält in Brennereien mit continuirlichem Abtrieb nur eine Abtheilung, in solchen mit periodischem Abtrieb zwei Abtheilungen, die eine für den abdestillirten Rohspiritus, die andere für den im täglichen Betriebe gewonnenen Vor- und Nachlauf. Die von der Alkoholverwaltung angeschafften Kontroieinrichtungen bleiben Eigenthum derselben und sind auf deren Kosten zu assekuriren.

Art. 16. Brennereien, welche im Sinne von Art. 18 sich zum Brennen inländischen Rohmaterials oder von Mischungen einheimischer und ausländischer Rohstoffe verpflichten, haben über die schweizerischen Provenienzen vorschriftgemäße amtliche Ursprungszeugnisse von den Gemeindebehörden des Ursprungsortes beizubringen.

Solchen Brennern ist das Brennen ausländischen Rohmaterials über die im Brennereivertrage normirten Grenzen hinaus und vorbehaltlich der Bestimmungen von Art. 23 verboten.

Art. 17. Mit Schluß der Brennperiode und bei einem Nichtbetrieb, der 14 Tage überschreitet, können die Destillir-

23 apparate, Brennereigefässe etc. auf Anordnung des eidg.

Finanzdepartements in einer den Betrieb verhindernden Weise unter amtliche Siegel gelegt werden.

Anfang und Ende einer jeden zeitweiligen Einstellung oder Störung des Betriebes während der Brennperiode sind dem eidg. Finanzdepartement innerhalb 24 Stunden schriftlich anzumelden.

Vorzugsrechte.

Art. 18. Bei Vergebung der Brennloose sind in erster Linie landwirtschaftliche Genossenschaften, welche einheimische Rohmaterialien brennen, zu berücksichtigen.

Soweit der in Art. 2 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser vorgesehene Viertheil des Landesbedarfes durch solche Genossenschafts-Brennereien nicht gedeckt ist, findet die Vergebung der weiteren Loose zunächst an Einzelbrenner statt, welche einheimisches Rohmaterial verarbeiten.

In dritter Linie kommen Genossenschafts-Brennereien mit ausländischem Rohstoffe und endlich Einzelbrenner der gleichen Kategorie bei Vertheilung der Brennloose zur Berücksichtigung.

Als einheimische Rohstoffe werden vorläufig nur schweizerische Kartoffeln und Roggen betrachtet. Bei Beurtheilung der Provenienz kommen Hefe und Malz nicht in Betracht.

Falls Mischungen in- und ausländischer, Rohstoffe zur Verwendung kommen sollen, haben unter sonst gleichen Verhältnissen diejenigen Brennereien das Vorzugsrecht, welche das verhältnißmäßig größere Quantum einheimischer Rohstoffe zu verarbeiten sich verpflichten.

Preise und Uebernahms-Bedingungen.

Art. 19. Zur Anmeldung auf Brennereiloose werden vom eidg. Finanzdepartement gleichlautende Anmeldebogen ausgegeben.

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Die solcher Gestalt an die Alkoholverwaltung gelangenden Eingaben werden der Größe ihres angemeldeten Betriebes nach in vier Klassen geschieden. In die erste Klasse fallen Brennereien, welche pro Brennjahr 150--200 Hektoliter absoluten Alkohols liefern wollen ; in die zweite solche mit einer Produktion von 201--400 Hektoliter; in die dritte solche mit einer Produktion von 401--700 Hektoliter und in die vierte solche mit einer Betriebsleistung von 701--1000 Hektoliter absoluten Alkohols.

Innerhalb jeder Klasse genießen diejenigen Bewerber den Vorzug, welche den niedrigsten Preis fordern.

Unter sonst gleichen Verhältnissen und in der gleichen Klasse haben die Bewerber um das kleinere Brennloos den Vorrang.

Die Preise sind nach Klassenangehörigkeit und Rohstoffprovenienz abzustufen und im Maximum so zu normiren, daß den Brennern bei richtiger Einrichtung und rationellem Betrieb die Schlempe kostenfrei verbleibt.

Wenn durch die Vergebung der Loose nach obigen Grundsätzen ganae Landesgegenden, die zum Brennen geeignete Verhältnisse und Brennereien aufweisen, bei der Zutheilung von Brennloosen ausfielen, so kann das eidg. Finanzdepartement mit den Bewerbern der betreffenden Gegenden bezüglich einer Reduktion ihrer Forderungen in Unterhandlung treten.

Art. 20. 'Die vertraglich festzusetzenden Uebernahmspreise gelten als Normalpreise auf Grund der Voraussetzung, daß der amtlich ermittelte Preis der Kartoffeln im Monat Oktober jeden Jahres auf den Märkten von Aarau, Bern, Biel, Freiburg, Langenthal, Liestal, Luzern, Schaffhausen, Solothurn und Zürich im Gesammtdurchschnitt 4*/2 Franken per Meter-Zentner beträgt.

Art. 21. Steht der Durchschnittspreis der Kartoffeln ü b e r oder u n t e r 4*/2 Franken, so wird dem Brenner für

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die Spirituslieferungen des betreffenden Betriebsjahres für jeden vollen Halbfranken Differenz ein Zu- oder Abschlag von 10 °/o des Normalpreises berechnet. Dieser Zu- oder Abschlag soll indeß nie über 20°/o des Normalpreises betragen.

Für den Brennereibetrieb mit inländischem Roggen oder ausländischen Rohstoffen wird eine entsprechende Preisvegulirung vorbehalten.

Bei Mischungen gilt die Normirung des quantitativ überwiegenden Rohstoffes.

Die amtlich ermittelten Durchschnittspreise der zur Brennerei dienenden Rohmaterialien werden jeweilen im Monat November im Bundesblatt veröffentlicht.

Art. 22. Steht der in Art. 21 erwähnte Oktoberdurchschnittspreis der Kartoffeln über Fr. 5. 50, so haben die Brenner das Recht, durch eine bestimmte schriftliche Erklärung, welche jeweilen bis 30. November abzugeben ist, auf die Restlieferung der begonnenen Campagne zu verzichten.

Für Roggen und Mais bleibt die Normirung der Preisgrenzen, bei welchen den Brennern das gleiche Recht zusteht, vorbehalten.

Art. 23. Brennern, welche zur ausschließlichen Verarbeitung einheimischen Rohmaterials sich verpflichteten, kann bei einer notorischen Mißernte vom eidg. Finanzdepartement vorbehaltlich einer neuen Vereinbarung über den Normalpreis die ausschließliche oder theilweise Verwendung ausländischen Rohmaterials gestattet werden, soferne der Alkoholverwaltung nicht Angebote für eine ausschließliche oder namhaftere Verarbeitung inländischen Rohstoffes vorliegen oder vorgelegt werden.

Art. 24. Jeder mit einem Loose betheiligte Brenner ist verpflichtet, einen dem Inhalt seines Kontroi-Reservoirs gleich kommenden Fassungsraum eiserner Gebinde in der von der Alkokolverwaltung vorgeschriebenen Form und Größe zu halten.

26 Die AJkoholverwaltung wird für Beschaffung dieser Gebinde Sorge tragen und dieselben zum Selbstkostenpreise an die Brenner abgeben, indem sie sich durch zu vereinbarende successive Abzüge an den Spirituslieferungen der drei ersten Brenncampagnen für die Gebinde und deren erstmaligen Transport zur Brennerei bezahlt macht. Bei Nichterneuerung der Brennloose nach ordnungsmäßigem Ablauf der Vertragsdauer ist die Alkoholverwaltung verpflichtet, auf Verlangen des Brenners diese Gebinde zum Schatzungswerthe zurückzunehmen.

Art. 25. Die Abnahme der gebrannten Wasser erfolgt zunächst in der Brennerei selbst durch eidgenössische Kontroleure in einem vom eidgenössischen Finanzdepartement bestimmten Turnus. Bei dieser Abnahme wird Bruttound Nettogewicht, Gradhaltigkeit und Qualität der Waare vermittelst des eidgenössischen Thermo-Alkoholometers und der Apparate von Traube oder nach dem verbesserten System Rose unter Anwendung der zu diesem Behufe aufgestellten eidgenössischen Berechnungstabellen bestimmt.

Dieselben Bestimmungen erfolgen ein zweites Mal nach Ankunft der Waare in den eidgenössischen Depots durch die Depotbeamten. Für die Bezahlung ist der Durchschnitt der beiden Bestimmungen maßgebend.

Minus-Differenzen in der Alkoholstärke und dem Nettogewicht der Fässer, welche 2 °/o der in der Brennerei stattgehabten Ermittlung übersteigen, fallen über dieses Maximum hinaus der Alkoholverwaltung zur Last.

Der Kontroleur gibt dem Brenner einen die Brennereiabnahme nach Quantum, Gradhaltigkeit und Qualität spezifizirenden Ausweis.

Ein Doppel dieses Ausweises begleitet die abgenommene Waare nach dem Bestimmungsdepot, ein drittes Exemplar erhält die Alkoholverwaltung zugesendet.

Der Depotbeamte gibt gleichartige Scheine an die Brennerei und die Alkoholverwaltung ab.

27 Art. 26. Die Fracht der abgelieferten Waare zur nächsten Bahnstation trägt der Brenner, die Fracht von da in's Depot, sowie die Leerfracht der Fässer bis zur ursprünglichen Abgangs-Bahnstation die Alkoholverwaltung.

Art. 27. Der Brenner ist gehalten, behufa genauer Gewichtsbestimmungen auf eigene Kosten eine amtlich geeichte Dezimalwaage mit vorgeschriebener Tragfähigkeit nebst den erforderlichen Gewichten zu halten und in der Brennerei selbst oder in einem dem Kontroi-Reservoir zunächst gelegenen gedeckten Räume aufzustellen.

Die Benutzung dieser Waage zu anderen Wirthschaftszwecken steht dem Eigenthümer frei ; der Kontroleur hat indessen die Richtigkeit und Gangbarkeit der Waage bei jeder Spiritus-Ablieferung genau zu prüfen und bei Befund von Mängeln auf die Gewichtsermittlung im Depot als in diesem Falle für den Brenner und die Alkoholverwaltung maßgebend zu verweisen.

Die Tara der Fässer wird vom Depotbeamten unter Beiziehung des Lieferanten oder des Brennerei-Kontroleurs festgestellt und den betreffenden Fässern aufgezeichnet. Diese Tara-Ermittlung unterliegt halbjährlicher Revision.

Art. 28. Die Gradhaltigkeit wird nach Abfüllung der Waare in die Transportgebinde mittelst einer einzigen Durchschnittsprobe auf halbe Grade genau ermittelt und die wirkliche Alkoholstärke bei -(-15° Celsius darnach bestimmt.

Soweit zur Entleerung der Kontroi-Reservoire ein Ueberpumpen der Flüssigkeit nöthig ist, liefert die Alkoholverwaltung die dazu nöthigen Utensilien auf eigene Kosten.

Art. 29. Die Bestimmungen der in Art. 10 erwähnten Verunreinigungen kann auch an entnommenen versiegelten Mustern in einem kantonalen amtlichen Laboratorium vorgenommen werden.

28 Art. 30. Spiritus, welcher geringere als die in Art. 10 festgestellten Gradstärken aufvveist, wird dem Brenner zum Umbrennen unter Koutrole zurückgegeben. Enthält der der Alkoholverwaltung aus periodischen Apparaten abgelieferte Spiritus mehr als lji °/o alkoholische Verunreinigungen, so soll für jedes Fünftelprozent Plus ein Preisabzug von 5 °/o Platz greifen. Für Spiritus aus kontinuirlichen Apparaten erfolgt ein Preisabzug von 5 °/o für jedes Promille, das derselbe über 2 °/oo alkoholische Verunreinigungen enthält.

Wird der Spiritus in erkennbarem Maße metallisch unrein oder aus fauligem Rohstoff gewonnen befunden, so können dem Brenner Abzüge bis zum Belaufe der Differenz zwischen dem vereinbarten Preis und dem Abgabepreis der Alkoholverwaltung für absolut denaturirten Sprit gemacht werden.

Art. 31. Die Uebernahme des in der Brennerei angesammelten Vor- und Nachlaufes erfolgt unter den gleichen Bedingungen und Voraussetzungen, wie die Spiritusabnahme selbst.

Die Alkoholverwaltung zahlt für dieses geringwerthige Produkt den gleichen Preis, zu welchem sie gemäß Art. 6 des Alkoholgesetzes absolut denaturirten Sprit in dea Verkehr bringt.

Art. 32. Die Assekuranz der Brennerei, sowie der darin enthaltenen Vorräthe und Einrichtungen mit Ausschluß der von der Alkoholverwaltung zu erstellenden KontroiReservoire und Kontroieinrichtungen ist Sache des BrennereiInhabers.

Dauer und Auflösung der Verträge.

Art. 33. Die Verträge werden auf 3 Jahre fest abgeschlossen und gelten, sofern nicht ein Vierteljahr vor Ab-

29 lauf der Vertragszeit schriftliche Kündigung erfolgt, jeweilen stillschweigend als auf ein Jahr erneuert.

Art. 34. Die Verträge werden durch den Betrieb verunmöglichende Elementarereignisse, durch Konkurs, Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte oder Tod aufgelöst.

Den Erben eines Brenners wird, wenn sie sich innerhalb eines Vierteljahres nach dem Todesfalle zur Uebernahme des vom Erblasser innegehabten Looses anmelden, bei gleichen oder günstigeren Bedingungen und bei Vorhandensein der geforderten persönlichen Qualifikationen vor andern Bewerbern der Vorzug gewährt.

Das eidgenössische Finanzdepartement hat das Recht, die Brennerei-Inhaber ohne Entschädigung außer Akkord zu setzen, wenn die festgesetzten persönlichen Erfordernisse nicht mehr vorhanden sind, oder wenn sich der Loosinhaber Uebertretungen der Bestimmungen des Pflichtenheftes zu Schulden kommen läßt, oder endlich wenn derselbe nach Art. 36 bestraft worden ist.

Art. 35. Bei Aufhebung des Gesetzes oder bei Aenderungen desselben, welche den Brennbetrieb oder eine Reduktion der in Art. 4 desselben vorgesehenen Verkaufspreise betreffen, werden die Brennloose mit dreimonatlicher, der Alkoholverwaltung allein zustehender Kündigung aufgehoben.

Dasselbe Kündigungsreeht steht der Alkoholverwaltung unter der Herrschaft des bestehenden Gesetzes bei Verminderung des Landeskonsums zu. Dabei soll mit den Kündigungen derjenigen Verträge begonnen werden, welche auf der Verarbeitung ausländischer Rohmaterialien basiren. Es kann auch die Alkoholverwaltung in diesem Falle eine prozentuale Verminderung der Produktion der Brennereien, mit neuer Vereinbarung der Uebernahmspreise, eintreten lassen, soweit dadurch die Lieferungsmenge einer einzelnen

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Brennerei nicht unter 150 Hektoliter absoluten Alkohols per Brennjahr heruntergedrückt wird.

Erfolgt die Lösung aus einem andern Grunde als wegen Aufhebung des Gesetzes, so treten Brenner, mit denen die Alkoholverwaltung kein neues Vertragsverhältniß eingeht und welche vor erster Uebernahme eines Looses nach Art. 18 des Gesetzes entschädigungsberechtigt waren, aber nicht entschädigt wurden, in die frühern Rechte auf Entschädigung, insoweit solche nach Begriff und Umfang gesetzlich noch bestehen, wieder ein.

Strafen.

Art. 36. Das Bundesgesetz betreffend gebrannte Wasser sieht nachstehende Strafen vor: ,,Wer den Bestimmungen dieses Gesetzes zuwiderhandelt, indem er unbefugter Weise gebrannte Wasser erzeugt, oder die befugter Weise erzeugte Menge an solcher Waare nicht vollständig abliefert, oder sich eine ungerechtfertigte Rückvergütung zuwendet, oder denaturirt bezogene Waare zu andern als den gestatteten Zwecken verwendet, oder auf unrechtmäßige Weise sich gebrannte Wasser verschafft, ist mit einer Geldbuße zu belegen, welche das Fünf- bis Dreißigfache der dem Staate unterschlagenen Summe beträgt.

,,Kann die letztere nicht ermittelt werden, so tritt Geldbuße von Fr. 200 bis 10,000 ein.

,,Befindet sich der Fehlbare im Rückfalle, oder bestehen erschwerende Umstände, so kann die Geldbuße verdoppelt und überdies auf Gefängniß bis zu sechs Monaten erkannt werden.

,,Der Versuch der in diesem Artikel mit Strafe bedrohten Handlungen wird der Vollendung gleich gehalten.

,,Außer den oben genannten Fällen wird jede Uebertretung des Gesetzes oder der zur Ausführung desselben erassenen Verordnungen mit Geldbuße von Fr. 20--500 be-

31 straft. Die Buße beträgt Fr. 50--1000, wenn der Fehlbare die Vornahme der amtlichen Kontrole zu verhindern gesucht hat. Vorbehalten bleibt Artikel 47 des Bundesstrafreehts.

,,Von den Bußen und Geldstrafen, welche auf Grund des Gesetzes bezogen werden, kommt ein Drittheil dem Anzeiger, ein Drittheil dem Kanton und ein Drittheil der Gemeinde zu, in welcher die Widerhandlung stattgefunden hat.

Wo kein Anzeiger ist, fällt auch der Anzeigerantheil in die Kantonskasse. In Fällen, wo die Uebertretung durch Beamte oder Bedienstete der Zollverwaltung ermittelt wird, geschieht die Vertheilung nach Artikel 57 des Zollgesetzes vom 27. August 1851.

,,Mit Bezug auf das Verfahren bei Uebertretungen des Gesetzes oder der zur Ausführung desselben erlassenen Verordnungen gilt das Bundesgesetz vom 30. Juni 1849, betreffend das Verfahren bei Uebertretungen fiskalischer und polizeilicher Gesetze.a Art. 37. Die Loosinhaber sind für die ihren Angestellten auferlegten Geldbußen persönlich und solidarisch haftbar, wenn sie nicht nachweisen, daß sie alle erforderliche Sorgfalt angewendet haben, um Uebertretungen von Gesetz und Verordnungen zu verhüten.

Schlußbestimmungen.

Art. 38. Für Gebäude und Einrichtungen, deren Besitzer nach Art. 18 des Bundesgesetzes Entschädigungen für Minderwerth erhalten haben, werden keine Brennloose ertheilt.

Art. 39. Die bloße Anmeldung auf ein Brennloos bedingt keinen Verzicht auf die in Art. 18 des Bundesgesetzes vorgesehene Entschädigung, wohl aber, unter Vorbehalt der Bestimmung von Art. 35, Alinea 3, die Uebernahme eines Looses ; dagegen bleibt für Brenner, welche bis dahin über 1000 Hektoliter absoluten Alkohol im Jahr erzeugten und welche ein Brennloos zugetheilt erhalten, die Frage einer theilweisen Entschädigung vorbehalten.

32 Art. 40. Streitigkeiten, deren Entscheid nach Gesetz, Verordnung oder Pflichtenheft nicht besonderen Behörden übertragen ist, werden durch ein aus drei Mitgliedern bestehendes Schiedsgericht geregelt. Je eines von diesen Mitgliedern wird von einer Partei, das dritte vom Bundesgerichtspräsidenten ernannt.

Art. 41. Dem Bundesrathe steht es frei, Aenderungen an den vorgehenden Bestimmungen vorzunehmen. Jedoch sollen Aenderungen, welche innerhalb der Vertragsdauer nothwendig werden und welche das Interesse der Brenner benachteiligen würden, nur mit Einverständniß der Letztern und auf Grund neuer Vereinbarung zuläßig sein.

Art. 42. Die Verträge mit den Brennern werden von der Alkohol Verwaltung unter Vorbehalt der Genehmigung durch das eidgenössische Finanzdepartement abgeschlossen.

II.

Vorschriften für neu zu errichtende Brennereien.

Art. 43. Die Vergebung der Loose an neu zu errichtende Brennereien kann vor Erstellung der Brennereien auf Grund der Bau- und Betriebspläne stattfinden. Wer behufs Erlangung eines Looses eine Brennerei zur Verarbeitung monopolpflichtiger Rohstoffe zu errichten und zu betreiben beabsichtigt, hat demnach dem eidgenössischen Finanzdepartement von dieser Absicht Kenntniß zu geben und durch Vorlage des Planes über Bau und innere Einrichtung den Nachweis zu leisten, daß die Brennereianlage allen gesetzlichen Anforderungen und den Anforderungen dieses Pflichtenheftes in allen Theilen Genüge leiste.

Die Eröffnung des Brennereibetriebs darf erst auf ausdrückliche Ermächtigung des eidgenössischen Finanzdepartements hin stattfinden.

Art. 44. Die Ansprüche an die Gradhaltigkeit und Reinheit der Produkte werden für Brennereien mit konti-

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nuirlichen Apparaten auf 85° Tralles, für solche mit periodischen Apparaten auf 80° Tralles, für Apparate beider Art auf 2 °/oo alkoholischer Verunreinigungen festgesetzt.

Enthält der Spiritus mehr als 2 °/oo alkoholische Verunreinigungen, so soll für jedes ganze Promille mehr oder weniger ein Preisabzug oder Preiszuschlag von 5 °/o statthaben.

Ueber die Dauer und die Auflösung der Verträge werden besondere kontraktliche Abmachungen vorbehalten. Erstere kann über drei Jahre hinaus erstreckt werden. Im Uebrigen gelten die Bestimmungen des Pflichtenhei'tes für bereits bestehende Brennereien.

III.

Übergangsbestimmungen für das Brennjahr 1887/88.

Art. 45. Das vorliegende Pflichtenheft wird sofort veröffentlicht und von der Alkoholverwaltung überdies mit möglichster Beförderung den ihr bekannten bisherigen Brennern zugestellt.

Art. 46. Anmeldungen zur Uebernahme von Brennloosen auf Grund des Pflichtenheftes I und II, wie auf Grund von Rubrik III, Art. 50 und 51 hienach werden von der Alkoholverwaltung bis 15. Oktober 1887 entgegengenommen.

Art. 47. Das Brennjahr 1887/88 beginnt für alle Brennereien mit 15. November und endigt mit 1. Mai.

Art. 48. Um den Inhabern der auf Grund des Pflichtenheftes I ertheilten Brennloose die Möglichkeit zu geben, ihre Einrichtungen ohne Ueberstürzung zu verbessern, wird für das Brennjahr 1887/88 auf Verlangen eine Reduktion des übernommenen Quantums gemäß Art. 9 des Pflichtenhefts bewilligt.

Art. 49. Landwirtschaftlichen Genossenschaften, welche in verbindlicher Weise sich auf Grund von Pflichtenheft II um ein Loos bewerben und ein solches vertraglich zugetheilt Bundesblatt. 39. Jahrg. Bd. IV.

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erhalten, aber nicht in der Lage sind, auf 15. November mit dem Betrieb der neuen Brennerei zu beginnen, können bei zureichender Garantie und bei Erfüllung vorzuschreibender Bedingungen vom eidgenössischen Finanzdepartement ermächtigt werden, bis zur Einrichtung der neuen Brennerei, jedoch nicht über 1. Mai 1888 hinaus, ihr ganzes Loos oder einen nicht unter 150 Hektoliter gehenden Theil desselben durch mehrere bestehende Brennereien aufarbeiten zu lassen.

Diese Brennereien sollen aber im selben Amtsbezirk liegen und wenigstens den Anforderungen von Art. 51 entsprechen.

Art. 50. Wenn Einzelbrenner oder Genossenschaften nachzuweisen vermögen, daß sie für die Campagne 1888/89 auf Grund des Pfliehtenheftes I oder II um ein Brennloos sich würden bewerben können, so soll, insoweit das der inländischen Produktion vorbehalten e Quantum nicht durch die definitiv gemachten Anmeldungen bereits gedeckt ist, einem Ansuchen um Reservirung eines Looses entsprochen werden.

Art. 51. Für das Brennjahr 1887/88 kann eine einmalige Vergebung von Loosen an Brennereien stattfinden, welche nicht 150 Hektoliter im Brennjahr zu erzeugen im Stande sind ; jedoch sollen solche Brennereien ein dem Art. 10 des Pflichtenheftes entsprechendes Produkt liefern und sich verpflichten, täglich wenigstens 6 metrische Zentner ausschließlich einheimische Rohstoffe zu verarbeiten. Für die Bewerbung um solche Loose werden besondere Anmeldebogen ausgegeben.

Die Uebernahme eines Looses nach Art. 51 zieht keinen Verzicht auf Entschädigung gemäß Art. 18 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser nach sich.

B e r n , den 9. September 1887.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Bingier.

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Pflichtenheft betreffend die Vergebung der in den Artikeln 1 und 2 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser vorgesehenen Brennloose. (Vom 9. September 1887.)

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

17.09.1887

Date Data Seite

17-34

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