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Schweizerisches Bundesblatt.

39. Jahrgang. III.

Nr. 27.

11. Juni 1887.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz) : 4 Pranken.

Einrückungsgebühr per Zeile 15 Ep. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druck und Expedition der Stämpfischen Buchdruckerei in Bern.

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Bericht der

ständeräthlichen Kommission über die Geschäftsführung des Bundesrathes und des Bundesgerichtes im Jahr 1886 (Vom 28. Mai 1887.)

Tit.

Die Gesammtausgabe des Berichtes des Bundesrathes erfolgte erst Mitte Mai 1. J. Die außerordentliche Sitzung der eidg. Räthe hatte bis 30. April gedauert. Ihre Kommission konnte sich deßhalb erst am 23. Mai versammeln und hatte, da ihr Bericht in der Junisitzung zur Behandlung kommen soll, zur Lösung ihrer Aufgabe eine kurz zugemessene Frist. Es mag dies zur Entschuldigung dienen, wenn der Bericht sich in bescheidenerem Umfange bewegen sollte, als es sonst üblich und vielleicht wünschenswerth ist.

Ueberdies ging Ihre Kommission von der Ansicht aus, daß ihre Hauptaufgabe darin bestehe, sich ein auf einläßlicher Sachprüfung gegründetes Urtheil darüber zu bilden, ob die vollziehenden und richterlichen Behörden der Eidgenossenschaft im verflossenen Jahre in einer den Institutionen und Bedürfnissen des Landes entsprechenden Weise funktionirt haben; daß es dagegen nicht nothwendig sei, zu wiederholen, was in den Geschäftsberichten zu lesen ist, oder überall, wo die Kommission mit dem Bundesrathe einig geht, ihre Zustimmung noch besonders auszusprechen.

Von Postulaten (Anregungen und Wünschen, welche die Pflicht zur Beantwortung nach sich ziehen) glaubte die Kommission UmBundesblatt. 39. Jahrg. Bd. III.

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42 gang nehmen zu sollen. Sie erachtet Postulate als nothwendig, wenn die Verwaltung hinter den Bedürfnissen der Zeit zurückbleibt, dagegen eine gewisse Beschränkung am Platze, wenn die Behörde, an welche sich die Postulate richten, schon durch weittragende Arbeiten vollauf beschäftigt ist.

Wenn man neben dea Arbeitsgebieten, die den einzelnen Mitgliedern des Bundesrathes als Departementsvorstehern obliegen -- worüber der umfassende Bericht im Einzelnen Auskunft gibt -- auch noch die Bethätigung in der Gesammtbehörde in Betracht zieht, so ist man genöthigt, anzuerkennen, daß ein Mehreres über die normale Arbeitskraft hinausgeht. Weist doch der Geschäftsbericht nach, daß neben den vielen und schwierigen Aufgaben, welche die Departemente beschäftigten, auch noch 110 Sitzungen des Bundesrathes.

stattgefunden haben, in welchen 5975 Geschäftsnummern erledigt worden sind (was den Erlaß von 6956 Schreiben erforderte).

Das muß die schon oft ausgesprochene Ansicht neu befestigen, daß in irgend einer Weise auf Arbeitsentlastung Bedacht zu nehmen sei.

A. Geschäftsführung des Bundesraths.

I, Geschäftskreis des politischen Departements, Beziehungen znm Auslande.

1. Das Jahr 1886 verzeichnet, keine Transaktionen mit dem Auslande von sehr weittragender Bedeutung. Mit Befriedigung ist die günstige Erledigung der Anstände hervorzuheben, welche Jahre .lang mit der Regierung von Italien hinsichtlich der Freiplätze am erzbischöflichen Seminar in Mailand walteten. Wir hoffen mit dem Bundesrathe, daß diese Erledigung als eine definitive zu betrachten sei.

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2. Wo überall Interessen der Schweiz oder einzelner Angehöriger auf diplomatischem Wege wahrzunehmen waren, hat das politische Departement das Mögliche gethan, um denselben Geltung zu verschaffen.

3. Es muß als sehr wünschenswerth bezeichnet werden, daß es gelinge, mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika einen Vertrag über Einbürgerung der Schweizer in Amerika und der Amerikaner in der Schweiz abzuschließen, denn es würde dadurch eine feste Norm für sehr häufige Vorkommnisse geschaffen. Der Standpunkt, auf welchem laut Geschäftsbericht vom Jahr 1885 die Vorschläge der nordamerikanischen Regierung beruhten -- Verlust des bisherigen durch den Erwerb eines neuen Bürgerrechtes -- hat theoretisch und praktisch seine Vorzüge. Mehr als ein Vaterland zu haben, ist mit den Pflichten, die dasselbe auferlegt, kaum vereinbar und deßhalb auch einleuchtend, daß das Doppelbürgerrecht zu vielfachen Kollisionen führt. Gleichwohl sind die Gründe, welche der Bundesrath für Ablehnung der ursprünglichen Vorschläge der amerikanischen Regierung anführt (Art. 44 der Bundesverfassung und Gesetz über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts), überwiegend. Es steht zu hoffen, daß sich eine beidseitig befriedigende Lösung finden werde.

Vertretung im Auslande.

Unsere Vertretung im Auslande besteht in fünf Gesandtschaften und 118 Konsularagenturen. Die letztern verursachten dem Bunde einen Kostenaufwand von Fr. 107,500 -- gegenüber den Diensten, welche sie dem Lande und den im Auslande sieh aufhaltenden Schweizern leisten, ein geringer Betrag.

Die Anregung, sog. Berufskonsulate einzuführen, ist noch in der Schwebe. Es wird sorgfältig zu erwägen sein, ob in dieser Hinsicht eine Aenderung eintreten soll.

Schweizerische Hülfsgesellschaften im Auslande.

Die wohlthätige Wirksamkeit dieser Gesellschaften steht außer Frage. Ihre Thätigkeit und die finanziellen Opfer, welche sie bringen, verdienen höchstes Lob. Durch Unterstützung derselben erfüllen wir nur eine Pflicht.

Der Bund hat dazu im Jahre 1886 Fr. 22,500 verwendet.

Die Beiträge der Kantone belaufen sich auf Fr. 20,800. Die meisten

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Kantone überlassen ihre Beiträge dem Bundesrathe zur freien Verfügung, was einzig eine angemessene Repartition erlaubt.

Eine Ausnahme davon machen Luzern, Freiburg, Basel-Stadt, Appenzell I. Rh., Graubünden, Tessin, Waadt, Wallis, Neuenburg und Genf. Wir unterstützen den Wunsch des Bundesrathes, daß auch diese Kantone dem Bundesrathe die Verfügung über ihre Beiträge überlassen möchten.

U Geschäftskreis des Departements des Innern, I. Centralverwaltung.

Sitzungen der Ruth e und deren Protokolle.

Die Protokolle der vereinigten Bundesversammlung, des National-, des Stände- und des Bundesrathes, sowie das Missivenbuch des letzteren sind in Reinschrift fertig und eingebunden.

Die Register sind in tadelloser Ordnung nachgeführt.

Archive und Münzsammlung.

Die Kommission entnimmt dem Berichte mit Freude und Genugthuung, daß im Berichtsjahre die beiden letzten Bände der a m t l i c h e n A b s c h i e d s a m m l u n g veröffentlicht worden sind, womit nach fiinfunddreißigjähriger unausgesetzter Arbeit ein Werk zum Abschlüsse gelangt ist, welches unserem Lande zur hohen Ehre gereicht.

Wir enthalten uns, hier neuerdings, wie dies schon seit einigen Jahren von Seite der Geschäftsprüfungskommission jeweilen geschehen ist, auf die in mehrfachen Beziehungen ungenügenden Räumlichkeiten, in welchen sowohl die Archive als die Bibliothek untergebracht sind, aufmerksam zu machen, ist ja doch der Bau eines neuen eidgenössischen Verwaltungsgebäudes in nicht alku ferner Zeit zu erwarten, wodurch dann den herrschenden Uebelständen unzweifelhaft abgeholfen werden wird.

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IL Vollziehung der Bundesverfassung und eidgenössischer Gesetze.

Freizügigkeit der Personen, welche wissenschaftliche Berufsarten ausüben. Medizinalprüfungen.

Durch Zusatzgesetz vom 21. Dezember 1886 ist das Bundesgesetz betreffend die Freizügigkeit des Medizinalpersonals, vom 19. Dezember 1877, auf die Zahnärzte ausgedehnt worden, und die Vorkehrungen zur Aufstellung der einschlägigen Prüfungsbestimmungen sind bereits eingeleitet. Es ist sehr \vunschenswerth, daß die letzteren Arbeiten möglichst beschleunigt werden, indem gegenwärtig praktizirende Zahnärzte, namentlich solche, die keinerlei Patent besitzen, alle Anstrengungen machen, in diesem oder jenem Kanton noch schnell, vor Erlaß eines eidgenössischen Prüfungsreglementes, eine Prüfung zu bestehen und ein Patent zu erwerben, in der Meinung, dadurch von den erst später in Kraft tretenden, strengeren Vorschriften eines eidgenössischen Prüfungsreglementes liberirt zu sein.

Civilstand und Ehe.

Durch Uebereinkunft zwischen der Schweiz und dem deutschen Reiche betreffend die Erleichterung der Eheschließung der beiderseitigen Staatsaugehörigen, vom 4. Juni 1886, wurden Deutsehe, welche mit Schweizerinnen in der Schweiz, und Schweizer, welche mit Deutschen in Deutschland eine Ehe abschließen wollen, von der Verpflichtung entbunden, Atteste ihrer bezüglichen Heimatbehörden darüber vorzulegen, daß sie ihre Staatsangehörigkeit durch die Eheschließung auf ihre zukünftige Ehefrau und ihre in der Ehe gebornen Kinder übertragen und daß sie demgemäß nach eingegangener Ehe sammt der vorgedachten Familie von ihrem Heimatsstaate auf Erfordern wieder werden übernommen werden.

Wenn man auf der einen Seite auch zugeben muß, daß dadurch eine gewisse Erleichterung in Bezug auf die Eheschließung der beiderseitigen Staatsangehörigen bewirkt worden ist, so wird man sich auf der andern Seite, angesichts des Kreisschreibens des Bundesrathes an sämmtliche eidgenössische Stände, vom 27. August 1886, in welchem über die Tragweite der in Frage stehenden Uebereinkunft sehr einläßliche und verdankenswerthe Erläuterungen gegeben worden sind, der Wahrnehmung nicht verschließen können,

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daß, wohl in Folge der dermaligen Gesetzgebung im deutschen Reiche, der Eheschließung eines deutschen Staatsangehörigen in der Schweiz noch ganz erhebliche Hindernisse entgegenstehen.

Ungemein viel schwieriger noch als in Bezug auf Eheschließungen gestaltet sich das Verhältniß in Bezug auf S c h e i d u n g und N i c h t i g k e i t s e r k l ä r u n g von Ehen zwischen Ausl ä n d e r n in der Schweiz. Nach Vorschrift des Bundesgesetzes über den Civilstand und die Ehe (Art. 56) darf eine Ehescheidungsoder Nichtigkeitsklage in Bezug auf Ehen zwischen Ausländern von hiesigen Gerichten nur dann angenommen werden, wenn nachgewiesen wird, daß der Staat, dem die Eheleute angehören, das zu erlassende Urtheil anerkennt. Ein solcher Nachweis ist aber in den weitaus meisten Fällen gar nicht zu erbringen und aus diesem Grunde weder eine Scheidungs- noch eine Nichtigkeitsklage unter den erwähnten Verhältnissen möglich.

Die Kommission spricht deßhalb die Hoffnung aus, daß der Bundesrath der Frage, ob in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung von Ehen, die im Auslande abgeschlossen werden, nicht eine noch größere Erleichterung und Einfachheit erzielt werden könnte, seine fortwährende Aufmerksamkeit schenkeu und daß es den Bundesbehörden gelingen werde, internationale Vereinbarungen über gegenseitige Anerkennung der Ehescheidungs- und Nichtigkeitsurtheile zu Stande zu bringen.

Gesundheitswesen.

Seit längerer Zeit ist der Bundesrath im Besitze einer Eingabe des schweizerischen Thierschutzvereins um Erlaß eines Verbotes der Anwendung der israelitischen Schlachtmethode (des Schächtens), welche bis jetzt aus verschiedenen Gründen eine Erledigung nicht gefunden hat. Wir wissen zwar wohl, daß über die Frage die allerverschiedensten Ansichten herschen, und daß man auch in Gelehrten kreisen über Zuläßigkeit oder Unzuläßigkeit des ,,Schächtens" durchaus nicht einig ist. Nichtsdestoweniger halten wir es für wünschenswert!], daß diese Frage mit möglichster Beförderung so oder anders entschieden werde, denn man wartet in verschiedenen Kantonen und Gemeinden, wo die gleiche Frage gestellt ist, nur auf einen bezüglichen Entscheid des Bundesrathes, resp. der Bundesversammlung, um sich ebenfalls zu entscheiden.

Bis dies aber geschehen, bildet diese Angelegenheit einen fortwährenden Gegenstand des Streites und des Zankes, der so bald als möglich aus dem Wege geräumt werden sollte.

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V. Werke der öffentlichen Gemeinnützigkeit und Wohltliätig'keit, Hebung der Kunst, schweizerischer Kunstverein, Erhaltung vaterländischer Alterthümer.

In Bezug auf eine intensivere U n t e r s t ü t z u n g d e r e i n h e i m i s c h e n K u n s t b e s t r e b u n g e n d u r c h d e n B u n d stellt das Departement binnen Kurzem bestimmte Anträge in Aussicht.

Aus diesem Grunde können wir uns an dieser Stelle weiterer Bemerkungen enthalten, zu welchen uns sonst die Thatsache veranlassen würde, daß die Gesammtleistung des Bundes zur Hebung der einheimischen Kunst zur Zeit in der Bezahlung eines Jahresbeitrages von Fr. 6000 an den schweizerischen Kunstverein besteht, während sieh derselbe laut Bundesbeschluß vom 30. Juni 1886 an den Bestrebungen zur Erhaltung und Erwerbung v a t e r l ä n d i s c h e r A l t e r t h ü m e r mit einem Jahresbeiträge von Fr. 50,000 im Maximum betheiligt. Daß man sich in den betheiligten Künstlerkreisen selbst über die Art der Verwendung eines größeren Bundesbeitrages nicht zu einigen vermöge, wird, wir sind dessen überzeugt, einer energischen und kräftigen Unterstützung der einheimischen Kunst nicht mehr hindernd im Wege stehen.

VI. Polytechnische Schule.

Amtstätigkeit der Schulbehörden.

Nach dem bundesräthlichen Berichte ist es dea Bemühungen unserer Gesandtschaft in Paria gelungen, von der französischen Regierung das Zugeständniß zu erwirken, daß französische Professoren, welche einem Rufe an das schweizerische Polytechnikum Folge leisten, dadurch ihre Ansprüche auf Ruhegehalte in ihrem Heimatlande nicht einbüßen.

Das Bestreben des Bundesrathes und des eidgenössischen Schulrathes geht nämlich dahin, französischer Sprache und Wissenschaft eine intensivere Berücksichtigung am Polytechnikum zu Theil werden zu lassen, und zwar durch Gewinnung talentvoller französischer Gelehrter, womit selbstredend nicht gesagt sein soll, daß es unter allen Umständen französische Staatsangehörige sein müssen, auch

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dann, wenn Schvveizerbürger französischer Zunge den gestellten Anforderungen in gleichem Maße zu entsprechen im Stande sind.

In diesem Streben muß das oben erwähnte, von Seite der französischen Regierung erwirkte Zugeständniß als ein erster Erfolg bezeichnet werden.

Die Kommission begrüßt das Vorgehen der Bundesbehörden in dieser Richtung, indem auch sie der Ansicht ist, daß dasselbe in Berücksichtigung der Sprachverschiedenheit unserer Staatsangehörigen dem Polytechnikum zum entschiedenen Vortheile gereichen werde. Dabei ist nur zu hoffen, daß die bezüglichen Bemühungen, recht bald zu dem gewünschten Ziele führen werden.

VII. Statistisches Bureau.

Das statistische Bureau stellt für die Zukunft eine namhafte Reduktion des Umfanges der jährlichen Publikationen Über die Ergebnisse der Bevölkerungsbewegung in Aussicht, und zwar so, daß eine umfassende Veröffentlichung der Resultate jeweilen bloß noch in fünfjährigen Perioden erfolgen soll.

Die bisher erschienenen wöchentlichen Zusammenstellungen der Geburten und Sterbefälle in dea größeren Städten der Schweiz soll vom 1. Jänner 1887 an durch wöchentlich im Bundesblatt zu erscheinende Publikation über die Sterbefälle aus einer Reihe von Infektionskrankheiten in 15 Städten der Schweiz ersetzt werden.

Ferner wurde der Beschluß gefaßt, von Anfang 1887 an die bisherige monatliehe Einsendung der Zählkarten über die Bevölkerungsbewegung seitens der Civilslandsbeamten der nichtstädtischen Ortschaften in eine vierteljährliche umzuwandeln.

Dadurch will man das mit Arbeiten überhäufte statistische Bureau einigermaßen entlasten und für dasselbe Zeit zu anderweitigen dringenden Arbeiten gewinnen. Nebstdem dürfte aber auch eine nicht unerhebliche Ersparniß an Druckkosten erzielt werden.

Die Kommission erklärt sich mit diesem Vorgehen des statistischen Bureaus einverstanden und ist der Ansicht, daß dadurch das Publikum in keiner Weise beeinträchtigt werden wird, indem ihm die Resultate der statistischen Arbeiten in den angedeuteten Richtungen, wenn auch in etwas längeren Zwisehenräumen und mit weniger Papierüberfluß, dafür in gedrängterer und übersichtlicherer Form dargeboten werden.

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G. Allgemeines Wasserlmuwesen.

Juragewässerkorrektion.

Der Bericht erwähnt der Verhandlungen, welche mit den Regierungen von Bern und Solothurn bezüglich der Ausführung gewisser Korrektionsarbeiten durch den Kanton Solothurn auf der Aarstrecke von Buren bis Attisholz stattgefunden haben (Bundesbeschluß betreffend die Juragewässerkorrektion, vom 25. Juni 1867), und bemerkt dazu, daß diese Verhandlungen im Berichtsjahre noch nicht zum Abschlüsse gekommen seien.

In Berücksichtigung der Wichtigkeit dieser Streitfrage für die betheiligten Kantone wäre es sehr wünschenswert!), wenn die bezüglichen Verhandlungen möglichst bald zu Ende geführt werden könnten.

III, Geschäftskreis des Justiz- und PolizeiDepartements, A. Justizverwaltung.

L Gesetzgebung.

1. Der Gesetzesentwurf über Schuldentrieb und Konkurs hat das Justizdepartement auch während diesem Berichtsjahr erheblieh in Anspruch genommen, indem die redaktionelle Arbeit der aus der Berathung der ständeräthliehen Kommission hervorgegangenen Beschlüsse dem bei den daherigen Verhandlungen vertretenen Departemente zugewiesen wurde.

Nachdem nun der Ständerath die erste Berathung der Vorlage in der Dezember-Sitzung vollendet und für im Monat April 1887 eine außerordentliche Session der Bundesversammlung stattgefunden hat, so ist zu erwarteu, daß dieses Gesetz vor Ende 1887 bezüglich der ersten Berathung in beiden gesetzgebenden Kammern zum Abschluß gebracht werde.

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2. Der Gesetzesentwurf über Revision des Bundesgesetzes betreffend die Organisation der Bundesrechtpflege konnte im Jahre 1886 aus verschiedenen entschuldbaren Gründen den Käthen nicht vorgelegt werden, die Kommission nimmt aber von der Zusicherung des Bundesrathes gerne Notiz, daß dies im Jahre 1887 geschehe.

3. Laut Bericht hat der Bundesrath auf Grund einschlägiger Postulate vom 30. Juni 1882 und 1. Juli 1886 die Herausgabe einer Sammlung staatsrechtlicher Beschlüsse und Entscheidungen der administrativen Bundesbehörde vom Jahre 1874 an bis zur Gegenwart durch Gewährung einer Subvention zu ermöglichen beschlossen. Da die Redaktion des Werkes bereits einem Fachmanne übertragen ist und von demselben schon seit einiger Zeit an die Hand genommen wurde, so spricht die Kommission den Wunsch aus, daß diese Arbeit so gefördert werde, daß im Jahre 1887 mit der in Sicht gestellten Drucklegung wirklich begonnen werden könne.

4. Die nationalräthliche Prüfungskommission betreffend den Geschäftsbericht des Bundesrathes pro 1885 hat in ihrem schriftlichen Bericht den Wunsch kundgegeben, der Bundesrath möchte neuerdings der Ausarbeitung einer Gesetzesvorlage über die Gewährleistung im Viehhandel seine Aufmerksamkeit zuwenden. Da im diesjährigen Berichte über die Sachlage und den gegenwärtigen Stand dieser Gesetzesmaterie keine Aufklärungen enthalten sind, so erneuert die Kommission den Wunsch, der Bundesrath wolle auf Prüfung und Regelung derselben (Materie) die erforderliche Thätigkeit verwenden und jedenfalls im nächsten Amtsbericht über den Stand der Sache wieder Bericht erstatten, damit dieselbe so oder anders zum Abschluß gebracht wird.

II. Prüfung von Kantonsverfsissungen.

Keine Bemerkungen.

III. Verhältnisse zu auswärtigen Staaten.

Laut Bericht sollte nach der Anschauung des Bundesrathes der am 11. Dezember 1862 mit Belgien abgeschlossene Freundschaftsund Niederlassungs vertrag, -- zumal im Jahre 1879 zwischen den beidseitigen Regierungen auf dem Korrespondenzwege neuerdings vereinbart worden, daß beide Staaten in Bezug aller Rechtsverhältnisse, welche durch den angeführten Vertrag geregelt waren, auf dem Fuße der Gleichberechtigung mit der meistbegünstigten

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Nation sich behandeln wollen und zwar so lange, bis ein neuer Vertrag abgeschlossen, oder einer der beiden Theile von diesem Uebereinkommen zurückgetreten sein werde, -- zur Zeit noch seine rechtliche Gültigkeit haben.

Aus Anlaß der Behandlung eines Spezialfalles überzeugte sich jedoch der Bundesrath, daß die belgische Regierung die Rechtsgültigkeit dieser getroffenen Vereinbarung in Zweifel zieht, weil ihr das Requisit der Ratifikation der gesetzgebenden Behörden mangle.

Der Bundesrath macht nun auf die dringende Nothwenduckeit aufmerksam, daß ein solcher Zustand durch einen klaren und beidseitig rechtsverbindlichen Vertrag ersetzt werde.

Die Kommission theilt die gleiche Ansicht und spricht den Wunsch aus, der Bundesrath möge im Interesse der Rechtssicherheit unserer Landesangehörigen den Abschluß eines neuen Niederlassungsvertrages mit Belgien möglichst zu fördern suchen.

Im Laufe des Jahres 1886 haben sich zwischen dem französischen Fiskus und einem in Paris wohnhaften Genfer Bürger über den Bezug französischer Handänderungsgebühren von einer im Jahre 1885 durch Todesfall in Genf fällig gewordenen und ausbezahlten Lebensversicherungssumme Anstände ergeben, welche zwar in diesem Spezialfalle ohne weitere Intervention des Bundesrathes dadurch erlediget worden, daß die betreffende Versicherungsgesellschaft zur Zahlung der fraglichen Steuer sich bereit erklärte. Der Bundesrath hat allerdings aus diesem Vorgange Veranlassung genommen, das eidgenössische Versicherungsamt hierauf aufmerksam zu machen, allein die Kommission hegt die Ansicht, der Bundesrath solle dieser Angelegenheit immerhin seine Aufmerksamkeit zuwenden und nöthigenfalls durch schützende Verfügungen die Interessen schweizerischer Angehöriger zu sichern suchen.

IV. Rekurswesen.

Im Jahre 1886 hatte sich das Justizdepartement mit Einrechnung von 4 aus dem Jahre 1885 unerledigt gebliebenen Fällen mit 112 Fällen zu beschäftigen. 8 Fälle wurden als unerlediget auf das Jahr 1887 übergetragen. Im Verhältniß zum Vorjahre ist eine Verminderung von 38 Fällen zu verzeichnen.

Die Bundesversammlung selbst hatte sich während diesem Berichtsjahre nur mit 5 Beschwerden und Rekursen gegen Entscheide aus dem Greschäftskreis dieses Departementes zu befassen.

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B. Polizeiverwaltuiig.

I. Auslieferung von Verbrechern und Angeschuldigten.

Während diesem Berichtsjahre sind von Seite der Schweiz bei auswärtigen Staaten 99, von ausländischen Staaten dagegen 166r also zusammen 264 Auslieferungen verlangt worden.

Zum Zwecke der Auswirkung von Verhaftung und eventueller Auslieferung von flüchtigen Verbrechern war der Bundesrath genöthiget, in zwei Fällen ausländischen Staaten gegenüber, mit denen die Schweiz in keinen bezüglichen Vertragsverhältnissen steht, Gegenrecht für ähnliche Fälle zuzusichern und zwar gegenüber der Argentinischen Republik und dem Fürstenthum Lichtenstein.

Es scheint übrigens, der Bundesrath sei bemüht, mit solchen Staaten, mit welchen noch keine Auslieferungsvertrage existiren, diese Materie in gegenseitig bindende Vertragsform zu bringen, welches Vorgehen nur zu wünschen ist.

Solche Vertragsabschlüsse sind laut Bericht bezüglich Serbien und Rumänien demnächst zu gewärtigen.

Besonders viel Arbeit scheinen diejenigen Auslieferungsgeschäfte zu verursachen, bei welchen die Angeklagten außer Europa sich befinden.

Bezüglich des vom Nationalrath in seiner Sitzung vom 16./17. Juni 1885 zum Beschluß erhobenen Antrages (Leuenberger und Morel"), dahingehend, daß der Bundesrath ersucht werde, über die konstitutionelle Zulässigkeit der bloß administrativen Auslieferungen, d. h. der Auslieferungen auf Reziprozität trotz vorhandenen Staatsverträgen, Bericht zu erstatten, tfnd daß er, falls derartige Auslieferungen zulässig erklärt würden, weiter untersuchen solle, ob es nicht am Platze wäre, sie mit den nämlichen Garantien zu umgeben, wie die auf Grund bestehender Verträge bewilligten Auslieferungen , ist die Berichterstattung gegenwärtig noch als ausstehend zu verzeichnen, wenigstens enthält der bundesräthliche Bericht hierüber keine Erwähnung.

II. Bundesstrafrecht.

Bezüglich dem Vorjahre Gefährdungen kommen. Mit nommen, daß

Gefährdung des Eisenbahnbetriebes ist gegenüber eine Vermehrung von 43 Fällen zu verzeichnen.

des Tramwaybetriebes sind keine zur Anzeige geBefriedigung hat die Kommission dem Berichte entder Bundesrath mit Rücksichtnahme auf zu Tage

53 getretene Mängel an die Kantonsregierungen, sowie an die schweizerischen Eisenbahnverwaltungen durch zwei Kreisschreiben instruktivere Erlasse gerichtet hat.

Es kann nicht genug die Notwendigkeit allseitig strengerer Vollziehung des Bundesstrafrechtes resp. gebührender Ahndung solcher Gefährdungen betont werden. Gewiß nur durch rasche Anhandnahme und möglichst beförderliche Durchführung der daherigen Untersuchungsfälle kann sowohl über den objektiven Thatbestand, als bezüglich des in Betracht kommenden subjektiven Verschuldens die wünschbare Klarheit erzielt werden.

III. Fremdenpolizei und Werbung.

Keine Bemerkungen.

LlgO

IT. Politische Polizei.

Wahrscheinlich nur dem energischen Auftreten und der Festigkeit, welche der Bundesrath bezüglich den anarchistischen Umtrieben in der Schweiz im Vorjahre an den Tag gelegt hat, ist es zu verdanken, daß während dem Berichtsjahre auf diesem Gebiete keine besonderen Vorgänge zu verzeichnen sind.

Die Ansichten der Kommission befinden sich im vollständigen Bipklange mit den Entscheiden des Bundesr.-ithea bezüglich eingereichten Gesuchen anarchistischer Elemente um Gestattung der Rückkehr in die Schweiz und wünscht sehr, daß derselbe in derartigen Fällen auch fürderhin zur Sicherung der Ruhe und Ordnung im Vaterlande in bisheriger Weise vorgehe.

V. Heimatrecht.

Das Departement hatte im Jahre 1886 in nahezu 70 Fällen, welche annähernd 200 Personen betragen, mit der Feststellung des Heimatrechtes sich zu beschäftigen.

Eigentliche Heimatlose-Fälle, den unerledigten Rest der vorjährigen Inbegriffen, sind 44 zu verzeichnen, wovon noch 33 pendent geblieben sind, deren Untersuchungen aber laut Bericht ernstlich gefördert werden.

Es ist wirklich bemühend, die Thatsache konstatirt zu sehen, daß solche Fälle, in denen das Heimatrecht von Ausländern zweifelhaft geworden ist, sich eher vermehren als vermindern. 167 Fälle

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= 226 Personen betreffen Heimsehaffungen verlassener Kinder, Geisteskranker und Soleher, welche der öffentlichen Wohlthätigkeit anheimgefallen sind. Hievon entfallen auf das Ausland 111 und auf die Schweiz 56 Gesuche. Pendent sind diesfalls im Ganzen noch 11 Fälle mit 16 Personen.

VI. Allgemeine Schlußbemerkungen.

Der Untersuch der Register des Departements überzeugte uns, daß dieselben pünktlich geführt werden. Die Zahl der Geschäftsnummern beläuft sieh am Tage des Untersuches (26. Mai) auf 776 und im Vorjahre bezifferte sich dieselbe auf 713. Zieht man iu Betracht, daß das daherige Geschäftsregister z. B. Anfangs Mai 1884 nur 489 Nummern aufweist, währenddem am 26. Mai 1887 in demselben 776 eingetragen sind, so resultirt eine Greschäftsvermehrung während dem Zeitraum von circa zwei Jahren von nicht weniger als 287 Nummern.

IV, Geschäftskreis des Militärdepartements, .

I. Sanitarische Untersuchung und pädagogische Prüfung der Wehrpflichtigen.

Der Prozentsatz der diensttauglich erklärten Rekruten ist im Durchschnitt im Geschäftsjahre ein etwas besseier als in den letzten neun Jahren; er beträgt 50,3 °/o und wird nur durch die beiden ersten Jahrgänge unter der neuen Militärorganisation, 1875 und 1876, übertroffen.

In Bezug auf die pädagogische Prüfung fand im Berichtjahre wieder eine Besammlung der pädagogischen Experten und Gehülfen statt zur Besprechung des bei den Rekrutenprüfungen einzuhaltenden Verfahrens. Wir finden, daß eine solche Konferenz alljährlich stattfinden sollte im Interesse eines wirklich einheitliehen Vorgehens bei den Prüfungen, denn nur durch eine vollständige Gleichmäßigkeit im Verfahren kann ein gerechtes, allgemeines Zutrauen er~ weckendes Resultat erzielt werden.

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Ebenso gehen wir im Interesse der Gleichmäßigkeit mit dem Berichte einig, daß darauf getrachtet werden solle, daß auch die Zahl der an den einzelnen Prüfungstagen zu Prüfenden eine möglichst gleich massige sei und 100 Mann nicht übersteigen soll; denn gerade eine allzugroße Anzahl und auch eine ganz kleine Zahl zu Prüfenden kann in dieser oder jener Art auf das Resultat der Noten einwirken.

II. Rekrutinmg.

Laut Bericht sind im Berichtjahr zirka 250 Rekruten mehr ausgehoben worden als im Vorjahre. In Bezug auf die Rekrutirung der Kavallerie wird bemerkt, daß auch hier eine Besserung eingetreten sei und zwar um zirka 20 Mann. Es ist nur zu hoffen, daß diese Besserung eine nachhaltige und sieigende sei; denn trotz dieser Besserung beträgt die Rekrutirung für Kavallerie nur 9,8 °/o des gesetzlichen Bestandes, was bei einer 10jährigen Dienstzeit und alljährlichem, außerordentlichem Abgange natürlich eine ganz ungenügende ist.

Der Bestand der Kavallerie im Auszuge beträgt laut Bericht nur 2844 Mann, statt der gesetzlichen Stärke von 3412 ; er ist sogar, trotz der Besserung in der Rekrutirung, um 17 Mann kleiner, als im Jahre 1886. Ueberhaupt fällt bei der Durchsicht des Bestandes des Bundesheeres nach Waffengattungen auf, daß, während sämmtliche anderen Waffengattungen weit höhere Bestände als die gesetzlichen aufweisen, allein bei der Kavallerie das Gegentheil der Fall ist; es bleibt diese volle 17 °/o unter dem gesetzlichen Bestände. Der Ursachen dieser Erscheinung sind jedenfalls verschiedene, und es dürfte am Platze sein, denselben nachzuforschen und im Interesse unseres Bundesheeres dahin getrachtet werden, selbst unter der Bedingung weiterer finanzieller Opfer seitens des Bundes diesem fatalen Uebelstande abzuhelfen.

III. Unterricht, a. Instruktionspersonal.

Die schon wiederholt angeregte Frage der Pensioniriing ausgedienter Instruktoren hat leider noch nicht gelöst werden können, weil dieselbe mit dem neuen Besoldungsgesetze für die eidgenössischen Beamten enge zusammenhängt, der Entwurf zu diesem Besoldungsgesetze von den Käthen aber wieder an den Bundesrath zurückgewiesen worden ist.

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b. Vorunterricht.

Der Bericht konstatirt namhafte Fortschritte in einzelnen Kantonen ; andere Kantone jedoch stehen noch weit hinter den Forderungen des Bundes zurück. Noch nicht einmal an allen höhern Volksschulen wird Turnunterricht ertheilt oder haben dieselben genügende Turnplätze und alle vorgeschriebenen Turngeräthe.

Auch die Berichterstattung einzelner Kantone über das Turnwesen ist eine sehr mangelhafte.

c. Unterrichtskurse.

Betreffend den Generalstab spricht sich der bundesräthliche Bericht dahin aus, daß das bisherige Generalstabsbüdget für die sich von Jahr zu Jahr steigernden Anforderungen an die Ausbildung des Korps nicht mehr genüge und eine etwelche Erhöhuiig desselben für die Zukunft unvermeidlich sei. Wir sind der Ansicht, daß hier durchaus nicht gespart werden solle, hängen doch das Wohl der Armee und die Chancen zum Gelingen der Operationen in erster Linie von einem tüchtigen Generalstabe ab.

Bezüglich der Infanterie-Rekrutenschuleu konstatirt der bundesräthliche Bericht, daß es in Folge der Reduktion der Schulen und daheriger Ueberfüllung derselben schwer halte, den bei den frühern, schwächern Schulen erreichten Standpunkt jeweils wieder zu erreichen und gelte dies namentlich bezüglich des Schießunterrichtes. Auch hier gilt der Spruch : ,,Schon Stillstand ist Rückschritt", und es will die Kommission durchaus nicht aus Sparsamkeitsrücksichten einem solchen die Hand bieten; sie ist im Gegentheile der Ansicht, daß keine Opfer gescheut werden sollen, um unsere Milizarmee auf die größtmögliche Stufe der Ausbildung zu bringen.

Wenn in den Jahren der Bataillons- und Regimentsübungen in den verschiedenen Kreisen eine Vermehrung der Schulen nicht möglich ist, wegen Abhaltung vermehrter Kurse, die mit den Schulen kollidiren würden, so sollte wenigstens in den Jahren der Brigade- und Divisionsübungen eine Vermehrung möglich sein und dann wenigstens die Hälfte der Truppen eine bessere Ausbildung erhalten.

d. Freiwillige Schießvereine.

Die Zahl der Vereine und die ihrer Mitglieder sind wieder bedeutend gewachsen ; die Zahl der entschädigungsberechtigten Mitglieder dagegen ist zurückgegangen, wahrscheinlich wegen den gestellten, erhöhten Präzisionsbedingungen. Es ist dieses letztere Vorgehen seitens des Departements jedoch nur zu begrüßen, da

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der Bund doch unmöglich seine Prämien für bloßes Pulververknallen auswerfen kann und es Pflicht jedes einzelnen Vereines und jedes ·einzelnen Mitgliedes ist, den gestellten Anforderungen nachzukommen.

Mit Genugthuung konstatiren wir hier noch, daß, wie aus dem bundesräthlichen Bericht hervorgeht, in den Schießvereinen sich zirka 17,000 Mann befinden, die nicht militärpflichtig sind; es bieten diese schießkundigen Männer jedenfalls einen tüchtigen Kern für unsern organisirten Landsturm.

e. Centralschulen.

Wir gehen vollständig einig mit der Notiz im bundesräthiichen Berichte, daß unsere Centralschulen nach oben besser ausgebaut werden sollten, da bei der jetzigen Organisation gerade unsere höhern Offiziere, denen im Kriegsfalle die Führung unserer großem Truppeakörper anvertraut werden muß, keine Gelegenheit au weiterer Ausbildung in unsern Militärschulen haben und wir begrüßen deßhalh die Absicht des Bundesrathes, die Frage eines Ausbaus unserer Centralschulen zu prüfen und eventuell seiner Zeit bezügliche Vorschläge zu bringen.

f. Kavallerie.

Es sind im Berichtjahre 61 Pferde ini Inlande und 318 im Auslaude angekauft worden, also beinahe 20 % des Gesammtbedarfs gedeckt im Inlande. Eine größere Steigerung des Ankaufs im Inlande wird jedoch vorderhand ohne Nachtheil für die Waffe kaum Platz greifen können, da auch unter dem angekauften Material sich eben eine ziemliche Anzahl Pferde finden, die vermöge ihrer Bauart sich nicht recht zum Kavalleriepferde eignen und namentlich auch betreffend Ausgiebigkeit des Ganges weit hinter dem ausländisshen Material zurückstehen.

Es gibt Gegenden und Kantone, die zur Erkenntuiß kommen, daß eben nicht jedes Kreuzungsprodukt zum Kavalleriedienste tauglich ist und die sich bestreben, bei ihrer Zucht und Aufzucht den Anforderungen, die an ein gut gebautes, leistungsfähiges Kavalleriepferd gestellt werden müssen, möglichst nachzukommen; dagegen kommen die Einkaufskommissionen wieder in Gegenden, wo nicht bloß die Erkenntniß, was zu einem guten Kavalleriepferde gehört, fehlt, sondern wo namentlich auch die Aufzucht der jungen Pferde, sei es durch schlechte Fütterung, sei es durch allzufrühen Verbrauch der noch unausgebildeten Knochen, eine ganz verfehlte ist.

Es genügt eben nicht, behufs rascher Erzielung eines zürn Reitdienste brauchbaren Pferdeschlages, schöne Hengste zu importiren, Bandesblatt. 39. Jahrg. Bd. III.

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wenn denselben eben nicht ebenfalls tüchtige Stuten zugeführt werden können. Es wird sich nun zeigen, welche Resultate mit dem Versuche des Einkaufs dreijähriger Thiere im Inlande und Aufzucht derselben im ehemaligen Fohlenhof Thun, wie er zum ersten Male im Jahre 1887 gemacht wird, erzielt werden.

Daß übrigens unsere Dragoner, bezw. deren Väter, die gleiche Ansicht vom durchschnittlichen Minderwerthe des inländischen Pferdematerials gegenüber dem ausländischen hegen, geht am besten daraus hervor, daß, während die Zahl der abgegebenen inländischen Pferde im Berichtjahre zirka Ve des Bestandes betrug, die Uebersteigerung derselben nur zirka J /ia der Gesammtübersteigerungssumme ausmachte.

Um nun aber den geäußerten Bedenken einzelner Landestheile gerecht zu werden, die dahin gehen, daß, wenn der Einkauf im Inlande durch zwei, theilweise verschieden zusammengesetzte Kommissionen besorgt werde, vielleicht nicht von beiden der gleiche Maßstab für die Tauglichkeit der vorgeführten Pferde angelegt werde, drückt Ihre Kommission den Wunsch aus, es möchten die Einkäufe im Inlande jeweils während eines Jahres, wenn immer möglich, durch die gleiche Kommission vorgenommen werden.

g. Kavallerie-Rekrutenschulen.

Wir gehen mit der Ansicht im bundesräthlichen Berichte vollständig einig, daß der Bestand an Cadres für die Vorkurse und die Rekrutenschulen etwas erhöht werden sollte, sowohl im Interesse der ersten Rekrutenausbildung als auch im Interesse der Cadresmannschaft, die hier ihr erstes Feld für selbstthätige Instruktion findet.

Ueber die Beschaffenheit der Karabiner, die jeweils an die Rekruten abgegeben werden, hört man häufig Klagen, daß ein großer Theil derselben als Präzisionswaffen nicht viel taugen, und es kann dies fast nicht anders sein, weil seit einer Reihe von Jahren zum weitaus gröfSten Theile immer wieder alte, aufgefrischte Waffen abgegeben werden. Hiedurch wird aber der Begeisterung des Dragoners für eine weittragende Waffe bedeutend Abbruch gethan, und es ist dies jedenfalls der Hauptgrund, warum sich die Dragoner so wenig bei den Schützenvereinen betheiligen, und wo sie sich noch betheiligen, dieselben meistens die Infanteriewaffe benützen.

Es kann dieß aber unmöglich im Interesse der Hebung der Schießtüchtigkeit der Dragoner liegen, und es dürfte hier bei einer allfälligen Gesetzesänderung eine andere Bestimmung getroffen werden, vielleicht in dem Sinne, daß «dem Landvvehrdragoner in Zukunft der

59 Karabiner nicht mehr abgenommen, sondern belassen würde, mit der Verpflichtung' zu Schießübungen, und dafür der Rekrut jeweilen eine neue, gute Waffe bekäme.

h. Artillerie.

Eine bemühende Bemerkung macht der bundesräthliche Bericht in Bezug auf die letztjährigen Rekruten der Artillerie betreffend körperlicher Beschaffenheit und Eignung zur Waffe. Es wird hier ein eigentlicher Rückschritt konstatirt, besonders beim -Train, und es glaubt der Bericht, dies der schlechten Volksernährung und der zunehmenden Verkriippelung in der Masse des Volkes zuschreiben zu sollen.

Es kann dieses leidige Faktum aber doch kaum ein allgemein geltendes sein ; denn noch haben wir Landesgegenden, wo die Volksernährung keine schlechte genannt werden kann, und es werden hoffentlich auch an den Orten, wo dieß nicht der Fall ist, das nun glücklich unter Dach gebrachte Alkoholgesetz und die damit verbundenen Anstrengungen der Kantone dazu beitragen, die gesunkene Volkskraft wieder zu heben.

Die Bemerkung, daß auch in den Unteroffiziers- und Oföziersbildungsschulen die Beschaffenheit der Schüler zurückgegangen, wird hoffentlich nur eine für das Berichtjahr gültige sein. Es wäre Schade, wenn gerade diese Waffe, die bis jetzt als unsere best ausgebildete gegolten, einen wirklichen Rückgang konstatiren müßte.

Dem Wunsche einer stärkern Munitionszutheilung, sowohl in die Feld- als in die Positionsartillerieschulen, sollte leicht Rechnung getragen werden können, ohne das bezügliche Budget allzusehr zu belasten.

In Betreff der ausgeschossenen Peabody-Gewehre der ParkKanoniere gelten die gleichen Bemerkungen, wie bei den Karabinern der Dragoner. Wenn die Schießtüchtigkeit aller Arrneeubtheilungen gehoben werden soll, was doch die Hauptbedingung bei unserer Jlilizarmee sein sollte, so muß eben auch allen Abteilungen eine Waffe in die Hände gegeben werden, die dem betreffenden Träger Vertrauen erweckt und Freude macht.

i. Genie.

Einen eigentümlichen Eindruck macht die Bemerkung im bundesräthlichen Bericht, daß der Waffenchef von zwei Kantonen, trotz wiederholter Aufforderung, keine Angaben über die Gründe des Ausbleibens eines Theiles ihrer Kontingente habe erhalten

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können 5 ebenso daß dem Waffenchef nur vereinzelt Mittheilung gemacht worden sei, ob und vue diejenigen bestraft wurden, welche unentschuldigt ausgeblieben sind. Wie reimt sich eine solche Klage mit einer einheitlichen Militärorganisation, mit einer strammen Disziplin ?

k. Sanität.

Hier erscheinen die gleichen Bemerkungen, wie oben, betreffend Berichterstattung über Bestrafung von Nichteingerückten : Von L. kein genügender Bericht, von G. kein Bericht etc.

Ist bei unserer Armee ein solcher Zustand wirklich noch möglich und könnte solchen Vorkommnissen nicht energisch entgegengetreten werden?

IV. Kriegsmaterial.

Im Bericht über das Gesammtresultat der Waffeninspektionen heißt es, daß der Zustand der Waffen in Händen der Mannschaft ein weniger befriedigender sei als früher. Es durfte diesem fatalen Uebelstand durch verschärfte Beaufsichtigung und strengeres Vorgehen gegen die Fehl baren energisch entgegengetreten werden.

Im Weitem konstatirt der Bericht, daß nunmehr der Verordnung über die Anlage von Ausrüstungs-Reserven in allen Kantonen nachgekommen worden, ebenso seien die Kantone mit anerkennenswerther Bereitwilligkeit der Einladung nachgekommen, die Anschaffungen für 1888 so zu fördern, daß dieselben bis Ende Mai 1887 schon verfügbar seien.

Auch die Vorräthe an Handfeuerwaffen der Kriegsreserve sind so weit angewachsen, daß derjenige Theil des Landsturmes, der mit solchen Waffen zu versehen ist, vollständig damit ausgerüstet werden könnte, ohne die für die eigentliche Armee bestimmte Reserve anzugreifen.

Ebenso ist laut Bericht die Korpsausrüstung und das Material der verschiedenen Truppenverbände sowohl beim Auszuge, als bei der Landwehr io guter Ordnung und komplet vorhanden.

Der Vorrath an Munition für sämmtliche Waffengattungen ist ein reichlicher und die tägliche Produktion unserer wohlgeleiteten und eingerichteten Munitionsfabrik gegenwärtig, wie sich Ihre Kommission persönlich überzeugte, eine solche, daß die Vorräthe rasch gesteigert werden, trotz täglichem Verbrauch in den Militärkursen.

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Y. Waffenplätze.

Bei Berathung des Budget pro 1886 wurde von den Käthen folgendes Postulat angenommen: ,,Der Bundesrath wolle im Laufe des nächsten Jahres für den Abschluß der Pachtverträge mit den Waffenplätzen der einzelnen Kantone und Ortschaften bestimmte Grundsätze im Sinne einer bessern Entschädigung als bisher aufstellen, sowie auch für die kaufweise Uebernahme der durchaus nöthigen Plätze durch den Bund allgemeine Normen festsetzen."

Das Militävdepartement hat in Folge dessen die in Frage kommenden 17 Wafferiplätze durch einen Experten nach einheitlichem Programme untersuchen lassen, und es hat sich hiebei herausgestellt, daß die verschiedenen Plätze in Bezug auf Größe der Exerzirfelder und Anlage der baulichen Einrichtungen überaus große Verschiedenheiten zeigen und der Werth der Objekte, je nach Lage des Exerzierplatzes, neue oder alte Baute, neues oder altes Inventar, ein so verschiedener ist, daß es sich als rein unmöglich herausstellt, für Erwerbung der Plätze sowohl, als auch für Miethe derselben allgemeine Normen aufzustellen. Die Fortbenutzung sämmtlicher Plätze stellt sich aber als unerläßlich heraus; es abstrahirt deßhalb der Bundesrath einstweilen von der kaufweisen Erwerbung aller oder eines Theiles derselben ; er ist jedoch dem Postulate in der Weise nachgekommen, daß er die Entschädigungen für jeden Mannschaftsdiensttag etwas erhöht hat und filr Fälle, wo die Einrichtungen und das dafür aufgewendete Anlagekapital es als gerechtfertigt erscheinen läßt, auch eine mäßige Erhöhung der betreffenden Entschädigung eintreten lassen will. Im Budget pro 1887 wurden diese Erhöhungen der Entschädigungen bereits eingestellt, und da auch der Ständerath bei der Büdgetberathung zu Protokoll erklärt hat, daß von dem Ankaufe weiterer Waffenplätze vorderhand Umgang genommen werden solle, so glaubt der Bundesrath und mit ihm Ihre Kommission, ,,daß das Postulat, als einstweilen erledigt, abgeschrieben werden könne."

IV. Landesbefestigung.

Laut bundesräthliehem Berichte ist in der Frage der Befestigung des Gotthards im Berichljahre noch fast nichts geschehen; eingeleitet wurden die Terrainaufnahmen und Nivellements auf den verschiedenen Punkten, begonnen die Bauten am Südportale des großen Tunnels.

Der Bundesrath erklärt diese Verzögerung damit, daß die Prüfung und Ausarbeitung der zahlreichen Projekte erst im

62 Herbste bewerkstelligt werden konnte, glaubt aber, daß die Verzögerung nur im Interesse der Befestigungswerke stattgehabt, indem im Befestigungswesen in neuester Zeit so gründliche Neuerungen stattgefunden, daß dasselbe in ein förmliches Uebergangsstadium getreten sei, so daß wahrscheinlich eine rasche Ausführung unseres Gotthard-Befestigungsprojektes nach frühern Grundsätzen nach Vollendung derselben nicht befriedigt hätte. Es fallen hier namentlich auch die neuern Sprengstoffe, Melinit, Schießbaumwolle etc. in Betracht, über deren Wirkungen man sich zuerst Klarheit verschaffen mußte, um denselben, bei Anlage der festen Werke, Rechnung tragen zu können.

Ihre Kommission ist nun ganz damit einverstanden, daß die zu erstellenden Werke auf der Höhe der gegenwärtigen Kriegswissensehaft stehen sollten ; dagegen bleibt eben diese Wissenschaft nicht stehen, und es wäre bei einem allfälligen Kriege eine vielleicht etwas mangelhafte, resp. den neliesten Erfindungen nicht vollständig Rechnung tragende Befestigung doch besser als gar keine. Wir glauben deßhalb, da dieselbe doch einmal eine beschlossene Sache ist, daß die Interessen des Landes es verlangen, daß die Ausführung der Befestigungsfrage nunmehr energisch an die Hand genommen werden sollte, wenn auch die Ausführung nach heutigen Grundsätzen ziemlich höher zu stehen kommen wird, als nach denjenigen, die früher der Berechnung zu Grunde gelegt wurden.

V. Geschäftskreis des Finanz- und Zolldepartements, I. Finanzverwaltung.

1. Gesetzgebung, Terträge und Réglemente.

Ueber die Organisation der Finanz Verwaltung und der dazu gehörigen Beamtungen ist dermalen nichts Weiteres zu bemerken.

Dieselbe, auf bestehenden Reglementen, insbesondere auf demjenigen vom 19. Februar 1877 beruhend, ist sieh seit 1885 gleich geblieben. Es wurde im Jahr 1886 hieran nichts Wesentliches geändert; nur fand eine provisorische Vermehrung des Personals bei der Kontrole statt.

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Das Postulat vom 23. Dezember 1885 betreffend Vorlage «ines Gesetzesentwurfs über die Besoldungen der eidgenössischen Beamten ist pendent, und es wird dies noch weiterhin der Fall sein, bis über die Aenderungen, welche die Reorganisation des Bundesrathes mit sich bringt, und die daherigen neuen Anforderungen ein Einblick gewonnen sein wird.

Die Bücher und Kontrolen sind ordnungsgemäß geführt, und «die Kassainspektionen zeigten immer ein günstiges Ergebniß.

Wie im Jahr 1885 , betrug auch im Jahr 1886 der durchschnittliche Wechselskonto 12 Va °/o -- ein Ansatz, über den man nicht leicht hinausgehen kann, wenn man ein ganz sicheres Portefeuille behalten will.

2. Münzwesen.

In Benutzung der Befugniß, welche der Art. 8 des Münzvertrags vom 6. November 1885 der Schweiz einräumt, befaßte sich das Finanzdepartement mit der Umschmelzung der alten Fünffrankenstücke bis auf 10 Millionen Franken (Gesammtemission Fr. 10,478,250). Die Stempelzeichnungen wurden zum Konkurs ausgeschrieben, welcher aber kein befriedigendes Ergebniß lieferte.

Einige Zeichnungen wurden indessen vom Bunde gekauft und können für neue Entwürfe verwendet werden.

Der Rückzug der alten Billonmünzen ist ein definitiver, nachdem auf 30. Juni 1886 eine letzte Frist angesetzt worden war.

Nicht ohne Befremden mußte man dabei wahrnehmen, daß sehr viele Münzen nicht zurückkamen, indem namentlich von den 26,513,566 Fünfrappenstücken nur 10,220,000 eingingen, was eine Differenz von 16,293,566 oder 61,45 °/o an verlorenen Stücken aufweist.

3. Liegenschaftsverwaltung.

Der Ertrag der Liegenschaften des Waffenplatzes in Thun läßt sich noch nicht angeben, indem noch verschiedene Bewirthschaftungsarbeiten auszuführen sind, nach deren Beendigung erst sich ein effektiver Ertrag zeigen wird.

4. Banknotenkontrole.

Es wird immer augenscheinlicher, daß das Banknotengesetz abgeändert werden muß.

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Der Bericht des eidgenössischen Finanzdepartements bemerkt,, ,,daß nach seiner Ansicht die Forderung von Art. 12 des Gesetzes, 60 % der Notenemission statt der umlaufenden Noten zu decken, eine den vernünftigen geschäftlichen Regeln zuwiderlaufende ist und unter Umständen von einer Bank, bei der absoluten Integrität ihrer ökonomischen Lage, unmöglich erfüllt werden kann."'

Das Departement hat bereits von sich aus einen modus vivendi eintreten lassen und den Banken einzelne Erleichterungen gewährt..

Allein von einer geordneten Situation ist da keine Rede und daher eine Revision des Gesetzes nicht zu umgehen. Bei diesem Anlaßenotiren wir die Erklärung des Vorstehers des Finanzdepartements, daß sachbezügliche Abänderungsanträge nächstens vorgelegt werden, sollen.

Der Bericht des Departements befaßt sich auch mit der Frage, in welche Lage im Falle einer Krise die Banken und das Land gerathen könnten. Der diesfällige Befund lautet nichts weniger ala beruhigend, weßhalb ungesäumt Vorkehrungen in dieser Richtung zu treffen sein werden.

Immerhin muß, entgegen von Behauptungen Solcher, in deren Interesse es liegt, den Banken zu schaden, anerkannt werden, daß die schweizerischen Banknoten Wertpapiere sind , mit denen die Inhaber keine Gefahr laufen.

Zu einer Bemerkung veranlaßt uns der von einem verbrecherischen Individuum in Berlin unternommene Versuch einer Banknotenfälschung.

Der Fälscher stößt auf viele Schwierigkeiten. Kann er die Zeichnung der Banknote nachahmen, so hält es schwer für ihn, sich ein Papier zu verschaffen, wie dasjenige, welches der Fabrikant einzig an die Eidgenossenschaft liefert. Es gibt aber noch ein Mittel, die Nachmachung fast unmöglich zu machen ; es besteht darin, daß man die Banknote stets mit handschriftlichen Unterschriften versehen läßt. Lithographirte oder autographirte Unterschriften können, wie die Zeichnung, nachgemacht werden, nicht aber die handschriftlich angebrachte Unterschrift.

5. Militärpflichtersatz.

Zur Zeit des Abschlusses der dießfälligen Rechnungen sind, dem Geschäftsberichte zufolge, mit Zahlungen im Rückstande gewesen : für das Ganze : Nidwaiden ; für einen Theil : Solothurn und Neuenburg.

Das Finanzdepartement hat diese Kantone nachdrücklich um Entrichtung der rückständigen Beträge angegangen, jedoch umsonst;, und da ihm Zwangsmittel nicht zur Verfügung stehen, so beschränkt sich dasselbe darauf, die Sache im Geschäftsbericht zu erwähnen.

Was die Anwendung der Taxe auf die Landesabwesenden, betrifft, so sind einzelne Kantone hierin etwas säumig gewesen.

Heute bessert sich indessen die Sachlage und Alles läßt hoffen.5 O daß in Bälde in der Anwendung dieser Taxe Gleichmäßigkeit herrsche.

6. Conversion des Anleihens.

Diese wichtige Frage war Gegenstand von Besprechungen, die noch nicht zu einem Ziele führten. Sie wurden infolge von politischen Constellationen, welche den Markt schwierig machten, unterbrochen und sollen wieder aufgenommen werden, sobald der Augenblick günstig erscheint.

II. Zollverwaltung.

Zolltarif, Grenzwachtdienst, Gesetzesübertretungen.

Der Ertrag der Zölle ist in stetem Anwachsen begriffen ; leider nur infolge von Tariferhöhungen, nicht infolge eines Aufschwunges der Geschäfte.

Da gegenwärtig der Entwurf eines revidirten Tarifs vor dea Käthen liegt, so haben wir hier nichts weiter darüber zu sagen.

In Bezug auf den Grenzwachtdienst und die Gesetzesübertretungen ist keine besondere Bemerkung anzubringen.

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Vi. Handels- und Landwirthschaftsdepartement.

.AJlg-emeines.

Schon der erste Blick auf den einläßlichen Bericht dieses Departements zeigt, daß demselben ein derart umfangreicher Geschäftskreis zugetheilt ist, wie keinem andern Departemeute. Wenn auch die Departements Verwaltung volle Anerkennung verdient, so ist es doch wünschenswert!), daß bald eine theilweise Entlastung derselben eintrete. Hiezu sind übrigens bereits die einleitenden Schritte *o gethan.

»

I. Abtheilimg : Handel, Industrie und Gewerbe.

I. Handelsverträge.

Im Berichtjahre ist ein neuer Handelsvertrag mit Rumänien zu Stande gekommen, welcher für die Schweiz bedeutende Vortheile verspricht. Dagegen geben unsere Zollverhältnisse mit Deutschland, Italien und Oesterreich zu großen Befürchtungen Anlaß. Zwar steht die Schweiz in Zollsachen in allen Ländern, mit denen sie Handelsverträge abgeschlossen hat, im Rechte der meistbegünstigten Nation.

Dieses Recht ist aber für die Schweiz hinsichtlich einiger Vertragsstaaten von geringem Werth, hauptsächlich gegenüber Deutschland, welches hohe Eingangszölle erhebt, während die deutschen Produkte und Fabrikate zu sehr niedrigem Tarif iu die Schweiz eingeführt werden. Auch von Oesterreich und Italien aus droht unseren Handelsstande gleiche Gefährde. Zur Abhülfe dieses Uebelstandes sind alle nöthigen Anordnungen getroffen worden.

IF. Anstände im internationalen Handels- und Zollverkehr.

Aus dem Berichte geht hervor, daß ein Theil der Anstände alljährlich durch Unterlassung vorgeschriebener Formalitäten seitens der Versender oder wegen Unkenntniß der betreffenden Tarife entstehen; Es ^wäre sehr wünschbar, wenn dem Handelsstand mehr Gelegenheit geboten würde, sich mit den bestehenden Handelsund Zollverträgeri und Formalitäten besser bekannt zu machen.

67 Dieses könnte vielleicht, am besten dadurch erreicht werden, daß die bestehenden, in den verschiedenen Gesetzesbänden zerstreuten Handelsverträge wenigstens auszugsweise zusammengefaßt und ein Verzeichniß der bestehenden Tarife angefertigt und in Verbreitung .gebracht würde. Dieses kann begreiflicherweise erst geschehen, wenn die Revision unserer Zollverhältnisse, welche gegenwärtig in Arbeit liegt, zürn Abschlüsse gelangt ist. Schon am 30. Juni 1882 ist ein Postulat in diesem Sinne gestellt worden, und es ist im Berichte des Justizdepartements in Aussicht gestellt, daß diese Frage anläßlich Büdgetberathung für das Jahr 1887 näher zur Erörterung kommen werde.

Unter den Anständen ist einzig eine Verfügung des französischen Handelsministeriums, wonach Waaren, welche trotzdem sie im Auslande hergestellt sind, den Namen eines französischen Ortes oder Fabrikanten tragen, der Beschlagnahme unterworfen sind.

Diese Verfügung betrifft hauptsächlich die Uhrenindustrie. Es ist zwar eine Sistirung dieser Verfügung, nicht aber ein prinzipieller Entscheid herbeigeführt worden. Die dadurch entstehende Unsicherheit kann in ihrem Fortbestande nur dadurch gerechtfertigt erscheinen, daß die hauptsächlichsten Interessenten diesen Zustand, wonach die französische Verwaltung von Fall zu Fall milde Entscheidungen fällt, einer prinzipiellen Entscheidung, die vielleicht zu ihren Ungunsten ausfallen könnte, vorziehen.

IV. Ausstellungen und Konsulatsbericlite.

Im Berichtjahre war die schweizerische Industrie nur in unbedeutendem Maße an Ausstellungen betheiligt.

Wenn auch der O O große Einfluß der Ausstellungen auf die Förderung der Industrie und dei1 Gewerbe nicht bestritten werden kann, so entsprechen doch, besonders wenn solche Ausstellungen häufig abgehalten werden, die Erfolge und ^ ^ ortheile öfters nicht den darauf verwendeten großen Kosten der G-esammtheit und der einzelnen Aussteller. -Aus diesem Grunde und mit Rücksicht auf die für das Jahr 188!) angesetzte internationale Industrie- und Kunstausstellung in Paris begrüßen wir es, daß die projektirte Landesausstellung in Genf noch um einige Jahre verschoben wird.

Mit den Ausstellungen werden häufig Lotterien verbunden, worüber nicht selten theilweise begründete Klagen laut werden.

Wenn diese Lotterien nur aus dem Grunde veranstaltet werden, um ausgestellte Waaren ankaufen und zur Verloosung bringen zu können und hiedurch die Aussteller für ihre Kosten theilweise zu unterstützen, so kann dagegen nicht viel eingewendet werden;

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anders aber verhält es sich, wenn solche Lotterien einzig aus finanziellen Rücksichten veranstaltet und die zur Verloosung gelangenden Gegenstände behufs Täuschung des Publikums bedeutend überschätzt werden. Dadurch wird nur der Unwille eines Theiles der Bevölkerung geweckt, wozu bei den aus der Bundeskasse suventionirten Ausstellungen kein Anlaß geboten werden sollte.

Im vorjährigen Geschäftsbericht hat die Departementsverwaltung betont, daß ungeachtet einer im vorherigen Berichte enthaltenen Mahnung, nur 48 Konsulatsberichte eingelangt seien. Im Berichtjahr hat sieh die Anzahl der eingelangten Berichte noch um 2 vermindert. Hauptsächlich in dieser Zeit, wo der schweizerische Handel und die Industrie durch große Konkurrenz von Außen und ungünstigeZollverhältnisse darniedergedrückt sind, ist es wünschenswerth, daß über unsere Handelsbeziehungen zum Auslande allseits einläßliche Berichte erstattet werden. Wir wollen hoffen, daß hiedurch einige Konsule zu eifrigerer Berichterstattung angeregt werden.

VIII. Geistiges Eigenthum.

Von 600 deponirten ausländischen Handels- und Fabrikmarken, welche laut Urtheil des Bundesgerichtes, gestützt auf das bezügliche Gesetz vom 19. Dezember 1879 einer Erneuerung bedurften, nur 52 erneuert wurden und 548 erloschen sind. Wenn auch die betreffenden Markeninhaber vom Bundesrath hierauf aufmerksam gemacht worden, sind, es beruhe die Nichterneuerung eher auf einem Versehen derselben als auf Mangel an Interesse für betreffendes Institut. Dieses scheint wenigstens aus der Statistik der neu eingetragenen Marken hervorzugehen. Von den 26 in der betreffenden Tabelle aufgeführten Industriezweigen liefert dio Uhrenindustrie allein 19 1/2% der sämmtlichen eingetragenen Marken. Es ist dieses ein Beweis für die Bedeutung derselben und für die Notwendigkeit, diese Industrie nach Kräften zu unterstützen.

Auch auf dem Gebiete des geistigen Eigenthums macht sich eine große Unkenntniß der bezüglichen Gesetzgebung sogar in interessirten Kreisen geltend. Es ist dieses ein neuer Fingerzeig, daß die Bevölkerung für die allerdings sehr ausgiebige Gesetzgebung des Bundes fast kein Interesse zeigt. Wir erachten es für wünschenswerth, wenn dieses Interesse durch Abhaltung öffentlicher Vorträge, geeignete Publikationen, Besprechungen in höhern Fachschulen oder sonst irgendwie mehr geweckt werden könnte. Dadurch würde nicht nur ein Großtheil der Bevölkerung vor Schaden bewahrt, sondern auch die Verwaltungsbehörden und Gerichte vor Geschäftsüberhäufung mehr geschont.

IX. Gewerbe, gewerbliches und industrielles Unterrichtswesen.

Das Département hat die Vorlage eines Entwurfes zu einem Gesetz betreffend die Verhältnisse der gewerbetreibenden Arbeiter und Lehrlinge in Aussicht gestellt und hiezu geeignete Enqueten beim schweizerischen Gewerbeverein abgehalten. Die Kommission spricht den Wunsch aus, es möchte diese Materie bald gesetzgeberisch geregelt werden.

Im Berichtjahre hat der Bund an das gewerbliche und industrielle Unterrichtswesen circa Fr. 200,000 Beiträge geleistet, nahezu Fr. 50,000 mehr als im vorhergehenden Jahre. Eben so sehr als wir diese Unterstützung als gerechtfertigt anerkennen, wünschen wir auch, daß sie nur zweckentsprechend verwendet werde. Deßhalb scheint uns angezeigt, daß alle diese Bildungsanstalten wenigstens ein Mal im Jahr durch Sachverständige besucht und durch gute Rathschläge und geeignete Anordnungen unterstützt werden. Zu diesem Zwecke wurden vom Departement im Vorjahre 12 Experten beigezogen, im Berichtjahre aber sind nur noch sechs mit bezüglichen Untersuchungen betraut. Dabei hat unter denselben eine Theilung der Arbeit stattgefunden. Drei hievon sind mit Inspektionen von 10 Museen und Sammlungen, l Kunst- und Kunstgewerbeschulen, 55 gewerblichen Fortbildungsschulen und 5 Fachschulen betraut,
XI. Fabrikgesetz und Haftpflicht.

Auch im Bevichtjahre hat das Fabrikgesetz insofern eine Ausdehnung erfahren, als neue Arten Etablissemente demselben unterstellt worden sind. Der Schutz der arbeitenden Bevölkerung ist hiedurch erweitert auf gesetzgeberischem Wege, noch mehr aber durch die Ausdehnung des Haftpflichtgesetzes. Diese Ausdehnung ist um so mehr augezeigt, weil bisher mehrere Uebelstände -IM Tage getreten sind. Es gibt immer noch eine nicht unbedeutende Anzahl von Fabrikbesitzern, welche die ihnen lästigen Bestimmungen des Fabrikgesetzes zu umgehen suchen, und es ist desshalb eine strengere Aufsicht über das Fabriekwesen ab Seite der kantonalen Behörden wünschbar. Dem Vernehmen naeh wurden bisher viele Unfälle, wenn sie nicht von großer Bedeutung waren, so viel als möglich verheimlicht und nicht zur Anzeige gebracht, theils aus Verschulden oder Unkenntniß der Arbeiter, theils, weil dieselben furchten müssen, wenn sie Anzeige machen oder sieh nicht um geringe Entschädigungssummen abfinden lassen, durch Entlassung

70 aus der Arbeit brodlos zu werden, theils weil sie sich durch Versprechungen begütigen lassen, bis die für Einreichung der Klage vorgeschriebene Frist abgelaufen ist. Zwar wurden die vorgekommenen und zur Anzeige gelangten Unfälle in den Berichten der kantonalen Behörden und der Fabrikinspektoren meistens erwähnt. Eine statistische Zusammenstellung aber hat nicht stattgefunden , weil dieselbe bei angegebenen Uebelständen keinen Anspruch auf Genauigkeit erheben und infolge dessen leicht zu falschen Schlüssen Veranlaßung bieten könnte. Es wäre wünschenswerth, wenn diesen bestehenden Uebelständen abgeholfen und später eine zuverläßige Statistik der Unfälle beim Fabrikbetrieb unter Ausscheidung der verschiedenen Industriezweige vorgenommen werden könnte.

XV. Gold- und Silberwaarenkontrole und Handel mit Goldund Silberabfällen.

Wie aus dem Berichte zu entnehmen ist, sind die bezüglichen Gesetze hauptsächlich für diejenigen Gegenden der Schweiz, wo die Uhrenindustrie und Bijouterie in großem Maßstabe betrieben wird.

Behufs einheitlicher Durchführung der Kontrole wurden im Berichtjahre für die hiemit betrauten Beamten mehrere Instruktionen erlassen; auch ist das Gesetz selbst einer kleinen Abänderung unterworfen worden. Auch zur Ausführung des Gesetzes über den Handel mit Gold- und Silberabfälien wurde eine Verordnung nebst Instruktionen aufgestellt. Eine Anzahl Industrieller ersuchte um Aufschub für den Vollzug derselben, wurde jedoch abgewiesen.

II. Abtheilung: Landwirtschaft.

Landwirthschaftliches Unterrichtswesen und Versuchsstationen.

Au die theoretisch-praktischen Ackerbauschulen der Kantone Zürich, Bern und Neuen bürg wurde eine Subvention von Fr. 23,878 verabfolgt, nahezu das Doppelte des vorjährigen Beitrages. Ein Theil hievon wurde zur Ausführung von Düngungs-, Fütterungsund Züchtungsversuchen verwendet, Wenn nun auch laut Bericht derartige Versuche in den Lehrplänen der Ackerbauschulen nicht berücksichtigt sind und wie es seheint theilweise mehr hindernd auf den Unterricht einwirken, glauben wir doch, es sollte das Landwirthschaftsdepartement auch inskünftig wenn neue für Ausübung der Landwirtschaft wichtig scheinende Projekte auftauchen,,

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Versuche hierüber veranstalten lassen. Die Vornahme vieler derartiger Untersuchungen ist für den einzelnen Landwirth oft mit zu großen Auslagen und mit zu großem Risiko verbunden, und es scheint deßhalb in vielen Fällen angezeigt, daß der Bund hiebei unterstützend eingreife. Die Wege, auf denen dieses geschehen kann, scheinen derart mannigfaltig zu sein, daß durch derartige Versuche leicht das landwirthschaftliche Unterrichtswesen gefördert werden kann, anstatt daß bisher eher das Gegentheil vorgekommen zu sein scheint.

Von eben so großer Wichtigkeit für rationelle Betreibung der Landwirtschaft erachten wir die Errichtung und Unterstützung der landwirthschaftlichen Winterschulen. Da der Besuch derselben zur Zeit, wo die landwirthschaftlichen Arbeiten ruhen, nur mit geringen finanziellen Anforderungen für die Schüler verbunden ist, so wird derselbe auch dem finanziell weniger gut situirten Theil der landwirthschaftlichen Bevölkerung, dem Sohn des Kleinbauers, ohne Schwierigkeit geöffnet, und es wäre nur zu wünschen, daß hievon großer Gebrauch gemacht würde. Wir zweifeln aber nicht daran, daß sich die Ueberzeugung, es brauche auch zum rationellen Betrieb der Landwirthschaft tüchtige theoretische Kenntnisse, bei der Bevölkerung immer mehr Bahn brechen und in Folge dessen die hiefür errichteten Unterrichtsanstalten mehr frequentirt werden.

Die vorjährige Geschäftsprüfungskommission hat das Postulat gestellt, der Bundesrath wolle untersuchen, Bericht und Antrag stellen, ob und event. in welcher Weise das eidgen. Landwirthschaftsdepartement mit der landwirthschaftlichen Schule, der Samenkontrol- und der agrikulturchemischen Untersuchungsstation und mit der forstlichen Versuchsanstalt am schweizerischen Polytechnikum in eine bessere Verbindung gebracht werden könne. Es wurde dieses Postulat von den Räthen angenommen. Diese Anstalten sind auch wirklieh zur Hebung der Landwirthschaft und zum Schulz der landwirthschaftlichen Bevölkerung vor Uebervortheilungen errichtet. Wenn daher Uebelstände zu Tage treten, wodurch der Zwek, zu dem diese Anstalten errichtet sind, beeinträchtigt wird, finden wir es statthaft und sogar angezeigt, daß das Landwirthschaftsdepartement sich für Verbesserung allfällig zu Tage tretender Mängel verwende. Es kann dieses geschehen, auch wenn eine direkte Verbindung dieser Anstalten
mit dem Landwirthschaftsdepartement noch nicht besteht. Die mit dem Polytechnikum verbundene Samenkontroistation ist für die Landwirthschaft nicht so vorteilhaft, wie es auf den ersten Anblick zu sein scheint und in der Intention des Stifters gelegen ist. Der Grund hievon.

'72 .scheint in der Organisation derselben zu "liegen. Es können mit derselben von den Samenhandlungen sowohl Kontroiverträge als Privatverträge abgeschlossen werden. Diejenigen Handlungen, welche Kontroiverträge abschließen, sind verpflichtet, sämmtliche FeldSämereien, welche sie in den Handel bringen, der Untersuchung zu unterstellen; ihre Abnehmer haben das Recht die gekaufte Waare unentgeltlich untersuchen zu lassen. Die Privatverträge berechtigen dagegen nicht zum unentgeltlichen Nachuntersuch. Die Firmen, welche nur im Privatvertrag mit der Kontroistation stehen, geben sich häufig den Anschein, als stehen sie unter ständiger .Kontrole, veröffentlichen in den Auskündungen das Resultat der Untersuchungen und bringen unter dieser Flagge viel schlechte Waare in Handel. Dadurch wird die Bedeutung der Samenkon'trolstation für die Landwirthschafi bedeutend herabgemindert. Ganz das Gleiche gilt betreffend der landwirthschaftlichon-chemischen Untersuchungsstation, indem beim Handel mit Kunstdünger und Kunstfutter von vielen Händlern das ganz gleiche Verfahren eingeschlagen wird Der Handel mit diesen Waaren, der Werth derselben, die für die Landwirtschaft durch Lieferung solch' schlechter Waare entstehende Schädigung ist derart bedeutend, daß ein Untersuch ob und wie diesem Uebelstande abgeholfen werden kann, sowie Einleitung der hiezu nöthigen Schritte zu Gunsten der Landwirtschaft erwünscht wäre.

Auch scheint eine einzelne Samenkontroistation für die Schweiz kaum genügend, und es dürfte sich die Frage zur Erörterung eignen, ob nicht die Errichtung eines neuen derartigen Institutes unter direkter Verbindung mit dem Landwirthschaftsdepartement in verschiedener Hinsicht zu empfehlen wäre. Wir stellen zwar kein Postulat, glaubten aber, daß die Prüfung dieser Verhältnisse nur vorteilhaft sein würde.

II. Hebung der Thierzucht.

A. Hebung der Pferdezucht.

Im Beriohtjalire konnten, trotzdem ab Seite der Kantone 13 .anglo-normänische Zuchthengste zur Uebernahme begehrt wurden, nur 8 solche angekauft werden. Der Grund hievon liegt darin, daß eine größere Anzahl solcher Thiere seitens anderer Staaten .zugekaui't worden waren. Es ist etnpfehlenswerth, daß inskünftig der Ankauf seitens der bezüglichen Kommission etwas früher als bisher vorgenommen werde. Von Sachverständigen wurde auch schon öfters der Wunsch ausgesprochen, es möchte ferner darauf geachtet werden, daß noch besseres Zuchtmaterial eingeführt werde.

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Die Kommission hält diesen Wunsch für berechtigt. Zwar wird dadurch die Bundeskasse noch mehr als bisher in Anspruch genommen werden müssen. Die Notwendigkeit der Hebung der Pferdezucht begründet aber vollständig eine solche Mehrausgabe ab Seite des Bundes.

In dem Berichte der Kommission für Pferdezucht im Kanton Bern ist eine Thatsache erwähnt, welche für Hebung der Pferdezucht von großer Bedeutung sein kann. Hiernach kaufen die Hengsthalter in der Normandie IVajährige Thiere um ca. Fr. 1000, brauchen dieselben l Jahr und halten sie ferner l Jahr auf üppigen Weiden und sorgen nebstdem für gute Fütterung. Sodann werden diese Thiere gewöhnlich für Fr. 3000 bis 10,000 verkauft, und es erzielen die Hengsthalter einen im Verhältniß zum Risiko und zu den Fütterungskosten bedeutenden Gewinn. Es wird nun die Frage auftauchen, ob es nicht angezeigt sei, daß unsere eidgen.

Ankaufskommission auch solche zwei Jahre alte Hengste kaufe, die den Hengsthaltern oder vielleicht auch Andern, welche dieselben rationell halten würden, um den Ankaufspreis mit Kosten abzugeben wären und nach zwei Jahren, wenn sie sich gut entwickelt hätten, vom Bunde auch wie bis jetzt geschätzt und subventionirt werden könnten. Auf diese Art würden unsere Hengsthalter viel mehr verdienen, und die Auswahl in der Normandie wäre für ein junges Thier entschieden viel besser zu treffen als bis dahin. Es kann allerdings zweifelhaft sein, ob diese Aufzucht in der Schweiz mit gleichem Erfolg betrieben werden könne. Die Kommission hält aber dafür, daß diese Anregung die vollste Beachtung ab Seite des Landwirthschaftsdepartementes verdient, und wünscht, daß allfällige derartige Unternehmen ab Seite von Privaten oder Kantonen geeignete Unterstützung erhalten.

Eines der wichtigsten Hindernisse einer rationellen Pferdezucht ist der Mangel an geeigneten Fohlenweiden, und die in einigen Gegenden verbreitete unrichtige Ansicht, daß schlechte, für das Rindvieh nicht geeignete Weiden für Pferde genügen. Es ist deßhalb für unsere Pferdezucht von großer Bedeutung, daß diesem Uebelstande abgeholfen werde. Deßhalb ist die Subventionirung der Bestrebungen zur Verbesserung der Fohlenweiden zu begrüßen.

B. Rindviehzucht.

Für die landwirthschaftliche Bevölkerung der Schweiz ist die Hebung der Rindviehzucht noch von viel größerer Bedeutung als die der
Pferdezucht, und es sind auch unsere Verhältnisse hiefür besser geeignet. Hauptsächlich muß darauf hingewirkt werden, daß die« große Einfuhr von Mastvieh durch entsprechende Ausfuhr Bundesblatt. 9. Jahrg. Bd. III.

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von reinem Rassenvieh stetsfort wenigstens gedeckt werde. Zudem wird in Folge der Zollverhältnisse, Abnahme der Ausfuhr von Käse und andere der Landwirtschaft ungünstige Verhältnisse dieselbe immer mehr zur Aufzucht von reinem Rassenvieh angewiesen. Zur Hebung derselben wurden im Berichtsjahre den Kantonen zur Prämirung von Zuchtstieren und Stierkälbern auf je 100 Zuchtstiere ein Beitrag von je Fr. 800 zugesichert. Die vorjährige Geschäftsprüfungskommission hat gewünscht, daß bei Verkeilung dieser Beiträge auch andere Faktoren, z. B. die für den gleichen Zweck ausgesetzten kantonalen Prämienbeträge, berücksichtigt werden möchten.

Auch uns scheint dieser Wunsch die volle Aufmerksamkeit des Departements zu verdienen.

Für Prämirung von Zuchtfamilien wurden Fr. 13,911 verwendet. Durch stete Verabreichung derartiger Beiträge kann hoffentlich der Erfolg erzielt werden, den man früher in einzelnen Landeatheilen durch die Einführung eines Heerdebuches zu erreichen suchte.

Für Verbesserung der K l e i n v i e h z u c h t , speziell der Ziegenzucht, scheint trotz der Anregung der vorjährigen Prüfungskommission kein Beitrag geleistet worden zu sein. Wir folgern dieses daraus, daß im Berichte hierüber nichts enthalten ist. Es rührt wohl daher, daß von den Kantonsregierungen, in deren Gebiet die Ziegenzucht betrieben wird, keine Gesuche um Verabfolgung von Beiträgen gestellt wurden und sonst eher Anstrengungen zur Verminderung der Ziegenzahl als zu deren Aeufnung gemacht worden sein sollen. So lange nun aber in den nächstbetheiligten Kreisen für Hebung der Ziegenzucht nichts gethan wird, ist die bisher eingenommene rückhaltende Stellung des Bundes zu begreifen und kein Grund vorhanden, diese Frage zu untersuchen.

Y. Maßnahmen gegen die Schäden, welche die landwirtschaftliche Produktion bedrohen.

Die Phylloxéra hat sich in der Schweiz in einem Schreken erregenden Umfange verbreitet. Dadurch droht der Weinbau treibenden Bevölkeruug der Schweiz ein enormer Schaden zu erwachsen.

Demselben kann allfällig noch vorgebeugt werden durch ganz einläßliche Untersuchung aller Rebgelände zur Aufspürung der Infektionsheerde und durch radikale Vertilgung derselben. Es kann daher bei allen Theilen der Bevölkerung, welche die Tragweite der Gefahr und des Schadens kennen, nur begrüßt werden, wenn die Departementsverwaltung auch inskünftig alle diejenigen Maßregeln zur Anwendung bringen läßt, welche geeignet sind, die schwebende Gefahr zu beseitigen.

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TI. Landwirtschaftliche Vereine und Genossenschaften.

Der schweizerische landwirtschaftliche Verein vertheilte auch dieses Jahr den erhaltenen Beitrag von Fr. 4000 behufs Förderung von Wandervorträgen und Fachkursen an die kankonalen Vereine.

Diese Verwendung ist schon im letztjährigen Geschäftsbericht als unstatthaft erklärt worden und auch im diesjährigen Berichte gerügt. Wir erwarten, daß inskünftig bei der Vertheilung dieser Subvention genau nach den bezüglichen Vorschriften der Verordnung verfahren werde.

An die Verwaltungskosten wurden dem Schweiz, landwirtschaftlichen Verein der büdgetirte Beitrag von Fr. 3500 geleistet, was auch für die Zukunft genügen dürfte.

Ferner wurde ihm nach eindringlichen, wiederholten Gesuchen zur Deckung eines Defizits Fr. 2000 verabfolgt. Wir notiren gerne, daß dieses nur ,,ausnahmsweise" geschehen ist und hoffen zugleich, daß inskünftig solche Ausnahmen nur selten gema.cht werden.

Im Uebrigen erklärt sich die Kommission mit der Verwendung der den Hauptvereinen aus der Bundeskasse gewährten Beiträge einverstanden und sieht sich hierüber zu keinen weitern Bemerkungen veranlaßt.

III. Abtheilung: Forstwesen, Jagd und Fischerei, Auch im Berichtsjahre hat in mehreren Kantonen die Forstkultur keine großen Fortschritte gemacht. Die Schwierigkeiten, welche der genauen Ausführung des Forstgesetzes entgegenstehen, sind sehr verschiedener Natur. In einigen Kantonen herrscht Mangel an tüchtigen Förstern, in andern scheut man die Auslagen, welche durch Anstellung von Forstbeamten erwachsen, und vielerorts wird die rationelle Forstwirthschaft durch die Ziegenzucht und den Weidgang erschwert. Allgemein hat sich die Ueberzeugung Durchbruch verschafft, daß die durch das Forstgesetz vorgesehenen forstwirthschaftlichen Verbesserungen nicht in der vorgeschriebenen Zeit durchgeführt werden können, ohne in zu großem Maße anderweitige bedeutende Interessen eines großen Theiles der Bevölkerung zu verletzen. Es kann somit auf diesem Gebiete nur gemäß dem Grundsatz festina lente -- jedoch nicht in dem Maßstabe, wie es im Kanton Wallis geschieht -- vorgegangen werden.

Für die Wildhut in den Jagdbannbezirken ist aus der Bundeskasse die Summe von nahezu Fr. 13,000 verabreicht worden.

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Hiedurch ist jedenfalls auf diesem Gebiete Genügendes geleistet und es muß dei- Erfolg ein ganz bedeutender sein, um diesem Kostenaufwand zu entsprechen. Mit Grund steht zu befürchteu, daß der Erfolg der Wildhut durch unzweckmäßige, schrankenlose Gestattung der Jagd nach Oeffnung der Bannbezirke in kurzer Zeit wieder vernichtet werde, wenn nicht geeignete Anordnungen dagegen erfolgen.

Von verschiedener Seite ist die Revision des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz angeregt worden. Auch wir unterstützen diese Anregung und wünschen baldige Vorlage eines bezüglichen Entwurfes.

Der Hebung der Fischzucht steht hauptsächlich der Fabrikbetrieb an den Gewässern entgegen. Trotz Gesetz und Verordnungen kann diesem Uebelstande ohne Verletzung der Interessen der Industrie, welche so viel als möglich geschätzt zu werden verdienen, nicht vollständig abgeholfen werden. Um so mehr ist die Unterstützung der künstlichen Fischzucht auch für fernerhin angezeigt, immerhin in dem Sinne, daß die Bundesbeiträge nur zur Heranziehung brauchbarer Sorten Fische verwendet werden sollten.

IV. Abteilung: Auswanderuiigswesen.

Die Auswanderung aus der Schweiz ist so bedeutend, daß dieses Verwaltungsgebiet die Aufmerksamkeit des Departements in vollem Maße so verdient, wie sie ihm zu Theil wird. Wir gewärtigen gern den in Aussicht gestellten Entwurf zu einer Abänderung des Auswanderungsgesetzes, damit die übermäßige Anzahl der Unteragenten beschränkt und dadurch die von ihnen vielerorts geweckte Auswanderungslust beseitigt werde; auch sollte von den kantonalen Behörden die von Zeit zu Zeit auftretenden sogenannten Auswanderungsapostel in ihrer Wirksamkeit möglichst verhindert und Anordnungen zur unfreiwilligen Auswanderung armer Familien ab Seite von Gemeindebehörden geahndet werden. Es ist zu hoffen, daß auch die durch den Bund an nützliche industrielle, gewerbliche und landwirtschaftliche Bestrebungen gemachten Beiträge erzielen, daß die Lage der Bevölkerung verbessert und dieselbe von Auswanderung mehr abgehalten werde.

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\. Abtheiluug: Versicherungswesen.

Wir hegen keinen Zweifel, es werde bei der umsichtigen Führung des Versicherungsamtes dem Publikum dadurch ein großer Vortheil erwachsen, daß nur soliden Gesellschaften das Recht zum Abschluß von Verträgen ertheilt werde und Schutz gegen Ausbeutung vorhanden sei. Von 101 angemeldeten Gesellschaften erhielten 74 die Konzession. Wenn man die Reihenfolge derselben durchgeht, so erhält man einen oberflächlichen Begriff, welche große Summe Geldes, alljährlich für Versicherungszwecke in's Ausland abfließen, wovon offenbar nur ein kleinerer Theil wieder in die Schweiz zurückkehrt. Dadurch dringt sieh unwillkürlich die Ansicht auf, daß die Frage, ob auf diesem oder einem Theile desselben eine Vereinheitlichung wünschenswert!! wäre, einer gründlichen Untersuchung werth ist.

Vii Geschäftskreis des Post- und Eisenbahndepartements, A. Postverwaltung.

I. Allgemeines.

Aus dem Bericht des Post- und Eisenbahndepartements,,ist die erfreuliche Thatsache zu konstatiren, daß in allen diesem Departement unterstellten Verwaltungszweigen eine bedeutende Vermehrung des Verkehrs und in keinem auch nur ein Stillstand zu notiren ist.

Das finanzielle Ergebniß der Postverwaltung ist als ein sehr günstiges zu bezeichnen. Der Reinertrag der Pustverwaltung beziffert sich auf die Summe von Fr. 1,582,621, also um die Summe von Fr. 108,451 höher als der Budgetansatz, und um die Summe von Fr. 74,514 höher als der Reinertrag des Vorjahres.

Die Wirksamkeit des neuen Posttaxengesetzes hat sich nach jeder Richtung als sehr zweckmäßig erwiesen. Bei einer ziemlich beträchtlichen fiskalischen Mehreinnahme hat die einheitliche Taxe für den Verkehr und für die Konsumenten sehr wesentliche Vor-

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theile, indem jeder Konsument dadurch in die Möglichkeit versetzt wird, vermöge der einheitlichen Taxe den Bedarf an Waaren von daher zu beziehen, wo dieselben in bester Qualität und zu billigstem Preise zu haben sind. Als Beweis für obige Thatsachen führen wir an, daß beim internen Bahnpostverkehr die Zahl der Stücke im Jahr 1886 um 561,158 zugenommen hat.

Ebenfalls in Folge der durch das Posttaxengesetz eingetretenen Verminderung des Gewichts der einzelnen Briefe hat die Zahl der internen Briefe um ein Namhaftes zugenommen.

Ebenso hat der Geldanweisungsverkehr sowohl im Innern als nach Außen eine bedeutende Vermehrung der Stückzahl, sowie der- Summen aufzuweisen.

Unter der Rubrik :

II. Vorlagen an die Bundesversammlung und Erlasse derselben ist hervorzuheben, daß nur ein einziges unerledigtes Postulat, nämlich dasjenige vom 21. Februar 1878 betreffend Erhebung von Wechselprotesten durch die Post vorliegt. Da die im letztjährigen bundesräthlichen Geschäftsbericht diesfalls angebrachten Bemerkungen zu keinen Aeußerungen in den Käthen Anlaß gegeben, so glaubte das Departement annehmen zu sollen, daß die Räthe selbst eine baldige Vorlage über die Frage der Besorgung von Wechselprotesten durch die Post zur Zeit nicht für dringend erachten, wodurch jedoch der Initiative der Postverwaltung oder allfälligen Begehren nicht vorgegriffen sein soll.

Die vom Nationalrath dem Bundesrath überwiesene Petition, bezweckend die Gründung einer Alterskasse für die eidgen. Postangestellten fällt mit den Bestrebungen des Versicherungsvereins eidgenössischer Beamten und Angestellten und des schweizerischen Amtsbürgschaftsvereins zusammen. Es haben nun diese Vereine eine gemeinsame Kommission niedergesetzt, welche die Frage in Bezug auf das Personal a l l e r eidgenössischen Verwaltungen reiflieh prüfen und ihre Vorschläge den Bundesbehörden einreichen wird, was also zu gewärtigen ist.

III. Unterhandlung und Vollziehung wichtiger Verträge.

a. Inland.

Bezüglich des Postdienstes auf der aargauisch-luzernischen Seethalbahn ist zwischen der Postverwaltung und der Direktion dieser

79 Linie ein für beide Kontrahenten befriedigender Vertrag am 21. März 1886 abgeschlossen worden, ebenso betreffend den Postdienst auf der Kriens-Luzern-Bahn, sowie mit der Appenzellerbahn über die Festsetzung der Entschädigung für den Transport der Fahrpoststücke über 5 Kilogramm.

b. Ausland.

Die getroffenen Vereinbarungen auf dem Weltpostkongreß in Lissabon, 21. März 1885, sind im IX. Band der amtlichen Sammlung publizirt worden.

Als von allgemeinem Interesse verdient hervorgehoben zu werden, daß das Maximalgewicht der Poststücke (Collis postaux) von 3 auf 5 Kilogramm ausgedehnt wurde.

Einzugsmandatdienst ist zwischen der Schweiz und folgenden Ländern eingeführt: Deutschland, Öesterreich-Ungarn, Belgien, Egypten, Frankreich, Italien, Luxemburg, Portugal und Rumänien.

IV. Personelles.

Auf Ende 1886 betrug die Zahl der Postbeamten 813, die Zahl der Poststellen 2174. Vermehrung gegenüber 1885: 31.

G-esammtzahl der Beamten und Bediensteten 6126. Ueber den Stand der Besoldungen gibt der Rechenschaftsbericht detaillirte Auskunft. Die Ausrichtung von Entschädigungen bei Unfällen des Postpersonals im Dienste nahm in 78 Fällen die Summe von Fr. 6992. 90 in Anspruch. Die hierauf bezügliche Verordnung vom 30. Dezember 1881, wo nur in solchen Fällen Entschädigungen verabreicht wurden, wenn die Dienstunfähigkeit wenigstens 7 Tage dauerte, wurde in dem Sinne modifizirt, daß diese Frist fallen gelassen wurde.

Der Bürgschaftsverein von Postbeamten zählt 5627 Mitglieder mit einer Bürgschaftssumtne von Fr. 17,693,100.

B. Telegrapheuverwaltung.

Der Telegraphenverkehr hat sich ebenfalls wesentlich vermehrt; namentlich ist es der internationale und Transitverkehr, welcher in Folge der durch die Konferenz in Berlin aufgestellten ermäßigten Tarife bedeutend zugenommen hat, und zwar von dem Zeitpunkte an, wo derselbe in Kraft getreten ist, nämlich am 1. Juli 1885. Als bemerkenswert!! erscheint es, daß der fest-

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gesetzte Vertheilungsmodus der Taxen auf die einzelnen Staaten, ausnahmsweise für die kleinem Staaten, günstig festgesetzt ist. Die Verhandlungen mit Frankreich zum Zweck der Taxermäßigung und Taxvertheilung hatte bisher nicht das gewünschte Resultat, was den Bundesrath veranlaßt hat, den mit Frankreich bestehenden Vertrag zu künden. Es ist nun Aussicht vorhanden, daß Frankreich gegenüber der Schweiz die nämlichen Zugeständnisse macht, wie solche gegenüber Belgien bereits eingetreten sind.

Telephon.

Das neue Institut des Telephonwesens ist in steter Zunahme begriffen. Neue Netzverbindungen wurden in großer Zahl erstellt, selbst eine internationale Verbindung zwischen Basel und St. Louis.

Gegenüber der Thatsache einer stets zunehmenden Entwicklung erscheint es rathsamer, mit der Beurtheilung der innern Organisation dieses Instituts noch zuzuwarten und dieselbe auf den Zeitpunkt zu verschieben, wo man auch in diesem Verwaltungszweig manche Erfahrung gemacht haben wird.

C. Eisenbahnwesen.

Die Thätigkeit des Departements zur Besorgung dieses Verwaltungszweiges ist eine sehr umfangreiche, und es fallt einem Laien schwer, dieselbe in allen Unterabtheilungen zu überblicken und im Detail zu verfolgen. Aus diesem Grunde beschränkt sich Eeferent darauf, diejenigen Punkte zu berühren, welche nach seiner Ansicht für die Bundesbehörden von hervorragendem Interesse sind.

Dahin gehören in erster Linie die internationalen Verhältnisse, das Tarifwesen und die Maßregeln für die Sicherheit des Bahnbetriebs.

In ersterer Hinsicht ist hervorzuheben, daß die internationale Konferenz betreffend technische Einheit im Eisenbahnwesen vom 10.

bis 15. Mai letzten Jahres in Bern stattgefunden hat. An derselben nahmen die Delegirten von Deutschland, Frankreich, Italien und Oesterreich-Ungarn Theil. Das Ergebniß der Konferenzialverhandlungen wurde in zwei Schlußprotokolle niedergelegt. Das eine betrifft die technische Einheit bei der Wagenkonstruktion, wie namentlich Abstand der Achsen, der Räder einer Achse, Breite und Stärke der Bandagen etc.

Das andere Protokoll bezieht sich auf die zollsichere Einrichtung der Güterwagen hinsichtlich der Beschaffenheit der Wagenkasten, Wagenthüren und Verschluß der Thüren und Fenster, der ·Lichtöffnungen etc.

81 Nachdem sämmtliche Regierungen der an der Konferenz theilnehmenden Staaten ihre Zustimmung zu den in der Konferenz erzielten Vereinbarungen erklärt hatten, konnten die bezuglichen Bestimmungen schon am 1. April 1887 in Wirksamkeit gesetzt werden.

In ziemlich sicherer Aussicht steht ferner die Vereinbarung eines internationalen Eisenbahnfrachtrechtes. Die diesbezüglich in Bern vom 5. bis 17. Juli abgehaltene Konferenz, an welcher sich Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Oesterreich-Ungarn und Rußland betheiligten, einigte sich auf ein Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr und damit in Verbindung stehende Ausführungsbestimmungen und die Errichtung eines Centralamtes, welche Entwürfe durch das Organ des schweizerischen Bundesrathes den Regierungen der bei der Konferenz vertretenen Staaten einbegleitet wurde. Es verdient hervorgehoben zu werden, daß die Schweiz in diesen Verhandlungen von hoher Bedeutung für den europäischen Eisenbahnverkehr eine hervorragende Stellung eingenommen hat, indem die Bundesstadt Bern als Sitz der betreffenden Konferenzialverhandlungen und der schweizerische Bundesrath als geschäftsvermittelnde Behörde bezeichnet worden, ein Beweis, daß die Bedeutung der Schweiz im Herzen des großen internationationalen Verkehrs von den europäischen Großstaaten anerkannt und gewürdigt wird.

Der von der Bundesversammlung durch Beschluß vom 19. Dezember 1884 postulirte einheitliche Tarif für den Transport von Waaren ist nunmehr auch für das Netz der schweizerischen Westbahnen und des Simplon durchgeführt worden. Die bezüglichen Tarifansätze gaben Anlaß zu verschiedenen Reklamationen aus den Kantonen Freiburg, Wallis und Waadt, betreffend Transport von Holz und andern landwirtschaftlichen Gegenständen, welche im Verhältniß zum Gewicht einen verhältnismäßig großen Raum einnehmen, wie Heu, Stroh, Torf, Rinde etc.

In Würdigung dieser Reklamationen hat sodann die Gesell-.

schaft durch den Ausnahmetarif Nr. 62 reduzirte Taxen eingeführt, welche für Holzsorten verlangt waren, die in der Regel in Wagenladungen von 5000 kg. verladen werden.

Ueberdies hat die Gesellschaft an den Verhandlungen Theil genommen, welche zum Zweck einer Vergünstigung für den Transport von Heu, Stroh, Rinde und Torf unter sämmtlichen Reformtarifbahnen eröffnet worden sind, und deren Resultat die Aufstellung von Ausnahmstarifen für Wagenladungen von 5000 kg. vor. Durch diese Vorgänge hat daher auch die von Herrn Berger im National-

82 rathe gestellte Motion, welche den Zweck hatte, eine Ermäßigung der Frachtansätze für landwirtschaftliche Gegenstände, wenigstens theilweise ihre Erledigung gefunden.

Während die Schweiz durch die infolge des neuen Viehseuchengesetzes an den Grenzen angeordnete sanitätspolizeiliche Untersuchung des einzuführenden Viehes bestrebt ist, die Einschleppung ansteckender Krankheiten unter dem Viehstande zu verhindern, ist es in der That bedauerlich, daß die Verhandlungen, welche behufs Erzielung eines modus vivendi hinsichtlich der Desinfektion des für den Viehtransport bestimmten Rollmaterials gegegenüber Deutschland ohne Erfolg, gegenüber Italien ganz zwecklos, weil die dortigen Eisenbahngesellschaften hiezu nicht verpflichtet werden können, und gegenüber Frankreich noch schwebend geblieben sind.

Die Kommission zweifelt nicht, daß der hohe Bundesrath diesem für die schweizerische Viehzucht sehr wichtige Gegenstand auch fernerhin seine Aufmerksamkeit zuwenden wird, um zu bewirken, daß die uns umgebenden Staaten die sanitätspolizeiliche Desinfektion der für den Viehtransport nach der Schweiz bestimmten Wagen anordnen mögen, wie es auch von Seite der Schweiz geschehen ist.

In Verbindung mit dem dem hohen Bundesrathe übertragenen Entscheid über den bekannten Anstand hinsichtlich der Moratoriumslinien der Nordostbahn und vorgängig demselben wurde die Frage eines allfälligen Rückkaufes der Nordostbahn durch den Bund bei dieser Behörde in Berathung gezogen und das Eisenbahndepartement mit Zuzug von zwei weitem Mitgliedern des Bundesrathes ermächtigt, mit der Direktion der Nordostbahn diesfalls in Unterhandlung zu treten.

Bei den weitreichenden Folgen, welche für den Bund durch die in Aussicht genommene Eventualität des Rückkaufes in finanzieller und politischer Beziehung eintreten könnten, glaubte die Kommission, diese Anführung des Berichtes nicht mit Stillschweigen übergehen zu dürfen. Da jedoch einerseits diese Angelegenheit dermalen lediglich im vorbereitenden Stadium geblieben ist und da andererseits eine Meinungsäußerung möglicher Weise störend auf die weitere Entwicklung, namentlich mit Rücksicht auf die Unterhandlung mit den Moratoriumslinien einwirken könnte, so findet die Kommission eine einläßliche Erörterung dieser Angelegenheit dermalen nicht opportun und gewärtiget die auf nächstes Jahr
im bundesräthlichen Geschäftsbericht oder in einem Spezialbericht in Aussicht gestellte Mittheilungen.

Aus dem Berichte des Eisenbahndepartements geht im Weiteren die Thatsache hervor, daß die Thätigkeit desselben darauf gerichtet

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war, durch geeignete Maßregeln die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes und des Dienstes zu bewirken, sowie bei vorkommenden Uebertretungen darauf zu dringen, daß die Schuldigen angemessen bestraft werden. Oeftere Untersuchungen der Beschaffenheit des Bahnkörpers, der Brücken, Durchlässe, Schienen, Bahnhöfe, Haltstellen fanden durch das technische Inspektovat statt, welche Besichtigungen, was sehr anzuerkennen ist, oft durch Begehung der fraglichen Linien ausgeführt wurden.

Die Gesammtzahl der auf den schweizerischen Bisenbahnen vorgekommenen Verletzungen betragen 85 Fälle und blieb daher unter demjenigen des Vorjahres, welche mit 113 Fällen aufgeführt sind, zurück, während die Zahl der Tödtungen beinahe gleich geblieben sind und 44 Fälle betreffen, Dem Referenten ist von zuverläßiger Seite privatim mitgetheilt worden, daß auf solchen Bahnhöfen, wo eine größere Zahl von Personen verwendet wird, in der Regel das nöthige chirurgische Material vorfindlich ist, um in vorkommenden Unglücksfällen die erste chirurgische und medizinische Hülfe den Verunglückten reichen zu können. Dagegen ist nicht dafür gesorgt, daß bei Abgang eines dort stationirten Arztes, unter den Angestellten selbst sich eine befähigte Person befindet, die im Falle wäre, einen Verband anzulegen und überhaupt die erste und dringenste Hülfeleistung zu besorgen. So soll vor kurzer Zeit auf der Station Rothkreuz ein frappanter Fall dieser Art vorgekommen sein, indem ein Verunglückter, der an beiden Beinen arg verletzt war, ohne Anlage eines Verbandes nach Zug transportât werden sollte, auf dem Transporte dorthin infolge Verblutung das Leben verlor.

Vorkommnisse dieser Art rechtfertigen die Frage, ob es nicht angemessen, zuläßig und ausführbar wäre, die Gesellschaften zu verhalten, an solche Lokalitäten, wo sich kein Arzt, dagegen eine größere Zahl von Bahnpersonal befindet, bei Anstellung der Letzteren darauf Bedacht zu nehmen, daß einer der Angestellten mit den Kenntnissen eines Sanitätssoldaten ausgerüstet sei, um in Handhabung der disponiblen Instrumente und Mittel die dringendste Hülfe zu leisten.

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B. Geschäftsführung des Bundesgerichtes.

Der Bericht des Bundesgerichtes beweist, daß auch diese Behörde im Jahre 1886 vollauf in Anspruch genommen war. Möge das schöne, nunmehr bezogene Gebäude diejenigen Erleichterungen und Annehmlichkeiten bieten, welche gegenüber dem manchmal trockenen Aktenstudium um so erwünschter sind.

In Fällen der aus dem schweizerischen Obligationenrecht erwachsenden Kollisionen zwischen eidgenössischem und kantonalem Recht scheint sich das Bundesgericht in seiner Mehrheit dem kantonalen Recht zuzuneigen. Es liegt der Kommission ferne, gegenüber dieser Auffassung Kritik üben zu wollen. Sie beschränkt sich darauf, die Thatsache zu konstatiren und darauf hinzuweisen, daß dieselbe den eint oder andern Kanton veranlassen dürfte, auf dem Wege der Gesetzgebung den Dualismus im Eechte zu beseitigen, der ohne innere Nothwendigkeit in solchen Fragen zu Tage tritt, welche ohne Beeinträchtigung berechtigter kantonaler Bigenthümlichkeiten einheitlich behandelt und entschieden werden können.

Die Kommission stellt den Antrag1 : Der Geschäftsführung des Bundesrathes und des Bundesgerichtes im Jahre 1886 wird die Genehmigung ertheilt.

B e r n , den' 28. Mai 1887.

Die Mitglieder der s t ä n d e r äth l i e h e n K o m m i s s i o n : Haberstich.

Hildebrand.

Kiimmiu.

Moriand.

Müller.

Mnnzinger.

Peterelli.

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Bericht der ständeräthlichen Kommission über die Geschäftsführung des Bundesrathes und des Bundesgerichtes im Jahr 1886 (Vom 28. Mai 1887.)

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1887

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3

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27

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11.06.1887

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