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Schweizerisches Bundesblatt mit schweizerischer Gesetzsammlung.

68. Jahrgang.

Bern, den 13. September 1916.

Band III.

Erscheint wöchentlich. Preis 10 Franken im Jahr, 5 Franken im Halbjahr.

zuzüglich ,,Nachnahme- und Postbestellungsgebühr".

Einrückungsgebühr : 15 Rappen die Zeile oder deren Baum. -- Anzeigen franko an die Bachdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des zwischen der Schweiz und Österreich vereinbarten Beglaubigungsvertrages.

(Vom 5. September 1916.)

Mit Note vom 23. April 1908 regte die österreichischungarische Gesandtschaft in Bern im Auftrage ihrer Regierung den Abschluss eines Vertrages an, durch den die Frage geregelt würde, von welchen Behörden österreichische Urkunden zum Gebrauche in der Schweiz und schweizerische Urkunden zum Gebrauche in Österreich "ausgestellt oder beglaubigt sein müssen, um als vollen Glauben verdienend angesehen zu werden. Zugleich wurde mitgeteilt, dass nach Ansicht der österreichischen Regierung die Art. l und 2 des schweizerisch-deutschen Beglaubigungsvertrages vom 14. Februar 1907 sehr wohl geeignet wären, bei den Verhandlungen als Grundlage zu dienen. Der Bundesrat antwortete, dass er geneigt sei, in Verhandlungen zum Abschluss eines solchen Vertrages einzutreten, und gerne die Vorschläge der österreichischen Regierung über die Einzelheiten des in Aussicht genommenen Vertrages gewärtige.

Am 7. Oktober 1912 unterbreitete die österreichisch-ungarische Gesandtschaft dem Bundesrate einen von der österreichischen Regierung ausgearbeiteten Vertragsentwurf. Nachdem dieser Entwurf von den beteiligten Departementen einer Prüfung unterzogen worden Bandesblatt. 68. Jahrg. Bd. III.

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512 war, teilte der Bundesrat der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft am 6. Juni 1914 seine Abänderungsvorschläge mit. Die österreichische Regierung erklärte sich mit diesen einverstanden.

Es wurden dann noch einige Fragen redaktioneller und formeller Natur bereinigt. Nachdem über den Wortlaut des Vertrages volle Übereinstimmung erzielt war, ist der Vertrag am 21. August 1916 in Bern von den Bevollmächtigten der beiden Staaten unterzeichnet worden.

Wir brauchen uns über die Nützlichkeit dieses Vertrages nicht zu verbreiten; die Vereinfachung der Formalitäten, die zur Geltendmachung von Urkunden ausländischer Behörden in der Schweiz und von Urkunden schweizerischer Behörden im Ausland notwendig sind, erleichtert und beschleunigt den Geschäftsgang zum Nutzen der Privaten wie der Behörden selbst und erspart den Privaten erhebliche Auslagen an Gebühren.

Durch den Vertrag wird bestimmt, dass Urkunden, die von den im Vertrage genannten Behörden des einen Vertragsstaates aufgenommen, ausgestellt oder beglaubigt sind, zum Gebrauche im ändern Vertragsstaate keiner weiteren Beglaubigung bedürfen.

Die Frage, in welcher Sprache eine Urkunde zum Gebrauche vor Behörden des ändern Vertragsstaates abgefasst und ob sie von einer Übersetzung begleitet sein müsse, wird, wie in der vorbereitenden Korrespondenz ausdrücklich festgestellt worden ist, durch den vorliegenden Vertrag nicht berührt. In dieser Beziehung wird am bisherigen Rechtszustande durch den Vertrag nichts geändert, und es bleibt daher den schweizerischen Behörden vorbehalten, soweit nicht besondere staatsvertragliche Vorschriften bestehen, die Übersetzung aller Urkunden ,,zu verlangen, die in einer fremden Sprache abgefasst sind.

Zu den einzelnen Artikeln des Vertrages bemerken wir folgendes : ad Art. 1. Der Art. l lehnt sich an Art. l, Absatz l, des schweizerisch-deutschen Beglaubigungsvertrages vom 14. Februar 1907 (Amtliche Sammlung n. F., Bd. 23, S. 397 ff.) an. Er befreit die von einem Gerichte aufgenommenen, ausgestellten oder beglaubigten Urkunden, die mit dem Siegel oder Stempel des Gerichtes versehen sind, von weiteren Beglaubigungen.

ad Art. 2. Dieser Artikel stellt eine entsprechende Vorschrift auf für Urkunden, die von einer Verwaltungsbehörde, welche in dem dem Vertrage beigefügten Behörden Verzeichnisse aufgeführt ist, aufgenommen, ausgestellt oder beglaubigt sind. Der Art. 2 stimmt mit Art. 2 des schweizerisch-deutschen Beglaubigungs-

513 Vertrages überein. Als Verwaltungsbehörden, die Beglaubigungsfreiheit geniessen, sind im Behördenverzeichnisse im Einverständnisse mit den Kantonsregierungen die gleichen schweizerischen Behörden bezeichnet worden, deren Beurkundung gemäss dem schweizerisch-deutschen Vertrage keiner weiteren Beglaubigung bedarf; eine Ausnahme bildet der Kanton Obwalden, für den im Verzeichnisse zum Vertrage mit Deutschland zwei Behörden (die Staatskanzlei und das Landammannamt) vorgesehen sind, während im Verzeichnisse zum vorliegenden Vertrage auf Wunsch der Kantonsregierung nur eine Behörde (die Staatskanzlei) angeführt wird.

ad Art. 3. Nach Massgabe des Art. 3 geniessen Beglaubigungsfreiheit auch solche Urkunden, die in den Grenzbezirken von Finanzbehörden erster Instanz, Gefällsämtern oder Forstämtern ausgestellt werden. Diese Urkunden müssen mit der Unterschrift des zuständigen Beamten und mit dem Siegel oder Stempel des Amtes versehen sein.

ad Art. 4. Weitergehende Erleichterungen, die auf Grund besonderer Vereinbarungen namentlich für den Handelsverkehr und für das Zollverfahren gewährt sind (vgl. den Handelsvertrag zwischen der Schweiz und Österreich-Ungarn vom 9. März 1906, die Übereinkunft betreffend den Zolldienst in den Eisenbahnstationen Buchs und St. Margrethen vom 2. August 1872 usw.), werden durch den vorliegenden Vertrag nicht berührt.

ad Art. 5. Der erste Absatz enthält den Ratiflkationsvorbehalt.

Der zweite Absatz bestimmt, dass der Vertrag zwei Monate nach dem Austausche der Ratifikationsurkunden in Kraft treten und nach Kündigung, die jederzeit erfolgen kann, noch drei Monate in Kraft bleiben soll.

Wir beantragen Ihnen, durch den nachstehenden Beschluss dem am 21. August 1916 unterzeichneten Beglaubigungsvertrage zwischen der Schweiz und Österreich die Genehmigung zu erteilen.

B e r n , den 5. September

1916.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Decoppet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

514

(Entwurf.)

Bundesbesehluss betreffend

die Genehmigung des am 21. August 1916 zwischen der Schweiz und Österreich vereinbarten Beglaubigungsvertrages.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 5. September 1916, beschliesst: Art. 1. Dem am 21. August 1916 zwischen der Schweiz und Österreich vereinbarten Beglaubigungsvertrage wird die Genehmigung erteilt.

Art. 2. Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Be-" Schlusses beauftragt.

515

BeglaubigimgsYertrag zwischen

der Schweiz und Österreich.

Der Bundesrat der schweizerischen Eidgenossenschaft und Seine Majestät der Kaiser von Österreich, König von Böhmen usw.

und Apostolischer König von Ungarn haben, von dem Wunsche geleitet, im gegenseitigen Verkehr zwischen der Schweiz und Österreich Erleichterungen hinsichtlich der Beglaubigung der von öffentlichen Behörden der Schweiz oder Österreichs ausgestellten oder beglaubigten Urkunden einzuführen, beschlossen, zu diesem Zwecke einen besonderen Vertrag abzuschliessen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt : Der Bundesrat der Schweizerischen

'Eidgenossenschaft:

Herrn Bundesrat Dr. Arthur H o f f m a n n , Vorsteher des Schweizerischen Politischen Departements, und Seine Majestät der Kaiser von Österreich, König von Böhmen usw.

und Apostolischer König von Ungarn :

den Herrn Maximilian Freiherrn von G a g e r n , Allerhöchstihren Geheimen Rat, ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Grosskreuz des Kaiserlich Österreichischen Franz Joseph-Ordens, und den Herrn Dr. Gustav W a l k e r , Ministerialrat im K. K.

Justizministerium, ordentlichen öffentlichen Professor an der K. K. Universität Wien, Ritter des Kaiserlich Österreichischen Franz Joseph-Ordens, die, nachdem sie ihre Vollmachten in guter und gehöriger Form befunden hatten, die nachstehenden Artikel vereinbart haben :

516

Art. 1. Schweizerische Urkunden bedürfen zum Gebrauche in Österreich und österreichische Urkunden zum Gebrauche in der Schweiz keiner weiteren Beglaubigung, wenn sie von einem Gerichte aufgenommen, ausgestellt oder beglaubigt und mit dem Siegel oder Stempel des Gerichtes versehen sind.

Art. 2. Schweizerische Urkunden bedürfen zum Gebrauche in Österreich und österreichische Urkunden zum Gebrauche in der Schweiz keiner weiteren Beglaubigung, wenn sie von einer der in dem beigefügten Verzeichnisse angeführten obersten oder höheren Verwaltungsbehörden aufgenommen, ausgestellt oder beglaubigt und mit dem Siegel oder Stempel der Verwaltungsbehörde versehen sind.

Das Verzeichnis kann im beiderseitigen Einverständnisse jederzeit im Verwaltungswege durch Kundmachung geändert oder ergänzt werden.

Art. 3. Für Urkunden, welche in den Grenzbezirken von den Finanzbehörden erster Instanz, den Gefällsämtern und den Forstämtern ausgestellt werden, ist keine weitere Beglaubigung erforderlich, wenn die Urkunden mit der Unterschrift des zuständigen Beamten und mit dem Siegel oder Stempel des Amtes versehen sind.

Art. 4. Durch den gegenwärtigen Vertrag werden die Erleichterungen nicht berührt, die auf Grund besonderer Vereinbarungen namentlich für den Handelsverkehr und für das Zollverfahren gewährt sind.

Art. 5. Der gegenwärtige Vertrag soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen in Bern ausgetauscht werden.

Der Vertrag tritt zwei Monate nach dem Austausche der Ratifikationsurkunden in Kraft und soll nach Kündigung, die jederzeit zulässig ist, noch drei Monate in Kraft bleiben.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten den gegenwärtigen Vertrag in doppelter Ausfertigung unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

So geschehen in B e r n , den 21. August

1916.

(sig.) (L. S.) Hoffmann.

(sig.) (L. S.) M. Gagern.

(sig.) (L. S.) Walker.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des zwischen der Schweiz und Österreich vereinbarten Beglaubigungsvertrages. (Vom 5.

September 1916.)

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1916

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13.09.1916

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511-516

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