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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer normalspurigen Eisenbahn von Lugano nach Ponte Tresa.

(Vom 10. Juni 1887.)

Tit.

Schon im Mai 1885 wurde von den HH. Merlan & Quadri in Neuenburg ein Konzessionsgesuch eingereicht für eine schmalspurige Eisenbahn von der Stadt nach dem Bahnhof Lugano und nach Ponte Tresa, dieses Gesuch aber später wieder zurückgezogen, wohl aus dem Grunde, weil der beabsichtigten theilweisen Benutzung der Straße für die Bahnanlage Schwierigkeiten sich entgegenstellten.

Nun hat sich unterm 22. März d. J. in Lugano ein Initiativkomite gebildet für Anstrebung einer normalspurigen Bisenbahn vom Bahnhof L u g a n o nach P o n t e T r e s a mit eigenem Bahnkörper. Namens dieses Komite's Sucht Hr. L é o n de S t o p p a n i , Advokat und Deputirter in Lugano, mit Gesuch vom 30. März 1887, um die Konzession nach.

Das vorliegende Projekt ist bestimmt, die noch bestehende Lücke in der Transversalverbindung zwischen dem Corner- und Langensee auszufüllen. In der That ist bereits Menaggio am Comersee mit Porlezza am Luganersee und Ponte Tresa mit Luino durch einen Schienenstrang verbunden, während der Verkehr zwischen Porlezza und Lugano durch die Dampfboote vermittelt wird. Außerdem wird die projektirte Linie namentlich auch dem lokalen Verkehr wesentliche Dienste leisten. Das Tracé nimmt seinen Anfang bei der Gotthardbahn - Station Lugano, zieht sich an Sorengo, Centilino, Agnuzzo und Muzzano vorbei, über ßiogno hinauf nach Bioggio, von hier an Sarocca vorbei nach Agnound über Cassina, Magliaso, Magliasina nach Ponte Tresa. Stationen sind vorgesehen bei Sorengo, zwischen Muzzano und Agnuzzo, bei Bioggio, Agno, Magliaso, Magliasina und Ponte Tresa. Die

411 Gesammtlänge der Bahn beträgt 11,2* km., wovon zirka 7,37 km.

in die Gerade und zirka 3,87 km. in Kurven zu liegen kommen.

Als kleinster Kurvenhalbmesser ist ein solcher von 200 m. vorgesehen. Die Steigungen wechseln von 0,i bis 25 °/oo im Maximum.

Bedeutendere Erdbewegungen sied vorgesehen auf der Strecke Lugano-Agno. An Kunstbauten werden hervorgehoben 4 größere eiserne und ebensoviel steinerne Brücken, sowie eine Anzahl gewöhnlicher Durchlässe.

Die Spurweite ist normal angenommen. Der Oberbau soll mit eichenen Querschwellen und Stahlschienen von 28 Kilo Gewicht per Laufnieter erstellt werden. Für die Hochbauten soll der bei der Traversthalbahn angewendete Typus maßgebend sein. Die Stationen werden durch Telephon mit einander verbunden.

Das Rollmaterial soll ebenfalls analog demjenigen der Traversthalbahn gehalten werden. Das Gesuch sieht vor : 3 Lokomotiven, 2 Wagen I. und II. Klasse, 2 Wagen III. Klasse, 2 Gepäckwagen mit Postabtheilung, 3 gedeckte und 3 offene Guterwagen.

Die Kosten werden veranschlagt wie folgt: Fr.

32,107. 70 1 ) Landerwerb .

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2) Brdarbeiten 185,698. -- T) 122,661. -- 3) Tunnels ·n 149,000. -- 4 ) Kunstbauten .

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t> 5 ) Wegverlegungen .

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3,000. -- ·n 47,250. -- 6 ) Beschotterung .

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fi 61,360. -- 7) Schwellen ·n 141,120. -- 8 ) Schienen .

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n 9) Befestigungsmittel 20,586. 50 T) 8,400. -- 10) Weichen und Kreuzungen .

n 16,033. -- 11) Legen des Oberbaus TÌ 12) Telephon 4,000. -- TÌ 384. 50 13) Zubehörden ti 46,000. -- 14) Hochbauten T) 3,200. -- 1 5 ) Feste Anlagen .

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TI 156,350. -- 1 6 ) Rollmaterial .

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fi 6,500. -- 1 7 ) Geräthschaften .

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n 4,200. -- 18) Mobiliar ft 25,000. -- 19) Allgemeine Kosten n 17,149. 30 20) Unvorhergesehenes ·n Total Fr. 1,050,000. -- Für Berechnung der Betriebseinnahmen werden zu Grunde gelegt: Personentaxen von 14, 11 und 8 Rp. in den einzelnen Klassen per Person und km., eine Gepäcktaxe von 30 Rp. per 50 kg.

412 für die ganze Strecke und die normalen Gütertaxen vou 2, bezw.

l Rp. per 100 kg. und km., für die oberste und unterste Klasse, und dabei 5 tägliche Züge hin und her, mit durchschnittlich 20 Reisenden, angenommen, so daß sich folgende Posten ergeben: 1) Reisende :

I. Kl. ( 5 X 5 X 2 X 365 X 1. 50) Fr. 27,375 H. Kl. C 5 X 5 X 2 X 365 X L 10) ,, 20,075 III. Kl. (10 X 5 x 2 X 365 X 0. 80) ,, 29,200 2) Gepäck, Hunde und Vieh 3) Güter (20,000 Tonnen à 0.70) 4) Postentschädigung

Fr. 76,650 ,, 5,000 . ,, 14,000 ,, 5,000

Total Fr. 100,650 Dem gegenüber stehen die Betriebsausgaben mit folgenden Ansätzen : 1) Allgemeine Verwaltung Fr. 5,500 2 ) Bahn- u n d Stationsunterhalt . . . . , , 9,050 3) Fahr- und Zugsdienst ,, 19,900 4) Expeditionsdienst ,, 16,950 5 ) Verschiedene Ausgaben .

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. 3,600 Total Fr. 55,000 Es ergibt dies einen Einnahmenüberschuß von Fr. 45,650, wus, nach Abzug von Fr. 9650 für Speisung eines Reserve- und Erneuerungsfonds, die Verzinsung des Anlagekapitals zu zirka 3V2 °/o erlauben würde.

Die Regierung von Tessin erhebt in ihrer Vernehmlassung vom 13. April 1887 gegen Ertheilung der Konzession grundsätzlich keine Einwendungen, behält sich aber ihre Begehren und Bemerkungen in technischer Beziehung, namentlich betreffend die Brücke über die Tresa und den Einfluß dieser Baute auf die Regulirung des Wasserstandes im Luganer See, vor. Eine spezielle Bemerkung betrifft die Personentaxen und wird hiernach zu erörtern sein.

Die konferenziellen Verhandlungen in Betreff des vorliegenden Konzessionsgesuches fanden am 17. Mai 1887 statt.

Da die vom Gesetze verlangten formellen Requisite vorliegen, so beantragen wir, die nachgesuchte Konzession zu ertheilen.

Die im nachstehenden Beschlußentwurf vorgeschlagenen Bedingungen entsprechen, außer dem Art. 14 und den Taxen, ganz den normalen und üblichen, und veranlassen uns daher zu keinen Bemerkungen.

413 Bezüglich der vom Patenten in seinem Gesuche, bezw. dem vorgelegten Konzessionsentwurf, beantragten Personentaxen von 12 Rp. für II. und 10 Rp. für III. Klasse macht der Staatsrath von Tessin in seiner Vernehmlassung vom 13. April 1887 aufmerksam, daß Petent in seiner Rentabilitätsberechnung mit Ansätzen von 14 Rp. für L, 11 Rp. für II. und 8 Rp. für HL Klasse, selbst bei mäßiger Veranschlagung, zu einem günstigen Reinerträgniß gelange, während er im Konzessionsentwurf Taxen von 20, 12 und 10 Rp. verlange. Der Staatsrath hält im Hinblick auf die eigenen Berechnungen des Petenten, die vorkommende größte und mittlere Steigung der Linie, sowie die auf den Betrieb allfällig einwirkenden Verhältnisse dafür, daß die Taxen für I. Klasse, wenn eine solche eingeführt werde, auflSRp., für II. Klasse auf 10,6 Rp. und für die III. Klasse auf 7,6 Rp. festgesetzt werden sollten.

Der Petent stellte in der Konzessionskonferenz das Begehren, er möchte zur Führung von blos zwei Wagenklassen ermächtigt und die' Taxen für die obere (I) Klasse auf 12 Rp. und für die untere (III) auf 7,5 Rp. per Kilometer festgesetzt werden. Dieses Begehren ist der an der Konferenz nicht vertretenen Regierung des Kantons Tessin mitgetheilt worden, welche erklärt, gegen Entsprechung keine Einwendung zu erheben. Auch wir sehen uns zu einer solchen nicht veranlaßt, da unseres Erachtens kein Hinderniß besteht, in Art. 14, wie bei andern Sekundärbahnen, die Führung von bloß zwei Wagenklassen zu gestatten, und die gewünschten Taxansätze nicht übertrieben erscheinen.

Auch die unbedeutende Erhöhung der Gepäcktaxe um l Rp.

und der Viehtransporttaxen um 4 und 2 Rp. über die normalen Sätze beantragen wir zu admittiren, da sie durch die bis 25 °/oo gehenden Steigungen hinreichend motivili erscheint.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 10. Juni 1887.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: ßingier.

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(Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer normalspurigen Eisenbahn von Lugano nach Ponte Tresa.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) einer Eingabe des Herrn Léon de S top p a n i , Deputirter, in Lugano, handelnd namens eines Initiativkomites, vom 30. März, eingelangt am 1.. April 1887 ; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 10. Juni 1887, beschließt: Dem Herrn Léon de S t o p p a n i , Deputirter, in Lugano, handelnd namens eines Initiativkomites, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer normalspurigen Eisenbahn vom Bahnhof in L u g a n o nach P o n t e T r e s a unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art 2. Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren, vom Datum der gegenwärtigen Konzession an gerechnet, ertheilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in L u g a n o .

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

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*Art. 5. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum der gegenwärtigen Konzession an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsgemäßen technischen und finanziellen Vorlagen, nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert sechs Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen zwei Jahren nach stattgefundener Plangenehmigung ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit normalspurigem Unterbau und eingeleisig erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kantons Tessin und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwtichung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben, und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigeufalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens viermal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen, erfolgen.

Personenzuge, einschließlich der sogenannten gemischten Züge, haben mit einer mittlern Geschwindigkeit von mindestens 20 Kilometern in einer Zeitstunde zu fahren. Eine geringere Fahrgeschwindigkeit darf nur .infolge besonderer Bewilligung des Bundesrathes zur Anwendung gelangen.

416 Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement 'der schweizerischen Eisenbahnen zu unterwerfen. Soweit sie Aenderungen nothwendig findet, können ^dieselben nur nach eingeholter Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zyr Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben ; -Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern. In diesem Falle findet die Vorschrift von Art. 12, Absatz 2, keine Anwendung.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen his auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der zweiten Wagenklasse 12 Rappen^ in der dritten Wagenklasse 7,s Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20°/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche /wischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens G Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Per-

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sonéntaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten, mit der Eisenbahn zu spediren. Der Bundesrath wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Beirag folgender Ansätze bezogen werden : Per Stück und per Kilometer für : Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 20 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 10 Rp. ; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 5 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 2 Rappen, die niedrigste nicht über l Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u s. w. in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Franken per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportirt werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waaren um 100°/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stuckes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

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Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Balmverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruchtheile von Fr. 50l) volle Fr. 500.

Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest (heilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen besehlagen blos den Transport von Station zu Station.

Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

"o Art. 23. Die sämrntlichen Réglemente und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Bisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

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Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

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Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über den Betrieb beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 26. Die Gesellschaft- wird für Aeuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds sorgen und eine Pensions- und Unterstützungskasse für ihr Personal errichten oder dasselbe bei einer Anstalt versichern. Die darüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 27. Für die Geltend machung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Tessin, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer EigenthUmer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten.

Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Ruckkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1918 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1918 und 1. Mai 1933 erfolgt, den 221/2fachen Werth; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1933 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages , -- immerhin in der Meinung, daß die Entschädiguugs-

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summe in keinem Falle weniger als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen, jedoch unter Abzug des Betrages des Erneuerungs- und Reservefonds betragen darf.

Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller andern etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamrnten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 28. Hat der Kanton Tessin den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Artikel 27 definirt worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton Tessin hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie Letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 29. Der Bundesrath ist mit dem Vollzug der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tag ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer normalspurigen Eisenbahn von Lugano nach Ponte Tresa. (Vom 10. Juni 1887.)

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25.06.1887

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