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Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung über den Rekurs von O Simmoth & Mithaften betreffend Dienstnachholung.

(Vom 24. Mai 1887.)

Tit.

Mit Eingabe vom 5. April gelangten zehn Wehrpflichtige von Basel-Stadt, die theils 1885, theils 1886 altershalb zur Landwehr übergetreten sind, die jedoch nach den bei den Akten liegenden Dienst-Etats nur an zwei bis drei, und zwei davon an gar keinem Wiederholungskurse Theil genominen haben und infolge dessen im laufenden Jahre angehalten wurden, den versäumten Dienst im Auszuge nachzuholen, mit dem Gesuche an uns, diese von unserm Militärdepartement angeordnete Einberufung zu annulliren. Dieses Gesuch wurde von uns abgewiesen, hauptsächlich aus folgenden Gründen : Die Art. 82 und 85 der Militärorganisation enthalten Bestimmungen, welche die frühern Vorschriften eines unbedingten Uebertritts in die Landwehr bei Erreichung einer gewissen Altersgrenzmodifiziren. Beide Artikel schreiben nämlich gewisse Dienste leistungen im Auszüge vor und beschränken diese Dienstleistungen durchaus nicht auf die im Auszuge eingetheilten Wehrmänner.

Art. 82 verlangt, daß zu den Wiederholungskursen des Auszuges außer den auszugspflichtigen Jahrgängen auch noch diejenigen Unteroffiziere und Soldaten einberufen werden, welche weniger als die dir zehn (Unteroffiziere) beziehungsweise acht (Soldaten) DienstJahre gesetzlich vorgeschriebenen Uebungen gemacht haben. Die für denAuszug vorgeschriebenen Uebungnn bestehen nur in einem

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Wiederholungskurse je das zweite Jahr, für Unteroffiziere daher in fünf, für Soldaten in vier Wiederholungskursen. Der A r t . 85 verpflichtet sogar Solche, welche erst im Landwehralter in den Dienst treten, zur Nachholung von zwei Wiederholungskursen mit dem Auszug.

Die Ausführung der Rekurrenten, daß der Art. 82 unier der allgemeinen Ueberschrift ,,Unterricht des Auszuges" stelle, beweist durchaus nicht, daß nicht Landwehrmannschaft auch zu Auszügerkursen einberufen werden könne. Es steht dort, weil es sich eben um einen Dienst im Auszuge handelt, zu welchem das Gesetz unzweifelhafterweise auch Landwehrunteroffiziere und Soldaten einberufen will, nämlich solche: a. welche, obschon sie dem Auszug angehörten, die vorgeschriebene Zahl von Wiederholungskursen im Auszuge nicht gemacht haben, und b. welche erst im Landwehralter die Rekrutenschule bestehen.

Halte Art. 82 die Nachholung bloß auf das Auszugsalter buschränken w o l l e n , so hätte dieses ausdrücklich gesagt wurden müssen. Allerdings ist es auch der Wille der Bundesbehörden, daß die Nachholung noch während der Auszügerdienstpflich stattfinde. Unterlassung der daherigen Einberufung kann aber keinem Wehrpflichtigen ein Recht geben, den vom Gesetze k l a r geforderten Dienst nicht zu leisten. Eine Verjährung der Pflicht während des dienstpflichtigen Alters kennt das Geset/. nicht.

Die Anordnung ist übrigens keineswegs n e u , sondern z. B.

für die Infanterie schon seit dem Jahre 1883 vorgeschrieben, so daß der Kanton hinlänglich Zeit gehabt hätte, wenigstens einen Theil des nachzuholende Dienstes noch auf das Auszugsalter fallen zu lassen.

Wenn erst im Jahr 1883 die Durchführung des Gesetzes erfolgte und wenn die Maßregel nur auf die 1852 und seither OeuD O borene Wehrpflichtigen ausgedehnt wurde, so hat dieses seinen natürlichen Grund im Uebergang vom alten zum neuen Gesetze, und weil von früher her die geleisteten Dienste nur schwer kontrolirbar waren. Die ersten Wiederholungskurse unter dem neuen Gesetze fanden statt im Jahre 1876; acht Jahre Zeit zur Begehung von vier Wiederholungskursen für Soldaten ergehen die Jahrzahl 1884. Am Ende dieses Jahres trat aber der Jahrgang 1852 in die Landwehr; die 1852er waren also die Ersten, welchen es möglieh gewesen wäre, unter der neuen Organisation ihrer Verpflichtung in der Auszügerdienstzeit nachzukommen.

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Gegen diesen unsern Entscheid ergreifen acht der Unterzeiner der früheren Eingabe unter'm 23. April den Rekurs an die Bundesversammlung, indem sie sich hiebei auf die gleichen Gründe .stützen und im Weitern verlangen, es seien die an sie erlassenen Aufgebote für so lange z u sistiren, bis dieser Rekurs seine endgültige Erledigung gefunden habe.

Indem wir Ihrer Einladung zur beförderlichen Berichterstattung über diese Eingabe nachkommen, glauben wir vorerst darauf hinweisen zu sollen, daß die Sistirung von militärischen Aufgeboten durch die Käthe Zustände in der Durchführung der militärischen Anordnungen schaffen würde, die sich mit der prompten Erledigung wohl kaum vertragen dürften. Wohl aus diesem Grunde bestim ml denn auch das Gesetz in Art. 249, daß die endgültige Entscheidung über Dispensationen und Entlassungsbegehren dem Militärdepartemente zufalle.

In der Sache selbst müssen wir auf den von uns getroffenen Entscheid abstellen und haben demselben nur noch folgende Ergänzungen beizufügen : Wie unserem alljährlichen Geschäftsbericht zu entnehmen ist rückte die pflichtige Mannschaft nicht immer vollzählig zu den Wiederholungskursen, d. h. statt circa 500 oft nur 400 und wenigen Mann, ein, und es ist die Zahl der Ausbleibenden eine unverhältnißmäßig große, namentlich da, wo Dienstdispensationen leichtzuu erlangen sind und wo die von unserm Militärdepartemente anbe fohlenen Strafmaßregelnfüri unentschuldigte Abwesenheit nur be schränkten Vollzug finden und die Ausbleibenden mit wenigen Franken Militärpflichtersatz sich glauben loskaufen zu können.

Gegen solchen Dienstentzug mußlen im Interesse der Disziplin und der Instruktion geeignete Maßregeln getroffen werden. Mit Rücksicht darauf, daß die Militärorganisation unbeschränkt eine Minimalleistung sowohl vom Unteroffizier als vom Soldaten verlangt, hatte das Militärdepartement infolge Anregungen unsererseits bereits im Jahr 1880 und seither in allen Wiederholungskursen (vide bezügliche Vorschriften in den bei den Akten liegenden Kreisschreiben an die Kantone von den Jahren 1881/85) Diejeni neu, welche von diesem Dienste ausgeblieben oder früher denselben vorsäumten, auf besondere Verzeichnisse bringen und letztere den Kantonen zu geeigneter Zeit und mit der Weisung zustellen lassei?

diese mit ihrem Dienste im Rückstände befindlichen Leute durch Spezialaufgebote einzuberufen.

Sodann hatte der Waffenchef der Infanterie, um Gewißheit darüber zu erlangen, inwieweit den seit 1881 erlassenen Weisungen

ti nachgelebt worden sei, in den Landwehr-Wiederholungskursen der letzten Jahre Erhebungen darüber macheu lassen, wie viele von den Einrückenden, den zwei jüngsten Jahrgängen (1852 und 1853) Angehörenden noch mit ihrer Dienstleistung sieh im Rückstande befinden. Es ergibt sich hieraus, daß bei den Bataillonen Nr. 31 bis 36 der III. Division ,, 5, 49 bis 54 ,, V.

,, ,, 6, 67 bis 72 ,, VI.

,, ,, 73 bis 78 ,, VII.

,, mit dem Dienste im Rückstande blieben.

192 Mann, 265 ,, 162 ,, 202 ,,

Für das laufende Jahr beziffern sich diese Rückstände der Jahrgänge 1852, 53 und 54 bei den bis jetzt zum Wiederholungskurs einberufenen Bataillonen Nr. 7 und 10 auf 95 Mann, ,, 14 ,, 86 ,, ,, 46, 47 und 48 ., 63 ,, .,, Sind auch namentlich erstere Zahlen nicht durchwegs maßgebend, weil der mangelnde Dienst in einigen Kantonen im Jahr 1874 geleistet und nachträglich ausgewiesen wurde, so weichen dieselben nicht sehr wesentlich von der Wirklichkeit ab und es wird der daherige Ausfall wieder theilweise ausgeglichen durch diejenige Mannschaft der zwei beziehungsweise drei jüngsten Jahrgänge, die auch zu diesen Wiederholungskursen aus verschiedenen Gründen nicht eingerückt, ist.

Aehnliche Erhebungen bei der Artillerie ergaben daß von Dienstpflichtigen der Jahrgänge 1852 und 1853 mit ihrem Dienste auf Ende 1885 noch im Rückstande waren: Bei Batterien Nr. 3 bis 8 .

.

. 6 5 Mann, ,, 13 bis 18 .

.

.

. 33 ,, ,, 19 bis 22 .

.

.

.44 ,, ., ., ,, 23, 24, 25, 26, 3l und 32 34 ,, ,, ,, ,, 33 bis 37 und 47 .

.26 ,, Die Angabe der Rekurrenten, daß diese Dienstnachholungen erst in neuerer Zeit und nur durch den Waffenchef der Infanterie verfügt worden seien, ist deßhalb nicht ganz genau. Wenn im Weitern beanstandet wird, daß nur auf den Jahrgang 1852 zurückgegriffen werde, so ist hierüber bereits in unserm vorerwähnten Entscheide Auskunft ertheilt worden und es ist bloß beizufügen, d'iß diese Beschränkung auch darin ihren Grund hatte, weil der vor 1874 geleistete Dienst des Mannes an der Hand des jetzigen

Dienstbüchleins nicht oder nur schwer zu kontroliren war. Sodann ist zu berichtigen, daß der Art. 85 der Militärorganisation von Leuten, die ihren Dienst erst nach dem 32. Altersjahr beginnen, nicht, wie die Rekurrenten sagen, bloß die Theilnahme an zwei Auszüger-Wiederholungskursen, sondern an w e n i g s t e n s zwei solchen fordert, während die Beschwerdeführer nach ihren eigenen Angaben nicht durchweg diese Leistung hinter sich haben.

Mit Schluß des Jahres 1884 ist der Jahrgang 1852 in dio Landwehr übergetreten ; in den Jahren 1885 und 1886 haben in allen Kantonen diese Dienstnachholungen von Landwehrpflichtigen unbeanstandet und von uns kontrolirt stattgefunden und es läßt sich nicht verkennen, daß dadurch schon mehr Pünktlichkeit in das Einrücken der Truppenkorps des Auszuges gebracht worden ist.

Gestützt auf das Gesetz und aus Gründen der Ordnung und der Disziplin beantragen wir Ihnen deßhalb Abweisung des vorliegenden Rekurses, im Uebrigen den Anlaß benutzend, Sie Tit.

unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 24. Mai 1887.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes D e r B u n d e s p r U s i ci e n t :

Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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