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Botschaft

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Voranschlag der schweizerischen Bundesbahnen für das Jahr 1904.

(Vom 20. Oktober 1903.)

Tit.

Der Verwaltungsrat der schweizerischen Bundesbahnen hat uns zu Ihren Händen unterm 28. September abhin seinen Bericht und Antrag betreffend das Budget der schweizerischen Bundesbahnen für das Jahr 1904 unterbreitet.

Das Budget umfaßt: 1. das Betriebsbudget mit 17 Beilagen betreffend die Hülfsund Nebengeschäfte; 2. das Budget der Gewinn- und Verlustrechnung; 3. das Baubudget; 4. das Budget der Kapitalrechnung, und bezieht sich zum. erstenmal auf das gesamte Netz der Bundesbahnen, wie es sich durch den freihändigen Rückkauf und die Übernahme der Linien der Jura-Simplon-Bahn ausgestaltet hat. Der Verwaltungsrat bemerkt hierzu, daß trotz aller Sorgfalt, die er auf die Ausarbeitung der Anträge verwendet habe, dieselben doch noch nicht den Charakter der Sicherheit darbieten, den die Budgets der schweizerischen Bundesbahnen besitzen müssen, wenn einmal als feste Basis ein vollständiges Betriebsjahr des ganzen Netzes mit endgültiger Organisation verflossen sei, ein Betriebsjahr das

279 deutlich'die finanzielle Tragweite sowohl der Bundesgesetze, als auch der erlassenen oder noch zu erlassenden Vollziehungsverordnungen zeigen werde.

Das vorliegende Budget wird, wie auf Seite 37 des Berichtes ausgeführt ist, durch den Einfluß folgender Faktoren charakterisiert: Herabsetzung der Gütertarife im zweiten Halbjahr; erhebliche Mehrausgaben für Unterhalt und Erneuerung; Vermehrung der Zugsleistungen (dieselbe betrage ungefähr 7 % gegenüber 1902); vor allem jedoch durch ein gewaltiges Anwachsen der Personalausgaben. Was letztere anbelange, so sei der Verwaltungsrat der Meinung, daß nun, abgesehen von einzelnen noch vorzunehmenden Aufbesserungen und Ausgleichungen, allen gerechtfertigten Wünschen des Personals durchaus Rechnung getragen worden sei. Es sei dies geschehen durch die Einreibung in die neue Gehaltsordnung, durch die Einbeziehung der Gratifikationen in die Besoldungen, durch das Reglement über die Nebenbezüge und die Réglemente über die Löhnung der Arbeiter, sowie durch das Inkrafttreten des revidierten Arbeitsgesetzes. Allein durch diese Maßnahmen sei der Betriebskoeffizient auf eine so bedenkliche Höhe gebracht worden, daß die Buodesbehörden sich wohl hüten müssen, ihn noch ferner durch neue gesetzliche Erlasse zu steigern, wollen sie es nicht verunmöglichen, daß den weitern Postulaten des Rückkaufsgesetzes Rechnung getragen werden könne, den Postulaten, die lauten : Vervollständigung und Entwickhing der Verkehrsmittel, Erleichterungen und Frachtermäßigungen für Handel, Industrie und Landwirtschaft, richtige Tilgung der Eisenbahnschuld.

Äußerste Vorsicht sei geboten, werde doch die dreijährige Aufbesserung der Besoldungen und Löhne das Budget pro 1906 so schwer belasten, daß das finanzielle Gleichgewicht ernstlich gefährdet erscheine; bei den knappen Ansätzen des Budgets müsse ja die geringste Verkehrsabnahme sicher zum Defizit führen.

Der Bundesrat anerkennt diese Erörterungen als berechtigt und wird, so viel an ihm, die Bestrebungen der Bundesbahnverwaltung unterstützen.

Über das Baubudget wird im Berichte des Verwaltungsrates ausgeführt, der vom Nationalrat in seiner Sitzung vom 17. Dezember 1902 bei der Behandlung des Budgets der schweizerischen Bundesbahnen erhobenen Forderung, es seien in das Budget nur solche Bauten aufzunehmen, deren Projekte von der Generaldirektion oder vom Verwaltungsrate genehmigt worden seien, sei nach Möglichkeit entsprochen worden.

280 In einigen Fällen habe man von dieser Regel abgehen müssen, und zwar zumeist beim I. Kreise, wo es sich um Bauten handle, die von der ehemaligen Jura-Simplon-Bahn auf Grundlage von Teilprojekten begonnen worden seien und welche die Bundesbahnen nun fortsetzen müssen. In dem kurzen Zeitraum, der seit der Übernahme der Jura-Simplon-Bahn verflossen sei, sei es nicht möglich gewesen, für alle diese zum Teil sehr wichtigen und umfangreichen Bauten, wie z. B. Umbau der Bahohöfe Lausanne, Neuenburg und Vallorbe, sowie die Erstellung des zweiten Geleises auf den Linien Daillens-Vallorbe, Lausanne-Brig und Lausanne-Freiburg, die vorhandenen Projekte zu revidieren, die fehlenden fertigzustellen und für die Genehmigung vorzubereiten, aber es müsse doch im Budget dafür gesorgt werden, daß diese Bauten ohne Unterbrechung weitergeführt und vollendet werden können.

Auch°in einigen ändern Fällen seien im Hinblick auf die Dringlichkeit der Inangriffnahme von Bauten entgegen dem erwähnten Begehren des Nationalrates Positionen in das Budget eingesetzt worden, ohne daß genehmigte Projekte vorliegen. In dieser Beziehung seien zu erwähnen: Der Umbau des Bahnhofes Biel, die Erweiterung der Güterbahnhofanlagen in Bern, die Verlegung der linksufrigen Zürichseebahn im Zürcher Stadtgebiet, das zweite Geleise auf der Strecke Wilerfeld-Gümligen und der Neubau der Werkstätten in Zürich. Hinwiederum seien Bauten, die von der Aufsichtsbehörde schon seit einiger Zeit verlangt worden seien, die auch schon in frühern Budgets Aufnahme gefunden hätten, nicht aufgenommen worden, weil entweder die Studien noch nicht genügend abgeklärt seien oder eine Einigung zwischen den schweizerischen Bundesbahnen und den ändern Beteiligten über die Anlagen noch nicht stattgefunden habe, so daß im Jahre 1904 nicht an die Ausführung geschritten werden könne. Solche Bauten seien : die Erweiterung der Stationen Sitten und Romont, die Beseitigung der Straßenübergänge in der Lorraine bei Bern und desjenigen der Zürcherstraße in Brugg, und das zweite Geleise auf der Strecke Neuhausen-Schaffhausen. Es handle sich jedoch überall nur um eine Verschiebung der Ausführung, und man werde sich .

auch weiterhin mit dem Studium dieser Projekte beschäftigen.

Das gleiche gelte von Bauten, die von den Kreisen in den Budgetentwürfen vorgeschlagen worden seien,
die aber nicht als so dringlich anerkannt werden können, daß deren sofortige Anhandnahme geboten wäre.

Von den vorgelegten Budgets gibt uns lediglich das Baubudget zu folgenden Bemerkungen Anlaß: Dasselbe enthält verhältnismäßig viele Ansätze, die von Übertragungen unvollendet gebliebener oder bereits früher eingesetzter, jedoch bis jetzt nicht

231 zur Ausführung gelangter Arbeiten herrühren. Einiges Bedenken erregt die vollständige Weglassung von Posten für die Bahnhoferweiterungen Sitten, Romont und Delsberg, welche Arbeiten schon zu langen Verhandlungen und teilweise auch zu Genehmigungsverfügungen des Eisenbahndepartements (namentlich für den Bahnhof Delsberg) Anlaß gegeben haben.

In Anbetracht der nahe bevorstehenden Ausführung der Nebenbahn Nyon-Crassier wäre es ferner angezeigt gewesen, die für die Einführung dieser Bahn erforderlichen und übrigens schon früher bestimmt verlangten Erweiterungsbauten auf dem Bahnhof Nyon in das Baubudget pro 1904 aufzunehmen. Sodann sollte, nachdem nun die organisatorischen Arbeiten in der Hauptsache durchgeführt sein dürften, mit der Ausführung einer Reihe größerer, seit Jahren pendenter Bauten etwas rascher vorwärts geschritten werden. Es ist dies namentlich der Fall für die Bauarbeiten, welche unbedingt für den Zeitpunkt der Eröffnung des Simplontunnels vollendet sein sollten, und bei welchen ein sehr bedeutender Teil der Ausgaben auf das Jahr 1905 verschoben wird. Wir heben insbesondere die Bauten in den Bahnhöfen Vallorbe, Lausanne und St. Maurice und für die zweiten Geleise Daillens-Boff lens, CroyVallorbe und Aigle - St. Maurice hervor. Auch das eigentliche zweite Geleise St. Maurice-Brig sollte nicht in allzuweite Ferne verschoben werden.

Für die dringliche Verlegung der Linie bei Varen im Kreis I ist nichts aufgenommen. Nach der Vorlage des Vorprojektes durch die Jura-Simplon-Bahn am 27. April 1903 hat das Eisenbahndepartement gemäß dem Bundesratsbeschluß vom 15. Dezember 1902 unterm 29. Juni d. J. die Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen eingeladen, die Vorlage des Ausführungsprojektes so zu beschleunigen, daß der Bau im Frühjahr 1904 begonnen und im folgenden Frühjahr vollendet werden könne.

Da es sich hier um eine wichtige Arbeit im Interesse der Betriebssicherheit handelt, so gebührt ihr der Vorrang vor mancher ändern im Budget aufgenommenen. In solchen Fällen kann auch die auf Seite 38 des Berichtes erwähnte Forderung des Nationalrates, nur genehmigte Projekte ins Budget aufzunehmen, kein Hindernis für die rechtzeitige Anhandnahme bilden. Das nämliche ist zu sagen mit Bezug auf die Erstellung des zweiten Geleises auf der Strecke Aarburg-Fluhmühle, worüber wir noch
folgendes erwähnen: Anläßlich der Beratung des Budgets für 1903 hat der Ständerat unterm 10. Dezember 1902 folgenden Postulatsantrag der Herren Winiger und von Schumacher angenommen : ,,Die Bundesbahnverwaltung, beziehungsweise der Bundesrat als Aufsichtsbehörde, werden eingeladen, die Frage über die Not-

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wendigkeit und Dringlichkeit der Erstellung eines zweiten Geleises auf der Strecke Aarburg-Luzern neuerdings zu prüfen."

Nach wiederholten Vorstellungen des Eisenbahndepartementes hat die Generaldirektion zugesagt, die Bearbeitung der Projekte für die Erstellung der zweiten Spur auf der Linie AarburgFluhmühle derart zu beschleunigen, daß mit den Arbeiten auf dem Teilstück Aarburg-Sursee im Jahre 1905 begonnen werden könne, sofern die Zustimmung des Verwaltungsrates hierzu erlangt werden könne.

Die Generaldirektion hat nun unter Nr. l einen Posten von Fr. .12,000 für Planaufnahmen und Projektierungsarbeiten in das Baubudget pro 1904 eingestellt. Voraussichtlich wird sie aber kaum vor der zweiten Hälfte 1904 dazu kommen, der Aufsichtsbehörde die Pläne und Kostenberechnungen für die Strecke Aarburg-Sursee zur Genehmigung vorzulegen. Das Genehmigungsverfahren selbst mit Einschluß der Planauflagen für die Expropriationen nimmt ebenfalls einige Zeit iu Anspruch ; vor dessen Abschluß können die Pläne nicht als fertig betrachtet werden.

Müßte man nun diese Genehmigung abwarten, so wäre es ohne Zweifel nicht mehr möglich, einen bezüglichen Ausgabeposten in den Voranschlag für das Jahr 1905 aufzunehmen. Es bliebe dann nur übrig, entweder den Beginn des Baues auf das Jahr 1906 zu verschieben, oder denselben 1905 außerhalb des ordentlichen Budgets in Angriff zu nehmen. Weder die eine noch die andere dieser Lösungen dürften den Intentionen der Bundesversammlung entsprechen.

Wir glauben mit diesem Beispiel am besten nachgewiesen zu haben, daß dem von der Kommission des Nationalrates geäußerten Wunsche -- um einen solchen handelt es sich lediglich, nicht um ein Postulat des Rates -- betreffend Nichtaufnahme von Bauobjekten, für welche Pläne und Kostenberechnungen noch nicht fertig vorliegen, nicht unbedingt Folge gegeben werden kann.

An Rollmaterial sieht das Budget mit Rücksicht auf die vielen Ausrangierungen zu wenig Neuanschaffungen vor, namentlich für Lokomotiven. In Anbetracht der großen Ausgaben, die den schweizerischen Bundesbahnen bevorstehen, können wir uns indessen mit den in Aussicht genommenen Anschaffungen zufrieden geben, wenn dieselben wirklich erfolgen, und nicht wieder ein großer Teil auf das nächste Jahr übertragen wird.

Weil wir die Erledigung des Budgets nicht verzögern wollen, sehen wir davon ab, dasselbe zur Ergänzung mit Bezug auf die von uns als dringlich bezeichneten, im Budget nicht berücksich-

283 tigten Bauten an den Verwaltungsrat zurückzuweisen. Wir behalten uns aber ausdrücklich vor, von der Generaldirektion auch für solche Bauten die Vorlage von Plänen zu verlangen und dieselbe anzuhalten, die erforderlichen Nachtragskredite durch den Verwaltungsrat von Ihnen verlangen zu lassen.

In diesem Sinne empfehlen wir Ihnen den nachfolgenden Beschlußentwurf zur Annahme, und benutzen den Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versiehern.

B e r n , den 20. Oktober

1903.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, D e r Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

Beilage : Bericht und Antrag des Verwaltungarates vom 28. September 1903.

284 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

den Voranschlag der schweizerischen Bundesbahnen für das Jahr 1904.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. eines Berichtes und Antrages des Verwaltungsrates der schweizerischen Bundesbahnen vom 28. September 1903 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 20. Oktober 1903, beschließt: I. Die nachfolgenden Budgets der schweizerischen Bundesbahnen pro 1904 werden genehmigt: 1. das Betriebsbudget, abschließend mit Fr. 113,306,740 Einnahmen und Fr. 77,993,465 Ausgaben; 2. das Budget der Gewinn- und Verlustrechnung, abschließend mit Fr. 48,977,575 Einnahmen und Fr. 49,499,000 Ausgaben ; 3. das Baubudget im Betrage von Fr. 32,130,900; 4. das Budget der Ausgaben der Kapitalrechnung im Betrage von Fr. 43,938,450.

II. Von den Erklärungen der Bundesbahnbehörden, daß mit der Erstellung des zweiten Geleises auf der Strecke AarburgLuzern im Jahr 1905 begonnen werden soll, wird Vormerk genommen und das Postulat vom 10./17. Dezember 1902 als erledigt abgeschrieben.

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21.10.1903

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