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Bericht des

schweizerischen Bundesgerichts an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1902.

(Vom 28. Februar 1903.)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir haben die Ehre, Ihnen nach Vorschrift des Art. 47 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege über unsere Geschäftsführung im Jahre 1902 Bericht zu erstatten.

A. Allgemeines.

Im Berichtsjahre hatte das Bundesgericht den Hinscheid des Herrn Bundesrichter Dr. Hafner zu beklagen, welcher ihm zuerst als Gerichtsschreiber, sodann seit 1879 als Mitglied angehört und in den Jahren 1893 und 1894 als Präsident vorgestanden hat. An seine Stelle wählte die Bundesversammlung am 12. Juni 1902 Herrn Oberrichter Albert Ursprung, von Zurzach, welcher sein Amt am 1. Juli antrat.

Einen weiteren Verlust erlitt das Bundesgericht vor Ende des Jahres durch den Hinscheid des im Jahre 1895 zum französischen Sekretär ernannten Herrn Dr. Prélaz. Die infolgedessen vakant gewordene Stelle ist zurzeit noch nicht besetzt. Die mit ihr verbundenen Obliegenheiten wurden einstweilen Herrn Sekretär Dr. Piccard übertragen, und dieser seinerseits für die Geschäfte

153

in deutscher Sprache durch Herrn Fürsprech W. Renold von Dättwil (Kanton Aargau) ersetzt, welcher schon im Vorjahre vorübergehend als außerordentlicher Sekretär funktioniert 0 hatte.

Die im vorjährigen Geschäftsberichte erwähnte Zunahme der Geschäfte der II. Kammer hat im Anfange des Jahres 1902 sich fortgesetzt, indem in den ersten drei Monaten 104 staatsrechtliche Rekurse eingingen; dagegen ist in den folgenden drei Quartalen, teilweise wohl infolge der strengeren Praxis des Gerichtes betreffend die Überbindung von Gerichtsgeldern und Bußen, eine erhebliche Verminderung der Eingänge eingetreten, so daß die Gesamtzahl der staatsrechtlichen Rekurse für 1902 (321) etwas weniger als im Vorjahre (338) beträgt. Immerhin weist auch dieses Ergebnis noch einen so erheblichen Überschuß über die Eingänge der früheren Jahre auf (1896 = 240, 1897 = 249, 1898 = 291, 1899 = 270), daß eine Entlastung der II. Kammer von Geschäften geboten erschien. Es wurde deshalb die vom Gerichte am 20. Juli 1899 beschlossene, in dem Geschäftsberichte von 1899 erwähnte Änderung des bundesgerichtlichen Réglementes in dem Sinne rückgängig gemacht, daß die Berufungen aus dem Gebiete des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes der zweiten Kammer wieder abgenommen und, wie früher, der 1. Kammer zugeteilt wurden.

Dagegen ist im Berichtsjahre eine nicht unerhebliche Verminderung der Geschäftslast hinsichtlich der betreibungsrechtlichen Rekurse eingetreten und zwar nicht bloß hinsichtlich der Quantität, sondern ebensosehr hinsichtlich der Qualität der Geschäfte.

Zwar tauchen immer noch neue Fragen von prinzipieller Wichtigkeit auf, doch mindert sich die Zahl derselben von Jahr zu Jahr in einer Weise, daß nun wohl eine Revision des Schuidbetreibungs- und Konkursgesetzes in nicht allzu ferner Zeit in Aussicht genommen werden darf. Daß das Gesetz in hohem Maße revisionsbedürftig ist, ist wohl nicht zu bestreiten. Im übrigen werden die zahlreichen prinzipiellen Entscheide der Aufsichtsbehörden, sowie die Ergebnisse der Betreibungsstatistik ein sehr reichhaltiges Material zur Orientierung über die bestehenden Mängel und die Mittel zur Abhülfe an die Hand geben. Hinsichtlich der Betreibungsstatistik ist zu erwähnen, daß die Ergebnisse der Jahre 1898 und 1899 im Monat Oktober dem eidgenössischen statistischen Bureau in Bern zur Berechnung
der Prozentsätze und Besorgung der Drucklegung zugestellt worden sind und in nächster Zoit zur Publikation gelangen werden.

Leider erfordert die Rektifikation der von den zahlreichen Be-

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treibungs- und Konkursämtern und den Gcrichtsstellen gelieferten statistischen Angaben noch immer eine zeitraubende Arbeit. Doch darf aus einer Vergleichung der vorliegenden drei Jahresberichte geschlossen werden, daß die Unrichtigkeiten, welche noch bestehen mögen, nicht von erheblicher Bedeutung sind.

Durch Beschluß des Bundesrates vom 25. Oktober 1902 sind die bisherigen eidgenössischen Schätzungskommissionen auf Ende des Jahres außer Wirksamkeit erklärt und durch neue ersetzt worden, welche je für das Gebiet eines Kantons oder eines bestimmten größeren Kantonsteiles zu funktionieren haben.

Infolgedessen hatte das Bundesgericht für die sämtlichen neu geschaffenen Kreiskommissionen die ersten Mitglieder und deren Suppleanten neu zu bezeichnen.

Schon seit einiger Zeit hat sich, zum Teil infolge der Zunahme der Geschäfte, die Notwendigkeit einer Neuorganisation der Kanzlei des Bundesgerichts fühlbar gemacht, insbesondere hinsichtlich der Zuteilung der Arbeiten an die verschiedenen Kau/Jeiangestellten und hinsichtlich der Besorgung des Kassawesens. Es wurde deshalb im Berichtsjahre die Revision des bisherigen Kanzleireglomentes in Angriff genommen. Ein sachbezüglicher Entwurf ist bereits ausgearbeitet und in Beratung gezogen worden, doch konnte eine endgültige Erledigung der Angelegenheit im Berichtsjahre noch nicht erfolgen.

Neben den in den nachstehenden Tabellen bezeichneten Geschäften sind zahlreiche Eingaben an das Bundesgericht durch die Präsidien der Abteilungen erledigt worden. Außerdem gingen an die dritte Kammer verschiedene Anfragen, insbesondere betreffend Auslegung des Betreibungsgesetzes, ein, auf welche das Gericht gemäß seiner konstanten Praxis nicht eingetreten ist.

Dagegen erfolgte zwischen dem eidgenössischen Justizdepartoment und der dritten Kammer des Bundesgorichts ein Meinungsaustausch über die Frage, ob nicht die zur Insertion in dem Schweizerischen Handelsamtsblatte eingesandten Bekanntmachungen der Betreibung«- und Konknrsämter vor der Ahgabe zur Drucklegung, sei es durch einen Beamten des Bundesrates, sei es durch einen Beamten des Bundesgerichts, auf ihre Gesetzmäßigkeit geprüft und nötigenfalls berichtigt werden sollten. So zweckmäßig eine solche Prüfung erscheinen mochte, mußte die dritte Kammer doch die Übernahme derselben durch das Gericht ablehnen, da einerseits
die Gerichtsschreiber und Sekretäre, welchen die Arbeit hätte überbunderi werden können, ohnehin schon genügend mit Geschäften belastet sind und anderseits die Besorgung

155 der Kontrolle an dem weit von dem Druckorte des Handelsamtsblattes entfernten Sitze des Bundesgerichtes zu unliebsamen Verzögerungen der Publikationen führen müßte.

Auch in diesem Berichtsjahre ist, teils wegen Krankheit einzelner Mitglieder, teils wegen Beurlaubung von drei Mitgliedern behufs Teilnahme an den Sitzungen der von dem Bundesrate bestellten Zivilrechtskommission, öfters die Einberufung von Ersatzmännern notwendig geworden.

Die Gesamtzahl der vom Bundesgerichte im Berichtsjahre abgehaltenen S i t z u n g e n beträgt 207, die sich in folgender Weise verteilen : Sitzungen des Gesamtgerichts 25, der I. Abteilung 74, der II. Abteilung 75, der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 27, des Kassationshofes 4, des Bundesstrafgerichts 2.

B. Spezieller Teil.

1. Zivilrechtspflege.

Eine Übersicht über die Zivilsachen, mit denen das Bundesgericht im Jahre 1902 befaßt war, gibt die folgende Tabelle:

Natur der Streitsache.

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1. Erst- und letztinstanzlich zu beurteilende Zivilsachen 2. Rekurse in Expropriationssachen 3. Berufungen gegen Urteile kantonaler Gerichte 4 . Revisionsbegehren . . . .

5. Erläuterungsbegehren 6 . Kassationsbegehren . . . .

7 . Moderationsbegehren . . . .

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19 61 31 30 118 120 238 105 133 42

29 285 314 288 26 \ 4 1 3 3 3 2 1 3 -- 2 2 2 -- -- 1 -- 1 -- 1 191 432 623 431 192

156

Ad 1. Vom B u n d e s g e r i c h t als e i n z i g e I n s t a n z zu beurteilende Streitigkeiten.

Die 61 beim Bundesgericht als einzige Instanz anhängigen Fälle verteilen sich folgendermaßen: 1 Prozeß zwischen dem Bund und einem Kanton; 8 Prozesse zwischen dem Bunde als Beklagten und Privaten als Klägern; 24 Prozesse zwischen Kantonen einerseits und Privaten oder Korporationen anderseits ; 2 Bürgerrechtsstreitigkeiten zwischen Gemeinden verschiedener Kantone ; 2 Prozesse zwischen Eisenbahngesellschaften betreffend den Art. 30 des Bundesgesetzes über Bau und Betrieb der Eisenbahnen vom 23. Dezember 1872 ; 2 Prozesse aus Art. 39, Absatz 2, desselben Gesetzes; 3 Klagen aus Art. 23 des Bundesgesetzes vom 1. Mai 1850; 2 Prozesse aus Art. 47 desselben Gesetzes; l Prozeß betreffend Verbindungsgeleise (Bundesgesetz vom 19. Dezember 1874); 1 Streitigkeit zwischen Privaten auf Gi-rund des Art. 12 des Bundesgesetzes betreffend die Erfindungspatente vom 29. Juni '1888 ; 2 Streitigkeiten aus Art. 10, in Verbindung mit Art. 8 und 9 des Bundesgesetzes über die Erstellung von Telegraphenund Telephonlinien vom 26. Juni 1889 ; 12 durch Parteivereinbarung direkt vor das Bundesgericht gebrachte Prozesse; l Klage betreffend Heimatlosigkeit.

61

Die Erledigung dieser Gescliäfte ist aus nachstehender Tabelle ersichtlich :

--

--

--

1

1

3

--

--

--

5

8

11

--

--

--

2

--

--

--

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1. Prozeß, zwischen dem Bund und Kantonen 2. Prozesse Privater als Kläger gegen den Bund als Beklagten 3. Prozesse zwischen Kantonen einerseits und Privaten oder Korporationen anderseits 4. Bürgerrechts - Streitigkeiten zwischen Gemeinden verschiedener Kantone .

5. Prozessezwischen Eisenbahngesellschaften aus Art. 30 des ßundesgesetzes über Bau und Betrieb derEisenbahnen, vom 23. Dezember 1872 .

6. Prozesse aus Art. 39, Absatz 2, desselben Gesetzes 7. Klagen aus Art. 23 des Bundesgesetzes vom 1. Mai 1850 über die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten 8. Prozesse aus Art. 47 desselben Gesetzes . . . .

9. Prozeß betreffend Verbindungsgeleise (Bundesgesetz vom 19. Dezember 1B74) .

10. Streitigkeit zwischen Privaten auf Grund des Art. 12 desBundesgesetzesbetreffend die Erfind ungspatente vom 2 9 . Juni 1888 . . . .

Übertrag

1 1 Pendent geblieben.

1

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Inkompetenz oder sonstiges Nichteintreten.

Klage ganz oder teilweise gutgehelssen.

Natur der Streitsache.

Klage 1!

abgewiesen, j

1 1 | | 1 |

157

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--

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10 24 2

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2 --

1

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1

2

1 -- --

1

--

-- -- 1 1 4 2 23 46

Übertrag

1 1 Klage abgewiesen.

17

11. Streitigkeiten aus Art. 10 in Verbindung mit Art. 8 und 9 des Bundesgesetzes betreffend die Erstellung von Telegraphen- und Telephonlinien vom 26. Juni 1889 . -- 12. Prozesse, in welchen das Bundesgericht als vereinbarter Gerichtsstand ange4 rufen wurde 13. Klage betreffend Heimatlosigkeit . . . . . . -- Total 21

--

4

--

--

-- --

2

Pendent "jl geblieben. |

1 1 | 1 | j 1 1 |

Natur der Streitsache.

RUckzug der Klage oder Vergleich, Inkompetenz oder sonstiges Nichteintreten, Klage ganz oder teilweise gutgeheissen.

158

1

23 46

--

2

2

5 12

-- 6 4

-- 1 30 61

1 1

2

Die 3 erledigten P r o z e s s e z w i s c h e n P r i v a t e n und dem B u n d betrafen: 2 Schadenersatz aus Delikt, l gewerbliche Haftpflicht.

Von den 14 erledigten S t r e i t i g k e i t e n z w i s c h e n K a n t o n e n e i n e r s e i t s u n d P r i v a t e n oder K o r p o r a t i o n e n a n d e r s e i t s betrafen: 2 Schadenersatz aus Delikt, 2 Schadenersatz aus Amtshandlungen, l Forderung, l Straßenunterhaltungspflicht, l Ablösung von Benutzungsrechten, l Kauf, l Vindikation, l Negatorienklage, l Grundeigentumsansprache und Forderung, l Bestellung eines Schiedsgerichts, l Erbschaftsklage, l Bürgschaft.

Die 7 im Berichtsjahre erledigten Fälle, in welchen das Bundesgericht als vereinbarter Gerichtsstand ang e r u f e n w o r d e n w a r , betrafen: l Werkvertrag, l Genossenschaftsrecht beziehungsweise Unfallversicherung, 2 Kraftlieferungsvortrag, 1 Verantwortlichkeit von Organen einer Aktiengesellschaft, 2 Verteilung des Reingewinnes einer Aktiengesellschaft.

159 Unter die zwei Abteilungen verteilen sich die beim Bundesgerichte als einziger Instanz anhängig gemachten Zivilsachen folgendermaßen : I.

II.

Abteilung.

Abteilung.

Total.

Von 1901 herübergenommene Prozesse 16 26 42 Im Jahre 1902 neu eingegangene 5 14 19 Total Im Berichtsjahre erledigt . . .

Pendent geblieben

21 13 8

.

40 17

61 30

23

31

Von den 31 nicht erledigten Fällen sind anhängig: l seit 1897, 6 seit 1900, 9 seit 1901, die übrigen 15 sind im Berichtsjahre eingegangen.

Ad 2. R e k u r s e in E x p r o p r i a t i o n s s a c h e n .

Die Gesamtzahl der im Berichtsjahre anhängigen Rekurse gegen Entscheidungen eidgenössischer Schätzungskommissionen belief sich auf 238. Davon wurden 118 Fälle aus .dem Vorjahre übernommen ; 120 Fälle sind neu eingegangen.

Diese 238 Fälle, von denen l eine Bestreitung der Kompetenz der Schätzungsbehörden, l eine Beschwerde wegen Verzögerung des Schätzungsverfahrens und l ein Gesuch um Einberufung der Schätzungskommissionen betraf, verteilen sich folgendermaßen auf die Exproprianten : Bundesbahnen : Kreis II (frühere Centralbahn) 21 Kreis III (frühere Nordostbahn) 3 Kreis I V (frühere Vereinigte Schweizerbahnen) . . .

l Einwohnergemeinde Bern (Straßenbahn) 2 Stadtgemeinde Luzern (Schießplatz) 25 Eisenbahngesellschaften : Jura-Simplon-Bahn 3 Gotthardbahn 30 Bern-Neuenburg-Bahn " . . .

3 Gürbetalbahn 4 Rätische Bahn 29 Erlenbach-Zweisimmen-Bahn 39 Übertrag

160

160

Übertrag Großherzoglich Badische Bahn Vevey-Chexbres Ürikon-Bauma-Bahn Birseckbahn Elektrische Bahn Châtel-Bulle-Montbovon Elektrische Bahn Montreux-Oberland Bernois . . . .

Elektrische Bahn Aarau-Schöftland Elektrische Bahn Vevey-Chamby-Blonay Elektrische Bahn S t . Gallen-Trogen . ' . . . . . .

160 21 6 3 4 14 16 2 10 2 238

Die Art der Erledigung dieser Fälle ist aus folgender Tabelle ·ersichtlich : Rückzug oder Gegenstandslosigkeit d e s Rekurses . . .

6 Erledigung durch Vergleich 8 Erledigung durch Annahme des Vorentscheides der Instruktionskommission 87 Erledigung durch Entscheidung des Bundesgerichts im Sinne des Nichteintretens l Erledigung durch Sachurteil d e s ßundesgerichts . . . .

3 auf das Jahr 1903 übertragen

105 133 238

Von den im Jahre 1902 nicht erledigten Fällen stammen 10 aus dem Jahre 1899, 23 aus dem Jahre 1901; die übrigen 100 sind im Berichtsjahre eingegangen, wovon 79 in der zweiten Hälfte des Jahres.

Der durch Nichteintreten erledigte Fall betraf ein Gesuch um Einberufung der eidgenössischen Schatzungskommission (für die Bern-Neuenburg-ßahn), und wurde als in die Kompetenz des Bundesrates fallend erklärt.

Von den 3 durch Urteil des Plenums des Bundesgerichts erledigten Fällen betraf l die Kompetenz der eidgenössischen Schätzungskommission (für die Gotthardbahn auf dem Gebiete des Kantons Schwyz,); das ßundesgericht hat die Kompetenz der Schätzungskommission bejaht. In den beiden andern Fällen wurde Abänderung des Vorentseheides der Insiruktionskommission beantragt, dieser indes in der Hauptsache bestätigt.

161

Ad 3 . B e r u f u n g e n g e g e n Z i v i l u r t e i l e k a n t o n a l e r Gerichte.

Von diesen 314 Streitsachen betrafen durch das eidgenössische Recht geregelte Materien : Ehescheidungen 22 Eheeinsprachen 2 Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfachiffahrtsunternehmungen 11 Haftpflicht aus Fabrik- und Gewerbebetrieb 35 Obligationenrecht : Simulation l · Unerlaubte Handlungen 38 Ungerechtfertigte Bereicherung l Konventionalstrafe 3 Zession 2 Schuldübernahme 2 Pfandrecht 2 Retentionsrecht 2 Kauf 28 Miete 7 Pacht .

2 Darlehen 6 Dienstvertrag 17 Werkvertrag 12 Auftrag 10 Handlungsvollmacht 3 Hinterlegungsvertrag 2 Bürgschaft 5 Einrede des Spiels l Einfache Gesellschaft 2 Kollektivgesellschaft 4 Kommanditgesellschaft 2 Aktiengesellschaft 4 Genossenschaftsrecht 2 Wechselrecht 5 Unfallversicherung 4 Feuerversicherung 2 Frachtvertrag l Sonstige Verträge und Forderungen 6 176 B:imlesblatt. 55. Jahr?. Bd. II.

Übertrag 246 11

162

Übertrag' Fabrik- und Handelsmarken Erfindungspatente Anfechtungsklage Andere das Schuldbetreibungs- und Konkursrecht betreffende Fälle Durch das kantonale oder ausländische Recht geregelte Materien

246 4 9 18 14 23 314

Über die Art der Erledigung und die Herkunft der im Berichtsjahre behandelten Berufungen gibt die nachfolgende Tabelle Auskunft :

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Aargau Appenzell A.-Rh. . .

Appenzell I.-Rh. .

Basellandschaft .

Baselstadt . . . .

Bern (deutscher Teil) ,, (franz. Teil) . .

Freiburg Genf Glarus Graubünden . . . .

Luzern Neuenburg . . . .

Nidwaiden . . . .

Obwalden . . . .

Schaffhausen Schwyz Solothurn . . . .

S t . Gallen . . . .

Tessin Thurgau Uri Waadt Wallis Zus Zürich Total

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4 5 10 12 4

7

9 1 20 10 2 66

26

314

1

2 5

3 26 14 1 4

3 2

Die Gründe, aus welchen das Bundesgericht in 66 Fällen auf die Berufung nicht eintreten konnte, waren folgende: In 23 Fällen war das Bundesgericht nicht kompetent, weil entweder (in 20 Fällen) kantonales oder (in 3 Fällen) ausländisches Recht anwendbar war.

In 9 Fällen war die angefochtene Entscheidung kein Haupturteil im Sinne des Organisationsgesetzes ; in 10 Fällen erreichte

164

der Streitwert den gesetzlichen Betrag nicht ; in 23 Fällen waren Form oder Frist des Rechtsmittels nicht gewahrt. In l Fall wurde wegen mangelnder Legitimation des Berufungsklägcrs auf die Berufung nicht eingetreten.

In 58 von diesen 66 Fällen ist ein Referent nicht bestellt, sondern die Sache der betreffenden Abteilung direkt vom Präsidenten derselben vorgelegt worden.

Von den 63 Fällen, in welchen das kantonale Urteil ganz oder teilweise abgeändert wurde, betrafen : 7 Ehescheidung; 4 Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsunternehmungen; 9 Haftpflicht aus Fabrik- und Gewerbebetrieb ; 37 Obligationenrecht (unerlaubte Handlungen 9, Kauf 5, Miete 2, Pacht l, Dienstvertrag 5, Mandat l, Wechselrecht l, Patentrecht l, Markenrecht l, Zession l, Werkvertrag 3, Darlehen l, Bürgschaft 2, Handlungsvollmacht l, Unfallversicherung 2, andere Verträge 1); 2 Anfechtungsklage ; 4 andere, das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz betreffende Fälle.

-- In dem an die Vorinstanz zurückgewiesenen, die Gültigkeit eines Verpfründungsvertrages betreffenden Falle ist von der kantonalen Instanz zu Unrecht eidgenössisches Recht angewendet worden.

Das s c h r i f t l i c h e V e r f a h r e n , das für Sachen, deren Streitwert Fr. 4000 nicht erreicht, vorgeschrieben ist, kam in 62 Fällen zur Anwendung.

Die Berufungen verteilen sich auf die beiden Abteilungen des Bundesgerichts folgendermaßen : I.

II.

Abteilung. Abteilung. Total.

Aus dem Vorjahre herübergenommene Fälle 16 13 29 Neu eingegangene . . . . . . 194 91 285 Im Berichtsjahre erledigt Pendent geblieben

Total . . . .

210 198

104 90

314 288

12

14

26

165 Von den 26 Ende des Jahres anhängig gebliebenen Berufungen sind 22 im Monat Dezember, l im Monat Oktober, l im Monat Juli, l im Monat Juni und l im Monat Mai eingegangen. Die Behandlung des im Mai eingegangenen Falles mußte wegen seines Zusammenbanges mit 2 andern pendenten Prozessen verschoben werden. Bezüglich des im Juni eingegangenen Falles war vor die kantonalen Gerichte ein Kassationsgesuch eingereicht worden. Der seit dem Monat Juli pendente Fall war sehr umfangreicher Natur, und konnte derselbe vor Schluß des Jahres aus verschiedenen Gründen nicht beurteilt werden. Hinsichtlieh der im Oktober eingegangenen Berufung mußte eine Abstellung der bereits angesetzten Tagfahrt erfolgen, da die eine der Parteien gestorben und über ihr Vermögen das beneficiurn inventarii eröffnet worden war.

Ad 4 und 5. R e v i s i o n s - und E r l ä u t e r u n g s b e g e h r e n .

Von den 4 im Berichtsjahre anhängigen Revisionsbegehren in zivilrechtlichen Sachen, waren 2 bei der L, 2 bei der II. Abteilung anhängig. 3 wurden abgewiesen, l, bei der II. Abteilung anhängig, ist noch pendent.

Von den 3 Erläuterungsbegehren war l bei der II. Abteilung anhängig, auf welches nicht eingetreten wurde. Von den beiden andern, Expropriation betreffenden Begehren wurde eines abgewiesen, das andere ist noch pendent.

Ad 6. K a s s a t i o n s b e g e h r e n .

Von den zwei anhängig gewesenen Kassationsbegehren wurde eines als begründet erklärt, auf das andere wurde nicht eingetreten.

Ad 7. M o d e r a t i o n s b e g e h r e n .

Ein solches ist noch bei der II. Abteilung anhängig.

II. Strafrechtspflege.

«. B u n d e s s t r a f g e r i c h t.

Vom Bundesstrafgericht wurden im Berichtsjahre 2 Straflalle, behandelt, der eine aus dem Vorjahre übergetragen, der andere neu eingegangen, beide Zolldefraudation betreffend. Im ersten Falle wurde von 2 Angeklagten der eine verurteilt, der andere freigesprochen ; im 2. Falle wurden zwei der Angeklagten verurteilt, die Klage gegen den dritten zurückgezogen.

166 b. K a s s a t i o n s h o f .

Fünf Kassationsbegehren gelangten ans Bundesgericht, und i war aus dem Vorjahre übernommen ; 5 wurden erledigt, l übergetragen. 2 betrafen den Schutz des literarischen und künstlerischen Urheberrechts, l das internationale Übereinkommen betreffend Schiffahrt auf dem Genfersee, Ì. das Bundesgesetz betreffend die Aufsicht über das Versicherungswesen, l das Bundesgesetz betreffend Maßregeln gegen Viehseuchen, l das Konkordat betreffend Fischerei auf dem Neuenburgersee. 3 Begehren wurden abgewiesen, 2 zurückgezogen.

Ihrer Herkunft nach stammen 2 aus dem Kanton Neuenburg, 2 aus dem Kanton Aargau, l aus dem Kanton Genf und i aus dem Kanton Uri.

Die übrigen S t r a f g e r i c h t s b o h ö r (l o n des Bundes hatten während des Berichtsjahres nicht in Tätigkeit zu treten.

III. Staatsrechtliche Streitigkeiten.

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1. Streitigkeiten zwischen dem Bundesrate und Kantonen .

2. Streitigkeiten zwischen Kantonen 3. Auslieferungen 4. Beschwerden von Privaten oder Korporationen 5. Einsprachen gegen Verzicht auf das Schweizerbiirgerrecht .

6. Streitigkeiten zwischen dem Bundesrate und den Eisenbahngesellschaften betreffend das Rechnungswesen der letztem .

7 . Revisionsbegehren . . . .

8. Erläuterungsbegehren

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Pendent 1 geblieben. 1

Natur der Streitsache,.

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Neu 1 eingegangen. J

Die im Jahre 1902 beim Bundesgerichte anhängigen staatsrechtlichen Streitigkeiten verteilen sich wie folgt:

1

1

5 8

2 3 8 --

4 --.

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65

300 365 303

--

62

1

1

2

2 --.

1 1 --

1 7 3

2 -- 2 8 8 -- 3 3 --

73 j 321 394 327

67

167 Ad 1. S t r e i t i g k e i t e n z w i s c h e n dem B u n d e s r a t e und Kantonen.

Der erledigte Fall betrifft eine Beschwerde des Bundesrates gegen die Regierung des Kantons Tessin wegen Beitragsleistung an die Herstellungsarbeiten beim Bergsturz am Sasso Rosso bei Airolo. Die Beschwerde wurde teilweise gutgeheißen.

Ad 2. S t r e i t i g k e i t e n z w i s c h e n K a n t o n e n .

Die 2 im Berichtsjahre erledigten Fälle betrafen, der eine eine Beschwerde von Freiburg gegen Waadt wegen Urteilsvollstreckung, die schließlich als gegenstandslos dahinfiel ; der andere eine Beschwerde von Baselstadt gegen Luzern, aus dem Gesetze über zivilrechtliche Verhältnisse der Niedergelassenen.

Ad 3. A u s l i e f e r u n g e n .

Acht Auslieferungsbegehren gelangten im Berichtsjahre ans Bundesgericht: 2 von Österreich, 2 von Deutschland, l von Bayern, 3 von Italien ; alle wurden erledigt. Eine von Österreich begehrte Auslieferung wurde verweigert. Ein Begehren von Italien erledigte sich durch Verzicht auf die Einsprache. In den übrigen H Fällen wurde die Auslieferung bewilligt.

Ad 4, B e s c h w e r d e von P r i v a t e n oder K o r p o rationen.

Nach der Natur der als verletzt behaupteten Bestimmungen verteilen sich die 365 im Jahre 1902 anhängigen Beschwerden wie folgt : <» C ·C rt T 0

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a. Verletzung der Bundesververfassung ft. Verletzung von Bundesgesetzen c. Verletzung von Kantons Verfassungen d. Verletzung von Staatsverträgen

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60

37

23

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11

14

14

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65

300

365

303

62

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168 a. Die 257 Rekurse wegen Verletzung der B u n d es v er« f a s s u n g betrafen folgende Verfassungsbestimmungen: Art. 4: (Gleichheit vor dem Gesetz, Rechtsverweigerung) 183 ,, 45: (Niederlassung) 11 ,, 46 : (Doppelbesteuerung) . . . 20 ,, 49 (2) und 50 (2): (Konfessionelle Artikel) . . .

4 ., 55: (Preßfreiheit) 3 ,, 58 : (Gewährleistung des natürlichen Richters) . .

10 ,, 591: (Gerichtsstand für persönliche Ansprachen) . .

22 ,, 61 : (Vollziehung von Zivilurteilen) 3 ,, 5 der Übergangsbestimmungen (Freizügigkeit) . .

l 257

NB. Rechtsverweigerung wurde noch in sehr vielen andern Beschwerden behauptet, diese wurden aber anderwärts eingeordnet, sobald eine andere Bestimmung angerufen war.

b. Die 34 Rekurse wegen Verletzung von B u n d e s g e s e t z e n betrafen : Das Bundesgesetz über Auslieferung von Verbrechern und Angeschuldigten 4 ,, ,, ,, Zivilstand und Ehe l ,, ,, ,, persönliche Handlungsfähigkeit . . 14 ,, ,, ,, SchuldbetreibuDg und Konkurs . .

5 ., ,, ,, zivilrechtliche Verhältnisse der Niedergelassenen u n d Aufenthalter . . . 8 ,, ,, ,, Expropriation 2 c. Bei den 60 Rekursen wegen Verletzung von K a n t o n-- sv e r f a s s u n g e n sind neben den Beschwerden mit Anrufung der Artikel über Bigentumsgarantio. die Beschwerden wegen Verletzung der Gemeindeautonomie verhältnismäßig besonders zahlreich, d. Von den 14 Rekursen wegen Verletzung von S t a a t s v e r t r a g e n betrafen : den Gerichtsstandsvertrag mit Frankreich 9 den Niederlassungsvertrag mit England l den Niederlassungsvertrag mit Deutschland 2 die internationale Übereinkunft betreffend den Eisenbahnfrachtverkehr l das interkantonale Konkordat über Zulassung von Geistlichen l 14

169

Aargau Appenzell A.-Rh.

Appenzell I.-Kh.

Baselland Baselstadt Bern Fr ei bürg Genf . . .

Glarus Graubündcn Luzern . . .

Neuenburg Nidwaiden Obwalden Schaff luuisoii .

Schwyz Solotnurn St. Gallen Tessin Thurö'ciu Uri Waadt Wallis Zug Zürich . .

.

J

2 1

2 2 19, 3 3

i

1 2

7 4 4

?, 3 8

1 5 1

3 2

1

1

5 2 2 9,

2

2 1

. .

. . .

. . .

5

. . .

1

. . .

Total

1 4 3 9, 5 1 1 5 54

1 1

4 2 5 1

2

1

31

43

Pendent 1 geblieben. ||

Abgewiesen.

Gutgeheissen.

Kantone.

Rückzug oder Gegenstandslosigkeit.

Nichteintreten.

Die H e r k u n f t und die Art der E r l e d i g u n g der 365 Rekurse von Privaten und Korporationen ergibt sich aus folgender Tabelle:

1

1

38 13 10 1 9 1 5. 2 4 14 4 5 1 1 2 4 1 4 2 2 1 1 4 17 9!

4 1 3 3 8 1 3 1 2 8 10

23 3 4 9 12 70 33 20 1 8 31 9 7 6 fi 8 7 3 30 12 11 17 5 4 26

62

365

14 2 2 2 9

175

1 2 1 11

Von den 62 pendent gebliebenen Rekursen rührt l aus dem Jahre 1899 (aus dem Kanton Tessin, eine geistliche Stiftung betreifend; muß pendent bleiben, weil die kantonalen Behörden über Eigentumsrechte zu entscheiden haben), l aus dem Jahre

170

1900, 5 aus dem Jahre 1901, die übrigen sind im Berichtsjahre eingegangen, und zwar l im Januar, 2 im Februar, l im April, 2 im Mai, 2 im Juni, 6 im August, 5 im September, 8 im Oktober, 13 im November, 15 im Dezember.

Die Gründe des N i c h t e i n t r e t e n s in 54 Fällen waren folgende : In 24 Fällen Inkompetenz des Gerichts, in 7 Fällen Verspätung, in 2 Fällen verfrühte Beschwerde, in 5 Fällen mangelnde Erschöpfung des Instanzenzuges, in 11 Fällen Nichtwahrung der erforderlichen Form, in l Fall mangelnde Legitimation, in 3 Fällen wurde zum Teil nicht eingetreten, in l Fall wegen Unstatthaftigkeit der Beschwerde (Gegenstandslosigkeit).

Von den 43 ganz oder teilweise b e g r ü n d e t e r k l ä r t e n Rekursen waren 2 gegen Beschlüsse einer kantonalen gesetzgebenden Behörde, l!) gegen Beschlüsse der Vollziehungs.- und Verwaltungsbehörden, und 22 gegen Entscheide gerichtlicher Bec hörden ogerichtet.

Nach der N a t u r d e r S t r e i t s a c h e bezogen sich diese Fälle : 14 auf Art. 4 der Bundesverfassung (Rechts ver Weigerung) ; 3 ,, ,, 45 ,, ,, (Niederlassung); 2 ,, ,, 46 ,, (Doppelbesteuerung) ; fl 6 ,, ,, 59 ,, ,, (Gerichtsstand) ; 1 y, ,, 61 ., .n (Vollzug von Urteilen) ; 2 ,, das Bundesgesetz von 1852 betreffend Auslieferung von Verbrechern und Angeschuldigten : 4 ,, das Bundesgesetz über persönliche Handlungsfähigkeit; l ,, das Bundesgesetz über zivilrechtliche Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter ; 7 ,, Verletzung der durch die Kantonsverfassungen gewährleisteten Rechte ; 3 ,, den schweizerisch-französischen Gerichtsstandsvertrag.

43

In 38 Fällen, in welchen der Rekurs von vorneherein als unzulässig oder einer weitern Instruktion nicht bedürftig sich darstellte, wurde von der Bestellung eines Instruktionsrichters Umgang genommen und die Sache der II. Abteilung direkt durch ihren Präsidenten vorgelegt. Eine ganze Reihe von Eingaben, die ohne weiteres hinfällig waren, wurden nicht als Rekurse

171

eingeschrieben, sondern auf dem Korrespondenzwege erledigt.

Unter den Beschwerdeführern dieser Art sind immer eine Anzahl, die immer (und oft in derselben Sache) wiederkehren.

Beim Präsidenten der II. Abteilung gingen überdies 44 Gesuche um Erlaß vorsorglicher Verfügungen im Sinne des Art. 185 des Organisationsgesetzes ein, von denen 8 bewilligt wurden.

Ad 5 . E i n s p r a c h e n g e g e n V e r z i c h t e a u f d a s S c h w e i z e r b ü r g e r r e c h t.

Der eine der 2 Fälle betraf das Begehren eines Bündners..

Die Entlassung wurde ausgesprochen, nachdem der Petent den Ausweis geleistet, daß er noch als Bürger der Vereinigten Staaten anerkannt sei, obwohl er zurzeit in Europa sich aufhielt. Der 2. Fall betraf den Verzicht eines Ziirchers; die Entlassung wurde ebenfalls ausgesprochen.

Ad 6. S t r e i t i g k e i t e n z w i s c h e n dem B u n d e s r a t e und den Eisenbahngesellschaften b e t r e f f e n d das Rechnungswesen der letztern.

Es wurden keine erledigt.

Ad 7. R e v i s i o n s b e g e h r e n .

Von den 8 Revisionsbegehren wurden 7 abgewiesen, auf l wurde nicht eingetreten.

Ad 8. E r l ä u t e r u n g s b e g e h r e n .

Auf 2 Erläuterungsbegehren wurde nicht eingetreten, das dritte wurde abgewiesen.

IV. Oberaufsicht über das Schuldbetreibnugs- und Konkursweseu.

Die Gesamtzahl der im Berichtsjahre anhängigen Rekurse betrug 185 ; davon waren aus dem Vorjahre übernommen 18, im Laufe des Jahres eingegangen 167. Erledigt wurden im Berichtsjahre 175, so daß auf das Jahr 1903 übertragen wurden 10 Fälle.

172

Von den erledigten Beschwerden bezogen sich : auf die Pflichten der Betreibungs- und Konkursbeamten; ,, die Kompetenzen der Aufsichtsbehörden; ,, Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung; ,, die Art der Betreibung; .n den Ort der Betreibung ; ,, Betreibungen gegen Ehefrauen ; ,, Zahlungsbefehle ; ,, Rechtsvorschlag ; ,, Rechtsöffnung; ,, Aufhebung der Betreibung; ,, Fortsetzung der Betreibung; ,, Pfändung, Vollziehung derselben und-pfändbare Gegenstände ; 4 ,, Lohnpfändung; 2 ,, Anschlußpfändung ; 4 ,, Retentionsrecht ; 7 n Eigentums- oder Pfandreehtsansprachen im Pfändungsvei'fahren ; 4 n Eigentumsansprachen im Konkurse; 2 ., VerwertungBbegehren ; l ,, Pfand Verwertung; 8 ,, Verwertung beweglicher Sachen oder Forderungen; 9 ., Verwertung von Liegenschaften ; 7 ,, Kollokation und Verteilung im Pfändungsverfahren ; 1 .,, Konkurserkenntnisse ; 3 ,, Konkursverwaltung ; 3 ,, Verwertung der Konkursmasse; 9 ,, Kollokation und Verteilung im Konkurse ; 5 ,, · Arrest und dessen Vollziehung; 2 ,, Verlustschein ; 5 ^ Betreibungs- und Konkurskosten ; 1 ,, Revision ; 2 ,, Ordnungsbuße; l ,, Wiedei'erwägungsgesuch.

8 2 15 10 4 2 6 5 2 2 9 30

175

Über die V e r t e i l u n g der Geschäfte nach K a n t o n e n und über das S c h i c k s a l d e r B e s c h w e r d e n gibt die nachfolgende Tabelle Auskunft :

173

Aargau Appenzell A.-Rh Appenzell I.-Rh Baselland Baselstadt Bern (deutscher Teil) . .

Bern (französischer Teil) Freiburg Genf Glarus Graubünden Luzern Neuenburg Nidwaiden Obwalden Schaffhausen Schwyz Solothurn St. Gallen Tessin Thurgau .

. . .

Uri Waadt Wallis Zug Zürich . . . . . .

\

Total

24

2 1

3 3

2 1

4 3 1

7

2 1

1 --

2 --

3 1 1 2

1

5

7 1 1 3 9 10 1 5 7

10 ?, 2 1

--

·

1 H

10 ;

2 !

3 3 18 1 18 1 6 7 1 1

1

20 3 2 2

--

6 3 2 5 6 13 1 1 1 5 7 1 1 2 3 17

32

Pendent geblieben.

Abgewiesen.

Rückzug oder Gegenstands- 1 losigkeit.

'IJEIVa japunJßaa

Nichteintreten.

Ì

Kantone.

114

6 5 7 1 20 51 1 14 2 1 4 3 26

10 185

174

Die Gründe, aus welchen dieSchuldbetreibungs- und Konkurskammer in 24 Fällen auf die Beschwerde nicht eintrat, waren Inkompetenz der Oberaufsichtsbehörde (weil es sicli um Beschwerden gegen Entscheidungen von Gerichtsbehörden handelte), mangelnde Legitimation zur Beschwerdeführung und sonstige formelle Mängel (Nichteinhaltung des Instanzenzuges, Verspätung der Beschwerdefrist, ungenügende Substanzierung u. s. w.).

Die 32 für begründet erklärten Beschwerden betrafen folgende Gegenstände : 1 Rückweisung an die kantonale Aufsichtsbehörde zu erneuter Behandlung ; 2 Pflichten der Beamten ; l Zahlungsbefehl; l Ort der Betreibung; l Rechtsvorschlag; 1 Rechtsöffnung ; 2 Fortsetzung der Betreibung; 2 Pfändung; 1 Lohnpfändung; 3 Kompetenzstücke ; 2 Eigentumsansprache im Pfändungsverf'ahren ; 1 Aufhebung der Betreibung; 2 Verwertung beweglicher Sachen oder Forderungen ; 2 Verwertung von Liegenschaften; l Verteilung im Pfändungsverfahren ; l Eigentumsansprache im Konkurse ; l Verwertung der Konkursmasse ; 3 Kollokation und Verteilung im Konkurse; l Arrest; l Retentionsrecht ; l Betreibungskosten ; l Revisionsgesuch.

32^

V. Freiwillige Gerichtsbarkeit.

Im Berichtsjahre ging ein L i q u i d a t i o n s b e g e h r e n gegen die D r a h t s e i l b a h n zum R e i c h e n b a c h fa 11 ein. Auf Begehren der Potenten wurde die Liquidation im Berichtsjahre noch nicht ausgesprochen, und ging so das Geschäft auf das folgende Jahr über.

175

Zusammenstellung und mittlere Dauer der Streitsachen.

Verteilung derselben nach den Nationalsprachen.

Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die beim Bundesgerichte im Berichtsjahre anhängigen und die von ihm erledigten Geschäfte unter Vergleichung mit dem vorhergehenden Jahre:

176 Gesamtzahl der Geschäfte.

Natur der Streitsache.

1901. 1902.

I. Zivilsachen: 1. Erst- und letztinstanzliche Geschäfte 2. Expropriationen 3. Berufungen 4. Revisionsbegehren . . .

5. Erläuterungsbegehren .

6. Kassationsbegehren .

7. Moderationsbegehren . .

II.

Strafsachen: 1. Klagen beim Bundesstrafgerichte 2. Kassationsbegehren .

III. Staatsrechtliche Streitigkeiten : 1 . Streitigkeiten zwischen Bundes- und kantonalen Behörden 2. StreitigkeitenzwischenKantonen 3 . Auslieferungen . . . .

4. Beschwerden von Privaten oder Korporationen .

5 . Verzichte auf das Schweizerbürgerrecht 6. Rechnungswesen der Eisenbahnen 7. Revisionsbegehren .

8. Erläuterungsbegehren .

IV. Besdnverden betreff end das Schuldbetreibùngs- und Konlewrswesen .

V. Freiwillige G-ericlitsbarlieii .

Total

Erledigt.

1901.

1902.

58 61 16 31 206 238 88 105 315 314 286 288 4 4 3 3 2 3 3 3 2 1 2 1 1 1 -- 2

2 7

2 6

1 6

2

2

1

1

1

8 8

5

8

4 8

2 8

370

365

305

303

2

2

1

2

2 4 --

2 8 3

1

3 --

8 3

207

185

189

175

2

1

2

--

919

940

1203 1211

5

Nach den N a t i o n a l s p r a c h e n verteilet! sich die im Berichtsjahre anhängig gewesenen Fälle wie folgt: Deutsche Schweiz.

I. Zivilsachen: 1. Erst- und letztinstanzliche Prozesse 2. Expropriationen .

3 . Berufungen . . . .

4. Andere Zivilsachen II. Strafsachen: 1. Klagen beim Strafgericht 2. Kassationsbegehren .

III. Staatsrechtliche Streitigkeiten IV. Beschwerden betr. Schuldbetreibungs- und, Konkurswesen V. Freiwillige Gerichtsbarkeit .

Total

37 = 60.60 % 187 = 78.57 % 217 = 69.00 % 5 = 50.00 %

Italienische Schweiz.

Französische Schweiz.

19 = 31.u % 51 = 21.43

5=

8.2!%

61=100%

4=

1.20°/0

238 = 100% 314 = 100 % 10 = 100%

%

93 = 29.80 % 5 = 50.00 %

Total.

--

2 = 100 % 6 = 100 %

3 = 50.00 %

2 -- 100 % 3 = 50.oo %

262 = 61.67 %

97 = 24.61 %

35 = 13.72%

394 = 100%

132=71. 8 8% 1 = 100 °/o

33 = 17.82 %

20 = 10.80 %

185 = 100%

844 = 69.70 %

303 = 25.00 %

1 =100%

64= 5.30%

1211 =100%

178

Die D a u e r der Streitsachen ergibt sich aus nachfolgender 2!

ä § ~° = ~ Natur der Streitsachen.

Dauer bis t,

V

.

·=JB P ·ö O h

li* S>f o>

1= .2 S

o5 S

.23 ^Q ^

31 105 288 3 2 2

II. Strafsachen.

1. Straf klagen 2. Kassationsbegehren . . .

2 5

-- --

1

-- --

.--

2

8

7

303

47

2 8 3

--

IV. Besehwerden betr. Schuldbetreibungs- und Konkurswesen Total


'Set

s 1 ä

c<>

/. Zivilsachen.

1. Erst- und letztinstanzliche Prozesse 2 . Expropriationen . . . .

3. Berufungen 4. ßevisionsbegehreu . . .

5. Erläuteruogsbegehren . .

6. Kassationsbegehren . . .

Verhältnis

a o

S) l g r

o5 cd a

ai

a o

g « 55 H H S H^ <§ "o >o E 1O ^ a I-H S I-H a

III. Staatsrechtliche Streitigkeiten.

1. Zwischen dem Bund und 1 Kauton 2. Zwischen 2 Kantonen . .

3 . Auslieferungen . . . .

·i. Beschwerden von Privaten und Korporationen . . .

5. Verzicht auf das Schweizerbürgerrecht ö. Revisionsbegehreu 7. Erläuterungsbegehren . .

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71

37

23

-- 3 1

1 1 --

--

--

2

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--

175

62

43

45

18

7

940

196

% 100

.

2 71 101 1 -- -- -- 2 -- 1

3

--

1 1

189 213 127

% % °/o 20.90 20.10 22.70

% 13.50

65

38

01

la

%

7.00

·4.00

179

Tabelle:

zum Urteil.

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Mittlere Dauer



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1

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GrSßte Dauer bis zum Urteil.

bis zum

Urteil.

15 -- -- -- --

3 17 --i-- --

4 15 -- -- -- --

2 12 -- -- -- --

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1

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14 5 -- --

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--

18

13 1 2 1 --

7 6 27 29 16

2 14

3 6

2

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4

6

25 405

5 28

24 24

5 19

24 27

--

21

--

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136 25 20

1

28

8

2

13

54

-- --

10 2 1

21 15 27

6 1 --

22 3 23

33V* 32 43

5

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7

1 --

3

Tage

--

-- --

1

Tage

31 9 6

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Monate

172

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SË ·« N ab « S1 SP^-5

-- 21

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0.30

2.20

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66]/2

40

180

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

L a u s a n n e , den 28. Februar 1903.

Im Namen des Schweiz. Bundesgerichts, Der Präsident: Bachmann.

Der Gerichiisschreiber: Th Weiss.

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Bericht des schweizerischen Bundesgerichts an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1902. (Vom 28. Februar 1903.)

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Bundesblatt

Dans

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In

Foglio federale

Jahr

1903

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

12

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.03.1903

Date Data Seite

152-180

Page Pagina Ref. No

10 020 486

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