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Bericht der

ständigen Alkoholkommissionen des National- und Ständerates über die Geschäftsführung und Rechnung der Alkohol Verwaltung pro 1902.

(Vom 9. Oktober 1903.)

Tit.

Einleitung.

Die Vorarbeiten für den Erlaß eines Organisationsgesetzes der Alkoholverwaltung haben begonnen ; der Entwurf eines solchen wird den eidgenössischen Räten im Laufe des nächsten Jahres vorgelegt werden.

Über das Bundesgesetz betreffend den Geschäftsverkehr zwischen Nationalrat, Ständerat und Bundesrat vom 9. Oktober 1902 ist eine Volksabstimmung nicht anbegehrt worden und es konnte dasselbe daher im Laufe des Monates Januar 1903 in Vollzug gesetzt werden. Eine wesentliche Neuerung dieses Gesetzes ist die durch dasselbe geschaffene Finanzdelegation ; wenn derselben auch größere Bedeutung zukommt, so kann sie doch als eine Nachbildung der seit 1894 bestehenden Alkohol-Delegation betrachtet werden. Wir haben das Regulativ der letztern einer Revision unterzogen und mit dem Art. 27 des genannten Gesetzes in Übereinstimmung gebracht.

Unterm 17. Dezember 1902 haben Herr Nationalrat Odier und 16 Mitunterzeichner nachfolgende Motion eingereicht:

496 Der Bundesrat wird eingeladen, die Frage zu prüfen und in einer der nächsten Sessionen darüber Bericht zu erstatten, ob nicht der Verkaufspreis des monopolisierten Alkohols in gewissem Maße zu erhöhen sei.

Unterzeichner : Odier, Secretan, Iselin, Hirter, Gobat, Steiger, Hilty, Ming, Bucher, Kuntschen, Décoppet, Schobinger, Amsler (Zürich), H. Scherrer, Théraulaz, von Planta.

Gleichsam als Gegenstoß zu diesem Vorgehen erfolgte dann am 18. Dezember 1902 die Motion von Herrn Nationalrat Hochstraßer, lautend : Der Bundesrat wird eingeladen, zu untersuchen und Bericht zu erstatten, ob nicht das Bundesgesetz über gebrannte Wasser . in dem Sinne abzuändern sei, daß : 1. den Landwirten das Brennen von nicht monopolpflichtigen Stoffen und der Verkauf von daher gewonnener gebrannter Wasser erleichtert werde; 2. der Verkaufspreis des Trinksprits herabgesetzt werde ; 3. der Betrag sämtlicher Zollgebühren von eingeführten Spirituosen den Kantonen zufallen' soll ; 4. den Kantonen bei der Verwaltung des Alkoholmonopols ein wirksames Recht der Mitsprache eingeräumt werden soll.

Beide Motionen sind vom Nationalrate noch nicht behandelt worden.

I. Verwaltung.

Für die verschiedenen Abteilungen der Verwaltung hatte das Budget pro 1902 eine Gesamtausgabe von Fr. 460,000 vorgesehen ; laut Rechnung betrug dieselbe aber nur Fr. 415,685 und blieb somit um Fr. 44,315 unter ersterem Ansätze, und auch rund Fr. 20,000 unter der Rechnung von 1901, welche eine Ausgabe von rund Fr. 435,000 verzeichnete.

Bei dieser Ersparnis ist das Hauptbureau in Bern mit Fr. 6800 und die Brennereikontrolle mit Fr. 9200 beteiligt. An ersterem Orte blieb die Stelle des verstorbenen Chemikers während einiger Monate unbesetzt; mit bezug auf einen ebenfalls verstorbenen Kontrolleur wurde auf eine Ersatzwahl vorläufig ganz verzichtet.

Am größten ist die Differenz zwischen Budget und Rechnung bei den Regiedepots in Burgdorf (Fr. 22,300) und Romanshorn

497 (Fr. 3200). Eine eigentliche Ersparnis bedeuten diese Minderausgaben (Fr. 25,500) zwar nicht, sondern sie sind entstanden, weil die Erneuerung der jeweilen auf fünf Jahre abzuschließenden Verträge zur Versicherung gegen Feuersgefahr im Interesse der Vereinheitlichung aller daherigen Kontrakte um ein Jahr hinausgeschoben wurde.

Der Bau · des neuen Reservoirs in Romanshorm kam auf Fr. 99,700 zu stehen ; im Budget waren hierfür nur Fr. 90,000, aber unter dem Titel ,,Unvorhergesehenes" noch weitere Fr. 10,000 eingestellt, so daß die Überschreitung der Baukosten eigentlich nur formeller Natur ist.

Die Passivzinse, welche im Voranschlage mit Fr. 40,000 angesetzt waren, zeigen eine Ersparnis von Fr. 21,000, welche hauptsächlich durch die Verminderung der Warenvorräte hervorgerufen wurde.

II. Einkauf, a. Inlandware.

Der Bezug an kontingentierter Inlandsware hat 21,142 Meterzentner betragen und blieb somit 4358 Meterzentner unter dem in Art. 2 des Alkoholgesetzes fixierten Maximum von 25,500 Meterzentnern oder 30,000 Hektolitern. Wie notwendig es war, im Jahre 1900 das Alkoholgesetz betreffend den Art. 2 einer Revision zu unterziehen und für den Inlandsviertel ein Maximum festzusetzen, geht daraus hervor, daß sich der Landesbedarf im Jahre 1902 im ganzen auf 114,234 Meterzentner Sprit (Trinksprit und Denaturiernngsware zusammengerechnet) behef, und somit */4 dieses Quantums 28,559 Meterzentner ausgemacht hätte.

Aber auch das obgenannte Quantum von 21,142 Meterzentner repräsentiert 40 °/o des Absatzes von Trinksprit, während sich dieses Verhältnis in frühern Jahren auf nur 30 °/o stellte ; es ist klar, daß diese Verschiebung das finanzielle Erträgnis des Alkoholmonopols beeinträchtigt. Nun erscheint aber eine Gesetzesrevision zum Zweck der weiteren Reduktion des Inlandkontingents dermalen nicht angezeigt; es ließe sich indessen vielleicht zu gewissen Zeiten auf andere Weise durch freie Vereinbarung mit den Losinhabern Remedur schaffen.

Der Inlandsprit kam im Durchschnitt auf Fr. 83. 34 zu stehen, etwas höher als der Budgetansatz, welcher auf Fr. 82. 43 lautete ; trotzdem gestaltet sich die Rechnung über die Inlands-

498 wäre gegenüber dem Budget nicht ungünstig, weil die reduzierten Ablieferungen den Nachteil eines etwas höheren Preises mehr als aufgewogen haben. Infolge des Steigens der Kartoffelpreise im Herbst 1902 wurde gemäß Art. l des Brennereipflichtenheftes den Losinhabern gestattet, in der Campagne 1902/1903 inländische Körnerfrüchte für einen Teil ihrer Produktion zu verwenden.

Im ganzen wurden 68 °/o Kartoffeln und 32 °/o Körnerfrüchte (hauptsächlich Roggeo) gebrannt. Der Durchschnittspreis der erstem in der Campagne 1901/1902 figurierte mit Fr. 5. 02, derjenige der letztern mit Fr. 16. 87 in der Berechnung.

Die neuen Brennlose liefern teurer als die alten ; es ist das begreiflich, denn einerseits haben bei erstem noch keine Abschreibungen stattgefunden und anderseits mangelt teilweise die Geschäftserfahrung. In zwei Jahren sind die Brennereiverträge abgelaufen, und soll wieder eine neue Loszuteilung stattfinden.

Wir sind nun der entschiedenen Meinung, daß dannzumal keine neuen Lose zu vergeben seien, indem ein wirkliches Bedürfnis hierfür nicht vorhanden ist. Der Überschuß der Landeseinfuhr über die Landesausfuhr von Kartoffeln beträgt seit 1887 im Durchschnitt rund 343,000 Meterzentner per Jahr. Man sollte glauben, daß diejenigen Gegenden, welche großen Kartoffelbau haben, den Überschuß ihres Produktes im eigenen Lande absetzen könnten.

b. Auslandware.

Der Durchschnittspreis des Auslandsprits konnte mit Fr. 23. 85 gebucht werden, und war somit der tiefste seit der Einführung des Alkoholmonopoles im Jahre 1887. Gerade das doppelte (Fr. 47. 91) hatte der Auslandsprit im Jahre 1892 gekostet; dann sanken die Preise sukzessive bis 1897 (Fr. 24. 67). Im Jahre 1899 hatten wir wieder Fr. 31. 34 in Rechnung zu stellen.

Dieser Aufschlag konnte aber keinen Halt finden, sondern die Spritkurse gingen wieder zurück und erreichten, wie schon gesagt, 1902 ihren tiefsten Stand. Zu dem genannten Preise für 1902 haben wir dann noch beizufügen: Fr. 23. 10 für Zoll und 69 Cts.

für Fracht, so daß wir 1902 Fr. 47. 64 als Kosten des Auslandsprits loco Lagerhaus einzustellen hatten. Sobald die Position 125 des neuen Zolltarifs in Kraft tritt, wird uns der Zoll nur noch auf Fr. 11. 55 zu stehen kommen.

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III. Verkauf.

Im Verkaufe von Trinksprit haben wir eine bescheidene Zunahme zu' notieren. Es wurden abgesetzt 52,010 Meterzentner gegen 50,826 Meterzentner im Jahre 1901. Am größten war der Absatz von Trinksprit im Jahre 1892: 70,989 Meterzentner; am kleinsten im Jahre 1901: 50,826 Meterzentner. Der Bedarf an Denaturierungsware hat sich gegenüber dem Vorjahre um 644 Meterzentner vermehrt; er betrug 63,466 Meterzentner. Die Zusammensetzung dieses Quantums war. folgende : 47,216 Meterzentner absolut denaturierten Sprit direkt von der Alkoholverwaltung bezogen, 1,029 Metergentner relativ denaturierten Sprit direkt von der Alkoholverwaltung bezogen, 15,221 Meterzentner relativ denaturierten Sprit vom Auslande bezogen.

63,466 Meterzentner total.

Zum weitaus größten Teile findet der absolut denaturierte Sprit im Haushaltungsverbrauche und der .relativ denaturierte zu industriellen Zwecken seine Verwendung. Die Einbeziehung des.

letztern in das Monopol erscheint uns angezeigt, und wir haben daher ein Postulat in diesem Sinne gestellt.

IV. Monopolgebühren auf Qualitätsspirituosen.

Das Nettoerträgnis dieser Abteilung ist um rund Fr. 10,000 höher als im Vorjahre, es beträgt Fr. 694,540, im Voranschlage waren nur Fr. 660,000 eingestellt; während einerseits Fr. 37,000 mehr eingingen, wurden anderseits Fr. 3000 mehr für Rückvergütungen ausgegeben.

T. Rückvergütung bei Ausfuhren.

Dieser Posten bleibt Fr. 25,000 unter den budgetierten Ausgaben, weil die Exportmenge hinter den Erwartungen zurückblieb.

Bei diesem Exporte sind im ganzen 36 Häuser beteiligt. Von den rund 1641 Hektolitern, welche ins Ausland verschickt wurden, fallen 1543 Hektoliter auf Wermut und Absinth, 79 Hektoliter auf Magenbitter, andere Liköre und Branntweine, der Rest auf Parfümerien und Medikamente.

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VI. Strafbestimmungen.

Im Laufe des Jahres 1902 gingen nur 13 Strafanzeigen ein, während 1901 deren 35 eingelaufen waren; daß hieraus eine ebenso starke Abnahme der Übertretungen des Alkoholgesetzes gefolgert werden könne, wagen wir nicht zu behaupten. Es will uns scheinen, die Kantonsregierungen entwickeln zu wenig Eifer in der Nachforschung nach solchen Übertretungen. So lange aber von dieser Seite nicht mehr Tätigkeit entwickelt wird, so werden die Verletzungen der Vorschriften der Alkoholgesetzgebung sich beständig vermehren zum Nachteile der Reinerträgnisse des Alkoholmonopoles.

Es hatten im Berichtsjahre 10 Straferkenntnisse stattgefunden, welche sich auf die Kantone Aargau, Bern und Thurgau (je zwei) und Baselstadt, Freiburg, St. Gallen und Zürich (je ein) verteilen.

Der Betrag der einbezahlten Bußen (Art. 24 des Gesetzes) hat Fr. 2675 betragen, wovon 1/a den Kantonen des Begehungsortes, 1 /s den betreffenden Gemeinden und 1/a dem Verleider, beziehungsweise Verleiderfonds zugewiesen wurde ; letzterer erhielt Fr. 825, während nur Fr. 66 auf einen Verleider außerhalb der Alkoholverwaltung entfielen. Es ist erwähnenswert, daß beinahe alle Anzeigen durch einen und denselben Beamten der letztern erfolgen.

Auch die Zollverwaltung hatte im Jahre 1902 weniger Übertretungen des Alkoholgesetzes zu verzeigen als im Vorjahre. Sie erledigte von sich aus 16 Straffälle mit einem Bußenerkenntnisse von Fr. 1009, welchem sich die Fehlbaren unterzogen. Weitere 7 Fälle waren Ende 1902 noch bei der Verwaltung und einer beim Gericht anhängig. Wir verweisen diesfalls auf die interessanten Auseinandersetzungen des Geschäftsberichtes des Bimdesrates von 1902 (Abteilung Finanz- und Zolldepartement).

VII. Rechnung und Bilanz.

Der Überschuß der Betriebsrechnung beträgt Fr. 5,923,752, während das Budget nur einen solchen von Fr. 5,495,000 vorgesehen hatte. Den Kantonen war ein Verteiler von Fr. 1. 65 in Aussicht gestellt worden, welcher nun auf Fr. 1. 75 erhöht werden konnte und einen Aktivsaldovortrag von Fr. 103,823 auf neue Rechnung gestattete. Bei der Berechnung wurde von jeher die ortsanwesende Bevölkerung (3,325,023) in Betracht gezogen.

In sämtlichen Abteilungen der Einnahmen war ein Plus und in denjenigen der Ausgaben ein Minus zu verzeichnen. Es ist hauptsächlich der vermehrte Absatz des Trinksprits, sowie die tiefen

soi Einkaufspreise des Auslandsprits, welche dieses günstige Rechnungsresultat herbeigeführt haben. Die billigen Einkaufspreise in der Rechnung von 1902 beruhten auf Bestellungen, welche im Vorjahre (1901) abgeschlossen wurden.

Schlusserörterungen.

Nach der Berechnung des Herrn Alkoholdirektor Milliet beträgt der monopolpflichtige Alkoholkonsum rund 4 Liter auf den Kopf unserer Bevölkerung. Der Verbrauch an monopolfreien Spirituosen wird durchschnittlich auf l Liter per Einwohner und Jahr geschätzt, so daß der jetzige Branntweinkonsum auf 5 Liter per Kopf berechnet werden kann. Es bedeutet das eine Verminderung des Alkoholgenusses, über deren genaues Maß uns aber leider keine Zahlen zu Gebote stehen, da wir über die Zeit vor Einführung des Monopoles (1887) nur Schätzungen besitzen.

Der Konsum hat aber damals jedenfalls nicht unter 7 Liter per Kopf betragen, die Abnahme von 1887 bis heute beträgt daher unzweifelhaft 2 Liter per Kopf oder 30 %.

° Während das projektierte neue Verwaltungsgebäude durch die erfolgten Beschlüsse der eidgenössischen Räte seiner Ausführung nahe gerückt ist, befinden sich die in Aussicht genommenen Bauten in Delsberg noch immer im Stadium der Vorbereitung.

Der neue Zolltarif hat den Eingangszoll auf Sprit. auf die Hälfte (10 Cts. per Grad reinen Alkoholes) herabgesetzt; es bedeutet das eine Steigerung des Reinerträgnisses, welches eintreten wird, sobald die hierauf bezügliche Position (Nr. 125) zum Vollzuge gelangt. Der Entscheid hierüber liegt gemäß Art. 20 des Bundesgesetzes betreffend den schweizerischen Zolltarif vom 10. Oktober 1902 beim Bundesrate. Letzterer hat bereits beschlossen, die neuen Spritzölle spätestens auf Neujahr 1905 in Wirksamkeit treten zu lassen, da sonst die Alkoholverwaltung in ihren Entschließungen über Lieferungsankäufe gehemmt wäre, weil es nicht angezeigt ist, zum derzeitigen Zolle noch größere Vorräte anzulegen.

Z ü r i c h , den 9. Oktober 1903.

Namens der ständigen AlkoholJcommissionen, Der Berichterstatter: Afoegg,. Nationalrat.

-ÖK^S-

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Bericht der ständigen Alkoholkommissionen des National- und Ständerates über die Geschäftsführung und Rechnung der Alkoholverwaltung pro 1902. (Vom 9. Oktober 1903.)

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