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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Verkaufes von Zündhölzchen mit gelbem Phosphor bestraften Jakob Schär, Wirts und Krämers in Eriswil.

(Vom 8. September 1903.)

Tit.

Durch Urteil des Polizeirichters von Trachselwald vom 9. Juli 1903 wurde Jakob Schär wegen Verkaufes verbotener Zündhölzchen mit Fr. 100 Geldbuße bestraft. Nach Anzeige des Landjägers Gutmann in Eriswil waren diesem selbst am 3. Juli 1903 von einem Sohn des Schär Zündhölchen mit gelbem Phosphor aus dem väterlichen Kramladen verkauft worden.

Schär hat vor Polizeirichter erklärt, daß er sich der Anzeige und dem Urteil unterziehe, aber die Einreichung eines Begnadigungsgesuches vorbehalte, weil er gar nicht gewußt habe, daß in seinem Verkaufsgeschäfte noch eine Kiste mit Phosphorzündhölzchen vorhanden sei, und weil Landjäger Gutmann durch ausdrückliches Verlangen den Sohn Schär veranlaßt habe, ihm aus dieser separat aufbewahrten Kiste Zündhölchen zu verabfolgen.

Diese Behauptung wird im Begnadigungsgesuch zur Begründung des Antrages wiederholt, die ausgesprochene Buße in Gnaden zu erlassen.

Landjäger Gutmann .bestreitet die Sachdarstellung des Jakob Schär, indem er vor Regierungsstatthalteramt deponiert, er habe vom Sohn Schär nur gewöhnliche Zündhölzchen statt schwedischer verlangt und weder gewußt, daß und wo Phosphorzündhölzchen im Verkaufsladen vorhanden seien noch deren Verabfolgung aus einer bestimmten Kiste verlangt.

16 Vom Gemeinderat Eriswil wird das Begnadigungsgesuch des gut beleumdeten Jakob Schär zur Entsprechung empfohlen mit dem Beifügen, daß derselbe ein liegenschaftliches Vermögen von Fr. 10,750 und ein'Einkommen von Fr. 700 versteure.

Bei Beurteilung der Frage, ob eine Übertretung des Bundesgesetzes vorliege und ob der Bestrafte der Begnadigung würdig sei, sind die nähern Verumständungen, unter welchen Landjäger Gutmann Zündhölzchen einkaufte, nicht von wesentlicher Bedeutung. Maßgebend ist vielmehr die Tatsache, daß im Kramladen des Potenten Zündhölzchen mit gelbem Phosphor noch im Juli 1903 vorhanden waren und von den mit Besorgung des Verkaufsgeschäftes betrauten Personen an Kunden abgegeben werden konnten. Es wäre Sache des Eigentümers des Ladens gewesen, schon längst für anderweitige Aufbewahrung oder Beseitigung dieser verbotenen Ware zu sorgen.

Von gänzlichem Erlaß der nach dem Gesetze ausgesprochenen Strafe kann daher nicht die Rede sein und wenn auch für diesen Fall das Strafminimum von Fr. 100 aus schon wiederholt erörterten Gründen als zu hoch und eine etwelche Ermäßigung desselben als gerechtfertigt erscheint, so wird seine Eigenschaft als gewerbsmäßiger Verkäufer von Zündhölzchen dabei zu Ungunsten des Petenten zu beachten sein.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den A nt r ag:

Es sei die dem Jakob Schär auferlegte Geldbuße auf Fr. 50 zu ermäßigen, im Falle der Nichterhältlichkeit umgewandelt in 10 Tage Gefängnis.

B e r n , den 8. September 1903.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der I. Vizekanzler:

Sckatzmann.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Verkaufes von Zündhölzchen mit gelbem Phosphor bestraften Jakob Schär, Wirts und Krämers in Eriswil. (Vom 8. September 1903.)

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Jahr

1903

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36

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09.09.1903

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15-16

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