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Bundesrathsbeschluss über

die Beschwerde des Jos. Neidhart in Wollerau gegen den Regierungsrat des Kantons Schwyz wegen Verweigerung eines Wirtschaftspatentes.

(Vom 22. Juni 1903.)

Der schweizerische Bundesrat hat über die Beschwerde des Jos. Neidhart in Wollerau gegen den Entscheid der Regierung des Kantons Schwyz vom 3. November 1902, betreffend Verweigerung eines Wirtschaftspatentes, auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements, folgenden Beschluß gefaßt: A.

In tatsächlicher Beziehung wird festgestellt:

I.

Am 29./30. Dezember 1902 hat Jos. Neidhart in Wollerau beim Bundesrat gegen den ihm ein Wirtschaftspatent verweigernden Entscheid der Regierung des Kantons Schwyz vom 3. November 1902 eine Beschwerde eingereicht mit folgendem Begehren : Der Bundesrat wolle die Regierung des Kantons Schwyz anweisen, dem Beschwerdeführer ein Wirtschaftspatent nach § 7, lit. a, des schwyzerischen Wirtschaftsgesetzes zu verabfolgen.

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Zur Begründung seines Begehrens führte Neidhart in seiner Rekursschrift, einem Nachtrag zu derselben vom 4./6. Januar 1903, in der Replik vom 16./17. Februar 1903 und in einem letzten Nachtrag vom 14./16. März 1903 folgendes aus: Er habe im Oktober 1902 ein Gesuch um Erteilung eines Wirtschaftspatentes nach § 7, lit. a (mit der Berechtigung zur Beherbergung von Gästen, zur Verabreichung von Speisen und Getränken, zum Kleinverkauf geistiger Getränke und zur Abhaltung öffentlicher Tanzbelustigungen) beim Regierungsrat eingereicht, sei aber mit seinem Gesuch am 3. November 1902 von dieser Behörde abgewiesen worden.

Ferner habe er schon im Februar 1902 um die Bewilligung eines alkoholfreien Patentes in Verbindung mit dem Recht, eine Pension zu führen, nachgesucht. Dies Gesuch sei aber erst nach einer Reklamation im November 1902 behandelt und ihm ein Patent nach § 7, lit. c, leg. cit. (mit der Berechtigung, fremde Personen gewerbsmäßig zu beherbergen, ohne an dieselben Speisen und Getränke zu verabreichen) zugestanden worden. Es sei klar, daß er damit auf dem Lande nichts anfangen könne. Daß ihm ein alkoholfreies Patent nicht bewilligt werde, sei unbegreiflich, da im ganzen Bezirk keine Wirtschaft mit solchem Betrieb bestehe.

In der Replik hat Neidhart auf weitere Ausführungen bezüglich des alkoholfreien Patents verzichtet, da er nach seiner Ansicht ein Recht auf Gewährung eines Patentes nach § 7, lit. a, des Gesetzes habe.

Der Entscheid des Bundesrates vom 30. Juni 1902 über seine frühere Beschwerde bilde für die jetzt vorliegende kein Präjudiz. Denn 1. handle es sich jetzt um das Patent pro 1903; 2. sei der Bundesrat durch die Vernehmlassung der Regierung des Kantons Schwyz im frühern Fall über wesentliche Punkte in Irrtum geführt worden ; 3. ergäbe sich aus seither eingetretenen Ereignissen der Nachweis, daß man ihm, dem Rekurrenten, gegenüber willkürlich verfahre.

Fall Alois Suter in Rickenbach.

Dieser Fall sei schon in der früheren Beschwerde angezogen und davon in den rechtlichen Erwägungen des bundesrätlichen Entscheides gesagt worden, es habe sich dort um die Verlegung ·einer Wirtschaft aus einem konzessionierten Gebäude in ein anderes konzessioniertes Gebäude gehandelt. Dies sei nicht richtig, da weder für die Wirtschaft zum ,,Sternen", noch für das ,,ßellevue11 in

583 Rickenbaoh eine Konzession bestanden habe. Das ergebe sich schon daraus, daß Suter, wenn die Konzessionen bestanden hätten, ja gar nicht um die Übertragung hätte einkotnmen müssen, werde aber noch deutlicher aus einem von der Regierung einzuverlangenden Protokollauszug über die jene Verlegung der Suterschen Wirtschaft betreffende Ratsverhandlung erhellen. Die Gemeindekanzlei Schwyz habe ihm, dem Rekurrenten, die Ausstellung einer Bescheinigung hierüber verweigert.

Fall Camenzind zur Roos in Wollerau.

Der Beschwerdeführer sei am 15. Dezember 1901 aus der Roos fortgezogen. Sein Nachfolger auf dem Heimwesen, Hildebrand, habe für das Jahr 1902 kein Patent gelöst. Um ein solches habe erst der jetzige Pächter der Liegenschaft, Jos. Mär. Camenzind, im Oktober 1902 nachgesucht. Die Bewilligung sei ihm erteilt worden, trotzdem auf der Roos ein Unterbruch des Wirtschaftsbetriebes von mehr als 10 Monaten stattgefunden habe.

Camenzind sei zudem ein fruchtlos Ausgepfändeter, weshalb ihm nach § 3, lit. e, des Wirtschaftsgesetzes ein Patent nicht erteilt werden dürfe. Die Regierung habe dies wissen müssen, denn in den Nrn. 6 und 21 des von der Kantonskanzlei herausgegebenen Amtsblattes vom 8. Februar und 24. Mai 1901 fanden sich auf Seite 116, beziehungsweise 364/65 die Anzeigen der schuldentriebrechtlichen Fahrhabe- und Liegenschaftsversteigerungen des Heimwesens ,,HintergiebeP in Gersau, auf welchem Jos. Mär. Camenzind früher gewesen sei.

Diese Patenterteilung reime sich überhaupt nicht gut mit dem angeblichen Bestreben der Regierung zusammen, in Wollerau, wo es schon so wie so zu viel Wirtschaften habe, die Entstehung neuer Schankstätten mit allen Mitteln zu verhindern.

Fall Kistler zum Zentralhof in Siebnen.

Die Erben Kistler in Siebnen hätten im September oder Oktober 1902 beim Regierungsrat ein Patent für das Gasthaus zum ,,Zentralhof * pro 1903 nachgesucht. Sie seien jedoch mit ihrem Gesuch auf Grund von § 15 des Wirlschaftsgesetzes abgewiesen worden.

Darauf hätten sie um ein Patent für den Rest des Jahres 1902 nachgesucht und dieses sei ihnen am 23. Dezember 1902 bewilligt worden. Ebenso aber hätten sie nachträglich auf Grund eines Wiedererwägungsgesuchs auch das Patent pro 1903 erhalten, beides trotzdem der Wirtschaftsbetrieb in der betreffenden Liegenschaft

584 ebenfalls eine Unterbrechung von fast einem Jahr erlitten habe.

Hierbei sei darauf hinzuweisen, daß die Wirtschaftsbewilligungen sowohl mit dem Kalenderjahr begännen als endigten.

Fall Ebnöther zum Schweizerhof in Vorderthal.

Das Vorgehen des Regierungsrates in diesem Fall sei unbegreiflich und involviere eine rechtsungleiche Behandlung dem Rekurrenten gegenüber. Dem Meinrad Ebnöther in Vorderthal sei nämlich ein Patent pro 1901 für seine Liegenschaft zum ,,Schweizerhof'', als er nur vier Betten ausgewiesen habe, verweigert worden, weil angesichts der in Vorderthal schon bestehenden fünf Wirtschaften nach lit. a die Eröffnung einer weitern Wirtschaft für das öffentliche Wohl offenbaren Nachteil bringen würde. Als aber Ebnöther hierauf durch Gutachten des Gemeinderates Vorderthal das Vorhandensein von 22 Betten ausgewiesen habe, sei ihm vom Regierungsrat das Patent pro 1902 erteilt worden. Man habe also unbegreiflicher Weise ein Jahr nach der ersten Abweisung schon angenommen, die Gefährdung des öffentlichen Wohls durch Eröffnung einer weitern Wirtschaft in Vorderthal trete nicht mehr ein. Da nun in Vorderthal auf 746 Einwohner sieben Wirtschaften mit Patent nach lit. a kämen, so dürfe man bei Berücksichtigung der Lage jener Ortschaft wohl behaupten, daß Vorderthal mit Wirtschaften eben so reichlich gesegnet sei als Wollerau. Hier nämlich seien von den 13 Wirtschaften mit Patent nach lit. a nur zwei wirklich Hotels, für die andern seien solche Patente nur gelöst worden, weil damit die Berechtigung zur Beherbergung von Gästen und zur Abhaltung von Tanzbelustigungen verbunden sei. Von allen diesen Wirtschaften habe sich bis jetzt keine mit dem eigentlichen Fremdenverkehr, mit dem Betrieb einer Pension, abgegeben, weshalb auch die Wirte derselben in durch ihre Unterschrift bekräftigter Erklärung den Wunsch nach Wiedereröffnung des ,,Bellevue" aussprächen. In der einstimmigen Empfehlung des Patentgesuchs des Rekurrenten durch den Gemeinderat von Wollerau, über welche sieh die Regierung allerdings kurzer Hand hinweggesetzt habe, liege die Gewähr dafür, daß die Wiedereröffnung des ,,Bellevuea im Interesse der Ortschaft und der ganzen Gegend liege. Jn dieser Hinsicht werde auch auf das Gesuch des Gemeinderates Richterswil und des Verkehrs Vereins Rapperswil hingewiesen.

Aus den beiden Fällen Kistler-Zentralhof und CamenzindRoos ergebe sich mit aller wünschbaren Deutlichkeit, daß ihm, dem Rekurrenten, gegenüber in einer den Grundsatz der Rechtsgleichheit verletzenden, sehr willkürlichen Weise vorgegangen

585 werde. Denn bei Wahrung der rechtsgleichen Behandlung hätte die Regierung in jenen beiden Fällen den Bedürfnisartikel des Wirtschaftsgesetzes zur Anwendung bringen und die Patenterteilung verweigern müssen, wie dies ihm gegenüber geschehen sei. Das Gesetz unterscheide zwischen Wirtschaften mit und ohne Konzession.

Wer nach Inkrafttreten des Gesetzes eine neue Wirtschaft eröffnen wolle, müsse eine Konzession erwerben nnd die Erteilung derselben könne verweigert werden, wenn eine Vermehrung der Wirtschaften am betreffenden Ort offenbare Nachteile mit sich bringen würde.

Wenn nun eine nichtkonzessionierte Wirtschaft durch Nichterneuerung des Patentes eingehe, dann müsse, gleichgültig wie lange die Unterbrechung des Betriebes gedauert habe, beim Entscheid über ein neues Wirtschaftsbewilligungsgesuch für die gleiche Realität § 15 des Gesetzes, der Bedürfnisparagraph, zur Anwendung kommen. Dies ergebe sich auch aus §11 des Gesetzes, wonach der neue Besitzer einer alten, auf ihn übergegangenen Wirtschaft ebenfalls eine Konzessionsgebühr bezahlen müsse. Denn bei alten, nicht konzessionierten Wirtschaften finde eine Fortwirkung des früheren Wirtschaftsrechts bei Unterbrechung des Betriebes durch Ablauf des früheren Patents, also eine Fortwirkung, wie sie der einmal bezahlten Konzession durch § 14 des Gesetzes verliehen werde, nicht statt. Wenn nun die Regierung zwischen seinem Fall und den Fällen Kistler und Camenzind insofern einen Unterschied machen wolle, als aie betone, in jenen beiden Fällen sei jeweilen im Lauf des Jahres 1902 für dieses Jahr ein Patent nachgesucht worden, so müsse gesagt werden, daß eine solche Unterscheidung mit dem Gesetz im Widerspruch stehe und willkürlich sei. Für das Gesetz komme es nur darauf an, ob zur Zeit, da das Patentgesuch eingereicht werde, in der betreffenden Realität gewirtet werde oder nicht. Sei letzteres der Fall, dann komme der Beri ürfirisartikel zur Anwendung und in dieser Beziehung müßten gleiche Fälle auch gleich behandelt werden.

Damit stehe in unvereinbarem Widerspruch, daß die Regierung im Fall Kistler, einige Wochen nachdem sie selbst in ihrem Entscheid über das Kistlersche Gesuch pro 1903 konstatiert habe, in Siebnen bestünden zu viele Wirtschaften, dennoch für ein und dieselbe Realität am 23. Dezember 1902 ein Patent für den Rest dieses Jahres
bewilligt habe.

Im Fall Camenzind sei die Sache noch viel ärger. Denn nachdem er, Rekurrent, im Dezember 1901 und im Oktober 1902 Patentgesuche eingereicht habe, sei in der nämlichen Sitzung, in welcher er mit seinem Begehren abgewiesen wurde, von der Regierung einem total ausgepfändeten Bewerber in der nämlichen Ortschaft

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ein Patent bewilligt, die Eröffnung einer neuen Wirtschaft gestattet worden.

Die Roos sei nicht etwa eine konzessionierte Wirtschaft gewesen; durch die Nichterneuerung des Patentés auf 1. Januar 1902 sei also die Wirtschaftsberechtigung für die Roos erloschen und ihre neuerliche Patentierung sei also der Errichtung einer neuen Wirtschaft gleich zu achten.

II.

Die Regierung des Kantons Schwyz beantragte in ihrer Rekursbeantwortung vom 5./7. Februar und in ihrer Duplik vom 4./9. März 1903 Abweisung der Beschwerde Neidharts und begründete dies folgendermaßen : Der Umstand, daß der neuerliche Rekurs sich auf die Verweigerung des Wirtschaftspatents für das Jahr 1903 beziehe, während die frühere Beschwerde wegen der Patentverweigerung pro 1902 erhoben wurde, sei irrelevant für die Frage, ob der Entscheid des Bundesrates vom 30. Juni 1902 auch in Hinsicht auf die neuerliche Beschwerde schon eine res judica geschaffen habe. Dies sei der Fall und der Rekurs müsse aus diesem formellen Grund von vornherein abgewiesen werden.

In bezug auf die Ablehnung der gleichzeitigen Erteilung eines sogenannten alkoholfreien Patentes und eines Patentes nach § 7, lit. c, des Wirtschaftsgesetzes sei folgendes zu bemerken: Dem Gesuche Neidharts vom 10. November 1902 um Bewilligung von Patenten nach § 12, lit. 6, und § 7, lit. c, habe deshalb nicht entsprochen werden können, weil eine solche Verkoppelung der Patente gesetzwidrig sei, indem das Patent nach lit. c laut § 7 leg. cit. die Verabfolgung von Speisen und Getränken, § 12, lit. b, beziehungsweise § 7, lit. ö, hingegen die gewerbsmäßige Beherbergung fremder Personen ausschließe. Auch bewillige der Regierungsrat in konstanter Praxis nicht zwei verschiedene Patentarten für die gleiche Gebäulichkeit. Endlich gehe aus dem Regierungsratsbeschluß Nr. 1643 vom 11. September 1902 hervor, daß die weitere Behandlung des Neidhartschen Gesuches vom 5./9. Februar 1902 um Bewilligung eines alkoholfreien Patentes mit dem Recht der Führung einer Pension im Einverständnis mit dem Gesuchsteller bis zur Erledigung des Hauptbegehrens verschoben worden sei.

Fall Aloys Suter in Rickenbach.

An diesem Fall wolle Neidhart nachweisen, daß durch die Vernehmlassungen der Regierung auf seine frühere Beschwerde

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der Bundesrat in Irrtum gefuhrt worden sei. In dieser Hinsicht werde auf die Duplik vom 24. Juni 1902 verwiesen und hier die Richtigkeit des dort Gesagten bestätigt.

Fall Camenzind zur Roos in Wollerau.

Die Verhältnisse lägen in diesem Fall anders als beim Bellevue des Neidhart. Denn die Wirtschaft zur Roos sei im Jahr 1901 betrieben und es sei für dieselbe pro 1902 ein Patent nachgesucht und bewilligt worden.

Aus der von Neidhart zu den Akten gelegten Bescheinigung des Betreibungsamtes Gersau gehe die Identität des darin genannten Jos. Mär. Camenzind mit dem derzeitigen Inhaber der Roos in keiner Weise hervor. Aber auch wenn das der Fall wäre, so liege in der Patenterteilung des Regierungsrats keine Willkür, da der Gemeinderat Wollerau in seinem über das Patentgesuch für die Roos am 28. Oktober 1902 abgegebenen Gutachten die Frage, ob keine Anhaltspunkte vorlägen, wonach der Bewerber gemäß § 3 des Wirtschaftsgesetzes von der Wirtschaftsberechtigung ausgeschlossen sei, verneint habe. Dem Gemeinderat liege es aber gemäß § 2, Ziffer 3, der Vollziehungsverordnung zum genannten Gesetz ob, sich über das Vorhandensein solcher Ausschließungsgründe zu erkundigen. Der Regierungsrat habe also in guten Treuen gehandelt. Daran ändere auch die Tatsache der Fahrhabe- und Liegenschaftssteigerungsanzeigen im Kantonsblatt nichts; denn dieses werde xon der Kantonskanzlei redigiert, die unmöglich kontrollieren könne, ob ein Patentbewerber irgendwo im Kanton unterpfändlich betrieben worden sei. Noch weniger als die Kantonskanzlei könne sich der Regierungsrat mit einer solchen Kontrolle befassen. Im übrigen habe er, der Regierungsrat, den Gemeinderat Wollerau beauftragt, darüber Bericht zu erstatten, ob Camenzind fruchtlos ausgepfändet sei, und als dessen Antwort dahin gelautet habe, daß an dem Camenzind zur Roos tatsächlich in Gersau seinerzeit sehr viel verloren gegangen Und ihm seine Liegenschaft ,, Hintergiebeltt versteigert worden sei, habe die Regierung am 8. April 1903 das dem Camenzind zur Roos erteilte Patent lit. b als erloschen erklärt.

Auf Grund dieses Falles könne somit dem Regierungsrat weder der Vorwurf rechtsungleicher Behandlung noch der Willkürlichkeit gemacht werden.

Fall Kistler zum Zentralhof in Siebnen.

Der Zentralhof sei im Jahr 1901 in Betrieb gewesen. Das Gesuch der Erben Kistler um Erteilung eines Patentes pro 1903

588 sei mit Rücksicht darauf, daß für das Jahr 1902 kein Patent nachgesucht worden war, und es sich also um eine neue Wirtschaft handle, gemäß §§ 11 und 15 des Wirtschaftsgesetzes am 12. November 1902 abgewiesen worden. Hierauf habe das Waisenamt Reichenburg für die Familie Kistler um Aufhebung dieses Beschlusses nachgesucht und zu diesem Zweck ein vom 22. Dezember 1902 datiertes Gutachten des Gemeinderates von Schübelbach über das Gesuch der Erben Kistler um Erteilung eines Patentes pro 1902 beigelegt. Am 23. Dezember 1902 sei diesem Gesuch entsprochen und hierauf am 24. Dezember 1902 den Erben Kistler auch ein Patent pro 1903 bewilligt worden.

Fall Ebnöther zum Schweizerhof in Vorderthal.

Als Ebnöther für das Jahr 1901 unter Ausweisung von bloß vier Betten um ein Gasthofpateut nachgesucht habe, sei sein Begehren abschlägig beschieden worden ; denn der Regierungsrat habe annehmen zu müssen geglaubt, diese Bettenzahl sei nur vorgeschützt, um unter dem Anschein eines Gasthofs eine gewöhnliche Wirtschaft eröffnen zu können. Die Annahme einer solchen bloßen Vorspiegelung sei aber in Wegfall gekommen, nachdem Ebnöther mit Gutachten des Gemeinderates von Vorderthal und unter Ausweisung von 22 Betten dargetan habe, daß er die ernstliche Absicht habe, den Schweizerhof als eigentliches Hotel zu betreiben. Da sich das Ebnöthersehe neu erbaute Anwesen in dem einen bedeutenden Touristenverkehr aufweisenden Wäggithal außerdem zum Betrieb eines Gasthofs vorzüglich eigne, so sei dann das Patent pro 1902 allerdings erteilt worden. Hierbei sei natürlich auch in Berücksichtigung gezogen worden, daß in Vorderthal erst auf 124 Seelen eine Wirtschaft komme; in Wollerau dagegen sei das Verhältnis zwischen der Zahl der Schankstätten und der Einwohner gleich l zu 53.

Der Rekurrent komme nun in seinen rechtlichen Ausführungen zu dem Schluß, in den Fällen Camenzind und Kistler hätten die §§ 11 und 15 des Wirtschaftsgesetzes zur Anwendung gebracht werden müssen, da in beiden Realitäten, Roos und Zentralhof, das Wirtschaftsgewerbe zur Zeit der Einreichung des Patentgesuches pro 1902 nicht betrieben worden sei. Dem gegenüber verweise die Regierung auf dea bundesrätlichen Entscheid in Sachen Anton Dettling (Bundesbl. 1901, IV, 290 ff.), wo sich der Bundesrat über die Bedeutung der genannten §§ 11 und 15 sowie des im erstem enthaltenen Wortes ,,gegenwärtig11 mit aller Klarheit ausgesprochen habe.

589 Rekurrent befinde sich im Irrtum, wenn er den Satz aufstelle,
Wenn nun auch aus den vorstehenden Anbringen hervorgehe, daß seit der Erledigung der ersten Beschwerde Neidharts keine neuen Tatsachen, die eine Beschwerde rechtfertigen könnten, ·existent geworden seien, daß vielmehr eine causa indicata vorliege, so sprächen neben diesem formellen doch auch materielle ·Gründe für die Abweisung der Beschwerde.

Sie, die Regierung, bestätige das in bezug auf die Person des Beschwerdeführers und seine Lokalitäten in der Vernehmlassung und der Duplik im ersten Rekursfall Neidharts Gesagte.

Aus dem ganz abnormen Verhältnis zwischen Seelen- und Wirtschaftszahl in Wollerau erkläre es sich, daß die Regierung mit allem Nachdruck, wo sich auch nur eine formelle Handhabe biete, auf die Verhinderung der Entstehung neuer Schankstätten hinarbeite.

Das Wirtschaftsrecht des Bellevue beruhe nicht auf einer Konzession im Sinn des § 11 des Wirtschaftsgesetzes, weshalb für das Erlöschen desselben § 15 leg. cit. maßgebend sei, dessen Interpretation und Verhältnis zu den §§ 11 und 14 des Gesetzes ·durch die Entscheide des Bundesrates in Sachen Dettling, Benz
Betreffend die Schädigung der ökonomischen Interessen Neidharts und der Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit werde Bundesblatt. 55. Jahrg. Bd. ITI.

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590 nochmals auf die bundesrätlichen Entscheide in Sachen Studer vom 12. März 1901 und Neidhart vom 30. Juni 1902 in fine verwiesen.

III.

Das Justizdepartement richtete am 27. April 1903 in Ergänzung der Akten an die Regierung des' Kantons Schwyz die Anfrage^ in welchem Verhältnis der sub A, II, oben angeführte Beschluß der Regierung vom 30. Dezember 1901 zu dea §§ 11, 14 und 15 des schwyzerischen Wirtschaftsgesetzes stehe. Der Bericht der Regierung vom 6./9. Mai lautete dahin, daß durch diese Schlußnahme der Ausdruck in § 11, AI. l, des Wirtschaftsgesetzes:: ,,wenn eine Wirtschaft eingeht", dahin erläutert werden wollte,, daß dieses ,,Eingehen" nur dann anzunehmen sei, wenn für ein ganzes Kalenderjahr der Betrieb einer Wirtschaft infolge davon unterbrochen wurde, daß eine Bewilligung nicht erteilt wurde.

Demnach soll gemäß § 15 ein Patent erst dann verweigert werden können, wenn während eines ganzen Kalenderjahres die Wirtschaft nicht mehr betrieben wurde.

B.

In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht:

I.

Nachdem der Beschwerdeführer in der Replik auf weitere Ausführungen bezüglich des Patents zum Betrieb einer alkoholfreien Wirtschaft mit Beherbergungsrecht verzichtet hat, und zwar mit der ausdrücklichen Begründung, er habe nach seiner Ansicht ein Recht auf Gewährung eines Patentes nach § 7, lit. a, des schwyzerischer» Wirtschaftsgesetzes vom 11. August 1899, kann von der Behandlung dieses Beschwerdepunktes Umgang genommen werden. Dies um so eher, nls in dem bei den Akten liegenden Beschluß Nr. 1643 des schwyzerischen Regierungsrates vom 11. September 1902 von einer Verschiebung der Behandlung des Neidhartschen Gesuchs um das fragliche Patent die Rede ist, und die Behauptung des Regierungsrats, diese Vorschiebung sei im Einverständnis mit dem Beschwerdeführer eingetreten, seitens des letzteren auch in seiner jüngsten Eingabe unwidersprochen geblieben ist.

II.

Die Regierung des Kantons Schwyz erhebt der Beschwerde gegenüber in erster Linie die Einrede, der Entscheid des Bundes-

591 rates vom 30. Juni 1902 über die erste Beschwerde Neidharts wegen Verweigerung des Wirtschaftspatents pro 1902 habe auch in Hinsicht auf die neuerliche Beschwerde res judicata geschaffen; denn der Umstand, daß es sich jetzt um die Verweigerung des Patents pro 1903 handle, sei unerheblich.

Mit dieser Einrede kann die schwyzerische Regierung nicht gehört werden. Nach schwyzerischem Recht wird das Wirtschaftsrecht für das Kalenderjahr erteilt, nach dessen Ablauf das Patent erneuert werden muß. Daraus folgt, daß ein Patentbewerber, dem für das eine Jahr ein Patent verweigert wurde, berechtigt ist, für das folgende Jahr wieder ein Patentgesuch zu stellen. Das liegt auch, namentlich da, wo der Bedürfnisartikel Aufnahme in die Wirtschaftsgesetzgebung gefunden hat, in der Natur der Sache.

Denn es ist wohl möglich, daß im Lauf eines Jahres, zum Beispiel durch Erschließung einer neuen Eisenbahnverbindung, der Verkehr und verschiedene andere für die Beurteilung der Bedürfnisfrage in einer Ortschaft maßgebende Umstände eine derartige Umgestaltung erfahren haben, daß erhebliche neue, im Vorjahr nicht vorhandene Gründe zu gunsten des Gesuches sprechen. Übrigens hat es die Regierung des Kantons Schwyz im angefochtenen Entscheid keineswegs abgelehnt, auf das Patentgesuch Neidharts einzutreten, weil nach der Abweisung des Gesuchs für 1902 res judieata vorliege; vielmehr hat sie das Gesuch pro 1903 materiell behandelt, indem sie es unter Berufung auf § 15 des Wirtschaftsgesetzes abwies. Durch ihren Entscheid hat sie also selbst anerkannt, daß es sich um ein neues, nach den Betimmungen des Wirtsehaftsgesetzes zulässiges Patentgesuch handelte. Da nuu aber der Rekurs an den Bundesrat gegenüber jedem neuen Entscheid der kantonalen Behörde gestattet ist, so kann auch dem Beschwerdeführer die Einrede der res judieata in der Beschwerdeinstanz nicht entgegengehalten werden. Dies geht auch aus einem früheren Entscheid des Bundesrats in Sachen Degelo-Muheim gegen Obwalden hervor. (Tgl. Bundeeblatt 1900, IV, 905 ff.). ,,Der Bundesrat gibt hier der Auffassung Ausdruck, daß die kantonale Behörde nicht gezwungen sei, in ein und demselben Patentjahr zweimal über dasselbe Wirtschaftsgesuch zu entscheiden. Dagegen anerkennt er das Recht des im einen Jahr abgewiesenen Patentbewerbers, für das folgende Patentjahr ein neues Gesuch
zu stellen und eine materielle Entscheidung über dasselbe zu verlangen, gegen welche wiederum das Beschwerderecht an den Bundesrat gegeben ist.

Genau so ist aber die Sachlage im vorwürfigen Fall, weshalb die seitens der Regierung des Kantons Sehwyz vorgebrachte Einrede der res judieata abgewiesen werden muß.

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III.

Bei der materiellen Prüfung der Beschwerde Neidharts kann vorab ein Streitpunkt außer acht gelassen werden, nämlich die Patenterteilung an Jos. Mär. Camenzind zur Roos in Wollerau.

Denn das seinerzeit vom Regierungsrat in Widerspruch mit den Bestimmungen des seh wyzerischen Wirtschaftsgesetzes an Camenzind erteilte Patent ist auf grund neuerer, durch die Beschwerde angeregter Nachforschungen nach den persönlichen Verhältnissen des Patentinhabers widerrufen und damit der ungesetzliche Zustand aufgehoben worden. Jene Patenterteilung erfolgte übrigens seitens des Regierungsrates in guten Treuen, da der mit den Erkundigungen · über die persönlichen Verhältnisse des Patentbewerbers zunächst betraute Gemeinderat von Wollerau in seinem Gutachten irrtümlicherweise angab, es lägen keine Tatsachen vor, welche gemäß § 3, lit. e, des Wirtschaftsgesetzes die Bewilligungserteilung an Camenzind ausschlössen.

IV.

Die Begründung der neuerlichen Beschwerde Neidharts beschränkt sich auf den Versuch des Nachweises, daß in der ihm widerfahrenen Patentverweigerung ein Willkürakt der Regierung liege, daß der angefochtene Entscheid den durch die Bundesverfassung aufgestellten Grundsatz der Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz in seiner Person verletze. Um dies nachzuweisen, beruft er sich auf mehrere Fälle von Patenterteilungen, setzt dieselben in Parallele mit der Abweisung seines Gesuchs durch die Regierung und zieht aus dieser Vergleichung den Schluß, bei rechtsgleicher Anwendung des Gesetzes hätte auch ihm das Patent erteilt werden müssen.

a. Fall Alois Suter zum Bellevue in Rickenbach.

Der Beschwerdeführer behauptet, der Bundesrat sei bezüglich dieses Falles durch die Vernehmlassungen der Regierung des Kantons Schwyz zum ersten Rekurs Neidharts in Irrtum geführt worden. Es habe sich nämlich in diesem Fall keineswegs um die Verlegung einer Wirtschaft aus einem konzessionierten Gebäude in eia anderes konzessioniertes Gebäude gehandelt; weder die Wirtschaft zum ,,Sternen", noch diejenige zum ,,Bellevue" in Rickenbach sei je konzessioniert gewesen. Diese letztere Behauptung ist richtig, aber für die Beurteilung des Falles bedeutungslos.

Wesentlich ist vielmehr, daß Suter, als er neben dem T)Sternena auch noch die eingegangene Wirtschaft zum ,,Bellevue a erwarb und in letzterer den Wirtschaftsbetrieb wieder aufnahm, aus-

593 drücklich auf das ihm für den ,,Sternen" erteilte Patent verzichtete, so daß tatsächlich keine Vermehrung der Wirtschaften in Rickenbach eintrat. Aus diesem Grund wurde denn auch vollkommen im Einklang mit den Bestimmungen des Wirtschaftsgesetzes dessen § 15 nicht auf diese Verlegung des Betriebs in Anwendung gebracht.

b. Fall Ebnöther zum Schweizerhof in Vorderthal.

Nach den Feststellungen der Regierung weist das Wäggithal einen regen Touristenverkehr auf, was sich von Wollerau nicht sagen läßt. Dieser Fremdenverkehr erfordert eine größere Anzahl von Unterkunftsgelegenheiten. In erster Linie um eine solche, um ein richtiges Hotel, handelt es sich aber bei dem Anwesen Ebnöthers.

Erst als dies festgestellt und kein Grund mehr zu der Annahme vorhanden war, Ebnöther verdecke mit dem Gesuch um Erteilung eines Gasthofpatentes bloß die Absicht, eine gewöhnliche Wirtschaft zu betreiben, wurde dem Patentgesuch entsprochen. Außerdem ist zu betonen, daß sieh in der Gemeinde Vorderthal die Zahl der Wirtschaften zu der der Einwohner verhält wie l zu 124, in Wollerau dagegen wie l zu 53. Aus alldem geht hervor, daß im Fall Ebnöther die Verhältnisse wesentlich verschieden von den für die Patentierung des ,,Bellevue11 in Wollerau in Betracht kommenden liegen, weshalb in der verschiedenen Behandlung der beiden Gesuche eine Verletzung des Art. 4 der Bundesverfassung dem Beschwerdeführer gegenüber nicht erblickt werden kann.

c. Fall Kistler zum Zentralhof in Siebnen.

An die Fälle Camenzind-Roos-Wollerau (vergi, oben B, III) und Kistler-Zentralhof-Siebnen knüpft der Beschwerdeführer eine allgemein gehaltene Ausführung im wesentlichen darüber, wie und wann der § 15, der Bedürfaisparagraph, des schwyzerisehen Wirtschaftsgesetzes zur Anwendung kommen müsse. In kurzer Zusammenfassung ist die Argumentation folgende : Die Wirtschaftspatente begännen nach dem Gesetz mit dem 1. Januar. Das Gesetz unterscheide bloß zwischen Wirtschaften mit bezahlter, und solchen ohne bezahlte Konzession. § 15 des Gesetzes sei anzuwenden, sobald es sich um eine neue Wirtschaft handle. Ein Gesuch um Bewilligung einer neuen Wirtschaft liege aber dann vor, wenn im Betrieb einer nicht konzessionierten Wirtschaft eine Unterbrechung, gleichviel von welcher Dauer, stattgefunden habe und für die gleiche Wirtschaft neuerdings ein Patent verlangt werde. Denn eine Fortwirkung des

594 Wirtschaf'tsrechts finde bei einer aichtkonzessionierten Wirtschaft im Gegensatz zu dem Wirtschaftsrecht auf Grundlage einer Konzession nach Gesetz nicht statt.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Argumentation würde sich der Fall Kistler-Zentralhof-Siebnen folgendermaßen darstellen : Der Zentralhof hätte für das Jahr 1902 aus zwei Gründen nicht patentiert werden dürfen: 1. weil das Patent nicht auf 1. Januar 1902 verlangt worden war ; 2. weil eine längere Betriebsunterbrechung stattgefunden hatte und daher auf das im Dezember 1902 gestellte Patentgesuch für den Rest des Jahres '1902 als auf ein Gesuch um Bewilligung einer neuen Wirtschaft der § 15 des Gesetzes hätte zur Anwendung kommen müssen, genau so, wie dies geschehen war hinsichtlich des im November 1902 eingereichten Gesuchs für das Jahr 1903.

Darin aber, daß der § 15 in diesem Fall nicht angewendet wurde, während ihm das Gesuch des Rekurrenten unterstellt worden war, liege eine rechtsungleiche Behandlung, da der Regierungsrat selbst in seiner Beschlußfassung über das erste Gesuch der Erben Kistler pro 1903 anerkannt habe, die Entstehung einer neuen Wirtschaft sei in Siebnen -- wie in Wollerau -- mit dem ·öffentlichen Wohl unvereinbar.

Der Hinweis darauf, daß Wirtschaftspatente nur auf den Beginn des Kalenderjahres erteilt werden könnten und deshalb das den Erben Kistler im Lauf eines Jahres erteilte Patent zum Betrieb des Zentralhofes in Siebnen ungesetzlich gewesen sei, ist nicht richtig; denn wenn auch die Patente nach § 5 des Wirtschaftsgesetzes und § 2 der Vollziehungsverordnung dazu in der Regel auf 1. Januar verlangt und erteilt werden sollen, so ist doch im gleichen § 5 des Gesetzes auch die Ausnahme von dieser Regel, nämlich die Erteilung eines Patentes während des Jahres vorgesehen.

Dagegen bedarf die Frage näherer Erörterung, ob nicht die Regierung des Kantons Schwyz verpflichtet war, infolge der Betriebsunterbrechung des Zentralhofs gemäß §§ 11, 14 und 15 des Wirtsehaftagesetzes bei der Wirtschaftsbewilligung an die Erben Kisller die Bedürfnisfrage zu prüfen und ob nicht in der Unterlassung dieser Prüfung und der anstandslosen Erteilung des betreffenden Pateutes eine rechtsungleiche Behandlung des Rekurrenten liege.

595 Gemäß § 11 in Verbindung mit § 15 des Wirtschaftsgesetzes ist die Bedürfnisfrage zu prüfen, wenn es sich um die Wiederinbetriebsetzung einer zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes bestehenden Wirtschaft, welche zeitweise eingegangen war, handelt. Die Bestimmung in § 11 eathält keine nähere Ausführung darüber, wann eine Wirtschaft als zeitweise eingegangen zu betrachten sei. Durch Beschluß der Kegierung vom 30. Dezember 1901 ist nun'aber die zitierte Bestimmung dahin interpretiert worden, daß eine bestehende Wirtschaft nur dann als zeitweise ,,eingegangen" zu betrachten sei, wenn nach Ablauf des für sie gelösten Patentes in ihrem Betrieb eine das ganze folgen de Kalenderjahr umfassende Unterbrechung eingetreten ist, und es konnten daher die Erben Kistlei- im Lauf des Jahres 1902 ein Patentgesuch stellen, ohne daß dessen Bewilligung davon abhängig war, ob eia Bedürfnis für die Fortsetzung des im Jahr 1902 unterbrochenen Wirtschaftsbetriebes bestehe.

Es ist zweifelhaft, ob die Regierung zu einer solchen Interpretation berechtigt war. Aber die Prüfung dieser Frage fällt nicht in die "Kompetenz des Bundesrates sondern des Bundesgerichts. Auch darüber mögen Zweifel bestehen, ob die Interpretation richtig sei; allein da es sich bloß um die Interpretation eines kantonalen Gesetzes haudelt, so hat der Bundesrat hierüber nicht zu entscheiden. Wesentlich vom bundesrechtlichen Standpunkt aus ist einzig der Umstand, daß diese Interpretation nicht als eine willkürliche bezeichnet werden kann. Durch den Beschluß der Regierung vom 30. Dezember 1901 ist nicht eine objektiv in keiner Weise gerechtfertigte Maßnahme getroffen worden, und die zu ihrer Rechtfertigung angeführten Gründe verstoßen weder gegen klares Recht, noch sind sie um anderer Zwecke willen vorgeschoben. (Vergi. Bundesratsbeschlüsse in Sachen StadiinGraf contra Zug, Bundesbl. 1899, IV, 205 ff., Mettler-Baumgartner contra St. Gallen, a. a. O. 1901, III, 205 ff.) Denn die Regierung des Kantons Schwyz führt mit Recht aus, daß es im Interesse einer einheitlichen Praxis geboten war, die unbestimmte Fassung des § 11 des Wirtschaftsgesetzes durch eine Interpretation bestimmter zu gestalten. Auch stellt diese Interpretation nicht für einen einzelnen Fall sondern für eine ganze Klasse von Fällen eine feste Regel auf und es fehlt der Nachweis, daß diese
Regel nicht in gleichmäßiger Weise angewendet worden sei.

Mit ebenso wenig Recht kann der Rekurrent eine ihm durch Anwendung dieses Beschlusses widerfahrene rechtsungleiche Behandlung behaupten, da im ßellevue in Wollerau eine Unterbrechung des Betriebes von weit mehr als einem Jahr stattgefunden

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hat und somit dort die Verhältnisse nicht dieselben waren wie im Fall der Erben Kistler.

Demnach wird erkannt: Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B e r n , den 22. Juni 1903.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates,, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bundesrathsbeschluss über die Beschwerde des Jos. Neidhart in Wollerau gegen den Regierungsrat des Kantons Schwyz wegen Verweigerung eines Wirtschaftspatentes. (Vom 22. Juni 1903.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1903

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

25

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

24.06.1903

Date Data Seite

581-596

Page Pagina Ref. No

10 020 609

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