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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch der wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden bestraften Frau Marie Friedli, Junkerngasse 53, in Bern.

(Vom 20. November 1903.)

Tit.

Die ira Jahre 1833 geborne Frau Friedli hat im Juni 1902 ohne entsprechende Ausweiskarte verschiedenen Personen in der Gemeinde Arni (Kanton Bern) unter Vorweisung von Mustern Seidenstoffe zum Verkaufe angetragen und ist deshalb vom Richteramt Konolfingen wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden zu Fr. 20 Geldbuße und zu den auf Fr. 19. 05 bestimmten Kosten des Staates verurteilt worden.

Sie stellt nunmehr das Gesuch um Erlaß von Buße und Kosten mit der Begründung: Sie könne wegen Alter und Gebrechlichkeit ihren Lebensunterhalt nur mit Mühe durch Handarbeit und Zwischenhandel verdienen und habe sich aus Unkenntnis der gesetzlichen Vorschriften der ihr zur Last fallenden Gesetzesübertretung schuldig gemacht. Mit dem Gesuche um Begnadigung verbindet sie dasjenige um Befreiung von jeglicher Patentpflicht für die Zukunft, damit sie, wenn nötig, in ihren alten Tagen ungehindert einem leichtern Verdienst nachgehen könne, da sie Kraft und Beweglichkeit für Handarbeit einbüße.

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Der Gerichtspräsident von Konolfingen erklärt, daß er das Gesuch der Marie Friedli zur Berücksichtigung empfehlen könne..

Es geht aus den Akten hervor, daß die Petentin vollständig unbemittelt ist und von der Strafbarkeit ihrer Handlung dein klares Bewußtsein hatte. Ihrem Gesuch um gnadenweisen Erlaß der Buße kann daher entsprochen werden. Dagegen berühren die Kosten des Verfahrens den Bundesfiskus nicht, und muß sie sich mit dem Begehren um Streichung derselben an die dantonalen Behörden wenden. Was ferner die Zahlung von Gebühren für zukünftige Aufnahme von Warenbestellungen anbetrifft, so erlaubt das Bundesgesetz keine Ausnahmen aus Gründen persönlicher Art, weshalb Frau Friedli diesfalls nicht gehört werden kann.

Wir stellen daher bei der Bundesversammlung den Antrag: Es sei der Petentin die Buße in Gnaden zu erlassen, imübrigen aber das Gesuch abzuweisen.

B e r n , den 20. November

1903.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaf 11 Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch der wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden bestraften Frau Marie Friedli, Junkerngasse 53, in Bern. (Vom 20. November 1903.)

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1903

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25.11.1903

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83-84

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