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Schweizerisches Bundesblattes XX. Jahrgang. lll.

Nr. 54.

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5. Dezember 1868.

Botschaft des

Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend die Einführung eines neuen Exerzirreglements für die eidgenössischen Truppen.

(Vom 13. November 1868.)

^ Tit. l Durch Bundesbesehluss vom .l 8. Dezember porigen Jahres ^) haben

Sie den Bundesrath ermächtigt, die mit Botschaft vom 6. gl. Mts. ^) vorgelegten neuen Exerzirreglemente der Jufanterie in den Unterrichtskürsen des ^Jahres l868 versuchsweise zur Zuwendung zu bringen.

Nachdem dies nun geschehen, sind wix im Falle, Jhnen die definitive Annahme dieser Reglement.. vorschlagen zu können.

Bereits bei der ersten Vorlage haben wir die Gründe angegeben, welche zur Veränderung unserer Exerzirreglemente sür die Jnfanterie geführt haben und zugleich erortert, warum dieselben so perändert werden mussteu, wie es geschehen ist. Der Bundesrath bes.hränkt sich daher aus die sollenden Auseiuandersezungen. Die bisherigen Reglemente, entworfen 1847 und revidirt 1855, also vor Einsührung nicht

) Siehe eidg. Gesezsammlung, Band lX, Seite 218.

) Siehe Bundesblatt v. J. 1867, Band lII, Seite 200.

Bnndesblatt. Jahrg. XX. Bd. III.

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842 nur der Hinterlader, sondern auch der Brä^ifionswaffen konnten nicht mehr entsprechen.

überhaupt,

Rach den in den Feldzügen von 1866 gemachten Ersahrungen haben übrigens alle Armeen ihre Reglemente , und ^war die aller Wassen, xevidirt, die preussische Armee nicht ausgenommen, trozdem gerade die Regl.emente dieser Macht, selbst in der sxanzosischen Armee, als Grundla^e sür die Revision dienen müssen. Allerorts haben die Revisionen in taktischer Beziehung auch ^u Vereinfachungen geführt, die in nnserm Milizheere, dem die^ Jnstruktionszeit so ausserordentlich kurz zugemessen ist, einen besondern Einfluss aus den Beschluss zur Veränderung und auf den Modus derselben erhalten mussten.

Die Vereinfachungen im Entwurf sind doppelter Ratur. . Einerseits hat man sieh taktisch aus das beschränkt, was vor dem Feinde vorkommt und andererseits Alles xüksichtslos über Bord geworsen , was zum Begriff ,,Varade^ gehort. Ja, wir fragteu uns, ob nicht auch das freilich bedeutend abgekürzte Versahren beim sogenannten Desiliren ^anz hinwegfal.len konnte, da mehrere Armeen sieh daraus beschränken, dass der General vor dem Ansrüken oder nach dem Einrüken der Truppe sieh irgendwo ausstellt und dieselbe in ihrer normalen Marsehordnung an sieh vorüberziehen lässt.

^ Uebrigens liessen wir fallen :

in

dem erst vorgelegten Entwurse bereits

Verschiedene Gewehrgrisse , das feste An- und Ausschlüssen im Glied, den Taktsehritt ausser der Schule, die ausschliesslichen Evolutioneu im rechten Winkel , die übertrieben genauen Riehtungen , die verschiedenartigen Aufmärsche, die künstlichen Feuerarten, die kompliWirten Blo.^ements und Deplo^ements , von welch' leztern nur eine, nämlich die im feindlichen Feuer ausführbare beibehalten worden ist, und endlich die vielsältigen Earr^-Formationen.

Als wesentlich neu wurde bereits bezeichnet die Aufnahme des Turnunterrichts in die ^oldateusehule , dereu .erster Abschnitt dadurch eine Anleitung für den Militärnnterrieht in den Volksschulen werden wird, ja zum Theil schon geworden ist. das Schnellfeuer sür's Repetirgewehr , der Schrägmarsch ^ur Vereinfachung und Beschleunigung der Ausmärsche und Deplo.^ements und die Divisiouskolonnen. Die Lettere betreffend, haben wir zu bemerken, dass, mit Ausnahme der franzofischen, die übrigen Armeen viel weiter gegangen sind , indem sie die Kompagniekolonne als ausschliessliche Manovrirsormation adoptirt und die

Bataillonskolonne beseitigt haben. Es scheint uns, als sei dabei die

Wirkung des ^euers übersehet und die Seheibenresultate als massgebend sür das Kriegsseuer angenommen worden, ohne zu bedenken, .zu welcher Zersplitterung der Kräfte der normale Gebrauch von Kom-

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pagniekolonnen bei grossern Korps führen muss. Die Führung hört auf, und es wird Alles und Jedes dem Ermessen der einzelnen ..Kompagnie-

chefs überlassen. Wir haben gewiss die richtige Mitte darin gesunden,

dass wir mittelst der Bataillonskolonne die Kräfte zusammenhalten, die.

kleinen Kolonnen dagegen nur dann anwenden , wenn die Bodenbesehaffenheit oder besondere Gefeehtszweke es erfordern.

Der Entwurf legt den Hauptnachdruk auf den Gebrauch^ dex Tirailleurs, wie es die Wirkung des heutigen Feuers und die Bodenbeschasfenheit unseres .Landes bedingen.

^

Er kennt eigentlich nur eine Kolonnenformation, die auf die Mitte, und um dieser einzigen ihre volle Anwendung zu sichern , ist aller Bedantismus uud somit auch die .Einhaltung der Reihenfolge der Kompagnien beseitigt worden.

Das Earré ist so einfach, dass es einer besondern Einübung desselben nicht mehr bedarf, indem die ganze Evolution darin besteht, dass die Flügelrotten die Zwischenräume ausfüllen.

Auf die genannten Formen , nämlich dem grossen Gebr..n^h dex Tirailleurs, der Kolonne auf die Mitte, der einen Earresormation, sowie der Dipisionskolonnen, ist das neue Reglement ....asirt, alles. Uebrig.e sind nur Marsch- oder Uebergangsformen.

Gegenüber der rein formellen Vorschriften der bisherigen Reglemente ist im neuen Reglement der Zwek jeder ^orm uud deren Anwendung vor dem feinde erläutert, insbesondere ist das Tirailleurreglement so gehalten, dass es eine taktische Justruktion, mit nur wenigen reglementarisehen formen und Kommandos, geworden ist.

Troz der wesentlichen Veränderungen und Vereinfachungen im neuen Reglemente ist doch das Alte als Grundlage festgehalten worden.

Dex beste Beweis hiesür liegt darin , dass Offiziere und Truppen bei der provisorischen Einführung sich mit grosser Leichtigkeit hineingesunden haben. ^

Die Truppen sind überhaupt vom neuen Reglement befriedigt ; die Herren Juspektoren hatten nur wenige Gegenbemerkungen, und diese nur in uuwesentlichen Dingen geäussert. Eiue Opposition gegen die ganze Anlage nud deren Geist hat sich weder in den verschiedenen, aus den tüchtigsten Osfizieren zusammengehen Kommissionen , noch in der allgemeineu Justruktorenschule , in welcher die Oberinstruktoren aller Wafsen und Kantone sich ausgesprochen haben, kundgegeben.

Die kurzeu Wiederholungskurse , welche der ganze Auszug der Jnfauterie und ^chüzen der Einführung der neuen Waffeu und Reglemente wegen durchmachen musste , ebenso die sämmtlichen Rekrntenkurse

844 sind befriedigend ausgefallen, obwohl das Jnstruktionskor.ps selbst noch zu lernen hatte.

Das zahlreiche Offizierskorps deutscher Sprache, welches im Eadreskurs in Basel, und das der sranzosischer Sprache, welches in Thun besammelt war , hat stch ebensalls einstimmig zu Günften des Entwurss ausgesprochen, und zwar das leztere mit dem Beifügen, mit einem gewissen Vorurtheil gegen die neuen Réglemente ^eingerükt zu sein.

Rachdem nun das neue Reglement ein Jahr provisorisch bestanden hat, und wie eben angegeben, mit allen Auszüger-Jnsanteriebataillonen und Schüzenkompagnien , theilweise auch mit Reserve- und Landwehrtrnppen eingeübt worden ist , versammelte das eidgenossische Militärdepartement nochmals eine Kommission, um den etwaigen Einwendungen vom taktischen oder Jnstruktionsstandpuukte aus gerecht zu werden und um die Redaktion nochmals durchzusehen. Bei dieser Gelegenheit wurden nur gan^ unbedeutende Aenderungen in einigen Kommaudowortern, im Formiren der Gewehrpyramide ^e. vorgenommen , dagegen die Redaktiou und Reihenfolge der Uebungen verbessert, was beim ersten Eutwurs wegen zu kurzer ^rist nicht immer moglich war.

Aus ^ die obigen Erklärungen und Begründungen und daraus gestüzt, dass noch nie ein Reglement einem so umsasseuden Versuche unterworsen worden ist , und dass es immer wünschenswerth erscheint, bald moglichst aus einem Vrovisorium herauszukommen, empfiehlt Jhnen der .Bundesrath die .Annahme des nachstehenden Beschlussentwu..fes.

Genehmigen Sie, ^Tit. , die Versicherung unserer vollkommensten .Hochachtung.

B e r n , den 13. Rovember 1868.

Jm Ramen des schweizerischen Buudesrathes, Der Bundespräsident:

.l)^ .^. Dubs.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Schieß.

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Entwurf eines

Bundesbeschlusses betreffend die Anführung eines neuen ^xer^irréglementes für die eidgenössischen Truppen.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der vorgelegten Reglemente, betreffend die Soldaten-, Kompagnie^ und Bataillonsschule, sowie den Tirailleurdienst ;

in Anwendung des Art. 150 der eidgenössischen Militärorganisation vom 8. Mai 1850, besehliesst: 1 . Die bezeichneten Reglemente werden genehmigt und sollen sofort eingeführt werden.

2.

Der ^..uudesrath ist mit der Vollziehung beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend die Einführung eines neuen Exerzirreglements für die eidgenössischen Truppen. (Vom 13. November 1868.)

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05.12.1868

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