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Bundesratbsbeschluss in

Sachen des Rekursen des Herrn Henri bei. Avenches

in Bellerive

Waadt, betreffend Gerichtsstand.

(Vom 7. September 1866.)

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D e r s c h w e i z e r i s c h e Bundesrath hat

in Sachen des Hrn. Henri B i g u e t in Bellerive bei Avenehes, Waadt, betreffend Gerichtsstand, nach angehortem Berichte des Justiz und Polzeidepartements und nach Einsicht der Akten, woraus sich ergeben.

..

1. Am 3t. März 1865 unterzeichnete Jean Baptiste Macherel, damals Easetier in Avenehes, Kts. Waadt, eine Schuldverschreibung zu Gunsten des Rekurrenten, Herrn Vignet, iu. Betrage von 549, für welchen Betrag er am 8. Juni 1865 ebenfalls in Avenches rechtlich betrieben wurde. Als jedoch am 4. August gl. Jahres die Bfändung daselbst vorgenommen werden sollte, ergab es sieh, dass Jean B.

in den Kanton Freiburg gezogen und dass Alles, was er besessen, gepsän..

det und gerichtiieh versteigert worden sei.

2. Hr. Biguet erhob nun gegen Hrn. Jean Baptiste Macherel, wohnhast in Ruffy , neue Betreibung im Kanton Freiburg und wählte zu diesem Zweke sein Domizil aus dem Bureau des Friedensrichters zu

Dompierre. Der erste Akt datirt vom 14. August 1865 und besteht

^7 in de... Bsäudung und Arrestirung des dem Schuldner zukommenden Antheiles an de.. Verlasseuschast seines Vaters, Stephau Macherel, wohnh..st gewesen in Russ^, Kts. Freiburg, welche Verlassensehast besteht aus 12 Schuldtiteln im Gesammtbetrage von Fr. 5336. 20 Ets., belastet mit der lebenslänglichen Ruzuiessnng der Wittwe Maeherel. Da am Rechtstage vom 29. November l 865 vor dem Friedensrichteramte Dompierre weder der Schuldner noch die Wittwe Macherel erschienen, so wurden dem Kreditoren, Hrn. Eignet, gemäss Art. 59 des freiburgi^chen Ve^treibungsgesezes die erwähnten ^chuldtitel bis zum Betrage seiner Forderung zugesprochen.

^ 3. Sofort mit Erlass vom 1. Dezember 1865 liess nun Hr. Albin Auton Mach^.rel. Regoziaut zu Aveuches, durch den Friedensrichter des ersten Kreises der Broye zu Dompierre, indem er ^.gleich daselbst Domizil nahm, dem Hrn. Geschästsageut Riklaus Jo^e in Montagna, Kts.

Freiburg, als Mandatar des Hrn. Viguet in Bellerive (Waadt) anzeigen, dass ihm seiu Bruder Jean Baptiste M^herel durch Akt des Ro^ tars Jofeph Eormiubo^.ns zu Domdidier, Brov^ekreis , Kts. Freiburg, d. d. 7. Juli 1865 zur Bezahlung einer Forderung von ^r. 360. 27 Et.

.seinen Antheil an der Gesammtheit der väl.erlicheu Verlasseusehast bis znm Betrage der Schuld abgetreteu habe. Zugleich wurde dem Herrn Biguet verboten, der Adjudication vom 29. Rovember 1867 irgend welche Folge zu geben, und im ^alle er die Eession vom 7. Juli nicht anerkennen wollte, ange^igt, au. .13. Dezember 1865 vor dem Friedensriehterau.te zu Dompierre zu erseheinen. Die gütlichen Verhandlungen hatten kein Resultat, worauf am 3. Jauuar 1866 die Weisung an das Gerieht erfolgte.

4. Vor dem .^ivilgerichte des Bro.^el.reises bestritt Hr. Viguet die Kompetenz der sreiburgischen Gerichte, in^em er an seinem Domizil im im Kanton Waadt belaugt werden müsse.

Das genannte Bericht wies sedo.h mit Urtheil von.. 13. April 1866 diese Einrede als unbegründet ab. Jn ^olge Appellation von ^eite des Hrn. ^iguet bestätigte .^as Kantonsgerieht von ^.reiburg unterm 18. Mai 1866 seues Urtheil, gestüzt ans folgende Gesichtspunkt...

^es liege die Frage zum Entscheide vor, ob der Verkauf vom 7. Juli 1865 oder das Urtheil vom 29. November gl. Jahres einen Vorrang gewähre aus den Autheil des Jean Baptiste Macherel an den aus der Verlassenschast seines Vaters vorhandenen ^ehuldtitelu ^

dies^ ^.rage bilde nach Art. 2l des sreibnrgis.hen l^ivilpro^esses eine dingliche Klage an Beweglichkeiten ; die vorliegende Klage habe schon dieser Eigenschaft wegen nach Vor-

schrift des gleichen Art. 21 bei dem Gerichtsstände geltend gemacht werden kouneu , den der Beklagte selbst gewählt. und in dessen Ressort e..: Domizil genommen habe,

.^.nde...^..^. ^ahrg.XX. Bd.I.

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138 der freiburgische Gerichtsstand sei aber nach Art. 28 und 30 Zifs. 2

des Eivilprozesses auch von dem Gesichtspunkte aus begründet, dass die

gegenwärtige Klage ans einer Adjudication entsprungen sei , die au.^ einem Sequester hervorgegangen , dessen Gültigkeit von einem Dritten Gestritten werde .

übrigens entspreche es einer gesunden Logik und einem allgemeinen

Brin^pe, dass die Frage über die Dichtigkeit der Adjndikation vom 29. Ro..

vember urtheilt indem Richter

1865 ebenfalls von den sreibnrgischen Gerichten geprüft nnd bewerde, zumal die Adjudication noch nicht definitiv vollzogen sei^ de... dagegen erhobene Widerspruch noch vor dem sreibnrgisehen schwebe.

^

5. Mit Eingabe an den Bundesrath d. d. Freiburg 26. Juli 1865 erhob Hr. Advokat Gendre daselbst Ramens des Hrn. Bignet in B..llerive Besehwerde gegen die erwähnten zwei Urtheile , indem sie dem Art. 50 der Bundesverfassung widersprechen und daher auszuleben seien.

Die Klage des Herrn Albin Anton Macherel sei durchaus eine persontiche, da sie gerichtet sei ans Bezahlung einer Forderung oder Anerkennung eines bessern Rechtes, des Eigenthnms, an beweglichen Sachen bis zum Betrage jener Forderung. Der Art. 21 des sreiburgischen

Eivilprozesses anerkenne auch die ans Beweglichkeiten bezügliche Klage

(action mob.liere) als eine personliche und verweise sie vor den Richter

des Domizils des Beklagten. Die vorliegende Klage gehore in diese

.Kategorie . der Beklagte müsse also im Kanton Waadt belangt werden.

Der ermähnte Art. 21 mache zwar eine Unterscheidung für den Fall, als eine Klage zwischen Einheimischen und Fremden vorliege . in diesem Falle müsse die Klage, wenn der^Beklagte nicht im Kanton Freibnrg wohnhaft sei, an dem Orte angebracht werden, wo die Sache liege.

Allein diese Unterscheidung stehe im Widerspruch mit Art 48 der Bun-

desverfassnng. Die vom Kantonsgeriehte angernseuen Art. 28 und 30, Zisf. 2 des Eivilprozessgesezes seien ebensalls im Widersprach mit Art. 48 i.nd 50 der Bundesverfassung. Jm Weitern sei mit Bezug ans Art. 28 des Eivilprozesses hervorzuheben, dass Hr. Bignet keineswegs einen Se^uester ausgewirkt habe, es sei daher irrthü.nlieh, wenn das KantonsBericht annehme, die Betreibung von Seite des Herrn Biguet sei durch

die Adjudication noch nieht beendigt. ..^ach Art. 57 des Eivilprozesses sei dieses allerdings der Fall. Zudem sei der Gegner nicht als Jnter..

venient ausgetreten , sondern er habe vor einem inkompetenten Riehter

eine selbstständige Klage angehoben. Die Wahl eines Domizils von Seite des Herrn Bignet habe gemäss Art. 9 des Betreibungsg^..sezes erfolgen müssen, behufs Eintreibung einer ^ordernng. Diese an sieh schon e^eeptionelle Vorschrift dürfe aber nicht ans alle Klagen oder Gegenklagen, die wirklich oder vorgeblieh aus einer Betreibung entspringen konnten, ausgedehnt werden.

1^ 6. Samens des Hrn. Albin ^Anton Macherel wurde dieser Rekurs ...on Hrn. Advokat Masard in l^stava^er mit Eingabe vom l 6. August 1866 beantwortet.

Zunächst hebt der Reknrsbeklagte heraus, es werde zu untersuchen sein, ob der Rekurs noch ^...lässig sei, da der Rekurrent nach frei burgi scher Gesezgebung nur 20^Tage Frist zu einem Rekurs vor den sreibnrgisch^.n

Richter gehabt hätte. Sodann wird die Anwendbarkeit des Art. 50

der Bundesverfassung beftritten . indem dieser nur aus personliehe For^ derungen gegen einen Schuldner sich beziehe, während hier keine Partei Schuldnerin der andern sei. Es liege vielmehr eine dingliche K.age vor, da jede ^artei den Vorrang prätendire aus V..rmög.nsstüke ihres ^gemeinschaftlichen Schuldners, die im Danton Freibnrg liegen. Es sin-

den daher lediglich die Art. 18, 19 und 2l des sreibnrgischen Eivil-

professes Anwendung. Herr Bigu.t habe zuerst die Bericht.. des Kantons Freiburg angerufen, hier Domizil gewählt und das Eig^.th..m ^es Albin Anton Macherel saisirt, also sei in Wahrheit dieser der Beklagte, obschon er Kläger zu sein scheine, da er doch bloss sein angegriffene....

Eigenthum da schüfen wolle, wo es sich befinde. Es habe keinen Sinn, von der Kompetenz der waadtländischen Gerichte zu reden , die vorliegende Frage konne gar nicht durch diese Gerichte beurteilt werben. Beide Varteien haben auch bereits die Gerichte desjenigen Kantons angerufen und daselbst Domizil gewählt, wo die streitigen Objekte liegen. Dieses Verfahren sei in Uebereinstimmung mit der sreiburgischen Gesezg^bung, dnreh welche also der Art. 48 der Bundesverfassung nicht verlebt sein konne.

7. Der Präsident des Be^rksg.rieht...s der Brohe und das Kantonsgericht erklären unterm 6. und 24. August 1866, dass sie zu keinen Bemerkungen sieh veranlasst sehen.

Es sällt in B e t r a c h t : 1) Rekurrent gesteht selbst zn, dass die Klage, uni welche es sieh im vorliegenden Falle handelt, eine dingliche, aus bewegliches Gut gerichtete sei und von der freibargisch^n Gesezg..bnng als solche bez^.ichu^t werde. Unter solchen Umständen kann vorerst von einer Verlegung ^es Art. 50 der Bundesverfassung nicht gesprochen werden.

2) Die Beschwerde des Rel.nrrenten stüzt sich in der .^hat auch

mehr aus Art. 48 der Bundesverfassung, mit der B.^h..upt....g, dass

Art. 2l der sreiburgischen Eivilprozessor.^nnng den Borschristen dieses Versassungsartikels widerspreche.

3) Diese Ansicht beruht indess aus einer gan.^ unrichtigen Ausfassung des Art. 48. Dieser schreibt allerdings vor, l^ass alle ^ehw^izerBürger im gerichtlichen .^..rsahren den Bnrgern des eigenen Kan^ tons gleich zu halten seien. Dagegen sehreibt er nicht vor, ^ass ^ie ...usser dem Kanton Wohnenden gleich ^u galten seien den im Kanton ^..

140 Wohnenden, was ja ganz numoglich wäre. Es lst daher jedem Danton gestattet, solche Unterschiede zu machen, .nur muss aueh bei diesen Unterschieden wiederum die Regel beobachtet werden, dass die ausser dem Kanton wohnenden Kantonsbürger nieht besser berechtigt werden dürfen als die ebenfalls dort wohnenden Sehweizerbürger.

4) Art. 21 der sreibnrgischen Brozessordnung beobachtet nun diese Regel vollständig , ^indem allen im Kanton Wohnenden , ohne Rüksi..ht aus il^re .Qualität als Kantons- und Schwe^e..bürger, der gleiche Gerichtsstand angewiesen ist, die Vorschrist aber, dass die dingliche, aus bewegliches Gut gerichtete Klage vor dem Richter des Ortes angebracht werden soll, wo der Streitgegenstand liegt, wiederum ganz allgemein gilt für ^alle ansserhalb des Kantons wohnenden Kantons- und Schweizer^ Bürger ,

b e schl o s s e n : 1. Es sei der Rekurs als unbegründet abgewiesen.

2. Sei dieser Beschluss dem Staatsrathe des Kantons ^reiburg zuhanden der betreffenden Gerichte und des Reknrsbeklagten, sowie dem Rel.urrenten unter Rüksendnng der Akten ..nitzntheilen.

Also beschlossen, B e r n , den 7. September 1866.

Jm Ramen des schweizerischen Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : ^.. M.

Knüsel.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

^iei,.

..-^^^^.^^-^

l 41

Reglement betreffend

die Auswechslung der Silberfcheidemunzen zwischen der Schweiz und Frankreich.

^..^annar 18...^ zwischen den Regierungen der Schweiz und Frankreichs vereinbar^

Art. 1. .^ die im Art. 8 des Münzvertrags vom 23. Dezember 1865 vorgesehene Auswechslung der Silberscheidemünzen , werden von Frankreich und von d.^r Schweiz die folgenden öffentlichen fassen beZeichnet : ^anl^i^.

^ ^^

^ ^^ ^ ^ Trésorerie generale.

l Mülhausen - la Recette particulière des Fmances.

^.^ .^

^^ ^uf --^^ ^^ ^ ^^.^C.^^^ Kr e i sd'arrondissement ^o ll k a ss e . .

^we.z.

des Péages.

^lrt. 2. ..^wischen einer ofsentlichen Kasse und der andern werden nur Summen von wenigstens ^r. 1l),000 ausgewechselt. Answechs^ tungen von hohern ^nmmen geschehen in Abtheilungen von je 10,000 ^ranken.

Jn Bezug aus die von Brivaten verlangte Auswechslung verbleibt es bei den bestimmten Feststunden des Art. 8 des Münzvertrags vom 23. Dezember 186.^ ^ ^ .^rt. 8. ^ed^ der vertragschließenden Regierungen verp^.ch.et sich^ v^n ^r^ vaten ^der den osfentuchen fassen d^r andern S^a^n die ^n ihr ausgegebenen Silberscheidemün^en anzunehmen und gegen einen glichen Betrag Courant Münzen (^oldstüke oder filberne ^ünfsrankenstü^ auszuwechseln, un.^er der Bedingung, daß der zur Um.^echslung ge^rach^ Betrag nich.^ un.^er hundert ^ranken sein soll.

Diese .^erpfliet.t..ng besteh^ noch zwei ^ahr... nach Ablauf de... gegenwärtigen ..^er^ ^rages in ^raft.

142 Art. 3. Die zur Umwechslung eingesandten Summen sind nach Abtheilungen ^coupure^ auszuscheiden, d. h. es soll jeder Sak oder jedes Roulean nur Abteilungen der nämlichen Sorte enthalten, mit Angabe der Sorte, der Summe und des Gewichts.

Die Münzen werden bei ihrem Empsange veristzirt. diese Verifikation wird gegenseitig bon^ fide angenommen und die Dekung hat gemäss den ini Protokolle der 5. Konsereuzsizung enthaltenen Festseznngen in der Weise stattzufinden , dass sur den gegenseitigen Austausch von Silberscheidemünzen einzig der Unterschied in groben gesezlichen Sorten

auszugleichen ist.

Art. 4. Um den Dienst der m^t der Auswechslung beantragten ^ Kassen zu erleichtern, werden die Finanzverwaltnngen der beiden Staaten einander 10 Tage zum Voraus die Auswechslungen avisiren , welche ihre Kassen zu bewerkstelligen vorhaben. Diese Voranzeigen werden von der eidg..n ossisehen Kasse in Vern an die Direction^ du mouvement ^enéral des konds in Baris, und umgekehrt, erlassen.

Art. 5. Die Kosten des Transports der Seheidemünzen , sowie diejenigen der Rükse..dung der als Gegenwerth übermittelten Münzen sind bis zur Grenze von der Kasse zu tragen, welche die Auswechslung verlangt. Damit keine Abrechnung erforderlich sei , wird vereinbart, dass die Versaudtkasse jeweilen bei ^er Absendung den ihr ausfallenden Theil der Kosten bis zur Grenze entrichten und es der Empsangskasse überlassen .r.ird, bei der Ankunft der Gelder die Mehrtransportkosten zu bezahlen. Jn gleicher Weise wird verfahren bei der Rüksendnng der Ausgleh.hnngssnmmen.

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Bundesrathsbeschluss in Sachen des Rekursen des Herrn Henri Piquet in Bellerive bei Avenches, Kts. Waadt, betreffend Gerichtsstand. (Vom 7. September 1866.)

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1868

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08.02.1868

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